myelitis Mayo Urologie

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Urologische Probleme bei TransverserMyelitisMichael Mayo, MD(Erstveröffentlichung März 2001)

Einleitung

Transverse Myelitis ist eine seltene Erkrankung, die mit einer Häufigkeitvon 4,6 Fällen pro Million im Jahr auftritt. Sie kann verschiedeneUrsachen und/oder kann in Verbindung mit anderen Erkrankungen auftre-ten, etwa mit Multipler Sklerose, Infektionen (besonders der oberenAtemwege) oder Blutarmut des Rückenmarks; bei vielen Patienten ist dieUrsache unbekannt. Ihr Verlauf ist unterschiedlich, wobei ungefähr dieHälfte der Patienten der zur Multiplen Sklerose/parainfektiösen Gruppegehörenden Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhausselbstständig laufen und Harn lassen können. Bei den übrigen, besondersbei der Gruppe mit Mangeldurchblutung, verläuft die Erholungunterschiedlich. Bei einigen Patienten beider Gruppen tritt nach derErholung ein Rückfall auf.

Pathologie der Blasenfehlfunktion

Die Steuerung der Blase und des Schließmuskels der Harnröhre findet imMittelhirn und in der Hirnrinde statt. Durch die Schädigung der Leitungs-bahnen des Rückenmarks, die bei der Transversen Myelitis eintritt, wirddie unter normalen Umständen stattfindende Übertragung der Empfin-dungsinformationen von den unten im sakralen Bereich (S2, 3 & 4)befindlichen Nerven, die unmittelbar für die Funktion der Blase zuständigsind, nach oben zum Gehirn unterbrochen, ebenso wie die Übertragung derBewegungsinformationen in umgekehrter Richtung, also von oben nachunten.

In der akuten Phase, besonders wenn die Transverse Myelitis vollständigist, also alle Leitungsbahnen unterbrochen sind, kann die Blase vollständiggelähmt sein und sich füllen, ohne dass es der Patient merkt. Sobald sichdas Rückenmark erholt, findet eine parallele Erholung der Blasenfunktionstatt, die vollständig sein kann. Falls keine Erholung des Rückenmarks

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eintritt, kehrt der Blasenreflex üblicherweise zu einem späteren Zeitpunktzurück. In diesem Fall liegt die Steuerung aber nicht mehr im Gehirnsondern in den sakralen Segmenten, bedingt durch eine Umleitung odereinen Kurzschluss der Impulse von den Empfindungsnerven direkt zu denBewegungsnerven der Blase. Die Blase beginnt sich selbstständig zuentleeren, doch die Entleerung bleibt unregelmäßig, unkontrolliert undunvollständig.

Harnblasensymptome bei Transverser Myelitis

Wenn die akute Transverse Myelitis einsetzt, ist die Blase des Patientenganz oder nahezu empfindungslos und füllt sich mit Urin. Wenn man eszulässt, dass die Blase sehr weit aufgebläht wird, kommt es zu einemständigen Harntröpfeln, der sogenannten "Überlaufblase". Darauf hin wirdeine Form der Katheterisierung eingeleitet, entweder mit innenliegendem*Dauerkatheter* (Foley-Katheter) oder intermittierend*, um dieÜberdehnung des Blasenmuskels zu verhindern.

Später, wenn sich das Rückenmark erholt, beginnen die Patienten wiederzu spüren, wenn sich die Blase füllt und können urinieren, auch wenn dieEntleerung zu Beginn noch nicht vollständig ist. Was die Symptomeangeht, so treten in der Regel erhöhte Häufigkeit und erhöhter Harndrangauf, gelegentlich Dranginkontinenz bevor es der Patient zum Badezimmerschafft. Wenn das Badezimmer dann erreicht ist, kann sich das Harnlassenverzögern, der Fluss kann unterbrochen sein oder die Entleerungunvollständig. Die unvollständige Entleerung der Blase ist bedingt durcheine Kombination von eingeschränkter Kontraktion und mangelnderKoordination des Schließmuskels der Harnröhre. Im Verlauf mehrererWochen oder Monate ist eine weitere Erholung möglich, wenn sich dieFunktion des Rückenmarks wieder einstellt.

Bei Patienten, in denen sich das Rückenmark nicht wieder erholt, bildetsich ein neuer Reflex in den sakralen Segmenten aus, der zur Entleerungder Blase führt. In dieser Situation hat der Patient aber keine Empfindungund der Harnverlust tritt auf, ohne dass er es merkt (Reflexinkontinenz).

* Blau markierter Text kennzeichnet einen Verweis auf eine Webseite, auf welcher derbetreffende Begriff näher erläutert wird. Da die Verweise aus dem englischen Originalübernommen wurden, sind die Erklärungen auf den Webseiten auf Englisch.

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Die Entleerung ist in der Regel unvollständiger als bei Patienten, beidenen sich die Funktion des Rückenmarks wieder einstellt, da dieKoordination des Schließmuskels der Harnröhre schlechter ist. AuchNebeneffekte, wie erhöhter Harndruck, Infektionen der Harnröhre und,im weiteren Verlauf, Schädigungen der Nieren sind bei solchenPatienten schlimmer.

Abb. 1 Nervenverbindungen zu den Schließmuskeln des HarnapparatsDie Transverse Myelitis befällt das Rückenmark im suprasakralen Bereich zwischenden zwei horizontalen Linien in der Zeichnung. Die Verbindung zwischen denZentren im Mittelhirn und im sakralen Bereich (punktiert dargestellt) istunterbrochen.Diana Carderas und Michael Mayo, "Management of Bladder Dysfunction," Abb. 27-4, Kap. 27 inRandall L. Braddom, MD, MS, Physical Medicine and Rehabilitation, zweite Ausgabe, Philadelphia:WB Saunders Company, 2000.

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Entwicklung

Die Wiederherstellung der Kontrolle über die Blase und derEntleerungsfähigkeit bei Transverser Myelitis steht in Zusammenhang mitder Wiederherstellung der Funktion der Beine. Eine frühe und vollständigeErholung von der Funktionsstörung des Rückenmarks führt in der Regel zueiner vollständigen Erholung von Blase und Schließmuskel. Warum sichdas Rückenmark bei manchen Patienten erholt und bei anderen nicht, isteine Frage, die über den Rahmen dieses Beitrages hinausgeht. Obwohl esanhand der verfügbaren Literatur schwierig ist, festzustellen, wie vielePatienten unter dauerhaften Problemen leiden, so kann man doch sagen,dass bei mindestens 20 Prozent der Patienten Restsymptome an Blase undHarnröhre verbleiben, wobei es sich dabei meist um die Patienten handelt,bei denen auch die Beine beeinträchtigt sind. Bei Patienten, bei denensolche Probleme verbleiben, können sich die Symptome mit dem Alterändern. Bei Männern kann das Wachstum der Prostata zur Behinderungdes Harnflusses führen. Bei Frauen kann eine Beckenbodensenkung undStressinkontinenz besonders bei jenen auftreten, die Vaginalgeburtenhatten. Bei männlichen wie bei weiblichen Patienten, die erhöhtemBlasendruck und häufigen Infektionen ausgesetzt sind, könnenpathologische Veränderungen des Blasenmuskels und oft auch des oberenTrakts auftreten, welche die Funktion des unteren Trakts und der Nierenzusätzlich beeinträchtigen. Für Patienten mit verbleibendenBlasensymptomen nach einer Transversen Myelitis wird daher einelangfristige Kontrolle empfohlen.

Bewertung der Symptome des Harnapparats

Kurz nach dem Einsetzen der akuten Phase werden Patienten häufig miteinem Katheter behandelt. Zwei Mal in der Woche werden Urinprobenanalysiert und Sedimentkulturen durchgeführt. Die Funktion der Nierenwird durch Serumuntersuchungen auf Creatinin und durch Creatinin-Clearance (Bestimmung der Reinigung von Creatinin durch die Nieren)festgestellt.Bei Patienten, bei denen sich die Erholung schnell einstellt, ist keineweitere Behandlung erforderlich. Bei Patienten, bei denen nach derEntlassung noch Probleme verbleiben, wird meist eine Ultraschalluntersu-chung der Nieren durchgeführt. Weitere Untersuchungen der Nieren mitHilfe von Computertomographie, intravenöser Pyelographie oder

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Radionephrographie können angezeigt sein, falls bei der Ultraschall-untersuchung oder klinisch Anzeichen auftreten, die auf Probleme imoberen Trakt hinweisen, z.B. auf Nieren- oder Harnsteine, Überdehnungoder frühere Beschwerden durch vererbte oder erworbene Erkrankungen.

Die Prüfung des unteren Trakts wird bei Patienten, bei denen sich eineErholung schnell einstellt, ebenfalls ausgesetzt. Bei denen, die sich nichterholen, wird ein Cystometrogramm durchgeführt. Dabei wird die Blaseüber einen Katheter gefüllt und der Blasendruck kontrolliert. Dadurch stelltman Empfindlichkeit, Größe und die Elastizität der Blase fest und ob eineÜberaktivität des Blasenreflexes vorhanden ist. Eine vollständige video-urodynamische Untersuchung umfasst die Fülluntersuchung (Cystometro-gramm) und die Blasenentleerungsphase. Röntgenverfahren werden eben-falls herangezogen, so dass nicht nur die Figur der Blasenwand und dieAn- oder Abwesenheit des Harnröhrenreflexes festgestellt werden kann,sondern auch die Funktionsfähigkeit der Schließmuskeln der Harnröhre.

Behandlung

Die anfängliche Behandlung während der akuten Phase besteht in derRegel aus einen dauernden Blasendrainage mit einem innen liegendenFoley-Katheter. Wenn sich der Flüssigkeitsstatus stabilisiert hat, beginntdas Pflegepersonal mit der intermittierenden Katheterisierung. Späterlernen die Patienten – in Abhängigkeit von ihrem Alter und ihrer Motiva-tion – wie man die Katheterisierung selbst durchführen kann. Bei männli-chen Patienten gibt es in der Regel weniger körperliche Hinderungsgründefür eine Selbst-Katheterisierung, da bei den meisten die Beeiträchtigungenim Brust- und Hüftbereich liegen. Bei vielen Frauen, auch bei solchen, beidenen die Beeinträchtigungen im Brust- und Hüftbereich liegen, kann dasProgramm nach der Entlassung aus dem Krankenhaus hingegen nicht mehrfortgesetzt werden, da die Spastizität der unteren Gliedmaßen vielePatienten dazu zwingt, eint liegende Stellung einzunehmen, um dieKatheterisierung durchführen zu können. Es ist wichtig, dass die Patientenihre Blase rechtzeitig entleeren, damit der Muskel nicht überdehnt wird.Bei einem Erwachsenen durchschnittlicher Größe sollte dasHöchstvolumen, das in der Blase zurückgehalten wird, 500 bis 600 mlnicht überschreiten.

Abhängig vom Grad der Erholung des Rückenmarks während der ersten

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paar Wochen kann die Empfindlichkeit der Blase und die Fähigkeit, Harnzu lassen, zurückkehren. Gute prognostische Anzeichen dafür sind dieWiedererlangung der Gehfähigkeit binnen 20 Tagen ab dem Beginn derErkrankung und wenn die Harnverhaltung nicht durch Überlaufenkompliziert wird, da dieses wahrscheinlich zu einer Überdehnung desMuskels führt, was die Erholung verzögert. Die frühe Katheterisierung vonBeginn der akuten Phase an ist von grundlegender Wichtigkeit.

Wenn die Wiederherstellung der Rückenmarksfunktion sehr unvollständigist oder nicht eintritt, erfolgt unkontrollierter Harndrang, der zum Überlaufbei geringen Harnmengen führt. Dies wird meistens mit Medikamenten zurUnterdrückung der Blasenkontraktion behandelt, etwa mit Dridase®/-Oxyb®/Spasyt® (Oxybutynin) oder Detrusitol® (Tolterodin).Wenn sich der Harndrang dadurch nicht unterdrücken lässt und der Patientmit Selbst-Katheterisierung fortfahren möchte, so kann ein chirurgischerEingriff zur Vergrößerung der Blase und Verringerung des Drucks(Augmentation) in Betracht gezogen werden. Dabei wird ein 25 - 30 cmlanges Segment, meist aus dem Dünndarm entnommen und an die offeneBlase genäht. Bei Frauen, die Schwierigkeiten mit der Katheterisierungüber den Harnleiter haben, kann ein künstlicher Harnleiter vom Darm zurBauchdecke gelegt werden, um die Verwendung des Katheters imRollstuhl zu ermöglichen.

Abb. 2 BlasenvergrößerungEin rund 30 cm langer Dünndarmlappen wird an die geöffnete Blase genäht.Diana Carderas und Michael Mayo, "Management of Bladder Dysfunction," Abb. 27-6, Kap. 27 InRandall L. Braddom, MD, MS, Physical Medicine and Rehabilitation, zweite Ausgabe, Philadelphia:WB Saunders Company, 2000.

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Bei männlichen Patienten, die einen externen Katheter tragen können, istalternativ die Öffnung der Schließmuskeln, entweder durch Durchtrennung(Sphinkterotomie) oder durch Verwendung eine Edelstahl-Stents möglich.Der Harnröhrenstent wird als Dauerimplantat in die Harnröhrenwandeingesetzt. Die Blase entleert sich dadurch automatisch über die Harnröhrein den Katheter, da die Schließmuskeln den Urinfluss nicht mehr aufhaltenkönnen.

Abb. 3 HarnröhrenstentDer Stent ist in der Mitte des Bildes sichtbar und befindet sich im Schließmuskelder Harnröhre.Abb. 3, Contemporary Urology, Oktober 1996, S. 20.

In den Vereinigten Staaten wurde kürzlich eine neue Behandlungsmethodefür Patienten mit vollständiger Schädigung des Rückenmarks vorgestellt.Sie kann sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Patienteneingesetzt werden und eignet sich für viele Patienten mit vollständigerTransverser Myelitis. Die Blase wird dabei durch Stimulation der sakralenMotonervenwurzeln bei S2, 3 und 4 zur Kontraktion gebracht. DieStimulation erfolgt über einen vollständig auf die Nerven implantiertenSatz von Elektroden, der mit einem Empfänger unter der Bauchdeckenhautin Verbindung steht. Der Befehl zur Harnentleerung wird durch einenexternen Kontroller und Sender an das Implantat übertragen. Bei der

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Implantation müssen die sensiblen Wurzeln bei S2, 3 und 4 durchtrenntwerden, um den Blasenkontraktionsreflex zu unterbinden, was denNachteil hat, dass der natürliche Darmtätigkeitsreflex bei beidenGeschlechtern und der Erektionsreflex bei Männern ebenfalls ausgeschaltetwerden. Bei der Mehrzahl der Patienten können diese jedoch durch Stimu-lation mit anderen Eigenschaften als jenen, welche die Blasenentleerungbewirken, wieder hergestellt werden.

Bei manchen anderen Patienten schließlich besteht die einzig sinnvolleMethode der Blasenentleerung durch einen internen Katheter oberhalb desHarnleiters oder im Bereich oberhalb des Schambeins. Bei dieser Methodetreten häufiger Komplikationen auf, wie Steine, Infektionen undmöglicherweise Blasenkrebs.

Komplikationen der neurogenen Blase bei TransverserMyelitis

Harnwegsinfektionen

Harnwegsinfektionen stellen bei allen beschriebenen Behandlung-smethoden ein Risiko dar, treten aber am häufigsten bei Verwendung einesinnen liegenden Katheters und am seltensten bei Stimulation der sakralenNervenwurzeln auf. Diese letzte Art der Behandlung ist umstritten undwird in der Regel nicht angewendet, wenn nicht signifikante Symptomevorliegen. Zu diesen gehören naturgemäß Fieber, Flankenschmerzen,Unwohlsein, erhöhte Häufigkeit der Blasenkontraktionen mit Inkontinenz,Blut im Urin und ein sehr trüber Urin mit starkem Geruch. Bei manchenPatienten treten nicht-spezifische Symptome wie erhöhte Spastizität auf.Leichte Trübung und Geruch können durch erhöhte Flüssigkeitseinnahmeund häufigere Katheterisierung zurückgehen. Die Behandlung mitAntibiotika sollte nur kurzfristig erfolgen, da ansonsten Organismenauftauchen können, die gegen orale Antibiotika resistent sind. Dielangfristige oder prophylaktische Behandlung mit Antibiotika ist aus demselben Grund nicht empfehlenswert. Das Vorhandensein von Bakterien imUrin ohne weitere Symptome ist kein Grund, mit Antibiotika zu behandeln.

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Harnsteine

Das Risiko, Nieren- und Harnsteine zu entwickeln, steigt bei jedem akutparalysierten Patienten, wenn binnen 2 bis 3 Monaten keine Erholungeinsetzt. Die fehlende Beanspruchung von Muskeln und Knochen bewirkteine Entkalkung des Knochengerüsts und der überschüssige Kalk wirdüber den Urin ausgestoßen, was zu stoffwechselbedingten Nieren- undHarnsteinen führen kann. Zur Behandlung werden die Harnsteine zer-trümmert und unter Betäubung mit Instrumenten durch den Harnleiter ent-fernt. Bei Nierensteinen mit Durchmesser unter 2 bis 3 cm können externerzeugte und gebündelte Stoßwellen (ESWL) erfolgreich angewendetwerden. Bei größeren Steinen können Instrumente, die Energie von einemHolmium-Laser verwenden, über den Harnleiter eingeführt werden.Wirkungsvoller ist der Ansatz über die Haut der Flanke direkt zur Niereunter Verwendung eines Teleskops und verschiedenen Arten von Energiezur Zertrümmerung und Entfernung der Steinfragmente. Die chemischeAuflösung der Blasensteine kann bei sehr kleinen Steinen (3 bis 4 mm)erfolgreich sein, doch im allgemeinen haben sich die nicht-chirurgischenMethoden als wenig erfolgreich erwiesen.

Beschwerden des Harnapparats

Bei Männern kann die 5- bis 6mal am Tag wiederholte Selbst-Katheterisierung zur Beschädigung der Innenwand des Harnleiters führenund man schätzt, dass bei rund 15% der Patienten nach 10 bis 15 JahrenBeschwerden am Harnleiter der einen oder anderen Art auftreten. Diemeisten dieser Beschwerden können erfolgreich behandelt werden und dieKatheterisierung kann fortgesetzt werden. Gelegentlich, wenn das Problemsehr ernsthaft ist, kann es dazu führen, dass man auf den Harnleiterverzichten muss. In dieser Situation können entweder ein innen liegenderoder im Bereich oberhalb des Schambeins befindlicher Katheter oder einkatheterisierbarer künstlicher Harnleiter über dem Schambein in Betrachtgezogen werden.

Bei Frauen sind Harnröhrenverengungen seltener, aber besonders beiFrauen, die über viele Jahre einen innenliegenden Foley-Katheter getragenhaben, vergrößert sich der Harnleiter und um den Katheter tritt Urin aus. Indiesem Fall muss der Blasenhals geschlossen werden und eine Art von

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suprapubischer Katheterisierung, entweder permanent oder intermittent,angewendet werden.

Forschung

Es bestehen etliche Forschungsansätze, die chemische und biologischeWirkmittel zur Beeinflussung der Blasennerven und Harnröhrenmuskelnzum Gegenstand haben. Erst kürzlich wurden die Empfindungsnervenentdeckt, die für eine Überaktivität der Blase verantwortlich sind.Chemische Wirkstoffe, die mit der Chili-Schote verwandt sind (Capsaicin)und eine ähnliche künstliche hergestellte Substanz (Resiniferatoxin)werden gegenwärtig erprobt. Die Einführung dieser Substanzen in dieBlase kann den Harndrang für etliche Monate unterbinden und kann eineAlternative zu den oralen Medikamenten darstellen, von denen einigeernsthafte Nebenwirkungen haben, und sie ist sicher weniger riskant alseine Vergrößerungsplastik der Blase. Es wurde auch versucht,Botulinustoxin zur Lähmung des Schließmuskels der Harnröhre mit einerSpritze zu verwenden. Als Alternative zu einem Harnröhrenstent hat sichdiese Methode noch nicht als besonders effektiv oder dauerhaft in derHerbeiführung einer Lähmung des Schließmuskels erwiesen und es werdenweitere Wirkmittel erwartet.

Auf chirurgischem Gebiet sucht man nach Möglichkeiten, dieDurchtrennung der sakralen Empfindungsnervenwurzeln bei derImplantation des Stimulators zu vermeiden. Verschiedene Elektroden-konfigurationen und Stimulationsparameter werden untersucht, imBemühen, die Blasenentleerung zu bewirken, ohne den gesamten Reflexüber die Empfindungsnerven stimulieren zu müssen. Falls dieses Bemühenerfolgreich sein ist, so würde damit der Haupteinwand vieler Patienten –die Durchtrennung intakter Nerven – hinfällig.

Abschließend ist es meine Aufgabe als Urologe, die Symptome undNebenwirkungen der Organe (Blase und Schließmuskeln) zu behandeln,die durch die Schädigung des Rückenmarks beeinträchtigt werden. Dabeiist es klar, dass eine Behandlung des neurologischen Problems imRückenmark das eigentliche Ziel darstellt, welches auch die heutigenurologischen Maßnahmen überflüssig machen würde.

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Dr. Mayo ist Professor am Department of Urology der University ofWashington School of Medicine in Seattle, Washington. Dr. Mayo istspezialisiert auf neurogene Störungen der Blase, Rekonstruktion desHarnapparats, Urogenitaltraktschirurgie und die Behandlung vonSteinerkrankungen.