Landtag Mecklenburg-Vorpommern 6. Wahlperiode … · zum Thema „Pflegesozialplanung“, in der...
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern Protokoll Nr. 24 6. Wahlperiode Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
K U R Z P R O T O K O L L
der 24. Sitzung der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ am Freitag, dem 27. Juni 2014, 10:00 Uhr,
in Schwerin, Schloss, Plenarsaal
Vorsitz: Abg. Jörg Heydorn T A G E S O R D N U N G 1. Impulsbeiträge zum Themenfeld „Mobilität im Alter in M-V“ hierzu: Anlagen 1 bis 4 2. Allgemeine Kommissionsangelegenheiten
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PUNKT 1 DER TAGESORDNUNG
Impulsbeiträge zum Themenfeld „Mobilität im Alter in M-V“ hierzu: Anlagen 1 bis 4
Vors. Jörg Heydorn erklärt, dass sich die Bedeutung der Mobilität im ländlich
peripheren Raum mittlerweile zu einem Schwerpunkt herauskristallisiert habe. Es
gehe darum, eigenständig mobil zu sein, um das tägliche Leben zu meistern. Er
begrüße zunächst Professor Dr. Georg Rudinger vom Zentrum für Alternskulturen
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der das Thema „Mobilität“
schon lange im Fokus seiner Arbeit habe. Beispielsweise befassen sich die
Untersuchungen „MOBIL 2030 – Mobilitätskultur in einer alternden Gesellschaft“ und
„AKTIV und MOBIL – für ein selbstbestimmtes Leben im Alter“ mit Mobilität unter
dem Gesichtspunkt einer älter werdenden Bevölkerung.
Prof. Dr. Georg Rudinger (Geschäftsführer des Zentrums für Alternskulturen, ZAK,
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) führt aus, warum Mobilität in einer
alternden Gesellschaft wichtig sei. Mobil zu sein bedeute die physische und mentale
Fähigkeit sich sicher und unabhängig fortzubewegen. Das gebe den Menschen das
Gefühl von Freiheit und ermögliche ihnen den Zugang zu anderen Menschen und
Orten. Das sei für die persönliche Zufriedenheit wichtig. Dieses spiele umso mehr
eine Rolle, wenn der Einzelne sein aktives Berufsleben verlängere oder sich
ehrenamtlich betätige. Daraus leite er eine Notwendigkeit für Mobilität ab. Dabei
seien allerdings nicht nur die jetzigen Älteren sondern vor allem die künftigen in den
Blick zu nehmen. Bereits der Fünfte Bericht zur Lage der älteren Generation in der
Bundesrepublik Deutschland (2005) verdeutliche, dass Mobilität im Alter ein
entscheidender Faktor von Lebensqualität sei. Mit Hilfe zahlreicher Experten seien
Szenarien für das Jahr 2030 erarbeitet worden, welche die Mobilitätskultur in einer
alternden Gesellschaft beschreiben. Der Begriff der Mobilitätskultur in dem von der
VolkswagenStiftung geförderten Projekts „MOBIL 2030“ werde nicht ohne Grund
verwendet. Er bedeute, dass alle Menschen in das System öffentlicher
Verkehrsräume einbezogen werden. Das schließe die Merkmale Fortbewegungsart,
Generation oder Geschlecht mit ein. Mobilitätskultur erfordere Kommunikation und
Kooperation. Sie habe dafür Sorge zu tragen, dass die Mobilitätsressourcen in einer
ökonomischen, sozialen und nachhaltigen Art und Weise vorhanden seien. Die
beiden den Ausführungen zu Grunde liegenden Szenarien werde er skizzieren [vgl.
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Anlage 1, S. 7 Die beiden Szenarien]. Das rote Szenario sei von dem Begriff der
Kontinuität geprägt und schreibe die jetzige Situation mit allen Vor- und Nachteilen
fort. Das mit Innovation überschriebene grüne Szenario stehe für technische und
planungskulturelle Veränderungen. Das Kontinuitätsszenario sei in den Grundzügen
vertraut, denn alles gehe weiter wie bisher, was nicht immer als gut zu bewerten sei.
Das Innovationsszenario zeichne ein positiveres Bild bezüglich der Mobilität bis
2030. Das Jahr 2030 sei bei der Betrachtung von Bedeutung, weil dann die
Babyboomer-Generation der um 1960 bis 1965 Geborenen in das Rentenalter
komme und somit die Anzahl mobiler Älterer steige. Ungefähr 30 Prozent der
Bevölkerung seien dann älter als 65 Jahre. Das sei eine prägende Kraft und es sei
heute nicht davon auszugehen, dass die künftigen Älteren mit den heutigen
vergleichbar seien. Bei Planungen müsse dies berücksichtigt werden. Fragen nach
einem zu erwartenden Kulturwandel durch die steigende Zahl älterer
Verkehrsteilnehmer oder durch den zunehmenden Anteil mobiler Frauen seien zu
diskutieren. Absehbar sei, dass die künftigen Älteren ihre sozialen Kontakte nicht nur
im virtuellen Netz pflegen, sondern über räumliche Distanzen hinweg sozial mobil
bleiben wollen. Die Motorisierung mit Autos werde unabhängig von den Räumen
zunehmen [s. Anlage 1, S. 11: Zunehmende Motorisierung]. Er verweise auf die
Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD 2008), wonach der Anteil der Pkw-
Nutzung steige. Das Kontinuitäts-Szenario gehe davon aus, dass konventionelle
Antriebsarten und Kraftstoffe auch künftig dominieren. Trotz hoher Kosten werde der
motorisierte Individualverkehr unentbehrlich bleiben. Relativ gering sei die
Wahrscheinlichkeit, dass bis 2030 alternative Antriebsarten wie Hybrid und Elektro im
Vordergrund stehen. Es sei mit einer deutlichen Verteuerung der Mobilität zu
rechnen. Durch die funktionale und emotionale Dominanz des automobilen Leitbildes
komme es zu einer Verkennung der tatsächlichen Kosten. Eine Umfrage habe
verdeutlicht, dass kaum jemand auf das Auto verzichten wolle. Eine große
Herausforderung für 2030 bestehe darin, technische Innovationen für alle
Verkehrsmodalitäten einzusetzen. Das Innovationsszenario sei jedoch nicht
durchweg als positiv zu bewerten. Die Babyboomer-Generation präferiere zwar das
eigene Auto, doch die Verkehrsmittelnutzung der über 60-Jährigen beschränke sich
nicht nur auf den motorisierten Individualverkehr und den Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV). Sie beziehe smart modes mit ein, wie das zu Fuß
gehen und Radfahren. Mit steigendem Alter werde vermehrt zu Fuß gegangen. Er
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empfehle der Politik, sich mehr den smart modes und dem ÖPNV zu widmen. Gehe
es um Zukunftsprojektionen müsse beispielsweise neben anderen Faktoren wie CO2-
Verbrauch auch der Flächenbedarf für Fußgänger oder Radfahrer gegenüber dem
des Autofahrers betrachtet werden. Ein Fußgänger habe beispielsweise einen
Flächenbedarf von zwei Quadratmetern, ein Radfahrer benötige neun und ein
Autofahrer habe einen Bedarf von 120 Quadratmetern. 86 Prozent aller derzeit
Älteren seien als Fußgänger Verkehrsteilnehmer und legen zwei Drittel aller Wege im
Wohnumfeld für Einkäufe, soziale Kontakte und Arztbesuche zu Fuß zurück. Dies sei
wichtig für die Gestaltung der Verkehrsumwelt und bedeute, man brauche mehr
gesicherte Querungsstellen, bessere Kontrastierung, Trennung der Verkehrsflächen
und –kanten. Wenn Zielgruppen wie Geh- und Sehbehinderte und Rollatorennutzer
berücksichtigt und smart modes gefördert werden sollen, müsse man barrierefreie
Wegeketten aufbauen. Das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel sei das Fahrrad.
Es komme bei über 40 Prozent der Älteren zum Einsatz. Selbst bis zum Alter von 70
Jahren seien noch 10 Prozent damit aktiv. Er begrüße Entwicklungen wie E-Bikes
oder Pedelecs. Allerdings könne man diese provokant sowohl als Segen als auch als
Fluch bezeichnen. Hier seien Zuwächse zu erwarten und für das Jahr 2030
prognostiziere er einen Marktanteil für E-Bikes von 30 Prozent. Sie erweiterten das
Spektrum der Mobilitätsressourcen und ermöglichen die Anbindung an den ÖPNV.
Das trage zu einer höheren Mobilität zwischen urbanen, suburbanen und ländlichen
Bereichen bei. Das im Szenario dargestellte Problem aus ärztlicher Sicht sei die
Steigerung schwerer Unfälle. Daran könne auch die Helmpflicht nichts ändern. Es
stelle sich die Frage, ob die vorhandenen Radwege für diese neuen Möglichkeiten
beispielsweise was die Breite angehe, überhaupt ausreichend seien, insbesondere
bei Transporträdern und Trikes. Spreche man von älteren Verkehrssteilnehmern als
schwächeren Verkehrsteilnehmern, nähmen die Radfahrer- und Fußgängerunfälle
mit steigendem Alter zu. Dies sei zu berücksichtigen. Dem könne allerdings mit
Verkehrsflächentrennung, Knotenpunkten und Linksabbiegespuren etwas
entgegengesetzt werden. Die Verkehrsumwelt müsse transparente und
selbsterklärende Strukturen haben. Es solle zum Beispiel von vornherein
erschließbar sein, wo zu fahren sei. Dann könne die Konzentration auf die
notwendigen anderen Verkehrsaufgaben gelenkt werden. Es gehe auch um
Reduktion der Komplexität der Verkehrsstruktur. Hinsichtlich öffentlichem Verkehr
(ÖV) und ÖPNV sagen beide Szenarien, dass es vor allem im ländlichen Raum kaum
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technische und strukturelle Innovationen geben werde. In den Ballungsräumen sei
das anders. Große Teile der Gesellschaft könnten notwendigerweise nur intermodal
aktiv sein. Gleichzeitig gebe es bisher nur wenige technischen Entwicklungen, die
den nicht motorisierten Individualverkehr beträfen, was mit Stagnation und Reduktion
gleichzusetzen sei. Beim innovativen Szenario steige der Anteil des
nichtmotorisierten Verkehrs, weil es innovative technische Schübe gebe. Wolle man
dieses grüne Szenario haben, müsse man handeln. Wenn nicht, bleibe es beim
Kontinuitätsszenario. Die Herausforderung für 2030 sei eine bezahlbare und gut
zugängliche ÖPNV-Struktur auch in ländlichen Gebieten gegen den Trend
fortschreitender Konzentration auf wirtschaftliche Strecken. Es bestehe die Gefahr
einer Versorgungslücke. Auch sei zu fragen, ob innovative ÖPNV-Angebote wie Park
& Ride, Bürgerbusse, Anrufsammeltaxi und private Mitfahrgelegenheiten ausreichen,
um den nicht mehr vorhandenen ÖPNV zu kompensieren. Ergebnisse aus
Untersuchungen in Brandenburg bezüglich dieser alternativen ÖPNV-Angebote
haben ergeben, dass zwar beispielsweise der Rufbus 56 Prozent der Befragten
bekannt sei, jedoch nur von 6,6 Prozent genutzt werde. Fraglich sei, wie die
Nutzungshäufigkeit gesteigert werden könne und was die Gründe für die
Nichtnutzung seien. Letztlich sei man bei den Gründen für Nichtnutzung wieder bei
der Pkw-Präferenz. Eine weitere Rolle spiele die Komplexität der Nutzung. Müsse
man mit Smartphones und Apps arbeiten, sei das für die jetzigen Älteren
problematisch, für die künftigen wahrscheinlich nicht. Es stelle sich die Frage, ob der
ÖPNV bis 2030 durch die geschaffenen Innovationen wie elektronische Tickets mit
bundesweiter Gültigkeit, intermodale Nutzung, vernetzte IT-Strukturen, elektronische
Fahrplanauskunft bis zur Individualisierung des ÖPNV durch Apps zu retten sei. Aus
einer technischen Perspektive heraus seien diese Mobilitätskonzepte von oben die
Rettung. Befrage man hingegen die Nutzer, halten diese sie für zu kompliziert. Es
werde der Fahrplanaushang und gedrucktes Informationsmaterial bevorzugt. Das
verdeutliche die Diskrepanz zwischen dem, was die jetzigen Älteren präferieren und
dem, was an technischen Entwicklungen möglich und vorhanden sei. Derzeit seien
eine bessere Taktung und Anschlüsse, übersichtliche konkurrenzfähige
Tarifsysteme, gut lesbare Orientierungshilfen, kurze Wartezeiten und unkomplizierter
Fahrscheinerwerb gefragt. Es werde prognostiziert, dass sich Preise und Kosten im
öffentlichen Verkehr generell konträr zu den ökonomischen Ressourcen der privaten
Haushalte entwickeln. Das betreffe sowohl das Kontinuitäts- als auch das
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Innovationsszenario. Es sei davon auszugehen, dass die jetzt schon prekären
Lebensverhältnisse dann noch prekärer seien. Dennoch müsse alles zum Erhalt von
Mobilität getan werden. Es stelle sich die Frage, wie alternative Verkehrsformen
attraktiver zu gestalten seien. Es sei davon auszugehen, dass sich in dem
Kontinuitätsszenario die Unterschiede zwischen den Gruppen unterschiedlicher
ökonomischer Lagen verschärfen werden. Das habe eine Beeinträchtigung der
gesellschaftlichen Teilhabe zur Folge. In dem positiven Szenario gebe es noch
ausreichend Personen, die Freizeitmobilität ausüben können, jedoch nicht in den
prekär ausgestatteten Gruppen. Er stelle die Frage, wie dieser Sachverhalt
planerisch in den Griff zu bekommen sei. Für Mobilität als Mittel zum Zweck gebe es
für die städtischen Bereiche die Konzepte der Fußläufigkeit beziehungsweise der
Zentralität. Schwieriger sei es für die ländlichen Räume. Mit steigendem Alter gehe
es hinsichtlich der Wegezwecke darum, private Erledigungen und Einkäufe zu tätigen
und Freizeit zu gestalten. Dazu gehöre auch die Gesundheits- und Daseinsvorsorge.
Das Auto sei hierfür das am meisten genutzte Verkehrsmittel. Gerade in Gemeinden
mit unter 5.000 Einwohnern seien die Anbindungen an den ÖPNV besonders
schlecht. Dort aber wohnen hauptsächlich Menschen in prekären Verhältnissen. Ein
Auto sei für sie finanziell nicht tragbar. Ein Beispiel aus dem benachbarten
Bundesland Brandenburg besage, dass 62 Prozent der Befragten den Arzt nur mit
dem Auto besuchen können und die Wege dorthin besonders lang seien. Er fordere
daher eine gesamträumliche Planung für alle Nutzergruppen mit allen - auch
alternativen - Bediensystemen. Als Fazit des Vergleichs der beiden Szenarien stelle
er fest, dass Kontinuität technokratische Verkehrsplanung bedeute, die zu einem
Missverhältnis zwischen den Bedürfnissen der einzelnen Nutzer und den
Möglichkeiten führe. Ein kultureller Wandel sei nötig. Man brauche eine kohärente
ganzheitliche Verkehrsplanung und die Straße als öffentlichen Raum für alle
Verkehrsteilnehmer. Weiterhin bedeute das eine neue Planungskultur von unten
nach oben, in der Betroffene zu Beteiligten werden. Das habe man bei „MOBIL 2030“
gemacht, um 3.000 künftige Ältere mit einzubinden und in Brandenburg mit Hilfe der
Seniorenorganisationen über 1.000 Ältere befragt. Dies sei Partizipation wie im
Fünften Altenbericht beschrieben. So werde das Potenzial des Alters genutzt. Im
Sechsten Altenbericht gehe es wiederum vor allem darum, die Mobilität solange wie
möglich als bedeutendes Element der Lebensqualität zu erhalten. Der Politik müsse
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das kommuniziert werden. Das könne die Rationalität politischer Entscheidungen
steigern.
Vors. Jörg Heydorn berichtet ergänzend von der Anhörung des Sozialausschusses
zum Thema „Pflegesozialplanung“, in der Frau Kremer-Preiß vom Kuratorium
Deutsche Altershilfe (KDA) über die seniorenpolitischen Gesamtkonzepte aus Bayern
berichtete. In dem Kontext habe sie betont, wie wichtig bei der Realisierung von
Vorhaben auch in diesem Bereich das Thema „Bürgerbeteiligung“ sei. Die Aussage
sei, nur wenn man die Leute mitnehme werde man zu vernünftigen Lösungen vor Ort
kommen, die auch regionale Unterschiede in geeigneter Art und Weise
berücksichtigten.
Abg. Silke Gajek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) möchte wissen, ob es Empfehlungen
für die Politik gebe, um Transportmöglichkeiten der Deutschen Post, den
Krankentransport und das Reha-Auto als Personentransport für Ältere im ländlichen
Raum nutzen zu können.
Prof. Dr. Georg Rudinger bestätigt, dass die Kombination dieser Transport- und
Mobilitätsmöglichkeiten denkbar sei. Das müsse jedoch mit legislativen
Veränderungen insbesondere hinsichtlich der Personenbeförderung einhergehen.
Bemerkenswert sei, dass Jugendliche ohne Führerschein die gleichen Probleme
hätten. Dies verdeutliche das grundsätzliche Problem und die Notwendigkeit von
einer ganzheitlichen Sichtweise.
Vors. Jörg Heydorn stellt Juliane Krause (Büroinhaberin plan & rat) vor, die sich mit
kommunalen Beratungen und Planungen zum Fahrradverkehr beschäftige. Sie
erläutere, ob es bei dem Thema „Mobilität im Alter“ einen ausgeprägten
Genderaspekt gebe.
Juliane Krause (Büroinhaberin plan & rat) weist zunächst auf den Problemaufriss im
ländlichen Raum und den Zusammenhang mit der Genderperspektive hin. Die
Grundlage dafür seien die Daten aus der Untersuchung MiD 2008 unter
Berücksichtigung der Sonderauswertung für Mecklenburg-Vorpommern. Lägen keine
spezifischen Daten zu Alter und Geschlecht für das Land vor, greife sie bei ihren
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Betrachtungen der Alters- und Geschlechtsaspekte auf bundesweite Daten zurück.
Sie informiert darüber, dass sie aktuell an dem politischen Konzept für den
Radverkehrsplan bis 2030 für Baden-Württemberg arbeite. Dort gebe es allerdings
andere Gegebenheiten hinsichtlich des ländlichen Raumes. Zu den Merkmalen und
Trends des demografischen Wandels stellt sie für Mecklenburg-Vorpommern
zusammenfassend fest, dass die Abwanderung junger, erwerbstätiger, mehrheitlich
junger Frauen in die westlichen Bundesländer anhalte. Neben dem altersstrukturellen
Wandel gebe es eine Tendenz der Überalterung der ländlichen Räume, denn mehr
als zwei Drittel der Bevölkerung lebten im ländlichen Raum. Sowohl in Mecklenburg-
Vorpommern als auch bundesweit gebe es einen langfristigen Rückgang der
Bevölkerung und fast 40 Prozent seien älter als 60 Jahre. Angesichts einer höheren
Lebenserwartung sei festzustellen, dass das Alter weiblich sei. Die besondere
Situation ländlicher Räume und ihrer Siedlungsstruktur sei durch eine unzulängliche
Anbindung an den ÖPNV gekennzeichnet. Durch den Rückgang der Schüler und
Auszubildenden gebe es eine Verschlechterung der Einnahmesituation im
öffentlichen Personenverkehr, eine sinkende Standortqualität und fehlende
Arbeitsplätze. Die Menschen müssten weite Wege fahren, um zur Arbeit zu
gelangen. Ein Mangel an Ärzten, Lehrkräften und Rettungskapazitäten, allgemeine
Leerstände sowie die Erreichbarkeit der Krankenhäuser seien ein Problem. Positiv
sei zu bemerken, dass es in den ländlichen Gebieten mehr persönliche soziale
Netzwerke und mehr Zusammenhalt gebe. Ortsgebundenheit und Nachbarschaften
spielten besonders für die ländliche Bevölkerung eine große Rolle und wirkten der
Umsiedlung in städtische Bereiche entgegen. Wie in der Repräsentativbefragung der
Enquete-Kommission festgestellt, lebten viele Ältere in einem Wohnumfeld, das nicht
auf deren Bedarfe ausgerichtet sei. So gebe es kaum Haltestellen des ÖPNV in der
Nähe. Arztpraxen, Apotheken und Einkaufsmöglichkeiten seien von vielen weder zu
Fuß noch mit dem Fahrrad zu erreichen. 62 Prozent der Älteren lebten in einer
ungünstigen Wohnlage in den ländlichen Räumen und 35 Prozent in kleineren
Gemeinden unter 5.000 Einwohnern. Genderperspektive oder -mainstreaming sei
eine Top-down Strategie, die durch die Europäische Kommission und Landtags-
sowie Bundestagsbeschlüsse ein selbstverständliches Element der Planung und
Umsetzung sein sollte. Sie besage, Frauen und Männer, aber auch Jugendliche und
Mobilitätseingeschränkte, Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund fänden in
der Gesellschaft unterschiedliche Lebensbedingungen und Chancen vor. Beispielhaft
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seien die nach wie vor ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen und die
überwiegende Zuständigkeit von Frauen für Haus- und Familienarbeit, was mit
bestimmten Wegeketten und Versorgungsnotwendigkeiten einhergehe. Gleichfalls
gehe es um die prekäre Situation von sozialen Schichten. Man unterscheide in der
neuen Genderforschung nicht nur nach Männern und Frauen, sondern nach
Gendergruppen. Auf Ältere und Mobilitätseingeschränkte liege hier der Fokus. Diese
Gruppen entwickelten auf Grund geschlechtsspezifischer und ethnischer
Sozialisation unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse und seien von
gesellschaftlichen Prozessen und deren Auswirkungen unterschiedlich betroffen.
Gendermainstreaming sei eine prozessorientierte Strategie und habe viel mit
Planungsprozessen zu tun. Betrachtungen nach Alter, Geschlecht und sozialer
Situation sowie bedarfs- und geschlechtergerechten Aspekten müssten sowohl in
Planungsprozess als auch bei Entscheidungen zum Beispiel bei der Erstellung eines
Radverkehrskonzeptes mit einbezogen werden. Eine genderdifferenzierte
Betrachtung unter Einbeziehung der sozialen Situation und des Alters sei das Ziel
der Schaffung gleichwertiger Mobilitätschancen nach dem Prinzip von
Chancengleichheit und gesellschaftlicher Teilhabe. Die genannten Gruppen hätten
einen sehr starken Bezug zum Wohnort und das Bedürfnis nach Überschaubarkeit,
Sicherheit, Nähe und eigenständiger Mobilität. Untersuchungen unterstrichen, dass
eigenständige Mobilität ein Garant für Unabhängigkeit und hohe Lebenszufriedenheit
im Alter sei. Eine Notwendigkeit dafür seien Plätze und Flächen zum Verweilen,
attraktive und sichere Fuß- und Radverkehrsnetze, kurze Wege bei guter
Nahversorgung, barrierefreie Erreichbarkeit wichtiger Ziele, Haltestellen des ÖPNV,
Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen, Rollatoren und Fahrräder. Bei
Mobilitätsuntersuchungen sei es wichtig, Indikatoren mit Genderbezug zu
identifizieren [vgl. Anlage 2, S. 9 Mobilitätsuntersuchungen: Indikatoren mit
Genderbezug]. In der Regel würden sie erhoben, aber oft nicht ausgewertet. Zum
einen handele es sich um Indikatoren auf der Personenebene wie Alter, Geschlecht,
Bildungsgrad, beruflicher Status, Erwerbstätigkeit, Pkw-Zugang, Fahrradbesitz,
Zeitkarten-Besitz, soziale Situation und subjektive Verkehrssicherheit. Zum anderen
gebe es Indikatoren auf der Sachebene wie siedlungsstrukturelle Typen (städtischer
oder ländlicher Raum), Situation im Fuß- und Radverkehr und im ÖPNV,
Erreichbarkeit und Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel und objektive
Verkehrssicherheit. Dann gebe es noch die Indikatoren auf Wegeebene wie Anzahl
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der Wege, Wegezwecke, Verkehrsmittelwahl und Begleitmobilität. Abschließend
seien die Indikatoren auf Haushaltsebene wie Haushaltseinkommen, Haushaltstypen
und Lebensformen zu berücksichtigen. Die entsprechenden Daten seien zwar auch
für den Mobilitätsbericht 2008 für Mecklenburg-Vorpommern erhoben aber nicht
ausgewertet worden. In Mecklenburg-Vorpommern hätten mehr als 50 Prozent
mindestens einen Pkw zur Verfügung, ca. 25 Prozent hätten mehrere Pkw. Allerdings
sei der Anteil der Zweit-Pkw in Mecklenburg-Vorpommern geringer als bundesweit.
Ergebnis der MiD 2008 für Mecklenburg-Vorpommern sei, die Mobilität älterer
Menschen finde überwiegend ohne eigenes Auto statt, was mit der Historie zu tun
habe. Für die heute 70- bis 80-Jährigen habe in der DDR eine geringere Pkw-
Verfügbarkeit geherrscht. Der Fußverkehrsanteil sei mit 28 Prozent (bundesweit 24
Prozent) und der Fahrradverkehrsanteil mit 14 Prozent (bundesweit 10 Prozent)
vergleichsweise hoch. In Mecklenburg-Vorpommern habe das Fahrrad eine
besondere gewachsene Bedeutung. Vor allem würden die Wege zwischen den
kleinen Dörfern und Orten früher wie heute noch vorwiegend mit dem Fahrrad
zurückgelegt. Entgegen dem Bundestrend sei bei den Älteren keine Zunahme der
Autonutzung zu beobachten. 2030 könne dies jedoch anders sein. Zum
Mobilitätsverhalten älterer Menschen hätten die über 65-Jährigen einen relativ
geringen Anteil an der Autonutzung und einen vergleichsweise hohen Radverkehrs-
und Fußgängeranteil. Die verstärkte Nutzung des Fahrrades liege vermutlich auch
daran, dass Ältere und Frauen häufig nicht über eine Fahrerlaubnis verfügten.
Betrachte man die Entwicklung von Führerscheinbesitz nach Geschlecht und Alter,
erkenne man eine langfristige Angleichung zwischen Männern und Frauen. Ein
Trend sei allerdings, dass jüngere Leute heute häufig gar keinen Führerschein mehr
machten. So verlören Führerschein und Pkw-Besitz bei ihnen gegenüber den jetzt
40- und 60-Jährigen an Bedeutung. Sie weise auf den eklatanten Unterschied im
Führerscheinbesitz der derzeit über 75-Jährigen hin: Es seien 28 Prozent bei den
Frauen und 77 Prozent bei den Männern. Die bundesweite Untersuchung MiD 2008
gebe Auskunft zur Pkw-Verfügbarkeit. Diese sei eine Voraussetzung für eine Pkw-
Nutzung und bei den über 75-Jährigen Männern entschieden höher als bei den
Frauen der gleichen Altersgruppe. Hier kämen unterschiedliche Faktoren zusammen.
Die Frauen seien häufig alleinstehend und lebten zugleich im ländlichen Raum.
Mecklenburg-Vorpommern sei ein Fahrradland mit einem Anteil von 14 Prozent.
Bundesweit seien es 10 Prozent. 80 Prozent der Haushalte verfügten über
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mindestens ein Fahrrad. Damit sei die Fahrradverfügbarkeit sehr hoch und die
Fahrradausstattung pro Haushalt viel höher als die Pkw-Ausstattung. Über alle
Altersgruppen hinweg, würden täglich ein Drittel das Fahrrad nutzen. Die
Wegezwecke seien Freizeit und Einkaufen. Mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren sei
nicht sehr verbreitet und spiele für die ältere Generation keine Rolle. Obwohl die
Fahrradverfügbarkeit insgesamt hoch sei, befänden sich die Wenignutzer unter den
über 74-Jährigen. Knapp zwei Drittel nutzten das Fahrrad nie, aber knapp jeder Dritte
dieser Altersgruppe fährt mindestens einmal pro Woche mit dem Fahrrad. Es stelle
sich die Frage, wohin sie führen. Eine bundesweite Untersuchung nach Geschlecht
und Alter ergebe, dass mehr Männer als Frauen ein Fahrrad besäßen und auch
nutzten, vermutlich sei dies auf Grund der Historie in Mecklenburg-Vorpommern
anders. Die Tradition der Fahrradnutzung und des Fahrradbesitzes bei älteren
Frauen seien Punkte, die man für das Land genauer analysieren müsse. Ein weiteres
für die eigenständige Mobilität wichtiges Thema sei die soziale Sicherheit, die viel mit
subjektivem Sicherheitsempfinden zu tun habe. Soziale Sicherheit oder Unsicherheit
beziehe sich sehr stark auf die Gestaltung der gebauten Umwelt. Defizite würden als
eine Verminderung der Lebensqualität erfahren, beispielsweise die Angst überfallen
und belästigt zu werden. Die Akzeptanz von Verkehrsanlagen spiele besonders bei
der ÖPNV-Nutzung eine große Rolle. Die Kriterien für soziale Sicherheit seien gute
Erreichbarkeit, Begreifbarkeit, ausreichende Beleuchtung, soziale Kontrolle und gute
Orientierung. Fehlende soziale, subjektive Sicherheit schränke die Mobilitätschancen
größerer Bevölkerungsgruppen ein. Dazu gehörten in erster Linie ältere Frauen, die
häufig in späteren Abendstunden oder in der dunkleren Jahreszeit auf Aktivitäten
verzichteten. Subjektives Sicherheitsempfinden werde wesentlich durch die
Gestaltung des öffentlichen Raumes bestimmt, wie durch einen dunklen Zugang zu
einem Einkaufszentrum im Gegensatz zu einer gut ausgeleuchteten Unterführung,
wo man den Ausgang sehen könne. Eine Untersuchung aus Nordrhein-Westfalen
von Personen über 60 Jahren habe auf die Frage nach Unfallgefahr und dem Risiko
von Übergriffen und Belästigungen ergeben, dass die Angst davor deutlich erkennbar
ein typisches Problem älterer Frauen sei. Zum ÖPNV lasse sich sagen: Bündeln, wo
sich bündeln lässt. Der öffentliche Verkehr solle sich auf wichtige Strecken
konzentrieren und insgesamt optimieren, damit er als „Rückgrat“ für alle weiteren
mobilitätsbezogenen Angebote wie Zubringerbus und Radverkehr dienen könne. Der
zweite Punkt sei die Stärkung des Verkehrsmittels Fahrrad. Planerisch erfordere dies
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ein sicheres und lückenloses Radverkehrsnetz. Mit dem Rad von Dorf zu Dorf könne
ein Arbeitselement sein. Zu einer guten Infrastruktur gehörten neben guten
Radwegen mit entsprechender Breite auch Fahrradabstellanlagen. Dies sei ganz
wichtig für Ältere beim Einkaufen, häufig seien die Abstellmöglichkeiten bei
Supermärkten „Felgenkiller“. Im ländlichen Bereich sei gerade der Einsatz und die
Förderung von Elektrofahrrädern wichtig, speziell der Pedelecs ohne Helmpflicht und
Nummernschild, die auf dem Radweg fahren, in Abgrenzung zu den sogenannten E-
Bikes, die 45 km/h fahren und für die man einen Helm brauche und auf der Straße
fahren müsse. Der dritte Punkt sei, das Auto zu „veröffentlichen“ durch eine flexible
Bedienform mit Rufbus, Anruf-Sammel-Verkehr, Carsharing, private Mitfahrsysteme
und mobile Dienste. Wie in der Frage von Silke Gajek bereits formuliert, gehöre dazu
die Bündelung mit anderen Fahrdiensten im ländlichen Raum, Postzustellung,
Einkaufshilfen oder ähnliches. Planungsgrundsätze auch unter Genderaspekten
seien die „Stadt der kurzen Wege“ und die Entschleunigung unter Berücksichtigung
der Verkehrsfunktion. Das bedeute flächendeckend Tempo 30, Verkehrsberuhigung
auch auf Hauptverkehrsstraßen oder bei Ortsdurchfahrten in belebten Zonen und vor
allen Dingen auch die Entschleunigung des Verkehrs bei sensiblen Nutzungen, also
im Zusammenhang mit Senioreneinrichtungen und Altentagesstätten. Des Weiteren
sei die Priorisierung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Rad, Fuß und ÖPNV)
für die Mobilitätssicherung wichtig. Dazu gehöre die ganze Bandbreite vernünftiger
Netze, Haltestellengestaltung und Erschließung. Als nächstes sei die Gestaltung des
öffentlichen Raums für Aufenthalt und Begegnung wichtig, da sich Ältere meist in
einem Radius von 500 Metern bewegten und dort Begegnungsmöglichkeiten
gegeben sein sollten. Sie nenne als Beispiel Fußverkehrskonzepte für Städte, in
denen es alle 700 Meter eine Bank gebe. Ein weiterer Punkt sei die
Öffentlichkeitsbeteiligung unter Einbeziehung der Kompetenz unterschiedlicher
Akteure und dem Fokus auf Gendergruppen mit starkem Bezug zu Ort und Quartier.
Zum Schluss stelle sie noch schlaglichtartig Beispiele aus dem Bereich ÖPNV und
Mitnahmemöglichkeiten vor. Vermutlich kenne man bereits das Projekt KombiBus in
der Uckermark mit dem Ziel der Sicherung der ländlichen Lebensqualität. Es handele
sich dabei um die Kombination des Linienverkehrs mit anderen Serviceleistungen
(Lebensmittelversorgung, Post, Fahrdienste für Mobilitätseingeschränkte) nach dem
Motto „Ein Bus kann mehr als Personen transportieren“. Die Idee komme aus
Norwegen. Das Modellprojekt laufe seit 2002 und sei im Programm Daseinsvorsorge
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2030 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) enthalten.
Die ersten Ergebnisse seien positiv. Ein weiteres Beispiel für private Mitnahme und
ÖPNV sei die MobilFalt im Werra-Meißen-Kreis und im Schwalm-Eder-Kreis in
Hessen. MobilFalt setze sich aus Mobilität und Vielfalt zusammen. MobilFalt werde
durch die ÖPNV-Betriebe des Nordhessischen Verkehrsverbundes unterstützt.
MobilFalt vernetze den Individualverkehr mit dem ÖPNV, indem an den ÖPNV-
Haltestellen Einzelpersonen von Pkw-Fahrern und Pkw-Fahrerinnen mitgenommen
würden. Das Konzept werde wissenschaftlich begleitet und setze sich aus
vorhandenen Linienfahrten zusammen, die einen integralen Taktfahrplan im
Stundentakt sicherten und werde ergänzt durch die MobilFalt-Fahrten. Ein- und
Ausstieg erfolge an den ÖPNV-Haltestellen und Bahnhöfen und die Koordination
obliege der Mobilitätszentrale. Jeder der möchte, könne seine Autofahrten im
Rahmen der MobilFalt anderen anbieten und erhalte eine Kostenerstattung von 0,30
Euro/km. Wer mitfahre, müsse einen Euro bezahlen. Ein älteres, gezielt Seniorinnen
ansprechendes Projekt sei die Mitfahrzentrale Teuschnitz in Bayern. Es gehe um
privat vermittelte Mitnahme im Pkw. Die Bezahlung erfolge nach individueller
Vereinbarung. Ein Beispiel für privates Carsharing sei das Dorfauto Hübenthal in
Hessen, in dem es keinen ÖPNV gebe. Auf Privatinitiative habe sich eine Gruppe
gebildet, die über drei Carsharing Autos verfüge, die von 30 Personen genutzt
würden und insgesamt monatlich ca. 3.000 km zurücklegten. Die Initiative lebe vom
ehrenamtlichen Engagement und sie könne sich gut vorstellen, dass nicht jeder
einen eigenen Pkw habe, sondern die Dorfgemeinschaft über einen Pool mit großen
und kleinen Autos verfüge. Am Schluss stelle sie ein Projekt von Pedelec und ÖPNV
vor, in dem der Einzugsbereich von Haltestellen durch den Einsatz von Pedelecs
wesentlich erweitert und die Rückgratfunktion des ÖPNV verstärkt werde. Die
Fahrradnutzung erhöhe den Einzugsbereich von 0,7 km auf 2,5 km und das
Elektrofahrrad noch einmal auf 3,6 km. Funktionale Abstellmöglichkeiten seien dafür
eine Voraussetzung. Das Modellprojekt „inmod – elektromobil auf dem Land“ laufe
vom Herbst 2012 bis Herbst 2014 in vier Regionen im Norden von Mecklenburg-
Vorpommern. Es bestehe aus der Einbindung von Elektrofahrrädern in das ÖPNV-
Angebot, die Busse konzentrierten sich auf die Hauptverkehrsachsen und auf den
Zubringerstrecken würden Elektrofahrräder (Leihfahrräder) eingesetzt. Allerdings
wisse sie nichts über die Evaluation des Projektes. Nach ihrer Einschätzung gebe es
eine große Bandbreite zur Sicherung der Mobilität in ländlichen Räumen. Viele
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
innovative Ideen seien derzeit noch in der Umsetzung. Die Ergebnisse müssten
abgewartet werden. Die Tendenz gehe zu ganzheitlichen Konzepten, in die soziale
Dienste einbezogen würden. Notwendig sei eine sorgfältige Analyse der Situation
und der Entwicklung der Mobilitätskosten in einem Gesamtkonzept. Das solle konkret
zugeschnitten sein auf die Umstände und Besonderheiten vor Ort. Sie hoffe, sie
habe deutlich machen können, dass die Genderperspektive nicht nur auf Frauen und
geschlechterspezifische Merkmale fokussiere, sondern auch soziale,
gesellschaftliche und lebensräumliche Bedingungen berücksichtige. Neue
Herausforderungen entstünden aus dem soziodemografischen Wandel und aus einer
stärkeren Differenzierung von Haushaltsstrukturen, Lebensstilen und Werthaltungen.
Nach ihrer Überzeugung sei eine gendergerechte Verkehrsplanung integraler
Bestandteil sämtlicher planerischer Überlegungen von Projekten, ihrer Etablierung
und Evaluation. Notwendig sei auf jeden Fall ein genderdifferenziertes
Datenmanagement, zumindest eine Unterscheidung nach Geschlecht, was viele
Untersuchungen nicht machten.
Vors. Jörg Heydorn stellt Frank Hunsicker (Fachgebietsleiter „Mobilität im Wandel“,
Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH - InnoZ) vor,
der zu zukünftigen technologischen Veränderungen und Mobilitätsverbesserung
referiere.
Frank Hunsicker (Fachgebietsleiter „Mobilität im Wandel“, Innovationszentrum für
Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH - InnoZ) erläutert, dass sich das
Innovationszentrum mit Vernetzungsaspekten zwischen Verkehrsträgern im
Allgemeinen und den Sektoren Mobilität und Energie sowie Mobilität und den neuen
Möglichkeiten der Kommunikations- und Informationstechnologie befasse. Im
Zentrum der Betrachtungen von InnoZ stünden die Benutzer. Trends für die nächsten
Jahrzehnte hätten immer Auswirkungen auf Mobilität und Verkehrsgestaltung und -
verhalten. Ein Trend sei der demografische Wandel und für Mecklenburg-
Vorpommern rechne man bis 2030 mit einem starken Bevölkerungsrückgang. Die
Bevölkerungsstruktur werde sich dahin gehend verändern, dass die Schülerzahl
zurückgehe und der Altenquotient besonders in den neuen Bundesländern stark
ansteigen werde, was Auswirkungen auf die Mobilität habe. Der Anteil der
Einpersonenhaushalte sowie der Anteil der über 60-Jährigen steige auf Grund
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
höherer Lebenserwartung und unterschiedlicher Sterblichkeitsraten von Männern
und Frauen zudem überproportional an. Somit habe man es nicht nur mit
Erreichbarkeit und Mobilitätsoptionen, sondern auch mit der Einkommenssituation
der Haushalte zu tun. Ein anderer, für die Umsetzung von Mobilitätskonzepten
relevanter Trend sei der “ökologische Fußabdruck“ jeden Haushalts, der die Aspekte
Klimawandel und CO2-Ausstoß mit einbeziehe [vgl. Anlage 3, S. 9ff]. Von den großen
Sektoren Energie, Verkehr, Konsum, Industrie habe vor allem der Verkehr in den
letzten Jahren den CO2-Ausstoß erweitert. Jetzt solle er nach Plänen der
Bundesregierung und der EU stark abgesenkt werden. Das Reduktionsziel der EU
sei die Minderung um 60 Prozent bis 2050. Dies könne nur gelingen, wenn
eingesetzte Fahrzeuge auf alternative Antriebe umgestellt würden. Der Hybridantrieb
könne als Brückentechnologie fungieren, batterieelektrischer Motor und der
Elektromotor teilten sich bis 2050 den Markt und der Anteil des Verbrennungsmotors
gehe stark zurück. Eine Untersuchung des Instituts (InnoZ) zur Veränderung der
Mobilitätskosten in den nächsten Jahren habe eine Steigerung der realen
Mobilitätskosten ergeben. Die Fahrpreise pro Person im öffentlichen Verkehr könnten
sich stärker erhöhen als die spezifischen Kosten des Individualverkehrs. Zum Thema
„Einstellungen“ bzw. der Frage „mobil zu sein“ oder „alt zu sein“ werde es
zunehmend Menschen geben, die einen Pkw zur Verfügung und ein verändertes
Freizeitverhalten hätten. Zu erwarten sei eine höhere Verkehrsnachfrage.
Unterschieden werden müsse nach verschiedenen Phasen wie junge, mittlere und
junge Alte bzw. Hochbetagte und in Rente gehende sowie gesundheitlich stärker
Eingeschränkte. Die Befragung MiD 2008 zitierend stelle er fest, dass die Anzahl von
Wegen bei den über 60-Jährigen verglichen mit 2002 stark zugenommen habe. Die
Entwicklung besitze eine sehr große Dynamik. Die Personengruppe der Senioren ab
65 Jahre sei zwischen 2002 und 2008 um 16 Prozent gewachsen, der Anteil der
Wege, die diese Personengruppe zurücklege, sei im gleichen Zeitraum um 31
Prozent gestiegen. Die „jungen Alten“ würden zukünftig auf einem erhöhten
Aktivitätsniveau länger mobil sein. Hinsichtlich der Verteilung von Führerscheinbesitz
nach Altersklassen und Geschlecht werde deutlich, dass es in 10 bis 20 Jahren kaum
noch Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe, was darauf hindeute, dass
der motorisierte Individualverkehr stark zunehmen werde. Die Nutzung des Pkw für
tägliche Wege habe zwischen 2002 und 2008 insbesondere bei Senioren
zugenommen, wie auch die Wege, die ein- bis dreimal pro Woche zurückgelegt
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
würden. Ein Anstieg der Mobilitätskosten sei für alle motorisierten Verkehrsmittel zu
erwarten, dies stelle ein Problem angesichts der zukünftigen Einkünfte der Haushalte
dar. Lückenhafte Erwerbsbiografien, längere Ausbildungszeiten, sinkende Renten
und höhere Ausgaben für Gesundheit, Pflege und Energie gingen zulasten der
Verkehrsausgaben. Gleichzeitig erhöhe sich der Anteil an Senioren mit
Interneterfahrung am heimischen PC oder an mobilen Endgeräten, was wichtig für
die Gestaltung der zukünftigen Wege sei, da sich immer mehr Menschen per Internet
über den öffentlichen Verkehr informierten. Eine auf urbane Räume bezogene
Mobilitätstypenstudie von InnoZ unterscheide sechs Mobilitätstypen [vgl. Anlage 3,
S.25]. Drei Gruppen seien verglichen worden: Hochbetagte, junge Senioren und eine
Gruppe Jüngere, die noch kein Rentenalter erreicht habe. Es gebe zwei eher
autoaffine und weniger flexible Mobilitätstypen, daneben eine Gruppe, die
ausschließlich den ÖPNV nutze und die Gruppe der technikaffinen Multioptionalen,
die intermodal unterwegs seien und Verkehrsmittel (ÖPNV, Carsharing, Leihfahrrad)
eher nach Anlass auswählten und häufiger in den Großstädten anzutreffen seien.
Derzeit existiere die Tendenz, dass ältere Menschen eher auf ein Verkehrsmittel
festgelegt seien, dies ändere sich aber. In der Gruppe junger Senioren sei es ein
Viertel, bei den noch Jüngeren seien es bereits 40 Prozent, die multioptional
unterwegs seien. Freizeitverkehr werde immer wichtiger, Arbeitswege fallen in der
Regel weg. Eine Gegenüberstellung der bereits sehr aktiven Freizeitgestaltung heute
und der voraussichtlichen in 2030 zeige, dass Senioren ihre Freizeit in Zukunft
wesentlich aktiver gestalteten. Damit werde sich der Anteil der zu Hause verbrachten
Zeit verringern, gleichzeitig erhöhe sich die Mobilität und die zurückgelegten
Entfernungen würden immer größer. Neben den anwachsenden Mobilitätskosten und
der wachsenden Diskrepanz zwischen höheren und niedrigeren Einkommen werde
sich die Konsumstruktur verändern. Nach einer Auswertung des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2010 erhöhten sich die Ausgaben für
Pflege und Gesundheit um 40 Prozent und für Reisen um 15 Prozent, während sich
das Budget für Mobilität als Teil des Altersbedarfs um acht bis neun Prozent
verringere. Fazit sei, dass der demografische Wandel zu gravierenden
Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur führe. „Die“ Senioren gebe es nicht,
denn sie seien zum Beispiel aus Sicht der Autoindustrie und Verkehrsunternehmen
eine der heterogensten Zielgruppen mit sehr ausdifferenzierten Interessenlagen und
von einer großen Zeitspanne gekennzeichnet. Die biografischen Effekte führten zu
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mehr Mobilität, was sich in höherem Verkehrsaufkommen und -leistung äußern
werde. Bei den jungen Senioren verfügten fast genauso viele Frauen wie Männer
über einen Führerschein, in wenigen Jahren werde sich dies über die gesamte
Seniorengeneration erstrecken [vgl. Anlage 3, S.21]. Mobilität werde relativ gesehen
für viele teurer, weil sie in kleineren Haushalten lebten und geringere Fahrleistungen
bei dennoch hohen Fixkosten hätten. Die Nutzung von mobilen Endgeräten werde
auch bei älteren Menschen immer selbstverständlicher. Das werfe die Frage auf, ob
es für ältere Menschen ein vernünftiges Angebot geben könne, das Inter- und
Multimodalität ermögliche, sofern man sich keinen eigenen Pkw anschaffen könne
oder möchte. Viele der zukünftigen Senioren würden ihr aktives Freizeit- und
Reiseverhalten möglichst lange aufrechterhalten wollen. Viele Menschen blieben
immer länger gesund und fit. Ab der Altersphase zwischen 70 und 80 Jahre werde
dies schwieriger, doch versuche man möglichst lange das eigene Handeln aufrecht
zu erhalten, um am Wohnort verbleiben zu können und unter Leute zu kommen.
Letztlich führten veränderte Lebensbedingungen und Ansprüche zu einer
veränderten Verkehrsmittelwahl der Senioren der Zukunft. Abschließend bemerkt er,
dass sich InnoZ bemühe, im städtischen Raum eingebürgerte Konzepte in
adaptierter Form auf den ländlichen Raum zu übertragen. Es mache keinen Sinn,
den ÖPNV als alleinige Lösung heranzuziehen. Es werde wichtig, alle zur Verfügung
stehenden Verkehrsmittel miteinzubeziehen. Dabei meine er ausdrücklich auch die
sozialen, karitativen Dienste und Kurierdienste und die Mitnahme im privaten Pkw-
Verkehr. Denkbar wäre, abseits von nachbarschaftlichen Bekanntschaften und
Mitfahrgelegenheiten in einem zunächst abgegrenzten Testraum Menschen
vermitteln zu können, die Routinewege, aber auch vereinzelte Wege, mit dem Pkw
zurücklegen und Menschen mit Transportnachfrage mithilfe der modernen
Kommunikationstechnologie zusammenzubringen. Dafür bedarf es der Akzeptanz
und der Bereitschaft aller möglichen Akteure vor Ort wie dem ÖPNV, der
Taxiunternehmen und Vertretern der Gesetzgebung, die es ermöglichen könnten,
Ausnahmeklauseln einzurichten, um Dinge zu testen. Bringe man alle diese Akteure
zusammen und überzeuge Menschen von einem Konzept, sei er sehr optimistisch,
dass man die Erreichbarkeit nicht nur über zwei bis drei Schulfahrten pro Tag
sichern, sondern sie auch in den dünn besiedelten ländlichen Räumen deutlich
verbessern könne.
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
Vors. Jörg Heydorn stellt den Vorsitzenden des Fahrlehrerverbandes Mecklenburg-
Vorpommern e. V., Helmut Bode, vor, der über den motorisierten Individualverkehr
berichteten werde. Helmut Bode kenne zudem die Problematik des Älterwerdens aus
seiner Tätigkeit als Bürgermeister der Gemeinde Dömitz.
Helmut Bode (Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Mecklenburg-Vorpommern
e. V.) geht auf die Situation der Senioren zum jetzigen Zeitpunkt ein. Mobilität heiße
Kontakte pflegen, Besorgungen erledigen, Reisen unternehmen, neue Erfahrungen
machen, kurz gesagt: selbständig sein. Gerade in einem Flächenland wie
Mecklenburg-Vorpommern sei dies wichtig. Im ländlichen Bereich seien
Einkaufsmöglichkeiten häufig nicht mehr vorhanden, sodass die Bürger längere
Wege für die alltäglichen Besorgungen in Kauf nehmen müssten. Einkaufen könne
mit öffentlichem Personennahverkehr zu einer Tagesunternehmung werden. Wie
eine Veröffentlichung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) von
2009 verdeutliche, bliebe oft nur der Rückgriff auf den motorisierten Nahverkehr und
auch in Zukunft werde sich das nicht ändern. Der öffentliche
Straßenpersonennahverkehr werde etwas stärker werden, Bahn- und Flugverkehr
gleich bleiben. Der hohe Anteil des motorisierten Nahverkehrs berge allerdings auch
Gefahren. Eine Darstellung der Unfallstatistik der Getöteten der letzten fünf Jahre in
Mecklenburg-Vorpommern verdeutliche, dass es 2013 mit 80 Personen die geringste
Zahl tödlich Verunglückter gab, aber 30 Prozent von ihnen über 65 Jahre waren.
Diese 30 Prozent seien überproportional zu dem Bevölkerungsanteil der über 60-
Jährigen von 22 Prozent. Die Unfallstatistik der letzten Jahre zeige, dass man aber
insgesamt auf einem guten Weg sei. Die Landesstatistik verzeichne im Übrigen für
2013 einen leichten Anstieg bei den schwer und leicht Verletzten. Es stelle sich die
Frage, was man tun könne, um die Mobilität der Senioren solange wie möglich zu
erhalten. Das Bundesprogramm „Sicher mobil“ des Deutschen
Verkehrssicherheitsrates wurde auf Landesebene initiiert. Auslöser waren die Daten
von 2006, als die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten über 65-Jährigen die Zahl
der Getöteten 18- bis 24-Jährigen überstieg. Das Programm richte sich hauptsächlich
an motorisierte Verkehrsteilnehmer. Ziel sei, die Mobilität von Senioren zu sichern
auf den Wegen zwischen Wohnort, Arzt und Einkaufsmöglichkeiten u. ä.
Theoretische Themenblöcke des Programms behandelten einzelne Aspekte. Durch
altersbedingte Einschränkungen komme es ab 50 Jahre zu ersten Schwierigkeiten,
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
zum Beispiel werde eine Brille benötigt, es stellten sich Bewegungseinschränkungen
oder Schwierigkeiten beim Fahren in der Dunkelheit ein. Es gebe jährlich drei bis vier
Änderungen verkehrsrechtlicher Vorschriften, die dem Verkehrsteilnehmer jedoch
nicht umfassend bekannt seien. Große Änderungen würden in den Medien verbreitet,
bei den kleineren gebe es nur eine kurze Notiz. Da Unwissenheit nicht vor Strafe
schütze, müsse man alle Änderungen kennen. Die aktuellste sei die
Warnwestenpflicht zum 1. Juli. Die Betrachtung der Ursachen in Unfallstatistiken des
Bundesinnenministeriums habe ergeben, dass viele Senioren mit
Vorfahrtsregelungen und dem Verhalten an Kreuzungen und Einmündungen
Probleme hätten sowie mit der Umstellung auf neue Regelungen des
Verkehrsrechtes. Auch 20 Jahre nach der Deutschen Einheit hieße es noch oft, „als
ich die Fahrerlaubnis machte, war dies doch noch ganz anders“ und so sei man
jahrelang gefahren. Zum Verhalten auf Landstraßen und Alleen sei zu bemerken,
dass Bäume häufig als Unfallverursacher identifiziert würden, was natürlich nicht
richtig sei. Auch wenn es fast unmöglich sei, verkehrt herum auf die Autobahn zu
fahren, passiere das immer wieder. Der Platzbedarf für geparkte Fahrzeuge sei
gestiegen, was zu Problemen führe. Häufig müssten Senioren auch erst das ganze
Parkhaus absuchen, bevor sie ihr Auto wiederfänden. Bei Sonder- und Wegerechten
gehe es zum Beispiel darum, dass viele bei Blaulicht unnötigerweise sofort anhielten.
Beim Medikamentenkonsum könne es unangenehme Nebenwirkungen geben, die
das Autofahren beträfen. Als Kraftfahrer sei jeder selbst gefordert sich darüber zu
informieren. Besonders interessant seien Fahrerassistenzsysteme, die zum Teil
sogar autonomes Fahren ermöglichten. Dies sei in Deutschland auf Grund rechtlicher
Vorgaben allerdings noch nicht zulässig. Renommierte Fahrzeughersteller testeten
dies bereits. Man gebe nur das Ziel ein und das Auto bringe einen dorthin. Die
herkömmlichen Fahrerassistenzsysteme seien aber für viele Fahrer noch ein Brief
mit sieben Siegeln. Beim Umgang mit ABS-Systemen beim Bremsen hielten viele
das Lenkrad krampfhaft fest, anstatt die Lenkfähigkeit zu nutzen. Bei
Verkehrsunfällen müsse Erste Hilfe richtig geleistet werden. Bei den Schulungen für
Senioren schließe sich an den Theorieteil ein praktischer Teil an. Sicheres Bremsen,
sicheres - auch automatisches - Einparken, Kraftstoff sparen durch Vermeidung
hochtourigen Fahrens und praktische Anwendung von Assistenzsystemen gehörten
dazu. Häufig fehlten allerdings Gelegenheiten, Fahrerassistenzsystem
auszuprobieren. Das Modellprogramm „Sicher mobil“ werde zum vierten Mal und von
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
44 Fahrlehrern im Land umgesetzt. 2013 hätten über 1.100 Senioren an den
Veranstaltungen teilgenommen. Ein guter Schritt zur Sicherheit der Senioren im
Straßenverkehr sei damit getan. Ziel sei es, bis 2015 auf 1.500 Teilnehmer zu
kommen. Das Programm sei für die Senioren kostenfrei, da das Verkehrsministerium
den Fahrlehrern die entstehenden Kosten erstatte.
Vors. Jörg Heydorn fragt angesichts der Dominanz des Individualverkehrs nach,
welche Alternativen es für den Personenkreis gebe, der nicht mehr in der Lage sei,
ein Fahrzeug selbst zu führen oder ein solches gar nicht besitze.
Abg. Silke Gajek geht auf die Frage des Carsharings im Regionalverkehr ein und
erkundigt sich nach versicherungstechnischen Fragen.
Dr. Renate Hill (Mitglied des Vorstandes des Landesfrauenrates Mecklenburg-
Vorpommern e. V.) stellt fest, dass Mobilität immer teurer werde. Das erfordere eine
ganzheitliche Betrachtung dieser Thematik. Sie möchte wissen, inwieweit die
Forschung der Verknüpfung der Belange der Altersmobilität mit der Entwicklung der
Tourismuswirtschaft Bedeutung beimesse. Die anhaltende Hinwendung zum Privat-
Pkw und die gesellschaftliche Notwendigkeit der Minimierung der damit
entstehenden Umweltbelastungen werfe die Frage auf, inwieweit die Wissenschaft
die Chance des Umdenkens bei der Bevölkerung sehe und ob hierfür ein Leitbild
bestehe oder in der Erarbeitung sei.
Vors. Jörg Heydorn unterstreicht, dass in der Frage der Einkommensentwicklung
von einer weiteren deutlichen Spreizung auszugehen sei. Der Bereich der mittleren
Einkommen werde zugunsten niedrigerer Löhne und Gehälter weiter schwächer. In
der Tat stelle sich für die ländlichen peripheren Räumen die Frage der realen
Umsetzungsmöglichkeiten für die gesetzlich vorgegebenen Standards der
Barrierefreiheit oder Barrierereduzierung. Bekanntlich schreibe das
Personenbeförderungsgesetz [PBefG] dieses bis zum Jahr 2022 vor. Es interessiere
ihn, ob das realistisch sei, obwohl bereits die Aufrechterhaltung der bisherigen
Mobilität eine große Herausforderungen sei.
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_______________________________ 27. Juni 2014 - Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“
Prof. Dr. Georg Rudinger betont, dass die versicherungstechnischen Fragen im
Zusammenhang mit dem Carsharing geklärt seien. Gleichwohl stehe er dem
Carsharing-Modell eher reserviert gegenüber. Auch Fahrerassistenzsysteme würden
in der bisherigen Form noch nicht die erhofften Effekte nach sich ziehen. Den ÖPNV
kostenlos anzubieten sei aus seiner Sicht weder bezahlbar noch zielführend. Er gehe
davon aus, dass die Jungen von heute künftig mit alternativen Mobilitätsangeboten
besser umgehen werden als die heutigen Älteren, die dem Individualverkehr die
Präferenz gäben. Das setze jedoch eine große Attraktivität alternativer Bedienformen
voraus. Individuelle Mobilität habe bei vielen Bürgerinnen und Bürgern einen sehr
hohen Stellenwert. Da spiele die künftig weiter voranschreitende
Einkommensspreizung eine untergeordnete Rolle. Man sei in der Regel eher bereit,
an einer anderen Stelle zu sparen. Am Ziel der Barrierefreiheit nach dem
Personenbeförderungsgesetz bis 2022 solle unbedingt festgehalten werden.
Vors. Jörg Heydorn fragt nach, wie in einer organisierten alternativen Bedienform
die haftungsrechtlichen Probleme gelöst seien.
Frank Hunsicker geht auf die unzureichende Vertaktung und Vernetzung des ÖPNV
ein. Dies sei ein großes Problem und gefährde erheblich die Aufrechterhaltung der
Mobilität besonders im ländlichen Raum. Gerade die Bedienungshäufigkeit sei ein
wichtiges Kriterium dafür, ob jemand auf sein eigenes Kraftfahrzeug verzichte oder
nicht. Die Tendenz gehe eher in Richtung des Individualverkehrs. Alternative
Mobilitätskonzepte seien noch immer eher lokal verankert und determiniert. Das
habe zur Folge, dass allgemeine Aussagen äußerst schwierig seien. Darüber hinaus
sei die Schaffung der Barrierefreiheit auch eine große finanzielle Herausforderung. Er
befürchte, dass nicht alles überall bis 2022 erreichbar sei. Ein Ansatz für
Barrierefreiheit könne das Haustürkonzept sein. Haftungsrechtliche Fragen seien
immer integrierter Bestandteil von Pilotprojekten und würden einer juristischen
Prüfung unterzogen. Gute Erfahrungen habe man mit Vereinsgründungen gemacht,
da die Mitglieder dann in jedem Fall versichert seien. Altersmobilität und
Tourismusentwicklung seien aus seiner Sicht stets an konkrete
Entwicklungskonzepte im ländlichen Raum anzubinden. Klassisches Carsharing im
ländlichen Raum könne funktionieren, sei aber in der Regel nicht kostendeckend
ausgelastet. Das setze einen gewissen Pool an Fahrzeugen voraus. In Österreich
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arbeite man gegenwärtig an einem Konzept, um e-mobiles von Verwaltungen oder
Firmen, die in der Anschaffung sehr teuer seien, über Carsharing an Wochenenden
einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Ein ähnliches Modell könne er sich
für die Küstenregionen in Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Aber alle
diesbezüglichen Aktivitäten befänden sich noch in der Erprobungsphase. Gesicherte
Erkenntnisse lägen noch nicht vor. Ein Umdenken großer Teile der Bevölkerung
hinsichtlich umweltfreundlicherer Fortbewegungsmittel sehe er gegenwärtig nicht.
Zwar seien entsprechende Projekte insbesondere zur Entwicklung von e-mobiles seit
2009 durch die Bundesregierung verstärkt gefördert worden. Doch das Ziel von einer
Million Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2020 sei angesichts von mehr als
44 Millionen zugelassenen Pkw in Deutschland nur ein Tropfen auf dem heißen
Stein.
Juliane Krause ist es wichtig, Mobilitätssicherung stets im Zusammenhang mit
Barrierefreiheit zu diskutieren. Das könne auch nicht an den Generationen
festgemacht werden. Was den Älteren zugutekomme, sei auch für Jüngere von
Vorteil. Sie plädiere dafür, Leitlinien zu erstellen und Standards festzulegen, auch für
Wegebeziehungen. Entsprechende Empfehlungen und Hinweise solle die
Landesverkehrsplanung mit aufnehmen. So sei es beispielsweise in Sachsen-Anhalt
gelungen, in einem Landesradverkehrsplan unterschiedliche Standards für Haupt-
und Nebenrouten oder für Landes- und Regionalnetze festzuschreiben. Sie geht auf
die Verknüpfung von Alltagsmobilität und Tourismuswirtschaft ein. Wichtig dabei sei,
dass die Netze bei der Planung integriert betrachtet werden. Eine erkennbare CO2-
Minderung sei durch eine bessere Radverkehrsplanung jedoch nicht zu erwarten.
Hier solle der Gesundheitsfaktor für die ältere Generation in den Vordergrund gestellt
werden. Die haftungsrechtlichen Belange bei alternativen Bedienformen wie
Carsharing seien versicherungsrechtlich geregelt.
Helmut Bode bestätigt, dass die versicherungsrechtlichen Grundlagen für
Carsharing analog der Anmietung eines Pkw eindeutig geregelt seien. Die
Haftungsfrage bei Modellversuchen werde über eine gesonderte Versicherung
geregelt. Persönlich sehe er jedoch ein Problem mit dem
Personenbeförderungsgesetz.
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Thomas Deiters (Stellvertretender Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetages
Mecklenburg-Vorpommern e. V.) bezieht sich auf die Feststellung, dass
Mecklenburg-Vorpommern einen vergleichsweise hohen Anteil an Fuß- und
Radverkehr habe. Für ihn stelle sich das subjektiv anders dar. Daher interessiere ihn
die Validität der Daten. Darüber hinaus frage er nach Beispielen von
Transportsystemen anderer Länder und deren Standards, welche neben Waren auch
Personen befördern. Er möchte wissen, wie sich aus Sicht des Fahrlehrerverbandes
die Situation bei nicht mehr vorhandener Fahrtüchtigkeit von Verkehrsteilnehmern
darstelle und wie dann Verkehrssicherheit aufrecht erhalten werden könne.
Abg. Martina Tegtmeier erkundigt sich nach dem Geschlechterverhältnis bei der
Nachfrage nach den vom Fahrlehrerverband durchgeführten Verkehrssicherheits-
schulungen. Bei der Vorstellung, dass künftig mehr Betagte im Straßenverkehr
unterwegs seien, stelle sich für sie ebenso die Frage, was für die Sicherheit unter-
nommen werden könne.
Roland Blank (Geschäftsführer des Verbandes norddeutscher
Wohnungsunternehmen e. V.) fragt nach der Notwendigkeit der Festschreibung in
der Landesbauordnung, bei Wohnungsneubau Pkw-Stell- und Abstellplätze für
Fahrräder vorzuhalten. Ihn interessieren Empfehlungen, welche
Mindestanforderungen im Quartier erforderlich seien, um ein Mindestmaß an
Mobilität zu gewährleisten.
Helmut Bode nimmt Bezug auf die Frage der Sicherheit. Wer nicht mehr fahrtüchtig
sei, solle nach seiner Auffassung zumindest nicht mehr am motorisierten Verkehr
teilnehmen. Ärztliche Untersuchungen diesbezüglich seien derzeit jedoch nur auf
freiwilliger Basis durchführbar. Weder ein Sehtest noch eine ärztliche Untersuchung
seien Pflicht. Persönlich könne er sich vorstellen, dass bei der Umsetzung der 3. EU-
Führerscheinrichtlinie, die die Gültigkeitsdauer des Dokuments auf 15 Jahre
beschränke, die Folgeausstellung des Dokuments wenigstens den Sehtest erfordere.
Dieser werde bisher lediglich bei der Erstausstellung der Fahrerlaubnis
vorausgesetzt. Die vom Fahrlehrerverband angebotenen Schulungen für Senioren
seien sehr gut nachgefragt. Zwei Drittel der Teilnehmer seien Männer. Diese
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Beobachtung decke sich mit der Aussage, dass die derzeitigen Seniorinnen seltener
im Besitz einer Fahrerlaubnis seien.
Zur Frage nach der Validität der Daten bezüglich des Radverkehrsanteils in
Mecklenburg-Vorpommern nimmt Juliane Krause Stellung. Laut MiD 2008 nehme
das Land mit 28 Prozent Fuß- und 14 Prozent Radverkehr im Bundesdurchschnitt
eine vergleichsweise hohe Position ein. 25.000 Haushalte bundesweit seien die
Grundlage für diese Umfragen. Zusätzliche Aufstockungen habe es in einigen
Bundesländern gegeben, so auch in Mecklenburg-Vorpommern. Hier seien noch
einmal ungefähr 1.800 Haushalte, 3.500 Personen befragt und 10.800 Wege erfasst
worden. Sie könne sich den höheren Radanteil mit der geringeren Pkw-Verfügbarkeit
zu DDR-Zeiten erklären. Die Menschen seien auf das Rad gestiegen, um mobil zu
sein und nutzten es weiterhin. Für sie stelle die Radnutzung gerade im ländlichen
Raum eine bedeutende Chance für den Mobilitätserhalt dar. Wie die einzelnen
Altersgruppen die tägliche Mobilität per Rad bewerten bzw. wie sich diese darstelle,
sei anhand bisher vorhandener Datensätze allerdings nicht ablesbar. Als Beispiel für
nachgefragte Transportsysteme führt sie das Modellvorhaben Kombibus in der
Uckermark an. Nach ihrer Auffassung gebe es vielversprechende
Zwischenergebnisse, sodass sie mit Folgeinitiativen rechne. Bezüglich Sicherheit im
Straßenverkehr weise sie auf den eklatanten Zusammenhang zwischen
Geschwindigkeit und Verkehrssicherheit hin. Je geringer die Geschwindigkeiten
seien, desto höher sei die objektive Verkehrssicherheit. So könne man auch die
vermehrten Forderungen nach Tempo 30 als Stadtgeschwindigkeit erklären. Nach
ihrer Auffassung sei Tempo 30 mindestens im Bereich von sensiblen Einrichtungen
notwendig. Rechtliche bauordnungspolitische Vorgaben zur Vorhaltung von
Fahrradstellplätzen begrüße sie ausdrücklich. Sie plädiere auf jeden Fall für eine
regional differenzierte Herangehensweise.
Als best practice Beispiel führt auch Frank Hunsicker das KombiBus-Modell aus der
Uckermark an. Es sei bereits ausgezeichnet worden. Nach seiner Kenntnis könne
dadurch die ländliche Wirtschaft in der Uckermark gestärkt werden. Es gebe eine
Reihe kleiner Unternehmungen, welche dieses Modell täglich nutzten. Eine neue
Idee sei das allerdings nicht. Bereits in den 50er-Jahren habe es in der
Bundesrepublik solche Fahrzeuge gegeben. Er könne sich an Aufnahmen eines
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Postwagens erinnern, welcher im Vorderteil bis zu vier Personen und im hinteren Teil
diverse Waren und Pakete beförderte.
Vors. Jörg Heydorn fragt nach, welche Modellprojekte dauerhaft finanzierbar bzw.
wie sie zu konzipieren seien, damit sie nach Beendigung der Modellphase weiter
existieren können.
Frank Hunsicker merkt an, dass es derzeit darauf hinauslaufe, den ÖPNV
sinnvollerweise auf Hauptachsen zu konzentrieren. So könne daraus eine
einigermaßen verlässliche Bedienung entstehen. Pedelecs oder andere
Mobilitätsarten seien dann als Zubringer zu verstehen. Das Problem bei der
Dauerhaftigkeit entstehe auch, wenn die Generation, welche das Modell ursprünglich
initiiert habe, versterbe und keine Nachfolger zu finden seien. Daher bedürfen
Projektvorhaben einer frühzeitigen und langfristigen Planung in die Zukunft.
Bezüglich der Ausgestaltung altersgerechter Quartiere gebe es in Loitz ein
Vorhaben. Dort werde ein Haus in der Innenstadt für die Seniorinnen und Senioren
der Amtsgemeinde gebaut, welches Einrichtungen der Grundversorgung vorhalte.
Prof. Dr. Georg Rudinger führt bezüglich der Verkehrssicherheit aus, was der
Verkehrsgerichtstag 2009 im Hinblick auf die dritte EU-Führerscheinrichtlinie gesagt
habe. Nach Ablauf der Gültigkeit der Dokumente nach 15 Jahren würden lediglich die
Dokumente erneuert oder mit einem neuen Passbild versehen. Es werde in
Deutschland jedoch keine gesetzlich obligatorische Fahreignungsprüfung geben.
Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen gebe es auch keinen Anlass, ab
irgendeinem biologischen Alter eine verpflichtende Wiederholungsprüfung
vorzusehen. Die individuelle Variabilität im Alter sei so riesig, dass eine solche
Maßnahme altersdiskriminierend sei. Er empfehle das Hausarztmodell, wonach
dieser regelmäßig an die Eigenverantwortung des Patienten appellieren solle. Das
könne jedoch nicht mit dem skandinavischen, portugiesischen oder griechischen
Modell verwechselt werden. Dort solle der Arzt melden, wenn bei einem Patienten
die Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben sei. Für die Ärzte gebe es ein zertifiziertes
Weiterbildungsmodul, welches mittlerweile auch vom Verkehrssicherheitsrat
befürwortet werde. Er hoffe auf Implementierung dieses Moduls. Angebotene
Verkehrssicherheitsschulungen für Ältere seien mittlerweile untersucht worden.
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Danach habe eine begleitete Fahrverhaltensprobe im eigenen Lebensumfeld mit
Rückkoppelung die nachhaltigste Wirkung für ältere Verkehrsteilnehmer. Unter
Rückkoppelung sei Diskussion über Stärken und Schwächen des Einzelnen zu
verstehen. Selbst bei ganz schlechten Fahrern könne noch Jahre nach der
rückgekoppelten Fahrverhaltensprobe eine bessere Fahrleistung als vor Beginn der
Probe festgestellt werden. Ein einmaliges Sicherheitstraining helfe nach seiner
Kenntnis nichts.
Abg. Rainer Albrecht interessiert die Expertenmeinung, wie die vielfältigen Arten
von Mobilität auf Dauer zu finanzieren seien.
Dr. Wolfgang Weiß (Privatdozent an der Universität Greifswald) hinterfragt die
Grenzwerte der Rentabilität für Mobilitätsangebote im ländlichen Raum und die
Klärung des Begriffes Freizeit in Bezug auf Ältere. Forderungen nach Leitlinien und
Standards seien gut gemeint. Doch sei die Frage zu beantworten, was passiere,
wenn sich Standards der Siedlungsstruktur oder der Bevölkerungsverteilung den
Standards der Gesellschaft allgemein entzögen. Unter 25 Einwohnern pro
Quadratkilometer gebe es nirgends eine Rentabilität einer Infrastruktur, weder für
Carsharing noch für RufBusse. Ihn interessiere darüber hinaus, wie die Radwege der
Zukunft aussehen würden. Er habe dabei Drei- und Vierräder im Blick. Er fordere
dazu auf, bei den Planungen für die Zukunft Denkbarrieren zu überwinden.
Abg. Maika Friemann-Jennert möchte wissen, ob es kleinräumige Untersuchen für
Mecklenburg-Vorpommern bezüglich Flächenbedarfen, Mobilitätsradien und
Wegezwecken gebe. Sie bezweifle die Aussage, dass der Führerscheinerwerb für
Jüngere nicht mehr besonders wichtig sei und bittet um entsprechende
Erläuterungen. Darüber hinaus fragt sie nach der Notwendigkeit von Fahrtrainings für
die neuen Mobilitätsarten wie beispielsweise Segways und Pedelecs.
Prof. Dr. Georg Rudinger vertritt die Auffassung, dass die Fahrräder der Zukunft
zwei bis drei Räder hätten. Platz auf den Radwegen sei für die Trikes allerdings
nicht. Sie könnten jedoch auf der Straße fahren. Er weise darauf hin, dass
Fahrradfahrer nicht in jedem Fall die Radwege benutzen müssten. Ob es für
Mecklenburg-Vorpommern kleinräumige Untersuchungen gebe, wisse er nicht. Er
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wisse aber, dass es für Brandenburg repräsentative Stichproben gebe, da er an
deren Erarbeitung beteiligt gewesen sei. Darüber hinaus lasse sich auch, so wie er
es für Deutschland 2030 getan habe, ein Szenario für ein Bundesland entwickeln.
Frank Hunsicker informiert darüber, dass die Mitnahmekonzepte für ländliche
Räume am Anfang stehen. Derzeit gebe es in Deutschland drei Modelle, welche sich
zum Teil noch nicht in der Umsetzungsphase befinden. Es sei bislang auch nicht klar,
ob eines und welches von den Konzepten dauerhaft tragbar sei. Auch das müsse
Bestandteil der Testphase sein. Hinsichtlich des Führerscheinbesitzes Jüngerer habe
er selbst Untersuchungen dazu angestellt. Danach könne aus verschiedenen bereits
durchgeführten Untersuchungen und Befragungen geschlussfolgert werden, dass es
einen Unterschied zwischen Stadt und Land gebe. In der Stadt gebe es kaum noch
die Notwendigkeit für den Führerscheinerwerb, da das Mobilitätsangebot
hervorragend sei. Das knapp bemessene Budget Jugendlicher werde dann eher für
Smartphones und ähnliches genutzt. Diese Entwicklung betreffe in der Regel die
Gruppe bis zu einem Alter von 25 bis 30 Jahren. Bei Beginn der
Familiengründungsphase werde der Führerscheinerwerb dann jedoch oft nachgeholt.
Juliane Krause bezieht sich auf die Nachfrage zum Freizeitbegriff. Sie wisse von
Älteren, dass sie darunter den Aufenthalt in Parks und Grünanlagen im öffentlichen
Raum verstünden. Der Besuch von Parks und Grünanlagen werde jedoch
beispielsweise von Müttern mit Kleinkindern als Arbeit und nicht als Freizeit
angesehen. Nach ihrer Erfahrung werde dieser Begriff in jeder Generation anders
ausgelegt. Daher solle er genauer hinterfragt werden. Für kleinräumige und
differenziertere Betrachtungen von Mobilität in Mecklenburg-Vorpommern seien nach
ihrer Auffassung die Fallzahlen aus der MiD 2008 zu klein. Sie meine, dass
Radverkehr auf die Straße gehöre. Das Radfahren sei auf der Straße im
Fahrbahnraum am sichersten, das hätten Untersuchungen ergeben. Dies lasse sich
jedoch schwer bei den Verkehrsteilnehmern vermitteln. Das subjektive Empfinden,
auf dem Radweg sicherer unterwegs zu sein, könne nicht belegt werden. Für die
Zukunft erwarte sie Kapazitätsprobleme bei der Gestaltung von Radwegen in
städtischen Räumen, was die derzeitige Breite der Wege betreffe. Es gebe
interessante Entwicklungen bei Radwegeschnellverbindungen. Nordrhein-Westfalen
werde demnächst eine Projektstudie realisieren, in deren Mittelpunkt eine
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Schnellverbindung von Frankfurt nach Darmstadt stehe. In einem Großraum mit
ständig überlastetem ÖPNV könne das eine Alternative für die Zukunft sein.
Helmut Bode bezweifelt die Zweckmäßigkeit von Segways für Seniorinnen und
Senioren, da dies Balancefahrzeuge seien. Er ziehe Pedelecs als Mittel der
Fortbewegung in Betracht und gebe jedoch dabei zu bedenken, dass diese mit
größerem Motor mit Höchstgeschwindigkeiten ab 25 Stundenkilometern
erlaubnispflichtig seien.
Bernd Rosenheinrich (Landesseniorenbeirat Mecklenburg-Vorpommern e. V.)
spricht davon, dass die Gesellschaft von den Älteren vermehrt ehrenamtliches
Engagement erwarte. Dadurch werde auch der Bedarf an Mobilität steigen. Nach
seiner Auffassung sei der ÖPNV nicht zukunftsfähig. Daher rechne er damit, dass vor
allem der private Pkw-Verkehr nicht abnehmen werde. Lediglich eingeschränkte,
witterungsabhängige Nutzungsmöglichkeiten sehe er beim Pedelec. Er unterstreiche
die Notwendigkeit für einen zukunftsfähigen ÖPNV mit entsprechenden
benutzerfreundlichen Zu- und Ausstiegen. Dann werde auch die Pkw-Nutzung durch
Ältere nachlassen. Er finde es bedenklich, dass für das Auto und das Motorrad der
Führerschein erworben werde bzw. es Regeln für deren Nutzung gebe und der
Radfahrer ohne Nachweis erworbener Kenntnisse am Verkehr teilnehmen dürfe.
Vors. Jörg Heydorn interessiert sich für derzeit vorhandene Möglichkeiten,
infrastrukturelle Angebote wie Einkauf, Begegnung, ärztliche Versorgung,
Organisation von Mobilität, Kommunikations- und Informationsstellen an bestimmten
Orten im ländlichen Raum zusammenzuführen.
Frank Hunsicker erläutert, dass der ländliche Raum erst seit wenigen Jahren im
Fokus der Wissenschaft stehe. Lange Zeit sei rund um die Thematik „Stadt“
geforscht worden. Ein Grund dafür seien die dort ausreichend vorhandenen
Einwohner und verschiedenen Mobilitätstypen. Jenseits des motorisierten
Individualverkehrs gebe es in vielen Städten verschiedene, bereits umgesetzte
Mobilitätskonzepte. Neben Siedlungsdichte, Finanzen und gesetzlichen
Gegebenheiten hinge es nach seiner Ansicht hauptsächlich von dem jeweiligen
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Akteure in ländlichen Räumen ab, wie sich diese entwickeln. Nach seiner Kenntnis
habe es bisher selten ein Projekt gegeben, welches sich dauerhaft tragen konnte.
Unterbrechung der Sitzung von 13:57 Uhr bis 14:02 Uhr