Lernaufgaben lernwirksam gestalten -...
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Lernaufgaben lernwirksam gestalten
Schüler nicht nur aktivieren,sondern aufs Wesentliche fokussieren
Alexander Renkl
Universität Freiburg
Lernwirksam?
• Viele mögliche Lernziele
- Grundlegende Fakten, Konzepte und Prinzipien- Zusammenhänge zwischen Fakten, Konzepten und Prinzipien- Erwerb kognitiver Fertigkeiten - Automatisierung von Fertigkeiten- Lernstrategien- Werthaltungenu.v.a.m.
• Fokus: Verstehen und Anwenden von Prinzipien/ Prinzipienbasierte kognitive Fertigkeiten
Beispiele für Prinzipien
• Mathematik: Satz des Pythagoras
• Biologie: Mimikry / Mimese
• Physik: Doppler-Effekt
• Chemie: Osmose
• Deutsch: "Zweiseitigkeit" von Argumentationen (Erörterung)
• Ethik: Deontologische Position vs. konsequentialistische Position
Verstehen und Anwenden von Prinzipien / Prinzipienbasierte kognitive Fertigkeiten
• Biologie: Mimikry / Mimese• Erklärung finden lassen, warum ein bestimmtes Aussehen für ein
Insekt von Vorteil sein kann
Lernaufgaben: Beispiele II
• Physik: Doppler-Effekt• Messreihen zum Lichtspektrum von unterschiedlichen
Himmelskörpern (an unterschiedlichen Stellen) interpretieren
• Chemie: Osmose• Erklärung finden lassen für Platzen bzw. Schrumpfen einer Blutzelle
in (Salz-) Wasser finden
• Deutsch: "Zweiseitigkeit" von Argumentationen• Lesen diverser Texte und Position zur Wiederansiedlung von Luchs
mit "zweiseitiger" Argumentation (schriftlich) untermauern
• Ethik / Religion: Deontologische Position vs. konsequentialistischePosition• Antworten auf ein ethisches Dilemma (Terroristen "vor der Tat" töten)
analysieren
Lernaufgaben: Beispiele III
Typische Punkte des Dissenses in der Lehr-Lern-Forschung
I Information vorgeben oder selbst generieren(z.B. direkte Instruktion vs. entdeckendes Lernen)
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?(z.B. hands-on oder minds-on oder …)
Typische Punkte des Dissenses in der Lehr-Lern-Forschung
I Information vorgeben oder selbst generieren(z.B. direkte Instruktion vs. entdeckendes Lernen)
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?(z.B. hands-on oder minds-on oder …)
Meine Antworten
I Information vorgeben oder selbst generieren?Nicht so wichtig - dafür aber das "Wie" der gewählten Vorgehensweise?
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?Ein Fokussierung auf zentrale Konzept und Prinzipien
Typische Punkte des Dissenses in der Lehr-Lern-Forschung
I Information vorgeben oder selbst generieren(z.B. direkte Instruktion vs. entdeckendes Lernen)
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?(z.B. hands-on oder minds-on oder …)
Meine Antworten
I Information vorgeben oder selbst generieren?Nicht so wichtig - dafür aber das "Wie" der gewählten Vorgehensweise?
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?Ein Fokussierung auf zentrale Konzept und Prinzipien
Grundlegende (empirisch basierte) Annahmen: Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretieren
Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretieren
Prinzipienelemente als
abstrakte "Leerstellen"
p(A and B) = p(A ) x p(B)
… Murmeln …
Transfer-Fall
Fall
prinzipienbasiert
interpretiert und
gelöst
(anspruchsvoll)
Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretieren
Transfer-Fall
Fall
prinzipienbasiert
interpretiert und
gelöst
Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretierenPrínzipien-
"Zugang"
via "ähnlichem
Fall"
("leichter")
Zwei prototypische Ansätze
"Direkte Instruktion"
(typisch für Lernen aus Lösungsbeispielen)
versus
"Angeleitetes Entdecken"
(typisch für offene Lernarrangements)
Selbst-
erklären
"Direkte Instruktion"
Prinzip
repräsentiert als
(Fakt � Schema)
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Selbst-
erklären
"Direkte Instruktion"
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretieren
Transfer des Prinzips wenn …
Prinzip
Repräsentiert als
Schema
Beispiel-Fall bBeispiel-Fall a
Wissen, wie
Prinzip zu
instantiieren
Wissen, wie
Fall prinzipien-
basiert zu
interpretieren
Was ist besser? Oder warum das eine "schwierige Frage" ist!
Erfolg der Direkten Instruktion hängt ab von …
- wie "integriert" der erste Fall mit dem Prinzip dargelegt wird.
- Selbsterklärungsförderung
- Adaptives Ausblenden ausgearbeiteter Schritte (in Mathe etc.)
- und anderen Faktoren
Was ist besser? Oder warum das eine "schwierige Frage" ist!
Erfolg der Direkten Instruktion hängt ab von …
- wie "integriert" der erste Fall mit dem Prinzip dargelegt wird.
- Selbsterklärungsförderung
- Adaptives Ausblenden ausgearbeiteter Schritte
- und anderen Faktoren
Erfolg des Angeleiteten Entdeckens hängt ab von …
- wie leicht der analoge Fall "entdeckt" wird.
- Unterstützung des Vergleichs der Beispielfälle
- "Mapping"-Konflikten
- und anderen Faktoren
Direkte Instruktion > Angeleitetes Entdecken
Direkte Instruktion
- Prinzip mit Fall integriert
- Selbsterklärungsförderung
- Adaptives Ausblenden
Angeleitetes Entdecken
- Hinweis zu analogem Fall
- Unterstützung des Fallvergleichs
- Keine Mappingkonflikte
Direkte Instruktion < Angeleitetes Entdecken
Direkte Instruktion
- Prinzip mit Fall integriert
- Selbsterklärungsförderung
- Adaptives Ausblenden
Angeleitetes Entdecken
- Hinweis zu analogem Fall
- Unterstützung des Fallvergleichs
- Keine Mappingkonflikte
Fazit: Vergleich Direkte Instruktion versus Angeleitetes Entdecken
Direkte Instruktion < Angeleitetes Entdecken
Direkte Instruktion > Angeleitetes Entdecken
Die Qualität der Umsetzung einer Methode macht's!
Die Qualität der Umsetzung einer Methode macht's!?Kurzer Exkurs
Und was ist mit Hattie's "Barometerbewertungen" von Lehr-Lern-Methoden?
Und was ist mit Hattie's "Barometerbewertungen" von Lehr-Lern-Methoden?
U.a. ziehen diese keine Randbedingungen mit ein, z.B.
Alfieri, Brooks, Aldrich, und Tenenbaum (2011): „… analyses of 580 comparisons revealed that outcomes were favorable for explicit instruction when compared with unassisted discovery (…). In contrast, analyses of 360 comparisons revealed that outcomes were favorable for enhanced discovery when compared with other forms of instruction” (p. 1).
Die Qualität der Umsetzung einer Methode macht's!?Kurzer Exkurs
Typische Punkte des Dissenses in der Lehr-Lern-Forschung
I Information vorgeben oder selbst generieren(z.B. direkte Instruktion vs. entdeckendes Lernen)
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?(z.B. hands-on oder minds-on oder …)
Meine Antworten
I Information vorgeben oder selbst generieren?Nicht so wichtig - dafür aber das "Wie" der gewählten Vorgehensweise?
II Welche Art der Lernendenaktivierung anzielen?Ein Fokussierung auf zentrale Konzept und Prinzipien
Theoretische Perspektiven zur Lernendenaktivierung
• Aktives Tun
• Aktive Informationsverarbeitung
• Fokussierte Informationsverarbeitung
Perspektive des aktiven Tuns: Wer?
• "Konstruktivistische" Ansätze
• Viele Lehrkräfte und LehrerbildnerInnen, die ich kenne
Aktives Tun: Theoretisches Problem
• Grundannahmen des Konstruktivismus:
- Interpretation des sensorischen Inputs auf der Basis des Vorwissens � (bedeutungshaltige) Information
- Wissenskonstruktion: Integration dieser Information in Vorwissen
Aktives Tun: Theoretisches Problem
• Grundannahmen des Konstruktivismus:
- Interpretation des sensorischen Inputs auf der Basis des Vorwissens � (bedeutungshaltige) Information
- Wissenskonstruktion: Integration dieser Information in Vorwissen
• Auf der mentalen Ebene kann "mehr sein" als auf der offenen, sichtbaren Ebene.
• Ansonsten besser:
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Aktives Tun: Beispielhafte Gegenevidenz I
Verbale Schülerbeteiligung am Unterricht:
• = prototypisches aktives Lernverhalten
• Pauli und Lipowsky (2007): Kein Zusammenhang mit Lernerfolg
• "Passives" Zuhören kann genauso effektiv sein
Experiment zu Effekten des Erklärens – Stoff: Wahrscheinlickkeitsrechnung (Renkl, 1996)
Aktives Tun: Beispielhafte Gegenevidenz II
Perspektive des aktiven Tuns: Fazit
• In bestimmten Fälle kann aktives Tun die Wissenskonstruktion fördern.
• In andere Fällen behindert aktives Tun die Wissenskonstruktion.
Perspektive des aktiven Verarbeitung
Mentale Aktivitäten sind ausschlaggebend - Beispiele:
• Selektion
• Elaboration
• Organisation
• Wissensgenerierung
• Verständnisüberwachung
Aktive Verarbeitung: Exemplarische Gegenevidenz
• Viele Studien mit enttäuschenden Befunden zum entdeckenden Lernen (siehe Alfieri et al., 2011)
• Studie zum Erlernen einer Beweisheuristik nach Boero (Hilbert, Renkl, Kessler und Reiss, 2008)
"Boero"-Prompts
Welcher Beweisphase würdest zuordnen, was Nina and Florian gerade gemacht haben?
O Formulierung einer VermutungO Formulierung einer BehauptungO Exploration der VermutungO Auswahl und Kombination von Argumenten in eine
deduktive Kette
Begründung:________________________________________
________________________________________
Lücken – Ergänzungsanforderung
• Die Punktspiegelung ist eine Drehung um ______ Grad.
• Die Summe der Winkel in einem Viereck ist immer ______ Grad.
Beweisen verstehen
0
1
2
3
4
5
6
7
Keine Boero-Prompts Boero-Prompts
Na
ch
tes
twe
rt
Keine Lücken
Lücken
Beweisen verstehen
0
1
2
3
4
5
6
7
Keine Boero-Prompts Boero-Prompts
Na
ch
tes
twe
rt
Keine Lücken
Lücken
Effekt der Boero-Prompts
Beweisen verstehen
0
1
2
3
4
5
6
7
Keine Boero-Prompts Boero-Prompts
Na
ch
tes
twe
rt
Keine Lücken
Lücken
Negativer Effekt der Lücken
Perspektive der aktiven Verarbeitung: Bewertung
• Je-mehr-desto-besser-Annahme zu undifferenziert
• Maßnahmen zur Förderung der aktiven mentalen Auseinandersetzung mit Lernstoff haben bisweilen negative Effekte.
• Relevanz der Aufmerksamkeitslenkung
Fokussierte Verarbeitung: Grundannahmen
- Beim Lernen sind vielfach mehrere Aspekte zu beachten; bisweilen auch wegen multipler Lernziele.
- Lernende können aber nur ausgewählte Aspekte tief verarbeiten (Beschränkungen des Arbeitsgedächtnisses und oft auch niedriges Vorwissen).
- Instruktionsdesign beeinflusst stark die Aufmerksamkeitsverteilung.
Fokussierte Verarbeitung: Implikationen für den Unterricht
- Verzichte auf Maßnahmen der "generellen Lernendenaktivierung"
- Priorisiere Lernziele für eine jeweilige Unterrichtsphase.
- Induziere fokussierte Aufmerksamkeit auf zentrale Konzepte und Prinzipien (primäre Lernziele) durch Instruktionsdesign.
Förderung fokussierter Verarbeitung:Zwei Beispiele aus Mathematik
• Lösungsbeispiele mit Selbsterklärungs-Prompts
• Prompts zur fokussierten Verarbeitung instruktionaler Erklärungen.
• Biologie: Mimikry / Mimese• Erklärung finden lassen, warum ein bestimmtes Aussehen für ein
Insekt von Vorteil sein kann
Lernaufgaben: Beispiele II
• Physik: Doppler-Effekt• Messreihen zum Lichtspektrum von unterschiedlichen
Himmelskörpern (an unterschiedlichen Stellen) interpretieren
• Chemie: Osmose• Erklärung finden lassen für Platzen bzw. Schrumpfen einer Blutzelle
in (Salz-) Wasser finden
• Deutsch: "Zweiseitigkeit" von Argumentationen• Lesen diverser Texte und Position zur Wiederansiedlung von Luchs
mit "zweiseitiger" Argumentation (schriftlich) untermauern
• Ethik / Religion: Deontologische Position vs. konsequentialistischePosition• Antworten auf ein ethisches Dilemma (Terroristen "vor der Tat" töten)
analysieren
Lernaufgaben: Beispiele III
Fazit in Thesen
1 Unterschiedliche Lernaufgaben können zu vergleichbarem Wissenserwerb führen.
2 Die spezifische Gestaltung ist besonders wichtig.
3 Lernprozesse sind sehr störanfällig durch "gut-gemeinte, aber schlecht gemachte" aktivierende Elemente.
4 Lernaufgaben und begleitende Unterstützungs-maßnahmen (z.B. "Scaffolds", Leitfragen etc.): Fokus der Lernenden auf die zentralen Konzepte und Prinzipien.