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    In dieser Ausgabe :

    Editorial

    Biographie

    Yassine Bassid ..... 4Umwelt

    Lothar Klouten .... 5

    Reisebericht

    Uli Rohde .. 8

    Kultur

    Oubaha Brahim .... 15

    Politik

    Oubaha Brahim ........ 16

    LiteraturAbderrahim Bougayou ... 25

    Stadtportrt

    Abderrahim Bougayou 26

    Urlaub in Marokko

    Dr. Peter Fler ...... 28Deutsche Sprache

    Abderrahim Bougayou ... 30

    Interview

    Timatarin-Team .. 34

    Nachrichten

    Lahcen Handi ........ 36

    Impressum :

    Herausgeber: der masirische

    kulturverein Timatarin

    Telefon:

    +212 623 999 110

    E-Mail:

    [email protected]

    Chefredakteur:

    Oubaha Brahim

    Redaktion:Lothar Klouten, Peter Fssler

    , Uli Rohde, Lahcen Handi,

    Abderrahim Bougayou, Yassine

    Bassid

    Mitarbeit an dieser Ausgabe:

    Sofiane Bohsaine, Mehdi Miftahi

    , Abderrahim Essaadi

    Redaktionelles Konzept:

    Yassine Ait Addi

    Bildredaktion:Rachid Tagoulla, Karl Heinrich

    Barth, Bouadi Abdellah

    Titelbild:

    Rachid Tagoulla

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    3 Editorial

    Ihr Timatarin-Team

    Eine gemeinsame Zukunft in Wrde, Freiheit, Demo-kratie und Rechtstaatlichkeit, dem Ideal der UN-

    Menschenrechtserklrung entsprechend: Das ist dasgemeinsame Ideal der Menschen, die hinter demMagazin Timatarin stehen. Wir Menschen zeichnenuns durch unsere Sprache aus, gesprochen und ges-chrieben. Kommunikation lokal, regional, global,interkulturell ist die Basis fr diese gemeinsame gute

    Zukunft.

    Diese gemeinsame Ideal spiegelt sich in allen

    Beitrgen in dieser dritten Ausgabe des Maga-zins Timatarin. Marokkaner berberischen Kultur undDeutsche haben Beitrge fr ein online in Deutsch inMarokko erscheinendes Magazin im gemeinsamenGeist geschrieben. Und so werden weitere Ausga-

    ben folgen.

    Insbesondere in Deutschland, sterreich und derSchweiz werden die Chancen kaum genutzt, diedamit verbunden sind, dass es in Marokko eine star-ke aktive Gruppe von Menschen gibt, die intensivdie deutsche Sprache und Kultur leben. So auch alsDeutschlehrer. Dieser Hinweis macht vielleicht einpaar Menschen in Deutschland, sterreich und derSchweiz nachhaltig neugierig, diese Chancen kon-

    kret mit zu nutzen.

    Die Redaktion des Magazin Timatarin wnscht sich einreges Echo auf diese Ausgabe. Kommunikation mitMenschen, die sich vom gemeinsamen Ideal anges-prochen fhlen. So kann sich ein Netzwerk entwic-keln, dass sicher positive Wirkung erzielt. Wir leben imdigitalen Zeitalter und der Globalisierung. Konzentrie-ren wir uns auf deren Chancen. Ohne zu vergessen,die negativen Begleiterscheinungen so zu gestalten,dass sie auch zu Chancen werden. Es liegt an uns

    gemeinsam.

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    Werner Vycichl mehr als 25-Jhriger

    Forschung ber die Berbersprachen

    Biographie

    WERNER VYCICHL

    Werner Vycichl wurdeam 20. Januar 1909 inPrag (Bhmen) geboren,und verbrachte seineKindheit und Jugend imniedersterreichischen

    Aspang, wo seine Eltern einstattliches Einfamilienhausbesaen. Sein Vaterdiente als Ofzier in dersterreichischen Armee. Er war einer derherausragendstenSpezialisten auf demGebiet der historischen-

    vergleichenden Afrikanistik,vor allem im Bereich derafroasiatischen Sprachenmit ihrem Zweig derBerbersprachen.Werner Vycichl studierteab 1928 am Institut frgyptologie und Afrikanistikan der Universitt Wienund eignete sich im erstenSemester bei WalterC.Till (18941963-), derin gyptischer Spracheund Altertumskundehabilitiert hatte, auchGrundkenntnisse derkoptischen Sprache an.1932 schloss Vycichlsein Studium mit seiner

    Dissertation zum ThemaUntersuchung ber denHausa-Dialekt von Kano

    erfolgreich ab.Eines seinerumfangreichsten Projektewar das Handbuch derBerbersprachen, das einenberblick ber die historische

    Sprachwissenschaft,Phonetik und Morphologieder Berbersprachen bietensollte. Dazu fhrte Vycichelmehrere Feldforschungenber Berbersprachen-Dialekte in Djerba undSiwa durch. Trotz seiner

    25-jhrigen Beschftigungmit diesem Thema konnteer dieses Projekt nichtbeenden.Vycichls unvollstndigesManuskript von etwa 2500Seiten, das ursprnglich indeutscher Sprache verfasstwar, wurde nach einerberarbeitung im Jahre2005 postum als Studieber die berberischeSprachen verffentlicht.Wycichls wissenschaftlichenNachlass verwaltet dasInstitut fr AfrikanischeSprachwissenschaften inFrankfurt am Main.Hochbetagt verstarb

    Vycichl am 23.September1999 in Genf (Schweiz).

    Autor : Yassine Bassid

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    DESERTEC

    Eine Chance fr ganz Marokko

    Umwelt

    Knig Mohammed VI vonMarokko

    Er wird genau wissen, warumer persnlich DESERTEC un-tersttzt:Weil er in diesem groen glo-

    balen Projekt und den mitihm vernetzten weiteren Pro-jekten umfassende Chancenfr Marokko sieht. Deswegenhat er am 10. Mai 2013 per-snlich den Spatenstich desSolarthermiekraftwerks Qua-zazate I vorgenommen.

    Was ist DESERTEC

    DESERTEC wurde 2009 alsStiftung gegrndet: diegemeinntzige DESERTECFoundation. Die Basis warein Netzwerk von Wissens-chaftlern, konomen undPolitikern aus Europa, denNahen Osten und Norda-frika. Die Vision von DESER-

    TEC ist, an Standorten globalmit groen Potentialen frerneuerbare Energien Pro-jekte umzusetzen. Konkretin Marokko fnf Solarstroms-tandorte, vier Windkraftstan-dorte und einen Meerwas-serentsalzungsstandort. Diegewonnene Energie wirdganz berwiegend in Ma-rokko eingesetzt. Mittelfristigsollen wenige Prozent bereine Leitung ber die Straevon Gibraltar, wo sich Afrikaund Europa auf siebzehn Kilo-

    meter nahe kommen, nachEuropa exportiert werden.Das Gesamtinvestitionsvolu-men in Marokko drfte um20.000.000.000 sein.

    Die Wurzeln von DESERTEC

    liegen auch in Marokko.Als Grndungsmitglied derTransmediterranen Re-neable Energy CooperationTREC war der MarokkanischeWissenschaftler Prof. Sbde-lazis Bennouna bereits vorder Grndung der DESERTECFoundation eine treibendeKraft hinter dem DESERTEC

    Konzept. Auch der Marok-kanische Mathematiker Dr.Mustapha Syaita setzt sichintensiv fr die Belange vonDESERTEC ein, und ist Mi-tgrnder des DESERTEC Uni-versity Network DUN.

    Zu den mageblichen Grn-dern der DESERTEC Founda-

    tion gehrt die DeutscheGesellschaft Club of Rome.Die wiederum mit dem Glo-bal Mashal Plan verbundenist.

    Quazazarate I

    Quazazarate ist das Tor zurSahara, an deren Rand gele-gen, wo die Sonnentrahlung-sintensitt besonders hochist. Die Stadt ist ein gut be-

    suchter Touristenort, der nunum eine Attraktion reicherwird. Quazazarate I mit ei-nem Investitionsvolumen von630.000.000 wird Ende 2015mit 160 Megawatt ans Netzgehen, und rund 530.000

    Menschen in Marokko mitEnergie versorgen. Der um-weltfreundliche Strom ausder Wste ist kohlenstoffarmund damit klimafreundlich. Erwird zu einem gnstigen Preisproduziert: 14,5 Euro-Cent frdie Kilowattstunde. Das istder weltweit gnstigste Preisfr Strom aus einem solar-

    thermischen Kraftwerk. Unterder Federfhrung der Morok-kan Agency for Solar EnergyMASEN wird dieser Standortletztlich auf einer Flche vonzwlf Quadratkilometern etwa die Flche der StadtMelilla, die eine SpanischeEnklave in Marokko ist -, eineLeistung von 500 Megawatt

    erreichen, wovon letztlicheinige Prozent nach Europaexportiert werden. Das Ge-samtinvestitionsvolumen istetwa 2.000.000.000. Nebender deutschen Bundesregie-rung mitnanziert von derEU-Kommission, der Europis-chen Investitionsbank, derFranzsischen Entwicklungs-

    bank Agence France Deve-loppement, der Weltbankund der Afrikanischen En-twicklungsbank. Dies ist dannder grte Solarthermiestan-

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    dort der Welt. Die Dii GmbHmit Sitz in Mnchen wirdvon neunzehn Konzernengetragen, u.a. RWE, eOn,

    Deutsche Bank, Uni Credit,Munich RE und ABB. Quaza-zarate wird vom SaudischenUnternehmen und Dii-Gesell-schafter ACWA Power errich-tet.Die erste Ausbaustufe wirdvon der deutschen Bundes-regierung mit 150.000.000mit nanziert. Ergnzt in den

    Folgejahren um 630.000.000zum Ausbau von Solarener-gie in Marokko.

    Hochspannung-Gleichs-trom-bertragung HG undSmart Grid

    Mit der Leitungstechnik HGwird ein geringer Leitungsver-

    lust von etwa 3% je 1000 Kilo-meter mit geringen Mehrkos-ten von etwa einen Euro-Centpro Kilowattstunde erreicht.Mehr als ausgeglichen durchdie deutlich hhere Efzienzdurch strkere und lngereSonneneinstrahlung sowieweniger Wintermonate. Be-ziehungsweise strkere und

    konstante Winde an opti-malen Kstenstandorten.Schwankungen und Ausfllewerden durch Vernetzungund Backup-Kraftwerkeausgeglichen: Smart Grid,exible intelligente Strom-netze in Verbindung mitverteilten Kraftwerken -Vernetzung - bedingt einedeutlich hhere Energieef-zienz.

    Die DESERTEC-Kriterien

    Sie sind auf www.desertec.org verfgbar, und sollen diekologisch und sozial vertr-gliche Umsetzung von solaren

    Groprojekten sicherstellen.Dabei geht es auch um diemit solchen Groprojektenverbundenen gesellschaft-liche-soziale-konomischeEntwicklung und Umweltwi-rkungen. Das Ziel ist die Si-cherstellung zentralen Forde-rungen von DESERTEC nachlokaler Wertschpfung, nach

    Bildung und Arbeitspltzensowie nach maximaler Um-weltvertrglichkeit. Denn dassind die Bedingungen gan-zheitlicher Projekte fr Klima-,Wasser- Energie- und auchwirtschaftlicher Sicherheit.Als Basis fr nachhaltigeProjekte und Kooperatio-nen zwischen Regionen und

    Staaten, die bedeutendeBeitrge zur Friedenssiche-rung sein knnen.

    DESERTEC University Network

    Die Idee zu diesem Netzwerkist eine Verkoppelung vonWissens- und Praxisressour-

    cen zur Realisierung von DE-SERTEC. In Marokko gehrendem Network an:Centre National pour la Re-cherche Scietique et Tech-nique in RabbatEcole National de IIndustrieMineral in RabbatEcole National SuperiordEletrcite et de Mecaniquein Casablance

    DESERTEC Dialogue

    Im Dialog mit VertreterInnen

    der Zivilgesellschaft in Ma-rokko wird die DESERTECFoundation ab Herbst 2013in Veranstaltungen von Ort

    an Kriterien arbeiten, diedazu beitragen sollen, dassdie in Marokko wie auch inanderen Lndern Nordafri-kas und des Nahen Ostensvorgesehenen Groprojektezur Stromerzeugung auserneuerbaren Quellen mitden Bedrfnissen und Inte-ressen der Menschen verein-

    bar sind. Dieser Dialog, soder zustndige ProjektleiterDr. Wolfgang Drner, dientauch dem Wissenstransfer,der Schaffung von Ausbil-dungs- und Arbeitspltzenim Kontext einer regionalenEntwicklung im Interesse derMenschen, wozu auch dieLsung von Energie- und

    Wasserproblemen zhlen.Hier sieht Lothar Klouteneine wichtige Mglichkeitfr die Marokkanisch-Berbe-rische Zivilgesellschaft, sicheinzubringen. Er schlgt da-her den VertreterInnen derMarokkanisch-BerberischenZivilgesellschaft vor, Kontaktzur DESERTEC Foundation

    aufzunehmen.

    Das Auswrtige AmtDeutschlands untersttzt DE-SERTEC Dialogue aus Mittelndes Energie- und Klimafondsder deutschen Bundesregie-rung. Darber hinaus gibtes ber das Auswrtige Amtauch kulturelle Interessenin Marokko, die im Wesent-lichen vom Goethe Institutin seinen Standorten in Ma-rokko wahrgenommen wer-den.

    Umwelt

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    Die Vernetzung zur Europis-chen Union und Deutschland

    Nachdem Marokko erfol-glos einen Aufnahmean-trag in die EuropischeUnion gestellt hat, war dasErgebnis der gegenseitigenAnnherung im Jahr 2000ein Assoziierungsabkom-men mit der EuropischenUnion. 2008 erhielt Marokkoden status avance: Fr-

    derung einer engeren poli-tischen und wirtschaftlichenAnbindung. Im Mrz 2012wurde ein umfassendes Frei-handelsabkommen ges-chlossen. Wenn Marokkodie Aufnahmekriterien ins-besondere die demokratis-chen, rechtsstaatlichen undBildungsstandards betref-

    fend erfllen kann, dannwird auf die EuropischeUnion eine zukunftsweisendeEntscheidung zukommen.

    Fr Deutschland ist Marokkoein zentraler Partner der Zu-sammenarbeit in der Region

    Nahost / Nordafrika. Die istdurch zwischenstaatlicheVertrge abgesichert.

    Die Europische Unionund Deutschland wirkenin der Entwicklungsstrate-gie fr Marokko zusammen:Nutzung und und Manage-ment von Wasserressour-

    cen, Umwelt, erneuerbareEnergien und nachhaltigeWirtschaftsentwicklung. Hierschliet sich der Kreis zu DE-SERTEC.

    Resmee

    DESERTEC bedeutet einmehrfaches win-win:

    Fr die Menschen in Marokko,fr Marokko, die EuropischeUnion und Deutschlandsowie die beteiligten Firmen.

    Mit groen Chancen freine positive regionale En-twicklung in ganz Marokko.

    Literatur

    Deutsche Gesellschaft Clubof Rome e.V. (Hrsg.). DerDESERTEC-Atlas. Weltatlas zuden erneuerbaren Energien.Hamburg 2011. 19,90 [email protected]

    Aus dem Inhalt: Seiten 42 bis45 Photovoltaik und Solar-thermie. Seiten 46 bis 49 Win-denergie. Seiten 56 bis 57Stromnetze der Zukunft. Sei-ten 68 und 69 DESERTEC unddie Meerwasserentsaltzung.Seiten 70 bis 83 Sicherheit,Frieden und Gerechtigkeit.Seiten 125 bis 127 Lnderini-

    tiative Marokko.

    Lothar Klouten ist Sozialwissenschaftler, Histori-ker und Pdagoge. Ttig als Autor, Journalistund Herausgeber. 2013 erhielt er vom Centre

    Europeen pour la Promotion des Arts et desLettres die Trophee Michelt, benannt nacheinem der bekanntesten Franzsischen Histo-riker, Jules Michelet. Er ist Spitzenkandidat ei-ner Partei fr die Europawahl am 25. Mai 2014.www.lothar-klouten.de

    Autor : Lothar Klouten

    Umwelt

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    8 Reisebericht

    Marokko: ich komme wieder

    Zwei Wochen Marokko aufein paar Seiten zu Beschrei-ben ist schlichtweg ein Dingder Unmglichkeit. Jeden-falls dann, wenn man so reistwie ich. Dennoch will ich gernversuchen, die unvergessli-chen Begegnungen meinerMarokkoreise im vergange-

    nen November darzustellen.

    Angekommen in Casa-blanca um Mitternacht,wurde ich von meinen bei-den groartigen Freun-den Brahim UbahaundSouaneBoushaine, zweiGermanistikstudenten,dieden weiten Weg aus Ra-

    bat und Tanger nichtscheuten,empfangen. UmMitternacht langen die Taxi-fahrer immer so richtig hin,weil sie genau wissen, dass

    sie die einzigen Transportmit-tel sind. 300 Dirham! Umge-rechnet knapp 30 Euro solltedie Fahrt in die Stadt kosten!So eine Frechheit! Aber ichhabe es mir abgewhnt michber Dinge aufzuregen, dieich nicht ndern kann. Dasist auch ganz hilfreich, wenn

    man sich in einem Land wieMarokko bendet und nichtvorhat touristisch zu reisen,sondern wenn man unterMarokkanern leben will.

    Meine erste Nacht ver-brachte ich bei Mah-foudFariss, einem groenBerber- und Menschenrecht-

    saktivisten. Er und sein Cou-sin Youssef empngen unsum halb zwei Uhr morgens. InDeutschland wre das (fast)ein Ding der Unmglichkeit

    -in Marokko eine Selbstvers-tndlichkeit. Ein Lob auf diemarokkanische Gastfreunds-chaft, die mirim Laufe mei-ner Reise noch oftwiederfa-hren soll.

    Nchsten Morgen stiegen wirins Taxi, welches erst losfhrt,

    wenn vorn zwei und hintenvier Fahrgste sitzen. Der Fa-hrer berhrte beim Schalten- aus Versehen natrlich immer meinen Schenkel undzitierte dazu aus dem RadioKoranverse. Eine etwas ab-surde Situation, wie ich fand.

    Nach einem Frhstck mit

    Brot und l, reichlich Min-zteeund einem Interview mitMahfoud, der sich mit seinemVerein gegen staatliche En-teignungen wehrt und einem

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    9 Reiseberichtkleinen Abstecher in die Me-dina, wo wir unseren FreundHabib, einen Taschen-verkufer besuchten, ginges zu Brahims Schwester zum

    Couscous essen. Gesprchemit Leuten, die man nichtkennt, starten fast immeretwas zh. Ich fhlte mich,zugegeben, zunchst etwasfremd. Aber zum Glck el mirdann meine Geschichte ausdem Hamam,einemdieserWaschhuser

    ein, die ich hierleider nicht zumBesten gebenkann, die abergarantiert je-den Marokka-ner zum lachenbringt. Diese Artvon Geschich-ten, in denen

    ein Europerzugibt in ma-rokkanischenEinrichtungengescheitert zu sein oder sichaus Versehen peinlich dane-ben benommen zu habenlieben die Marokkaner undman begibt sich auf einegleichberechtigte Ebene,

    denn natrlich haben auchsie Angst etwas falsch zu ma-chen im Kontakt mit ausln-dischen Gsten, besondersdann, wenn man bei Leutenist, die selbst nicht viel odergar nicht reisen.Danach war also das Eis ge-brochen. Es gab einen wun-derbaren Couscous, welcher

    auf masirisch Seksu heit.Nein, wir mssen jetzt gehenund nach Rabat fahren....denkste! Schon stand Teeund reichlich(!) leckeres

    Gebck auf dem Tisch. Obwir nicht ber Nacht blei-ben wollen? Wirklich nicht?Leider mussten wir nach Ra-bat, weil da schon unsere

    Freunde auf uns warteten.Ich bekam noch einen Schalund eine Kette geschenktund ich kam mir etwas sch-big vor, da ich bei unseremspontanen Besuch nichts mi-tgebracht habe.

    In Rabat angekommen ver-brachten wir den Abendmit meinen Freunden, einerschnen deutschen FlascheJgermeister und zwei Gi-tarren in bester Stimmung,

    im wahrsten Wortsinne.Am nchsten Morgen hat-ten meine Freunde etwasSchwierigkeiten aufzustehen.

    Nachmittags besuchten Bra-him und ich das IRCAM Ins-titut, das knigliche Institutder masirischen Kultur, woich alte Bekannte wiedertraf,

    namentlich MerijemDem-nati, Ahmed Assid, AbdellahBouzandag und Abdislam-Boumisser.

    Ich durfte mir zu Fors-chungszwecken ein paar ins-titutseigene Neuerscheinun-genber masirischen Kulturmitnehmen, was ich mehr als

    grozgig fand.

    Abends kochte Fatiha, dieFrau meines Freundes Ab-dellah einen leckeren Cous-cous. Ich wnsche mir fastimmer Couscous, weil ich

    den so seltenbekomme.Am nchsten

    Tag hatte icheinen Inter-viewterminmit AhmedAssid verein-bart. Wir spra-chen berdie Fatwa diees gegen ihngab. Einigen

    Islamisten warer zu liberalund die Het-ze begann.

    Schreckliche bis absurdeVorstellung.

    Leider ging es dann schonweiter nach Tanger in denNorden. Die Bahnfahrt hatte

    neben einem lebenden Huhnin einer Plastiktte und einemDieb, den wir sofort enttarn-ten, nichts Spektakulres zubieten.In Tanger musste ich ersteinmal ein Hotel nehmen,weil Brahims Vermieterin desNachts keinen Damenbe-such gestattet. Nachdem

    ich gebucht hatte, meinteder Hotelier, dass Brahimnicht da bleiben drfe. Ersein Marokkaner und damitMoslem und msse so etwas

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    schlielich wissen. Wir schau-ten erst den Hotelier unddann uns gegenseitig etwaserstaunt an. Immer diese Un-terstellungen!

    An dieser Stelle el mir auf,wie scheinheilig die marok-kanische Gesellschaft tei-lweise ist. Man mietet sichdann einfach zwei Zimmerund trifft sich heimlich desNachts. Aber Brahim undich wollten doch wirklich nurschlafen, beteuerten wir.Aber der Hotelier blieb hart.

    Bei uns in Deutschland wardas ja bis in die 70er Jahreauch nicht anders, wenn ichden Erzhlungen meiner El-tern glauben darf.

    Brahim musste also in seineStudenten-WG und ich bliebim Hotel. Da war es bitter-kalt und ich fror auch nochunter drei Bettdecken, weiles keine Heizung gab. Htteich blo die Wollsocken ein-gepackt, aber ich dachte,dass man so etwas in Afrikanicht brauchen wrde. Wie-

    der was dazugelernt!

    Ich hatte interessante Bege-gnungen mit Aktivisten ausdem Rif und mit Germanis-

    tikstudenten, unter ihnenauch zwei Deutsche Mdels,Lena Maria und Katja, wasich besonders interessantfand. Wir machten eine Dis-kussionsrunde zum ThemaLeben in Deutschlandund Marokko EinErfahrungsaustauschund lu-den alle Germanistikstuden-

    ten ein. Es lie sich konstatie-ren, dass - anders als erwartet auch in Deutschland nichtalles Gold ist, was glnzt. Diemeisten Marokkaner warennach einigen Wochen frohwieder nach Hause zu fah-ren. Die Deutschen wrenetwas stressig, meinten sie,was wir Deutschen auch sehrgut verstanden. Aber auchdie beiden Deutschen freu-ten sich sichtlich wieder aufzu Hause.

    Die zweite Nacht schlief ich

    bei Lhaja, Brahims Vermie-terin, die mindestens schon75 war und die ganze ZeitWitze ber ihre Zahnlosig-keit machte und auch sonst

    weise Worte sprach. Siekonstatierte, dass alle Mens-chen gleich seien, egal wel-chen Glaubens und welcherHerkunft und wir fanden unsgegenseitig groartig. Etwasbefremdlich war fr mich,dass es zwar eine Toilettegab (eine echte, zum Sitzen!)aber das ganze sich nicht

    hinter einer Tr, sondern ei-nem Duschvorhang befand.Direkt am Zimmer, wo alle sorumsaen. Versuchen Sie damal abzuschalten und... najaist ja auch egal!

    Die dritte und vierte Nachtverbrachte ich heimlich imVorzimmer der Jungs. Wirdiskutierten bis um vier Uhrmorgens und wollten Lhajanicht stren. Ich dufte in Ah-meds Bett schlafen, welcheser fr mich gerumt hatte.Also Bett ist etwas bertrie-

    Reisebericht

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    ben. Es waren drei Wolldec-ken. Zwei zum drauiegenund eine zum zudecken.Aber, es war die erste Nacht,in der ich nicht fror.

    Brahim? Warum steht daeigentlich eine mit Was-ser gefllte Colaasche indem Loch auf dem Boden,was sich bei euch Toilettenennt?Uli, das ist nur, damit dieRatten nicht rauskommen.Achso, das muss einem

    doch mal jemand sagen!

    Diese Toilette, die gleichzeitigdie Dusche ist, ohne, dass esda eine Dusche gbe. Also,man koche sich Wasser aufund vermische dieses mit kal-tem Wasser in einem Eimerund schtte sich jenes dannmit einem Stieltopf ber denKrper. In jener Duschtoilettettigten wir dann auch nochden Kchenabwasch, fallsdas jemanden interessiert!

    Klopapier? Wozu denn das?Klopapier gibt es nur mal imAusnahmefall auf marokka-nischen Toiletten. Ist sowiesoviel umweltfreudlicher! Gottsei Dank -Hamdullah - hatteich viele Taschentcher beieinem armen Jungen aufder Strae gekauft!Und gedankt sei nicht nurGott, sondern auch meinemBruder, der mir zu meinemGeburtstag eine Shewee,eine Frauenstehpinkelhilfe

    schenkte. Ich hatte sie ber100 gebraucht. Tolles Ding!

    Nunja... wir diskutierten viel.Redeten und redeten und

    redeten, schlielich bin ichja auch nicht so oft da undes wurde vier Uhr morgens,weil wir ber Frauenrechtediskutierten. Ja, wir sind glei-chberechtigt... aber...Nein, bei Gleichberechti-gung gibt es eben kein ABER,genau so wenig, wie manseine eigene Demokratie er-nden kann.Aber das versteht eben nichtjeder und ich habe mehr alsdeutlich gemacht, dass ichnde, dass man die BegriffeGLEICHBERECHTIGUNG undDEMOKRATIE nicht vergewal-tigen darf. Ich habe viel ge-

    lernt, aber da ich auch einealte Feministin bin, habe ichziemlich strenge Rgen er-teilt. Alle empfanden die Dis-kussion am Ende dann aberals eine Bereicherung. Siezeigte mir einmal mehr, dassder Weg noch lang ist.

    Einmal warteten Brahim und

    ich mit einer Freundin Fati-ma auf einen Aktivisten ausdem Rif und sie meinte: manndet keinen Ri ohne Mer-cedes. Die Leute im Norden

    sind durch den Hanfanbauzu Geld gekommen undsomit berdurchschnittlichwohlhabend und so fuhrauch dieser Monsieur dochtatschlich mit einem Mer-cedes vor und wir musstenziemlich lachen. Die Risgelten eher als konservativ,was sich aber bei meinenBegegnungen berhauptnicht besttigte. Ich habegeradezu feministische Mn-ner kennengelernt, die michziemlich beeindruckten.

    Tanger ist eine interessanteStadt. Und Europa liegt so

    unfassbar nah. ber dieMeeresenge von Gibraltar,die an der schmalsten Stellenur 14 Kilometer misst, kannman Europa sichten. Manhat das Gefhl man knnterber schwimmen, was ja ni-cht wenige auch Versuchenund nie ankommen.

    Brahim fhrte mich in einenkleinen Musikverein. Da hin-gen viele Instrumente an denWnden und ich durfte mirein wunderschnes altes Cel-

    Reisebericht

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    12lo stimmen und anspielen. Einalter Mann, der dort arbeitetschlug ein englisches Stckvor, dass mir wohlbekanntwar: Auld lang syne Ne-

    hmt Abschied Brder, daswohl um die Welt am meis-ten gesungene Lied. Wir b-ten eine gute Viertelstunde,stimmten die Instrumentenoch einmal aufeinanderein und freuten uns unglau-blich, als es uns dann gelangzusammen mit dem einemalten Darbuka-Trommelspie-

    ler das Lied zu spielen. Wennuns auch keine Sprache ver-band, so verband uns umsointensiver die Sprache derMusik. Die Sprache, die michmein Vater lehrte und immernoch lehrt. Eine unglaublichschne Begegnung, die ichnie wieder vergessen werde.

    Nach ein paar Tagenin Tanger fuhrichmit dem Bus dannnach Fes zu mei-nem Freund AliKaitouni, ein Akti-vist der krasserenSorte, der unterHassan II zehnJahre seines

    Lebensim Knastsa, weiler einenPoesie-

    band verffentlichte. Un-fassbar. Ich kenne nur wen-ige Menschen, die so frei imKopf sind, wie er, dass manihm, selbst wenn man ihn

    einsperrt, seine Freiheit nichtnehmen kann.Ali begutachtete meineBerberkette ein Geschenkvon Brahim, als er nachDeutschland kam. In dieKette waren Mnzen ein-gearbeitet. Auf ihnen zusehen war der Kopf jenesMannes, dem er die zehn

    unfreien Jahre seines Lebenszu verdanken hatte: HassanII! Als er jenes zur Kenntnisnahm, hielt er eine Minutespter an einem Schmucks-tand an und schenkte mirkurzerhand eine andereKette und bat mich, die an-dere abzunehmen.

    Nach siebenstndiger Shop-pingtour durch die Medina,

    in der Ali als Kind lebte,gab es einen wunderba-ren Couscous im Restau-

    rant La Kasbah, woAli offensicht-

    lich Stamm-kunde war.Spter

    nahmenwir einenletzten Teein einemHotel aufeiner An-hhe berder Stadtein. Dortzeigte er

    mir dieStrecke,die wirzurckge-legt hat-

    ten. Unglaublich! Dann riefenber 100 Moscheen zum letz-ten Gebet des Tages, was bisauf die Anhhe schallte.Nchsten Tag ging es mit

    Bus und Bahn zwlf Stundennach Agadir. Ich schmemich, dass ich sagen muss,dass ich als Ethnologin inder ersten Klasse gereist bin,aber wer sagt denn, dass ichimmer die Unterschicht er-forschen muss.Neben mir sa ein Barb,also ein brtiger Moslem in

    traditioneller Kleidung undeinem Hubchen. Ich hatteehrlich ziemliche Vorurteile.Barb ist eigentlich franz-sisch, kommt von Barbe, wasBart bedeutet und glaubeeine nicht so nette Bezeich-nung ist. Aber politisch unkor-rekt bleibe ich einfach maldabei. Ich diskutierte mit drei

    Mdels aus dem Souss berdie Lage der Frauen unddie Rolle der Religion. Ichmochte mich kaum uern.Irgendwann schaltete sichder Barb ein und ich warsehr erstaunt, dass er ziemlichlustig drauf war. Wir hattenviel Zeit und wir haben berVorurteile gesprochen und

    waren ganz offen. Als ichspter meine Clementine,die Ali mir als Reiseproviantmitgab abpellte und fragte,ob jemand was abhabenmchte, meinten alle, ich seischon eine richtige Marok-kanerin. Vive le partage! Eslebe das Teilen! Die Mdelsund der Barbbrachten mich

    spter in Marrakech noch zumeinem Anschlussbus und ermeinte, dass er diese netteUnterhaltung nie vergessenwerde. Ich solle so bleiben

    Reisebericht

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    13wie ich bin, gab er mir nochals Ratschlag mit auf meinenLebensweg.

    Etwas ermattet kam ich in

    Agadir an. RachidBouk-sim, ein Freund und Journa-list holte mich ab. Bei ihmwohnte ich die nchstenTage. Gleich am nchstenTag lernte ich Fatiha, Naimaund Khadija, alles Aktivis-tinnen, endlich persnlichkennen. Vorher kannten wiruns nur ber Facebook. En-

    dlich mal Frauen! Und en-dlich mal die ganze Situationaus Frauensicht. Ich wurdesehr herzlich aufgenommenund Fatiha lud mich zu ihrerFamilie nach Hause ein. Ra-chid meinte im Nachhinein zumir, dass das eine groe Ehrefr mich sei. Man wrde hiernicht einfach so Leute zu sich

    nach Hause einladen. Ichfand das natrlich auch allessehr reizend, aber ich mages nicht so auf dem Prsen-tierteller zu sitzen. Und es sindimmer die gleichen Fragen,die im Leben der meistenMarokkanerinnenwichtig zusein scheinen: Cava? Wiegeht es der Familie? Wie

    viele Kinder hast du? (Kinderhaben wird vorausgesetzt,wenn man wie ich 34 Jahrealt ist) Wie? willst du keine?Doch, irgendwann mal. InDeutschland kann man auchnoch mit 38 sein erstes Kindbekommen und keiner ndetdas unnormal. Dann el mirwieder meine Hamamges-

    chichte ein und der Abendwar gerettet.Cava? ist brigens eineFrage, die man auch dreimal hintereinander gestellt

    bekommen kann in Ma-rokko, wenn einem denn sogar nichts einfllt, ber dasman reden knnte.Spter bin ich dann noch

    mit den Mdels um die Hu-ser gezogen und wir habenschner Musik in einem vers-teckten Club gelauscht.

    In diesem kollektiven Dasein,in dem die Menschen sowo-hl in Algerien und Marokko,als auch vielen arabischenLndern leben, kann ich we-

    der auf- noch untergehen...Es ist fr mich sehr schwerimmer jemanden um michzu haben. Tag und Nacht.Ich habe das Gefhl, dasses meinen Freunden nicht sogeht wie mir. Die ersten Tagesind in Ordnung, aber dannfreue ich mich, wenn ichauch mal einen Moment fr

    mich habe und meinen Ge-danken nachhngen kann.In Agadir war ich zwischen-zeitlich schon etwas genervtvon so viel Herzlichkeit undGastfreundschaft, auchwenn das natrlich die inte-ressantesten Stunden sind.Aber die Lebensentwrfeknnten unterschiedlicher

    nicht sein und ich fhle michmanchmal etwas ausge-fragt, wenn ich bei den Fa-milien meiner Freunde bin.Jenes gehrt sicher auch zueinem guten Ethnologen:nicht nur zu forschen, son-dern sich auch auf die Dingeeinzulassen, etwas von sichpreisgeben, an seinem eige-

    nen Leben teilhaben zu las-sen.

    An meinem vorletzten Taghat mich unsere Star-Poetin

    Tilleli Khadija Arouhal zumSchmuckshopping nachTizniteingeladen. Die vers-teht nmlich etwas davonund handelt einheimische

    Preise aus. Mehdi, ein guterFreund, hat sich leichtsinni-gerweise darauf eingelassenzwei Frauen zum Schmuck-kaufen zu begleiten. Selbsts-chuld! Vier Stunden hat esgedauert zwei Armreifen zunden. Der rmste. Hin undzurck ging es wieder mitdem Langstreckentaxi. Diese

    alten Mercedes 240D. Unka-puttbar! Und selbst zu vierthinten noch bequem. DieseAutos sind auf verschiede-nen Strecken verschieden-farbig lackiert, damit jederwei, welches Taxi er neh-men muss, auch wenn mannicht lesen kann. Praktisch,wie ich fand. Bei mir war

    frher auf meinem Schulbusauch immer ein Hahn abge-bildet, so wusste ich, dass esmeiner war,als ich noch ni-cht lesen konnte.

    Reisebericht

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    Ein paar Dinge haben sichseit meiner letzten Reise nachMarokko verndert. Mansieht ein paar masirischeSchilder mit Tifnagh-Schriftund sogar ein Zuckerttchenmit vielen Sprachen, unteranderem in Tamazigh. DieBerberkultur macht kleine

    aber zielstrebige Schritte inRichtung Gleichberechti-gung. Aber wir sind nochlange nicht da, wo wir hinwollen. Der Kampf gehtweiter!

    Manchmal kling es in diesemText vielleicht so, als wrdeich mich berlegen fhlen...

    dem ist nicht so und diesemEindruck mchte ich aus-drcklich wiedersprechen.Ja, sie knnen viel von unslernen, aber wir auch vonihnen. Meine masirischenFreunde, ganz gleich ob ausMarokko oder Algerien, ha-ben mein Leben und meineSichtweise auf die Dinge

    in vielerlei Hinsicht vern-dert und sie haben Vorur-teile ausgerumt, was aufGegenseitigkeit beruht. Inder Volkskunde gibt es den

    Begriff Othering, welchermit VerAnderung bersetztwurde, was bedeutet, dassich explizit einen Unterschiedzwischen ihnen und mir her-vorhebe. Jenes ist in diesemText aber eine ganz bewusstgewhlte Strategie, weil ersonst fr den deutschspra-chigen Leser wenig interes-sant wre. Ich spreche abereigentlich nicht mehr vondenen, und uns, sondern nurnoch von uns. Aber natrlichgibt es immer noch kulturelleDinge, die mir verschlossenbleiben, die mir nicht ein-leuchten, aber ich habe jahoffentlich noch ein ganzesLeben lang Zeit diese Dinge

    zu erforschen und dazuzuler-nen. Und um ehrlich zu sein,nde ich in meiner eigenenKultur sehr hug Menschen,die in ihrem Geiste, Handelnund Denken meilenweit vonmir und meinen Idealen ent-fernt sind. Mit so manchenMasiren hingegen habe ichdas Gefhl, wie sind Brder

    und Schwestern im Herzenund im Geiste.

    Ich konnte lngst nicht alleherzlichen Einladungen an-

    nehmen und es tat weh sieausschlagen zu mssen. Ichkomme sicher bald wieder,denn es war zwar strapazis,aber am Ende doch wunder-bar. Ein Dank an alle die, diemeine Reise wieder zu demgemacht haben, was es war- ein echtes Abenteuer. Dieeinzigen schockieren Dingeauf diesem Planeten, Liebe,Freundschaft und Solidaritt sind mir in Marokko tglichbegegnet. Mein besonde-rer Dank geht an BrahimOubaha, ohne den ich ver-mutlich bis heute keinen Fuin dieses wunderbare Landgesetzt und die Leute nichtkennen gelernt htte, die ich

    heute meine Freunde nenne.DANKE TANMIRT!

    Autorin : Uli Rohde

    Reisebericht

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    15 Kultur

    Agadir vernachlssigt Kulturerbe

    Igudar Agadir sind Gemeins-

    chaftsspeicher in den Ber-berdrfen. Sie dienen alsVorratsspeicher sowie alsZuuchtsort der Menschenim Kriegsfall. Der Agadir istGemeinschaftsbesitz desDorfes. Im Agadir lagern alleMenschen gleichberechtigtihre Vorrte in eigene Kam-mern. Die Speicherburg ist

    ein meist plumper Bau, dernur unwesentlich die zwei-geschossigen Huser ber-ragt. Er ist im Vergleich zuden Kasbahs des marokka-nischen Sdens eher unauf-fllig, eine primitive An-hufung von Steinen, ohnejedes Ornament. Diese Burgbedeutet keine Machtde-monstration einer einzigenFamilie, die sich durch be-sonders schne Baukunstber die anderen erhebenmchte. Im Gegenteil. Dor-fbewohner, die annherndgleich reich oder arm sind,haben ihren Speicher ge-meinsam erbaut, besitzenihn gemeinsam und denkenbei ihren eher bescheide-nen Geldmitteln weniger anschmuckvolle Ornamente alsan bloe Ntzlichkeit. Er dientvielen Zwecken. Frher boter whrend StammeskriegenZuucht fr die Bewohner,heute sind hier fr wirtschaft-liche Notzeiten Vorrte ge-

    lagert. Jeder Berber besitztin dem gemeinsam errich-teten Bau eigene Kammer,wo er aufbewahren kann,was er will: Getreide, Dat-

    teln, Feigen, Kleider, Waf-

    fen. Eine Wache sorgt fr dieSicherheit aller gelagertenSchtze. Der Agadir besitztaber noch eine weitere Fun-ktion: Hier trifft sich der Ratder Familienoberhupterund whlt die Inas , dieMnner des Vertrauens.Die Gewhlten bilden dieRegierung des Dorfes, sie

    verwalten den Speicher, siesprechen Recht. Nachdemviele Menschen die Drfer

    verlassen haben, und sie ja-

    hrelang in den groen Std-ten leben, haben Agadir ihreFunktion verloren. Und siezerfallen heute, ihre Lehmgestampften Mauern sindzwar in der glutheien Sonnehart wie Zement geworden,aber die seltenen Regen-gsse weichen sie auf. Siewerden brchig und strzen

    teilweise ein. Es ndet sichniemand, der stndig dieRisse im Mauerwerk kittet.

    Photo : Rachid Tagoulla

    Autor : Oubaha Brahim

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    16 Politik

    Gelebte Demokratie erlebt:

    Ein Praktikum im Deutschen Bundestag

    zum Demokratie-Lernen fr MarokkoZum zweiten Mal hatte derDeutsche Bundestag Stipen-diumspltze im Rahmen desIPS- Programms Internatio-nales Parlaments-Stipendium- an politisch engagiertejunge Menschen aus Ln-dern Nord-Afrikas und desNahen Ostens vergeben.Dieses Programm richtetsich an politisch engagierteHochschulabsolventen, diesich in ihrer Heimat auf un-terschiedlichen Feldern frdemokratische Grundwerteeinsetzen, und selbst Ve-

    rantwortung in Demokrati-sierungsprozessen berneh-men.Wir Vierundzwanzig Stipen-diaten waren aus gypten,Tunesien, Jordanien, Alge-rien, dem kurdischen Auto-nomiegebiet im Irak, Jemenund Palstina.Das IPS- Programm erm-

    glichte es uns aus der Nhezu erleben, wie das parla-mentarische System desDeutschen Bundestags fun-ktioniert. Und wir erlebtenauch die Bundestagswahlvor Ort mit.Das vierwchige Programmumfasste Vortrge, Besichti-gungen, Diskussionsrunden

    und ein Praktikum bei einemBundestagsabgeordneten.

    Warum ich mich beworbenhabe

    Durch mein Deutschstu-dium habe ich viel mitDeutschland, seiner Kulturund auch Politik, zu tun. Frmich ist das IPS- Programmeine kostbare Gelegenheit,alles, was ich schon gele-sen habe, einmal aus den

    Nhe zu erleben. Und in denKontext meines eigenen ge-sellschaftlichen und politis-chen Engagements zu stel-len.Fr uns in Marokko ist dasdeutsche politische Systemein gutes Beispiel fr Demo-kratie in der EuropischenUnion. Insbesondere, weil

    es sich durch ein fderalesSystem auszeichnet. Einemeiner Fragen lautete: Wasknnen wir in Marokko ausdem politischen System

    Deutschlands lernen?Ich mchte direkt vorOrt lernen, wie Wahlen inDeutschland funktionieren.Was ich lerne, mchte ich insArabische und Tamazight,die Sprache der marokka-nischen nicht-arabischen

    Bevlkerungsmehrheit derBerber, der ich angehre,bersetzen, um dies denMenschen in Marokko zuvermitteln. Als Anregungenfr unseren gemeinsamenweiteren Demokratisierungs-prozess. Den ich gemeinsammit allen daran interessier-ten Menschen in die gelebte

    demokratische Realitt vonMarokko umsetzen mchte.

    Meine erste Prak-tikumswoche

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    17 PolitikDas Programm begann mitder Begrung durch dieProgrammkoordinatorin FrauKarin Gothe, die uns denAblauf der vier Wochen vors-tellte. Dabei betonte sie, dass

    wir Botschafter unserer Hei-matlnder in Deutschlandsind. Und es unsere Pichtsei das Gelernte mitzuneh-men und zu vermitteln.Dem schloss sich ein Vor-tag ber das deutsche poli-tische Systeme durch denstellvertretendenDirektor desDeutschen Bun-destages HerrnProf. Dr. UlrichSchler an, derdort Leiter der Ab-teilung Wissens-chaft und Auen-beziehungen ist.Deutschland isteine parlamen-tarische Demo-kratie mit einemfderalen sozia-len Rechtsstaat,eingebettet indie EuropischeUnion und die Ve-reinten Nationen.Die BgerInnen whlen Ge-

    meindevertretungen, Land-tage, Bundestag und die 96Europaabgeordneten ausDeutschland.Am erste Tag habe ich meine23 Mitstipendiaten kennen-gelernt. Mein erste Eindruckwar, dass sie gut ausgebildetsind, gut Deutsche sprechen,politische engagiert sind und

    verschiedene Hintergrndehaben. Also eine groe Viel-falt reprsentieren.Was mich in der morgendli-chen Generaldebatte zur

    Situation in Deutschland fas-zinierte, die ich auf der Zus-chauertribne im Plenarsaaldes Bundestages verfolgenkonnte, war die demokra-tische und heie Debatte

    zwischen Parlament undRegierung. Im Plenarsaalessieht man die Vielfltigkeitdie Fraktionen, darunterauch viele Frauen und jungeAbgeordnete.Sehr beeindruckt war ichvon der Zusammenkunft mit

    dem Prsidenten des Bun-

    destags Prof. Norbert Lam-mert. Nach gut einer StundeDiskussion mit ihm hatte ichden Eindruck, dass er Weit-blick hat, und viel ber dieLnder wei, aus denen wirStipendiaten kamen. Er dis-kutierte mit uns die Themenintensiv, wobei er uns immerBeispiele aus der Geschichte

    und deutsche Erfahrungenerluterte. Er hat auch eineglobale Vision: Demokratiesolle global in allen Lndernrealisiert sein, die Mehrheit

    der Brger an der Politikteilnehmen und demokra-tische Entscheidung fr ihreLnder treffen.Nachmittags traf ich michmit einer Mitarbeiterin eines

    Bundestagsabgeordneten.Die Arbeit im Abgeordne-tenbro ist strukturiert. VierMitarbeiter, von denen sichjeder mit einem klar denier-ten Bereich beschftigt.im Rahmen Programms gabes verschiedene Planspiele

    und Works-hops. Da-runter einPolitikspielmit dem The-ma direkteDemokra-tie. DessenZiel war, dieKreativittund Strate-giefhig-keit der Sti-pendiatenzu frdern,Verstnd-nis fr kom-plexe poli-tische Inhaltzu wecken

    und das Interesse fr poli-

    tische Partizipation im Alltagzu frdern. Wir lernten, wieder Bundestag funktioniert,und wie man Demokratiepraktiziert. Wir haben vers-chiedene Rollen bernom-men, und wir sind zu zweiAusschssen zugeteilt wor-den: Innen- und Auenauss-chuss. Unser Aufgabe war,

    ber ein neues Gesetz abs-timmten. Aus diesem Plans-piel habe ich gelernt, dassdie Demokratie ein Prozessist, der aus vielen vernetzten

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    18Schritten besteht. Diskussion,Alternativen suchen, mit-machen. Alles soll politischund sachlich legitimiert ein.Die Bundestagsabgeord-

    neten sollen dabei immerauch an die Interessen derMenschen denken. Auchdie Minderheit im Parlamenthat immer Rechte, ihre Mei-nung und Vorschlge auszu-drcken. Zuletzt habe ichverstanden, dass die Vielfl-tigkeit von Meinungen undunterschiedlicher Ideen uns

    mehr Lsungen ermglicht.Am nchsten Tag wurdenwir in Gruppen aufgeteilt.Ich bin ich mit meinen Kolle-ginnen Bachir und Inas derGrnen Partei zugeteilt wor-den. Wir haben zusammendie Bundesgeschftsstelleder Grnen besucht unduns mit dem Wahlkampf der

    Grnen vertraut gemacht.Die Geschichte GrnenGrndungsparteitag war13.01.1980 und 1983 warder erste Einzug in den Bun-destag. 1993 wurde der of-zielle Name Bndnis 90/DieGrnen, und 1998 bis 2002waren die Grnen in der Re-gierung mit der SPD, die Rot-

    Grne Koalition.Die Ziele der Grnen bei derBundestagswahl 2013

    Gleichberechtigung zwis-chen Mnnern und Frauenim Beruf. Frauenquote inder Wirtschaft ErneuerbareEnergien ausbauen und Fr-dern Staatsbrgerschaft:doppelte Staatsbrgerschaft

    Mindestlhne einfhren:In allen Bundeslndern undfr alle Berufe derselbe Min-destlohn Kitas ausbauen Grozgiges Asylrecht

    Rechtsextremismus bekm-pfen Ziel ist eine moderne,nachhaltige und gerechterePolitik.Bei einer Podiumsdiskussion

    zum Thema Demokratieund politische Partizipationhaben wir mit dem SPD-BundestagsabgeordnetenGnter Gloser und zivilgesell-

    Politik

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    19schaftlichen Akteuren de-battieren.Wir haben ber Wahlbetei-ligung in Deutschland dis-kutiert und fanden, dass

    die Wahlbeteiligung inDeutschland im internatio-nal Vergleich immer nochgut abschneidet. Zum Beis-piel: die Wahlbeteiligung2005 war mit 70,8 Prozent,in Frankreich lag die Wahl-beteiligung bei den letztenParlamentswahlen 2012 nurbei rund 60 Prozent. Das ist

    aber sehr relativ. Denn indiesem vergleichsweise ge-ringen Wahlbeteiligungendrckt sich ein Unbehagenvieler Menschen an den eta-blierten Parteien und die siereprsentierenden Politikernaus. Es ist deren politischeVerantwortung zu reektie-ren, was sie zu ndern haben,

    um wieder mehr Vertrauenzu gewinnen. In Deutschlandwaren Wahlbeteiligungenvon gut 90% mglich, unddas sollte fr verantwortlichePolitiker das Ziel sein.In Deutschland ndet manviele Brgerinitiativen, dieMenschen durch verschie-dene Formen frdern, sich

    an der Politik und an poli-tische Entscheidungsprozes-sen zu beteiligen. Wie derVerein Liquid Democracy,der die Brger ber das Inter-

    net zu Wahlbeteiligung moti-viert. Dieser Verein ist Teil derZivilgesellschaft. Die Medienspielten eine wichtige Rolle,politische Prozesse zu vermit-teln.Grundstzlich beginnen diePrinzipien der Demokratieund die Partizipation, dasPolitische zu Hause. Im Unter-

    richt in der Schule soll poli-tische Bildung vermittelt wer-den.Die zweite Woche begannmit einem Besuch des Bun-desrates, wo wir ber denFderalismus in Deutschlandinformiert wurden. Die Bun-desrepublik Deutschland istvon deren Bundeslndern

    gegrndet worden. Die Bun-deslnder haben im Systemder deutschen Verfassung,Grundgesetz genannt, eineklar denierte starke Stellung.Die sich im Bundesrat alsquasi zweites deutschen Par-lament neben dem Bundes-tag ausdrckt. Das bedingt,dass es zwischen Bundestag

    und Bundesregierung auf dereinen Seite und Bundesratauf der anderen Seite einenProzess der Aushandlungpolitischer Kompromisse gibt.

    Wenn das scheitert, danngibt es den Vermittlungsauss-chuss von Bundestag undBundesrat.

    Wir besuchten die arabischeSendung der DeutschenWelle DW. Die DW hat einegut 60jhrige Erfahrung im

    Dialog mit den Welt, ist einunabhngiger Sender, den-noch zum Teil vom Deuts-chen Bundestag nanziert.Das Ziel der DW ist, ein Bildvon Deutschland in die Weltzu senden, das in verschie-denen Sprachen wie z.B.Deutsch, Englisch, Arabischund Spanisch. Die DW unters-

    ttzt die Demokratisierungs-prozess in aller Welt, das mitden Prinzipien des Journalis-mus : Neutralitt, Objektivi-tt, Vielfltigkeit und Zuver-lssigkeit.Wir trafen uns mit dem Mo-derator Schab Tolk Jaafar.Er hat uns das arabisch Pro-gramm der DW vorgestellt.

    Politik

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    Es geht darum, die Jugen-dlichen aus arabischen Ln-dern und deutsche Jugen-dliche zur Diskussion beraktuelle Themen einzuladen,

    um Brcken aufzubauen.Wobei der Aspekt der Vielfaltbeachtet wird. Die Themenwerden offen und sachlichediskutieren. Kernthemensind: Demokratie, Minderheit,gesellschaftliche und kultu-relle Tabus, Frauenrechte.In einem weiteren Vortragwurden wir ber die verschie-

    denen Arten von politischenSystemen informiert. Undwelche Unterschiede zwis-chen demokratischen, auto-ritren und totalitren Syste-men es gibt. Dabei habenwir mehr ber das deutscheparlamentarische Systemeerfahren, so: Die Regierungist immer abhngig vom Par-

    lament. Die Regierung trifftkeine Entscheidung ohnedie Mehrheit Abstimmungdes Parlaments zu erhalten.Wir haben ber die Kriterien

    fr demokratischen Lndergesprochen, so:. eine stabile politische Kultur. Brgerbeiteilung. das Recht Parteien zu

    grnden. eine stark Zivilgesellschaft. Diversitt und Stabilitt derInstitutionen. das Recht auf politischeBeteiligung. die Problemlsungsqualitt. eine hohe Regierungsqua-litt. der Schutz die Brgerrecht

    . Meinungsfreiheit und Pres-sefreiheit

    . demokratische Wahlen mitmehreren ParteienDie Kriterien in ihrer Ver-netzung zu analysieren unddie Qualitt einer Demokra-tie danach wissenschaftlichbewerten zu knnen ist in derPolitikwissenschaft das Kon-

    zept der embedded demo-cracy entwickelt worden.Wir besuchten das Auswr-tige Amt und trafen uns dortmit Volkmar Wanzr. Es war

    eine bereichernde Diskus-sion ber die AuenpolitikDeutschlands, sowie ber dieUntersttzung Deutschlandfr unsere Lnder in den De-

    mokratisierungsprozessen.Wir besuchten das Stasi-Mu-seum. Dabei bekamen wireinen hautnahen Eindruckdavon, wie Diktatur funktio-niert. Und welche Mittel siebenutzt, um die Brger zukontrollieren und zu unter-drcken. Wer sich der dik-tatorischen Ideologie der

    DDR nicht anpasste, konnteschnell ins Gefngnis kom-men.Als ich in das Stasi-Archiv sah,bekam ich den Eindruck,dass der Staatssicherheits-dienst in meinem Land nochmit den gleichen Mitteln ar-beitet. Obwohl Marokko vonAuen demokratisch ers-

    cheint.Der Besuch der Mauerge-denksttte hat uns ber dieAbsurditt des ehemaligenDDR-Regimes informiert. Die

    Politik

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    Hauptfunktion der BerlinerMauer war die Verhinderungder Flucht von Brgern ausder DDR nach West-Berlin.Der DDR liefen die jungen,

    gut ausgebildeten und kritis-chen Menschen weg: zwis-chen 1945 und 1961 mehrals drei von gut zwanzigMillionen. Und verringertendadurch die wirtschaftlicheund geistige Substanz desStaates, und bedrohten da-mit letztendlich auch dessenBestand.

    Die Berliner Mauer ist dasSymbol der Teilung zwischenWest und Ost, Demokratieund Diktatur, Kapitalismusund Planwirtschaft, Freiheitund Bevormundung. DieGedenksttte erinnert an dieberwindung dieser Teilungim November 1989. Durch dieBewahrung eines Teilstcksder Original-Mauer direkt anhistorischer Stelle ermglichtdie Gedenksttte auch denjungen Menschen eine un-mittelbare und authentischeKonfrontation mit diesemAbschnitt der Geschichte, indem Deutschland, Europaund groe Teile der ganzen

    Welt in zwei feindliche Lagergespalten waren.Deutschland geht aufgrundseiner Erfahrung mit zwei Dik-taturen im 20. Jahrhundertsehr kritisch mit der eigenenGeschichte um. Es gibt keineHeroisierung, stattdessen giltin der Geschichtswissens-chaft das Primat der Viktimi-

    sierung, der Opferperspek-tive. Der Schwerpunkt desgegenwrtigen deutschenGeschichtsbewusstseins liegtauf der Zeit des Nationalso-

    zialismus. Der Fall der BerlinerMauer ist dagegen erst 24Jahre her, und berhrt fastnoch die Tagespolitik. Den-noch ist sie bereits heute

    ein fester Bestandteil in derkollektiven Erinnerung derDeutschen und wird es aufabsehbare Zeit bleiben.

    Der Besuch des Holocaust-Mahnmals an der Gedenks-ttte in BerlinIn einer Diskussion mit der Mi-tarbeiterin der Stiftung Denk-

    mal Dr. Gabriel, erfuhren wirmehr ber die Bedeutungdes Begriffs Holocaust, dersoviel wie Brandopfer heit.Der gesellschaftliche Sinn derAuseinandersetzung mit demHolocaust in Deutschlandund global ist, menschenm-glich zu verhindern, dass sichetwas Vergleichbares wie-derholt.Zu den Aufgaben der Stif-tung gehrt die Informa-tion ber die Ermordung deretwa sechs Millionen von denNationalsozialisten als Judendenierten Menschen insbe-sondere in Europa, dem asia-tischen Kaukasus und in Nor-

    dafrika. Sowie die Erinnerungan alle Opfer des National-sozialismus, so die vielen Mil-lionen weiteren Menschen,die im nationalsozialistischenMacht- und Einussbereichgeradezu weltweit ermordetwurden. Daneben besuch-ten wir den Ausstellungsraumund den Ort der Informatio-

    nen, in dem wir Erinnerungs-und Abschiedsbriefe derJuden aus der Zeit der Natio-nalsozialismus lasen, die unstief beeindruckten.

    Einige Tage in Schleswig-Holl-steinIn der Mitte der zweitenWoche fuhren wir nach

    Schleswig Holstein in die Eu-ropische Akademie Sankel-mark in Flensburg, wo wir unsin drei Tagen mit dem ThemaNation, Staat, Religion bes-chftigten. Bei einem Vortragber nationale und religiseMinderheiten in Deutschlandwurden wir ber die aner-kannten Minderheit nach

    dem Grundgesetz informiert.In Deutschland gibt es z.B.in der Nhe von Berlin in derLausitz Sorben und Wenden.Im Gegensatz zu den germa-nenstmmigen Deutschenslawenstmmig. Sie sind inUrsprungsbevlkerung in die-sem Gebiet. In Schleswig-Hollstein gibt es eine Min-derheit von Dnen. Die auchfr ihre Partei SdschleswigerWhlerbund SSW politischeSonderrechte haben, so ni-cht bei Landtagswahlen andie Prozenthrde gebundensind.Die Europische Akademie,die in politische Bildung orien-

    tiert, bietet Entscheidungs-trgern, Multiplikatorenund anderen InteressiertenInformations- und Bildungs-veranstaltungen sowie Dis-kussionsforen an zu vielenThemenfeldern an, so zu his-torischen, kulturellen, politis-chen und wirtschaftlichenEntwicklung der heutigen

    Region Schleswig.Wir fhrten ein Planspiel zumNeubau einer Moschee inDeutschland mit verteiltenRollen durch. Bei der Dis-

    Politik

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    kussion gab eine heikle De-batte mit sehr unterschiedli-chen Meinungen. Die Suchenach einem Kompromiss warschwer. Aber nach langerDiskussion mit den demokra-tische Regeln Meinungsfrei-heit, Gleichberechtigung,Vorschlge frei formulieren,eine gut Lsung fr alle su-chen, zuhren , diskutierenund mitmachen haben wireinen Entscheidungskom-promiss gefunden. Das setztevoraus, dass die deutlicheMehrheit tatschlich einenKompromiss nden wollte.Anschlieend besuchten wirdie St. Georg-Kirche in Over-see. Wo wir einen Einblick indie christliche Religion erhiel-ten. Am nchsten Tag be-suchten wir die dnischeMinderheit an der dnische

    Gesamtschule Durburg inFlensburg. Der Direktor dieserdnische Gesamtschule hatuns ber das Engagementfr die dnische Minderheitin Deutschland erzhlt. Siekmpfen fr einen beson-ders Minderheitenstatus inDeutschland. Dessen Kerndie Erhaltung der kulturellen

    Identitt der dnischen Min-derheit in Deutschland alsTeil der Europischen Unionist. Sind also ein Teil der kul-turelle Vielfalt in Deutschlandund der Europischen Union.Und sie haben ein National-bewusstsein als ein Teil desdeutschen Gesellschaft.Einige Schlern haben uns

    ber ihre Identittsgefhleerzhlt. Und sie haben erklrt,dass sie sich dnischer als dieDnen fhlen.Danach fuhren wir nach Kiel

    zur trkischen Gemeinde. Beider Diskussion erfuhren wir,dass sie eine bessere Situa-tion in Deutschland fordern.In einem folgenden Vortagber die Juden in Flensburgerfuhren wir, dass sie keinehomogene Gemeinde sind,sondern unterschiedlicheTraditionen haben, insbeson-dere orthodoxe und liberale.Am letzten Tag in der Eu-ropischen Akademie San-kelmark haben das Themanational und religine Min-derheiten in unserer Heimat-lnder diskutiert.

    Eine Woche bei den Grnenin EssenAm ersten Tag im Abgeord-netenbro der Grnen inEssen traf ich mich mit demGrnen Bundestagsab-geordneten und seinemMitarbeiter, und bekam soeinen Einblick in die Arbeit.So, wie er den wrtliche Planmit seinem Mitarbeiter dis-kutiert. Wie der Wahlkampfim Wahlkreis Essen luft. Da-nach habe ich gemeinsammit anderen Flyer in einemStadtteil von Essen verteilt.

    Politik

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    In dieser Woche nahm ichgemeinsam mit Grnen-Mi-tgliedern an verschiedenenVeranstaltungen und Aktio-nen sowie auch an Infos-tnden teil. Dabei auch eineAktionen mit dem Grnen-Brgermeister von Essen.Sowie der Dokumentarlme BOTTLED LIFE - Die Wahrheitber die Geschfte von Nest-l mit dem Wasser im Films-tudio Glckauf. Kernthesedes Dokumentarlms ist, wieNestl-Manager das Wasserkontrollieren und damit dasLeben der Menschen.Ich nahm an eine Aktion derJungen Grnen in der Esse-ner Innenstadt fr eine offeneGesellschaft ohne Rassis-mus und gruppenbezogeneMenschenfeindlichkeit teil.

    Die letzte Woche in BerlinWir hatten eine Diskussionsve-ranstaltung zur politischenAnalyse der Bundestagswa-hl mit der Spiegel-Journa-listin Christiane Hoffmannund dem ParteienforscherDr. Gero Neugebauer. Diebeiden zentralen Aspektewaren die Koalition und der

    Wahlkampf. Dr. Gero Neuge-bauer formulierte ber denWahlkampf, dass er ganzruhig war sowie nach ameri-kanische Vorbild verlief. Unddie Bevlkerung im Wahl-kampf strker auf Personenals Inhalte der Parteien ach-tete.Frau Hoffmann hat ber

    die Rolle der Medien inWahlkampf gesprochen.die die Wahlprogrammeder Parteien vermittelt undsachliche ber den Wahl-

    kampf berichtet htten. IhreKernthese lautete, dass sichaus Verkaufsgrnden diemediale Vermittlung an denPersonen Merkel und Stein-brck orientiert habe.Die Gustav-Heinemann-Oberschule ist eine inte-grierte Sekundarschule mitgymnasialer Oberstufe, dieim Berliner Ortsteil Marien-felde liegt. Das Abitur kannnach 12 oder 13 Jahren ab-gelegt werden. Im Rahmendes Internationalen Parla-ments-Stipendiums besuchteich mit meinen KollegenAbualouf Ismail, HarbaouiAhlem, Mahmoud HamadaEl Nahel Zina und FarghalyDahi Abdelsalihin die Schule.Fr mich ist es wichtig, mehrber das deutsche Schulsys-tem zu erfahren, es vor Ort

    zu erleben. Ich glaube, dassein starker und stabiler Staatauch ein attraktives Schul-system braucht, und fr guteAusbildungen sorgen muss.Genau das habe ich in derGustav-Heinemann-Obers-chule gefunden. Mir gefllt,was mir der Schulleiter Cars-ten Hintze erzhlt: Seine

    Schule bietet fr Schler einbuntes Programm mit vielfl-tigen Schwerpunkten, undeine effektive Vorbereitungauf Beruf und Studium. Ne-ben dem vielseitigen Kur-sangebot in der Oberstufegibt es auerdem die vers-chiedensten internationalenSchulpartnerschaften: mit

    China, Japan, USA, Fran-kreich, Polen und Monaco.Die Schule scheint ein Ortzu sein, an dem die SchlerZuverlssigkeit, Disziplin, H-

    ichkeit, Flei und Ordnunglernen.Nach dem Vortrag desSchulleiters sind wir dannselbst als Lehrer gefragtgewesen. Im Geschichtsun-terricht mit Schlern einerzehnten Klasse sollten wirvon unseren persnlichenErfahrungen der demokratis-chen Revolution in unserenHeimatlndern berichten.Dazu hatten die Schler vieleFragen. Sie interessiert zumBeispiel, warum die Revolu-tion in Tunesien Jasminrevo-lution genannt wird. Die An-twort: Die Jasminblte ist dieNationalblume Tunesiens. AlsJasminrevolution bezeich-nete man ursprnglich BenAlis Machtbernahme durcheinen unblutigen Putsch am7. November 1987. Als Ben

    Ali mit der Revolution 2011schlielich abdankte, wur-den im Zuge der Revolu-tion aber viele Menschengettet. Deswegen mgendie meisten Tunesier dieseBenennung nicht.

    Die Zusammenkunft mitdeutsche politischen Stiftun-

    gen gehrt zu den letztenProgrammpunkten. Dabeiprsentierten die politis-chen Stiftungen ihre Visionenund Schwerpunktthemen.Danach stellen wir in kleineDiskussionsrunden Projek-tideen vor, die wir in unse-ren Heimatlndern umsetzenknnten. Meine Projektidee

    war eine sozio-kulturelle Ka-rawane in den Bergdrfernfr Frauen und Kinder.Demokratie im klassischenAthen bedeutete: Herrschaft

    Politik

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    des Volk durch das Volk frdas Volk in direktdemokratis-chen Entscheidungen. Nachdem deutschen Grundge-setz geht die Herrschaft vomVolk aus, legitimiert sich alsodurch das Volk, und zwardurch Wahlen und Abstim-mungen. Die Demokratie inDeutschland hat sich histo-risch ber die deutsche Re-volution 1848 und das Frank-furter Paulskirchenparlamentber die Reichsverfassungvon 1871 und die WeimarerVerfassung von 1919 unter-brochen durch die national-sozialistische Diktatur 1933bis 1945 zum Grundgesetzvon 1949 und 1993 entwic-kelt. Es gab in Europa zweiWeltkriege 1914 bis 1918 und1939 bis 1945, und die TeilungDeutschlands von 1949 und

    1989. All das sind historischeErfahrungen, aus denenSchlsse fr alle staatlichenInstitutionen und ihre Siche-rung gegen Entwicklungenin Richtung Diktaturen gezo-gen worden sein sollten. Unddie Rolle Deutschlands in derglobalisierten Welt u.a. mitaktiven Beitragen zu Demo-

    kratisierung global friedlichrealisieren kann.Der Bundestag und die Bun-desregierung mit der Kanz-lerin im Zentrum sind mitBundesrat und deutlich ein-geschrnkt Bundesprsidentdie politische Zentralmachtin Deutschland. Deswegenwird zu Recht von einer Kanz-

    lerdemokratie gesprochen.Die Abgeordneten solltenan allen parlamentarischenTerminen teilnehmen, so zuEntscheidungsprozess bei-

    tragen, damit an politischenEntscheidungsprozessen ve-rantwortlich mitwirken. In derPraxis ist das nur bedingt so.So kann man bei Ausschnit-ten aus dem Bundestagim Fernsehen oft einen fastleeren Plenarsaal sehen.Weil der Hauptteil der parla-mentarischen Arbeit in denAusschssen des DeutschenBundestages stattndet.Die Demokratie inDeutschland ist ein Mittel, umdas Leben der Menschen zuverbessern. Politik, Parteienund Politiker legitimieren sichaus ihrem gesellschaftlichenAuftrag, exakt das mit Le-ben zu fllen, verantwortlichzu leben. Demokratie solltenicht nur ein Mittel sein, umin der Auenfassade demo-kratisch auszusehen, wie in

    manchen Lndern. Auch inDeutschland ist das eine for-twhrende demokratischeAufgabe.Ich bin davon berzeugt,dass solche Stipendien-Pro-gramme zu den demokra-tischen Prozessen in unserenLndern beitragen werden.Und auch der Jugend poli-

    tische Themen vermittelnkann. Deutschland wirddamit zur Festigung dermenschlichen Beziehungenbeitragen, und Brcken desDialogs und der Verstndi-gung zwischen Deutschlandund der Welt schlagen, Vers-tndnis fr kulturelle Vielfaltzu vertiefen sowie auch frie-

    dliches Zusammenleben inder Welt sichern.Im Rahmen IPS-Programmhabe ich viel Neues gelernt.So nicht nur demokratische

    zu denken, sondern auchdemokratische zu handeln.Auerdem nicht mehr regio-nal oder national zu den-ken, sondern global. AlleMenschen auf dem Globussind gemeinsam dafr ve-rantwortlich, was in der Weltgeschieht. Jeder an seinemPlatz mit seinen Mglichkei-ten in Kooperation mit denmit ihm verbundenen Mens-chen. Da auch mit den glo-balen Chancen der Digita-litt, in der die Welt ein Dorfist. Dann haben wir gemein-sam eine gute Zukunft.

    Es gibt nichts Gutes,auer man tut es.Erich Kstner

    Autor : Oubaha Brahim

    Politik

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    25 Literatur

    Brief an Hermann Hesse

    Er war ein Genie, Philosoph undIdol fr viele Menschen. Vor 50Jahren, am 9. August 1962, ister gestorben. Doch sein Werk istlebendiger als das der meistenseiner zeitgenssischen Mitauto-ren. Die Weltauage seiner inmehr als 70 Sprachen bersetz-ten Bcher beluft sich inzwis-chen auf etwa 150 MillionenExemplare. Die Rede ist hier vomMaler, Dichter und SchriftstellerHermann Hesse. Hie mchte ichaber keine Biographie von Hesseerzhlen, sondern ihm einen Briefschreiben, wie es so viele Jugen-dlichen in meinem Alter in derdamaligen Zeit gemacht haben,obwohl er ihn nun leider nichtmehr lesen kann.

    Sehr geehrter Herr Hesse,

    in meiner Auseinandersetzungmit der deutschen Literatur alsGermanist habe ich mich mit vie-len deutschen Schriftstellern wieFranz Kafka, Thomas Mann, Hein-rich Bll und Gnter Grass be-fasst. Es kam mir aber nie in denSinn etwas von Ihnen zu lesen, bismeine Literaturdozentin es emp-fohlen hat. Dann habe ich einenWeisen, einen Philosophen und

    ein Universalgenie entdeckt, derHermann Hesse heit.Ich habe mich mit drei Wer-ken von Ihnen intensiv beschf-tigt: Die Stadt, Drei Lindenund Das Gesprch mit demOfen. Mit Freude und Span-nung habe ich diese drei Titelgelesen. Es gefllt mir sehr, wieSie unsere menschliche Existenzzum Gegenstand Ihrer Reexion

    machen. Sie gehen ja immervon Ihrer persnlichen Existenzaus, um uns unsere zu zeigenund zu erklren. Wir als Mens-chen sind stets Strebende nachMacht und Herrschaft. Das Ziel

    Mit freundlichen GrenAbderrahim Bougayou

    des Menschen ist es, alles in derHand zu haben. Er mchte sogardie Natur dominieren, auf derenGrundlage seine Kultur aufge-baut ist. Das haben Sie gut inder Kurzgeschichte Die Stadtbearbeitet; ich nde sie richtigund zutreffend. Sie haben unsgewarnt, aber der Mensch hatdarauf keine Rcksicht genom-men. Deswegen erlebt er zur Zeitso viele Katastrophen.Was Sie wiederum in der Ges-chichte Drei Linden zurSprache gebracht haben,spiegelt die Gegenstze unsererExistenz wider. Ich bin damit ein-verstanden, was Sie uns in die-ser Geschichte entwickeln. Wirsind lebenslang bestrebt, eineideale Welt zu erreichen. Diesnde ich unmglich, so lange

    wir alles beherrschen wollen. Wiekann ein Herrscher und Egoist einIdealist werden? Hierbei ndeich es gut, wie Sie die Widerspr-chlichkeit der Menschheit be-leuchtet haben. In der Kurzges-chichte Die Stadt zeigten Sieuns den Egoismus der Menschenund andererseits zeigten Sie unsseinen Idealismus, nach dem ersich immer sehnt. Weiterhin war

    Ihre Kritik in der Geschichte Gesprch mit dem Ofen klugund Sie haben auch hier einenBeweis fr die Gegenstzlichkeitder menschlichen Existenz ge-fhrt. Wahrscheinlich bendenwir uns in einem stndigen Streitzwischen Sein und Schein. Es sindwenige Menschen, die scheinenwie sie wirklich sind. Da habe ichIhre Botschaft gut erfasst: Sei du

    selbst.Durch diese drei Geschichtenhabe ich die menschliche Exis-tenz richtig entdeckt, Sie habenuns die Realitt vor Augen ge-fhrt. Der englische Schriftsteller

    Samuel Johnson formulierte:DieSprache ist die Kleidung der Ge-danken. Sie, sehr geehrter HerrHesse, haben uns Ihre Grundmo-tive, Ideen und Botschaften miteinfacher Sprache ohne dunkleMetaphern vermittelt. Das trgtdazu bei, dass Ihre Botschaftenvom Leser ganz einfach empfan-gen werden.Abschlieend mchte ich Ihnensagen: Ich habe mich in IhrenWerken Unterem Rad gefun-den und wiedererkannt.

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    26 Stadtportrt

    Imouzzer Ida Outanen: Eine schne Landschaft,vernachlssigt von den Verantwortlichen der

    Gemeinde

    Agadir zhlt zu den schns-ten marokkanischen Std-ten. Sie ist das Reiseziel frviele Touristen. Aktuell gab

    es Reformen in deren Infras-truktur. Dadurch erfuhr dieseStadt in den letzten Jah-ren eine Art der wirtschaftli-chen Entwicklung. Viele wis-sen aber nichts davon, wasdiese Stadt eigentlich schnmacht. Es ist nicht nur dasZentrum der Stadt, wo Ruheherrscht, sondern die Voror-

    ten dieser Stadt. Sie ist vonwunderschnen Landschaf-ten umgegeben, wo Bergehochrangen und es schneNatur gibt. Eine Landschaftnicht weit von Agadir hatvielen Besuchern den Atemgenommen. Wer es ein Malbesucht, sehnt sich danach,wieder zu kommen. Es ist

    Imouzzerr Ida Outanane. Zuunterscheiden gibt es in Ma-rokko zwei Orten mit dem-selben Namen IMOUZZERR.Ein Imouzzer liegt neben Fes,

    und das andere ImouzzerIda Outanane ist es, das hierbeschrieben wird.Imouzzer Ida Outanane liegt

    etwa 60 Kilometer entferntvon Agadir. Man kann esper Taxi von Aourir erreichen.

    Unterwegs bezaubern dieNatur und die Bergkette. DerWeg nach Imouzzerr fhrtzunchst durch den Fluss des

    Paradieses. Es wird so ge-nannt, weil dort Ruhe herrs-cht und die Palmen hochran-

    gen, die den Ort beschattet,und das Wasser durch das

    Tal iet. Im Frhling ist dortschwer einen Platz zu nden.Es kommen viele Besucher,die sich vom Lrm der Stadtund den Stress der Arbeit

    entlasten wollen. Dort wer-den sie herzlich mit offenen

    Hnden von den Einheimis-chen empfangen. Sie stel-len dem Besucher alles zurVerfgung, was er braucht,um einen schnen Tag zu

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    27 Stadtportrtverbringen. Davon verdientdie Jugend dieses Gebietsetwas Geld, das ihren Le-bensunterhalt sichert.

    Die Zauber der LandschaftImouzzerr kann man nichtnur im Fluss des Paradieseserkennen, es gibt nochSchneres: Les Cascadesdimouzzer. Dort gibt eseinen Wasserfall, nach demdiese Landschaft Imou-zer benannt ist. Das WortImouzer ist eine berberische

    Bezeichnung, und ist der Plu-ral von Amazer, das Was-serfall bedeutet. Wenn manim Frhling nach Imouzzerkommt, hrt man berall dasGerusch des Wassers. Obenan der Spitze der Berge kannman die Zauber der Naturentdecken. Olivenbumeund Palmen reihen sich und

    beschatten das kleine Dorf.

    In Imouzzer Ida Outanenwird gutes Olivenl produ-ziert, dessen Ruf im marok-kanischen Markt hervor-ragend ist. Es wird hier auchArganl in Gemeinschaftenhergestellt, was den Frauenein gutes Gehalt angesichts

    des Preises von Arganl ein-bringt. Der reine Honig ist dieSpezialitt fr dieser Lands-chaft. Dafr wird jhrlich einHonigfest Festivale de mielorganisiert, wo die Imker ihreProdukte des Jahres vors-tellen, und damit auch dieTraditionen und Kultur derEinheimischen gepegt wer-

    den. Ein Kilo vom reinen Ho-nig kostet etwa 300 DH, dassind etwa 30 Euro, eine guteEinnahme fr den Imker. DieEinwohner von Imouzzer Ida

    Outane betreiben Land-wirtschaft. Sie haben Ziegen,Khe und Schafe, und siebauen Getreide an. Es gibtaber manche Gebiete, dieunter Armut und Mangel anWasser leiden. Im Gebietvon Imouzzer Ida Outanenewerden regelmig Straendurch Regenflle zerstrt. Dielokalen Verantwortlichen zei-gen an einen Lsung diesesProblems kein Interesse.Imouzer Ida Outanane hatin der Geschichte von Ma-

    rokko Bedeutung. Im Zeital-ter der franzsischen Be-satzung war Ida Outananedem Volksmund nach dasletzte Gebiet in Marokko, dasunter Herrschaft der Besatzergeriert. Dieses Gebiet war indamaliger Zeit bekannt fr

    die Ruber, mit denen jederrechnen musste. Viele Einhei-mische, haben andem Kriegdes Indochina teilgenom-men.Imouzer Ida Otanane ist einberberisches Gebiet, wodie Menschen miteinanderauf Berberisch kommunizie-ren. Aber die berberischeSprache kennt hier von Ortzu Ort Varianten. Diese Va-rianten sind fr die Zusamme-narbeit der Gemeinschaftennicht frderlich.Sie fhren

    zu Konikten zwischen denGemeinschaften. Es werdenInitiativen von Verantwortli-chen ergriffen, indem sie mitdem Ziel kulturelle Austauschorganisieren, gegenseitigesVerstehen und Zusammenar-beit zu frdern.

    Photo : Karl Heinrich Barth

    Autor : Abderrahim Bougayou

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    28 Urlaub in Marokko

    Tamza ein kleines Paradies im Sd marokko

    Nachdem ich vor ber 35Jahren das letzte Mal in

    Marokko war, bin ich kurznach Ostern wieder ein-mal fr eine Woche dorthingefahren. Warum geradeMarokko? Ich hatte michmit einem jungen Mann ausMarokko angefreundet, derin Casablanca Germanis-tik studierte. Souane hos-pitierte im Herbst 2012 imRahmen des InternationalenParlaments-Stipendiums desDeutschen Bundestags in un-serem Bro. Er hatte mir vielber die politische und ge-sellschaftliche Entwicklung inseinem Heimatland erzhltund hat mich fr dieFrage der Berber inMarokko sensibili-siert - fr derenBemhun-gen um dieBewa-

    hrung der eigenen Identi-tt, Sprache, Kultur. Bei die-

    sen Gesprchen und auchdanach kamen bei mir vieleBilder aus Marokko wiederhoch - ich erinnerte mich anMarrakech, Agadir, Essaoui-ra und Fes - an lange Busfa-hrten, an das gute Essen undan die Musik.Ich hatte einen Flug nachMarrakech gebucht - Sams-tag hin, Samstag wiederzurck. In wenigen Stundenwar ich aus dem winterlichenBerlin im fast schon sommer-lichen Marrakech. Es hatsich meiner Erinnerung nach

    in der Medina relativwenig verndert. Ich

    habe mich auchgenauso

    oft verirrtwie sei-

    nerzeit. Nur war meinerUnterkunft jetzt etwa kom-

    fortabler, als in den 70er Ja-hren. Gewohnt habe ich imwunderschnen Riad DarOurika. Mein Programm warzunchst sehr touristisch. Dja-m a-el-Fna, Kutubiya, dieSouks, Kutschfahrt und einnicht sonderlich gutes Essenin einer Touristenfalle.

    Dann ging es mit dem Zugnach Casablanca. GroeFreude, Souane am Bahn-hof wiederzusehen. Souanehatte noch einen Freundmitgebracht, der mit ihmGermanistik studiert hatte.Es war Brahim, der Heraus-geber dieses Magazins. Wirtrafen zwei weitere Freundeder beiden - Deutschlehrer.Woher dieses Faible frdie deutsche Sprache, frDeutschland? Was immerwieder durchdrang: groesInteresse fr den ausgeprg-

    ten bundesdeutschenFderalis-

    mus, der

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    29 Urlaub in Marokko

    auch regionalen Identittenviel Platz bietet - vielleicht alsVorbild fr Marokko, auch alsAntithese zum franzsischenZentralismus? Zum deuts-

    chen Fderalismus wurdeich auch beim Abendessenbei Mahfoud gehrt - garnicht so einfach fr mich mitmeinem eingerosteten Fran-zsisch. Immerhin: ich wur-den mit einem kstlichenCouscous und saurer Milchbelohnt.

    Mit Souane erkundete ichnoch Casablanca und Ra-bat. Brahim schlug dann vor,mit mir noch nach Agadirzu fahren. So fuhren wir amMittwoch Nachmittag nachMarrakech, mit dem Nacht-Bus ging es dann weiternach Agadir. Dort haben wirbei Said bernachtet. Amnchsten Morgen haben wirbei einem rtlichen Auto-vermieter einen nicht mehrganz neuen Renault Kan-goo gemietet. Dann ginges endlich los. Ich wussteimmer noch nicht, was micherwartete. Zuerst fuhren wir Brahim, Said und ich - nach

    Biougra. Dort haben wir aufdem Markt eingekauft: vielGemse, Obst, Brot, Fleisch.Mehdi ist dort auch noch zuuns gestoen.

    Nun ging es immer weiter indie Berge hinein. Die Lands-chaft wurde bergiger und fel-siger. Arganbume sumten

    den Weg. Ob es meine Mit-fahrer beruhigte, dass ich alsAllguer mit kurvenreichenund engen Straen vertrautbin? Die Stimmung jedenfalls

    wurde immer ausgelassener,die Musik immer lauter: dievier CDs - Sagruh, Tawargit,Tagrawla und traditionelleInstrumentalmusik - wurden

    rauf und runter gespielt.Schon whrend der Fahrtsind wir eine verschworeneGemeinschaft geworden.Obwohl ich kein Wort masi-risch spreche, habe ich michimmer als zugehrig gefhlt.Irgendwann glaubte ichsogar, etwas zu verstehen.Einige Stopps kamen: ganzbeeindruckend und sehr guterhalten die SpeicherburgTizourgane. Schn auchTeepause in einem kleinenDorf in der Nhe.

    Dann ging es auf unbefes-tigter Piste immer weiter indie Berge hinein. Ich habedie drei gut und sicher nachTamza, ein kleines Dorf inden Bergen, gebracht. SaidsFamilie besitzt dort ein Haus.Dort haben wir aufwendigber Stunden Tajine gekocht- mit viel Spa dabei. Danngegessen, Musik gehrt, Bra-him hat eigene Gedichte re-zitiert - und wir haben viel ge-

    lacht. Manchmal hatte ichdas Gefhl, die ganze Sachehat fr die drei eine weitaushhere Bedeutung als nurein Ausug in die Berge.Am nchsten Morgen - mitt-lerweile Freitag - haben wirdas Dorf und die nhereUmgebung erkundet. Trau-mhaft schn in dieser Ja-

    hreszeit, alle Blumen habengeblht. Ein Nachbar - DaMouh - hat uns dann zumMittagessen eingeladen: esgab Couscous.

    Gegen Abend ging es wie-der zurck - ich musste ja amnchsten Vormittag meinFlugzeug in Marrakech errei-chen. Es hat noch einige Um-

    wege gebraucht, bis wir wie-der in Biougra waren, dortverlie uns Mehdi. In Agadirhaben wir Said abgesetzt.Alles in allem waren Brahimund ich dann um 6 Uhr in derFrhe in Marrakech. Ganzschn anstrengend fr denFahrer.

    Ich habe in den wenigenTagen in Marokko sehr vielmitbekommen: Einblicke indie Lebenswelt junger Ma-rokkaner und in die politischeSituation, beeindruckendauch der Einsatz meinerFreunde fr die Identitt undKultur der Berber. Besttigthat sich wieder meine Einstel-lung, offen auf Menschenund Situationen zugehen.Man kann zwar auch malenttuscht werden, meistenswird man aber reich belohnt.

    Photo : Abdellah Bouaddi

    Autor : Dr. Peter Fler

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    30 Deutsche Sprache

    Ein Marokkaner bei Schwaben

    Nach Deutschland zu rei-sen ist seit langem mein Zielgewesen. Auer dem, was wirim Geschichtsunterricht ber

    den zweiten Weltkrieg gele-sen haben, wusste ich nichtsber Deutschland. Bis ichanng, dessen LandspracheDeutsch zu lernen. Da ent-deckte ich die deutsche Kul-tur, die mich stark beeinusst.Ich habe groen Spa da-ran, diese Sprache zu lernen,so dass ich eiiger im Deuts-chunterricht als in den an-deren Fchern arbeite. Ichkann sagen: Ich mag dieseSprache. Aus diesem Grundtraf ich die Entscheidungnach meinem Abitur ganzmotiviert von meinenDeutschlehrer und -lehrerin,Germanistik an der Univer-sitt Hassan II. zu studieren.Gute Ergebnisse und meineZiele zu erreichen, nahmich mir vor. Und das habeich Gott sei Dank geschafft.Nach meinen vier Semestern

    bekam ich gute Ergebnisse,so dass ich ein DAAD-Sti-pendium fr einen Sommers-prachkurs in Deutschland

    bekommen konnte. Ich binAnfang meines dritten Se-mesters als DAAD-Stipendiatmit sieben anderen bestenStudenten in meiner Gruppeausgewhlt worden. Ichwar wie nie zuvor so frhlichund glcklich, denn meinWunsch begann in Erfllungzu gehen. So hatte die Ges-chichte meiner Reise nachDeutschland ihren Anfang.Nachdem ich alle Angele-genheiten erledigt hatte, diedas Stipendium betrifft, undein Visum bekommen habe,hatte ich meine Abreise am1. August von Casablancanach der konomischenHauptstadt von DeutschlandFrankfurt. Mein Reiseziel wareine groe prchtige Stadtin Baden-Wrttemberg, wodas erste Auto in der Welterfunden wurde und Schw-

    bisch gesprochen wird. Ichverstand vom Schwbischennur Bahnhof. Es ist klar, umwelche Stadt es hier geht:

    Es ist die Hauptstadt von Ba-den-Wrttemberg Stuttgart.Auch ein Kommilitone undeine Kommilitonin in meinerKlasse haben diese Stadtausgewhlt. Bei der Auswahlstanden mir viele deutscheStdte zur Auswahl wie Klnund Berlin. Ich whlte abernicht aufgrund der Schn-heit und Sehenswrdig-keiten der Stadt, sondernaufgrund der Dauer meinesSommersprachkurses in derStadt. Je lnger der Kurs ist,desto mehr lerne ich. MeineEntscheidung fr Stuttgartwar glcklicherweise zutref-fend. Die Stadt ist schn, undder Kurs ist lang.Am 1. August um 16 Uhr ka-men wir in Frankfurt an. Zudieser Zeit war die Universi-tt von Stuttgart schon ges-chlossen, und damit auch

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    31 Deutsche Sprachedie Anmeldung. Wir musstendann suchen, wie wir nachStuttgart fahren knnen. DasWetter war schn, es warsonnig. Das konnte ich aber

    nicht genieen, da meineFreunde und ich uns orientie-ren mussten. Ich sehe vor mireine andere Welt, andereMenschen, und alles war mirfremd. Wir waren aber nichtsprachlich Fremde, denn wirknnen Deutsch. Wir knnenlesen und fragen. Fragenwar ein bisschen schwer,

    denn unsere Fragen wur-den von einigen Menschenzurckgewiesen. Wir konn-ten trotzdem den Bahnhoferreichen, um zu fragen,was die Fahrkarte nach Stut-tgart kostet. Die war zu teuerfr uns Studenten. Aber ichwusste von meinem deuts-chen Freund, dass es Mitfa-

    hrgelegenheit gibt,mit de-nen man billiger reisen kann.Ich fragte danach, und unswurde gesagt, dass wir biszum Hauptbahnhof fahrenmussten. Den erreichten wirper S-Bahn. Ich habe mirschon in Google Maps denFrankfurter Hauptbahnhofund das Zentrum der Stadt

    angesehen. Deshalb el mirnicht schwer zu erkennen, woman Fernbusen nden kann.Nachdem wir wieder fragten,konnten wir die Haltestelleder Fernbusse nden. UnsereKommilitonin war verrgertund konnte es nicht mehr er-tragen, ihren Koffer Abendsdurch Frankfurter Straen zu

    schieben. SIch bat sie um einbisschen Geduld. Wer sucht,der ndet. Ich fragte einenBusfahrer, ob sein Bus nachStuttgart fhrt. Er sagte mir

    ein paar Worte schnell, vondenen ich aber nur neeeverstand. Wir standen kurzund sahen die Fahrgste,die in den Bus einsteigen.

    Wir waren mde und woll-ten uns nur mal setzen unduns erholen. Nachdem meinFreund den anderen Fahrerfragte, konnten wir den Busnach Stuttgart nden. Daskostete nicht viel im Ver-gleich mit dem Zug. Ganzfroh und glcklich nahmenwir unsere Pltze ein. Der Bus

    fuhr nach Stuttgart ab. Ichwar glcklich. Und sagte mirvorher, dass ich im Bus schla-fen werde. Aber die Schn-heit der Natur und die neueWelt lie mich wach bleiben.Als ich den Rhein sah, wurdeich lebendig und lcheltemeinem Freund zu. Die Wl-der waren dicht an Bumen.

    Das fasziniert mich wirklich.Der Abend dmmert unddie Augen elen mir zu. Ichschlief kurz und wachte auf,als wir Heilbronn erreichten.Ich fragte den Fahrer, wannwir ankommen werden. Wirhatten noch einen langenWeg vor uns. Um 22 Uhr ka-men wir in Stuttgarter Flugha-

    fen an. Wir bedankten unsbeim Fahrer, und brachtenunser Gepck zum Eingangdes Flughafens. Wir ruhtenuns aus. Fotos schoss ichstndig, denn es waren Mo-mente, die sich im Gedcht-nis tief einprgen werden.Fremde waren wir in die-ser Welt. Wir verbrachten

    die Nacht im Flughafen. Eswar drinnen still. Es gab esauch viele Fahrgste, dieihre Nacht dort verbrach-ten. Meine Freunde schliefen

    kurz, whrend ich noch wachblieb. Ich konnte nicht schla-fen, und ging im Flughafenspazieren und sah mir allesan. Wir aen, was wir von Ma-

    rokko mitgebracht hatten.Denn das Essen im Flughafenwar zu teuer fr uns. Es war6 Uhr morgens. Wir gingenarus und fragten wieder, wiewir die Universitt Stuttgarterreichen knnten: Mit derS-Bahn. Um 7 Uhr erreichtenwir unser Ziel und fanden dasinternationale Zentrum, wo

    wir uns anmelden konnten.Zunchst mussten wir einenEinstufungstest ablegen. Alswir warteten, dass die Klassegeffnet wird, sah ich mir dieatemberaubende Natur an.Die Bauwerke fasziniertenmich. Alles war in Ordnunggebracht. Nach und nachkamen die Teilnehmer des

    Sommersprachkurses. Einigesagten zu uns Hallo, an-dere fhlen sich noch fremd.Noch belastet von unserenKoffern konnten wir in dieKlasse eintreten. Ich habemeinen Koffer in einer Eckegelegt und nahm Platz. Eswaren viele Menschen ausunterschiedlichen Kulturkrei-

    sen, die diesen Test ableg-ten. Die Leiterin kam undempng uns herzlich, indemsie uns lchelnd HerzlichWillkommen sagte. Zu Be-ginn prsentierte sie uns dasganze Programm des Kurses.Einige Teilnehmer nahmendas Programm in ihre Hnde.Das hatten wir nicht, weil wir

    uns noch nicht angemeldethatten.Nach dem Test hatte ichKopfschmerzen. Der Test warfr mich, aber ich hatte nicht

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    32gut geschlafen. Ich fhrtenach dem zweiten Teil desTestes ein kurzes Gesprchmit einer Studentin ausUkraine. Ich fhle mich gut,denn ich hatte kein Problembei der Kommunikation. Na-chher konnte ich mich en-dlich bei der Projektleiterinregistrieren. Eine Studentinbegleitet mich zu meinemZimmer im Wohnheim undregelte mit mir alles, was zuregeln ist. Jetzt konnte ichmich ruhig hinlegen undtief durchatmen. Ich mussteeigentlich zum Mittagessengehen, aber ich bevorzugezunchst zu duschen zu.Auerdem fastete ich an die-sem Tag. Um 15 Uhr mussteich wieder bei der Gruppesein, damit wir gemeinsamzu unseren Klassenrumen inder Bblinger-Strae fahren

    konnten. Ich hatte mein Sti-pendium in einem Umschlagund die Fahrkarte fr diesenMonat in Stuttgart bekom-men. Nun ging es los los Stut-tgart zu entdecken.Unsere Klassen sind weit ent-fernt vom Campus, wo wirwohnen. Wir mussten immermit der S-Bahn und dann mit

    dem Bus hinfahren. Das istaber nicht schwer, denn wirwaren in einem Land, wo dieZge und Busse pnktlich fa-hren. Whrend der Fahrt be-gann ich Studenten und Stu-dentinnen kennen zu lernen.In meinem Programmheftstanden 73 Teilnehmer ausfnf Kontinenten. Nur Austra-

    lien fehlte in dieser Gruppe.Nach unserem Besuch uns-res Klassengebudes mach-ten wir einen Spaziergang inder Stadt mit unseren Fhre-

    rInnen. Ich war aber tod-mde. Ich wnschte mir nur,dass wir den Spaziergangbeendeten. Ich wollte schla-fen. Um 17 Uhr konnten wir zuunseren Zimmern zurckkeh-ren. Ich packte meinen Kofferaus und brachte in meinemZimmer alles in Ordnung. Um19 schlief ich bereits.Um 5 Uhr stand ich ausges-chlafen und munter auf.Es ist lange her, dass ich sogeschlafen hatte. Ich hattetrotzdem etwas fr den Fas-tentag gegessen, denn esist schon Morgen. Ich sahmir im Programm und drinstanden die Veranstaltun-gen fr den 3. August. Daswar eine wirklich schne Zeit.Ich erweiterte meine Freun-deskreise und lernte andereMenschen kennen. Ein Md-chen war verwundert, als ich

    ihr sagte, dass bei uns in Ma-rokko auch schneit. Sie hattedie Vorstellung, dass in Afrikanur die Sonne scheint. Wirlernten uns nher kennen.Auf dem Olympiagelndefhrte ich meine Gruppe.Das ermglichte mir die Mo-mente gut zu genieen. AmNachmittag hatten wir eine

    Fahrt zur Grabkapelle. Jederfragt, was das sei. Ganz lustigwar es. Die Teilnehmer glaub-ten, dass das ein Verkehrs-mittel ist, denn im Programmstand es falsch beschrieben.Es wurde Eine Fahrt mit derGrabkapelle beschrieben.Hin fuhren wir mit dem Bus.Eine Reiseleiterin war da,

    und zeigt uns die Sehenswr-digkeiten von Stuttgart. Wieschn war die Aussicht vonGrabkapelle. Sie steht aufeinem Hohen Berg, von dem

    man einen wunderbarenBlick auf Stuttgart hat. Aufihm sind Weinberge. Es waralles grn umher. Unser erstesGruppenfoto machten wirvor dieser Grabkapelle.ich machte viele Fotos mitden neuen Freunden. Mitder Reiseleiterin fhrte ich einGesprch, in dem sie mir mitsagte, dass sie in Marokkogewesen war. Es freute mich,dass mir eine Besucherinmeines Landes begegnete.Sie motivierte mich sehr,nachdem sie mein Deutschgehrt hatte. Am Ende unse-rer Fahrt war ich zufrieden,es geel mir alles. Um 18 Uhrhatten wir frei, und gingen indie Stadtmitte, um das Herzder Stadt zu erkunden. Wirhatten Glck, dass wir dasjhrliche Sommerfest aufdem Schlossplatz fanden. Es

    wird in dieser Welt anderesgefeiert. Die Leute trankenBier und tanzten. Die Musikgeel mir sehr. Ich tanzteauch ein bisschen mit. Es wa-ren einfach schne Tage beiden Schwaben.Am Montag begann unserKurs. Motiviert ging ich zurUniversitt. Ich freute mich

    sehr, als ich meinen Namenin der C1-Gruppe fand, d.h.ich lernte nur mit den Bes-ten. Das war fr mich gut.Unser Lehrer begrte unsam Morgen und stellte sichvor. Die Klassenkameradenlernten sich kennen. Undwir Studenten formuliertenunsere Anliegen fr den

    Kurs. Mein Anliegen war dieVerbesserung meiner Deuts-cherkenntnisse zu und derErwerb von Schreibkompe-tenz. Beides habe ich er-

    Deutsche Sprache

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    33reicht. Am Nachmittag gabes Konversationstutorium frandere Gruppen, in demwir das interkulturelle Trai-ning hatten. Dieses Traininghat mir am besten in diesemKurs gefallen. Dabei lernteich etwas Neues, da alleber die Kultur ihrer Heimaterzhlten. Als Basis fr mich,ber diese Kulturen weiterzu lesen. Am Abend trafenwir, mein Freund Jamal undich, unsere Kommilitonin Hali-ma, die nicht mit uns in einerGruppe ist. Wir erzhlten ihrber das, was wir am Tag ge-macht hatten. Dem schlosssich ein Spaziergang in derStadtmitte an. Es wurde einschner Abend.Die Projektleiterin hatte unsinformiert, dass es Dienstagsund Donnerstags Nachmit-tags Arbeitsgemeinschaf-

    ten gbe. Im Programmstanden uns Sport, Chor,Fuball, Theater und Kurz-zeitung fr die Arbeitsgrup-pen zur Auswahl. Bei Fuballhatte ich keinen Spa. Ausdiesem Grund wechselte ichzur Kurzzeitung. Mein Ziel wardabei, meine Schreibfhi-gkeit zu entwickeln. Es gab

    etwas anderes Schneres,die Exkursionen. Die amSamstag stattnden, und indenen wir mit Land, Leuten,Traditionen und der Alltags-kultur bekannt wurden. Ichmeldete mich fr alles Exkur-sionen, denn ich wollte nichtsverpassen.Das erste Auto kam aus

    Baden-Wrttemberg. Dortfuhr die erste Kutsche ohnePferd. Es war Carl FriedrichBenz, der das Auto erfundenhatte. Ihm gedenkt man im

    Deutsche Sprache

    Autor : Abderrahim Bougayou

    Mercedes-Benz Museum, zudem uns eine Exkursion fhrte.Wir hatten dann ein ein Pro-gramm zur Geschichte derIndustrie. Dem Besucher wirdalles zur Verfgung gestellt,um seinen Besuch gut zu ge-nieen. Es wurde uns ein Ap-parat gegeben, der uns allesber die dort ausgestelltenWerkzeuge berichtet. DerMensch begann am Anfang

    mit Hilfe von Tieren zu reisenund seine Waren zu transpor-tieren. Er bleibt immer einkreatives Wesen, das immerversucht sein Leben leichter

    zu gestalten. Dafr erfandder Mensch die Kutsche undschrittweise ein sehr entwic-keltes Auto. Wer in Stuttgartwar und dieses Museum ni-cht besichtigte, hat Entschei-dendes verpasst. Das Sta-dion von VFB Stuttgart liegtnah dieses Museums, undheit Mercedes Benz Sta-dion. eine Exkursion fhrtein den Schwarzwald in das

    Freilichtmuseum Vogtsbau-ernhfe in Gutach und zumMummelsee.

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    34 Interview

    Marokkanisch-Deutsche Gesellschaft

    fr den kulturellen Austausch und

    ZusammenarbeitLahcen Handi spricht ber seine Plne fr Marokkanisch-

    Deutsche Zusammenarbeit

    In welchem Kontext haben sie daran gedacht, einen Verein zu grnden?

    Wir sind eine Gruppe, die aus motivierten Studenten besteht, und gemeinsame Ideen ver-binden. Uns fehlt einen Rahmen, in dem wir unsere Ttigkeiten ausben knnen.Wir sind junge, engagierte Marokkaner zur Kulturellen Vielfalt und Toleranz ihren Beitragleisten wollen. Selbstverstndlich beginnen wir mit der eigenen marokkanischen Gesell-schaft. Daher haben wir uns berlegt einen Verein zu grnden, der durch Dialog eineBrcke zwischen Marokko und den deutschsprachigen Lndern, nmlich Deutschland,sterreich und die Schweiz aufbauen soll.

    Welcher Name trgt den Verein? Und welche Ziele strebt er an?

    Der Verein trgt den Namen Marokkanischer Verein fr Germanistik-Studierende und

    Absolventen (MVGSA). Es geht dabei, um einen Verein fr den kulturellen Austauschund Entwicklung. Der MVGSA wurde am 06.02.2010 in Agadir gegrndet und hat seinenSitz in Complexe kulturell Ras Sad Achtouk Biougra. Der Vorstand des Vereins hat sichzum Ziel gesetzt, das Lernen und Lehren der deutschen Sprache in Marokko zu sttzen,und die freundschaftlichen, kulturellen und sozialen Beziehungen zwischen Marokko undder deutschsprachigen Lndern zu frdern. Der Verein ist gemeinntzig und verfolgt keinewirtschaftlichen oder eigenntzigen Zwecke.Nach der Generalversammlung vom 14 August 2013 haben wir den Namen des Vereinsumgewandelt zu: Marokkanisch-Deutsche Gesellschaft fr den kulturellen Austausch undZusammenarbeit. Zudem wurden auch einige Ziele neu deniert. Dies ndet im Einklang

    mit den Volksbewegungen, und die damit verbundenen Entwicklungen und Themen inNordafrika statt.

    Knnten sie uns ber die von Ihnen gemachte Aktivitten berichten?

    Was die Aktivitten anbelangt, kann ich Ihnen einige Beispiele und Daten nennen:1_ Am 05 Juli 2013 in Komplex Rais Said Achtouk Biougra wird eine andere Vorstellungsakti-vitt des Vereins organisiert. Der Prsident hat die Hauptziele des Vereins fr das Publikumvermittelt, und der Generalsekretr hat eine Auistung der gemachten und geplantenAktivitten betrachtet. Dann begann die Diskussion ber die Perspektiven des Vereins in

    Verbindungmit neuen Aktuellen Themen auf nationale und regionale Ebene im Zusam-menhang mit Deutschland.2_ Ein Kultureller Tag unter dem Motto gute Orientierung fr eine bessere Zukunft im 10April 2012 in Biougra in Zusammenarbeit mit dem Timatarin Verein.Im Programm war ebenso die Diskussionsveranstaltung ber das Thema Das Studium

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    in Hochschule, welche Perspektiven? mit Teilnahme vonSchlern und Studenten aus verschiedenen marokkanis-chen Hochschulen und Universitten. Dabei fand aucheine Buchmesse mit deutschen Zeitschriften und Bchernaus fast allen Bereichen und in verschiedenen Sprachen.

    3_ Teilnahme an Einer Diskussionsrunde in einer internatio-nalen Buchmesse Casablanca 2012 im Rahmen der Aktivi-tt von Goethe Institut Casablanca, in dem es um die Bu-chlesung des Bches Die Stimmen von Marrakesch desAutors Elias Canetti ging.4_ Gesprchsrunde mit Frau Uli Rohde ber die Themen:Habitustheorie nach Piere Bourdieu, sowie Lesesozialisa-tion und Leseklima in Familien nach Bettina Hurrelmann,am 23 Mrz 2011 im Studentenwohnheim Ca