KonjunKtur- · 7 2012 war insgesamt ein zufriedenstellendes Jahr. Die deutsche Wirtschaft zeigte...
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I n h a l t s v e r z e I c h n I s
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Vorwort 7
Einleitung 8
1 Deutschlandkonjunktur 2012 10
2 Schuldenkrise: Weichenstellungen der vergangenen zwölf Monate 14
3 Schuldenkrise: ökonomische Anpassungen 21
4 Schuldenkrise: Lösungsoptionen 25
5 Geldpolitik: Einbahnstraße in die Inflation? 33
6 Weltwirtschaft: Schuldenkrise und Chinasorgen 37
7 Deutschlandprognose 2013 45
8 Anlagepolitik 2013 49
9 Die Hauck & Aufhäuser-Top-10-Liste 55
10 Asset Allocation: neue Paradigmen an den Kapitalmärkten 61
11 Zum Schluss – die Wetteraussichten 67
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2012 war insgesamt ein zufriedenstellendes Jahr. Die deutsche Wirtschaft zeigte Selbstvertrauen
und Wachstum und konnte den widrigen Rahmenbedingungen trotzen. Auch wenn sich im vier-
ten Quartal das Konjunkturklima eintrübte, nimmt Deutschland im Euroraum weiterhin eine
Sonderstellung ein. Derzeit schwächt sich die Zuversicht, dass sich die Konjunktur kurzfristig
beleben könnte, in vielen Bereichen der Wirtschaft ab, nur der Wohnungsbau und der private
Konsum trotzen noch den dämpfenden Einflüssen – obwohl in Fachkreisen bereits die Furcht vor
einer Immobilienblase umgeht. Dennoch: Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer starken Ver-
fassung, und wenn das außenwirtschaftliche Umfeld stabil bleibt, kann es schon Anfang 2013
wieder aufwärtsgehen.
Für Anleger ist Sicherheit derzeit so wichtig wie nie zuvor, und kluges Risikomanagement bleibt
weiterhin unerlässlich. Doch trotz der aufziehenden Wolken am Konjunkturhimmel sind wir
zuversichtlich. Immobilien und Gold sind bei der Suche nach inflationsgeschützten Anlagen sehr
gefragt, und auch die Aktie gewinnt als Anlageform wieder zunehmend an Bedeutung.
Auf der Suche nach der „neuen Normalität“ wachsen die Herausforderungen in allen Bereichen,
doch gerade auch die traditionellen Werte erfahren eine Renaissance. Vertrauen und Verantwor-
tung sind die Voraussetzung für gelungenes wirtschaftliches Handeln, ebenso das richtige Augen-
maß. Für Hauck & Aufhäuser beruht seit Anbeginn jede persönliche Beziehung auf dieser Basis.
Denn in partnerschaftlicher Zusammenarbeit liegt hohe Gestaltungskraft – gerade auch für die
Zukunft.
Mit unserem „Konjunktur- und Finanzmarkt-Barometer“ wollen wir Ihnen wie gehabt keine
Ratschläge geben, sondern eine empirische und analytische Grundlage liefern, aus der Sie eigene
Schlüsse für Ihre Anlagestrategie und Ihre unternehmerischen Entscheidungen ziehen können.
Sollten Sie beim Durchblättern des „Marktbarometers“ Anregungen erhalten, die Sie mit uns
diskutieren möchten, freuen wir uns auf das Gespräch mit Ihnen.
Stephan Rupprecht Michael O. Bentlage
Partner Partner
Privat- und Unternehmerkunden Institutionelle Kunden
v o r w o r t
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Auch das Jahr 2012 stand vorrangig im Zei-
chen der Staatsschuldenkrise. Die damit ver-
bundene Vertrauenskrise lässt sich zwar nicht
unmittelbar an den Standardindizes wie Dax,
Dow Jones oder Rex ablesen, dennoch ist sie
weiterhin der Dreh- und Angelpunkt aller
Analysen und Szenarien. Dies bleibt nicht
aus, hat doch die Krise viele Grundannahmen
wirtschaftlicher Entscheidungen annihiliert.
Und auch die Sicht, zumindest Industrie länder
seien ausfallsicher, trifft nicht mehr zu.
Wir erleben historisch einmalige Zeiten. Kei-
ner der Marktteilnehmer, auch nicht die No-
tenbanken, hat Blaupausen aus der Vergan-
genheit, die Handlungsoptionen aufzeigen.
Klar ist nur eins: Alle Industriestaaten und
die privaten Haushalte müssen sparen. Damit
die Politik dies umsetzen kann, kaufen die
Notenbanken mit ihrer Niedrigzinspolitik
Zeit.
Angesichts der fundamentalen Veränderun-
gen müssen sich Unternehmer und Investo-
ren an die neuen und noch immer im Fluss
begriffenen Realitäten anpassen. Dies bedingt
zwangsläufig deutliche konjunkturelle Unsi-
cherheiten und ungewöhnlich breite Progno-
sebänder. Die heimische Konjunktur hat sich
in einem äußerst schwierigen Umfeld knapp
behaupten können. Deutschland hat es, im
Unterschied zu vielen seiner Partner, ge-
schafft, eine Rezession zu vermeiden. Den-
noch waren die Wachstumsraten von Quartal
zu Quartal rückläufig, sodass wir das Jahr mit
etwa 1 Prozent Wachstum beenden werden.
Dennoch fällt der Ausblick auf 2013 verhal-
ten positiv aus.
Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer ro-
busten Verfassung, und unsere konjunkturel-
le Gesamteinschätzung für das kommende
Jahr ist von einer vorsichtigen Zuversicht ge-
prägt. Die Lage bleibt weiterhin fragil – be-
dingt durch die europäische Schuldenkrise
und die geopolitische Lage im Nahen Osten.
Wir kommen also nicht umhin, uns mit der
Staatsverschuldung, der daraus resultieren-
den Geldpolitik und den verschiedenen Lö-
sungsoptionen zu beschäftigen. Hier stellen
wir zwei Szenarien vor: ein Moll- und ein
Durszenario. Die vergangenen Monate haben
jedoch auch Hoffnungszeichen gesetzt, und
um es vorwegzunehmen: Wir halten das Dur-
szenario, das eine zunehmende konjunkturelle
Dynamik und eine erfolgreiche Krisenbe-
kämpfung der Notenbanken sieht, für wahr-
scheinlicher.
Auch das Umfeld der Finanzmärkte wird
künftig Licht und Schatten haben. Alles in al-
lem wird unsere Anlagepolitik 2013 von einer
Bevorzugung realer Anlageklassen geprägt
sein. Denn die Aktienmärkte sind fraglos
Einleitung
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günstig bewertet und werden es auch im
kommenden Jahr sein. Allerdings werden ih-
nen die genannten Unwägbarkeiten immer
wieder zusetzen, und die Sorge vor einem
konjunkturellen Absturz wird auf den Märk-
ten lasten. Infolgedessen wird es auch weiter-
hin Schwankungen geben. Dies wird in einer
mittelfristigen Perspektive zugleich Chancen
eröffnen, in den Besitz von Aktien zu gelan-
gen, die sich durch Ertrags- und Dividenden-
stärke sowie hohe Bilanzqualität auszeichnen.
Das Niedrigzinsumfeld wird uns erhalten
bleiben und auch die Ertragserwartung an den
Aktienmärkten insgesamt wird niedrig blei-
ben. Ausschlaggebend dafür ist der soge-
nannte „Deleveraging-Prozess“ aller Indus-
triestaaten, der Auswirkungen auf das globale
Wachstum hat. Daraus ergeben sich aber
auch entsprechende langfristige Implikatio-
nen für die Vermögensanlage. Eine dieser
Implikationen ist die Investition in sogenann-
ten „Real Assets“, zu denen die neue Anlage-
klasse der Infrastrukturinvestments zählt.
Auf den Rentenmärkten bleibt nach wie vor
die „Suche nach Rendite“ das beherrschende
Thema, denn am niedrigen Renditeniveau
wird sich voraussichtlich wenig ändern. Eine
Zinswende ist aufgrund der lockeren Geld-
politik der Zentralbanken nicht in Sicht.
Das Börsenjahr 2013 wird die Investoren mit
Herausforderungen konfrontieren, die es
nicht leicht machen, erfolgreich zu sein. Doch
Fiskal- und Finanzkrisen indes sind nichts
Neues, und bislang wurden sie stets über-
wunden. Und glaubt man Joseph Schumpe-
ter, gehören sie wesentlich zur Marktwirt-
schaft und sind – dank ihrer schöpferischen
Zerstörungskräfte – immer auch ein Treiber
des Fortschritts.
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10
Im Herbst hat sich die Konjunktur in
Deutschland merklich abgeschwächt. Natür-
lich blicken die Krisenstaaten oder auch
Frankreich immer noch neidvoll auf die deut-
sche Wachstums- und Arbeitsmarktsituation.
Dennoch fordert die Rezession in der Euro-
zone mit ihren globalen Folgen jetzt auch in
den deutschen Wirtschaftsdaten ihren Tribut.
Deutschland kann sich den Folgen einer Re-
zession in der Eurozone – seinem wichtigsten
Absatzmarkt – nicht entziehen. Die Abwärts-
tendenz wird durch die aktuellen Konjunktur-
indikatoren belegt. Allerdings sind auch eini-
ge Lichtblicke zu vermelden, sodass wir zwar
von einer „Abkühlung“, aber nicht von einem
„Absturz“ reden sollten:
• DieIndikatorenzurZuversichtindenUn-
ternehmen und Finanzinstituten schwä-
chensichweiterab.Das Ifo-Geschäftsklima
ist über die Sommermonate hinweg mehr-
mals hintereinander gesunken. Auch wenn
dieser Wert weit über dem Tiefststand
2008/2009 liegt, ist die Tendenz dennoch
eindeutig. Die Ifo-Zahlen geben zusätzlich
eine klare Antwort auf die Ursachen der
Abkühlung: Nach drei Jahren wird nun mit
einem weniger dynamischen Exportgeschäft
gerechnet.
• Die Auftragseingänge der deutschen In-
dustrie,einzentralerFrühindikatorfürdie
Umsätze in den kommenden sechs bis
zwölf Monaten, sind moderat rückläufig.
Die Industrieproduktion ist noch robust.
• DieExportenehmenzwarnachwievorzu,
allerdings mit einer geringeren Rate.
In diesem Jahr dürften die Ausfuhren gut
3,5 Prozent steigen. Das Exportgeschäft ist
gespalten: Während die Exporte nach
Übersee immer noch gut laufen, schrump-
fen die Ausfuhren in den europäischen
Binnenmarkt.
Somit zeichnet sich eine Verschlechterung
der Konjunktur im zweiten Halbjahr ab. Die
Jahresdaten können allerdings von einem
recht soliden ersten Halbjahr profitieren. Im
ersten Quartal betrug das Plus des deutschen
BIP immerhin 0,5 Prozent und im zweiten
Quartal 0,3 Prozent.
Die Detailanalyse zum ersten Halbjahr zeigt
für die Exportseite noch ein vorteilhaftes Bild.
Dies wird sich im zweiten Halbjahr nun ver-
ändern. Dann ist nicht mehr mit einem positi-
ven Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags zu
rechnen. Aber auch die zurückliegenden vier
Quartale machen schon den Abschied von der
Hochkonjunktur deutlich: Bereits seit dem
Für das vierte Quartal
ist mit Stagnation
oder sogar einem
kleinen Minus zu
rechnen.
1 Deutschlandkonjunktur 2012
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Der Konsum wirkt
stabilisierend, kann
alleine aber nicht für
Wachstum sorgen.
dritten Quartal 2011 schrumpfen die Brutto-
investitionen. Da die Unsicherheit über die
weitere Entwicklung der nationalen und glo-
balen Wirtschaft in den vergangenen Mona-
ten sehr hoch war, sind Investitionen zurück-
gestellt worden. Der Investitionsrückgang
wird maßgeblich von den Ausrüstungsinvesti-
tionen der Unternehmen verursacht. Hin-
gegen erweisen sich die Bauinvestitionen auf-
grund des Booms im Wohnungsbau und in
der Modernisierung als robust.
Die Detailzahlen zum BIP-Wachstum dämp-
fen zudem die Hoffnung, dass die deutschen
Konsumenten allein hohes Wachstum auf-
rechterhalten können. Zwar ist der Privatver-
brauch mit Ausnahme des Schlussquartals
2011 in den zurückliegenden vier Quartalen
stets gewachsen. Doch der Privatkonsum ist
keineswegs eine dauerhafte Wachstums-
garantie. Immerhin aber federt er die Schock-
wellen der Eurolandrezession ab und bewahrt
Deutschland vorläufig vor einer echten Re-
zession.
Die europäische Schuldenkrise stabilisiert die
deutsche Konjunktur: Denn angesichts von
Minizinsen und Sorgen um die Stabilität der
Währung investieren deutsche Verbraucher
ihr Geld lieber in Autos, Möbel oder auch grö-
ßere Ferienreisen. Dabei sind die Bürger nicht
naiv. Denn auch die GfK misst eine wachsende
Konjunkturskepsis. Dies geht aber noch nicht
mit Befürchtungen einher, dass sich die per-
sönliche Einkommenssituation verschlechtern
oder der Job bedroht sein könnte.
Allerdings reagieren die deutschen Verbrau-
cher stets sehr sensibel auf anziehende Preise.
Besonders stark wahrgenommen werden die
Rekordstände an den Zapfsäulen, weil sie die
gefühlte Inflation stark nach oben treiben.
Das könnte in den nächsten Monaten die
Konsumbereitschaft dämpfen. Es bestehen
also durchaus Gefahren, dass der Privatkon-
sum nicht ganz das hält, was die Konsumen-
tenzuversicht derzeit noch verspricht.
Arbeitsmarkt weiterhin stark
Die Arbeitsmarktdaten sind in der Konjunk-
turforschung Spätindikatoren. Sie spiegeln
im Wesentlichen die Vergangenheit wider
und reagieren nur sehr zeitverzögert auf eine
konjunkturelle Eintrübung. Außerdem wis-
sen wir aus der historisch einzigartigen
Rezession des Jahres 2009, dass der deutsche
Arbeitsmarkt aufgrund der erfolgreichen
Reformen und des demografischen Wandels
ohnehin recht robust gegen Konjunkturein-
brüche geworden ist. Mit regelrechten Entlas-
sungswellen ist daher nicht zu rechnen. Aller-
dings wird sich die Dynamik des Beschäf-
tigungsaufbaus abschwächen, und der Rück-
gang der Arbeitslosenquote wird sich nicht
weiter fortsetzen.
Trotz nachlassender Dynamik ist die Beschäf-
tigung in Deutschland immer noch auf einem
Rekordniveau. Davon profitieren der Fiskus
und die Sozialversicherungssysteme. Im ersten
Halbjahr 2012 hat der Gesamtstaat (Bund, Län-
der, Gemeinden und Sozialversicherungen)
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Die Beschäftigung
ist in Deutschland
immer noch auf
Rekordniveau.
mehr Geld eingenommen als ausgegeben.
Das Plus betrug 8,3 Milliarden Euro. Dazu
trugen mehrere Faktoren bei: Die gute Be-
schäftigungslage und die gute Rentabilität
treiben die Lohn-, Einkommen- und Körper-
schaftsteuereinnahmen auf Rekordniveaus.
Hinzu kommt eine kräftige Zunahme der
Einnahmen aus der Mehrwertsteuer ange-
sichts der wachsenden Konsumfreude. Auf
der Ausgabenseite wirken die sinkenden
Transfers an Arbeitslose entlastend. Und
schließlich können die Finanzminister von
Bund und Ländern fällig werdende höher
verzinsliche Anleihen durch neue Anleihen
mit sehr geringen Zinskupons finanzieren,
teilweise – beim Bund im Kurzfristbereich –
sogar zu Null- oder Negativzinsen.
Enttäuschendes Finanzgebaren in den
Bundesländern
Doch völlig klar ist, dass diese Konstellation
aus günstigen Faktoren nicht einfach in die
Zukunft fortgeschrieben werden kann. Schon
im zweiten Halbjahr werden sich die kon-
junktursensiblen Einnahmen – Gewerbesteu-
er, Körperschaftsteuer – abschwächen. Auch
sind die Eventualverbindlichkeiten der öf-
fentlichen Haushalte gewachsen. Eine erneu-
te Umschuldung Griechenlands – dieses Mal
unter Einbezug der öffentlichen Kredite – ist
über kurz oder lang ein ernst zu nehmendes
Szenario. Insofern sollte die Momentaufnah-
me in den öffentlichen Haushalten nicht zum
Geldausgeben verleiten. Enttäuschend in die-
sem finanzpolitisch günstigen Umfeld ist die
Budgetpolitik vieler Bundesländer. Dass 2012
angesichts von Rekordeinnahmen in Bundes-
ländern wie Baden-Württemberg oder Nord-
rhein-Westfalen immer noch hohe Defizite
eingeplant werden, ist kaum verständlich. In
der Diskussion um die Beitragssenkung in
der Rentenversicherung sind wir allerdings
der Auffassung, dass diese Absenkung richtig
ist. Die Überschüsse gehören den Beitrags-
zahlern. Würden sie als Reserven in der Ren-
tenkasse gebunkert, wüchsen nur die Begehr-
lichkeiten für neue Wohltaten.
Für das Gesamtjahr 2012 erwarten wir eine
„rote Null“, mithin ein geringes Defizit. Lei-
der wird die Schuldenquote – das Verhältnis
des Altschuldenbergs zum BIP – dabei noch
einmal deutlich ansteigen, auf dann 83 Pro-
zent. Grund dafür sind die Zusatzlasten im
Kontext der Abwicklung der West-LB, die
deutschen Einzahlungen in den Europäi-
schen Stabilitätsmechanismus (ESM) und in
die Europäische Investitionsbank.
Unser konjunkturelles Fazit für das laufende
Jahr lautet: Das zweite Halbjahr wird eine
kräftige, fast drei Jahre andauernde Wachs-
tumsphase zunächst beenden. Die in den eu-
ropäischen Binnenmarkt eng eingebundene
deutsche Volkswirtschaft wird von der euro-
päischen Schuldenkrise ausgebremst. Für das
Gesamtjahr 2012 ist daher nur noch mit einer
Wachstumsrate zwischen 0,7 und 0,9 Prozent
zu rechnen, je nachdem wie schwer der Ab-
schwung im Herbst und Winter wird. Damit
entspricht die 2012er-Entwicklung knapp
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Das zweite
Halbjahr kann
Rezessionsquartale
bringen, dennoch
wird das Gesamtjahr
zufriedenstellend.
dem positiven Szenario, das wir in unserer
großen Konjunkturanalyse vor einem Jahr
aufgezeigt hatten. In einem äußerst schwieri-
gen Umfeld hat Deutschland es wieder ge-
schafft, Wachstum zu generieren und die Be-
schäftigung auf einen neuen Höchststand zu
steigern.
Ob der Wachstumsrückgang im zweiten
Halbjahr nur eine Delle oder aber eine Wen-
de in Richtung Rezession bedeutet, wird sich
an der weiteren Entwicklung der europä-
ischen Schuldenkrise entscheiden. Nur wenn
eine Stabilisierung gelingt, wird Deutschland
im kommenden Jahr auf seinen Potenzial-
wachstumspfad von gut 1 Prozent zurückfin-
den können. Von daher ist eine ausführliche
Analyse zum Stand der Dinge an der europä-
ischen Schuldenfront der logische nächste
Schritt unseres Konjunktur- und Finanz-
markt-Barometers.
14
Eine „große Lösung“
der Schuldenkrise
ohne Risiken und
Nebenwirkungen gibt
es nicht.
Immer wieder wird dem Krisenmanagement
der Europäer vorgeworfen, eine Taktik des
„Durchwurstelns“ zu verfolgen und unfähig
zu einer „großen Lösung“ zu sein. Wir teilen
diese Kritik nicht. Denn das Problem ist, dass
es eine überzeugende „große Lösung“ ohne
gefährliche neue Risiken nicht gibt. Alle ver-
meintlich schnellen Auswege aus der Ver-
trauenskrise – Eurobonds oder Euroaustritt
der Krisenländer – sind aus deutscher Sicht
mit solchen Wohlstandsrisiken verbunden,
dass sie kaum überzeugen können.
Fortschritte Fiskalvertrag und
Umschuldung
Doch betrachten wir zunächst einmal die
Krisenhistorie über die vergangenen zwölf
Monate (siehe Kasten Seite 16). Lassen wir
die mitunter dramatischen Etappen Revue
passieren, dann möchten wir fünf Entwick-
lungen hervorheben, die zum Teil echte Fort-
schritte darstellen, aber auch auf ungelöste
Probleme verweisen:
1. Mit der EinigungaufdenFiskalvertrag ist
es zu einer wichtigen Weichenstellung ge-
kommen, deren genauere Analyse lohnens-
wert ist.
2. Der Schuldenschnittmiteinem100-Milli-
arden-Verlust für privateGläubigerGrie-
chenlands ist im März über die Bühne ge-
gangen, ohne dass dadurch die Finanz-
märkte gebebt hätten. Damit wurde die In-
solvenzverschleppung im Fall Griechen-
lands beendet. Fakt ist aber auch, dass das
Land kaum ohne weiteren Schuldenerlass
aus der Krise kommen wird. Die nächsten
Verluste werden die öffentlichen Gläubiger
treffen. Mit der griechischen Umschul-
dung ist für Investoren weltweit eine wich-
tige und heilsame Lektion verbunden:
Auch bei Staaten der Eurozone sollte die
Kreditwürdigkeit genau geprüft werden,
bevor Anleihen eines Landes gekauft wer-
den. Das hat die Marktdisziplin gestärkt:
Eine schlechte Wirtschafts- und Finanz-
politik wird durch steigende Zinsen bestraft.
Die vernünftigen Anreize gelten allerdings
nur, solange Deutschland sich nicht auf
eine kollektive Haftung einlässt.
2 Schuldenkrise: Weichenstellungen der vergangenen zwölf Monate
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3. Die große Verunsicherung vor der Juni-
wahl in Griechenland hat gezeigt, dass es
Europa an einem Konzept für den Fall
fehlt, dass ein Krisenland seine Zustim-
mungzuReformenundSparmaßnahmen
aufkündigenwürde. Der Drohung der Eu-
ropäer, dann den Geldhahn zuzudrehen,
mangelt es an Glaubwürdigkeit. Es fehlt an
Vorkehrungen für eine plötzliche Zahlungs-
unfähigkeit eines Mitglieds.
4. Die Eurozone hat durch den Grundsatz-
beschluss im Juni einen Schritt zu einer
„Bankenunion“gemacht. Hier ist es zu ei-
ner neuen, weitreichenden Weichenstellung
gekommen, die unter Ökonomen heftig
umstritten ist und in der Umsetzung viele
ungelöste Fragen aufwirft.
5. Irland,dasersteLand,dasausdemEuro-
rettungsschirm gestützt wird, ist wieder
mit eigenständig begebenen Langfrist-
anleihen an den Kapitalmarkt zurückge-
kehrt. Irland ist somit ein starkes Argu-
ment gegen die These, dass alle Hilfen in
ein Fass ohne Boden flössen, weil ohnehin
keine Aussicht auf finanzielle Gesundung
bestünde.
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22.09.2011 – Bundestag: Zustimmung zu einem
schlagkräftigeren Euroschutzschirm EFSF durch
Ausweitung des deutschen Garantierahmens auf
211 Milliarden Euro.
26.10.2011 – Eurogipfel: Beschlussfassung, dass
Banken bis Juni 2012 ihre Eigenkapitalposition auf
9 Prozent des Kernkapitals anzuheben haben.
01.11.2011 – Europäische Zentralbank: Der
scheidende Gouverneur der italienischen
Notenbank, Mario Draghi, wird neuer Präsident.
Er folgt auf Jean-Claude Trichet, dessen Amtszeit
nach acht Jahren endet.
09.12.2011 – Europäischer Rat: Widerstand
Großbritanniens gegen die Änderung der
europäischen Verträge für einen Einstieg in eine
Fiskalunion, Einigung auf einen regierungsfreund-
lichen Vertrag der teilnehmenden Mitgliedstaaten.
23.01.2012 – Eurogruppe: Einigung auf den ESM.
30.01.2012 – Europäischer Rat: Bei einem
informellen Treffen einigen sich die Staats- und
Regierungschefs von 25 Mitgliedstaaten der EU
auf den „Vertrag über Stabilität, Koordinierung
und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungs-
union“ (Fiskalvertrag).
20.02.2012 – Eurogruppe: konstatiert Fortschritt
Griechenlands bei den Reformen; Einigung auf ein
zweites Hilfspaket für Griechenland.
01.03./02.03.2012 – Europäischer Rat: Unter-
zeichnung des Fiskalvertrags von 25 Staats- und
Regierungschefs.
12.03.2012 – Eurogruppe: grünes Licht für das
zweite Hilfsprogramm für Griechenland.
15.03.2012 – Durchführung des griechischen
Schuldenschnitts: Die Griechenlandanleihen
privater Gläubiger werden in neue Anleihen mit
einem um 53,5 Prozent verringerten Nennwert und
stark verlängerten Laufzeiten umgetauscht. Dadurch
verringert sich die Verschuldung des Landes um
107 Milliarden Euro. Der finanzmathematisch
kalkulierte Verlust der privaten Gläubiger beträgt ca.
76 Prozent auf den ursprünglichen Anleihewert. Die
griechische Umschuldung hat Investoren nach einer
Studie der Ratingagentur Moody’s weit mehr Geld
gekostet als die meisten früheren Umschuldungen
von Staaten. So seien weit höhere Beträge umge-
schuldet worden als bei den Umschuldungen in
Argentinien 2001 und 2005 oder in Russland 1998.
30.03.2012 – Eurogruppe: Erhöhung des
gemeinsamen Kreditvolumens von ESM und EFSF
von 500 auf 700 Milliarden Euro.
14.05.2012 – Eurogruppe: Analyse der Lage der
sogenannten „Programmländer“, also derjenigen
Staaten, die gegenwärtig Finanzhilfen über
unterschiedliche Stabilitätsmechanismen erhalten
und speziell ausgehandelte wirtschaftspolitische
Reform- und Anpassungsprogramme durchfüh-
ren. Die Befunde für Portugal und Irland sind
ermutigend, da beide Länder auf ihrem Pro-
grammweg vorankommen.
Chronologie der Schuldenkrise
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30.05.2012 – Europäische Kommission: Veröf-
fentlichung der Länderempfehlungen im Rahmen
des Europäischen Semesters.
31.05.2012 – Irland: Bei der Volksabstimmung
über den Fiskalvertrag entscheidet sich eine klare
Mehrheit der Bürger dafür.
17.06.2012 – Griechenland: Bei der Neuwahl
gewinnt die konservative Nea Dimokratia, eine
europafreundliche Regierung unter der Führung
von Antonis Samaras wird gebildet.
29.06.2012 – Bundestag und Bundesrat: Beide
Kammern stimmen dem ESM und dem Fiskalver-
trag mit Zweidrittelmehrheit zu.
29.06.2012 – Eurogruppe: Bei einem weiteren
Krisengipfel der Eurostaats- und Regierungschefs
fallen neue Grundsatzbeschlüsse: Banken sollen
direkt aus dem ESM neues Kapital erhalten
können. Zuvor muss zunächst eine europäische
Bankenaufsicht geschaffen werden („Bankenuni-
on“). Hilfen aus dem ESM sollen künftig unter
erleichterten Bedingungen und ohne strikte
Überwachung durch die „Troika“ (Europäische
Zentralbank, Europäische Kommission und
Internationaler Währungsfonds) erfolgen können.
10.07.2012 – Bundesverfassungsgericht:
Mündliche Verhandlung über die Klagen gegen
ESM und Fiskalvertrag.
26.07.2012 – EZB: Angesichts neuer Höchststän-
de bei den Risikoprämien für spanische Anleihen
kündigt EZB-Präsident Mario Draghi an: „Die EZB
wird alles tun, um den Euro zu erhalten.“ Geplant
sind neue Anleihekäufe, die allerdings unter
Auflagen erfolgen sollen.
27.07.2012 – Irland: Mit Irland kehrt das erste aus
dem Rettungsschirm gestützte Land mit langfristi-
gen Anleihen an den Kapitalmarkt zurück. Über
eine fünf- und achtjährige Anleihe konnte das
Land 4,2 Milliarden Euro erlösen zu Konditionen
von 5,9 und 6,1 Prozent.
06.09.2012 – EZB: Mit einer Gegenstimme
entscheidet sich der EZB-Rat für die Etablierung
des OMT-Programms („Outright Monetary
Transactions“). Künftig ist die EZB bereit, in
unbegrenztem Umfang Anleihen von Krisen-
staaten zu kaufen, wenn diese sich den Auflagen
des ESM unterwerfen.
12.09.2012 – Bundesverfassungsgericht: Das
Gericht verkündet seine Entscheidung über die
Anträge gegen ESM und Fiskalvertrag. Deutsch-
land darf beide Abkommen ratifizieren. In Bezug
auf den ESM gelten zwei Auflagen. Die Haftungs-
obergrenze und die Informationsrechte von
Bundestag und Bundesrat müssen völkerrechtlich
bindend abgesichert werden.
20.11.2012 – Eurogruppe: Neue Vorschläge
werden diskutiert, unter anderem ein Zinserlass
für Griechenland sowie der Rückkauf von
griechischen Staatsanleihen zu einem Bruchwert
des Nennwerts von privaten Gläubigern. Der IWF
fordert weiterhin einen neuen Schuldenschnitt
unter Beteiligung der öffentlichen Gläubiger.
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Der Fiskalvertrag kann die
Krise nicht eindämmen,
lässt aber Spielraum
zum Atmen.
Fiskalvertrag wirkt keine Wunder –
ist aber ein Fortschritt
Die Erfahrungen mit fiskalischen Spielregeln
in der Eurozone sind denkbar schlecht. Der
Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde miss-
achtet und konnte das Trauerspiel immer hö-
herer Staatsschulden nicht verhindern. Inso-
fern ist ein grundsätzliches Misstrauen durch-
aus berechtigt, ob neue Spielregeln wirklich
etwas leisten können, wenn schon die alten
einfach ignoriert wurden.
Dennoch sind wir vorsichtig optimistisch, dass
der Fiskalvertrag doch ein richtiger Schritt ist
und auf Dauer für etwas mehr Disziplin sor-
gen könnte. Dafür sehen wir drei Gründe:
1. DieRegelndesFiskalvertragssinddeutlich
strengeralsdiedesStabilitätspakts. So ver-
pflichtet der Vertrag die Vertragsparteien
darauf, Vorschriften zu erlassen, die das
(konjunkturbereinigte) Defizit auf maxi-
mal 0,5 Prozent des BIP begrenzen sollen.
Das ist wesentlich schärfer als beim Stabili-
tätspakt, für den lediglich die 3-Prozent-
Grenze galt.
2. Die neuen Regeln müssen im nationalen
Rechtfestgeschriebenwerden, möglichst in
der Verfassung des Landes. Damit verstößt
ein Land dann nicht nur gegen europäische
Regeln, sondern auch gegen nationales Ver-
fassungsrecht, wenn das Defizit zu hoch ist.
Das jeweilige Verfassungsgericht wird damit
zum Hüter der Schuldengrenze.
3. DieStrafandrohungbeifehlenderEtablie-
rungderSchuldenbremseistrelativglaub-
würdig (gemessen etwa an der Strafandro-
hung im Rahmen des Stabilitäts- und
Wachstumspakts). Nicht mehr die Politiker
entscheiden über die Strafen, sondern der
Europäische Gerichtshof.
Die im Vertrag verankerte Fiskalregel lässt
der Budgetpolitik Spielraum, um im Kon-
junkturverlauf zu atmen. Sie verpflichtet aber
dazu, in konjunkturellen Normalzeiten (und
noch mehr in überdurchschnittlich guten
Wachstumsjahren) Sparsamkeit an den Tag
zu legen. In der gegenwärtigen Schuldenkri-
se, in der manche Länder überhaupt keine
Chance haben, ihr Budget kurzfristig auch
nur in die Nähe der Nulllinie zu bringen,
stellt der Vertrag damit ein Signal für mehr
Glaubwürdigkeit dar. Er liefert das Verspre-
chen, dass die Unterzeichnerstaaten sparsa-
mer sein werden, wenn die Wachstumsraten
wieder steigen.
Der Fiskalvertrag kann die akute Krise nicht
eindämmen. Das ist auch nicht seine Funkti-
on. Denn der Vertrag zielt auf mittlere und
lange Frist ab. Er soll die Vorbedingungen da-
für verbessern, dass die EU-Staaten (immer-
hin wollen außer dem Vereinigten König-
reich und Tschechien alle EU-Mitglieder
mitmachen) in Zukunft solider wirtschaften.
Und hier leistet er einen sinnvollen Beitrag.
Zwar wird Schuldenmachen auch künftig
eine politische Verlockung sein, immer öfter
jedoch werden nationale Gesetze und Verfas-
2 s c h u l D e n K r I s e : w e I c h e n s t e l l u n g e n D e r v e r g a n g e n e n z w ö l f M o n a t e
19
Die Rekapitalisierung
systemrelevanter
Banken ist billiger
als die Stabilisierung
ganzer Staaten.
sungsgerichte den Regierenden dazwischen-
funken, wenn die Defizite zu hoch sind.
Bankenunion: richtige Idee mit großen
Umsetzungsproblemen
Der Gipfelbeschluss von Ende Juni, nun
rasch eine europäische „Bankenunion“ in
Angriff zu nehmen, hat bei Ökonomen zu
einer heftigen Diskussion geführt. Die Geg-
ner kritisieren, dass Steuerzahler, Rentner
und Sparer der soliden Länder für Verluste
aus inflationären Wirtschaftsblasen der süd-
lichen Länder haften sollen. Die Befürworter
halten diesen Schritt für richtig, um den Teu-
felskreis aus staatlichem Bonitätsverlust und
sich verschlechternden Bankbilanzen zu
durchbrechen.
Tatsache ist zunächst einmal, dass es tatsäch-
lich sich selbst erfüllende Panikattacken an
den europäischen Anleihemärkten gibt, die
verantwortungsvoll denkende Politiker wohl
kaum sich selbst überlassen dürfen. Wenn
eine Massenflucht aus spanischen oder itali-
enischen Staatsanleihen einsetzt, verschlech-
tern sich automatisch die Bilanzen der spani-
schen oder italienischen Banken, die
natürlich stark in den Staatsanleihen des ei-
genen Staates investiert sind. Wenn aber die
Banken ins Wanken geraten, dann sinkt auch
die Bonität der Staaten, die für die Stützung
ihres nationalen Bankensystems verantwort-
lich sind. Die Frage, ob die europäische Poli-
tik in diese Abwärtsspirale eingreifen sollte,
stellt sich nicht, sondern nur, wie sie das tun
sollte. Die Idee der europäischen Banken-
stützung hat ein gutes Argument auf ihrer
Seite: Die Rekapitalisierung systemrelevanter
Banken ist billiger als die Stabilisierung eines
ganzen Staates.
Allerdings – und so lautet auch der Grund-
satzbeschluss des Gipfels – darf es die europä-
ische Bankenrettung erst geben, wenn eine
europäische Aufsicht tatsächlich mit Kompe-
tenzen und Durchgriffsrechten ausgestattet
ist. Denn es muss immer das Prinzip gelten:
europäische Hilfe nur gegen Auflagen und
nationale Souveränitätseinbußen. Und auch
hier hat die gezielte Bankenstützung einen
klaren Vorteil gegenüber der Stützung ganzer
Staaten: Der Durchgriff auf den Bankensek-
tor eines Staates durch europäische Behörden
ist viel realistischer als der konsequente
Durchgriff auf alle öffentlichen Budgets eines
Landes.
Insofern halten wir den Schritt in Richtung
Bankenunion für sinnvoll, warnen aber vor
überzogenen Hoffnungen. Auch dieser
Grundsatzbeschluss wird keine rasche Ent-
lastung bringen. Denn die Vorbedingung –
eine europäische Aufsichtsbehörde mit
Durchgriffsrechten bis hin zu Vorgaben über
die Abwicklung wichtiger nationaler Banken
– wird nur in einem zeitraubenden Gesetz-
gebungsverfahren zu verwirklichen sein.
Insofern kommt die Umsetzung zu spät, um
kurzfristig stabilisierend wirken zu können.
Das hat sich auch daran gezeigt, dass die
Ankündigung einer 100-Milliarden-Euro-
2 s c h u l D e n K r I s e : w e I c h e n s t e l l u n g e n D e r v e r g a n g e n e n z w ö l f M o n a t e
20
Eurobonds sind keine
Option, die unsere
Verfassung zulassen
könnte.
Hilfe für die spanischen Banken aus dem eu-
ropäischen Rettungsschirm an den Märkten
zu keiner nachhaltigen Stabilisierung führen
konnte.
Bundesverfassungsgericht warnt vor
Haftungsautomatismen
Im Krisentagebuch der vergangenen Monate
waren ansonsten sicherlich das Bundesver-
fassungsgericht und seine Prüfung von ESM
und Fiskalvertrag von besonderer Bedeu-
tung. Mit seinem Urteil vom 12. September
hat es den Weg für den dauerhaften Rettungs-
schirm und härtere Budgetregeln frei ge-
macht. Einerseits hat das Gericht Bundestag
und Bundesrat zugebilligt, dass diese und
nicht das Verfassungsgericht für riskante eu-
ropäische Entscheidungen zuständig sind.
Andererseits hat es aber erneut die Grenzen
des Grundgesetzes für den Weg immer höhe-
rer Garantien aufgezeigt. So darf der Bundes-
tag sich nicht Haftungsautomatismen unter-
werfen, die zu nicht mehr abschätzbaren
Lasten führen könnten. Ebenso tabu sind
Haftungssummen, die den budgetären Hand-
lungsspielraum in Zukunft evident zunichte-
machen. Das bedeutet im Klartext: Eine ge-
samtschuldnerische Haftung im Billionen-
bereich ist ganz sicher jenseits dessen, was
das Grundgesetz erlauben würde. Das Bun-
desverfassungsgericht hat sich mit seiner
Rechtsprechung damit als wichtiges Bollwerk
gegen die europäischen Begierden nach der
deutschen Universalgarantie etabliert.
In diesem Spektrum würden wir die Risiken,
die Deutschland bislang übernommen hat,
als hoch, aber noch vertretbar bezeichnen.
Wichtig dabei ist nun die Klärung der Haf-
tungsobergrenze. Die Formulierung des Arti-
kels 8 Absatz 5 ESM-Vertrag erscheint hier
zwar eindeutig:
„Die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds bleibt
unter allen Umständen auf seinen Anteil am
genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs
begrenzt.“
Allerdings wurden im Verfahren vor dem
Bundesverfassungsgericht verschiedene denk-
bare Einfallstore für eine aus deutscher Sicht
ungewollte Ausweitung der Haftung abge-
klopft. So war ein Einwand, dass eine zusätz-
liche Nachschusspflicht für Deutschland ent-
stehen könnte, sollte ein ESM-Mitglied
ausfallen oder seine Zahlungen verweigern.
Des Weiteren wurde thematisiert, ob eine
Ausgabe des Stammkapitals zu einem ande-
ren Kurs als dem Nennwert die Haftung aus-
weiten könnte. Alle diese Einfallstore sind
durch die Auflagen des Verfassungsgerichts
nun geschlossen worden. Eine Ausweitung
der Haftung über spezielle Klauseln und ohne
Zustimmung des deutschen Vertreters und
des Deutschen Bundestages wird es definitiv
nicht geben.
21
Die Indikatoren
signalisieren
eine steigende
Wettbewerbsfähigkeit
der Krisenländer.
Die Politik bemüht sich verzweifelt, mit halb-
wegs akzeptablen oder auch gefährlichen
Mitteln Zeit zu kaufen. Dabei stellt sich die
Frage, ob diese Zeit überhaupt sinnvoll ge-
nutzt wird.
Was ist dran an der fehlenden Anpassung der
Krisenländer? Ist es tatsächlich so, dass sich
die Länder nicht bewegen und somit alle Hil-
fe vergeblich ist? Ein Blick auf die Ist-Daten
zur ökonomischen Anpassung zeigt indes
eine stark verzerrte Wahrnehmung; Anpas-
sungen sind sehr wohl zu verzeichnen.
Beginnen wir mit den Daten zur Wett-
bewerbsfähigkeit. Ein zentraler Indikator
sind hier die Lohnstückkosten. Diese geben
Auskunft darüber, wie sich die Arbeitskos-
ten für eine standardisierte Outputeinheit
verändern. Immer dann, wenn die Summe
aller Arbeitskosten (Direktlöhne zuzüglich
aller Lohnnebenkosten) schneller steigt als
die Arbeitsproduktivität, steigen die Lohn-
stückkosten; gleichzeitig verschlechtert sich
die Wettbewerbsfähigkeit. Die Abbildung
zeigt die Veränderungen der Lohnstückkos-
ten für zwei Dreijahreszeiträume. Der erste
Zeitraum (2006 bis 2009) ist durch die Vor-
krisenzeit sowie ein Umfeld von Niedrigzin-
sen und leichter Finanzierbarkeit von Defi-
ziten gekennzeichnet. In diesen Jahren stiegen
die Lohnstückkosten in den heutigen Krisen-
3 Schuldenkrise: ökonomische Anpassungen
Veränderungen der Lohnstückkosten über drei Jahre (in Prozent)Quelle: Eurostat
Deutschland Irland Griechenland Spanien Italien Portugal
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20
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■ 2006–2009 ■ 2009–2012
3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n
22
staaten stark an, am stärksten in Griechen-
land.
Die positive Nachricht ist, dass seit Ausbruch
der Krise bereits eine messbare Korrektur ein-
getreten ist. In Griechenland, Irland, Spanien
und Portugal ist es zu deutlich sinkenden
Lohnstückkosten gekommen. In Relation zu
Deutschland, wo die Kosten moderat gestie-
gen sind, gibt es somit einen ersten erkenn-
baren Zugewinn an Wettbewerbsfähigkeit der
Krisenstaaten. Diese Anpassung entspricht
etwa einer sogenannten „internen Abwertung“
von 10 bis 15 Prozent. Intern deswegen, weil
sie durch sinkende Löhne und Preise bewirkt
wird und nicht durch eine Abwertung der
Währung. Auch unter den Bedingungen eines
einheitlichen Währungsraumes ist eine nen-
nenswerte Anpassung der relativen Preise in
einer vergleichsweise kurzen Zeit möglich.
Allerdings kann in Italien noch keine Verbes-
serung dieses Wettbewerbsfähigkeits-Indika-
tors gemessen werden. Unbestritten ist hier
jedoch, dass die italienische Volkswirtschaft
keinen derartig hohen Nachholbedarf in der
Anpassung hat wie etwa die griechische. Ein-
schränkend muss man aber klarstellen, dass
die bisherigen Anpassungen die Sünden des
zurückliegenden Jahrzehnts erst teilweise wie-
dergutmachen können.
Doch am Ende nützen die schönsten Indika-
toren zur Wettbewerbsfähigkeit wenig, wenn
eine Volkswirtschaft weiter über ihre Verhält-
nisse lebt und mehr importiert als exportiert.
Deshalb muss man zur Bewertung der An-
passungsleistung einen Blick auf die Leis-
tungsbilanzsalden werfen. Und hier waren
schon 2011 im Vergleich zu 2008 erhebliche
Fortschritte messbar. An der Spitze steht Ir-
land, das schon im vergangenen Jahr eine
leicht positive Leistungsbilanz vermelden
Leistungsbilanzsalden in Prozent des BIPQuelle: Eurostat
Deutschland Irland Griechenland Spanien Italien Portugal
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5
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■ 2008 ■ 2011
3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n
23
Es wäre schon ein
Erfolg, wenn die
Schuldenberge in
den nächsten Jahren
nicht weiter stiegen.
konnte. Irland hat begonnen, Auslandsver-
schuldung abzubauen. So weit sind die ande-
ren Krisenländer noch nicht, aber immerhin
wurden auch in Spanien und Portugal die
Leistungsbilanzdefizite sehr stark verringert.
In Griechenland ist zwar ebenfalls eine Ver-
ringerung feststellbar, das Defizit ist aber im-
mer noch sehr hoch (etwa 10 Prozent des
BIP). Keinerlei Verbesserung ist in Italien
feststellbar. Erneut gilt aber für Italien, dass
das Problem hier niemals so ausgeprägt war
und der Leistungsbilanzsaldo „nur“ bei etwa
3 Prozent des BIP liegt.
Sparbemühungen durch
Konjunktureinbruch verdeckt
Vollends haltlos ist der Vorwurf der fehlen-
den Anpassungsleistung, wenn man die kon-
junkturbereinigten Defizite der europäischen
Krisenstaaten betrachtet. Die Konjunktur-
bereinigung ist für eine faire Bewertung der
Sparbemühungen wichtig. Denn natürlich
sacken Steuereinnahmen in einer schweren
Rezession stark ab, und diese Mindereinnah-
men überzeichnen das strukturell vorhande-
ne Defizit. Mit gutem Grund stellt etwa die
deutsche Schuldenbremse im Grundgesetz
auf das konjunkturbereinigte Defizit ab, um
den Konsolidierungserfolg von Bund und
Ländern zu messen.
Es zeigt sich, dass es bereits von 2009 bis 2011
in Irland, Griechenland, Spanien und Portu-
gal zu einer erheblichen Verringerung der
Defizite gekommen ist. Das große globale
Sorgenkind jedoch bleibt Japan. Obwohl die
Staat sverschuldung dort schockierende 230
Prozent des BIP erreicht hat und sogar das
griechische Schuldenniveau in den Schatten
stellt, geht das Schuldenmachen mit hohem
Tempo weiter.
Finanzierungssalden der öffentlichen Haushalte (in Prozent des BIP, konjunkturbereinigt, 2013 geschätzt)Quelle: Internationaler Währungsfonds, Oktober 2012
5
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Deutschland
Frankre
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and
Griech
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■ 2009 ■ 2011 ■ 2013
3 s c h u l D e n K r I s e : ö K o n o M I s c h e a n p a s s u n g e n
24
Der Blick auf die Altschuldenberge relativiert
die Erfolge vieler Staaten bei der Defizitver-
ringerung: Die Jahre der Finanz- und Schul-
denkrise haben die Schuldenstände in der
industrialisierten Welt in die Höhe katapul-
tiert. Ein Abbau auf das Vorkrisenniveau
wird für Länder wie Spanien und Irland nicht
einmal in einem Jahrzehnt zu realisieren sein.
Die Skeptiker der bisherigen Krisenpolitik
haben insofern recht als sich niemand von
vollmundigen Spar- und Reformankündi-
gungen blenden lassen sollte. An den Kapital-
märkten zählen einzig und allein die Fakten.
Aber unser Blick auf einige harte Fakten zeigt
sehr wohl, dass die notwendigen Anpassun-
gen begonnen haben und messbare Fort-
schritte bringen. Dies gilt allerdings sehr viel
deutlicher für Irland, Portugal und Spanien
und noch kaum in messbarer Weise für Itali-
en. Italien hat erst später mit dem Reform-
kurs begonnen, und die Monti-Politik konnte
die Daten noch nicht wesentlich beeinflus-
sen. Schon im April 2013 könnten die Wah-
len das kleine Reformfenster wieder schlie-
ßen. Der Reformpremier Mario Monti verliert
derzeit gefährlich schnell an Popularität, und
die Programme der Parteien sind durch Re-
formmüdigkeit und die Rückkehr sozialer
Versprechungen geprägt.
Für Griechenland relativieren sich alle bishe-
rigen moderaten Anpassungserfolge mit
Blick auf den immer noch viel zu hohen
Schuldenstand und die kaum schnell lös-
baren strukturellen Defizite des Landes, die
von überregulierten Märkten über Korrupti-
on bis hin zu eklatanten Schwächen der öf-
fentlichen Verwaltung reichen. Trotz aller
Bemühungen ist für das Land daher nicht
absehbar, wie es ohne einen neuen Schulden-
schnitt – dieses Mal bei den öffentlichen
Gläubigern – wieder Boden unter die Füße
bekommen könnte.
Staatsverschuldung (in Prozent des BIP, 2013 geschätzt)Quelle: Internationaler Währungsfonds, Oktober 2012
300
250
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150
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0
Deutschland
Frankre
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and
Griech
enland
Spanien
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n
Portugal
USAJa
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■ 2008 ■ 2013
25
Die existierenden
Krisenmechanismen
sind überfordert.
Trotz der messbaren Fortschritte in einigen
Krisenländern bedroht der Teufelskreis aus
hohen Zinsen, Rezession und schwindendem
Vertrauen noch immer den Erfolg aller Be-
mühungen. Die Situation hatte sich im Früh-
ling und Sommer mit einer Ausweitung auf
Spanien und Italien sogar akut verschärft.
Beide Länder sind zusammen mit 2,6 Billio-
nen Euro verschuldet. Dies entspricht dem
kompletten deutschen Bruttoinlandsprodukt.
Diese Größenordnung übersteigt die verfüg-
baren Volumina aus den Rettungsschirmen
um ein Vielfaches. Insofern können Finanz-
zusagen der EFSF und des ESM alleine die
Lage nicht stabilisieren.
Damit steckt die Krisenpolitik erneut in ei-
nem Dilemma: Die existierenden Krisen-
mechanismen alleine sind überfordert und
genießen daher keine ausreichende Glaub-
würdigkeit. Gleichzeitig haben alle Lösungs-
alternativen erhebliche negative Nebenwir-
kungen. Folgende Ansatzpunkte kommen
prinzipiell infrage:
• Variante A: Stabilitätsmechanismus ESM
ausbauen,aberohnegesamtschuldnerische
Haftung: Im ESM-Vertrag ist vorgesehen,
die Obergrenze – derzeit in Kombination
mit der European Financial Stability Facility
(EFSF) bei 700 Milliarden Euro – regelmä-
ßig zu überprüfen. Deutschland könnte er-
neut einer Erhöhung zustimmen. Wichtig
für diese Variante ist, dass es bei der bisheri-
gen Art der Haftung bliebe. Im ESM ist die
Haftung der Eurostaaten „teilschuldnerisch“
organisiert. Das bedeutet, dass Deutschland
nicht für die Gesamtsumme haftet, sondern
nur bis zu einer anteiligen Obergrenze (der-
zeit 190 Milliarden Euro).
• VarianteB:AusbaudermonetärenSchul-
denfinanzierung: Die EZB stabilisiert den
Eurostaatsanleihemarkt durch neue Anlei-
hekäufe oder andere Varianten der mone-
tären Schuldenfinanzierung. Dies ist die
„Draghi-Option“, die mit der Entscheidung
vom 6. September in Angriff genommen
worden ist.
• VarianteC: Einstieg in die gesamtschuld-
nerischeHaftung: Alle Eurostaaten würden
hier über neue Schuldeninstrumente („Euro-
bonds“) in voller Höher wechselseitig haf-
ten. Die Begrenzung der deutschen Haf-
tung auf eine anteilige Obergrenze würde
entfallen. In letzter Konsequenz könnte ein
Land wie Deutschland für die über diesen
Weg begebenen Anleihen in voller Höhe in
Anspruch genommen werden.
4 Schuldenkrise: Lösungsoptionen
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
26
• VarianteD: Bis hierher und nicht weiter:
Von nun an wird alles den Märkten über-
lassen. Die Rettungsschirme werden nicht
mehr ausgeweitet. Sollte die verfügbare
Munition nicht helfen, dann müssen eben
auch Länder wie Spanien eine Umschul-
dung organisieren und mit ihren Gläubi-
gern einen Forderungsverzicht aushandeln.
Notfalls muss dabei auch der Austritt ein-
zelner Mitglieder aus der Währungsunion
in Kauf genommen werden.
Wir haben bereits vor einem Jahr diese Vari-
anten in aller Ausführlichkeit analysiert. Es
ist offensichtlich, dass alle Optionen ganz er-
hebliche Risiken mit sich bringen. Dennoch
zwingt eine anhaltende Panik an den Anlei-
hemärkten mit nicht tragbaren Kreditzinsen
für Italien und Spanien zum Handeln.
Zwei dieser Varianten scheiden nach unserer
Analyse aus verschiedenen Gründen zur Sta-
bilisierung Spaniens und Italiens aus: Die Va-
riante D – „bis hierher und nicht weiter“ –
mag eine für den Umgang mit Griechenland
richtige Politik sein. Für die großen Südeuro-
päer ist dieser Weg aber nicht vorstellbar.
Eine Zahlungsunfähigkeit Spaniens oder Ita-
liens hätte derart unabsehbare Folgen, dass
kein verantwortungsvoll handelnder Politiker
dieses zulassen kann und wird. Der Sachver-
ständigenrat hat aufgelistet, wie umfangreich
die finanziellen Verflechtungen und die For-
derungen gegen die Krisenländer sind. Im
Feuer sind im Fall eines solchen Kollapses
eben nicht „nur“ die Bankenforderungen und
die Forderungen der EZB im Rahmen des
TARGET-Systems, sondern auch umfangrei-
che Ansprüche privater Firmen. Diese belau-
fen sich für die Problemstaaten auf über
Ein Kollaps Spaniens
oder Italiens wäre nicht
zu verantworten.
Banken/ Unternehmen/ Staat Zusammen Versicherungen Private
Griechenland 25,3 6,5 3,9 35,7
Portugal 16,8 10,4 4,2 31,4
Irland 82,8 74,2 45,5 202,5
Spanien 127,5 137,1 9,9 274,5
Italien 125,2 88,0 20,6 233,8
Summe 377,6 316,2 84,1 777,9
Deutsche Forderungen gegenüber den Euro-Problemstaaten in Milliarden Euro(Stand 31. Dezember 2011)Quelle: Sachverständigenrat, ohne TARGET-Forderungen
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
27
300 Milliarden Euro. Nicht zu vergessen, dass
auch deutsche Lebensversicherungen mit er-
heblichen Teilen ihrer Deckungsstocks in
Spanien und Italien engagiert sind. Käme es
hier zu „Haircuts“, würden auch große deut-
sche Lebensversicherer ins Wanken geraten.
Die systemischen Folgen und die globale Ab-
wärtsspirale, die sich in einem solchen Szena-
rio entwickeln würde, wären völlig unkalku-
lierbar. Würden Italien und Spanien fallen
gelassen, warum sollten dann die nächsten
panischen Fluchtbewegungen eigentlich
nicht Länder wie Frankreich, Belgien oder
Österreich erfassen?
Deutschland hat keine „Finnlandoption“
Auch hat Deutschland das Problem, dass es
sich nicht wie kleine Eurostaaten einfach „da-
vonstehlen“ könnte. Zunehmend wird etwa in
der finnischen Politik die Option diskutiert,
dass Finnland die Währungsunion verlassen
könnte. Das ist eine für Finnland durchaus
denkbare Möglichkeit. Der finnische Exit wür-
de die Eurozone ökonomisch nicht kollabieren
lassen. Er würde zwar politische Schockwellen
aussenden und vielleicht eine weitere Absetz-
bewegung (Niederlande, Slowakische Repu-
blik) auslösen. Ökonomisch könnte das Aus-
scheiden eines kleinen, starken Landes aber
durchaus funktionieren. Dies gilt für Deutsch-
land nicht. Denn ohne die deutsche Finanz-
kraft wären alle Rettungsversuche in der Euro-
zone chancenlos.
Sonderfall Griechenland: Möglichkeit
einer Restinsolvenz
Unsere Ablehnung des Lösungswegs „Ende
mit Schrecken“ bezieht sich auf Spanien und
Italien, nicht aber auf Griechenland. Eine
griechische Insolvenz wäre zwar für das Land
ein erneuter gravierender ökonomischer
Schock. Europa und die Welt würden davon
aber wohl nicht ins Wanken geraten, weil pri-
vate Gläubiger Griechenlands ohnehin seit
Langem mit diesem Fall rechnen und ihre
Forderungen schon weitgehend wertberich-
tigt haben. Die Forderungen von deutschen
Banken und Versicherungen gegenüber Grie-
chenland haben sich seit Jahresende 2011 (da-
maliger Stand 25,3 Milliarden Euro) durch die
Märzumschuldung weiter stark verringert.
Hier wäre ein Ausfall der restlichen Forde-
rungen sicherlich verkraftbar. Ansonsten
kostet Griechenland ständig Glaubwürdig-
keit. Denn wenn niemand sich traut, auch bei
klarer Zielverfehlung der Sparauflagen, den
Geldhahn zuzudrehen, kann das Land sein
Katz-und-Maus-Spiel mit der Troika noch
lange weiterführen. Auch werden die Kurz-
fristfinanzierungen für das ständig am Rand
der Zahlungsunfähigkeit operierende Land
immer dubioser. Wenn etwa die EZB wie im
August plötzlich wieder griechische Staats-
anleihen als Sicherheiten akzeptiert, damit
die Banken des Landes kurzfristige Papiere
kaufen, dann gleicht dies eher einer Insolvenz-
verschleppung als einem seriösen Finanzie-
rungskonzept.
Europa sollte sich
auf eine geordnete
Restinsolvenz
Griechenlands
vorbereiten.
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
28
Der Internationale Währungsfonds (IWF)
hat unseres Erachtens gute Argumente auf
seiner Seite, wenn er nun verstärkt Druck in
Richtung eines weiteren Schuldenschnitts bei
Griechenland macht, der dann aber voll die
öffentlichen Forderungen betreffen würde.
Es ist nun einmal nicht die Aufgabe des IWF,
Transfers an überschuldete Staaten zu leisten.
Eurobonds wären fatale Weichenstellung
Die zweite Lösungsvariante, die in unserer
Bewertung ein glasklares „No go“ verdient, ist
der Einstieg in die gesamtschuldnerische
Haftung der Variante C.
• DieRisikenfürdiedeutschenSteuerzahler
würden mit einer solchen Weichenstellung
in eine völlig neue Größenordnung kata-
pultiert. Die Staatsverschuldung Italiens
und Frankreichs liegt jeweils bei etwa 2 Bil-
lionen Euro. Das bedeutet, dass der Haf-
tungsverbund zu einem existenziellen Risi-
ko für unseren Wohlstand werden könnte.
• Die Anreize zum Schuldenmachen würden
wieder stark zunehmen. Kollektivhaftung
bedeutet gleichzeitig, dass alle Schuldner
wohl mehr oder minder einen Einheitszins
zahlen würden. Somit gäbe es keine Ver-
bindung mehr zwischen der Qualität der
Finanzpolitik eines Landes und seinen Fi-
nanzierungskonditionen. Viele in Angriff
genommenen Reform- und Konsolidie-
rungspakete in Südeuropa würden abgebla-
sen; die entsprechenden Länder könnten
straflos eine wirtschafts- und marktfeindli-
che Politik verfolgen.
• Die Schuldenkrise wäre nicht überwunden,
ihreakutePhasewürdedurchdieKollektiv-
haftung nur einige Jahre verzögert. Spätes-
tens wenn die deutsche Bonität nicht mehr
ausreichen würde, die fehlende Kreditwür-
digkeit in anderen Eurostaaten auszuglei-
chen, würden die Renditen der Euro-
staatsanleihen wieder steigen.
Der Merkel-Schäuble-Kurs ist momentan
noch durch eine eindeutige Absage an die ge-
samtschuldnerische Haftung gekennzeich-
net. Ob Deutschland bei dieser Position
bleibt, ist allerdings wohl auch von der innen-
politischen Kräfteentwicklung abhängig.
Denn die Oppositionsparteien Grüne und
SPD haben sich deutlich zugunsten des
Schuldentilgungsfonds positioniert.
Doch der Schuldentilgungsfonds des Sach-
verständigenrats kann sich als Trojanisches
Pferd erweisen, über den die Eurobonds in
Deutschland hoffähig gemacht werden sol-
len. Die begeisterte Reaktion Südeuropas und
europäischer Politiker auf diese Idee sollte ei-
gentlich schon misstrauisch machen.
Der Schulden-
tilgungsfonds ist ein
Trojanisches Pferd der
Kollektivhaftung.
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
29
Öffentliche Schulden über 60 Prozent des BIP
werden in einen europäischen Schuldentil-
gungsfonds ausgelagert. Dies geschieht in ei-
nem mehrjährigen Prozess (der sogenannten
„Roll-in-Phase“). Gleichzeitig verpflichten sich
die Eurostaaten auf Zahlungen an den Alt-
schuldentilgungsfonds. Diese sind so zu be-
messen, dass die gemeinschaftlich finanzier-
ten Schulden nach 25 Jahren abgetragen sind.
Dem Fonds sollen dazu die Einnahmen aus
bestimmten Steuern zufließen. Nach 25 Jah-
ren wären dieser Vorstellung zufolge dann alle
Staatsschulden oberhalb von 60 Prozent in
den teilnehmenden Ländern abgetragen, und
der Schuldentilgungsfonds hätte sich selber
abgeschafft.
Alle Staaten, die durch den Fonds teilweise fi-
nanziert werden, müssen für die Kredite des
Schuldentilgungsfonds Sicherheiten in einer
Höhe von 20 Prozent der erhaltenden Kredite
als Pfand hinterlegen. Dazu kommen Gold-
und Währungsreserven in Betracht. Der
Schuldentilgungsfonds wird gemeinschaft-
lich garantiert. Der Sachverständigenrat dis-
kutiert zwar auch eine teilschuldnerische Va-
riante. Im Kern des Vorschlags steht jedoch
die gesamtschuldnerische Haftung, weil so
die günstigsten Finanzierungskondiktionen
erzielbar wären.
Die Finanzierung durch den Schuldentil-
gungsfonds soll für alle Eurostaaten zur An-
wendung kommen, die sich noch nicht in ei-
nem vollen EFSF-ESM-Anpassungsprogramm
befinden. Der Fonds würde also die Staatsver-
schuldung aller 17 Eurostaaten finanzieren
mit Ausnahme Griechenlands, Irlands, Portu-
gals und Zyperns. Spanien und Italien würden
somit durch den Fonds finanziert. Alle teilneh-
menden Staaten verpflichten sich auf die Ein-
führung strenger Schuldengrenzen. Bis diese
voll wirksam werden, gelten Konsolidierungs-
vereinbarungen.
Der Schuldentilgungsfonds des Sachverständigenrats
Quelle: Sachverständigenrat
Der Sachverständigenrat beansprucht, die Ri-
siken des Fonds durch die Verpfändung von
Sicherheiten und das Abtreten nationaler
Steuern zu begrenzen. Abgesehen von der
Frage, wie viele Sicherheiten ein Land wie
Spanien oder Italien tatsächlich rechtlich ver-
bindlich hinterlegen könnte, kann sich eine
Abtretung von bestimmten Steuern über ei-
nen Zeitraum von 25 Jahren als äußerst
schwierig erweisen. Denn wer weiß schon,
welche Art von Partei oder Regierungschef in
Italien des Jahres 2030 das Sagen hat, gerade
dann, wenn die Sparauflagen über Jahre sehr
drastisch sind? Es existiert keinerlei Durch-
griffsmöglichkeit, wenn ein Land zwar die
Kollektivhaftung dankbar in Anspruch
nimmt, um sich preiswert zu finanzieren,
nach einigen Jahren aber den Sparkonsens
aufkündigt.
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
30
Eine zweite Schwachstelle des Schuldentil-
gungsfonds ist die Begrenzung der Kollek-
tivhaftung auf die Staatsverschuldung ober-
halb von 60 Prozent des BIP. Hier bleibt die
Frage unbeantwortet, wie denn eigentlich der
Rest der Staatsverschuldung finanziert wer-
den soll, wenn der Schuldentilgungsfonds
schon über die besten Sicherheiten wie Gold-
und Devisenreserven verfügt. Die restlichen
national zu finanzierenden Schulden wären
dann immer zweitklassig und demzufolge
mit erheblichen Risikoprämien behaftet. Es
ist daher völlig klar, dass sehr schnell der Ruf
nach einer Ausweitung des Schuldentilgungs-
fonds auf einen noch größeren Anteil an der
Staatsverschuldung käme. Der Sachverstän-
digenrat quantifiziert das maximale Volumen
des Schuldentilgungsfonds für das Jahr 2018
mit knapp 2,6 Billionen Euro.
Man kann es drehen und wenden, wie man
will: Auch mit dem Schuldentilgungsfonds
würde Europa den Weg ohne Wiederkehr in
die unbegrenzte Kollektivhaftung und immer
höhere Schulden beschreiten.
ESM-Ausweitung wäre politischer
Kraftakt mit ungewissen Erfolgschancen
Damit bleiben in realistischer Betrachtung zur
Stabilisierung der Lage eigentlich nur zwei Va-
rianten übrig, die Variante A mit dem Ausbau
des ESM oder die monetäre Variante B, in der
die EZB direkt oder indirekt noch stärker in
die Staatsfinanzierung eingreift.
Die Ausdehnung des ESM-Finanzierungs-
volumens wäre technisch möglich, politisch
würde eine solche Operation allerdings ein
ungeheurer Kraftakt werden. Denn mit jedem
Schuldentilgungsfonds: maximales Volumen 2018, Angaben in Milliarden EuroQuelle: Sachverständigenrat, Sondergutachten Juli 2012, Gesamtsumme: 2.580,6 Mrd. Euro.
Deutschland: 537,8
Spanien: 271,0
Malta: 0,9
Niederlande: 56,3 Österreich: 40,4Belgien: 142,1
Frankreich: 580,1
Italien: 952,0
27,6%
6,1 %
4,1 %
13,2 %
5,4 %
2,4 %4,7 %
Abbildung 1: Aufteilung des Kreditportfolios nach Risikokategorie
36,5 %
1 2 3 4 5 6 7 8
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
31
der bisherigen Schritte – von der Verabschie-
dung des ersten Griechenlandhilfspakets
über den temporären Rettungsschirm bis hin
zur Etablierung des dauerhaften ESM – ist
der politische Widerstand auch innerhalb der
deutschen Regierungskoalition ständig ange-
stiegen. Zudem wachsen die verfassungs-
rechtlichen Risiken.
Schließlich dürfen wir nicht übersehen, dass
große Hindernisse für diese Option außer-
halb Deutschlands warten. Ob etwa die finni-
sche Regierung noch einmal eine Ausdeh-
nung des ESM durchsetzen könnte, ist sehr
zweifelhaft.
Je nach Kapitalmarktentwicklung kann das
Verfahren auch schlicht zu lange dauern, um
eine Eskalation an den Märkten einzudäm-
men. Mit Sicherheit würde es in Deutschland
erneut eine zeitaufwändige Prüfung vor dem
Bundesverfassungsgericht geben.
Vor diesem Hintergrund sind die vielfach kri-
tisierten EZB-Anleihekäufe die einzige schnell
verfügbare und effektive Waffe im Kampf ge-
gen eine erneute Panikattacke. Wir haben in
den vergangenen Wochen schon vor der Ent-
scheidung des EZB-Rats am 6. September er-
lebt, wie bereits eine äußerst vage Kauf-
ankündigung seitens EZB-Präsident Mario
Draghi die Lage temporär entspannen konnte.
Für viele Ökonomen sind weitere Anleihe-
käufe jedoch des Teufels und unbedingt zu
unterlassen. Wir teilen diese radikale Ableh-
nung nicht. Natürlich kann sich kein An-
hänger deutscher Stabilitätstradition über
den Einstieg in die monetäre Staatsfinanzie-
rung freuen. Und sicherlich sind die langfris-
tigen Inflationsgefahren nicht von der Hand
zu weisen. Wenn es aber keine realistische
andere Option ohne erhebliche Risiken gibt,
dann kann ein Eingreifen der Zentralbank
eben doch ein sinnvoller Teilbeitrag zur Be-
ruhigung der Lage sein. In jedem Fall wird
Zeit gewonnen, damit die Reformen ihre
Wirkung entfalten können.
In der Diskussion kommen – im Vergleich zu
anderen Lösungsoptionen – einige Vorteile
der EZB-Anleihekäufe zu kurz. So sind sie
viel eher umkehrbar als dies für alle Ret-
tungsschirme oder gar die Eurobonds der Fall
ist. Auch liegt es keinesfalls im institutionel-
len Eigeninteresse der EZB, auf Dauer zum
Finanzier des Fiskus zu werden. Die schwe-
ren Konflikte in der EZB machen deutlich,
dass Anleihekäufe allenfalls ein notwendiges
Übel sind und so schnell wie möglich wieder
eingestellt werden sollten. Dabei muss sich
der EZB-Rat weiterhin am obersten Ziel – der
Verteidigung der Preisstabilität – messen las-
sen. Auch dies wird für einen ständigen
Druck in Richtung einer Beendigung der An-
kaufsprogramme nach einigen Jahren sor-
gen. Mit Eurobonds läge der Fall ganz anders:
Wären diese einmal etabliert, dann würden
die begünstigten Länder zusammen mit Eu-
ropäischer Kommission und Europäischem
Parlament entschlossen an diesem neuen eu-
ropäischen Instrument festhalten wollen.
Die EZB-Interventionen
bergen Risiken
– anderen Krisen-
instrumenten sind sie
aber überlegen.
4 s c h u l D e n K r I s e : l ö s u n g s o p t I o n e n
32
Allerdings kommt es sehr darauf an, auf wel-
che Weise die Zentralbank in den nächsten
Monaten einspringen wird. Hier besteht ein
fundamentaler Unterschied zwischen direk-
ten EZB-Anleihekäufen und der viel disku-
tierten Banklizenz für den ESM. Mit der
Banklizenz könnte der ESM am Kapitalmarkt
erworbene Anleihen zur Refinanzierung bei
der Zentralbank einreichen. Hier wäre somit
nicht mehr die Zentralbank die Herrin der
Entscheidung. Daher sind die direkten Anlei-
hekäufe vorzuziehen, weil der EZB-Rat in sei-
ner Güterabwägung zwischen Stabilisierung
der Anleihemärkte und Preisstabilität weiter-
hin autonom bliebe. Die ESM-Banklizenz
würde die Steuerungsfähigkeit der EZB sehr
viel stärker beeinträchtigen als die direkten
Anleihekäufe.
In der politischen Diskussion wird an der
EZB-Lösung kritisiert, dass diese undemo-
kratischer sei als neue von den Parlamenten
genehmigte Kreditoperationen. Das Argu-
ment ist nicht falsch und verweist auf weitere
Kosten der Krise: Die Komplexität und die
Anforderungen der Krisenentscheidungen
überfordern zunehmend die Parlamente.
Entscheidungen an den Parlamenten vorbei
– wie die im unabhängigen EZB-Rat gefass-
ten – werden daher wichtiger. Dies ist sicher-
lich ein Problem für eine Demokratie. Gleich-
wohl können mit diesem Weg für die
unmittelbare Abwehr großer ökonomischer
Gefahren auch Vorteile verbunden sein.
Insgesamt verläuft das Krisenmanagement in
der Schuldenkrise unserer Auffassung nach
zufriedenstellend. Bislang konnten die wirk-
lich hochriskanten Optionen – Eurobonds,
ungeordnete Zahlungsausfälle – vermieden
werden. Der EZB-Weg birgt ebenfalls Risi-
ken, die wir im nächsten Kapitel noch genau-
er beleuchten. Wir schätzen diesen Weg aber
nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der-
zeit am ehesten als vertretbar ein.
Direkte Anleihekäufe
sind einer ESM-
Banklizenz eindeutig
vorzuziehen.
Bislang hat das Euro-
krisenmanagement
die größten Risiken
umschifft.
33
Gewöhnlich beginnt die Analyse der Situati-
on an der Inflationsfront mit aktuellen Daten
zur Preis- und Geldmengenentwicklung.
Derzeit wäre dieser Einstieg für eine geldpoli-
tische Analyse der Eurozone jedoch unpas-
send. Denn halbwegs akzeptable kurzfristige
Preisdaten dürfen nicht darüber hinwegtäu-
schen, dass die Ausweitung der EZB-Staats-
anleihekäufe eine neue Ära der europäischen
Geldpolitik markiert.
Die Zusage der EZB, Spanien und Italien ge-
gen zu hohe Anleihezinsen zu schützen, ist
im Grunde eine Wette auf den Erfolg der Re-
formprozesse in diesen Ländern. Wenn die
Reformen und Konsolidierungsbemühungen
dort weiterhin demokratische Akzeptanz fin-
den und ökonomisch Früchte tragen, dann
dürfte alles gut gehen. Dann werden auch die
monetären Folgen der Stützungsoperationen
begrenzt sein. Kommt es aber nicht zur
durchgreifenden Konsolidierung, dann wer-
den die Anleihebestände in der EZB-Bilanz
in gefährliche Größenordnungen wachsen.
Im schlimmsten Fall würde die Zentralbank
die Kontrolle über die Geldmenge verlieren.
Aussagen, dass die EZB in einem solchen Fall
die Anleihekäufe einfach einstellen könnte,
sind nicht glaubwürdig. Der plötzliche Exit
aus der einmal begonnenen Schuldenfinan-
zierung würde unweigerlich zum Kollaps der
Eurozone führen, der nach dem Konsens ei-
ner Mehrheit im EZB-Rat unter allen Um-
ständen vermieden werden muss.
Insofern ist nun etwas eingetreten, was mit
dem Maastrichter Vertrag eigentlich verhin-
dert werden sollte: Die Stabilität des Euro ist
nicht mehr nur von der EZB abhängig, son-
dern entscheidet sich von nun an auch in
Rom und Madrid.
Die EZB-Staatsanleihe-
käufe markieren eine
neue Ära der europä-
ischen Geldpolitik.
Die Stabilität des Euro
entscheidet sich nun
auch in Rom und
Madrid.
5 Geldpolitik: Einbahnstraße in die Inflation?
Konditionalität: Eine notwendige Bedingung
für die Stützung eines Landes durch das OMT-
Programm ist, dass das Land den Reform- und
Sparauflagen der Rettungsschirme (EFSF/
ESM) unterworfen ist.
Anwendung: Das Programm kommt für
Länder mit EFSF-ESM-Unterstützung oder
Hilfszusagen in Betracht und soll auch für Kri-
senstaaten in der Phase angewendet werden,
wenn sie an den Kapitalmarkt zurückkehren.
Details des Outright-Monetary-Transactions-Programms (OMT)
5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?
34
Nach der Aktivierung des EZB-Kaufpro-
gramms werden die Erfahrungen der ersten
Wochen entscheidend sein. Im günstigen Fall
wird allein die Bereitschaft der EZB, bestimm-
te kritische Zinshöhen zu verhindern, die
Märkte stabilisieren, ohne dass die Zentral-
bank in großem Umfang tatsächlich Anleihen
kaufen muss. In diesem Szenario würden zwar
auch Risiken für die mittelfristige Stabilität
des Euro verbleiben, die Chancen für einen
guten Ausgang würden aber klar zunehmen.
Die Inflationsgefahren werden hingegen zu-
nehmen, wenn den Märkten bloße Ankündi-
gungen nicht reichen. Dann wird die EZB in
den kommenden zwei Jahren spanische und
italienische Bonds im Umfang von Hunder-
ten von Milliarden Euro in die Bücher neh-
men müssen. In diesem Szenario bewegt sich
die Währungsunion klar in Richtung einer
Inflationsgemeinschaft.
Bei allen Diskussionen um die mittel- und
langfristigen Inflationsgefahren möchten wir
jedoch klarstellen: In der kurzen Frist hat die
Eurozone kein wirklich gravierendes Inflati-
onsproblem trotz des aktuell ölpreisbeding-
ten Preisauftriebs. Die konjunkturelle Schwä-
cheperiode in der Eurozone erstickt jeden
allgemeinen Preisauftrieb schon im Ansatz.
Sinkende Löhne in der europäischen Peri-
pherie und die schwindende Kaufkraft in den
Ländern mit wachsender Arbeitslosigkeit
wirken inflationsbremsend. Gäbe es nicht die
Sondereffekte durch den aktuellen Ölpreis-
schub, dann würde die Inflationsrate der Eu-
rozone noch markanter abrutschen. Ebenso
wenig bietet die Geldmengenentwicklung ak-
tuell Grund zur Beunruhigung. Die Geld-
menge wächst seit geraumer Zeit zwischen
2 und 3 Prozent, die Zielrate der EZB für
das Wachstum ihres wichtigsten monetären
Aggregats liegt bei 4,5 Prozent, die Kredite an
den Privatsektor sind sogar rückläufig.
Es ist dieses aktuelle Umfeld, für das die EZB
ihre zinspolitischen Entscheidungen trifft.
Und in diesem Umfeld besteht immer noch
Zinssenkungsspielraum. Wir hielten es aber
für richtig, wenn sich die EZB nach ihrer letz-
ten Zinssenkung vom Juli von 1,0 auf
0,75 Prozent noch etwas Zeit für weitere
Die Eurozone hat
keine gravierenden
kurzfristigen
Inflationsrisiken.
Gläubigerstatus: Die EZB verzichtet auf einen
bevorrechtigten Gläubigerstatus. Im Fall einer
Umschuldung würde sie die gleichen Verluste
erleiden wie private Gläubiger. Dies war im Fall
der Griechenlandumschuldung noch anders.
Geldmengeneffekte: Die EZB will die OMT-
Programme in voller Höhe „sterilisieren“, das
heißt die Liquiditätseffekte durch andere
geldpolitische Geschäfte neutralisieren.
Transparenz: Der Bestand an Anleihen in der
EZB-Bilanz wird wöchentlich publiziert. Mo-
natlich wird der Bestand nach Laufzeit und
Ländern aufgeschlüsselt.
Quelle: EZB
5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?
35
Der Spielraum der
EZB für weitere
Zinssenkungen ist
knapp bemessen.
Zins senkungen ließe und sich den ohnehin
nur noch knapp bemessenen Spielraum auf-
sparte. Für eine zinspolitische Ruhephase
sprechen die folgenden Argumente:
1. EineSenkungderEZB-Leitzinsenistinder
gegenwärtigen Lage kein aussichtsreiches
Mittel zur Bekämpfung der Rezession in
derEurozone. Niedrigere Leitzinsen kön-
nen die Kreditkosten und die Kreditverfüg-
barkeit in den Krisenstaaten kaum günstig
beeinflussen. Denn sie verändern nichts an
der Risikoeinschätzung und den Zinsauf-
schlägen von Kreditnehmern aus den
PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland,
Griechenland, Spanien). Vermutlich wir-
ken klassische Zinssenkungen sogar in un-
günstiger Weise ungleich: Während niedri-
gere EZB-Zinsen in Südeuropa nichts
bewirken, heizen sie die deutsche Konjunk-
tur weiter an. Auf diese Weise verschärft sich
das Konjunkturgefälle noch weiter. Daran
kann dem EZB-Rat nicht gelegen sein.
2. DieEZBwirdsichnunaufdieKonzeption,
DurchführungundWirkungsanalyseihres
neuen Anleihekaufprogramms konzent-
rieren. Dieser neue Ansatz ist viel eher ge-
eignet, zur Stabilisierung der Europeriphe-
rie beizutragen als klassische geldpolitische
Instrumente. Auch dieses Programm läuft
auf Zinssenkungen hinaus. Allerdings be-
treffen diese den langfristigen Kapital-
marktzins und nicht nur den Kurzfristzins,
der normalerweise Gegenstand geldpoliti-
scher Entscheidungen ist.
Bei der Leitzinsrate erwarten wir daher allen-
falls noch einen 0,25-Prozent-Schritt und
keine rasche weitere Annäherung an die
Nulllinie.
Dass die EZB nun erst einmal eine zinspoliti-
sche Pause einlegen sollte, bestätigen auch die
Erfahrungen der Fed. Die amerikanische
Zentralbank hat ihr Pulver, was die klassische
Geldpolitik anbelangt, seit Langem verschos-
sen. Schon fast vier Jahre, seit Dezember
2008, befinden sich die Leitzinsen bei 0 bis
0,25 Prozent. Manche Versuche, das Wachs-
tum trotzdem weiter anzukurbeln, wirken
fast schon verzweifelt. So arbeitet die Fed nun
mit Versprechen darüber, wie lange sie die
Zinsen noch bei null halten will. Dabei gilt
seit Neuestem sogar die Zusage, dass die Leit-
zinsen noch bis Mitte 2015 auf einem niedri-
gen Niveau verbleiben sollen. Was ein solches
Niedrigzinsversprechen wert ist, bleibt aller-
dings völlig ungewiss. Es ist schwer vorstell-
bar, dass die Fed diese Zusagen einhalten
könnte, wenn es überraschend zu einer star-
ken Wachstumserholung mit einem Inflati-
onsschub käme.
Entsprechend richten sich die Hoffnungen ei-
ner wirksameren Wachstumsunterstützung
auf die neuen Varianten der geldpolitischen
Lockerung. Nach Wochen der Unsicherheit
hat sich der Offenmarktausschuss mitten im
Präsidentschaftswahlkampf auf eine dritte
Runde des „Quantitative Easing“ („QE3“) ver-
ständigt. Dieser Schritt wurde dadurch er-
leichtert, dass Inflationsgefahren derzeit nicht
Ein Inflationsproblem
besteht trotz des
Ölpreisschubs weder
diesseits noch jenseits
des Atlantiks.
5 g e l D p o l I t I K : e I n b a h n s t r a s s e I n D I e I n f l a t I o n ?
36
existieren. Ganz im Gegenteil ist die Inflati-
onsrate in diesem Jahr markant abgesunken,
von fast 3 Prozent zu Jahresbeginn auf nur
noch 1,5 Prozent im Sommer und Herbst. An-
gesichts dessen mehren sich schon die Stim-
men, die für die USA vor dem Risiko einer
Deflation warnen. Und weil die Fed neben
dem Ziel der Preisstabilität auch Wachstums-
und Beschäftigungsziele zu verfolgen hat, ist
sie durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit
zum Handeln gezwungen. Das beschlossene
QE3 zielt auf eine Stabilisierung des Immobi-
lienmarktes ab. Pro Monat sollen im Umfang
von 40 Milliarden US-Dollar Hypotheken-
anleihen gekauft werden. Das Programm
läuft ohne zeitliche Begrenzung. Außerdem
behält sich die Notenbank noch umfassendere
Käufe unter Einschluss von Staatsanleihen
vor, sollte es nicht zu einer Entspannung auf
dem Arbeitsmarkt kommen.
Mit Blick auf die beiden führenden Noten-
banken der Welt ist dieses Mal ein überein-
stimmendes Fazit angebracht: Ein nennens-
wertes kurzfristiges Inflationsproblem besteht
trotz des Ölpreisschubs weder diesseits noch
jenseits des Atlantiks. Aber beide Notenban-
ken, Fed und die EZB, haben ihr klassisches
Instrumentarium auch weitgehend ausge-
reizt. Die EZB hätte zwar noch Zinssen-
kungsspielraum, derzeit sind solche Zins-
schritte aber sinnlos. Infolgedessen konzen-
trieren sich beide auf unkonventionelle Pro-
gramme, die am langen Ende des Zinsspekt-
rums ansetzen.
Beide Zentralbanken werden dadurch der
Konjunkturerholung Rückendeckung geben
können. Geldpolitisch stehen die Zeichen
weiterhin auf Expansion. Inflationäre „Risi-
ken und Nebenwirkungen“ sind real und
hochgradig relevant, betreffen aber eben nur
die längere Frist. Mit Blick auf 2013 ist mo-
mentan nicht mit inflationären Impulsen zu
rechnen.
37
Die europäische Schuldenkrise ist längst
nicht das einzige Hindernis für das globale
Wirtschaftswachstum. Weitere Risikofakto-
ren treten hinzu, die sich mit der Krise in der
Eurozone und ihren weltweiten Auswirkun-
gen wechselseitig verstärken. Folgende Belas-
tungen sind zu nennen:
• Ganz untypisch für eine sich verschlech-
ternde globale Konjunkturperspektive ist
der ÖlpreisindenzurückliegendenMona-
ten auf Klettertour gegangen. Gründe
sind Produktionsausfälle, aber vor allem
die schärfer werdende Kriegsrhetorik im
Israel-Iran-Atomkonflikt. Seit Mitte Juni
ist der Preis für Brent-Öl um 30 Prozent ge-
stiegen. Auch mag eine spekulative Flucht
in Rohstoffe angesichts der Abwendung
von den Staatsanleihen eine Rolle spielen.
Bislang waren hohe Ölpreise Indikatoren
für bessere Konjunkturaussichten. Dies gilt
jetzt eher nicht – und könnte daher die Sta-
gnation und Rezession verschärfen.
• Die asiatischen Schwellenländer schwä-
chelnstark. Und dies gilt besonders für die
Bevölkerungsgiganten China und Indien.
Die Gründe sind nicht nur in den geringe-
ren Exporten nach Europa zu suchen, auch
hausgemachte Probleme ziehen die Kon-
junktur nach unten. Das globale Wachstum
kann deshalb in den kommenden Jahren
nicht mehr wie bisher auf die Unverwund-
barkeit der asiatischen Staaten setzen. Ganz
im Gegenteil: Für die Volksrepublik und
für Indien kann der Wachstumsrückgang
durchaus stärker als befürchtet ausfallen.
• Die Industriestaaten verfügen über keinen
fiskalischenStabilisierungsspielraummehr.
Deshalb werden viele Eurostaaten, aber auch
die USA, ihre Konjunktur durch harte Spar-
bemühungen weiter belasten müssen. Hinzu
kommt, dass in den USA zur Jahreswende
die „Fiskalklippe“ droht, eine überaus starke
automatische Konsolidierung durch Steuer-
erhöhungen und Ausgabekürzungen.
Diesen Belastungen stehen allerdings auch
stabilisierende Elemente gegenüber:
• DieGeldpolitikwirktglobaläußerstexpan-
siv. Gleichzeitig ist der Inflationsdruck in
Ländern wie den USA, der Volksrepublik
China und auch in der Eurozone gesunken.
• Die sicheren Häfen in der Vertrauenskrise
um die Staatsverschuldung profitieren von
außerordentlichniedrigenZinsen. Kapital
für den Staat und für die Unternehmen in
6 Weltwirtschaft: Schuldenkrise und Chinasorgen
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
38
den USA, in Deutschland, aber auch in vie-
len anderen halbwegs soliden Staaten ist
derzeit historisch billig zu haben. Dies sta-
bilisiert Investitionen und Konsum.
• Und wie immer gibt es eben auch Gewinner
derhohenRohstoffpreise. Die Ölproduzen-
ten verfolgen weiterhin eine großzügige In-
vestitionspolitik, sodass sie die Weltwirt-
schaft teilweise für den ölpreisbedingten
Ist Prognose 2011 2012 2013
Weltwirtschaft 3,9 3,3 3,6
Industriestaaten 1,6 1,3 1,5
USA 1,7 2,0 2,1
Eurozone 1,5 –0,4 0,2
– Deutschland 3,1 1,0 1,0
– Frankreich 1,7 0,1 0,4
– Italien 0,4 –2,3 –0,7
– Spanien 0,4 –1,5 –1,3
Japan –0,7 2,2 1,2
Großbritannien 0,7 –0,4 1,1
Schwellen- und 6,2 5,3 5,6 Entwicklungsländer
Afrika 5,1 5,0 5,7
Mittel- und Osteuropa 5,3 2,0 2,6
Russland 4,3 3,7 3,8
Asien 7,8 6,7 7,2
– China 9,2 7,8 8,2
– Indien 6,8 4,9 6,0
Mittlerer Osten 3,3 5,3 3,6
Mittel- und Südamerika 4,5 3,2 3,9
– Brasilien 2,7 1,5 4,0
Weltwirtschaft: Prognosen des Internationalen WährungsfondsQuelle: IWF
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
39
Am US-Immobilien-
markt gib es Anzeichen
für eine Stabilisierung.
Kaufkraftentzug entschädigen. Dabei konn-
ten Staaten wie Irak oder Libyen ihre Erdöl-
produktion zuletzt wieder stark ausweiten.
Beginnen wir unsere Detailanalysen zur
Weltwirtschaft in den USA – der Volkswirt-
schaft, in der der Staat weit höhere Staats-
schulden und ein weit höheres Defizit auf-
weist als in der krisengeplagten Eurozone.
USA: Handlungsfähigkeit der neuen
Administration wird kritischer Faktor
Für die Vereinigten Staaten ist 2012 konjunk-
turell im ersten Halbjahr enttäuschend ver-
laufen. Trotz aller geldpolitischer Rücken-
deckung und eines ungebremsten „Deficit
Spending“ – das Staatsdefizit liegt aktuell bei
8 Prozent des BIP – war im zweiten Quartal
eine erneute leichte Abschwächung zu verbu-
chen. Die Wirtschaftsleistung wuchs real nur
noch mit einer Jahresrate von 1,7 Prozent, im
ersten Quartal hatte das Wachstum noch
2 Prozent betragen. Für die USA sind dies er-
nüchternde Zahlen, zumal der US-Arbeits-
markt erst bei einem Wachstum deutlich
oberhalb von 2 Prozent wirklich belebt wer-
den kann. Aktuell prognostiziert die Fed für
das Gesamtjahr 2012 eine Zunahme des BIP
von 1,9 Prozent und 2,4 Prozent im kommen-
den Jahr – ein für die US-Erfahrung äußerst
unbefriedigender Wert.
Eine Schlüsselrolle für mehr Wachstum spielt
der Häusermarkt. Zwei von drei US-Bürgern
sind Besitzer eines Eigenheims. Die starken
Vermögensverluste der Immobilienkrise
bremsen daher die Konsumbereitschaft der
breiten Masse. Hier gab es zuletzt einige hoff-
nungsvoll stimmende Nachrichten. So ist der
Hauspreisindex im Frühjahr endlich wieder
leicht gestiegen, allerdings liegen die Preise
landesweit immer noch um ein Drittel unter
dem Vorkrisenniveau. Weil aber die Verluste
inzwischen mental von vielen Besitzern abge-
schrieben sein dürften, können neue mode-
rate Wertgewinne tatsächlich für eine etwas
verbesserte Konsumstimmung sorgen. Dies
ist auch bitter nötig. Denn die amerikanische
Konjunktur ist auf ausgabefreudige Verbrau-
cher stark angewiesen.
In dieser fragilen Lage ist es politisch ver-
ständlich, dass die Obama-Administration
mitten im Präsidentschaftswahlkampf hek-
tisch von den Europäern Maßnahmen zur
Beendigung der Krise einforderte. Dennoch
hat die US-Politik selbst die entscheidende
Verantwortung für das ökonomische Wohl-
ergehen des Landes. Für erhebliche Nervo-
sität wird in den kommenden Monaten die
Debatte um die „Fiskalklippe“ sorgen. Dieser
Begriff bezeichnet die automatischen Spar-
maßnahmen, die Ende 2012 Gesetzeskraft
erlangen, wenn sie nicht noch vom Kongress
abgemildert werden. Viele der Steuerentlas-
tungen der zurückliegenden Jahre, zum gro-
ßen Teil noch unter George W. Bush be-
schlossen, waren befristet und laufen Ende
2012 aus. Des Weiteren sind automatische
Ausgabenkürzungen gesetzlich vorgeschrie-
ben. In der Summe werden alle diese Spar-
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
40
maßnahmen auf etwa 4 Prozent des BIP ver-
anschlagt. Würden diese Kürzungen tat-
sächlich so kommen, könnte dies die US-
Wirtschaft in eine Rezession stürzen. Im
Grunde besteht daher ein politischer Kon-
sens darüber, dass die Konsolidierungsmaß-
nahmen zeitlich gestreckt verlaufen sollten.
Wir haben aber schon im Sommer vergange-
nen Jahres erlebt, wie sehr sich Demokraten
und Republikaner wechselseitig blockieren
können, auch wenn es zum Schaden des Lan-
des ausgeht. Insofern wird viel davon abhän-
gen, wie handlungsfähig der Kongress ist.
Lateinamerika:
geringe Europaverbindung vorteilhaft
Den lateinamerikanischen Ökonomien kommt
derzeit zugute, dass Europa als Handelspartner
nur eine geringe Rolle spielt. Die Brems effekte
der europäischen Schuldenkrise sind daher
sehr viel geringer als etwa in Mittel- und Osteu-
ropa. Bemerkenswert ist, dass Staaten, die in
der Vergangenheit immer wieder eigene Schul-
denkrisen durchlaufen haben, bislang nicht
von der Krise der europäischen Peripherie an-
gesteckt wurden. Zudem ist es bis auf einige
nervöse Marktphasen nicht zu einer Kapital-
flucht aus Südamerika gekommen. Die starke
Präsenz spanischer Banken in der Region sollte
als möglicher Übertragungsweg der Krise zu-
dem nicht überstrapaziert werden. Spanien ist
mit eigenständigen Tochterunternehmen in
der Region aktiv; sie würden auch bei Schiefla-
gen der Mutterinstitute das Bankensystem in
den Gastländern kaum destabilisieren.
Abstriche am vorsichtig optimistischen Be-
fund in der Region gelten für Argentinien.
Das Land leidet unter hoher Inflation und ei-
ner zunehmend wirtschaftsfeindlichen Regu-
lierung. Beunruhigend sind neue protektio-
nistische Ansätze, die Lateinamerika in den
zurückliegenden Jahrzehnten immer mehr
geschadet als genützt haben. Trotz aller Be-
denken bleibt die Region südlich der USA
insgesamt ein Hort vergleichsweiser ökono-
mischer Stärke und könnte in den kommen-
den Monaten mit zu einer Stabilisierung der
Weltkonjunktur beitragen.
Japans Sonderkonjunktur läuft 2013 aus
Japan erlebt 2012 die Sonderkonjunktur des
Wiederaufbaus der durch Erdbeben und Tsu-
nami zerstörten Gebiete. Diese Zusatznach-
frage stabilisiert in diesem Jahr das Wachs-
tum bei gut 2 Prozent. Hinzu kommt die auf
Vorkrisenniveau produzierende Autoindus-
trie, die nun die Weltmärkte wieder kräftig
beliefern kann. Aber schon im nächsten Jahr
wird die Sonderkonjunktur auslaufen. Auch
drohen nun unweigerlich konkrete Konsoli-
dierungsschritte, um überhaupt erst einmal
das Wachstum der Rekordstaatsverschuldung
einzudämmen. Japan wird Ende 2012 voraus-
sichtlich mit 236 Prozent des BIP verschuldet
sein. Und der IWF prognostiziert danach ei-
nen weiteren Anstieg mit einer Geschwindig-
keit von 10 Prozentpunkten pro Jahr. Dass
das Land einen Schuldenstand weit über dem
Griechenlands ökonomisch überleben kann,
hat zwei Gründe: Erstens ist Japan im Inland
Süd- und Mittelamerika
sind momentan
vergleichsweise
resistente
Wirtschaftsregionen.
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
41
verschuldet, und die japanischen Sparer blei-
ben bis auf Weiteres treue Käufer der Japan-
bonds. Und zweitens notieren die Schulden
in einer eigenständig kontrollierten Wäh-
rung. Notfalls – und im Unterschied zu den
europäischen Krisenstaaten – könnte die ja-
panische Zentralbank mit der Notenpresse
jeden „Run“ abwehren.
Dennoch ist völlig klar, dass die ökonomische
Zukunft des Landes durch die Rekordschul-
den bedroht ist. Schon ein moderater Anstieg
der Zinsen könnte die Situation gefährlich de-
stabilisieren. Von daher handelt die Regierung
richtig, wenn sie nun eine schrittweise Ver-
dopplung der Mehrwertsteuer von 5 auf
10 Prozent bis 2015 beschlossen hat. Klar ist
aber auch, dass dies den Konsum belasten
wird. Die kurzfristigen Konjunkturdaten wa-
ren zuletzt uneinheitlich. Die Wachstumser-
wartung von etwa 2 Prozent in diesem Jahr ist
nur dann realisierbar, wenn die Exporte nach
Europa und in die Volksrepublik China nicht
noch stärker absacken; im Sommer waren hier
überraschend schlechte Zahlen zu vermelden.
China und Indien: parallele
Verlangsamung zweier ungleicher
Ökonomien
Wer sich aktuell über die Entwicklung der
asiatischen Schwellenländer informieren will,
muss eigentlich nur die Containerstatistiken
des Hamburger Hafens studieren. Und diese
Statistiken zeigen seit dem Frühjahr nichts
Gutes: Von April bis Juni sank die Zahl der
Container im Chinaverkehr um rund 7 Pro-
zent. Ähnliche Zahlen sind aus Rotterdam zu
vermelden. Bei allem Lamento über den glo-
balen Abstieg Europas: Der Kontinent ist im-
mer noch so bedeutend, dass eine europäi-
sche Rezession eben doch globale Kreise zieht
und Asien erreicht.
Insbesondere das chinesische Wachstum
wird derzeit stark von der Außenwirtschaft
ausgebremst. Zuletzt nahmen die Exporte
kaum noch zu. Zweistellige Zuwachsraten
sind für China in weiter Ferne. Eine harte
Landung mit einem Absturz des Wachstums
unter 5 Prozent ist jedoch eher unwahr-
scheinlich. China verfügt im Gegensatz zu
den meisten Industrieländern über reichlich
Munition, um eine schwache Wirtschaft
durch zusätzliche Staatsausgaben oder mone-
täre Lockerung zu beleben. Die zuletzt fallen-
de Inflationsrate hat diesen Spielraum noch
vergrößert. Die Gegenmaßnahmen dürften
China vor einem starken Abrutschen bewah-
ren, können die alte Dynamik aber nicht wie-
derherstellen.
Noch ungünstiger stellt sich die Lage in Indi-
en dar, wo zur externen Abschwächung haus-
gemachte Probleme kommen. Seit zwei Jah-
ren wird das Land von einer handlungs-
unfähigen Koalition regiert, deren Amtszeit
noch bis 2014 dauert. Projekte, die wichtig für
ein verbessertes Wachstumspotenzial wären,
kommen nicht voran: so etwa das Handels-
abkommen mit Europa, das Antikorruptions-
gesetz, die Privatisierung von Staatsbetrieben
Japan wird Ende 2012
voraussichtlich mit
236 Prozent des BIP
verschuldet sein.
Das chinesische
Wachstum wird
derzeit stark von der
Außenwirtschaft
ausgebremst.
Die indische
Wirtschaft kämpft
mit hausgemachten
Problemen.
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
42
Russlands
Wirtschaftsentwicklung
ist weiterhin
ölpreisgetrieben.
oder die Deregulierung wichtiger Inlands-
märkte. Hinzu kommt auch klimatisches
Pech: Der Monsun bringt in diesem Jahr zu
wenig Regen in einem Land, in dem noch
70 Prozent der Menschen von der Landwirt-
schaft leben. Anders als in China kämpft die
indische Zentralbank auch immer noch mit
einem starken Inflationsdruck von knapp
7 Prozent. Damit fehlt der Spielraum, um das
Wachstum monetär zu stimulieren. Insgesamt
dürfte die Regierungsprognose für 2012 von
6,7 Prozent daher zu optimistisch sein.
Mitteleuropa: erneut starker Kontrast
zwischen Polen und Ungarn
Mittel- und Osteuropa wird über zwei Kanäle
durch die Schulden- und Bankenkrise in
Westeuropa in Mitleidenschaft gezogen. Zum
einen sinkt die Nachfrage der Krisenstaaten
nach Gütern. Zum anderen verschlechtern
sich aber auch die Finanzierungsbedingun-
gen. Die Region hat in der Finanzierung ihrer
Investitionen in den zurückliegenden Jahren
stark vom Kapital internationaler Banken
profitiert. Dieses Kapital bleibt nun aus, weil
viele Banken ihre Bilanzsummen herunter-
fahren müssen und wieder sensibler für Risi-
ken geworden sind.
Allerdings gibt es in der Region große Unter-
schiede. Wie schon in der Finanzkrise sticht
Polen erneut durch eine besonders stabile
Entwicklung heraus und kann in diesem Jahr
gut 2,5 Prozent Wachstum erzielen. Ähnlich
positiv ist die Lage in der Slowakischen Repu-
blik. Ungarn durchläuft hingegen eine schwe-
re Rezession.
Russlands Wirtschaftsentwicklung ist weiter-
hin ölpreisgetrieben. Als die Rohstoffpreise
vor vier Monaten deutlich abgesunken wa-
ren, wurden auch die Wachstumsprognosen
zurückgenommen. Der zwischenzeitlich wie-
der stark gestiegene Ölpreis stabilisiert das
Land wieder, sodass ein Wachstum um die
4 Prozent ungefährdet erscheint oder sogar
bei anhaltend hohen Rohstoffnotierungen
noch leicht übertroffen werden könnte.
Eurozone in der Rezession
Damit sind wir mit Europa und der Eurozone
in der Region angelangt, die heute der globale
ökonomische Krisenherd schlechthin ist.
Fakt ist zunächst, dass 2012 für die Eurozone
eine Rezession gebracht hat. Diese fällt insge-
samt gesehen zwar mild aus (etwa –0,3 Pro-
zent); hinter dem Durchschnitt verbergen
sich aber markante Unterschiede. Während
sich die überwiegende Zahl der Eurostaaten
zwischen Stagnation und leichtem Wachstum
befindet, sind die Staaten der Schuldenkrise
(inklusive Italien und Spanien) in einer
schweren Rezession. Einzig Irland kann
schon in diesem Jahr wieder eine schwarze
Wachstumszahl vorweisen und bestätigt sich
als Leader, der als Erster den Weg aus der
Schuldenfalle finden könnte.
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
43
Frankreich: ein künftiger Krisenstaat?
Seit den Zeiten der DM-Bindung des franzö-
sischen Francs hat sich Frankreich in seinen
ökonomischen Ambitionen an Deutschland
orientiert. Diese Bindung erscheint uns der-
zeit so stark gefährdet wie kaum zuvor. Im
starken Gegensatz zu Deutschland hat das
Land in den vergangenen Jahren immer mehr
an Wettbewerbsfähigkeit und Exportanteilen
verloren. 2011 hat Frankreich mit einem
hohen Leistungsbilanzdefizit einen Negativ-
rekord aufgestellt, und schon im ersten Halb-
jahr 2012 war erneut ein Defizit in Höhe von
35 Milliarden Euro zu verbuchen.
In einer solchen Situation bräuchte das Land
dringend einen großen marktorientierten Re-
formschub, der die überbordende Regulie-
rung und die Strangulation durch den Fiskus
zurückdrängt. Doch ganz im Gegenteil kom-
men die neuen Gesetze der sozialistischen
Regierung eher einem Investorenvertrei-
bungsprogramm gleich: Eine starke Erhö-
hung der Vermögensteuer treibt die Besteue-
rung nun auf ein Niveau, das in vielen Fällen
die Erträge übersteigt. Die Erbschaftsteuer-
freibeträge werden auf 100.000 Euro je El-
ternteil und Kind herabgesetzt, und die bis-
lang übliche Anpassung an die Inflation
entfällt. Und die Spitzensteuerdrohung von
75 Prozent für Einkommen über 1 Million
Euro wird befristet zur gesetzlichen Realität.
Aber auch in anderen Bereichen greift der
Staat immer weiter regulierend ein: Auf dem
Wohnungsmarkt wird nun eine Mietpreis-
bindung eingeführt, der Mindestlohn weiter
erhöht und die Erhöhung des Rentenein-
trittsalters teilweise wieder zurückgenom-
men. Es verwundert nicht, dass Investoren
einen Bogen um das Land machen und Kon-
sumenten das Vertrauen in die wirtschaftli-
che Zukunft verlieren. All dieses schlägt sich
in Wachstumsprognosen nieder, die der Re-
zessionsgrenze entgegenrutschen.
Die französischen Probleme sind ein europä-
isches Risiko. Deutschland ist überfordert
mit der Aufgabe, die Eurozone zu stabilisieren,
wenn die zweitgrößte Ökonomie des Wäh-
rungsraums weiter abrutscht. Die Wachstums-
perspektive 2013 wird sich für die Eurozone
erst dann aufhellen, wenn die Stabilisierung
der Krisenländer gelingt.
Vereinigtes Königreich: Rezession
verhindert Gesundung der
Staatsfinanzen
Die wichtigste EU-Ökonomie außerhalb der
Eurozone preist sich heute zwar glücklich, im-
mer euroskeptisch gewesen zu sein und sich
auf das Experiment der Einheitswährung nie-
mals eingelassen zu haben. Gleichwohl ist
auch für das Vereinigte Königreich mit seiner
eigenen Währung der Weg aus der fiskalischen
Krise steinig. Das Defizit soll in diesem Jahr
zwar auf 5,8 Prozent (von 8,2 Prozent) sinken.
Die rezessionsbedingten Steuerausfälle wer-
den dieses Ziel aber wohl vereiteln. Allenfalls
im kommenden Jahr könnte endlich wieder
ein leichtes Wirtschaftswachstum messbar
Frankreich bietet
Anlass zur besonderen
Sorge – auch aufgrund
überbordender
Regulierung.
Großbritannien betreibt
– im Gegensatz zu Frank-
reich – eine konsequent
wirtschaftsfreundliche
Politik.
6 w e l t w I r t s c h a f t : s c h u l D e n K r I s e u n D c h I n a s o r g e n
44
werden, angeführt von einer Belebung des
Konsums und der Unternehmensinvestitio-
nen. Der Gegensatz zu Frankreich in der Kon-
solidierungspolitik könnte kaum größer sein.
Das Vereinigte Königreich bleibt konsequent
bei seiner wirtschaftsfreundlichen Politik und
versucht die fiskalische Anpassung durch Zu-
rückdrängung der Staatsquote zu realisieren –
beispielsweise durch eine weitgehende Voll-
finanzierung der Universitäten und stark stei-
gende Studiengebühren.
Weltwirtschaft: wenig euphorische
Aussichten für 2013
Es ist der Alte Kontinent, der nach wie vor die
größten Risiken für die weltweite Wachstums-
perspektive 2013 darstellt. Aber auch der chi-
nesische Konjunkturmotor verliert an Kraft
und leidet an den Nachfrageausfällen aus Eu-
ropa. In dieser Gemengelage werden die Bäu-
me in Sachen Welthandel im kommenden
Jahr nicht in den Himmel wachsen. Auf kräf-
tige Exportzuwächse wie in den zurücklie-
genden Jahren kann die deutsche Wirtschaft
kurzfristig nicht bauen. Immerhin ist derzeit
aber auch keine wirklich krisenhafte Zuspit-
zung in der Weltwirtschaft erkennbar. Glück-
licherweise steuert heute eine Vielzahl von
Ländern und Regionen ihren Teil zur globa-
len Dynamik bei, sodass sich eine europäi-
sche Rezession nicht mehr so verheerend
auswirkt wie dies noch vor 10 oder 20 Jahren
der Fall gewesen wäre.
Die globale
Konjunkturperspektive
bleibt insgesamt
gedämpft.
45
Deutschland blickt von 2010 bis 2012 auf eine
ständige Wachstumsverlangsamung zurück:
Von 3,7 Prozent im Boomjahr 2010 ging es
über 2,5 Prozent abwärts auf knapp 1 Prozent
im laufenden Jahr. Derzeit ist es noch offen,
ob das neue Jahr wieder eine Wende zu höhe-
rem Wachstum bringen wird. Aus heutiger
Sicht halten wir das durchaus für möglich.
Die deutsche Volkswirtschaft ist in einer so
starken Verfassung, dass sie ein Wachstum
von gut 1,5 Prozent erreichen kann, wenn das
außenwirtschaftliche Umfeld halbwegs stabil
ist. Dieses „Wenn“ ist die entscheidende Ein-
schränkung für die Prognose der deutschen
Konjunktur 2013 in harten Zahlen. Und die
Rückkehr zu einem außenwirtschaftlich sta-
bilen Umfeld hängt von mehreren Entwick-
lungen ab.
Die europäische Schuldenkrise muss ihr aku-
tes Stadium verlassen. Nur wenn Italien und
Spanien glaubwürdig gefestigt werden kön-
nen, tritt dieser günstige Fall ein. Eine weiter-
hin instabile Situation mit einer sich sogar ver-
tiefenden Rezession in Südeuropa würde viele
Wachstumschancen für Deutschland zerstö-
ren. Immerhin bietet sich mit der „EZB-Lö-
sung“ nun eine Perspektive für eine realistisch
machbare Stabilisierung der Anleihemärkte.
Aber auch dieser Lösungsweg kann Enttäu-
schungen mit sich bringen. Eine solche Ent-
täuschung wäre etwa ein frühzeitiges Scheitern
der Regierung Monti und eine Rückkehr zum
populistischen Regierungsstil im Rom.
Hingegen betrachten wir eine mögliche erneute
Zuspitzung um die Situation Griechenlands
nicht wirklich als substanziellen Risikofaktor
für die globale Konjunktur. Nach der großen
Umschuldung in diesem Jahr ist das Land keine
wirkliche Gefahr mehr für die Finanzmärkte.
Risikoszenario Krieg Israel – Iran
Der hohe Ölpreis der zurückliegenden Wo-
chen gibt einen Vorgeschmack darauf, was
passieren könnte, wenn es im Nahen Osten
zum Krieg zwischen Israel und dem Iran
käme. Ein panikartiger Ölpreisschub wäre die
Folge. Etwaige Hoffnungen auf eine Erholung
der US-Konsumkonjunktur würden damit
einen Rückschlag erleiden. Dauer und Ver-
lauf einer militärischen Auseinandersetzung
und die Folgen für die politische Stabilität
und Ölproduktion in der ganzen Golfregion
kann niemand prognostizieren. Diese Unsi-
cherheiten würden in jedem Fall kurzfristig
zu einem konjunkturellen Rückschlag in der
industrialisierten und nach wie vor öldursti-
gen Welt führen.
In China wird sich im kommenden Jahr klären,
ob es zur weichen Landung, also zum Über-
gang auf einen etwas moderateren Wachstums-
Die deutsche
Volkswirtschaft ist
in einer robusten
Verfassung.
7 Deutschlandprognose 2013
7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3
46
pfad ohne echte Krisenerscheinungen kommt.
Die chinesischen und europäischen Entwick-
lungen sind aufgrund der wechselseitigen Han-
delsverflechtungen stark verwoben. Somit
würde eine europäische Stabilisierung auch
helfen, die Volksrepublik zu stützen.
2013 ist ein Bundestagswahljahr. Dennoch
sehen wir keine innenpolitisch bedingten kon-
junkturellen Gefahren. Zwar werden die Wahl-
programme einiger Parteien Ideen enthalten,
die für den wirtschaftlichen Erfolg Deutsch-
lands erhebliche Risiken mit sich bringen (Ver-
mögensteuer, Erhöhung Spitzensteuersatz, neue
Regulierung des Arbeitsmarktes, Ausweitung
sozialer Leistungen etc.). Von den Wahlpro-
grammen bis zur Umsetzung im politischen
Prozess ist es aber ein weiter Weg. Die Kon-
junkturperspektive 2013 wird dadurch wohl
kaum in nennenswerter Weise beeinflusst.
Das geldpolitische Umfeld wirft auf absehbare
Zeit keine großen Fragen auf. Die Fed hat sich
bis 2015 auf Nullzinsen festgelegt, und auch
die EZB wird auf einem expansiven Kurs blei-
ben, um die Rezession in Teilen der Eurozone
zu bekämpfen. Allenfalls die Frage, wie aggres-
siv und unkonventionell beide Zentralbanken
vorgehen werden, ist noch offen. Sicher ist,
dass auch 2013 unter den Vorzeichen geld-
politischer Expansion stehen wird.
Zwei Szenarien in Zahlen
Würden wir mögliche Katastrophenszenarien
kombinieren – einen Krieg im Nahen Osten,
einen Kollaps in Südeuropa und eine chinesi-
sche Rezession – dann ergäbe sich für
Deutschland ein ziemlich düsteres Rezessi-
onsszenario. Wir halten eine solche Rechnung
derzeit aber für keine sinnvolle Fingerübung
der Konjunkturanalyse. Wir spannen mit un-
seren beiden Szenarien („Moll“ und „Dur“)
lieber ein wahrscheinlicheres Spektrum der
möglichen konjunkturellen Welten auf.
Die Umsetzung dieser Annahmen in das
konjunkturelle Zahlentableau zeigt, dass
Deutschland im pessimistischen Mollszenario
zwangs läufig in eine Rezession rutschen wür-
de. Die schon im zweiten Halbjahr 2012 ein-
getretene Konjunkturabschwächung würde
anhalten und sich verschärfen. Die Abwehr-
kräfte, die 2012 noch kraftvoll waren und das
Wachstum abgesichert hatten, wären dann
aufgezehrt. Die Folgen einer Dauerrezession
in Südeuropa und Frankreich würden Deutsch-
land gleich mehrfach treffen: über den Außen-
handelskanal und über einen Rückschlag der
Unternehmensinvestitionen. Wir quantifizie-
ren dieses ungünstige Szenario mit einem
Rückgang des BIP um etwa 1 Prozent.
Wohlgemerkt: Das Mollszenario ist keine
„Worst Case“-Analyse. Geriete die Schulden-
krise völlig außer Kontrolle oder würde sie
durch weitere außenwirtschaftliche Schocks
verschärft, dann wäre die Konjunkturanalyse
erneut mit der Situation 2008/2009 konfron-
tiert: Kaum jemand könnte derzeit die Tiefe
der dann eintretenden Rezession einigerma-
ßen zuverlässig ermessen.
Die Bundestagswahl
2013 wird die
Konjunkturperspektiven
kaum beeinflussen.
7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3
47
Konjunktur 2013: Im Durszenario gelingt die europäische Stabilisierung
Die EZB-Lösung kann die Anleihemärkte
nicht vollständig stabilisieren. Massive
Anleihekäufe der Zentralbank können
die Zweifel am Erhalt der Eurozone nicht
zerstreuen.
Die Rezession Spaniens und Italiens
verschärft sich. Frankreich gerät
ebenfalls in eine ausgeprägte Rezession.
Der US-Arbeitsmarkt enttäuscht
weiterhin und verhindert eine
durchgreifende Erholung der
Konsumkonjunktur. Die Ökonomie
verharrt bei niedrigen Wachstumsraten
von 1 bis 2 Prozent.
Die ungelöste europäische Krise setzt
der Weltwirtschaft weiterhin zu. Das
globale BIP-Wachstum bröckelt weiter
ab, der Welthandel stagniert.
Die Rentabilität der Unternehmen fällt
konjunkturbedingt. Auch wenn Aktien
von der Flucht in Realwerte profitieren,
kommt es zu deutlichen Kursverlusten.
Es kommt zu einem moderaten
Anstieg der Arbeitslosigkeit und der
Beschäftigungsaufbau zu einem Ende.
Die deutschen Konsumenten profitieren
noch von ihrer guten Einkommens-
und Beschäftigungssituation. Sie sind
nicht euphorisch, aber leisten einen
Wachstumsbeitrag, der einen tieferen
Absturz der Konjunktur noch verhindern
kann.
Euro-
schuldenkrise
Konjunktur
Eurozone
USA
Weltwirtschaft
Finanzmärkte
Deutscher
Arbeitsmarkt
Konsumenten-
zuversicht
Das Programm der EZB zur
Begrenzung hoher Anleihezinsen
der Südeuropäer wird implementiert
und erreicht sein Ziel. Das Problem
Griechenland bleibt ungelöst.
Nach Irland gelingt im Jahresverlauf
auch Portugal, Spanien und Italien der
Weg aus der Rezession. Dies gilt nicht
für Griechenland.
Die Fed hat Erfolg mit ihrer
Konjunkturstimulierung. Außerdem
profitiert die US-Wirtschaft von
einem freundlicheren globalen
Wirtschaftsklima. Die Arbeitslosigkeit
beginnt zu sinken.
Die Emerging Markets finden als Erste
wieder zu höheren Wachstumsraten
zurück. Im Jahresverlauf verbessert
sich die globale Dynamik auch in der
industrialisierten Welt.
Die Sorgen um die Stabilität der
internationalen Bankwirtschaft ebben
ab. Exportorientierte Unternehmen
erfahren eine Belebung ihrer Märkte.
Die Weltbörsen entwickeln sich stabil.
Im Frühjahr belebt sich der
deutsche Arbeitsmarkt. Themen wie
Fachkräftemangel treten wieder in
den Vordergrund.
Der Privatkonsum entwickelt sich
robust und überrascht positiv.
Der Anteil des Privatkonsums an
der Verwendung des Sozialprodukts
legt zu.
„Mollszenario” „Durszenario“
7 D e u t s c h l a n D p r o g n o s e 2 0 1 3
48
Wir halten es angesichts der aktuellen Daten-
lage und der Hoffnungszeichen in der euro-
päischen Schuldenkrise aber nicht für ange-
bracht, uns mit Katastrophenfantasien in
allen statistischen Details zu befassen. Dies
gilt auch deshalb, weil ein übertriebener Pes-
simismus zu gravierenden Fehlentscheidun-
gen für Anleger und Unternehmer gleicher-
maßen führen kann.
Denn die Chancen sind derzeit nicht gering,
dass sich 2013 in Richtung unseres Durszena-
rios entwickelt. In diesem Szenario wachsen
die Bäume in den Krisenstaaten zwar nicht in
den Himmel, immerhin würden sie aber dem
Pionier Irland folgen und nach der Rezessi-
onsphase zumindest wieder schwarze Nullen
schreiben können. Deutschlands Exporter-
folge in den dynamischeren Regionen der
Welt könnten dann wieder zu einem deutli-
chen Wachstum des Außenbeitrags führen.
Ein Wachstum in Höhe von 1,5 Prozent –
vielleicht sogar mehr – wäre dann möglich.
Hier kämen die hohe Wettbewerbsfähigkeit
und die anderen strukturellen Stärken (der
inzwischen funktionsfähige Arbeitsmarkt,
die gesunde Bilanzstruktur in weiten Teilen
der Wirtschaft und die hohe Bonität der Bun-
desrepublik) wieder voll zum Tragen.
Wägen wir beide Szenarien gegeneinander
ab, halten wir momentan unser Durszenario
für wahrscheinlicher als das Mollszenario.
Denn die Aussichten auf eine beginnende
Entschärfung der Schuldenkrise haben sich
durch das EZB-Engagement und das Verfas-
sungsgerichtsurteil verbessert. Insofern ist
unsere konjunkturelle Gesamteinschätzung
für das kommende Jahr von einer vorsichti-
gen Zuversicht geprägt. „Vorsichtig“ beinhal-
tet aber eben auch das Bewusstsein, dass ein
Schock – in Europa oder auch im Nahen
Osten – die Perspektive rasch auf das Moll-
szenario umspringen lassen würde.
Im Mollszenario würde
Deutschland in eine
Rezession rutschen. Im
Durszenario wäre ein
Wachstum von
1,5 Prozent oder mehr
möglich.
Beiträge der Verwendungskomponenten zum Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (in %-Punkten)
Deutschlandprognose 2013
Konsum 0,1 0,9
Private Haushalte 0,1 0,6
Staat 0,2 0,3
Anlageinvestitionen –0,5 0,5
Ausrüstungen –0,5 0,2
Bauten 0,0 0,2
Inländische Verwendung –0,4 1,4
Außenbeitrag –0,5 0,2
Exporte 0,5 2,2
Importe 1,0 2,0
BIP –1,3 1,6
„Mollszenario” „Durszenario“
49
Kapitalmärkte sind ein System von Antizipa-
tionen. Es geht im Kern um das Abschätzen
möglicher Entwicklungen. Eine Rangfolge
festzulegen, Wahrscheinliches von Unwahr-
scheinlichem zu trennen, ist die hohe Kunst.
Wir skizzieren im Folgenden vier Szenarien
und beleuchten für das wahrscheinlichste die
möglichen Entwicklungen auf wichtigen An-
lagemärkten.
Was ist denkbar?
Die Schuldenkrise ist nicht gelöst. Die Kon-
junktur ist in manchen Regionen anfällig. Die
Gewinne der Unternehmen gaben zuletzt
nach. Welche Anlagepolitik verspricht unter
diesen Vorzeichen eine erfolgreiche zu sein?
Die unkonventionellen Notenbankinterven-
tionen schüren außerdem die Angst der In-
vestoren vor Inflation.
Das erste Szenario ist mit einer sehr geringen
Eintrittswahrscheinlichkeit versehen: Es ist
der Zusammenbruch der Eurozone. Es käme
zu Zahlungsausfällen von Staaten; Banken
und Unternehmen würden in Schieflage gera-
ten. Wirtschaftliche Kontraktion sowie Defla-
tion wären die Folge. In diesem Fall würden
AAA-Staatsanleihen, Gold und der US-Dollar
profitieren. Aktienmärkte würden auf Tal-
fahrt geschickt.
Denkbar ist zweitens ein weltweites Abgleiten
in die Rezession – ein Szenario, das eine gerin-
ge Eintrittswahrscheinlichkeit hat. Ungemach
könnte bereits Anfang 2013 aus den USA
kommen. Hier könnten automatisch drohende
Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen
die amerikanische Wirtschaft in eine Rezessi-
on stürzen. Wir gehen indes davon aus, dass
sich die Parteien dort auf ein vernünftiges Maß
einigen werden, damit die US-Wirtschaft nicht
dem ,,Fiscal Cliff “ zum Opfer fällt. Ebenso
liegt ein Wiederaufkeimen der Euroschulden-
krise im Rahmen des Möglichen. Dies hätte
zur Folge, dass die ohnehin angeschlagene eu-
ropäische Wirtschaft in eine tiefe Rezession
abgleiten würde. Bevorzugte Assetklassen in
diesem Szenario: Staatsanleihen von AAA-
Gläubigern und Gold. Aktien würden billiger
werden.
Das dritte Szenario wäre der klassische Boom,
sozusagen der Gegenpol zu den ersten beiden
Szenarien. Die Weltkonjunktur würde Fahrt
aufnehmen, die Inflationsraten würden steigen.
Aus heutiger Sicht gibt es hierfür wenig Anzei-
chen, entsprechend gering ist auch die Eintritts-
wahrscheinlichkeit. Zyklische Aktien und
Rohstoffe wären die stärksten Renditetreiber.
Es verbleibt somit das vierte und wahr-
scheinlichste Szenario. Es ist gekennzeichnet
durch das Überleben der Eurozone, geringes
8 Anlagepolitik 2013
8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3
50
weltweites Wachstum und niedrige Inflation.
Die anhaltende Niedrigzinspolitik der No-
tenbanken ist wesentlicher Bestandteil dieses
Szenarios.
Aktien profitieren vom Sicherheitsnetz
der Notenbanken
Die globalen Aktienmärkte werden durch die
weltweite Niedrigzinspolitik und die damit
verbundene enorme Liquidität gestützt. Aus-
gehend hiervon hat sich zumindest in den
USA eine gewisse Stabilisierung der Kon-
junktur eingestellt. Die Finanzierungsbedin-
gungen für Unternehmen und private Haus-
halte haben sich verbessert, die Kredit-
nachfrage steigt. Positive Signale für einen
moderaten Aufschwung lassen sich bereits an
den steigenden Einzelhandels- und Konsum-
klimazahlen ablesen.
Zudem sind die Aktienmärkte relativ zu an-
deren Anlageklassen wie etwa Anleihen at-
traktiv bewertet. Erstmals seit vielen Jahren
liegt die Dividendenrendite weit über der
Rendite sicherer Staatsanleihen. Der Euro-
Stoxx 50 beispielsweise wirft eine (erwartete)
Dividendenrendite von 4,25 Prozent ab, der
deutsche Aktienmarkt nicht viel weniger.
Dies ist dreimal so viel wie die Rendite der
10-jährigen Bundesanleihe.
Aber auch absolut zeigen die Bewertungen der
Dividendenpapiere ein attraktives Bild auf. So
sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der meis-
ten wichtigen Aktienmärkte, trotz eines bis-
lang positiven Aktienjahres 2012, noch immer
unter ihren langjährigen Durchschnitten.
Die fehlende Aktieneuphorie und der geringe
Investitionsgrad wichtiger Anlegerkreise bilden
eine weitere wichtige Stütze für die Aktien-
märkte, denn diese Anleger, insbesondere Pen-
sionskassen und Versicherungen, müssen sich
künftig neue Renditequellen erschließen. Wenn
diese Anleger ihre Renditeversprechen einhal-
ten wollen, wird ihnen dies allein mit Staats-
anleihen und Pfandbriefen kaum gelingen. Sie
werden deshalb langfristig nicht an der Aktie
als attraktivem Investment vorbeikommen.
Unsere Bewertungsmodelle für die globalen
Aktienmärkte weisen mittel- bis langfristig
ein hohes Potenzial auf. Eine Reihe von Akti-
enmärkten notiert gegenwärtig bis zu einem
Drittel unter ihrem „fairen Wert“, den unsere
Berechnungsmodelle ergeben.
Renten: Bewegung auf der Risikoleiter
Das Rentenjahr 2013 steht wie im Vorjahr un-
ter der Überschrift „Suche nach Rendite“. Für
viele Anleger sind die Renditen, die die boni-
tätsstärksten Emittenten bieten, zu gering. Am
niedrigen Renditeniveau wird sich 2013 wahr-
scheinlich wenig ändern: Denn aufgrund der
lockeren Geldpolitik der Zentralbanken ist
eine Zinswende nicht in Sicht. Anleger mit
Renditeerwartungen auf oder über dem Ni-
veau der aktuellen (erwarteten) Inflationsraten
müssen die „Risikoleiter“ noch oben klettern.
Dies kann über eine Verlängerung der Laufzei-
Die globalen
Aktienmärkte weisen
mittel- bis langfristig
ein hohes Potenzial auf.
8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3
51
ten geschehen, also eine Durationsverlänge-
rung. Während deutsche 10-jährige Staats-
anleihen um 1,5 Prozent rentieren, werfen
30-jährige Bundesanleihen rund einen Drei-
viertel Prozentpunkt mehr an Rendite ab.
Wer sich jedoch vor längeren Laufzeiten
scheut, da sie bei Zinssteigerungen zwischen-
zeitliche Kursverluste erleiden, kann alterna-
tiv Anleihen mit geringer Bonität erwerben.
Die Renditen für Unternehmens- und High-
Yield-Anleihen bewegen sich noch auf
attraktivem Niveau, jedoch schon nicht mehr
für Anleihen mit kurzer Laufzeit oder gutem
Rating. Ansonsten aber sind je nach Emittent
und Rating noch deutlich höhere Renditen
erzielbar. Die Renditeaufschläge (Spreads)
sind zwar geringer geworden, aber noch bei
Weitem nicht auf historischen Tiefständen.
Anleger dürfen dabei das Risiko nicht ver-
nachlässigen. Vor allem im High-Yield-
Segment sind eine gesonderte Kreditanalyse
sowie eine breite Diversifikation der Titel,
Regionen und Segmente notwendig.
Das größte Risiko für die Rentenmärkte im
Jahr 2013 ist die Weiterentwicklung der EWU
zu einer Transferunion mit Eurobonds und
gemeinschaftlicher Haftung sowie der dann
folgenden Tendenz zur Renditekonvergenz.
Nur dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen,
und zwar mit steigenden Renditen in
Deutschland und fallenden in der EWU-
Peripherie.
Die Suche nach Rendite durch die Anleger
und die guten Finanzierungsbedingungen
für Unternehmen haben dazu geführt, dass in
Das Rentenjahr 2013
steht wie im Vorjahr
unter der Überschrift
„Suche nach Rendite“.
Renditespreizung zwischen Aktien und RentenQuelle: Bloomberg
Dez.97
Dez.98
Dez.99
Dez.00
Dez.01
Dez.02
Dez.03
Dez.04
Dez.05
Dez.06
Dez.07
Dez.08
Dez.09
Dez.10
Dez.11
Dividendenrendite (Dax)Rendite 10-jährige Bundesanleihen
7
6
5
4
3
2
1
0
8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3
52
Edelmetalle, allen
voran Gold, dürften sich
gut behaupten
können.
den ersten zehn Monaten des Jahres 2012
weltweit immerhin Unternehmensanleihen
mit einem Gesamtvolumen in Höhe von
3,3 Billionen US-Dollar platziert wurden.
Schwächere Ratings oder eine nachlassende
Nachfrage könnten hier schnell die Risiko-
prämien ansteigen lassen, die Renditen wür-
den steigen, und es könnte leicht zu groß-
flächigen Veränderungen in der Renditeland-
schaft kommen. Die Anleihekurse hätten da-
runter zu leiden. Auch eine Umschichtung
der Investoren aus dem Bereich der Unterneh-
mensanleihen hinein in das Aktien segment
könnte belasten.
Rohstoffe: Talsohle erreicht
Das Jahr 2012 war für Rohstoffe ein sehr
schwieriger Zeitraum. Die Wertentwicklung
blieb bis auf wenige Ausnahmen deutlich
hinter der von anderen Assetklassen zurück.
Vor allem die nachlassende Wachstumsdyna-
mik Chinas, dem wichtigsten Rohstoffnach-
frager überhaupt, brachte gerade die zykli-
schen Sektoren wie Energierohstoffe und
Industriemetalle unter Druck.
In unserem oben beschriebenen vierten Sze-
nario, dem Hauptszenario, stellen sich die
Aussichten für Rohstoffe recht vielverspre-
chend dar. Durch die relativ zu anderen As-
setklassen schlechtere Wertentwicklung sind
Commodities günstig bewertet; vor allem ei-
nige Industriemetalle notieren derzeit nahe
ihren Produktionskosten, was zumindest das
Abwärtspotenzial deutlich begrenzen dürfte.
Außerdem würde die Assetklasse von einem
wieder steigenden Risikoappetit sowie von
etwaigen aufkommenden Inflationsängsten
Europa: Spread von Unternehmensanleihen (in Bp.)Quelle: Macrobond
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Spread Hochzinsanleihen Spread Investment-Grade
1.200
1.000
800
600
400
200
0
8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3
53
profitieren. Daher dürften sich auch die Edel-
metalle – allen voran Gold – gut behaupten
können. Denn Liquidität ist reichlich vorhan-
den, die Zinsen – als Opportunitätskosten zu
verstehen – sind niedrig und auf realer Basis
sogar negativ.
Die größten Fragezeichen ergeben sich bei
Agrarrohstoffen. Insbesondere die Getreide-
preise haussierten nach den extremen Wet-
terbedingungen in den USA und in anderen
wichtigen Anbaugebieten kräftig, haben sich
seitdem aber wieder von ihren Hochpunkten
entfernt. Hier wird wichtig sein, ob einzelne
Exportländer ihre Ausfuhren begrenzen und
wie der nächste Erntezyklus ausfällt.
Währungen: Solidität zählt
Der Euro hat das Jahr 2012 überlebt, er wird
auch das Jahr 2013 überleben. Einen Zerfall
der Gemeinschaftswährung wird es sehr
wahrscheinlich nicht geben. Dafür hat die Po-
litik – einschließlich der EZB – ein zu klares
Bekenntnis abgegeben. Nimmt man dies als
Arbeitshypothese, so handelt es sich bei den
Währungen der Triade aus US-Dollar, Euro
und Yen um Nullzinswährungen, die mitein-
ander konkurrieren. Die gleiche geldpoliti-
sche Ausrichtung in allen drei Währungsräu-
men spricht somit dafür, dass sich die
Währungsbewegungen innerhalb der Triade
in engen Grenzen halten. Aufgrund des
gering(er) gewordenen systemischen Risikos
für den Euro sehen wir die Untergrenze zum
US-Dollar bei etwa 1,20. Bei erfolgreichem
Krisenmanagement in der Eurozone und bes-
seren wirtschaftlichen Perspektiven besteht
die Chance auf eine nennenswerte Höher-
bewertung der Gemeinschaftswährung zum
US-Dollar. Nicht zuletzt ist es gut möglich,
dass klassische fundamentale Wechselkurs-
determinanten allmählich mehr an Gewicht
gewinnen. Leistungsbilanzsalden etwa sprä-
chen eher für Yen und Euro – in beiden Län-
dern sind die Leistungsbilanzsalden positiv.
Umgekehrt spricht dies gegen Defizitländer
wie Großbritannien oder die Vereinigten
Staaten. Allerdings lehrt die jüngere Wäh-
rungsgeschichte, dass Notenbanken und Re-
gierungen zu heftige Währungsbewegungen
gerade in der wie jetzt fragilen Phase ungern
tolerieren. Markante Verschiebungen im
Währungsgefüge würden sicherlich zu Inter-
ventionen führen. Die Schweizer Mindest-
kurspolitik ist Ausdruck einer der möglichen
Reaktionen.
Wer nach Währungsgewinnen sucht, sollte
sich also hüten, alte Trends einfach fortzu-
schreiben. Die Abwertung des Euro zu einer
Reihe von Währungen ist weit fortgeschritten;
umgekehrt tun sich viele Währungen schwer,
alleine aus der „Eurokrise“ Kapital zu schla-
gen. Die skandinavischen Währungen etwa
vermögen es mittlerweile kaum noch, gegen-
über dem Euro an Wert zu gewinnen.
In langfristiger Perspektive sind es letztlich
die Zahlungswilligkeit und die Zahlungs-
fähigkeit eines Währungsraumes, die über
den Außenwert einer Währung entscheiden.
Einen Zerfall
der Gemeinschafts-
währung Euro wird es
sehr wahrscheinlich
nicht geben.
8 a n l a g e p o l I t I K 2 0 1 3
54
Nicht umsonst wertete der Schweizer Franken
zum amerikanischen Dollar in den vergange-
nen Jahrzehnten auf. In einer kürzeren Sicht-
weise sind Währungen mit hohem Carry –
also hohem Zinsvorteil – bei soliden
Rahmenbedingungen einen Blick wert. Hier-
zu zählen Währungen aus den aufstrebenden
Volkswirtschaften. Manche davon haben
durchaus das Potenzial, auch längerfristig zu
den soliden Währungen zu gehören.
Reale versus nominale Anlagen
Alles in allem ist unsere Anlagepolitik von ei-
ner Bevorzugung realer Anlageklassen ge-
prägt. Im Niedrigzinsumfeld sind die erzielba-
ren Erträge festverzinslicher Wertpapiere
gering. Nach Abzug der Teuerungsraten rut-
schen sie in den negativen Bereich. Anlagen,
die wie Aktien Ansprüche an Sachkapital dar-
stellen, eröffnen zumindest die Option auf hö-
here Erträge. In einem Umfeld nahezu maxi-
maler geldpolitischer Unterstützung und einer
nach unserem Dafürhalten bevorstehenden
konjunkturellen Beschleunigung sollte diese
Entscheidung letztlich von Erfolg gekrönt sein.
Aktien +
USA +
Euro-Core +
Europeripherie –
Emerging Markets +
Anleihen –
Fremdwährungen +
Euro-Core –
Europeripherie –
Unternehmensanleihen ++
Rohstoffe 0
Gold +
Energie –
Metalle 0
Quelle: eigene Darstellung
55
Ein Investment in Aktien ist immer mit ei-
nem Risiko verbunden. Es gibt viele Ereig-
nisse, die den Wert einer Aktie negativ beein-
flussen können. Unter den Markterwartungen
liegende Geschäftszahlen, eine Dividenden-
kürzung, falsche operative Entscheidungen,
um nur eine kleine Anzahl von Einflussfakto-
ren zu nennen, können den Aktienkurs des
Unternehmens direkt beeinflussen. Aber
auch nachlassende Makrodaten, wie beispiels-
weise enttäuschende Einkaufsmanagerindi-
zes oder steigende Deflationsraten, haben auf
die Aktienmärkte allgemein eine negative
Auswirkung.
Auf der anderen Seite beinhaltet die Anlage in
Aktien natürlich auch Chancen. Chancen, die
man sich auf lange Sicht nicht entgehen lassen
sollte. Denn es spricht langfristig viel für die
Anlage in Aktien. Als verbriefter Anteil eines
Unternehmens ist eine Aktie eine Sachinvesti-
tion und bietet somit einen gewissen Schutz
vor Inflation. Weiterhin profitiert der Anleger
neben dem Wertzuwachs von den Ausschüt-
tungen. Viele Unternehmen schütten derzeit
Dividenden aus, die eine höhere Rendite als
Unternehmensanleihen bieten.
Chancen und Risiken liegen bei Aktien somit
relativ nahe beieinander. Bei der Auswahl
von Aktien kann man jedoch die Risiken zu
einem gewissen Maße einschränken. Wichtig
ist zum Beispiel eine solide Bilanz mit einer
hohen Eigenkapitalquote und geringer Netto-
verschuldung oder gar einer positiven Netto-
liquidität. Eine hohe und in der Vergangen-
heit kontinuierliche Dividendenzahlung ist
ebenso ein wichtiges Kriterium. Weiterhin ist
die operative Stärke zu beobachten. Wie wer-
den sich die Gewinne in den nächsten Jahren
entwickeln, und wo steht das Unternehmen
relativ zu seinen Wettbewerbern? Als letztes
Kriterium sollte die geografische Verteilung
der Umsätze dienen. Je höher die geografi-
sche Diversifikation, desto weniger Absatz-
risiken wird sich ein Unternehmen ausgesetzt
sehen. Dabei sollte der Fokus auf den asiati-
schen Märkten liegen, da dort auch in den
kommenden Jahren höhere Wachstumsraten
zu erwarten sind.
Bei der Entscheidung nach diesen Kriterien
gilt: je länger der Anlagehorizont, desto strik-
ter sollte man diese Vorgaben umsetzen. Bei
einem kürzeren Anlagehorizont kann man
die Kriterien auch bis zu einem gewissen Maß
aufweichen. Ist zum Beispiel ein Unterneh-
men dabei, überzeugende Restrukturierungs-
maßnahmen einzuleiten, kann dies eine
spannende Investition darstellen – auch wenn
etwa die Verschuldungsquote noch relativ
hoch ist.
Langfristig spricht
viel für die Anlage
in Aktien.
9 Die Hauck & Aufhäuser- Top-10-Liste
9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e
56
In diesem Kapitel möchten wir eine Auswahl
an Aktien vorstellen, die unserer Meinung
nach ein interessantes Investment darstellen.
BASF
BASF ist eines der größten Chemieunterneh-
men der Welt. Mit rund 370 Produktions-
standorten in 80 Ländern ist das Unterneh-
men global aufgestellt. BASF ist in sechs
Bereichen tätig: Chemicals, Plastics, Perfor-
mance Products, Functional Solutions und
Agricultural Solutions. Mit der Tochter Win-
tershall ist das Unternehmen zudem erfolg-
reich im Öl- und Gasgeschäft tätig.
Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil ist das so-
genannte Verbundprinzip. In jedem der sechs
Verbundstandorte werden Produktionsanla-
gen, Energiefluss und Infrastruktur mitein-
ander vernetzt. So dienen beispielsweise Ne-
benprodukte der einen Fabrik der anderen als
Einsatzstoff. Somit können Ressourcen,
Energie und Logistikkosten gesenkt werden.
Ebenfalls ein Vorteil ist das eigene Ölgeschäft.
Damit ist BASF gegen steigende Rohölpreise
abgesichert.
In den vergangenen Quartalen konnte BASF
jedes Mal mit seinen Zahlen überzeugen. Da-
bei ist der Produktmix ein entscheidender
Vorteil. Während im derzeitigen konjunktu-
rell schwachen Umfeld das Chemiegeschäft
nur noch leicht wächst, können die Bereiche
Agrar sowie Öl und Gas stärker zulegen. Wei-
terhin ist die Dividendenrendite von rund
4 Prozent hervorzuheben, sogar eine Erhöhung
der Dividende (im Jahr 2011 wurden 2,50
Euro je Aktie gezahlt) ist aufgrund der wei-
terhin soliden Bilanz möglich.
BHP Billiton
BHP Billiton ist eines der größten Bergbau-
unternehmen der Welt mit einem breit diver-
sifizierten Portfolio an Rohstoffen. Dazu ge-
hören zum Beispiel Eisenerz, metallurgische
Kohle, Nickel, Aluminium und Erdöl. Dabei
wird die gesamte Wertschöpfungskette abge-
deckt. Von der Exploration über die Be- und
Verarbeitung der Rohstoffe bis hin zum Ver-
kauf ist das Unternehmen aktiv.
In den vergangenen Monaten verlief der Ak-
tienkurs seitwärts. Grund dafür war das in
den letzten Quartalen nachlassende Wirt-
schaftswachstum in China, einem wichtigen
Markt für BHP Billiton. Im nächsten Jahr
sollte sich die Konjunktur aber wieder ver-
bessern. Während für China in diesem Jahr
ein Wachstum von rund 7,5 Prozent prognos-
tiziert wird, sollen es im Jahr 2013 wieder
über 8 Prozent sein. Dies wird auch positive
Auswirkungen auf die Rohstoffnachfrage ha-
ben. Daher ist ein Investment in ein Unter-
nehmen aus einem frühzyklischen Sektor
zum jetzigen Zeitpunkt eine Überlegung
wert. Außerdem bietet das Unternehmen bei
den derzeitigen Aktienkursen eine Dividen-
denrendite von immerhin rund 3,5 Prozent.
In den vergangenen
Quartalen konnte BASF
mit seinen Zahlen
überzeugen.
9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e
57
Coca-Cola
Coca-Cola ist der weltgrößte Softdrinkherstel-
ler. Neben den Hauptmarken Coca-Cola, Fan-
ta, Sprite, Frutopia und Minute Maid produ-
ziert das Unternehmen auch Konzentrate,
Wasser, Tee und Sportgetränke. Erst kürzlich
wurde Coca-Cola von Interbrand zur wert-
vollsten Marke – gefolgt von McDonalds – ge-
wählt. Der größte Markt sind die USA (rund 55
Prozent des Absatzes). Dennoch ist der Geträn-
kehersteller in über 200 Ländern vertreten und
somit geografisch hervorragend diversifiziert.
Zuletzt hatte sich in den Geschäftszahlen die
Zurückhaltung der Verbraucher (Wechsel zu
günstigeren Produkten vor allem in Europa)
gezeigt. Dieser Effekt sollte im nächsten Jahr
bei zunehmendem Wirtschaftswachstum ab-
flachen. Zudem profitiert Coca-Cola von den
derzeit nachgebenden Rohstoffpreisen.
Deutsche Post
Die Deutsche Post gehört weltweit zu den
führenden Logistikunternehmen. Der Kon-
zern bietet ein breites Spektrum an integrier-
ten Dienstleistungen und maßgeschneider-
ten Lösungen für das Management und den
Transport von Briefen, Waren und Informa-
tionen an. Zu den Stärken des Unternehmens
gehört die starke internationale Aufstellung.
In wichtigen Schwellenländern wie China
und Indien ist die Deutsche Post Marktfüh-
rer. Dabei profitiert das Unternehmen vom
Megatrend Internet, durch den die Nachfrage
nach Logistikdienstleistungen (Amazon,
Ebay, etc.) immer mehr zunimmt. Durch
neue Portopreisregelungen und das anhal-
tend starke Paketgeschäft sollte sich das klas-
sische Briefgeschäft trotz der zunehmenden
Substitution durch E-Mails stabilisieren kön-
nen. In den vergangenen Jahren ist die Deut-
sche Post durch das Generieren von hohen
Mittelzuflüssen (freier Cashflow) aufgefal-
len. Dementsprechend wurde die Dividende
kontinuierlich gesteigert. Die Dividenden-
rendite beläuft sich inzwischen auf über
4,5 Prozent.
ENI
Der italienische Öl- und Gaskonzern gehört
zu den größten Energieunternehmen in Eu-
ropa. Dabei wird die gesamte Wertschöp-
fungskette von der Suche und Förderung von
Öl und Gas, der Verarbeitung, dem Vertrieb
und dem Transport abgedeckt. Zudem ist das
Unternehmen in der Stromerzeugung tätig.
Zuletzt konnte ENI mit guten Zahlen aufwar-
ten. Vor allem die schnelle Wiederaufnahme
der Ölförderung in Libyen wirkt sich positiv
aus. Zudem konnte das Unternehmen durch
Verkäufe von Randaktivitäten (das italieni-
sche Gasversorgungsunternehmen Snam und
das portugiesische Ölunternehmen Galp)
die Verschuldungsquote zurückfahren. Das
Gearing (Nettoverbindlichkeiten/Eigenkapi-
tal) liegt bei soliden 31 Prozent. Im nächsten
Jahr sollte ENI von einem wieder zunehmen-
den weltweiten Rohstoffhunger profitieren
Auch als Dividenden-
wert ist ENI interessant.
9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e
58
können. Auch als Dividendenwert ist ENI in-
teressant. Das Unternehmen bietet derzeit
eine attraktive Dividendenrendite von rund
6 Prozent.
Fresenius
Fresenius ist ein diversifizierter Medizintech-
nik- und Gesundheitskonzern. Mit den Töch-
tern Fresenius Kabi (100 Prozent) und Frese-
nius Vamed (77 Prozent) bietet das Unter -
nehmen Produkte und Dienstleistungen für
Krankenhäuser und die häusliche medizini-
sche Versorgung an. Fresenius Helios (100
Prozent) operiert als Krankenhausbetreiber.
Gleichzeitig ist Fresenius mit 31 Prozent an
der ebenfalls im Dax gelisteten Fresenius Me-
dical Care beteiligt, die hauptsächlich im Dia-
lysegeschäft tätig ist. Diesem Bereich wird in
den nächsten Jahren eine zunehmende Be-
deutung beigemessen. Schätzungen zufolge
wird sich die Zahl der Dialysepatienten bis
2020 um rund 70 Prozent erhöhen.
Ein anderer Wachstumsbereich sollte in den
nächsten Jahren das Krankenhausgeschäft
sein. Weitere Übernahmen von öffentlichen
Krankenhäusern durch Fresenius Helios sind
wahrscheinlich. Die Privatisierungen sind
das Ergebnis der immer schwieriger werden-
den Finanzierung von Krankenhäusern
durch die öffentliche Hand. Zusätzliches Po-
tenzial sieht Fresenius auch in den Schwellen-
ländern. Deren Anteil am Umsatz macht der-
zeit 30 Prozent aus und soll in den nächsten
Jahren stetig gesteigert werden.
Intel
Intel ist ein weltweit führender Hersteller von
Halbleiterprodukten. Das Produktportfolio
umfasst dabei mehrere Produktarten: Mikro-
prozessoren, Motherboards, Chipsets und
Wireless- und Wired-Connectivity-Produk-
te. Da Entwicklung, Fertigung und Vermark-
tung vom Unternehmen getätigt werden, ist
die Wertschöpfungstiefe enorm. Intel zeich-
net sich seit Jahren durch hohe Margen
(EBITDA-Marge > 40 Prozent) und einen ho-
hen Umsatzanteil im Wachstumsmarkt Asien
aus. Auch die Bilanz ist als sehr solide einzu-
stufen.
Die Entwicklung des Aktienkurses war von
der in den vergangenen Quartalen nachlas-
senden PC-Nachfrage geprägt. Zudem meh-
ren sich die Berichte, dass Großkunde Apple
in Zukunft eigene Chips herstellen will.
Gleichzeitig hat Microsoft angekündigt, seine
neue Tablet-Generation nicht nur für Intel-
Chips, sondern auch für Chips des Wettbe-
werbers ARM kompatibel zu machen. Den-
noch könnte die Aktie für den Anleger mit
einer höheren Risikoneigung sehr aussichts-
reich sein. Intel arbeitet derzeit mit Hoch-
druck an der „Schrumpfung“ seiner Chips.
Bereits auf der Technologiemesse in Las Ve-
gas im Januar könnte das Unternehmen
Branchenkennern zufolge einen Chip vor-
stellen, der aufgrund seiner geringen Größe
stromsparend ist (damit könnte der Vorteil,
den ARM durch seine Chiparchitektur er-
zielt, kompensiert werden) und dennoch
Die Bilanz von
INTEL ist als sehr
solide einzustufen.
9 D I e h & a - t o p - 1 0 - l I s t e
59
mehr Leistung als die Konkurrenzprodukte
hat. Dies sollte sich positiv auf den Aktien-
kurs auswirken.
LVMH
Der französische Konzern ist ein weltweit
führendes Unternehmen in der Luxusgüter-
industrie. LVMH verfügt über ein Portfolio
von 60 Premiummarken, darunter Namen
wie Hennessy, Kenzo, Christian Dior, Given-
chy, Ruinard, Tag Heuer, Guerlain, Fendi,
Bulgari, Hublot etc. Diese Marken werden
weltweit in über 3.000 Geschäften vertrieben.
LVMH ist in allen wichtigen Bereichen ver-
treten: Weine und Spirituosen, Mode und Le-
derprodukte, Parfums und Kosmetik sowie
Uhren und Schmuck.
Die hohe Produktdiversifikation und der Be-
kanntheitsgrad der Marken machen das Un-
ternehmen relativ unabhängig von konjunk-
turellen Schwankungen. So konnte LVMH in
diesem Jahr seine Umsätze selbst im wirt-
schaftlich geschwächten Europa steigern. Bei
einem zunehmenden Wirtschaftswachstum
im wichtigen Absatzmarkt China im nächs-
ten Jahr sollte LVMH seine Umsätze und Ge-
winne weiter steigern können.
Metro
Die Aktienkursentwicklung der vergangenen
zwei Jahre war eine Enttäuschung. Stagnieren-
de Umsätze sowie Margen und anhaltende
Probleme bei den Töchtern Real und Media-
Markt/Saturn haben viele Investoren aus dem
Wert getrieben. Die Herabstufung aus dem
deutschen Leitindex Dax in den M-Dax war
der traurige Höhepunkt dieser Entwicklung.
Die letzten Quartalszahlen haben aber in die
richtige Richtung gezeigt. Während die Prob-
leme bei Real und Media-Markt/Saturn durch
weiter sinkende Ergebnisbeiträge weiterhin
deutlich sind, überraschte das starke Cash-
&-Carry-(MCC)-Geschäft. Insbesondere in
Russland und China konnte MCC deutlich
zulegen.
Insgesamt betrachten wir Metro als eine Re-
strukturierungsstory. Metro wird das Wachs-
tum in Osteuropa (inklusive Russland) und
China weiter forcieren. Zudem sollte durch
den Verkauf von Grundstücken und unrentab-
len Cash-&-Carry-Märkten Geld in die Kasse
gespült werden, das zum einen in die Restruk-
turierung gesteckt werden wird und zum an-
deren die Nettoverbindlichkeiten reduzieren
sollte. Auch für Real ist eher kurzfristig –
wahrscheinlich schon im laufenden vierten
Quartal – mit einer Lösung zu rechnen. Da für
Real hohe Investitionen bei gleichzeitig negati-
ven Cashflows nötig wären, stellt ein Verkauf
ein wahrscheinliches Szenario dar.
Nestlé
Nestlé ist der weltgrößte Nahrungsmittel-
konzern. Die Produktpalette reicht von Tief-
kühl- und Milchprodukten über Süßwaren,
Kindernahrung, pharmazeutische Produkte
LVMH konnte 2012
seine Umsätze selbst
im wirtschaftlich
geschwächten Europa
steigern.
9 D I e h a u c K & a u f h ä u s e r - t o p - 1 0 - l I s t e
60
und Haustierbedarf bis hin zu Getränken.
Derzeit befindet sich Nestlé in einer strategi-
schen Neuausrichtung hin zu Nutrition, also
gesundheitsbewusster Ernährung. Dies ist
ein zunehmender Trend in den Industrielän-
dern und in Entwicklungsländern, deren
Mittelschicht stark wächst. Das Unterneh-
men erkennt frühzeitig neue Megatrends in
der Ernährungsindustrie, daher positioniert
sich das Unternehmen frühzeitig im Bereich
Functionalfood. Auch am Markt für Kaffee-
Pads/-Kapseln konnte sich Nestlé als „Second
Mover“ („First Mover“ war Philips mit der
Marke Senseo) sehr erfolgreich positionieren.
Neben der hohen geografischen Diversifizie-
rung sprechen die starken Marken (Nestlé,
Perrier, Kitkat, Nescafé, Buitoni, Nestea,
Maggi, Häagen-Dazs etc.) für das Unterneh-
men, da aufgrund der hohen Bekanntheit
und Qualität Rohstoffpreissteigerungen rela-
tiv schnell an die Endverbraucher weiterge-
reicht werden können. Damit sichert sich
Nestlé anhaltend hohe und stabile Margen.
Gleichzeitig bietet das Unternehmen eine Di-
vidende von über 3 Prozent. Seit 2008 wurde
die Dividende kontinuierlich gesteigert.
61
Seit rund 300 Jahren gibt es kurzfristige
Schatzpapiere im Vereinigten Königreich, seit
über 400 Jahren lang laufende Staatspapiere
der Niederlande. Trotz der für die Kapital-
märkte gewaltigen Vergangenheit haben die
Papiere heute eine Gemeinsamkeit: Die aktu-
ellen Renditen sind so niedrig wie noch nie.
Und wenn die Notenbanken dieser Welt ihre
Politik nicht ändern, werden sie auch weiter-
hin so niedrig bleiben.
Dieser Umstand kippt alle langfristigen Ren-
diteannahmen. Wenn Staatsanleihen weiter-
hin im Niedrigzinsumfeld verharren, werden
auch Aktien bei einer Risikoprämie von 4 bis
5 Prozent insgesamt nur einen Ertrag von
6 bis 7 Prozent pro anno abwerfen. Eine alter-
native Herleitung des langfristigen Returns
für Aktien kann auch über die Formel Divi-
dendenrendite plus Wachstum plus Inflation
erfolgen. Aber auch hier gilt: In einem Um-
feld, in dem alle Regierungen der Industrie-
nationen und die Privathaushalte strukturell
sparen müssen, ist nicht mit hohen Wachs-
tumsraten zu rechnen. Die Banken- und
Staatsschuldenkrise hat die internationalen
Finanzmärkte im Zeitraffer durch einen gra-
vierenden Strukturwandel katapultiert – mit
entsprechenden Herausforderungen für die
Vermögensanlage.
Die niedrigen Zinsen sind gekommen,
um zu bleiben
Drei Entwicklungen sind ausschlaggebend
dafür, dass es sich nicht um ein vorüber-
gehendes Phänomen handelt, sondern dass
die niedrigen Zinsniveaus die Periode nach
der Finanz- und Staatsschuldenkrise auch
weiterhin prägen werden:
1. Für niedrige Zinsen spricht die schwache
Konjunktur, die durch die notwendigen
Strukturanpassungen und die restriktive
Finanzpolitik gebremst wird.
2. Die expansive Geldpolitik der außer-
gewöhnlichen Maßnahmen wird fortge-
führt und vielleicht sogar noch ausgeweitet
werden. Denn nach wie vor besteht die Not-
wendigkeit, die Funktionsfähigkeit des Fi-
nanzsystems zu stützen und die Finanzie-
rung der Staaten zu sichern; während
gleichzeitig die schwache Konjunktur und
die gestörten geldpolitischen Transmissi-
onsmechanismen inflationsfreien Spielraum
hierfür eröffnen.
3. An den Märkten für Staatsanleihen hat das
Angebot sicherer Anlageklassen ab-, gleich-
zeitig aber die Nachfrage nach selbigen zu-
Bei anhaltenden
Niedrigzinsen stehen
alle langfristigen
Renditeannahmen
auf der Kippe.
10 Asset Allocation: neue Paradigmen an den Kapitalmärkten
1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n
62
genommen. Das treibt die Preise der als si-
cher empfundenen Staatspapiere und lässt
ihre Renditen sinken.
Schon bisher war die Geldpolitik ein wesent-
licher Grund für das Niedrigzinsumfeld, und
sie dürfte es weiterhin bleiben. Denn die No-
tenbanken gerade der großen Industrieländer
ziehen alle Register, um den volkswirtschaft-
lichen Krisensumpf trockenzulegen und ins-
besondere in Europa den Finanzsektor zu
stabilisieren. Dabei ist das traditionelle Instru-
mentarium der Zentralbanken, speziell die
Zinspolitik, weitgehend ausgeschöpft. Der
Einlagensatz der EZB, der die Zinsuntergren-
ze am Tagesgeldmarkt markiert, wurde im
Sommer 2012 von 0,25 Prozent auf null ge-
senkt. Die amerikanische Fed und ebenso die
Bank of Japan halten den Tagesgeldsatz seit
Ende 2008 bei knapp über null, die Bank of
England hat den Leitzins seit Frühjahr 2009
bei 0,5 Prozent eingefroren.
Die Zentralbanken haben deshalb ihren
Werkzeugkasten durch weitere nichtkonven-
tionelle Instrumente ergänzt. Fed, Bank of
England und Bank of Japan setzen vor allem
auf Wertpapierkäufe. Die US-Notenbank bei-
spielsweise hat ihr Bilanzvolumen durch der-
artige Käufe in den vergangenen vier Jahren
auf 2.900 Milliarden US-Dollar verdreifacht.
Auf der Aktivseite der Notenbankbilanz be-
finden sich mittlerweile Wertpapiere im Wert
von rund 2.600 Milliarden US-Dollar, von de-
nen etwa 1.650 Milliarden US-Dollar US-
Staatstitel sind. Den Rest des Bestandes bilden
vor allem hypothekenbesicherte Anleihen,
sogenannte Mortgage-backed Securities. Seit
September 2011 versucht die Fed durch Um-
schichtungen im Staatsanleiheportefeuille –
den Austausch von Papieren mit kurzen Lauf-
zeiten (unter drei Jahren) durch solche mit
Laufzeiten von mindestens sechs Jahren – die
langfristigen Renditen zu dämpfen.
Die EZB verfolgte zunächst einen etwas an-
deren Ansatz. Da der EU-Vertrag die Staats-
finanzierung durch die Notenbank verbietet,
sind „endgültige“ Offenmarktgeschäfte der
EZB in Staatsschuldtiteln umstritten. Darü-
ber hinaus ist das Finanzsystem in der EWU
anders als in den angelsächsischen Ländern
sehr stark bankenorientiert. Außerdem hat
die Schuldenkrise zu einem Rückzug der An-
leger – institutioneller ebenso wie privater –
in die nationalen Märkte geführt. Die damit
verbundenen Mittelabflüsse aus den Krisen-
regionen haben den Refinanzierungsbedarf
der dortigen Banken massiv ansteigen lassen.
Die Geldpolitik der EZB konzentrierte sich
darauf, mithilfe von in der Höhe unbegrenz-
ten, aber zu besichernden Refinanzierungs-
krediten die Banken liquide zu halten. Tat-
sächlich hat die EZB im Verlauf der Krise
zusätzliche Refinanzierungsgeschäfte zu-
nächst mit ein-, sechs- und zwölfmonatiger
Laufzeit angeboten, später dann, im Dezem-
ber 2011 und Februar 2012, zwei Geschäfte
mit dreijähriger Laufzeit. Mit einem Gesamt-
volumen von mehr als 1 Billion Euro bilden
diese beiden „superlangen“ Tender derzeit
den mit Abstand wichtigsten Teil der Liquidi-
Die Geldpolitik war
schon bisher ein
wesentlicher Grund für
das Niedrigzinsumfeld,
und sie dürfte es
weiterhin bleiben.
1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n
63
tätsausstattung des Bankensystems in der
EWU.
Ein Ende der extrem expansiven Geldpolitik
in den Industrieländern ist nicht absehbar.
Im Gegenteil: Die Zentralbanken intensivie-
ren ihre Bemühungen. Die Fed hatte wieder-
holt ihre Absicht bekundet, den geldpoliti-
schen Kurs bis mindestens Ende 2014
beibehalten zu wollen. Angesichts der hohen
und, so Fed-Chef Ben Bernanke, nur „frust-
rierend langsam“ sinkenden Arbeitslosigkeit
hat die US-Notenbank zum einen eine Ver-
längerung dieses Zeitraums bis mindestens
Mitte 2015, zum anderen weitere Wertpapier-
käufe (QE3) beschlossen. Während die bishe-
rigen Ankaufprogramme betragsmäßig und
zeitlich begrenzt waren, plant die Notenbank
nun – bis auf Weiteres –, monatlich Mortga-
ge-backed Securities der Agencies (vor allem
Fannie Mae, Freddie Mac) in Höhe von 40
Milliarden US-Dollar zu erwerben. Sie will
dieses Programm beibehalten oder sogar er-
gänzende Maßnahmen ergreifen, sollte es
nicht zu einer substanziellen Verbesserung
der Arbeitsmarktaussichten kommen.
Auch die EZB hat sich im Sommer 2012 ange-
sichts der Verschärfung der Krise in Spanien
und Italien und zunehmender gesamtwirt-
schaftlicher Unsicherheiten dazu durchgerun-
gen, ihren Therapieansatz zu erweitern. An-
fang September beschloss der EZB-Rat das
Outright-Monetary-Transactions-Programm
(OMT), das – im Unterschied zu den üblichen
Repo-Geschäften – „endgültige“ Käufe von
Staatsanleihen am Sekundärmarkt ohne be-
tragsmäßige Begrenzung vorsieht. Die in Aus-
sicht gestellten Käufe verfolgen den Zweck, die
Renditeunterschiede zwischen der deutschen
Benchmark-Anleihe und vergleichbaren
Staatsanleihen bestimmter Krisenstaaten zu
begrenzen. Da die Notenbank vor allem auf
die Re-Integration der Geldmärkte in der
EWU abzielt, will sie ihre Interventionen auf
Anleihen mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren
begrenzen.
Voraussetzung für das Eingreifen der EZB am
Sekundärmarkt ist allerdings, dass sich die
entsprechenden Staaten in einem vollen An-
passungsprogramm befinden oder die Unter-
stützung durch den EFSF beziehungsweise
den ESM bei Interventionen am Primärmarkt
in Anspruch nehmen. Damit wird sicherge-
stellt, dass ein durch die Anleihekäufe der
EZB begünstigter Staat entsprechenden Haus-
haltskontrollen und Anpassungsprogrammen
unterworfen ist. Ein vorangehender Beschluss
des EU-Rates über ein Hilfsprogramm ver-
leiht dem Eingreifen der EZB darüber hinaus
auch eine zusätzliche Legitimität.
Letztlich geht es bei all diesen Maßnahmen
darum, der Politik die notwendige Zeit zu
kaufen, um notwendige Anpassungen in den
Staatshaushalten und den Wachstumsmodel-
len der jeweiligen Volkswirtschaften vorzu-
nehmen. Ein gewisser Anstieg der Inflations-
erwartungen wird dabei sicherlich in Kauf
genommen.
Die geldpolitischen
Interventionen
erkaufen der Politik
Zeit für notwendige
Strukturreformen.
1 0 a s s e t a l l o c a t I o n : n e u e p a r a D I g M e n a n D e n K a p I t a l M ä r K t e n
64
Vermögensanlage in Zeiten niedriger
Renditen
Der oben beschriebene strukturelle Wandel
hat weitreichende Konsequenzen für die Ver-
mögensanlage. Die langfristigen Rendite-
annahmen für die klassischen Anlageklassen
Aktien und Renten haben sicherlich niedri-
ger zu sein als in der Vergangenheit. Die No-
tenbanken halten die Zinsen niedrig, was zu
niedrigen Returns am Rentenmarkt führt.
Allein dies senkt auch die Erwartungen am
Aktienmarkt. Zugleich führen die Sparzwän-
ge der Industrienationen und der privaten
Haushalte langfristig zu niedrigerem Wachs-
tum und niedrigen Aktienreturns. Hinzu
kommt die durch einen Anstieg der Inflati-
onserwartungen bedingte Notwendigkeit,
sich perspektivisch auf Realrenditen zu fo-
kussieren.
In Zeiten steigender Inflationserwartungen
sind Staatsanleihen keine gute Anlageklasse
gewesen. Aktien dagegen können in modera-
ten Inflationszeiten positive Realrenditen ge-
nerieren und schlagen dabei auch die Staats-
papiere. Allerdings fallen bei steigenden
Inflationsraten die Realreturns; diese sind
also negativ korreliert mit den Inflations-
raten. Ab einer Inflationsrate von circa 7 Pro-
zent pro anno werden die Aktienmarkt-
returns real sogar negativ.
Dieses Szenario erwarten wir allerdings nicht.
Daher ist der Aktienmarkt trotz der hohen
Volatilität des vergangenen Jahrzehntes im
Vergleich zum Rentenmarkt der bessere
Markt zur Investition. Hinzu kommt die At-
traktivität der Dividendenrendite, die an den
großen Aktienmärkten im Schnitt bei circa
3 Prozent und damit schon deutlich über den
Renditen der Rentenmärkte liegt.
Dieses neue Umfeld zwingt uns, traditionelle
Anlagestrategien kritisch zu prüfen und dem
neuen Umfeld anzupassen. Marktabhängiges
Investieren mit dem Ziel einer relativen rea-
len beziehungsweise nominalen Rendite galt
lange Zeit als Königsweg. Die Basis dieser In-
vestmentstrategie entstand in den 80er-Jahren
und wurde in den 90er-Jahren untermauert.
In diesen Marktphasen konnten sich die An-
leger auf sehr auskömmliche Renditen an den
Aktien-und Rentenmärkten verlassen. Das
klassische „Buy-&-Hold“ wurde zur Philoso-
phie einer ganzen Generation. André Kosto-
lanys Maxime „Aktien kaufen, Schlaftablet-
ten nehmen und sich später über die Rendite
freuen!“ war damals durchaus sinnvoll. Doch
der Börsenguru hat die Abstürze der Jahre
2001 und 2008 nicht mehr erlebt. Wer heute
sein Depot über Jahrzehnte unbeobachtet
lässt, läuft Gefahr, viel Geld zu verlieren.
Bei der Performancemessung orientieren sich
viele institutionelle und auch private Anleger
gewohnheitsmäßig an Benchmarks – zum
Beispiel am Deutschen Aktienindex Dax oder
am europäischen Euro-Stoxx. Solche „Mess-
latten“ sind zwar häufig durch eine reine
Marktkapitalisierung mehr oder weniger
willkürlich. Dennoch gelang es den Fonds-
Trotz der hohen
Volatilität des
vergangenen
Jahrzehntes ist
der Aktienmarkt
im Vergleich zum
Rentenmarkt der
bessere Markt zur
Investition.
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managern, die Abweichungen immer weiter
zu verringern. Mit der Folge, dass sich die
Renditen den Indizes immer mehr annäher-
ten – anstatt sie durch kluges aktives Manage-
ment zu übertreffen. Die Enttäuschung war
programmiert.
Seit der Asienkrise 1997 herrscht am Aktien-
markt eine sehr hohe Volatilität. Die Kurse
bewegen sich überwiegend seitwärts, ohne
dass nennenswerte Erträge abfallen. In der
Finanzbranche spricht man von einer „Low-
Return-Welt“. Erschwerend kommt hinzu,
dass sich die Zyklen beschleunigen: Finanz-
krisen, die bislang alle einhundert Jahre auf-
traten, finden nun im 10-Jahres-Rhythmus
statt. Am Rentenmarkt sind „Buy-&-Hold“-
Strategien bei einer 10-Jahres-Rendite von
deutschen Bundesanleihen von 1,5 Prozent
und einer Realrendite von –0,5 Prozent eben-
falls nicht besonders attraktiv.
Wie man sieht, bewegen sich die Märkte. Das
heißt auch, dass alte Gewissheiten nicht mehr
gelten. Denn was gestern richtig war, kann
heute Gefahren bergen. Nur wer auf das sich
verändernde Umfeld angemessen reagiert,
kann künftig erfolgreich sein. Was sollte ein
Investor jetzt beachten?
• Die Aktienmärkte sind heute fraglos güns-
tig bewertet. Allerdings setzen die Unwäg-
barkeiten der staatlichen Überschuldungs-
krise dem Markt immer wieder zu. Viele
institutionelle Investoren haben ihre Akti-
enbestände bereits zusammengestrichen,
die Zahl potenzieller Verkäufer ist dadurch
geringer geworden. Das bietet Schutz vor
groß angelegten Verkaufswellen. In einer
mittelfristigen Perspektive eröffnet das ge-
genwärtige Umfeld reichlich Chancen, in
den Besitz von Aktien zu gelangen, die sich
durch Ertrags- und Dividendenstärke so-
wie hohe Bilanzqualität auszeichnen.
• Auf den Rentenmärkten bleibt die „Suche
nach Rendite“ das beherrschende Thema.
Geringes Wachstum, kaum Inflation und
Leitzinsen nahe der Nullgrenze sind nicht
die Zutaten, die die Renditen nach oben
treiben. Bedenken sollte man, dass Staats-
anleihen keine per se sichere Anlage mehr
sind. Anleihen von Unternehmen mit soli-
der Bilanz und nachhaltigem Geschäfts-
modell bieten sich als Alternative an.
• Diversifikation ist ein oft zitiertes, den-
noch meist unterschätztes Instrument.
Grundsätzlich geht es darum, ein Invest-
ment über verschiedene Anlageklassen, wie
Aktien, Renten, Immobilien oder Rohstof-
fe, zu streuen. Im Detail kommt es dann auf
die jeweiligen Anteile, die entsprechenden
Korrelationen und die Investmentstile an.
Denn hierüber werden Risiko und Perfor-
mance gesteuert.
• An ein Denken in einem globalenKontext
kommt aufgrund der niedrigen Renditen
niemand mehr vorbei. Wenn früher eine
Singapur- oder Norwegenanleihe in einem
Privatkundendepot als exotisch und riskant
Traditionelle
Anlagestrategien
müssen kritisch
geprüft und dem
neuen Umfeld
angepasst werden.
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angesehen wurde, dürfen aus heutiger Sicht
Emittent und Währung als solide gelten.
Den Ausschlag dafür geben Verschul-
dungssituation und Wachstumsaussichten
der jeweiligen Länder. Die Finanzlage der
Industrienationen wird das Anlegerverhal-
ten künftig weiter verändern und die glo-
bale Aufstellung eines Vermögens forcie-
ren. Besonders die Emerging Markets
sollten dabei ein größeres Gewicht bekom-
men.
• Basis aller Entscheidungen ist und bleibt
die ausführliche Fundamentalanalyse von
Märkten und Einzeltiteln. Nicht nur wir
sind davon überzeugt, dass in erster Linie
die Über- und Unterbewertung eines
Marktes die Performance treibt.
67
Wetterprognosen haben Investoren bislang
immer nur dann interessiert, wenn Stürme
oder Unwetter die konjunkturelle Entwick-
lung gebremst haben oder daraus besondere
Einflüsse auf Aktien aus spezifischen Bran-
chen, wie Versicherungsgesellschaften oder
der Bauwirtschaft, abzuleiten waren.
Neuerdings schauen jedoch immer mehr ins-
titutionelle Investoren auf Windprognosen
oder die Aussichten auf sonniges Wetter. Der
Grund: Sie haben in Infrastrukturprojekte,
wie Wind- oder Solarparks, investiert, deren
Rentabilität direkt vom Aufkommen dieser
Energieformen abhängen.
Die Motive für Infrastrukturinvestments
Viele Marktuntersuchungen belegen, dass es
mittlerweile kaum noch institutionelle Anleger
gibt, die sich nicht mit Infrastruktur beschäfti-
gen. Motiviert dazu werden sie durch die der-
zeit niedrigen Zinsen und/oder hohen Risiken
anderer Anlageformen. Infrastrukturinvest-
ments werden hingegen in mehrfacher Hin-
sicht als attraktiv gesehen. Als sogenannte
„Real Assets“ versprechen sie eine gewisse
Wertbeständigkeit und sicherere Cashflows –
insbesondere in Zeiten ansteigender Inflation.
Als neue Assetklasse bieten sie den fortschritt-
lichen Investoren noch gute Renditen und hohe
Cashflows – mit oder ohne die Unterstützung
durch eine staatliche Förderung. Als Invest-
ments mit ganz neuem Risiko- und Ertrags-
profil bieten sie hervorragende Diversifika-
tionsmöglichkeiten, wie sie die gängigen
Assetklassen kaum aufweisen. Als direkte Folge
einer neuen und ökologischen Energiepolitik
sind Infrastrukturprojekte im Bereich erneuer-
barer Energien zudem auch bei Investoren mit
Nachhaltigkeitsanspruch beliebt.
Was verbirgt sich hinter der neuen
Assetklasse?
Um das breite Spektrum an Infrastruktur-
investments zu klassifizieren, bietet die Un-
terscheidung nach Sektoren einen ersten An-
haltspunkt:
Transport:
zum Beispiel Mautstraßen, Brücken,
Schienennetze, Häfen oder Parkhäuser
Kommunikation:
zum Beispiel Kabel-, Mobilfunk oder
Satellitennetze
11 Zum Schluss – die Wetteraussichten
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Soziales:
zum Beispiel Krankenhäuser, Schulen,
Seniorenwohnraum
Energie und Versorgung:
zum Beispiel Elektrizitätserzeugung und -ver-
teilung, insbesondere für erneuerbare Energie
Gerade die Letztgenannten – Projekte im Be-
reich erneuerbarer Energien – finden derzeit
die größte Aufmerksamkeit. Der intensive
Ausbau der Nutzung von erneuerbaren Ener-
gien (Biomasse, Geothermie, Wasserkraft,
Solar oder Windkraft) verbunden mit dem
Trend zur privaten Finanzierung hat eine
große Bandbreite an Investitionsmöglichkei-
ten und -chancen eröffnet.
Ein anderes Kriterium zur Einteilung von In-
frastrukturengagements ist der Investment-
ansatz:
• entweder in Form von „Buy-&-Hold“ –
also dem Betrieb risikoarmer Anlagen zum
Erzielen stabiler Renditen während der ge-
samten Projektlaufzeit
• oder in Form von „aktivem Management“
– also der Akquisition, Entwicklung und
dem Verkauf von Anlagen zur Erzielung
hoher Wertsteigerungen.
Manche Investoren unterscheiden nach den
Projektphasen und damit nach unterschiedli-
chen Risiko-Rendite-Profilen. Projekte in der
Entwicklung (sogenannte Greenfield-Anlagen)
sind nur etwas für risikofreudige und erfah-
rene Anleger. So werden – ähnlich wie bei
Venture-Capital-Anlagen – erst einige Zeit
und Investitionsmittel verbraucht, ehe solche
Investments Cashflows abwerfen. Dann bie-
ten sie jedoch auch die attraktivsten Rendi-
ten. Hingegen haben Projekte in der Baupha-
se schon einen höheren Sicherheitsgrad sowie
einen geringeren Zeit- und Investitions-
bedarf. Schließlich sind bei Anlagen in der
Betriebsphase (sogenannte Brownfield-Anla-
gen) die meisten Risiken überschaubar, zumal
sie schon vom Start weg positive Cashflows
erwirtschaften. Den Anleger interessiert da-
bei der reibungslose Betrieb ohne außerplan-
mäßige Störungen oder Wartungskosten.
Wenn diese Risiken zudem von den techni-
schen Betreibern der Anlagen abgesichert
werden, ähnelt ein derartiges Investment
stark dem in Corporate Bonds.
Immobilieninvestoren sind mit einer derarti-
gen Einteilung nach Investitionsphasen bes-
tens vertraut. Der wesentliche Unterschied zu
Infrastrukturprojekten ist meist, dass bei die-
sen in der Regel die Nutzungsdauer terminiert
ist und kein Endwert angesetzt wird. Alterna-
tiv sehen einige Investoren in Infrastruktur-
projekten aber auch eine starke Ähnlichkeit
zu Private Equity – zumal das wirtschaftliche
Risiko letztlich doch beim Eigenkapitalgeber
solcher Anlagen verbleibt und darüber hinaus
auch die Liquidierbarkeit solcher Investments
noch stark eingeschränkt ist.
1 1 z u M s c h l u s s – D I e w e t t e r a u s s I c h t e n
69
So gesehen weist diese Assetklasse Eigen-
schaften auf, wie sie viele Investoren teilweise
auch schon von Anlagen in Immobilien, Ven-
ture Capital, Private Equity, Aktien oder Cor-
porate Bonds kennen.
Welche Prognosen braucht es für
erfolgreiche Investments?
Die Beurteilung der Attraktivität von Infra-
strukturinvestments hängt davon ab, welchen
Cashflow und welchen Wiederverkaufswert
der Investor für sein Kapital erhält. Am ein-
fachsten haben es dabei diejenigen Anleger,
die sich in „Buy-&-Hold“-Projekten engagie-
ren. Sie investieren bis zum Ablauf der ge-
planten Nutzung (das können gut 20 Jahre
sein), unterstellen einen Restwert von null
(eventuell auch noch Kosten für Rückbau-
maßnahmen), nehmen die garantierten Ein-
speisevergütungen und haben schließlich
(sofern sie sich vom Betreiber zum Beispiel
des Wind- oder Solarparks auch noch Be-
triebsgarantien geben lassen) nur noch zu
überlegen, welche Menge – sprich Wind- be-
ziehungsweise Sonnenleistung – produziert
und verkauft werden kann. Obwohl speziali-
sierte Wissenschaftler mit ausgeklügelten
technischen Messungen solche langfristigen
Prognosen erstellen, kommt es auch dabei
natürlich immer wieder zu mehr oder weni-
ger großen Abweichungen. Diese sind für
Windkraftanlagen ungleich größer als bei So-
laranlagen oder Wasserkraftwerken.
Es geht aber auch viel komplizierter: Ein In-
vestor muss sich zum Beispiel zusätzlich mit
Prognosen zum Strompreis befassen, wenn er
nicht von festen Einspeisevergütungen allein
profitieren, sondern den Strom frei vermark-
ten will. Wenn er darüber hinaus auch noch
den Ertrag aus dem laufenden Betrieb oder
das sogenannte Repowering – also das Ersatz-
investment auf technisch neuestem Stand –
optimieren will, würde ihm dies mannigfach
Prognosen zur technischen Entwicklung bis
hin zur Leistungsfähigkeit der Anlagen ab-
verlangen. Diese sind jedoch meist Sache von
Experten.
Prognosen allein reichen nicht aus
Angesichts der derzeitig starken Nachfrage
nach Infrastrukturinvestments gilt es zu-
nächst einmal, geeignete Projekte zu finden
beziehungsweise Zugang zu ihnen zu haben.
Ein gutes Netzwerk zu Projektmanagern oder
Betreibern ist dabei unabdingbar. Danach gilt
es nicht, nur die wirtschaftliche Entwicklung
abzuschätzen, sondern auch mit technischen
und rechtlichen Due-Diligence-Prüfungen
die Nachhaltigkeit und Risiken abzusichern.
Diese Entscheidungen werden dem Anleger
abgenommen, sofern er in einen Dachfonds
oder diversifizierten Infrastruktur-Einzel-
fonds investiert. Stattdessen muss er sich
dann aber mit der Qualität des Asset-Mana-
gers und der Eignung der Anlagerichtlinien
für seine Bedürfnisse befassen. Je mehr Ein-
fluss der Anleger selbst über die individuelle
Auswahl und Allokation von Projekten, das
70
Controlling oder die Bestimmung der Rendite-
erwartung sowie die Transparenz unter ande-
rem der Gebühren ausüben möchte, desto
mehr empfehlen sich Direktinvestments be-
ziehungsweise „Club Deals“. Viele institutio-
nelle Investoren nutzen dabei die vielfältigen
„Verpackungsmöglichkeiten“ nach Luxembur-
ger Recht, um die Investmentobjekte optimal
auf ihre bilanziellen, steuerlichen oder regula-
torischen Bedürfnisse hin zu strukturieren.
Die Lösungen reichen dabei von Bondstruk-
turen bis hin zu Fonds oder Beteiligungs-
strukturen.
Diese Beispiele zeigen: Angesichts der Kom-
plexität der Entscheidungen und Investment-
schritte ist es sinnvoll, als Anleger auf die
Unterstützung kompetenter Partner zurück-
zugreifen. Hauck & Aufhäuser Privatbankiers
verfügen über langjährige Erfahrung in der
Erschließung und Strukturierung derartiger
Infrastrukturinvestments und der langfristi-
gen laufenden Betreuung des Investors. Dies
kann insbesondere für jene Anleger sehr inte-
ressant sein, die erste Schritte in dieser Asset-
klasse vornehmen und dabei aber die Asset-
allokation der einzelnen Engagements selbst
in der Hand halten wollen.
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Stand: 3. Dezember 2012
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Mitwirkende Autoren:
Reinhard Pfingsten, Burkhard Allgeier, Achim
Backhaus, Gregor Claussen, Bernhard Renger,
Jens Wissel sowie Dr. Wolfgang Kirschner