Nachhaltige Landwirtschaft durch institutionellen Wandel Konrad Hagedorn Humboldt-Universität zu...
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Nachhaltige Landwirtschaft durch institutionellen Wandel
Konrad Hagedorn
Humboldt-Universität zu BerlinInstitut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus
Fachgebiet Ressourcenökonomie
http://www.agrar.hu-berlin.de/wisola/fg/ress/
Gliederung
1 Das Konzept der „Institutionen der Nachhaltigkeit“
2 Naturbezogene Property Rights und Governance
3 Integrative und segregative Institutionen
4 Multifunktionalität als „institutional jointness“
5 Transaktionsmerkmale und Akteurscharakteristika
Koevolution des ökologischen und sozialen Systems
Soziales System
Wandel des Gesellschafts- und Wirtschaftssystems
Ökonomische, politische, ethnische und kulturelle Ursachen
Ökologisches System
Wandel des Ökosystems & der natürlichen Ressourcenbasis
Natürliche und durch mensch-liche Nutzung bedingte Ursachen
Koevolution durch wechselseitige Anpassung
„„Institutionen der Nachhaltigkeit“Institutionen der Nachhaltigkeit“ zur Steuerung der Ko-Adaption
Bestimmungsfaktoren der Herausbildung von Institutionen der Nachhaltigkeit
Interaktion zwischen Natur und Akteuren
Eigenschaften der Transaktionen
Charakteristikavon Akteuren
Institutionen um-weltorientierter Nachhaltigkeit
Property rights an Naturattributen
Governance structures für agrarische
Umweltbeziehungen
Institutionelle Innovation
Institutionelle Steuerung
Property Rights an landwirtschaftlich genutzten Naturkomponenten (1/2)
(1) An Naturgüter gebundene Nutzen- und Kostenströme: differenzierte "property rights" an Naturattributen
(2) Separate Definition von Property Rights für viele ökologische Charakteristika eines Naturbestandteils: private, kollektive, staatliche Property Rights-Regimes und "open access“, kompliziertere soziale Konstruktionen wahrscheinlich
(3) Die Transaktionskosten für die Definition und Etablierung von Property Rights können prohibitiv hoch sein, sich aber z.B. durch technische Fortschritte ändern
(4) Die Struktur der Property Rights ergibt sich aus der Wahl des effizientesten Rechteinhabers, der als "residual claimant“, Einkommensrechte erhalten sollte, und der Zuordnung der Kontrollrechte, Bündelung oder Aufteilung von Property Rights
Property Rights an landwirtschaftlich genutzten Naturkomponenten (2/2)
(5) Die Bündelung von Property Rights an Naturattributen begünstigt eine Dezentralisierung, die Aufteilung von Rechten fördert eine Zentralisierung und beeinflusst die Motivation und Partizipationsbereitschaft der Landnutzer
(6) Die analytisch fragmentierten Rechte und Pflichten können aufgrund der Eigenart ökologische Systeme häufig nicht in einer isolierten Weise genutzt bzw. erfüllt werden, sondern die Gültigkeit und Nutzbarkeit einzelner Rechte und Pflichten ist abhängig von der Inanspruchnahme und Erfüllung anderer Rechte bzw. Pflichten (impliziert integrierende Systemlösungen)
Governance Structures der Umweltkoordination (1/5)
"Neue Institutionenökonomie":
Märkte
Hierarchien
Hybride Formen
Klassifizierungsprinzip = „Am Anfang war der Markt!“
Dem Markt wird (normativ) Priorität gegeben. Märkte beeinflussen aber die Koordination von Ökosystemleistungen in der Regel negativ.
Governance Structures der Umweltkoordination (3/5)
"Nachhaltigkeitsstrategien laut Enquête-Kommission":
Strategien zur Verbesserung von Reflexivität und Transparenz
Strategien der Selbstorganisation und Partizipation
Strategien zum Interessenausgleich und zur Konfliktregulierung
Strategien der Innovation, Such- und Lernprozesse
Schlussfolgerung: integrative Koordinations-mechanismen im stehen offenbar im Vordergrund.
Neukonzipierung des Problems:Institutionelle Integration und Segregation
Wechsel der Prämisse: „Am Anfang war nicht der Markt, sondern die Gruppe“ !
Institutioneller Wandel war häufig ein Wandel von integrativen zu segregativen Institutionen
Familienbetriebe im Strukturwandel: Anpassungs-probleme durch kumulierende Transaktionskosten
Verdrängung integrativer durch segregative Technologien: abnehmende Multifunktionalität
Ersatz von „Technical Jointness“ durch „Institutional Jointness“ durch „Institutions of Sustainability“
Zwei Institutionentypen mit konträren Effekten auf die Nachhaltigkeit
Typ 1
Integrative Institutionen Beispiel: Gruppe & Kooperation
Typ 2
Segregative InstitutionenBeispiel: Markt & Wettbewerb
Wirkung 1
Multifunktionalität = Nutzen
„Pflege der Nachhaltigkeit“
Wirkung 2
Multifunktionalität = Kosten
„Abbau der Nachhaltigkeit“
Integrative / Segregative Institutionen (1)
Boulding (1970: 34ff.) unterscheidet drei Typen von Systemen: „exchange (market system), fear (threat system) and love (integrative system)“
“The integrative system ... involves such things as status, identity, love, hate, benevolence, malevolence, legitimacy – the whole raft of social institutions which define roles in such a way that you do things because of what you are and because of what I am, that is, because of some kind of status or respect” (Boulding, 1970: 44)
Integrative / Segregative Institutionen (2)
Institutionen können integrativ und segregativ sein in Bezug auf verschiedene Bereiche und Beziehungen, und in unterschiedlichem Grade.In der Realität sind integrative und segregative Institutionen vielfach kombiniert und verwoben.Die integrative und segregative Wirkung von Institutionen kann sich auf „Natur“ (relevant für die Vermeidung von „Externalitäten“) und “Akteure“ beziehen (für die Vermeidung von „Opportunismus“ relevant).
Verständnis von Multifunktionalität (1)Multifunktionalität = „jointness of production“ von “commodities” und “non-commodities”Multifunktionalität = kein Selbstzweck, sondern “ein Werkzeug unter anderen zur Erreichung von mehr Nachhaltigkeit in der ländlichen Entwicklung”
1. Beiträge des Agrarsektors zur Nachhaltigkeit durch multifunktionale Landwirtschaft a) “joint production” innerhalb derselben
Produktionsaktivität = “technical jointness”.b) “separate production” in verschiedenen
Produktionsaktivität, die gemeinsam institu-tionalisiert sind = “institutional jointness”
Verständnis von Multifunktionalität (2)
2. Beiträge anderer Sektoren zur Nachhaltigkeit anders als durch multifunktionale Landwirtschaft 1)
a)„Separate production“ durch Landwirte – außerhalb der ldw. Produktionsaktivitäten und der Institutionen ldw. Betriebe (Akteur innerhalb, Aktivität außerhalb des Agrarsektors).
b)„Separate production“ außerhalb von Agrarbetrieben – und außerhalb der Land-wirtschaft, d.h. sowohl der Sektor als auch die Akteure sind nicht-landwirtschaftlicher Natur.
1) Vorausgesetzt dass sich die jeweilige Funktion von den Prozessen der verbundenen Produktion isolieren lässt und es auch ökonomisch sinnvoll ist, andere Wege vorzuziehen, um einen Beitrag zur Multifunktionalität zu leisten.
Abnahme der Multifunktionalität1. „Jointness of production“ fällt: institutionelle Gründe?2. Wechselspiel segregativer Institutionen & Technologien 3. Multiple Leistungen in nicht-trennbaren Bündeln ist eine
charakteristische Eigenschaft von Ökosystemen. 4. Ausschluss von Ökosystemleistungen ohne Gewinn-beitrag ist
für die ökonomischen Akteure rational.5. Markt und Wettbewerb waren sehr „erfolgreich“ in der
Trennung der Ökosystemleistungen für die Produktion von „commodities“ von solchen für „non-commodities“.
6. Die Suche nach Opportunitäten für die Separierung von „non-commodities“ und „commodities“ ist profitabel.
7. Die segregativen Institutionen „Markt and Wettbewerb“ selektierten Innovationen, die eine Diskriminierung zwi-schen den o.g. Typen von „commodities“ erleichterten.
Zunahme der Multifunktionalität
Ersatz von „technical jointness“ durch „institutional jointness“ notwendig = KoevolutionsphänomenKoevolutionsphänomen„Institutional jointness“ – gestärkte Multifunktionalität -durch integrative Institutionen wieder herstellbar?Frühere Institutionen, die Nachhaltigkeit durch ihren integrativen Charakter erzeugten, brauchen nicht auch die neuen Institutionen der Nachhaltigkeit zu sein.Grund: ökonomische Vorteile durch Differenzierung und Spezialisierung institutioneller Strukturen Künftige Entwicklung von ganzheitlichen zu spezi-fischen Institutionen mit integrativer Funktion ???
Varianten integrativer Institutionen
integrativ
schwach integrativ
eher segregativ
segregativ
segregrativ
begrenzt integrativ
begrenzt integrativ
stark integrativ
Property rights von Produzenten und Konsumenten
Governance von commodities und non-commodities
Abnehmender Grad der Ganzheitlichkeit integrativen Designs
Familienwirtschaft
Community-based sustainable agriculture
Ökologischer Landbau
Eco-institutional piecemeal engineering
Eigenschaften von Transaktionen, die die natürliche Umwelt tangieren (1/2)
(1) Ausschließbarkeit von Akteuren vom Zugang zu Umweltgütern und die entsprechenden Ausschlussmechanismen und -kosten
(2) Rivalität zwischen den Nutzern natürlicher Ressourcen und von Umweltgütern, „subtractability“ bei common-pool resources
(3) Faktorspezifität induziert opportunistisches Verhalten: Lage-, Kapital- und Wissenspezifität
(4) Trennbarkeit oft gering wegen Verbundenheit der Produktion von Umweltgütern, z.B. Biotopvernetzung
(5) Häufigkeit von Transaktionen der Ressourcennutzung oder Umweltbeeinflussung: spezialisierte governance structures, economies of scale und learning by doing
Eigenschaften von Transaktionen, die die natürliche Umwelt tangieren (2/2)
(6) Unsicherheit erfordert Transaktionskosten für Messung und Monitoring von Umwelteffekten und Informationssammlung
(7) Komplexität ökologischer Kausalzusammenhänge und Wissensmangel ermöglichen Opportunismus
(8) Heterogenität und Variabilität, Lage- und Situationsspezifität, sprechen gegen standardisierte Regulierung
(9) Legitimität zielt auf Kompatibilität der Transaktionen mit normativen Vorstellungen der Akteure
Charakteristika von Akteuren der Agrar-Umwelt-Koordination (1/2)
(1) Werte und Überzeugungen der Akteure und ihre Einstellungen und Wahrnehmungen im Hinblick auf Umweltfragen
(2) Reputation der Akteure bezüglich Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit sind wichtig für die Glaubwürdigkeit ihrer Verpflichtungserklärungen
(3) Handlungsressourcen für die Beeinflussung umweltorientierter Strategien im Agrarbereich auf regionaler und lokaler Ebene, d.h. mittels direkter Partizipation
(4) Handlungsressourcen zur Beeinflussung politischer Entscheidungsprozesse auf höheren Ebenen, an denen Landnutzer nicht direkt partizipieren
Charakteristika von Akteuren der Agrar-Umwelt-Koordination (2/2)
(5) Information und Wissen, Kapazitäten für die Gewinnung, Verarbeitung, Zurückhaltung und Nutzung von Wissen, asymmetrische Informationen
(6) „Actor‘s method of action selection“: maximierende homines oeconomici, bedingte Maximierer mit begrenzter Rationalität oder fehlbare, aber lernende Akteure
(7) Gesellschaftliche Umgebung und Einbettung der Akteure in Gemeinschaften und Kulturen
(8) Sozialkapital und Netzwerkbildung
Offene Fragen !
• Analytisches Design von Institutionen der Nachhaltigkeit möglich ?
• Integrative und segregative Institutionen als ergiebiges Interpretationsmuster ?
• Verwobenheit von Institutionen der Nachhaltigkeit als Policentricity auffassbar ?
• Implikationen des evolutorischen Charakters des ökologischen Institutionenwandels ?
VIELEN DANKVIELEN DANK ffüür r Ihre Ihre
AufmerksamkeitAufmerksamkeit!!---------------------------
Nachhaltige Landwirtschaft durch institutionellen Wandel