MiPo'11: Phasen der Social-Media-Einführung im Unternehmen: Empfehlungen aus Sicht einer Agentur...

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1 Phasen der Social-Media-Einführung im Unternehmen: Empfehlungen aus Sicht einer Agentur. Veit Mathauer, Geschäftsführer der Sympra GmbH (GPRA), Agentur für Public Relations, Stuttgart 1. Zusammenfassung Zurzeit kommen in vielen Unternehmen und Organisationen die Fragen auf: Müssen wir im Social Web aktiv werden und wenn ja: wie? Meist kümmern sich die für Unternehmenskommunikation Verantwortlichen freiwillig oder gezwungenermaßen um eine Social-Media-Strategie; oft fehlt ihnen das nötige Fachwissen, viele holen sie sich daher Unterstützung von Beratungsunternehmen. Patentrezepte für den Start in Social Media gibt es nicht zu unterschiedlich sind Unternehmenskulturen, Produkte oder Dienstleistungen, Kunden und Interessensgruppen (Stakeholder). Ganz grob jedoch lässt sich eine Einführung in folgende Stufen einteilen: Erste Erfahrungen sammeln, Monitoring, Strategieentwicklung, Information der Mitarbeiter, Erstellen von Social Media Guidelines, Auswahl geeigneter Plattformen, Generieren von Inhalten, Festlegen der Workflows, Aufbau einer Community oder mehrerer Communities und schließlich: Doing. Einführung von Web 2.0 im Unternehmen ist ein Projekt. Es ist aber darüber hinaus ein ganz grundlegender Kulturwandel und daher ein Change-Thema. Während klassischerweise Unternehmenskommunikation über definierte Kanäle (z. B. über die Pressestelle) erfolgt, so gibt es im 2.0-Unternehmen dieses Informationsmonopol nicht mehr. Hier gibt es zu viele Schnittstellen „nach außen“ und diese lassen sich nicht mehr kontrollieren. Werden Mitarbeiter in die Lage versetzt, Social Media zum Wohle des Unternehmens zu nutzen, eröffnen sich enorme neue Potenziale für die Unternehmenskommunikation, aber auch für das Wissensmanagement, für HR und für die Steuerung der Prozesse und Workflows im Unternehmen. 2. Zehn Schritte ins Social Web Soziale Medien haben innerhalb von wenigen Jahren eine wahre Euphorie ausgelöst. Zunächst als Kommunikations- und Informationsplattformen von Webinsidern, Geeks, IT-Fachleuten und der digitalen Elite genutzt, sind sie spätestens mit der Erfolgsstory von Facebook zum virtuellen Aufenthaltsort für jedermann geworden. Unabhängig von Alter, sozialer Herkunft, Ausbildung oder Beruf werden unterschiedlichste Plattformen intensiv genutzt geschäftlich und privat, im Büro, zu Hause und mobil. Das Web 2.0 hat das Informations- und Kommunikationsverhalten und damit auch die Medienmärkte dramatisch verändert und wird dies weiter tun. Kennzeichen sozialer Medien sind unter anderem, dass die Konsumenten von Informationen gleichzeitig auch deren Produzenten sind und dass sich Mitglieder (Menschen, Unternehmen, Organisationen) miteinander vernetzen und sich austauschen. Für Unternehmen und Organisation können sich mit dem Web 2.0 viele neue Chancen ergeben, aber auch Risiken, die interne und die externe Kommunikation dürften sich kurz-, mittel- oder langfristig in jedem Fall ändern. Es besteht Handlungsbedarf. Geschäftsführung und die für Kommunikation Verantwortlichen müssen prüfen, ob und wann und wie sie soziale Medien im Unternehmen einführen. Der Start partizipativer Plattformen muss gut vorbereitet werden, denn davon hängt letztlich ihr Erfolg im Alltag ab.

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Zurzeit kommen in vielen Unternehmen und Organisationen die Fragen auf: Müssen wir im Social Web aktiv werden und wenn ja: wie? Meist kümmern sich die für Unternehmenskommunikation Verantwortlichen – freiwillig oder gezwungenermaßen – um eine Social-Media-Strategie; oft fehlt ihnen das nötige Fachwissen, viele holen sie sich daher Unterstützung von Beratungsunternehmen. Patentrezepte für den Start in Social Media gibt es nicht – zu unterschiedlich sind Unternehmenskulturen, Produkte oder Dienstleistungen, Kunden und Interessensgruppen (Stakeholder). Ganz grob jedoch lässt sich eine Einführung in folgende Stufen einteilen: Erste Erfahrungen sammeln, Monitoring, Strategieentwicklung, Information der Mitarbeiter, Erstellen von Social Media Guidelines, Auswahl geeigneter Plattformen, Generieren von Inhalten, Festlegen der Workflows, Aufbau einer Community oder mehrerer Communities und schließlich: Doing. Einführung von Web 2.0 im Unternehmen ist ein Projekt. Es ist aber darüber hinaus ein ganz grundlegender Kulturwandel – und daher ein Change-Thema. Während klassischerweise Unternehmenskommunikation über definierte Kanäle (z. B. über die Pressestelle) erfolgt, so gibt es im 2.0-Unternehmen dieses Informationsmonopol nicht mehr. Hier gibt es zu viele Schnittstellen „nach außen“ und diese lassen sich nicht mehr kontrollieren. Werden Mitarbeiter in die Lage versetzt, Social Media zum Wohle des Unternehmens zu nutzen, eröffnen sich enorme neue Potenziale für die Unternehmenskommunikation, aber auch für das Wissensmanagement, für HR und für die Steuerung der Prozesse und Workflows im Unternehmen.

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Phasen der Social-Media-Einführung im Unternehmen: Empfehlungen aus Sicht einer Agentur.

Veit Mathauer, Geschäftsführer der Sympra GmbH (GPRA), Agentur für Public Relations, Stuttgart

1. Zusammenfassung

Zurzeit kommen in vielen Unternehmen und Organisationen die Fragen auf: Müssen wir im Social Web aktiv

werden und wenn ja: wie? Meist kümmern sich die für Unternehmenskommunikation Verantwortlichen – freiwillig

oder gezwungenermaßen – um eine Social-Media-Strategie; oft fehlt ihnen das nötige Fachwissen, viele holen

sie sich daher Unterstützung von Beratungsunternehmen. Patentrezepte für den Start in Social Media gibt es

nicht – zu unterschiedlich sind Unternehmenskulturen, Produkte oder Dienstleistungen, Kunden und

Interessensgruppen (Stakeholder). Ganz grob jedoch lässt sich eine Einführung in folgende Stufen einteilen:

Erste Erfahrungen sammeln, Monitoring, Strategieentwicklung, Information der Mitarbeiter, Erstellen von Social

Media Guidelines, Auswahl geeigneter Plattformen, Generieren von Inhalten, Festlegen der Workflows, Aufbau

einer Community oder mehrerer Communities und schließlich: Doing.

Einführung von Web 2.0 im Unternehmen ist ein Projekt. Es ist aber darüber hinaus ein ganz grundlegender

Kulturwandel – und daher ein Change-Thema. Während klassischerweise Unternehmenskommunikation über

definierte Kanäle (z. B. über die Pressestelle) erfolgt, so gibt es im 2.0-Unternehmen dieses Informationsmonopol

nicht mehr. Hier gibt es zu viele Schnittstellen „nach außen“ und diese lassen sich nicht mehr kontrollieren.

Werden Mitarbeiter in die Lage versetzt, Social Media zum Wohle des Unternehmens zu nutzen, eröffnen sich

enorme neue Potenziale für die Unternehmenskommunikation, aber auch für das Wissensmanagement, für HR

und für die Steuerung der Prozesse und Workflows im Unternehmen.

2. Zehn Schritte ins Social Web

Soziale Medien haben innerhalb von wenigen Jahren eine wahre Euphorie ausgelöst. Zunächst als

Kommunikations- und Informationsplattformen von Webinsidern, Geeks, IT-Fachleuten und der digitalen Elite

genutzt, sind sie spätestens mit der Erfolgsstory von Facebook zum virtuellen Aufenthaltsort für jedermann

geworden. Unabhängig von Alter, sozialer Herkunft, Ausbildung oder Beruf werden unterschiedlichste

Plattformen intensiv genutzt – geschäftlich und privat, im Büro, zu Hause und mobil. Das Web 2.0 hat das

Informations- und Kommunikationsverhalten und damit auch die Medienmärkte dramatisch verändert und wird

dies weiter tun. Kennzeichen sozialer Medien sind unter anderem, dass die Konsumenten von Informationen

gleichzeitig auch deren Produzenten sind und dass sich Mitglieder (Menschen, Unternehmen, Organisationen)

miteinander vernetzen und sich austauschen.

Für Unternehmen und Organisation können sich mit dem Web 2.0 viele neue Chancen ergeben, aber auch

Risiken, die interne und die externe Kommunikation dürften sich kurz-, mittel- oder langfristig in jedem Fall

ändern. Es besteht Handlungsbedarf. Geschäftsführung und die für Kommunikation Verantwortlichen müssen

prüfen, ob und wann und wie sie soziale Medien im Unternehmen einführen. Der Start partizipativer Plattformen

muss gut vorbereitet werden, denn davon hängt letztlich ihr Erfolg im Alltag ab.

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2.1. Erste Erfahrungen sammeln

Wer das Projekt Social-Media-Einführung angehen will, findet zahlreiche Fachbücher und ausführliche Websites,

deren Lektüre empfohlen werden kann. Auch der Besuch von Seminaren und Workshops oder sogar

Einzelcoachings sind ein geeigneter Weg, um sich dem Thema zu nähern. Neben diesem theoretischen Ansatz

sollten erste praktische Erfahrung gesammelt werden. Dabei geht es zunächst um das Zuhören: Welche Art von

Informationen werden getwittert? Welche Kollegen oder Kunden haben ein Xing-Profil? Welche Wettbewerber

haben Videos auf YouTube eingestellt und welche Inhalte habe diese. So lässt sich ein erstes Gefühl für Tonalität

und Frequenz entwickeln. Mit dem Anlegen eines (privaten) Accounts bei Facebook oder auf einer anderen

Plattform können die Funktionsweisen sozialer Medien ausprobiert werden: Inhalte erzeugen, Vernetzen, Posten,

Empfehlen, Teilen, Kommentieren.

2.2. Zuhören und Beobachten

Bevor mit Social-Media-Aktivitäen für ein Unternehmen oder eine Organisation gestartet wird, sollten die

Verantwortlichen monitoren, was in Blogs, auf den öffentlichen Plattformen und in Foren über das Unternehmen,

seine Produkte, seine Technologien etc. geschrieben wird. Kaum ein Unternehmen oder eine Organisation, über

die nicht schon irgendwo geschrieben oder diskutiert wurde. So hilft es beispielsweise, auf Twitter Tweets mit

einem bestimmten Stichwort zusammenstellen zu lassen (z. B. mithilfe von TweetDeck), um in Echtzeit zu

erfahren, was die Community denkt und veröffentlicht. Auch durch das Abonnieren der Beiträge von als relevant

identifizierten Blogs und Websites (z. B. über einen RSS-Reader) hilft, um über aktuelle Diskussionen auf dem

Laufenden zu bleiben. Schon die Anfrage in einer Suchmaschine dürfte zahlreiche Fundstellen in sozialen

Medien aufweisen.

2.3. Strategieentwicklung

Social Media müssen im Unternehmen und für das Unternehmen einen konkreten Nutzen bringen – nur dann ist

ihr Einsatz und die damit verbundenen Investitionen gerechtfertigt. Geschäftsführung, Kommunikations-

verantwortliche, HR-Leiter und andere interne Stakeholder müssen sich über die Ziele im Klaren sein, die sie mit

Web-2.0-Aktivitäten verfolgen wollen. Grundsätzlich gibt es verschiedene Einsatzszenarien für Web-2.0-

Technologien, so zum Beispiel:

Social Media in der externen Unternehmenskommunikation: Über verschiedene Plattformen werden

Zielgruppen direkt, also ohne „Umweg“ über klassische Massenmedien angesprochen. Zielgruppen

finden sich zu Communities zusammen, die über das Unternehmen und seien Produkte informiert

werden und mit denen ein Dialog aufgebaut werden kann. Social Media unterstützen hier Marketing,

Werbung, PR.

Social Media in der internen Kommunikation: Über Blogs informiert die Geschäftsführung die

Mitarbeiter oder informieren sich die Mitarbeiter untereinander und treten miteinander in Dialog. Die

Mitarbeiter generieren Inhalte selbst, Blogpostings werden kommentiert, diskutiert und ergänzt. Über

Instant-Messaging-Dienste halten sich die Mitarbeiter auf dem Laufenden, lassen sich Fragen

beantworten.

Social Media im Wissensmanagement: Operative Tätigkeiten und Managementaufgaben, die auf den

bestmöglichen Umgang mit Wissen abzielen, individuell oder in einer Organisation sollen mit 2.0-

Technologien optimiert werden. Plattformen wie Wikis und Blogs eigenen sich für das

Wissensmanagement in einer Organisation, weil jeder Mitarbeiter sein Wissen einbringen und

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dokumentieren kann. Probleme können via Crowdsourcing gelöst werden. Kollaborative

Wissensdatenbanken ergänzen oder ersetzen das Intranet

Social Media im HR-Bereich: Soziale Medien tragen dazu bei, die Arbeitgebermarke zu stärken und

potenzielle Mitarbeiter für das Unternehmen zu interessieren. Für HR-Aktivitäten bieten sich z. B. Blogs

und Twitter, aber auch Plattformen wie xing oder LinkedIn an.

Social Media im Kundendienst: Mithilfe von Plattformen wie Twitter lassen sich Kundenanfragen

schnell und einfach bearbeiten1; soziale Medien werden zu Instrumenten des Customer Relationship

Management.

Wichtig für die Strategieentwicklung ist daher zunächst die Definition der Zielgruppen. Dann sind die Themen und

Botschaften zu formulieren, die den Zielgruppen kommuniziert werden sollen. Und es ist Klarheit darüber zu

schaffen, in welchem Zeitraum die Ziele (realistisch) erreicht werden sollen. Nützlich ist es zudem zu schauen,

wie Wettbewerber, Kunden, Lieferanten im Web 2.0 auftreten.

In dieser frühen Phase der Einführung müssen Ressourcen (Zeit und/oder Budget) kalkuliert werden, denn

Social-Media-Relations sind auf jeden Fall mit (viel) Aufwand verbunden.

2.4. Information der Mitarbeiter

Auch wenn soziale Medien omnipräsent zu sein scheinen, auch wenn Facebook in Deutschland Millionen von

Nutzern hat und fast jeder schon einmal ein YouTube-Video gesehen hat – die Erfahrung zeigt, dass nur ganz

wenige Mitarbeiter in einem Unternehmen tatsächlich wissen, wie Social Media funktionieren. Nur wenige sind

mit den Möglichkeiten für den Schutz persönlicher Daten vertraut, haben ihr xing-Profil sinnvoll aufgebaut.

Menschen, die in ihrer Freizeit aktive Blogger oder Facebook-Nutzer sind, bringen es nur selten fertig, ihr im

Privatbereich erlerntes Know-how auf den geschäftlichen Bereich zu übertragen.

2.0-Plattformen werden aber nur dann effektiv (und effizient) genutzt, wenn ihre Funktionsweisen bekannt sind,

wenn ihr Einsatz mit geringen Hemmschwellen und mit geringen Risiken verbunden ist. Fast immer gibt es in

Unternehmen und Organisationen Skeptiker, die die sozialen Medien mit Argwohn oder gar mit Angst betrachten.

Die Gründe hierfür sind mannigfaltig, oft sind es schlichtweg Unwissen oder Wissen, welches auf einseitigen

Medienberichten basiert. Dennoch müssen gerade auch diese kritischen Töne berücksichtigt und Ängste

abgebaut werden – meist gelingt dies durch umfangreiches Informieren über die einzelnen Plattformen. Komplett

lassen sich manche Risiken im Social Web (z. B. Datenmissbrauch, Schließen einer Plattform) nicht

ausschließen.

Informationsveranstaltungen wie Vorträge, Workshops, Gruppen- oder Einzelcoachings sind essentiell für den

nachhaltigen Erfolg sozialer Medien im Unternehmen. Mitarbeiter bauen so Vertrauen auf, sammeln Erfahrungen

und gewinnen zunehmend Spaß am Einsatz der Plattformen.

1 vgl. „Telekom_hilft“, Salmen, Sonja; Bock, Andreas H.; Stalp, Oliver in: Salmen, Sonja; Beckmann, Helmut, Twitter-Marketing. Wer mitmacht, gewinnt!, Stuttgart,

2010

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2.5. Social Media Guidelines

Richtlinien für den richtigen Umgang der Mitarbeiter mit Xing, Facebook und Twitter sind ein häufiges Thema in

Unternehmen. Social Media Guidelines sind Leitplanken für die Onlinekommunikation durch Mitarbeiter, sie legen

fest, was der Mitarbeiter im Web 2.0 darf und soll, geben dem Mitarbeiter und dem Unternehmen gleichermaßen

Sicherheit. Viele Sachverhalte sind bereits im Arbeitsvertrag geregelt (z. B. Umgang mit vertraulichen

Informationen und mit Informationen über das eigene Unternehmen, Partnerfirmen oder Kunden) und müssen in

den Guidelines erwähnt, aber nicht neu festgelegt werden.

Bevor Social Media Guidelines erstellt werden, muss im Unternehmen generell geregelt werden:

ob/dass Social Media genutzt werden dürfen

ob Social Media auch privat genutzt werden dürfen

dass Social Media genutzt werden sollen

Social Media Guidelines werden auf die Bedürfnisse und die Strukturen des Unternehmens oder der Organisation

zugeschnitten und sehen daher von Unternehmen zu Unternehmen anders aus. Jedoch kristallisieren sich einige

Anforderungen an solche Richtlinien heraus, die auf jeden Fall erfüllt sein sollten, damit die Regeln ihrem Zweck

auch wirklich dienen können:

Social Media Guidelines gelten für alle Mitarbeiter. Vom Pförtner bis zum Geschäftsführer. Sie lassen

sich konkret im Alltag umsetzen und gelten innerhalb und, was Unternehmensbelange betrifft, durchaus

auch außerhalb der Arbeitszeit. Sie warnen Mitarbeiter vor Gefahren, die sich aus unvorsichtiger

Kommunikation über Unternehmensthemen im Social Web ergeben können und warnen vor den

möglichen Folgen. Insofern ist erste Aufgabe von Social Media Guidelines das Verhindern von Fehlern.

Social Media Guidelines schaffen Sicherheit. Ist die Nutzung von Twitter, Facebook, Xing und

ähnlichen Plattformen während der Arbeitszeit erlaubt oder nicht? Die Publikation welcher Informationen

ist tabu? Was muss ein nicht in der Öffentlichkeitsarbeit tätiger Mitarbeiter beachten, wenn in Blogs oder

auf Twitter über sein Unternehmen und dessen Produkte diskutiert wird? Darf er sich an der Diskussion

beteiligen und wie? Unter welchen Voraussetzungen darf ein Mitarbeiter einen Account oder eine

Gruppe zu einer Marke oder einem Thema des Unternehmens eröffnen? Welche Verantwortlichkeiten

gelten?

Social Media Guidelines motivieren. Scharf motivierte Richtlinien mit Formulierungen wie „nur

autorisierte Pressesprecher des Unternehmens dürfen sich äußern“ oder „Anfragen sind an die

Unternehmenskommunikation weiterzuleiten“ sind nicht Ziel führend. Die Richtlinien sollen zur aktiven

Nutzung von Web-2.0-Plattformen anregen.

Social Media Guidelines sind informativ. Richtlinien zur Social-Media-Nutzung sollten leicht

verständlich auch den weniger internetaffinen Mitarbeitern verdeutlichen, dass eine unbedachte

Bemerkung im Web sehr viel leichter weite Kreise zieht als im Offline-Leben. Sie müssen weniger

Vorschriften- als Ratgebercharakter haben und für den Leser einen konkreten Nutzen entfalten. Wichtig

ist auch, dass Mitarbeiter in den Guidelines Kontaktdaten einer Person oder eines Teams vorfinden, das

auch für kleinere Rückfragen zur Interpretation der Richtlinien erreichbar ist.

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Social Media Guidelines geben konkrete Hilfestellungen. Sie helfen den Mitarbeitern, sich darüber

klar zu werden, warum und wie sie Social Media für ihr Unternehmen nutzen wollen und können. Sie

weisen sie darauf hin, dass ihr Tun und Handeln im Web stets Rückschlüsse auf das Unternehmen

zulassen. Sie stellen klar, dass die Mitarbeiter ihre persönliche Meinung publizieren und nicht die des

Unternehmens (auch: unterschiedliche Anrede: „ich" und „wir".). Sie erklären, was in Sachen Copyright

zu beachten ist und dass die Mitarbeiter tatsächliches und geistiges Eigentum (z. B. Stadtpläne, Fotos,

Texte, Grafiken, Marken; Tags) respektieren müssen. Mitarbeiter sollen nur Dinge bloggen, die nicht

schon vorher gebloggt wurden, und neue Inhalte erstellen statt Bekanntes wiederholen. Sie regeln, wie

Mitarbeiter sich auf Businessplattformen à la Xing darstellen und wie sie ihre Profile in den

verschiedenen Social Networks überprüfen, damit diese den Richtlinien des Unternehmens entsprechen

(z. B. einheitliche Schreibweise des Firmennamens).

Social Media Guidelines geben Freiräume vor: Don't Forget Your Day Job! Mitarbeiter dürfen nie

vergessen, dass sie neben den Aktivitäten in sozialen Netzwerken noch andere (wichtigere) Aufgaben im

Unternehmen zu erledigen haben.

2.6. Auswahl geeigneter Plattformen

Nun geht es daran, die zum Unternehmen bzw. zur Strategie passenden Plattformen auszuwählen, um die

Zielgruppen möglichst gut zu erreichen. Dies können reichweitenstarke Plattformen wie Facebook sein, dies kann

aber auch ein Blog sein, der sich ausschließlich an die 15 Schlüsselkunden richtet. Für die Kommunikation in

einer Projektgruppe kann es auch ein Projekt-Wiki sein, in den die Gruppenmitglieder den aktuellen Stand ihrer

Arbeiten dokumentieren.

Die Webagentur ethority hat in Anlehnung an Brian Solis und JESS3’s „Conversation Prism: The Art of Listening,

Learning and Sharing“ eine Version speziell für den deutschen Markt entwickelt. Das Prisma zeigt die Landschaft

der Social Media in Deutschland mit allen relevanten Konversationskanälen.

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Abb. 1: Conversations in Social Media, Version 2.0; http://www.ethority.de/weblog/social-media-prisma/

Aus der Vielzahl von Plattformen sollten insbesondere bei der Einführung sozialer Medien nur wenige ausgewählt

und eingesetzt werden, weil jede Plattform auch Aufwand bedeutet: für ein Einarbeitung, für die Aufbereitung von

Inhalten, für den Aufbau einer Community und für die Social Media Relations, also den Dialog mit den jeweiligen

Zielgruppen.

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Stand heute (Frühjahr 2010) kann festgestellt werden, dass ein Unternehmen, insbesondere wenn es im B2C-

Bereich tätig ist und wenn es sich an eine größere Gruppe von Menschen richtet, um eine Facebook-Seite nicht

herum kommt. Für Unternehmen im B2B-Bereich bietet sich oftmals ein Blog an, in dem über Produkte,

Dienstleistungen und Projekte berichtet wird und der die klassische Pressearbeit ergänzt; der Blog kann bzw.

sollte über andere Plattformen (z. B. Twitter, Facebook) promotet werden, damit er Leser findet. Wer seine

Produkte mithilfe von Bewegtbild präsentieren möchte, kann die Videoplattform YouTube als soziales Netzwerk

nutzen. Unternehmen, die auf mehreren Plattformen aktiv sind, bündeln ihre Aktivitäten in einem Social Media

Newsroom2.

2.7. Content generieren

Themen gibt es in Unternehmen meist genug. Die Kunst besteht darin, sie zu identifizieren und sie zielgruppen-

und mediengerecht aufzubereiten. Fast immer bietet es sich an, ein Redaktionsteam mit Vertretern

unterschiedlicher Unternehmensbereiche zusammenzustellen, das einen Redaktionsplan aufstellt, Themen für

Blogs oder Postings festlegt und Autoren dafür findet (bzw. die Texte selbst schreibt). Vor allem in der

Anfangsphase empfiehlt es sich, einen externen Berater zu den Redaktionstreffen hinzuzuziehen.

Abb. 2. Redaktionsplan für den Facebook-Auftritt einer Kommune

2.8. Festlegung der Workflows

Soziale Medien sind schnell. Für manche Unternehmen brutal schnell. Anfrager wollen zügig eine Antwort, am

Liebsten in Echtzeit. Rasches Agieren und Reagieren verlangt eingeführte Prozesse, verteilte

Verantwortlichkeiten, willige und befähigte Zulieferer von Informationen. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich,

dass Social Media erheblichen Einfluss auf die Organisationsstruktur im Unternehmen haben. Die Betreuung

einer Facebook-Präsenz oder eines Blogs darf nicht einem Praktikanten oder Werkstudenten überlassen werden;

zu transparent, zu öffentlich sind die Dialoge, die zwischen Unternehmen und Zielgruppen auf den Plattformen

2 vgl. http://blog.sympra.de/2010/02/17/social-media-newsrooms-wer-braucht-eine-neue-wunderwaffe/ und http://blog.sympra.de/2010/01/14/pr-und-social-media-so-

setzen-sie-ihre-strategie-um/

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entstehen. Vielmehr ist ein Social-Media-Verantwortlicher oder ein Social-Media-Team zu installieren, das mit

allen relevanten Unternehmensbereichen gut vernetzt ist, sich formelle und informelle Netzwerke im

Unternehmen aufgebaut hat, die Zielgruppen und die Prinzipien der Informationsrezeption kennt und Themen

aufbereiten kann. Da dies auch die klassischen Anforderungen an die Unternehmenskommunikatoren sind, liegt

es nahe, die Verantwortung für Social Media ebenfalls in der Unternehmenskommunikation anzusiedeln –

allerdings mit umfangreicheren Befugnissen, als die, über die ein Pressesprecher in der Regel verfügt. Der

Social-Media-Verantwortliche steuert die gesamten Social Media Relations des Unternehmens, muss also auch

den Fachabteilungen (HR, Vertrieb, Marketing usw.) weisungsbefugt sein. Er bestimmt die Strategie und die

Leitlinien für die Web-2.0-Aktivitäten, die niemals partizipativ entstehen dürfen, wohl aber zur Partizipation in der

Umsetzung motivieren sollen. Die IT-Abteilung versteht seine Anliegen, er die der IT-Abteilung. In einigen

Unternehmen ist für diesen Aufgabenbereich die Stelle des Chief Social Media Officers (CSMO) geschaffen

worden3.

2.9. Community-Aufbau

Wer empfängt die Unternehmensnachrichten eigentlich? Hier muss das Unternehmen sich erst einmal ein

Publikum verschaffen, indem es seinen Blog promotet, seine Twittergefolgschaft aufbaut und Freunde für seine

Facebook-Seite wirbt. Strategischer Aufbau ist angesagt: Hier geht es nicht um Masse, sondern um die Qualität

der Community-Mitglieder. Vor allem in der Anfangsphase ist dies mit viel „Handarbeit“ verbunden; von Tools für

den automatisierten Aufbau von Communities (z. B. zum Gewinnen von Twitter-Followern) ist eher abzuraten,

weil es hier um Quantität geht, nicht um den Aufbau einer relevanten Zielgruppe.

Der Aufbau einer Community verläuft parallel zur Generierung von Inhalten: Ein Blog findet nur Leser und

Abonnenten, wenn er interessante Postings enthält; einem Twitter-Account wird nur gefolgt, wenn relevante

Informationen darüber getwittert werden. Mathauer, Deckenbach, Ernst und Ulrich beschreiben am Beispiel des

Bildungskongresses 2010 der Know How! AG, wie ein solcher Community-Aufbau für einen Blog und für Twitter

vonstatten gehen kann4.

Festzuhalten bleibt, dass nach Erreichen einer kritischen Masse von Followern und Fans die Community „von

selbst“ wächst, indem die Community-Mitglieder die Seite oder den Account des Unternehmens wiederum ihrer

Community empfehlen – der für Social Media so typische Schnellballeffekt für die Multiplikation von Botschaften

setzt ein.

2.10. Doing

Social-Media-Aktivitäten müssen langfristig angelegt sein. Das Vertrauen der Community muss man sich erst

einmal erarbeiten. Unbeantwortete Fragen aus der Community sind ein schlechtes Zeichen, ein verwaister Blog

wirkt verheerend.

Viele, sehr ambitionierte gestartete Social-Media-Projekte werden nach wenigen Monaten wieder eingestellt. Die

Gründe dafür sind unterschiedlich:

Es wurden nicht ausreichend Ressourcen bereitgestellt

Social-Media-Relations waren ein One-Man-Show und der Mitarbeiter hat das Unternehmen verlassen

3 vgl. http://blog.sympra.de/2010/10/15/steuerung-statt-anarchie-moderne-unternehmen-brauchen-einen-chief-social-media-officer-csmo/

4 vgl. Mathauer, Veit; Deckenbach, Bastian; Ernst, Heike; Ulrich, Katrin: Know How! Bildungskongress 2.0 in: Salmen, Sonja; Beckmann, Helmut, Twitter-Marketing.

Wer mitmacht, gewinnt!, Stuttgart, 2010

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Social-Media haben nicht (mehr) den Rückhalt der Geschäftsführung

Das individuelle Kosten-Nutzen-Verhältnis wurde negativ bewertet (häufiger Grund für das Scheitern des

Social-Media-Einsatzes im Wissensmanagement)

Social Media haben keinen kurzfristigen Nutzen gebracht

Man hat sich durch Aktivitäten auf zu vielen verschiedenen Plattformen „verzettelt“.

...

Die Liste ließe sich beinahe beliebig verlängern.

In der Praxis zeigt sich: Scheitern Social-Media-Projekte, so liegt dies fast immer daran, dass sie mit zu wenigen

Ressourcen ausgestattet wurden oder/und dass sie nicht zum Bestandteil der Workflows im Unternehmen

geworden sind.

3. Zwei Praxisbeispiele

3.1. Social-Media-Relations zur Marketingunterstützung

Anmerkung: Dieser Beitrag ist als Posting ist am 9. August 2010 im Sympra-Blog erschienen. Wenn gleich vom

Autor leicht sarkastisch beschrieben, so schildert die Geschichte doch einen konkreten Fall aus der

Beratungspraxis der Sympra GmbH (GPRA).5

Unternehmer und Geschäftsführer aufgepasst: Geld sparen – Social Media ersetzen Euch die PR-

Agentur! (Eine Geschichte aus dem wahren Leben.)

Die Ausgangssituation

Kommt der Geschäftsführer eines nicht ganz kleinen Unternehmens auf eine PR-Agentur zu und meint, er wolle

künftig Social Media für die Ansprache potenzieller Kunden einsetzen. Er habe in der Vergangenheit mit einem

PR-Büro zusammengearbeitet, die zwar einen guten Job in Sachen klassischer Pressearbeit gemacht habe, aber

nun brauche er die nicht mehr, denn nun solle die Pressearbeit durch Social Media Relations komplett ersetzt

werden. (Anmerkung: Wie toll Facebook & Co. ist, hat er durch seine studierende Tochter erfahren, die hier sehr

aktiv ist und eine nette Community aufgebaut hat.)

Und nach allem, was man so hört, scheint das ja auch der richtige Weg zu sein: Den PR-Dienstleister hatte er

damals insbesondere deswegen engagiert, weil dieser so gute Kontakte zu den Journalisten hat – und genau die

braucht man heute nicht mehr, denn über Twitter und Facebook und wer-kennt-wen erreicht man die Zielgruppen

ja nun direkt, also ohne Redakteure in den Kommunikationsweg zwischenschalten zu müssen. Das bringt mit

sich, dass die Texte auch ruhig einen Tick werblicher verfasst sein dürfen, denn der „Gatekeeper Journalist“ fällt

erfreulicherweise weg.

Weiterer Vorteil ist, dass die Texte für Facebook-Seiten nicht mehr sehr lang sein müssen, daher auch

aufwendige Recherchen und Textarbeiten weitgehend entfallen können. Diese Einsparung geht mit der Tatsache

einher, dass Social-Media-Plattformen generell kostenfrei sind.

5 http://blog.sympra.de/2010/08/09/unternehmer-und-geschaeftsfuehrer-aufgepasst-geld-sparen-social-media-ersetzen-euch-die-pr-agentur/

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Im konkreten Fall sollte sich insbesondere der Marketingleiter, privat eifriger Twitterer, um Social Media

kümmern; einige xing-erprobte Vertriebsmitarbeiter erklärten sich bereit, ebenfalls aktiv mitzumachen. Das sei

gut, denn damit wären Akteure gefunden, die inhaltlich sehr nahe an den Unternehmensthemen sind.

Die Rechnung

Beratung für die Einführung müsse sein. Auch das Einrichten von Facebook-Seiten, eines Twitteraccounts etc.

sollte man einem spezialisierten Dienstleister überlassen. Das Operative wiederum ließe sich prima inhouse

erledigen. Durch den langfristigen Wegfall der Agentur wollte das Unternehmen nach 18 Monaten einen größeren

fünfstelligen Betrag einsparen.

Der Ansatz

Die Agentur erhielt also den Auftrag, das Unternehmen in Richtung Social Media zu beraten und die ersten

Aktivitäten aufzusetzen. Es folgten drei Workshops mit Geschäftsführer, Marketingleiter, Vertriebschef, sogar die

Web-2.0-averse Werbeagentur war mit eingebunden. Workshops, in denen gemeinsam Zielgruppen definiert und

Konzeptideen entwickelt wurden – und in denen die PR-Agentur regelmäßig darauf hingewiesen hat, dass es bei

Social Media vor allem um INHALTE geht, mit denen Interessenten angesprochen werden. Und es geht um

RELATIONS, also darum, mit dieser Community in Dialog zu treten. Die Kommunikationsprofis hatten zudem

empfohlen, einen Newsroom oder eine andere geeignete Plattform als Ausgangsbasis für die Social-Aktivitäten

aufzubauen und einen Themenplan für Postings aufzustellen. Es wurden Social-Web-Plattformen identifiziert, auf

denen das Unternehmen vertreten sein sollte.

Und die PR-Agentur hat vor allem versucht, deutlich zu machen, dass es nicht um Social Media oder

klassische PR geht, sondern um Social Media und klassische PR.

All dies wurde in einem umfassenden Kommunikationskonzept zusammengefasst und präsentiert. Die PR-

Agentur hat sogar ein Pflichtenheft für eine eigene Web-2.0-Plattform erstellt, die die Werbeagentur – so der

Wunsch des Kunden – programmieren sollte. Zudem wurde ein Entwurf für die Social Media Guidelines geliefert.

Die Wirklichkeit

Dass aus Sicht des Kunden das Konzept der PR-Agentur offenbar einige gute Tipps zum Selbermachen enthielt,

ahnten die Verfasser, weil partout kein Feedback darauf kam – außer der pünktlichen Bezahlung der Rechnung.

Inzwischen weiß die PR-Agentur auch warum. Der Marketingleiter twittert an seine binnen-zwei-Monaten-mehr-

als-2.000 Follower – insbesondere Termine und Links auf die (statische) Website. Die Gruppe bei wer-kennt-wen

wächst, dankenswerterweise auch dadurch, dass das komplette Vertriebsteam nebst Lebensgefährten Mitglied

wurden. Dass die xing-Gruppe erst 13 Mitglieder hat, mag daran liegen, dass noch keine Artikel geschrieben und

Diskussionen initiiert wurden. Der Newsroom geht, so war zu hören, in Kürze online; die Werbeagentur

programmiert derzeit noch an einem Wordpress-Blog. Die Guidelines waren dem Geschäftsführer zu

umfangreich („Das muss auf eine halbe Seite passen!“). Ein paar andere Hinweise, was im Web opportun ist und

was nicht, wurden schlicht ignoriert, was bei manchen sozialen Aktivitäten des Unternehmens auffällt.

Da die Pressearbeit eingestellt worden war und keine Pressemeldungen mehr verteilt werden, gingen nicht nur

die Veröffentlichungen in klassischen Printmedien, welche die Zielgruppe nach wie vor zur Entscheidungsfindung

heranzieht, dramatisch zurück. Vor allem fehlen damit den Social-Media-Aktionen die Inhalte! Auch das merkt

nicht nur der aufmerksame Beobachter.

Die Lehren

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Social Media leben von den Inhalten. Ein Tweet ohne interessanten Inhalt interessiert niemanden.

Social Media Relations erfordern Wissen über das Web 2.0, über Plattformen, Prozesse,

Kommunikationsstrukturen.

Social Media Relations beanspruchen Ressourcen – Zeit und/oder Budget.

Social Media Relations sind nicht unbedingt preisgünstiger als klassische PR – aber in vielen Fällen

effektiver und effizienter.

Social Media Relations ergänzen Public Relations – sie sind Teil davon.

Social Media Relations erfordern Professionalität.

3.2. Praxisbeispiel: Social-Media-Einführung bei der Public-Relations-Agentur Sympra

Die Sympra GmbH (GPRA) ist eine 1992 gegründete Public-Relations-Agentur mit Sitz in Stuttgart und Büros in

München und Berlin. Sympra ist inhabergeführt, Mitglied im Verband der führenden PR-Agenturen GPRA und

nach Consultancy Management Standard II (CMS) zertifiziert, was den hohen Qualitätsanspruch der Agentur

unterstreicht. Zum Produktportfolio von Sympra gehört traditionell das gesamte Instrumentarium strategisch

fundierter Öffentlichkeitsarbeit. www.sympra.de

Den durch das Web 2.0 (Social Web) ausgelösten Medienwandel hat die Agentur Anfang 2008 zum Anlass

genommen, folgende Ziele zu verfolgen:

1. Überprüfung der neuartigen Social-Media-Instrumente wie Blogs, Microblogging und Social Networks im

Hinblick auf Ihre Eignung als Instrumente der internen und externen Unternehmenskommunikation

2. Entwicklung eines Umsetzungsplans für die Unternehmenspraxis

3. Integration von Social Media Relations in das unternehmenseigene Produktportfolio

4. Etablierung eines unternehmensinternen Wissensmanagements zum Themenkomplex Social Media

5. Aufbau einer Experten-Reputation für die Agentur insgesamt

6. Aufbau des neuen Geschäftsfeldes Social Media Relations als Geschäftsfeld der Agentur

Strategie

Die Agentur ist strikt qualitätsorientiert und hat sich unter anderem im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im Verband

führender PR-Agenturen GPRA verpflichtet, nach international anerkannten Codizes und moralischen Standards

zu handeln. Dies galt es zu beachten

bei der Nutzung von Social Media durch die Agentur und deren Mitarbeiter

bei der Beratung von Kunden rund um Social Media

bei der Gestaltung von Social-Media-Produkten, die Sympra PR-Kunden anbietet

Kern der Strategie zu Reputationsaufbau und Markteinführung war demnach, sich durch einen besonders

qualitätsorientierten Ansatz vom Wettbewerb abzuheben. Als Devise und Grundsatz wurde festgelegt, dass die

Agentur Wert auf eine realistische Einschätzung legt. Demnach sind Social Media und Social Networking keine

schnell und günstig nutzbaren Marketingtools, sondern dialogorientierte und langfristig angelegte

Kommunikationsplattformen, die entsprechend budgetiert werden müssen. Social-Media-Instrumente müssen mit

klassischer Medienarbeit und klassischem Marketing in Einklang gebracht werden, um erfolgreiche

Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

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Die unterschiedlichen Werkzeuge wurden im Rahmen einer Multi-Marken-Strategie eingesetzt, in deren

Mittelpunkt die Unternehmensmarke Sympra stand und steht. Darüber hinaus lancierte die Agentur die

Segmentmarke DemokratieZweiNull, eine Online- und Eventplattform für Politiker und politische Multiplikatoren.

Innerhalb weniger Wochen entstand mit DemokratieZweiNull eine Marke und Community, die ideal die

Positionierung der Agentur als Kompetenzzentrum in Sachen Social Media Agenda Setting ermöglichte.

Auswahl geeigneter Plattformen im Social Web

Twitter als Reichweitenbringer: Twitter konnte Sympra im Rahmen des Maßnahmenpakets zur

Positionierung der Agentur vor allem als Networking-Hebel und Reichweitenbringer nutzen. Der

Charakter von Twitter, asymmetrisches Social Networking mit niedriger Hemmschwelle zu ermöglichen,

brachte im Kontakt mit potenziellen Kunden und Kooperationspartnern mehrfach direkte Erfolge in der

Kundengewinnung. Während über den Corporate Account @sympra ausschließlich Agenturrelevantes

getwittert wird – in den ersten Wochen galt hier ein Vier-Augen-Prinzip – lassen es die Mitglieder des

Social-Media-Teams in ihren persönlichen Twitter-Streams aber auch „menscheln“. Im Rahmen ihrer

persönlichen Twitter-Aktivitäten haben die Mitglieder des Social-Media-Teams alle Seiten, Chancen und

Risiken des Echtzeit-Microblogging ausführlich erlebt und konnten daraus wichtige Schlüsse für die

Erstellung von Social Media Guidelines für Unternehmen ziehen, die heute zu den Leistungen der

Agentur zählt.

Blogs als Kompetenzbeweis: Im Oktober 2008 ging bei Sympra ein internes Blog an den Start. Diese

Intranet-Site sollte fortan das interne Wiki ergänzen, welches das interne Wissensmanagement stützt

und als interner Nachrichtenkanals zum Einsatz kam. Mit der Einführung des internen Blogs wollte die

Sympra-Geschäftsführung zwei Ziele erreichen: zum einen die Verbesserung der internen

Informationsweitergabe samt ungefiltertem und moderationsfreiem Meinungsaustausch über die

Kommentarfunktion, zum anderen ein Trainingseffekt für das geplante externe Blog, das im Dezember

2008 an den Start ging. Hier sollten Sympra-Mitarbeiter ihre unterschiedlichen Fachthemen in der

Öffentlichkeit beleuchten und diskutieren: internationale Public Relations, Change- und

Krisenkommunikation, Corporate Publishing und weitere Bereiche der Public Relations. Neben dem

Agenturblog (http://blog.sympra.de) hat die Agentur im Rahmen ihrer Multi-Marken-Strategie im Frühjahr

bis Herbst 2009 zudem auf http://demokratiezweinull.de ein Blog für die Zielgruppe von

DemokratieZweiNull, also Politiker, politische Multiplikatoren und weitere öffentliche Meinungsbildner,

gesetzt. Auf dieser Website wurden kritische Analysen rund um den Online-Wahlkampf und

Microtargeting im Zeitalter des digitalen Politik-Marketing veröffentlicht, um die Zielgruppe Politiker und

politische Multiplikatoren zu bedienen. Die Blogs der Agentur und ihrer Mitarbeiter dienen vor allem als

Kompetenzbeweis.

Interne Incentives und Workshops: Der Tatsache, dass Erfolg in Social Media und Social Networking

stark vom Image beteiligter Einzelpersonen abhängig ist, trug die Agentur dadurch Rechnung, dass die

Nutzung von Social Networking und Social Media durch Einzelpersonen ausdrücklich angeregt wurde,

unter anderem durch agenturseitige Finanzierung von Premium-Accounts, mehrere Workshops und die

Einführung eines Weblogs für die interne Kommunikation. Social Networking und Social Media ist in der

Agentur innerhalb weniger Monate von einer exotischen Angelegenheit zu einem Teil der

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Unternehmenskultur geworden.

Social Networks: Social Networks spielen eine bei der Positionierung der Agentur wachsende Rolle.

Die Präsenz von Sympra im in Deutschland wichtigsten Business-Netzwerk Xing beschränkt sich bislang

auf die einzelnen Mitarbeiterprofile und ein von Xing automatisch generiertes Unternehmensprofil.

Mitarbeitern wird die Jahresgebühr der Xing-Premiummitgliedschaft vom Unternehmen erstattet. Eine

interne Schulung hat dazu beigetragen, dass die einzelnen Mitarbeiter sich der strategischen Bedeutung

ihrer Xing-Profile bewusster sind als zuvor und die Chance haben, diese erfolgreich zu Akquisezwecken,

zur Kundenbindung und zu Recherchezwecken zu nutzen. Eine Facebook-Fanpage für Sympra wurde

Anfang 2010 eingeführt.

Social Media Newsroom: Außenposten bei Twitter, Facebook & Co. reichen nicht aus, um erfolgreich

im Social Web aktiv zu sein. Zudem benötigen Marken und Personen eine zentrale Website, die

Aktivitäten gebündelt darstellt. Dieses Herzstück kann der sogenannte Social Media Newsroom sein:

Eine Website, die relevante Inhalte automatisch und in Echtzeit aggregiert und sowohl Journalisten als

auch andere Multiplikatoren wie Blogger und Twitter-Nutzer mit den Informationen versorgt, die sie

benötigen. Inhalte im Social Media Newsroom lassen sich jederzeit mit wenigen Klicks weiterleiten, auf

Twitter, Facebook und anderen Plattformen empfehlen oder auch in andere Websites, beispielsweise in

Blogs, einbetten. Sympra bietet in Zusammenarbeit mit dem Technikpartner myON-ID, München, den

Social Media Newsroom als Managed Service. Wie das Produkt funktioniert zeigt auch der

agentureigene Social Media Newsroom unter http://newsroom.sympra.de

4. Literatur

Salmen, Sonja; Beckmann, Helmut, Twitter-Marketing. Wer mitmacht, gewinnt! Stuttgart, 2010

Weinberg, Tamar: Social Media Marketing: Strategien für Twitter, Facebook & Co, Köln, 2010

http://blog.sympra.de/

Mündemann, Tobias et al.: Web 2.0. Neue Wege – alte Tugenden. Eine Publikation von ergo Kommunikation