Ökolandbau in Thüringen 2013 - tll.de · Ines Schwabe und Klaus Münzing..... 78...

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www.thueringen.de/de/tll Ökolandbau in Thüringen 2013 „Entwicklung und Ergebnisse“ Schriftenreihe Heft 5 / 2013

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    Ökolandbau in Thüringen 2013

    „Entwicklung und Ergebnisse“

    Schriftenreihe Heft 5 / 2013

  • Ökolandbau in Thüringen 2013 „Entwicklung und Ergebnisse“

    Schriftenreihe Heft 5/2013

    Schriftenreihe Landwirtschaft und Landschaftspflege in Thüringen

  • Erschienen als Heft 5/2013 der Schriftenreihe

    „Landwirtschaft und Landschaftspflege in Thüringen“.

    Impressum Herausgeber: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Naumburger Str. 98, 07743 Jena Tel.: 03641 683-0, Fax: 03641 683-390 Mail: [email protected]

    Titelfotos: oben - C. Graf, I. Matthes unten – I. Matthes, I. Schwabe September 2013 ISSN 0944 - 0348 Copyright: Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen und der foto- mechanischen Wiedergabe sind dem Herausgeber vorbehalten.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 3 5/2013

    Abkürzungsverzeichnis AK Arbeitskraft BEE Besondere Ernteermittlung BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz BÖL Bundesprogramm Ökologischer Landbau BÖLN Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger

    Landwirtschaft DLG Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DON Deoxynivaleol DVO Durchführungsverordnung EG Europäische Gemeinschaft EMZ Ertragsmesszahl ES Entwicklungsstadium EU Europäische Union e. V. eingetragener Verein FM Frischmasse GfE Gesellschaft für Ernährungsphysiologie GJ Gigajoule GV Großvieheinheit InVeKoS Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem KBE Koloniebildende Einheiten KULAP Programm zur Förderung von umweltgerechter Landwirtschaft, Naturschutz und Landschafts-

    pflege LF Landwirtschaftlich genutzte Fläche LfL Bayern Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft Mio. Millionen MJ Megajoule MJ UE Megajoule Umsetzbare Energie Mrd. Milliarden MRI Max Rubner-Institut n Anzahl NEL Netto Energie Laktation Nmin Gehalt eines Bodens an verfügbarem mineralisierten Stickstoff ÖLB Ökologischer Landbau TLL Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft TLS Thüringer Landesamt für Statistik TM Trockenmasse TMLFUN Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz TS Trockensubstanz Tsd. Tausend VO Verordnung vTI Johann Heinrich von Thünen-Institut w. V. wirtschaftlicher Verein ZALF Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e. V. > Über, mehr als , größer als < Unter, weniger als, kleiner als

  • Schriftenreihe der TLL 4 5/2013

    Vorwort

    Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft blickt auf eine zwanzigjährige Entwicklung mit einem sich wan-delnden Aufgabenspektrum zurück, bei der unterschied-lichste Fragen der ökologischen Produktion bereits seit Anfang der 1990er Jahre zu den ständigen Arbeitsfel-dern der Fachabteilungen zählen. So werden Themen des Ökolandbaus in enger Zusammenarbeit mit ökolo-gisch wirtschaftenden Betrieben wie auch Verbänden bearbeitet. Die Arbeitsergeb-nisse dienen sowohl der Information der landwirtschaftlichen Praxis, als auch der Öffentlichkeit und der Agrarverwaltung sowie zur Politikberatung. Einen wesentlichen Schwerpunkt der Aktivitäten für den Ökolandbau stellen um-fangreiche Sortenversuche dar, vor allem zu Getreide, Kartoffeln und zunehmend auch für Körnerleguminosen. Die erfolgreiche Etablierung eines Öko-Versuchsfeldes am Standort schuf die Vo-raussetzungen für die Umsetzung weiterer Versuchsfragen, wie zur Problematik der Anbaueignung alter Getreidearten und -sorten, der Winterackerbohne oder auch zu optimalen Schnittregimen bei unterschiedlichen Kleegrasmischungen. Angelegt wurden des Weiteren Dauerversuche, wie zur Prüfung der Humusversorgung und des Einsatzes von Pflanzen- und Bodenhilfsstoffen. Erhebungen im Rahmen verschiedener Monitoringnetze Thüringens bilden einen weiteren Schwerpunkt. Bewusst erfolgte hier eine Integration ökologisch wirtschaf-tender Betriebe. Auf Grundlage der Monitoringnetze werden Untersuchungen zur Stickstoffversorgung der Ackerböden, zur Entwicklung des Grünlands sowie zu Qua-litätsparametern der Getreideernte realisiert. Aspekte der Tiergesundheit und bedarfsgerechten Fütterung ökologisch gehaltener Viehbestände stehen im Blickfeld verschiedener Themen im Bereich der Tierpro-duktion.

    Viele Themen sind nicht nur für den Ökolandbau relevant und oft komplexer Natur, sie erfordern somit einen fachübergreifenden Lösungsansatz. Bereits Tradition hat die Kooperation im Rahmen von Mehrländerprojekten, wie beispielsweise bei der Auswertung von Buchführungsergebnissen ökologisch wirt-schaftender Betriebe, aber auch bei der Planung und Durchführung der Öko-Landessortenversuche.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 5 5/2013

    Mit der Gründung wurde die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft als Kon-trollbehörde für ökologischen Landbau bestellt. Informationen ihrerseits wie auch Analysen förder- und agrarstatistischer Daten geben seit Jahren Auskunft über die Entwicklung und Struktur des Ökolandbaus in Thüringen. Mit den Beiträgen in der vorliegenden Broschüre berichten wir über laufende The-men und stellen Ihnen ausgewählte Ergebnisse verschiedener Arbeitsfelder vor.

    Dr. Armin Vetter Stellv. Präsident der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft

  • Schriftenreihe der TLL 6 5/2013

    Inhaltsverzeichnis

    Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. 3

    Vorwort ....................................................................................................................... 4

    Der Ökolandbau in Thüringen - Daten und Fakten Dr. Ines Matthes...................................................................................................... 8

    Überwachungstätigkeit der zuständigen Behörde für ökologischen Landbau in Thüringen - Jahresbericht 2012 Susanne Keller und Dr. Ines Matthes ....................................................................17

    Zustandserhebung der Umweltwirkung ökologisch wirtschaftender Betriebe - Ergebnisse des Umweltsicherungssystems Landwirtschaft (USL) Dr. Katja Gödeke ...................................................................................................21

    Länderübergreifende Auswertung der Buchführungsergebnisse von Ökobetrieben

    Martin Herold, Cornelia Harnack, Dr. Roland Richter, Thomas Annen und Mike Schirrmacher................................................................................................33

    Allgemeine Auswirkungen des Klimawandels auf den Pflanzenbau in Thüringen Christian Guddat und Ines Schwabe .....................................................................42

    Winterfestigkeit von Wintergetreidesorten im ökologischen Landbau Christian Guddat und Evelin Schreiber .................................................................52

    Langzeitbetrachtung von Ertrags- und Qualitätsunterschieden zwischen ökologischem und konventionellem Anbau bei Getreide - Ergebnisse der Besonderen Ernteermittlung Dr. Volkmar König und Sabine Wagner ................................................................57

  • Thüringer Ökolandbau 2013 7 5/2013

    Das Ökoversuchsfeld in Dornburg Andrea Biertümpfel...............................................................................................61

    Sortenempfehlungen für den ökologischen Landbau Christian Guddat, Evelin Schreiber, Katrin Günther und Dr. Uwe Jentsch ............. 66

    Anbau- und Verarbeitungseignung von Spelzweizen (Einkorn, Emmer, Dinkel) unter Thüringer Anbaubedingungen Ines Schwabe und Klaus Münzing ........................................................................ 78

    Nährstoffversorgung von Böden und Pflanzen im ökologischen und konventionellen Ackerbau Sabine Wagner und Dr. Wilfried Zorn ................................................................... 86

    Ergebnisse zur Düngung im Ökoversuchsfeld Dornburg Dr. Wilfried Zorn, Hubert Schröter und Andrea Biertümpfel ................................ 96

    Prüfung der P-Düngewirkung verschiedener mineralischer P-Düngemittel auf kalkhaltigen Böden im ökologischen Landbau Dr. Wilfried Zorn und Hubert Schröter ................................................................. 99

    Eiweißversorgung in der ökologischen Nutztierfütterung Dr. Tina Baumgärtel ........................................................................................... 103

    Grünlandbewirtschaftung im Ökolandbau Dr. Hans Hochberg ............................................................................................ 116

    Ergebnisse zur Körperkonditionsbeurteilung unter ökologischen Bedingungen in Thüringen Silke Dunkel ....................................................................................................... 119

    Biogaserzeugung - Eine Chance für den Ökobetrieb? Dr. Gerd Reinhold .............................................................................................. 128

  • Schriftenreihe der TLL 8 5/2013

    Der Ökolandbau in Thüringen - Daten und Fakten

    Dr. Ines Matthes

    Die Ausweitung ökologischer Wirtschaftsweisen ist im Freistaat Thüringen politisch erwünscht. „Hohe Wertschöpfung, Innovationskraft, eine umwelt- und naturfreund-liche Produktion sowie Akzeptanz in der Gesellschaft - an diesen vier grundlegen-den Zielen wird die Thüringer Landesregierung künftig ihre Agrarpolitik ausrichten. So will die Landesregierung im Handlungsfeld ökologischer Landbau dessen Anteil auf mehr als zehn Prozent der Thüringer Anbauflächen steigern. Dazu sind eine neue Umstellungsförderung geplant, mehr Forschung und Beratung sowie der Aus-bau von Verarbeitung und Vermarktung im Freistaat“ (TMLFUN, 2013a). Die Ziele sind gesteckt. Doch, wo steht der Thüringer Ökolandbau heute und woher Informationen über den Ökolandbau, speziell über den in Thüringen nehmen?

    Die Daten und Fakten zum Ökolandbau in Thüringen beruhen zum Teil auf Daten-banken, welche mit unterschiedlichen Methoden (Definition der Erhebungseinhei-ten, Zeitpunkt oder -raum, Merkmale, regionale Tiefe) und Zielsetzungen bei Bund, Ländern, Verbänden und Organisationen, Informationsgesellschaften u. a. Akteuren aufgebaut wurden. Teilweise sind die Erhebungen der Daten gesetzlich verankert, d. h. per Gesetz (z. B. AgrStatG) oder Verordnung [z. B. VO (EU) Nr. 834/2007] gere-gelt. Oft stellen die Informationen auch das Ergebnis von speziellen Studien, Pro-jekten und Erhebungen der unterschiedlichsten Akteure dar. Zu den wohl wesentlichsten Informationsquellen können gezählt werden: 1. Meldedaten der zuständigen Kontrollbehörden nach den EG/EU-Öko-Verordnungen 2. Amtliche Statistiken des Statistischen Bundesamtes u./o. des Thüringer Lan-

    desamtes für Statistik (TLS) 3. Sekundärauswertungen der Daten der Agrarverwaltung, d. h. der InVeKoS-

    Datenbank (Agrarförderung) 4. Agrarberichterstattung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten,

    Umwelt und Naturschutz (TMLFUN) - beispielsweise über ausgezahlte Fördermit-tel und/oder Studien Dritter im Auftrag des TMLFUN

    5. Ergebnisse der Projekt-/Themenarbeit, auch Mehrländerprojekten und/oder ho-heitlichen Dienstaufgaben der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL)

    6. Informationen der in Thüringen agierenden Anbauverbände und Interessenver-tretungen über ihre Mitgliedsbetriebe, durchgeführte Studien u./o. Projekte (z. B. Thüringer Ökoherz e. V.)

  • Thüringer Ökolandbau 2013 9 5/2013

    7. Daten der Agrarmarkt Informationsgesellschaft mbH (AMI) 8. Forschungs-/Projektberichte der Einrichtungen/Institute des Bundes aber auch

    Veröffentlichungen anderer Akteure, teilweise als Auftragnehmer zuvor genann-ter Einrichtungen.

    In der nachfolgenden Zusammenfassung von Informationen weisen die Ziffern in den eckigen Klammern ([…]) auf deren Ursprung, entsprechend der obigen Auflis-tung, hin. Der ökologische Landbau etablierte sich in Thüringen auf einem unter dem Bun-desdurchschnitt liegendem Flächenanteil. Stark schwankende Zuwachsraten deu-ten auf eine Abhängigkeit von äußeren Impulsen (Lebensmittelskandalen, Förder-programmen/-initiativen, Agrarmarkt) hin. [1,5] So waren zum 31. Dezember 2012 im Freistaat 460 Unternehmen registriert, die den rechtlichen Bestimmungen zum ökologischen Landbau in der Europäischen Union (EU) unterlagen, darunter 274 landwirtschaftliche Betriebe (einschließlich Imker) wie auch 186 Verarbeitungs- und (Groß)Handelsunternehmen, Importeure sowie Futtermittelhersteller. Von den agrarischen Erzeugerbetrieben unterlagen 47 zusätzlich den Kontrollen im Bereich Verarbeitung/Aufbereitung. Diese bewirtschaf-teten insgesamt rund 42,0 Tsd. ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF), davon ca. 35,6 Tsd. ha (einschließlich Umstellungsflächen) ökologisch. Das entspricht einem Anteil der Ökofläche von 4,6 % an der LF Thüringens [1,5]. Bundesweit wurden zum o. g. Stichtag in Deutschland rund 1,03 Mio. ha LF von ins-gesamt ca. 22,9 Tsd. landwirtschaftlichen Betrieben nach den EU-weiten Regelun-gen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Damit ist der Ökoanteil an der ge-samten landwirtschaftlich genutzten Fläche auf 6,2 % gestiegen [1]. Die regionale Verteilung der Ökoflächen (Abb. 1) in Thüringen zeigt eine Konzentra-tion auf die an Grünland reichen Futterbauregionen [2,3]. Etwa zwei Drittel der Ökoflächen liegen im benachteiligten Gebiet, d. h. auf den ertragsärmeren Standor-ten [3].

  • Schriftenreihe der TLL

    10 5/2013

    Abbildung 1

    Ökobetriebe (Stand: 31.12.2012) (nach VO (EG) Nr. 834/2007 i.v.m. VO (EG) Nr. 889/2008)

    landwirtschaftliche Betriebe landw. Betriebe mit verarbeitenden Unternehmen Verarbeitungsbetriebe, Importeure und futtermittelaufbereitende Unternehmen reine Handelsunternehmen

  • Thüringer Ökolandbau 2013 11 5/2013

    Mit hohen Anteilen an der LF im jeweiligen Kreisgebiet fand der Ökolandbau insbe-sondere in Schmalkalden-Meiningen, Saalfeld-Rudolstadt und im Kreis Gotha Ver-breitung. Knapp die Hälfte der Thüringer Ökofläche verteilte sich 2010 und auch 2012 auf diese drei Kreise [2,3]. Unter den landwirtschaftlichen Betrieben mit ökologischem Landbau, dies können sowohl vollständig wie auch teilweise umgestellte oder auch in Umstellung befind-liche sein, sind die verschiedensten Rechtsformen [2,3] und Betriebsgrößenklassen [1, 2, 3] vertreten. Allerdings werden gerade kleinere Betriebe, damit insbesondere Nebenerwerbsbetriebe, durch die verschiedenen Erhebungen, wie z. B. durch die nach Agrarstatistikgesetz, oft nur unzureichend erfasst. Wie die Ergebnisse der letzten Landwirtschaftszählung zeigen, befassten sich 2010 im Agrarsektor des Freistaates 6,6 % der Familienunternehmen im Haupterwerb wie auch 8,0 % der Personengesellschaften und 7,6 % der juristischen Personen mit der ökologischen Produktion. In den Thüringer Betrieben mit ökologischem Landbau (einschließlich der nicht umgestellten Betriebsbereiche) waren 1 205 Personen beschäftigt, die insgesamt eine kalkulatorische Arbeitsleistung von 744 Arbeitskrafteinheiten (AKE) erbrach-ten. Der für den Ökolandbau ermittelte Arbeitskräftebesatz lag mit 1,9 AKE/100 ha LF unter dem für die Thüringer Landwirtschaft insgesamt ermittelten Besatz von 2,1 AKE/100 ha LF. Dies wird vor allem auf den Umstand zurückgeführt, dass ar-beitsintensivere Produktionszweige/-verfahren im Ökolandbau Thüringens unterre-präsentiert waren [2]. Neuere Daten stehen voraussichtlich erst 2014 nach Auswer-tung der diesjährigen Agrarstrukturerhebung zur Verfügung. Knapp drei Viertel der mit der Landwirtschaftszählung erfassten 217 Ökobetriebe hielten Vieh. In den Ställen, auf den Wiesen u./o. Weiden dieser Betriebe standen (am 1. März 2013) 18 414 Rinder, darunter 1 982 Milchkühe, des Weiteren 15 562 Schweine, 5 328 Schafe und 749 Ziegen sowie 101 645 Hühner, 1 689 Gänse, Enten und Truthühner. In die ökologische Produktion hatten die Landwirte davon 18 373 Rinder, 835 Schweine, 5 318 Schafe, 746 Ziegen, 101 581 Hühner sowie 1 674 Gänse, Enten und Truthühner einbezogen [2]. Unter den Öko-Betrieben war zwar ein breites Spektrum an Produktionsrichtungen anzutreffen. Nach der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung handelte es sich jedoch überwiegend um Futterbau(Weidevieh)-Betriebe (Abb. 2) [2].

  • Schriftenreihe der TLL 12 5/2013

    Die ökologische Produktionsweise erstreckte sich in Thüringen über 2,5 % der Ackerflächen und 10,8 % der Wiesen und Weiden [2]. Auf dem Ackerland, welches etwa die Hälfte der Ökofläche ausmachte, dominierte, wie im Freistaat allgemein, das Getreide. Anteilig an der Getreidefläche wurden je-doch in den Ökobetrieben mehr Dinkel, Roggen und Hafer angebaut. Trotzdem war auch hier Weizen die anbaustärkste Marktfrucht [2,3]. Der Kornertrag bei Getreide erreichte in den zurückliegenden Jahren im Ökolandbau etwa die Hälfte bis zwei Drittel des Ertrages von konventionell bewirtschafteten Flä-chen. Wegen geringer Bestandsdichten waren der Fusariumbesatz und DON-Gehalt auf den Ökoflächen deutlich niedriger als auf den konventionellen [5]. Im Vergleich zu konventionell produzierenden Betrieben kultivierten Ökobetriebe anteilig auf der Ackerfläche mehr Körnerleguminosen aber weniger Ölfrüchte [2,3]. Entsprechend den Ergebnissen der Evaluation der Programme zu Förderung von umweltgerechter Landwirtschaft, Erhaltung der Kulturlandschaft, Naturschutz und Landschaftspflege in Thüringen (KULAP) trug der Ökolandbau insbesondere durch die Verringerung des Produktionsmitteleinsatzes (Düngung, Pflanzenschutz) auf den Ackerflächen zum Ressourcenschutz bei [4, 5, 8]. Auch fielen die Öko-Ackerflächen gegenüber den konventionellen durch eine deutlich höhere Artenvielfalt der Segetalflora und Deckungsgrade auf. Allerdings traten häufig auch konkurrenzstarke Arten, wie Ackersenf und -kratzdistel, vermehrt auf [5].

    Abbildung 2: Betriebswirtschaftliche Ausrichtung Thüringer Betriebe mit ökologischem Landbau

    Ausrichtung

  • Thüringer Ökolandbau 2013 13 5/2013

    Neben den Aufwüchsen des Grünlandes werden in den Thüringer Ökobetrieben vor allem Klee und Luzerne sowie deren Gemenge mit Gras und im geringen Umfang Mais oder Getreideganzpflanzensilagen als Grundfutter genutzt. Nach Meinung der Thüringer Grünlandspezialisten lässt sich das Dauergrünland Thü-ringens in drei Funktionstypen unterteilen, somit gibt es produktives Grünland sowie Extensiv- und Biotopgrünland. Wie Auswertungen der InVeKoS-Datenbank zeigten, bediente sich der Thüringer Ökolandbau 2010 aller drei Typen. Wobei der Anteil des Biotopgrünlandes etwa 13 % betrug (die Auswertung bezog sich auf die an der KULAP-Maßnahme L1 - Ökologischer Landbau - teilnehmenden Betriebe) [4,5]. Die starke Dominanz des Getreidebaus wie auch der Mutterkuhhaltung weist auf nicht unerhebliche Disproportionen in der Produktionsstruktur des Thüringer Öko-landbaus hin [2, 5, 6]. Mit 186 gewerblichen, meist kleineren verarbeitenden u./o. aufbereitenden Unter-nehmen wie auch Großhändlern und Importeuren war deren Dichte in Thüringen auch Ende 2012 weiterhin gering. Mit der Verarbeitung und Vermarktung von Öko-Erzeugnisse befassten sich außer-dem auch 47 landwirtschaftliche Betriebe [1]. Auf eine in Thüringen bestehende deutliche Diskrepanz zwischen Erzeugung und Verarbeitung ökologischer Rohstoffe, insbesondere in den Bereichen Getreide und Rindfleisch sowie auf niedrigem Niveau auch bei Schweinefleisch und Kartoffeln, wurde in speziellen Studien mehrfach aufmerksam gemacht [4,6]. Auch die in Thü-ringen produzierte Öko-Milch (ca. 11 000 t) verlässt weitestgehend zur Verarbei-tung den Freistaat. Nur ein geringer Teil wird über eine „Hofverarbeitung“ und Hof-läden bzw. Lieferservice direktvermarktet [4,5]. So stellen fehlende Verarbeitungskapazitäten “… den maßgeblichen Hemmschuh für den weiteren Ausbau des Biolandwirtschaft…“ dar. Gleichzeitig „…fehlt von Sei-ten der Verbraucher ein klares Signal, den Mehrwert regionaler Bioprodukte durch einen Aufpreis zu honorieren“ (dpa, 2013). Allerdings liegen für Thüringen keine regionalen Angaben über den Umsatz mit Öko-Produkten wie auch über die realisierten Erzeugerpreise für Öko-Produkte vor. Rückschlüsse auf das Niveau der Preise sowie auf die Differenz zwischen Erzeuger- und Betriebsmittelpreisen für ökologische und konventionelle Produkte sind teilweise auf der Grundlage der Auswertung von Buchführungsabschlüssen möglich (siehe auch Beitrag von HEROLD in dieser Broschüre). Dabei muss aber auch bedacht wer-den, dass wegen dem Fehlen von Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten Ökoerzeugnisse teilweise als konventionelle Ware zum Absatz kommen.

  • Schriftenreihe der TLL 14 5/2013

    Nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI, 2013) stieg 2012 der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland um 6 % auf rund 7 Mrd. € und er-reichte damit 3,7 % des deutschen Lebensmittelmarktes. Das Umsatzwachstum wird nach SCHAACK, D. u. RAMPOLD, CH. (2013) ungefähr zu gleichen Anteilen auf größere Verkaufsmengen und auf Preissteigerungen zurückgeführt. Tierische Pro-dukte waren der größte Wachstumsfaktor. So betrug das Absatzplus in den ersten 10 Monaten 2012 bei Öko-Fleisch ca. 18 %. Fleisch- und Wurstwarenverkäufe wa-ren um 8 % gestiegen. Nach wie vor entfallen ca. 60 % des deutschen Bio-Umsatzes auf Frische-Produkte [7]. Der Freistaat Thüringen fördert die ökologische Produktionsweise über verschiede-ne Wege, beispielsweise mittels institutioneller Förderung (seit 1993 für den För-derverein Thüringer Ökoherz e. V., von 2001 bis 2004 auch für den Verband für Ag-rarforschung und Bildung e. V.). Flächenbeihilfen können landwirtschaftliche Ökobetriebe im Freistaat seit 1991 beantragen - zunächst im Rahmen des Extensivierungsprogramms nach VO (EWG) Nr. 4115/88, dann ab 1993 für die Beteiligung an der Maßnahme A1 (Ökolandbau) des Thüringer KULAP auf Grundlage der VO (EWG) 2078/92 und später, ab dem Jahr 2000, des KULAP 2000 basierend auf VO (EG) Nr. 1257/99. Seit 2007 erhalten die Ökobetriebe im Rahmen des neu konzipierten Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums (FILET) auf der Grundlage der VO (EG) 1698/2005 (ELER) Beihil-fen für die Umstellung auf bzw. Beibehaltung der ökologischen Produktionsweise. Des Weiteren erhalten auch Ökobetriebe Direktzahlungen und es konnten bzw. können auf sie die im Agrarsektor allgemein geltenden Förderprogramme/-maß-nahmen angewendet werden, sofern die Betriebe den Bestimmungen der Förder-richtlinien u./o. -verordnungen entsprechen. Das Thünen-Institut veröffentlichte 2006 und 2011 (siehe NIEBERG; SANDERS; KUHNERT, 2011) umfangreiche Studien über die Förderung des ökologischen Land-baus in Deutschland. Diese beinhalten neben einem Gesamtüberblick über die För-derung des Ökolandbaus auch Informationen über die Förderung in einzelnen Bun-desländern, so auch in Thüringen. Die Daten reichen bis zum Jahr 2007. Eine aus-führliche Darstellung würde jedoch den Rahmen dieser Broschüre brechen. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der öffentlichen Ausgaben (EU, Bund, Thüringen) für die Förderung ökologischer Anbauverfahren, welche eine dominierende Stellung innerhalb der Förderung des ökologischen Landbaus einnimmt [4,8]. Allerdings bil-det regelmäßig diese Auswertung (nach KULAP-Maßnahme „Ökologischer Land-bau“) nicht die gesamte ökologisch bewirtschaftete Fläche ab.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 15 5/2013

    Die staatliche Beihilfen wirkten sich in ihrer Summe auch bei den ökologisch wirt-schaftenden Landwirtschaftsbetrieben einkommensstabilisierend aus, wie die ver-gleichende Auswertung von Buchführungsergebnissen ostdeutscher ökologischer und konventioneller Betriebe zeigt (MLP-öL,2012). So machten beispielsweise 2010/11 Beihilfen im Mittel ca. ein Drittel der betrieblichen Erträge der Ökobetriebe aus (in den konventionell wirtschaftenden Betrieben der Vergleichsgruppe rund ein Fünftel) [5]. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich der Ökolandbau in den letzten zwanzig Jahren zu einem festen Bestandteil der Thüringer Landwirtschaft entwickel-te. Um künftig dem Image, umweltverträglich, tiergerecht und sozial zu sein, ge-recht werden zu können, müssen ökologisch Ökobetriebe vielfältige produk-tionstechnische und ökonomische Herausforderungen meistern, wozu es auch wei-terhin einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung bedarf.

    Abbildung 3: Öffentlichen Ausgaben (EU, Bund, Thüringen) für die Förderung ökologischer Anbau-verfahren von 1999 bis 2012 (Tsd. €)

  • Schriftenreihe der TLL 16 5/2013

    Literatur BLE (2013): Strukturdaten des ökologischen Landbaus (Stand: 31.12.2012). Email vom 05.07.2013

    BMELV/BLE (2013): BIO-Branche bleibt auf Wachstumskurs. In: Informationsportal Ökoland-bau.de/Nachrichten, 27.06.2013

    dpa (2013): Meldung vom 25.06.2013 lt. Presseinformation des TMLFUN. In: dpa (Thüringen), Wirtschaft/Agrar/Ökolandbau

    MATTHES, I. u. BIERTÜMPFEL, A. (2013): Ökologischer Landbau im Fokus der Forschungs- und Dienstaufgaben der TLL. Jena: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, 2013. Abschlussbe-richt 2012

    MLP-öL (2012): Buchführungsergebnisse ökologisch wirtschaftender Betriebe der ostdeut-schen Bundesländer - Wirtschaftsjahr 2010/11; Mehrländerprojekt von Landeseinrichtungen der ostdeutschen Bundesländer. Jena: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, 2012

    NIEBERG, H.; KUHNERT, H.; SANDERS, J. (2011): Förderung des ökologischen Landbaus in Deutschland - Stand, Entwicklung und internationale Perspektive. In: vTI Landbauforschung, Sonderheft 347, Braunschweig 2011

    SCHAACK, D. u. RAMPOLD, CH. (2013): AMI Markt Bilanz Öko-Landbau 2013. In: AMI GmbH (2013) 12, S. 9-22

    TLL(2009): Studie „Entwicklungsfragen der Thüringer Landwirtschaft bis 2020“. Jena: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, 2009

    TLL (2013): Direktzahlungen und Fördermaßnahmen: In: Landwirtschaft in Thüringen 2013 (Da-ten und Fakten). Jena: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, 2013

    TLS (2011): Landwirtschaftszählung in Thüringen 2010 - Ökologischer Landbau, Statistischer Bericht. Erfurt: Thüringer Landesamt für Statistik, 2011

    TMLFUN (2011): Bericht zur Entwicklung der Landwirtschaft in Thüringen 2011 (Berichtsjahre 2009 und 2010). Erfurt: Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Natur-schutz, 2011

    TMLFUN (2013): Zukunftskatalog Thüringer Landwirtschaft 2020 vorgestellt. Erfurt: Thüringer Mi-nisterium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, 2013; www.thueringen.de

    TMLNU (2001): Analyse der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Ökoprodukten in Thüringen. Studie erarbeitet durch Thüringer Ökoherz e. V. und TLL. Erfurt: Thüringer Ministeri-um für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, 2001

    TMLNU (2009): Bericht zur Entwicklung der Landwirtschaft in Thüringen 2011 (Berichtsjahre 2007 und 2009). Erfurt: Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, 2009

  • Thüringer Ökolandbau 2013 17 5/2013

    Überwachungstätigkeit der zuständigen Behörde für ökologischen Landbau in Thüringen - Jahresbericht 2012

    Susanne Keller und Dr. Ines Matthes

    Zum 31.12.2012 waren in Thüringen 460 Unternehmen (424 Unternehmen im Jahr 2011) im Kontrollverfahren nach der EG-Öko-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 834/2007 - Basisverordnung - und der Verordnung [EG] Nr. 889/2008 mit Durchfüh-rungsvorschriften zur Basisverordnung - Durchführungsverordnung) gemeldet. Da-runter befanden sich 274 Erzeugerbetriebe, von denen 47 auch Produkte verarbei-teten und so zusätzlich den Kontrollen im Bereich B unterstanden (Tab. 1).

    Tabelle 1: Unternehmen im Kontrollverfahren in Thüringen (Anzahl)

    Kontrollbereich1) A B C E H AB AC ABC BC Gesamt Stand: 31.12.2011 226 119 1 4 15 45 0 0 14 424 Stand: 31.12.2012 227 146 2 6 17 47 0 0 15 460

    1) A = landwirtschaftliche Erzeuger B = verarbeitende bzw. aufbereitende Unternehmen C = Importeure E = Futtermittelhersteller H = Großhandelsunternehmen

    Die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe (Kontrollbereich A, auch in Kombination mit weiteren Kontrollbereichen) verfügten am Jahresende 2012 insgesamt über 41 999 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (Vorjahr: 40 849 ha), von welcher sie 35 592 ha (Ökofläche) entsprechend den EU-weiten rechtlichen Reglungen über die ökologische Produktion bewirtschafteten. Ende 2011 umfasste die Ökofläche 34 977 ha.

    Zum Schutz der Verbraucher sehen die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau europaweit ein Zertifizierungsverfahren für ökologisch wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe sowie für Verarbeitungs-, Import- und Handelsunter-nehmen von Öko-Lebensmitteln vor. Auch Futtermittelhersteller unterliegen dem Zertifizierungsverfahren.

  • Schriftenreihe der TLL 18 5/2013

    In Deutschland wird das Zertifizierungsverfahren als staatlich überwachtes privates System realisiert. Die privaten Kontrollstellen müssen durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zugelassen sein. Sie führen mindestens einmal jährlich einen Inspektionsbesuch bei den Unternehmen vor Ort durch. Des Weiteren sind angemeldete und unangemeldete Nachkontrollen zur Überprüfung eventueller Auflagen und Stichprobenkontrollen nach dem Zufallsprinzip möglich.

    Die Kontrollstellen unterliegen der staatlichen Überwachung durch die zuständigen Behörden der Bundesländer (z. B. durch Kontrollbegleitungen). Im Freistaat wurde die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft als zuständige Behörde bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben nimmt das Referat Marktkon-trolle und Justitiariat war. Die zuständige Behörde führte im Berichtsjahr 2012 bei 23 Kontrollen auf ökolo-gisch wirtschaftenden Betrieben in Thüringen Kontrollbegleitungen durch. Das ent-spricht einem Prozentsatz von 5 % begleiteter Kontrollen, bezogen auf die Anzahl der Unternehmen mit Betriebssitz in Thüringen. Bei den 23 Kontrollgängen sind 15 Inspektoren/innen von 12 der 14, derzeit in Thü-ringen aktiven Kontrollstellen bei ihrer Tätigkeit überprüft und beurteilt worden. Nach Kontrollbereichen aufgeschlüsselt, handelte es sich bei den Inspektionen um 18 Landwirtschaftsbetriebe (einschließlich Hofverarbeitung) und 5 reine Verarbeitungs-betriebe.

    Insgesamt sind in Deutschland derzeit 20 Kontrollstellen für ökologischen Landbau zugelassen. Keine der Kontrollstellen hat ihren Sitz in Thüringen.

    Abbildung: Entwicklung des ökologischen Landbaus in Thüringen

  • Thüringer Ökolandbau 2013 19 5/2013

    Die Verordnung (EG) Nr. 889/2013 sieht in einigen Bereichen die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen zu den Produktionsvorschriften zum ökologischen Landbau vor. Tabelle 2 bietet eine Übersicht über die Ausnahmegenehmigungen, welche 2012 in Thüringen erteilt wurden. Den Hauptanteil bildeten die Genehmigungen zur Verkür-zung von Umstellungszeiten auf Flächen. Die Eingriffe an Tieren aus gesundheitli-chen oder hygienischen Gründen (z. B. Enthornen bei Rindern oder Kupieren von Schwänzen bei Schafen) waren der zweithäufigste Grund für das Erteilen einer Aus-nahmegenehmigung.

    Tabelle 2: Gewährte bzw. abgelehnte Ausnahmen in Thüringen 2011 und 2012 (Anzahl)

    Ausnahmen von Vorschriften über den ökologischen/ biologischen Landbau Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission

    Anzahl Ausnahmen 2011 Ausnahmen 2012

    gewährt abgelehnt gewährt abgelehnt Artikel 9(4) - Zur Erneuerung eines Bestands oder einer Herde in einen Betrieb eingestellte weibliche Säugetiere aus kon-ventioneller Haltung (Artikel 9(3) Verordnung Nr. 889/2008)

    0 0 2 0

    Artikel 18(1) - Anbringen von Gummiringen an den Schwän-zen von Schafen, Kupieren von Schwänzen, Abkneifen von Zähnen …

    5 0 5 0

    Artikel 45(5) - Verwendung von nichtökologisch/nichtbiolo-gisch erzeugtem Saatgut oder nichtökologisch/nichtbiolo-gisch erzeugten Pflanzkartoffeln

    1 0 1 0

    Artikel 36(2) - Rückwirkende Anerkennung eines früheren Zeitraums als Teil des Umstellungszeitraums 7 0 10 1

    Artikel 39 - Anbindehaltung von Tieren in einem kleinen Hal-tungsbetrieb 1 0 4 0

    Artikel 40(1) - Parallelerzeugung von Pflanzen im ökologi-schen/biologischen und konventionellen Landbau 0 0 0 0

    Artikel 40(2) - Ökologische/biologische und konventionelle Haltung von Tieren derselben Art in einem Betrieb, der Agrar-forschung oder Ausbildungsmaßnahmen durchführt

    0 0 0 0

    Artikel 42 - Einstellung von konventionell aufgezogenem Geflügel in eine ökologische/biologische Geflügelproduk-tionseinheit

    0 0 2 0

    Artikel 47 - Verwendung konventioneller Futtermittel, Erneue-rung oder Wiederaufbau des Bestands oder der Herde mit konventionell gehaltenen Tieren in Katastrophenfällen

    1 0 1 0

    Artikel 95(1) und (2) - Anbindehaltung von Tieren in Hal-tungsgebäuden, Änderung der Bedingungen in Haltungsge-bäuden und/oder Besatzdichte

    0 0 1 0

    Verordnung (EG) Nr. 834/2007 Freistellung von der Anwen-dung von Artikel 28 0 0 0 0

    Quelle: Informationen der Kontrollstellen (BLE Fragebogen)

  • Schriftenreihe der TLL 20 5/2013

    Im Jahr 2012 traten einige neue Verordnungen in Kraft: • Aufgrund des § 11 Absatz 1 Nummer 6 des Öko-Landbaugesetzes vom 7. De-

    zember 2008 erließ das BMELV am 7. Mai 2012 die Verordnung über die Zulas-sung von Kontrollstellen. Diese Verordnung enthält einen detaillierten Maßnah-menkatalog (Anhang 3), der bei Verstoß gegen die EU-Rechtsvorschriften zum ökologischen Landbau anzuwenden ist.

    • Die Verordnung der EU zum Einsatz von Futtermitteln im ökologischen Landbau (DVO (EG) Nr. 505/2012), welche u. a. Regelungen zu den prozentualen Anteilen von Futtermitteln beinhaltet, die aus dem eigenen Betrieb oder der Region stammen müssen, sowie die Regelungen zu den prozentual zulässigen Anteilen von eiweißhaltigen Futtermitteln nichtökologischer Herkunft enthält, welche in der Schweine und Geflügelfütterung eingesetzt werden dürfen.

    • Weitere Durchführungs- und Änderungsverordnungen der EU beziehen sich auf die Einfuhr von ökologischen Erzeugnissen aus Drittländern.

    • Aktuell wurde mit (DVO (EG) Nr. 392/2013, Veröffentlichung am 30.04.2013) ei-ne neue Durchführungsverordnung hinsichtlich des Kontrollsystems für die öko-logische Produktion von der EU erlassen. Wesentliche Punkte dieser Verordnung beinhalten die zukünftige Einbindung der nationalen Zahlstellen in den Informa-tionsfluss. Die Mitgliedstaaten müssen zukünftig sicherstellen, dass die Zahl-stellen ausreichende Informationen über die durchgeführten Kontrollen erhalten, soweit diese nicht von den Zahlstellen selbst durchgeführt werden. Des Weiteren gilt eine Mindestanzahl von Probennahmen durch die Kontrollstellen. Unterlagen zu den Kontrollen müssen in Zukunft fünf Jahre aufbewahrt werden. Neu ist auch die Forderung nach einem mehrjährigen, nationalen Kontrollplan, der von den Mitgliedstaaten zu erstellen ist.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 21 5/2013

    Zustandserhebung der Umweltwirkung ökologisch wirtschaftender Betriebe - Ergebnisse des Umweltsicherungssystems Landwirtschaft (USL)

    Dr. Katja Gödeke

    Umweltverträglichkeit Die Umweltverträglichkeit definiert sich über den Schutz des Ökosystems, durch Vermeidung von Belastungen des Bodens, des Wassers, der Luft und der Biodiver-sität. Zusätzlich muss der Erhalt der Produktivität sowie der ökologischen Funktio-nen der Umwelt gewährleistet werden. Diese grundlegenden Aspekte der Umweltverträglichkeit gelten als „nachhaltig umweltgerecht“ und haben den Anspruch der Sicherung einer zukunftsfähigen Umwelt.

    Somit ist „nachhaltig umweltgerecht“ auch objektiv messbar, wie fast alles, wenn • überprüfbare und wissenschaftlich konsensfähige Ziele formuliert werden, • diese Ziele einen für die Produktion akzeptablen Toleranzbereich ausweisen, • diese Ziele mit Indikatoren beschrieben werden können, • diese Indikatoren realisierbare Prüfkriterien enthalten, • die Datengrundlage hierfür verlässlich und objektiv erfasst werden kann.

    Dies leistet z. B. das Kriteriensystem Nachhaltige Landwirtschaft (KSNL), welches in der TLL von BREITSCHUH und ECKERT (2008) entwickelt wurde. Das System berück-sichtigt die drei Säulen der Nachhaltigkeit Ökonomie als Kriteriensystem wirt-schaftsverträglicher Landbewirtschaftung (KWL), die Ökologie als Kriteriensystem umweltverträglicher Landbewirtschaftung (KUL) und das Soziale als Kriteriensystem sozialverträgliche Landbewirtschaftung (KSL). Der ökologische Bereich (KUL) kann im Betrieb auch als separates Modul, dem Umweltsicherungssystem Landwirtschaft (USL) über den VDLUFA, zertifiziert werden.

  • Schriftenreihe der TLL 22 5/2013

    Das Umweltsicherungssystem Landwirtschaft (USL) Der Betriebsbewertung im Umweltbereich geht eine umfängliche Datenerhebung anhand von Buchführungsergebnissen, Ein- und Verkaufsbelegen, dem InVeKos-Mehrfachantrag, Bodenuntersuchungsergebnissen, Richtwerten, u. U. der Acker-schlagkartei, Standortcharakteristika (Boden, Relief, Niederschlag) sowie gege-benenfalls der Biotopkartierung, Orthofotos und der Feldblockkarte voraus. Bewertet werden die Kategorien Nährstoffhaushalt, Bodenschutz, Pflanzenschutz, Landschafts- und Artenvielfalt, Energiebilanzen und Treibhausgasemissionen. Die-se Kategorien werden im USL mit je einem bis fünf Kriterien beschrieben (Tab. 1). Tabelle 1: USL-Prüfkriterien sowie anzustrebende Optima und Toleranzschwellen

    Prüfkriterium Einheit Optimum (Boniturnote 1) Toleranzschwelle

    (Boniturnote 6) Modifizierender Standortfaktor

    N-Flächensaldo kg N/ha 0 bis 20 50 bzw. 30 bis 50 Sickerwassermenge NH3-Emission kg NH3-N/ha ≤ 25 50 ohne P-Saldo kg P/ha 0 -15 bzw. +15 P-Gehaltsklasse Boden-pH-Klasse A ... E C D ohne Humussaldo kg Humus-C/ha 0 bis 100 -75 bis 300 ohne Erosions- disposition t/ha C = 0,03

    1) Ackerzahl/8 Abtrag je Feld

    Verdichtungs-gefährdung PT/PB

    2) 1,0 1,25 ohne

    Pflanzenschutz-intensität %

    3) ≤ 70 100 + σ4) Boden-Klima-Region

    Anteil ÖLF5) % > 9 6 Standortbonität Fruchtarten- diversität Index > 2,2 1,25 Feldgröße

    Median Feldgröße ha ≤ 10 40 Standortbonität Energiesaldo Betrieb GJ/ha ≥ 80 - 75 x GV/ha 50 - 75 x GV/ha GV/ha, Ackerzahl

    Energiesaldo Pflanzenbau GJ/ha 80 + AZ - 20 50 Ackerzahl

    Spezifische THG-Emission kg CO2-Äq./GJ MP

    136) Bonitur 1 x 1,5 GV/ha, Ackerzahl

    1) gemäß ABAG bei einem C-Faktor von 0,03 (Saatgrasland) 2) Belastung durch Technik (PT) geteilt durch Belastbarkeit des Bodens (PB) 3) % des regionalen normierten Behandlungsindexes 4) σ = Standardabweichung des regionalen Richtwerts 5) ökologisch und landeskulturell bedeutsame Flächen 6) kg Kohlendioxid-Aquirulent Marktproduktion MP = Marktproduktion

  • Thüringer Ökolandbau 2013 23 5/2013

    Der errechnete Betriebswert in jedem Kriterium wird jeweils als Boniturnote erfasst (BN 1 = optimal, BN 6 = Toleranzbereich, BN > 6 = kritischer Bereich), so dass die Darstellung der Ergebnisse einheitlich und übersichtlich erfolgen kann (Abb. 1). Der Betrieb kann sofort gegebenen Handlungsbedarf erfassen, wenn die Boniturnoten den „roten Bereich“ erreichen.

    Abbildung 1: Ergebnisdarstellung der USL-Bewertungskriterien

    Eine USL-Bewertung bzw. Zertifizierung bietet dem Betrieb zunächst und vorder-gründig eine detaillierte Betriebs-/Managementbewertung. Hiermit wird die Mög-lichkeit einer fundierten betrieblichen Eigenkontrolle und der Betriebsoptimierung, durch Aufzeigen von kritischen Bereichen und Handlungsoptionen, geboten. Der Betrieb erhält eine objektive, zertifizierte Darstellung der definiert nachhaltig um-weltgerechten Wirtschaftsweise des eigenen Betriebes. Dies ermöglicht ihm einen plausibel kommunizierbaren Mehrwert zur Außendarstellung und gegebenenfalls ist dadurch auch eine Vorteilserlangung am (Pacht-)Markt möglich.

    Betriebliche Gegebenheiten, wie Tierbesatz (GV/ha), Betriebsgröße (ha) oder Ackerzahl (AZ) haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Erlangung eines USL-Zertifikates, Managementeinflüsse dagegen schon (GÖDEKE et al., 2012). Hiermit wird auch die Funktionalität des Systems bestätigt, da es sich schließlich um ein Betriebsmanagementsystem handelt, wobei Managementfehler aufgezeigt werden sollen.

  • Schriftenreihe der TLL 24 5/2013

    Übersicht und Aussagen der USL-Betriebsbewertungen ökologisch wirtschaftender Betriebe 2011 bewirtschafteten in Deutschland 22 506 Betriebe (7,5 %) eine landwirtschaft-liche Nutzfläche von insgesamt 1 015 626 ha (6,1 %) nach den Regeln des Ökologi-schen Landbaus (UBA, 2012). Der Anteil USL-Auswertungen von Öko-Betrieben (53) an den gesamten USL-Auswertungen (693) im Bundesgebiet beträgt 7,7 %. Somit ist von einem repräsen-tativen Anteil auszugehen. Die Auswertungen der ökologischen Betriebe wiesen eine gute Verteilung bzgl. der Standortvoraussetzungen, wie durchschnittliche Ackerzahl im Betrieb, Betriebsgröße, Grünlandanteil des Betriebes und Tierbesatz pro Hektar, auf (Abb. 2).

    Umweltwirkung

    Die ausgewerteten Betriebe zeigen bei der Betrachtung der Boniturnotenverteilung aller Auswertungen ganz deutlich die Kriterien, bei denen die Einhaltung des Tole-ranzbereiches Schwierigkeiten macht (Abb. 3). Dies ist in erster Linie der zu niedri-ge bzw. negative Energiesaldo-Saldo im Betrieb (32 % mit Boniturnote > 6), dann die zu hohe positive Humusbilanz (21 % mit Boniturnote > 6) und der stark negative P-Saldo (17 % mit Boniturnote > 6) sowie der niedrige Boden-pH-Wert (Versauerung; 15 % mit Boniturnote > 6).

    Abbildung 2: Anteile einzelner Standortcharakteristika bzw. Betriebsvoraussetzungen an der Ge-samtanzahl der USL-bewerteten Öko-Betriebe

    Betriebsgröße (ha)

  • Thüringer Ökolandbau 2013 25 5/2013

    Abbildung 3: Boniturnotenverteilung von 53 USL-Auswertungen in Öko-Betrieben

    Der zu geringe Anteil an ökologisch und landeskulturell wertvollen Flächen (ÖLF; „Ausräumung“ der Landschaft) sollte hier nicht überbewertet werden, da man die-ses Kriterium erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Bewertungen aufnahm. In der folgenden Abbildung 4 sind die einzelnen Wertespektren einiger Kriterien dargestellt, wobei die Stimmigkeit mit der Boniturnotenverteilung gut abgelesen werden kann. Der N-Saldo liegt, wenn auch deutlich und oft im negativen Bereich, innerhalb der definierten Toleranzgrenzen von -50 bis +50 kg N/ha. Gleicher Trend zeigt sich beim P-Saldo; hier reichen die Toleranzgrenzen von -15 bis +15 kg P/ha in Abhängigkeit der vorhandenen Boden-P-Gehaltsklasse. Beim Humussaldo wird der Toleranzwert von +300 kg Humus-C in vielen Betriebs-auswertungen überschritten. Der Ökolandbau ist bekannt für die Mehrung der or-ganischen Substanz im Boden. Jedoch gilt es auch hier, ein ausgeglichenes Maß zu erreichen, denn zu viel organische Substanz im Boden steigert die N-Mineralisierung. Eine davon ausgehende Gefahr für das Grundwasser bestünde ge-gebenenfalls. bei den stark negativen Salden nicht unmittelbar, aber aufgrund der Jahresschwankungen, durch Witterungseinfluss und Ertrag, ist dieser nicht zu un-terschätzen.

  • Thüringer Ökolandbau 2013

    26 5/2013

    Abbildung 4: Einzelwerte der USL-Auswertungen in Öko-Betrieben (n = 53) in den Kriterien N-Salden (kg N/ha; oben links), P-Salden (kg P/ha; oben rechts), Humussalden (kg Humus-C/ha; unten links) und Energiesalden der Betriebe (GJ/ha; unten rechts); der schraffierte Bereich kenn-zeichnet die Spanne der Toleranzgrenzen (Boniturnoten 1 bis 6)

    (n = 53) (n = 53)

    (n = 53) (n = 53)

  • Thüringer Ökolandbau 2013 27 5/2013

    Die negativen Energiesalden sind nicht zu tolerieren, da hier mehr Energie aufge-wendet wird, als aus dem System herauskommt. Für die positiven Salden lässt sich kein allgemeingültiger Toleranzbereich aufzeigen, da dieser speziell von den ein-zelbetrieblichen Faktoren abhängt (s. Tab. 1; GV/ha und AZ).

    Einzelbetriebliche Entwicklung

    Beim Vorliegen längerer Zeitreihen in einzelnen Betrieben lässt sich gut erkennen, dass auch „schwierige Kriterien“, wie z. B. die stark negativen N-Flächen- und P-Salden, in den jeweiligen Toleranzbereich geführt werden können. Beim N-Flächensaldo (Abb. 5) ist bei allen drei hier ausgewählten Betrieben ein leichter bis starker positiver Trend zu höheren positiven N-Salden zu sehen. Betrieb 1 schießt jedoch bereits ein wenig übers Ziel hinaus, was aber mit extremer Trockenheit in dem dargestellten Jahr und dadurch deutlichem Minderertrag begründet werden kann. Beim P-Saldo ist ebenfalls ein leichter Trend zu positiven Bilanzwerten erkennbar, nur Betrieb 3 schein konsequent auf eine Auffüllung seiner Boden-P-Gehaltklassen zu verzichten.

    Abbildung 5: Einzelbetriebliche Zeitreihen des N-Saldos (kg N/ha; tatsächliche Werte und linearer Trend) in drei USL-bewerteten Öko-Betrieben

  • Schriftenreihe der TLL 28 5/2013

    Abbildung 6: Einzelbetriebliche Zeitreihen des P-Saldos (kg P/ha; tatsächliche Werte und linearer Trend) in drei USL-bewerteten Öko-Betrieben

    Zwei der drei Betriebe weisen einen zu hohen Humusgehalt auf. Trotzdem kann aber ein deutlicher Trend zu niedrigeren Humussalden über die Bewertungsjahre hinweg erkannt werden (Abb. 7). Betrieb 1 hält seinen im Trend optimalen Humus-saldo über die Jahre, mit leicht steigender Tendenz, ein.

    Abbildung 7: Einzelbetriebliche Zeitreihen des Humus-Saldos (kg Humus-C/ha; tatsächliche Werte und linearer Trend) in drei USL-bewerteten Öko-Betrieben

  • Thüringer Ökolandbau 2013 29 5/2013

    Die Energiesalden der ausgewählten drei Betriebe präsentieren sich sehr unter-schiedlich (Abb. 8).

    Abbildung 8: Einzelbetriebliche Zeitreihen des Energie-Saldos (GJ/ha; tatsächliche Werte und line-arer Trend) in drei USL-bewerteten Öko-Betrieben

    In Abhängigkeit der einzelbetrieblichen Gegebenheiten liegt lediglich bei Betrieb 1 der erste, bei Betrieb 2 der letzte und bei Betrieb 3 gar kein Wert im Toleranzbe-reich. In den Betrieben 1 und 3 ist, aufgrund der jeweils sinkenden Wertetendenz, dringender Beratungsbedarf angezeigt. Betrieb 2 zeigt in seiner Entwicklung dieses Kriteriums einen leicht steigenden Trend, dies deutet darauf hin, dass sich dieser Betrieb mit dem Thema befasst hat, einen Lösungsweg gefunden und ihn umge-setzt hat. Veränderungen kann man nur erreichen, wenn man die Ausgangssituation analysiert hat!

    Erhaltung der Produktivität

    Eine hohe Produktionsleistung (GJ/ha) in den Betrieben (Betrachtungsebene Pflan-zenproduktion) wird meist mit einer hohen Intensität (GJ/ha) realisiert. In den Öko-betrieben unterstellt man dagegen zumeist eine Low-Input/Low-Output-Mentalität. Doch die Verteilung der einzelbetrieblichen Werte zeigt, dass es ganz klar eine Fra-ge des Managements ist, ob auch bei geringer bis mittlerer Intensität eine hohe Produktionsleistung erzielt wird (Abb. 9). Denn auch eine hohe Intensität garantiert keine hohen Produktionsleistungen, was das Bestimmtheitsmaß der Regression

  • Schriftenreihe der TLL 30 5/2013

    Abbildung 9: Einzelwerte der Produktionsleistung (GJ/ha) und der Intensität (GJ/ha) der USL-Auswertungen in Öko-Betrieben (n = 53)

    (R²) bestätigt, wobei R² = 1 eine vollständige (100 %-ige) Erklärbarkeit des einen durch das andere Merkmal bedeutet und ein R² < 0,5, dass nur ein schwacher (50 %-iger) bis kein Zusammenhang zwischen den Merkmalen besteht.

    Umweltverträglich „gute“ und „schlechte“ Betriebe

    Als umweltverträglich gute Betriebe gelten solche Auswertungen, die ein USL-Zertifikat erlangt haben (28 % der Gesamtauswertungen der Ökobetriebe). Diese Betriebe haben es geschafft, in insgesamt 14 umweltrelevanten Kriterien in dem wissenschaftlich als umweltverträglich definierten Toleranzbereich zu wirtschaften. Das Spektrum der Boniturnotenverteilung dieser „guten“ Betriebe zeigt jedoch auch wieder deutlich die „Knackpunkte“ der meisten Öko-Betriebe, nämlich der Humus- und Energiesaldo (Abb. 10). Jedoch schaffen es die hier gezeigten Betriebe auch in diesen, für den Ökolandbau schwierigen Kriterien, im tolerablen Bereich zu bleiben.

    Den umweltverträglich „schlechten“ Betriebsauswertungen gelingt diese Leistung, bei 14 Kriterien im tolerablen Bereich zu wirtschaften, noch nicht. Wie aber bereits in den einzelbetrieblichen Entwicklungen gezeigt werden konnte, sollte der Betrieb nicht aufgeben, sondern dies als Anreiz nehmen, das Ziel der umweltverträglichen Wirtschaftsweise zu erreichen!

  • Thüringer Ökolandbau 2013 31 5/2013

    Abbildung 10: Boniturnotenverteilung der 15 USL-zertifizierten, umweltverträglich „guten“ Auswer-tungen in Ökobetrieben

    Abbildung 11: Boniturnotenverteilung der 38 nicht USL-zertifizierten, umweltverträglich „schlech-ten“ Auswertungen in Ökobetrieben

  • Schriftenreihe der TLL 32 5/2013

    Fazit Der beste Weg zu einer nachhaltig, umweltgerechten Wirtschaftsweise ist zu aller-erst die Eigenkontrolle. Der Abgleich mit wissenschaftlich fundierten Sollwerten erleichtert hierbei die Einordnung des eigenen Betriebes. Es lassen sich nachhaltig umweltgerechte Betriebe identifizieren, die es dank ihres optimierten Managements schaffen, in allen USL-Kriterien im umweltverträglich to-lerablen Bereich zu wirtschaften. Eine nachhaltig umweltgerechte Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft ist somit nachweislich möglich und auch für Betriebe, die dies noch nicht erreicht haben, zu schaffen. Betriebliche Gegebenheiten, wie Tierbesatz (GV/ha), Betriebsgröße (ha) oder Ackerzahl haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Erlangung eines USL-Zertifikates, Managementeinflüsse dagegen schon. Kritische Bereiche über alle Bewertungen hinweg sind vor allem der negative N- so-wie P-Saldo, des Weiteren der zu hohe positive Humussaldo, der zu niedrige Ener-gie-Saldo des Betriebes und der zu niedrige Boden-pH-Wert. „Gute“ (zertifizierte) Betriebe schaffen es, 14 umweltrelevante Kriterien durch ihr Betriebsmanagement gleichzeitig in für die Umwelt tolerablen Bereichen zu halten!

    Literatur BREITSCHUH, G.; ECKERT, H.; MATTHES, I.; STRÜMPFEL, J.; BACHMANN, G.; BREITSCHUH, T. (2008): Kriteriensystem Nachhaltige Landwirtschaft (KSNL). In: KTBL-Schrift 466 (2008), Darmstadt

    GÖDEKE, K.; BREITSCHUH, T.; GERNAND, U. (2012): Was zeichnet nachhaltig umweltgerechte Be-triebe aus? - Analyseergebnisse des Umweltsicherungssystems Landwirtschaft (USL), 124. VDLUFA-Kongress „Nachhaltigkeitsindikatoren für die Landwirtschaft: Bestimmung und Eignung“. In: Kongressband 2012 Passau, VDLUFA-Schriftenreihe Band 68/2012, S. 82 - 87, VDLUFA-Verlag, Darmstadt, ISBN 978-3-941273-13-9

    UBA (2012): Umwelt - Kernindikatorensystem zu Biologische Vielfalt, Naturhaushalt und Land-schaft, Kriterium Landnutzung und hier speziell die Ökologische Landbewirtschaftung. www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de

  • Thüringer Ökolandbau 2013 33 5/2013

    Länderübergreifende Auswertung der Buchführungsergebnisse von Ökobetrieben Martin Herold, Cornelia Harnack (Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirt-schaft und Flurneuordnung Brandenburg), Dr. Roland Richter (Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt), Thomas Annen (Landesfor-schungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern) und Mike Schirrmacher (Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie)

    Zielstellung und Methode Seit dem Abrechnungszeitraum 2001/02 wurden die im Rahmen der Test- und Auf-lagenbuchführung eingereichten Jahresabschlüsse der Ökobetriebe der fünf neuen Bundesländer gemeinsam ausgewertet. Hintergrund dieser länderübergreifenden Analyse ist die unzureichende Anzahl auswertbarer BMELV-Jahresabschlüsse in den einzelnen Bundesländern. Die Zusammenführung der zur Verfügung stehenden Da-tensätze zu einer Gesamtstichprobe gestattet die Ableitung allgemeingültiger Aus-sagen zur Situation und Entwicklung der Öko-Betriebe insgesamt, sowie die Be-trachtung von nach betriebswirtschaftlicher Ausrichtung gegliederter Gruppen. Dar-über hinaus ist es möglich die Wirtschaftlichkeit der Betriebe auch im Vergleich zu Betrieben mit konventioneller Bewirtschaftung darzustellen und zu beurteilen. Die BMELV-Jahresabschlüsse wurden mit Hilfe des Prüfprogramms „Winplausi“ auf inhaltliche Plausibilität geprüft und darüber hinaus einer vom Autorenkollektiv er-arbeiteten „Öko-Plausibilitätsprüfung“ unterzogen. Eine separate, dem Datenbankprogramm vorgeschaltete Programmroutine modifi-zierte die Jahresabschlüsse einheitlich wie folgt: • Umrechnung der pauschalierenden bruttoverbuchenden in nettoverbuchende

    Betriebe, • Bewertung und bilanzielle Berücksichtigung des Feldinventars in allen Betrieben, • Ermittlung des Lohnansatzes für Betriebe in der Rechtsform einer Natürlichen

    Person und Verwendung bei der Berechnung der Kennzahlen.

    Die Betriebsklassifizierung, d. h. die Zuordnung der Unternehmen zur jeweiligen betriebswirtschaftlichen Ausrichtung, erfolgte entsprechend der EU-Betriebs-systematik und unter Verwendung der sächsischen Standardoutputs. Die Kennzahlen der vorliegenden Buchführungsergebnisse wurden auf den metho-dischen Grundlagen des bundeseinheitlich angewandten „Stuttgarter Programms“ ermittelt, das auch bei der Kennzahlenberechnung für die Buchführungsergebnisse

  • Schriftenreihe der TLL 34 5/2013

    der Testbetriebe 2010/11 der Bundesregierung Anwendung findet. Somit sind gute Voraussetzungen für Betriebsvergleiche über Ländergrenzen hinweg gegeben. Informationen zu den Kennzahlendefinitionen und -berechnungen für die Buchfüh-rungsergebnisse der Testbetriebe der Bundesregierung sind unter der Internet-adresse www.bmelv-statistik.de/de/testbetriebsnetz und zum anderen im Kenn-zahlenkatalog des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geo-logie unter der Internetadresse www.landwirtschaft.sachsen.de/ unter dem Gliede-rungspunkt „Agrarökonomie“ verfügbar. Für die Analyse wurden die Betriebe (soweit möglich und sinnvoll) nach: • Rechtsformen, • Betriebsformen und -typen (entsprechend EU-Betriebssystematik), • Erfolgsgruppen (nach der Kennzahl „Ordentliches Ergebnis zzgl. Personalauf-

    wand je Arbeitskraft“), • Flächenausstattung (LF-Gruppen), • Ertragsmesszahl ( 30 EMZ/a; > 30 EMZ/a), • Bestandsgröße an Milchkühen (≤ 80 Stück; > 80 Stück) sortiert. Für den vertikalen Betriebsvergleich fanden nur die Betriebe Berücksichti-gung, deren Abschlüsse für drei bzw. neun Wirtschaftsjahre vorlagen (= identische Betriebe). Die ausführlichen Buchführungsergebnisse der Ökobetriebe sind im Internet unter www.tll.de/ainfo/ veröffentlicht (Schlagworte: Ökobetrieb; Ökolandbau)

    Charakterisierung der Stichprobe

    Die jährlich ausgewerteten Ökobetriebe haben die Umstellung auf eine ökologische Bewirtschaftungsform auf ihrer gesamten Fläche vollzogen. Einen Überblick über die Zusammensetzung der analysierten Betriebsgruppe nach Betriebsformen/-typen, Rechtsformen und je Bundesland geben die Tabelle 1 und 2.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 35 5/2013

    Tabelle 1: Ökologisch wirtschaftende Betriebe nach Betriebsformen/-typen und Bundesländern (Anzahl)

    Betriebsform/ Betriebstyp

    Sachsen- Anhalt

    Branden-burg Thüringen

    Mecklenburg-Vorpommern Sachsen Summe

    Ackerbau 16 12 7 3 4 42 • Getreide 10 6 3 2 0 21 • Hackfrucht 1 2 3 • Sonstige 5 6 2 1 4 18 Dauerkultur 1 1 2 Futterbau 6 19 17 6 17 65 • Milchvieh 2 7 4 1 8 22 • Sonstige 4 12 13 5 9 43 Veredlung 3 3 6 Verbund 4 17 7 3 8 39 • Pflanzenbau 2 1 3 • Milchvieh 3 2 1 6 • Veredlung 1 1 1 3 • Sonstige 4 12 4 2 5 27 Gesamt 27 52 34 12 29 154

    Tabelle 2: Ökologisch wirtschaftende Betriebe nach Betriebsformen/-typen und nach Rechtsfor-

    men (Anzahl)

    Betriebsform/ Betriebstyp

    Natürliche Personen Juristische Personen Summe

    Einzelun-ternehmen

    (NE)

    Einzelun-ternehmen

    (HE)

    Personen-gesell-

    schaften Gesamt

    Ackerbau 1 25 11 37 5 42 • Getreide 1 13 5 19 2 21 • Hackfrucht 2 1 3 3 • Sonstige 10 5 15 3 18 Dauerkultur 1 1 2 2 Futterbau 2 38 11 51 14 65 • Milchvieh 11 6 17 5 22 • Sonstige 2 27 5 34 9 43 Veredlung 3 2 5 1 6 Verbund 0 23 7 30 9 39 • Pflanzenbau 3 3 3 6 • Milchvieh 2 1 3 3 • Veredlung 19 3 22 5 27 • Sonstige 2 2 1 3 Gesamt 3 90 32 125 29 154

  • Schriftenreihe der TLL 36 5/2013

    In den fünf ostdeutschen Bundesländern wirtschafteten mit Stand 31.12.2011 nach der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 i. V. m. Verordnung (EG) Nr. 889/2008 insgesamt 2 706 Betriebe der Kategorien A (Erzeugung) und AB (Erzeugung und Verarbeitung) ökologisch (BLE, 2011). Diese Angabe bezieht sich auf voll umgestellte, teilweise um-gestellte und auf in Umstellung befindliche Betriebe. Der relative Anteil der Öko-betriebe an den landwirtschaftlichen Betrieben insgesamt schwankt zwischen 15 % in Mecklenburg-Vorpommern und 6 % in Sachsen und Thüringen (Tab. 3). Mit der hier betrachteten Gruppe von 154 Betrieben wurden 6 % der Ökobetriebe in den ostdeutschen Bundesländern analysiert. Diese Betriebe bewirtschafteten 57 989 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) und damit 15 % der in den ost-deutschen Bundesländern ökologisch bewirtschafteten Fläche. Tabelle 3: Anteile an der bewirtschafteten Fläche nach Rechtsform

    Rechtsform Fläche (ha LF) Anteil (%) Natürliche Personen gesamt 30 003 52 • Einzelunternehmen Haupterwerb 19 337 33,5 • Einzelunternehmen Nebenerwerb 163 0,5 • Personengesellschaften 10 503 18 Juristische Personen 27 986 48 Gesamt 57 989 100

    Tabelle 4: Ökolandbau in den einzelnen Bundesländern und Repräsentativität der untersuchten Betriebsgruppe [Unternehmen mit Erzeugung (A) und Erzeugung und Vermarktung (AB)]

    Bundesland

    Betriebe mit ökologischem Landbau1) Analysierte Betriebe

    Anzahl LF (ökol. bewirt-

    schaftet u. in Umstellung)

    Anteil an Landwirt-schaft ges. (%) Anzahl

    Anteil an den Betr. mit ökol. Landbau ges.

    ha Betriebe LF % Brandenburg 794 142 783 11 10 52 7 Mecklenburg-Vorpommern 804 122 142 15 9 12 1

    Sachsen 479 35 517 6 4 29 6 Sachsen-Anhalt 358 54 101 8 4 27 8 Thüringen 271 34 977 6 4 34 13 Gesamt 2 706 389 520 10 6 154 6

    1) Quelle: BLE, Stand: 31.12.2011

  • Thüringer Ökolandbau 2013 37 5/2013

    Wirtschaftliche Entwicklung identischer Betriebe über neun Abrech-nungszeiträume Mit der vorliegenden Auswertung des Wirtschaftsjahres 2010/11 der ökologisch wirtschaftenden Betriebe wird die Untersuchung einer Zeitreihe von neun Jahren ermöglicht. In die Analyse identischer Unternehmen konnten 34 Betriebe einbezo-gen werden (9 Ackerbau-, 12 Futterbau-, ein Veredlungs-, 12 Verbundbetriebe). Aufgrund der geringen Anzahl der Betriebe werden diese nur insgesamt ausgewer-tet. Die folgenden Vergleiche beziehen sich, wenn nicht anders ausgeführt, jeweils auf den Beginn (Wirtschaftsjahr 2002/03) und das Ende des Betrachtungszeitrau-mes (Wirtschaftsjahr 2010/11). Bei einer geringen Veränderung der Flächenausstattung (+ 3 % LF) verringerte sich der Arbeitskräftebesatz der ökologisch wirtschaftenden Betriebe im Betrachtungs-zeitraum von 1,62 AK/100 ha LF auf 1,48 AK/100 ha LF (2009/10). Im Wirtschafts-jahr 2010/11 stieg der Wert wieder leicht auf 1,55 AK/100 ha LF. Der Arbeitskräfte-abbau fand insbesondere in den ersten vier Jahren statt. Der Viehbesatz blieb im gesamten Betrachtungszeitraum nahezu gleich. Der Tiefpunkt innerhalb der Be-trachtungsperiode lag im Wirtschaftsjahr 2004/05, in den Folgejahren ging es ten-denziell wieder nach oben (Tab. 5). Auf der Ackerfläche (AF) wurde insgesamt weniger Getreide angebaut. Der Anbau-umfang verringerte sich von 59,3 % der AF um 6 Prozentpunkte seit 2002/03 auf jetzt 53,3 %. Dagegen stieg die Anbaufläche von Ackerfutter von 6,2 % der Acker-fläche auf 27,7 %. Dafür sind insbesondere die veränderte Prämienfähigkeit der Fläche und die vermehrte Eigenerzeugung von Futter wegen gestiegener Preise für Zukauffuttermittel verantwortlich. Die Naturalerträge der Pflanzenproduktion unterlagen den witterungsbedingten Schwankungen und blieben im Durchschnitt der Hauptkulturen im Wesentlichen konstant. Ertragssteigerungen sind am ehesten bei Nischenkulturen wie Raps und Zuckerrüben, die nur einzelbetriebliche Bedeutung haben, zu erkennen. Die Ernte 2010/11 lag im Durchschnitt der Vorjahre. Die Höchstmarken von 2004/05 konnten bisher nicht wieder erreicht werden (vgl. Abb. 1).

  • Schriftenreihe der TLL 38 5/2013

    Abbildung 2: Milchleistung und Erlös, identische Betriebe, 9 Jahre

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    cent

    /kg

    kg/K

    uh a

    Milchleistung (4 % Fett) kg/Kuh

    Milcherlös (netto bei 4 % Fett) €/dt

    Abbildung 1: Getreideertrag und Erlös, identische Betriebe, 9 Jahre

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    45Getreideertrag (ohne Körnermais) dt/haGetreideerlös (insges. netto) €/dt

  • Thüringer Ökolandbau 2013 39 5/2013

    Die Milchleistung verbesserte sich insgesamt um + 13,4 %. Das bisherige Maximum von 6 310 kg Milch pro Kuh aus dem Wirtschaftsjahr 2006/07 wurde erst im ver-gangenen Wirtschaftsjahr 2009/10 mit 6 825 kg pro Kuh verbessert. 2010/11 wur-de das zweitbeste Ergebnis mit 6 561 kg pro Kuh erzielt (Abb. 2). Die hohen Erzeu-gerpreise in 2007/08 und 2008/09 konnten in den Wirtschaftsjahren 2009/10 und 2010/11 nicht wieder erreicht werden. Die durchschnittlichen Preise lagen im letz-ten Jahr dennoch über den Werten von 2002/03 bis 2006/07. Der Milchpreis, der in der Zeit der Wirtschaftsjahre 2002/03 bis 2006/07 ständig im engen Bereich zwischen 34 und 38 €/dt schwankte, lag bereits 2007/08 mit rund 44,70 €/dt um fast 27 % über dem Niveau der Vorjahre und erreichte mit 46,60 €/dt im Wirtschaftsjahr 2008/09 den bisherigen Höchstwert. Im Jahr 2009/10 sank der Nettomilcherlös wieder auf 35,80 €/dt bevor er im letzten Wirt-schaftsjahr 2010/11 wieder 39,20 €/dt erreichte. Damit entspricht der gegenwärti-ge Preis etwa wieder dem Niveau von 2002/03. Die Vermögensausstattung (Bilanzvermögen) stieg während des Betrachtungszeit-raumes im Durchschnitt der Betriebe um 9 % (je Flächeneinheit um + 6 %). Die Ka-pitalstruktur blieb nahezu unverändert, die mittlere Eigenkapitalquote betrug 55 %. Die Nettoinvestitionen verliefen - bis auf das letzte Wirtschaftsjahr 2010/11- seit dem Berichtsjahr 2006/07 im Durchschnitt der Betriebe positiv. Die Abschreibun-gen differieren im Untersuchungszeitraum kaum und bewegten sich zwischen 140 und 150 €/ha LF jährlich. Aufgrund der hohen Tilgungsleistungen (230 €/ha LF) in 2008/09 gegenüber den Vorjahren und den steigenden Entnahmen (80 €/ha LF) wurde der Cash flow III im Wirtschaftsjahr 2008/09 erstmals negativ, obwohl der Cash flow I 323 €/ha betrug. Aber auch im letzten Folgejahr lag der Cash flow III trotz geringerer Tilgungen und Entnahmen wegen der schlechteren Wirtschaftlichkeit bei durchschnittlich -15 €/ha LF. Erst 2010/11 wurde der Cash flow III wieder positiv (67 €/ha LF). Die bereinigte Eigenkapitalveränderung erreichte 2009/10 ihr bisheriges Minimum und stand mit minus 800 €/AK erstmals seit 2003/04 wieder im negativen Bereich. Im Berichtsjahr 2010/11 lag der Wert im positiven Bereich (2 633 €/AK). Die Umsatzerlöse von 830 €/ha in 2010/11 waren der Spitzenwert in der Betrach-tung und sie pegelten sich 35 % über dem Ausgangswert ein. Im Durchschnitt der Analysebetriebe stammen die Umsätze aktuell zu 63 % aus der Tierproduktion und zu 27 % aus der Pflanzenproduktion. Die Zulagen/Zuschüsse erhöhten sich im Berichtszeitraum um 5,9 % im Durch-schnitt der ausgewerteten Betriebe auf 525 €/ha LF. Gegenüber den Wirtschaftsjah-ren 2006/07 und 2007/08 reduzierte sich diese Ertragskomponente allerdings. Die Schwankungen bei der Ausgleichszulage und den Prämie für umweltgerechte Agrarer-zeugung sind im Wesentlichen auf veränderte Förderbeträge und -modalitäten in den einzelnen Bundesländern zurückzuführen. Der Anteil Zulagen/Zuschüsse am Be-

  • Schriftenreihe der TLL 40 5/2013

    y = 623,63x + 23355

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    €/AK

    €/ha

    Gewinn/Jahresüberschuss vor Steuern €/ha LFOrdentliches Ergebnis + Personalaufwand €/AKLinear (Ordentliches Ergebnis + Personalaufwand €/AK)

    triebsertrag verringerte sich von 41,5 % im Wirtschaftsjahr 2002/03 auf 36,4 % im Wirtschaftsjahr 2010/11. Der Materialaufwand erhöhte sich seit dem Wirtschaftsjahr 2002/03 um + 52 %. Hier sind die größten Kostensteigerungen beim Futtermittelzu-kauf (+ 123 %) und bei den Treib- und Schmierstoffen (+ 40 %) zu verzeichnen.

    Die Rentabilität der ökologisch wirtschaftenden Betriebe schwankte entsprechend den jahresbedingten Besonderheiten. Der Gewinn erreichte im Wirtschaftsjahr 2008/09 den Höchstbetrag innerhalb der vergangenen neun Jahre (213 €/ha LF) und übertraf damit auch den bis da geltenden Höchstwert des Wirtschaftsjahres 2004/05 (195 ha LF). Im letzten Auswertungsjahr 2010/11 stieg der Gewinn gegen-über dem Vorjahr wieder auf 180 €/ha. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Or-dentlichen Ergebnis zzgl. Personalaufwand je Arbeitskraft (vgl. Abb. 3) wider, das im letzten Analysejahr 16 % über dem Ausgangswert von vor neun Jahren aber noch 5 % unter dem Rekordergebnis von 2008/09 lag. Die Trendlinie in der obigen Ab-bildung zeigt aber eine eindeutig positive Entwicklung. Für die ökologisch wirtschaftenden Betriebe stellen die Ergebnisse der Analyse, bei aller Vorsicht bezüglich des geringen Stichprobenumfangs, während der Betrach-tungsperiode (Wirtschaftsjahr 2002/03 - Wirtschaftsjahr 2010/11) ein insgesamt positives Bild dar, das durch wirtschaftlich schlechtere Ergebnisse wie 2003/04, 2005/06 oder auch 2009/10 korrigiert aber nicht negiert wird.

    Abbildung 3: Entwicklung der Rentabilität im ökologischen Landbau (Ordentliches Ergebnis + Per-sonalaufwand) von 2002/03 bis 2010/11, identische Betriebe, 9 Jahre

  • Thüringer Ökolandbau 2013

    41 5/2013

    Kennzahl2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 %*

    Anzahl 34 34 34 34 34 34 34 34 34Landw. genutzte Fläche (LF) ha/Betrieb 415 414 415 415 417 416 423 427 429 103Arbeitskräftebesatz AK/100 ha LF 1,62 1,52 1,52 1,5 1,47 1,49 1,49 1,48 1,55 96Viehbesatz VE/100 ha LF 47,5 44,7 41,2 43,8 44,1 45,4 46,5 46 47,8 101Getreideertrag (ohne Körnermais) dt/ha 23 21 27 23 22 22 20 24 23 100Milchleistung (4 % Fett) kg/Kuh 5.425 5.611 5.684 5.970 6.310 5.967 6.049 6.825 6.561 121Getreideerlös (insges. netto) €/dt 21,46 22,18 19,56 17,9 21,56 35,14 39,6 22,47 23,89 111Milcherlös (netto bei 4 % Fett) €/dt 38,61 37,93 34,58 35,63 35,22 44,72 46,58 35,82 39,17 101Nettoinvestitionen €/ha LF 2 -58 -5 -20 116 136 124 72 -97Umsatzerlöse €/ha LF 614 610 572 607 642 781 815 787 830 135dar. Pflanzenproduktion €/ha LF 174 172 193 185 204 222 226 226 220 126dar. Tierproduktion €/ha LF 410 402 343 387 401 524 539 472 522 127Zulagen u. Zuschüsse €/ha LF 496 499 519 525 557 549 512 509 525 106Materialaufwand €/ha LF 330 350 323 360 406 467 506 508 501 152Personalaufwand (o. BUV) €/ha LF 264 251 239 236 248 255 260 266 267 101Betriebliche Erträge €/ha LF 1.194 1.196 1.215 1.208 1.341 1.460 1.470 1.401 1.441 121Betriebliche Aufwendungen €/ha LF 1.014 1.037 980 1.032 1.112 1.213 1.204 1.213 1.209 119Gewinn/Jahresüberschuss vor Steuern €/ha LF 140 114 195 134 165 181 213 130 180 129Ordentliches Ergebnis + Personalaufwand €/AK 24.240 22.661 27.195 23.842 27.545 28.155 29.621 26.804 28.196 116Cash- flow III €/ha LF 91 22 100 57 70 67 -49 -15 67Eigenkapitalentwicklung (bereinigt) €/ha LF 47 -7 95 19 50 47 45 -12 41Eigenkapitalquote % 54 53 58 56 57 55 54 53 55 102* Verhältnis 2010/11 zu 2002/03

    Betriebe insgesamt

    Tabelle 5: Zeitreihe identischer Ökobetriebe

  • Schriftenreihe der TLL 42 5/2013

    Allgemeine Auswirkungen des Klimawandels auf den Pflanzenbau in Thüringen

    Christian Guddat und Ines Schwabe

    Die Auswertung meteorologischer Kenndaten in Thüringen belegt, dass im Vergleich der Dekade 1991 bis 2000 mit der Dekade 1951 bis 1960 bereits klimatische Ver-änderungen stattfanden. Beispielhaft dafür sind die Erhöhung der Temperatur in fast allen Jahreszeiten, die Abnahme der Niederschläge besonders in den Som-mermonaten, die Verlängerung der Vegetationsperiode, die Abnahme der Frost- und Eistage sowie die Zunahme von Wetterextremen zu nennen. Das 2012 aktualisierte Szenario lässt für den Zeitraum 2021 bis 2050 eine weitere Verschärfung dieser Trends in den jeweiligen Boden-Klima-Räumen in Thüringen erwarten, was letztlich Auswirkungen auf den Pflanzenbau haben wird (Tab. 1 und 2). Tabelle 1: Temperaturänderung (° C) in verschiedenen Dekaden innerhalb der Boden-Klima-

    Räume Thüringens (MICHEL, 2012)

    Boden-Klima-Raum

    Dekade 1951 bis 1960 zu 1991 bis 2000

    Dekade 1991 bis 2000 zu 2041 bis 2050

    Früh-jahr

    Som-mer Herbst Winter

    Früh-jahr

    Som-mer Herbst Winter

    Lössböden Ackerebene 0,9 0,7 -0,2 0,7 0,7 1,8 1,5 2,2

    Lössböden Übergangslagen 1,1 0,8 0,0 0,8 0,7 1,8 1,6 2,2

    Verwitterungs- böden 1,0 0,7 0,0 0,9 0,8 1,9 1,6 2,1

    Tabelle 2: Änderung des Niederschlages (mm) in verschiedenen Dekaden innerhalb der Boden-

    Klima-Räume Thüringens (MICHEL, 2012)

    Boden-Klima-Raum

    Dekade 1951 bis 1960 zu 1991 bis 2000

    Dekade 1991 bis 2000 zu 2041 bis 2050

    Früh-jahr

    Som-mer Herbst Winter

    Früh-jahr

    Som-mer Herbst Winter

    Lössböden Ackerebene 21,4 -36,6 0,9 12,6 -3,6 -19,0 -0,2 1,6

    Lössböden Übergangslagen 20,8 -27,4 0,9 10,1 -4,4 -16,6 -1,9 -1,4

    Verwitterungs- böden 29,2 -23,3 19,2 21,7 -1,9 -17,1 -6,0 2,7

  • Thüringer Ökolandbau 2013 43 5/2013

    Bei einer ausbleibenden Anpassungsreaktion des Pflanzenbaus ist in der Konse-quenz mit stärker stagnierenden und schwankenden Erträgen, aber auch mit einem höheren Risiko von Missernten zu rechnen.

    Zusammengefasst sind die wichtigsten derzeit absehbaren Folgen des Klimawan-dels für den Pflanzenbau: • Temperaturanstieg in Herbst und Winter mit Verlängerung der Vegetationsperio-

    de, verstärkte Ausbreitung von Schaderregern und Veränderung in der Nähr-stoffdynamik

    • wärmere Sommer und Abnahme der Sommerniederschläge mit Hitze- und Tro-ckenstress, Beeinflussung der Nährstoffverfügbarkeit und Veränderung des Schaderregerspektrums

    • Zunahme der Winterniederschläge mit Kompensation der Niederschlagsdefizite im Frühsommer unter Voraussetzung einer hohen Bodenwasserspeicherfähigkeit

    • Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre mit Erhöhung der Ertragsleis-tung durch erhöhte Photosyntheseraten und einen effizienteren Wasserver-brauch, vor allem bei C3-Pflanzen

    • Zunahme extremer Wetterereignisse mit Begünstigung von Erosion und Stoffaus-trag, Erhöhung des Anbaurisikos und Verminderung der Ertragssicherheit sowie Auswinterungsgefahr bei Wintergetreide und Winterraps

    Diese Folgen können sich einerseits negativ auf den Pflanzenbau in Thüringen aus-wirken, vor allem durch Niederschlagsabnahme und Temperaturanstieg in stagnie-renden sowie durch die Zunahme von Wetterextremen in schwankenden Erträgen. Andererseits eröffnen längere Vegetationsdauer, Temperaturanstieg und Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre neue Möglichkeiten im Pflanzenbau. Ziel eines Projektes der TLL ist es deshalb, Anpassungsmaßnahmen für den Pflan-zenbau an den Klimawandel unter Berücksichtigung der marktrelevanten Rahmen-bedingungen und der regionalen Standortvoraussetzungen für die Boden-Klima-Räume in Thüringen aufzuzeigen. Ein Schwerpunkt der Projektbearbeitung war 2011 unter anderem die Erarbeitung der notwendigen Grundlagen für die „Durch-führung einer regionaldifferenzierten Abschätzung der Auswirkungen des Klima-wandels auf die Erträge von wichtigen Fruchtarten in Thüringen mittels Ertragssimu-lation mit YIELDSTAT“, welche 2012 durch das ZALF Müncheberg für den Zeitraum 2021 bis 2050 abgeschlossen wurde. Sie ermöglicht die Bewertung der Ertragsent-wicklung der in Thüringen dominierenden Ackerkulturen Winterweizen, Wintergers-te, Sommergerste, Winterraps und Silomais (siehe unter: www.tll.de/ainfo). Dar-über hinaus wurden in diesem Projekt vor dem Hintergrund der zu erwartenden kli-

  • Schriftenreihe der TLL 44 5/2013

    matischen Änderungen für die Ableitung notwendiger Anpassungsmaßnahmen neue Versuche angelegt und ausgewertet. Sie ermöglichen eine vorläufige Bewer-tung von Anpassungsmaßnahmen.

    Möglichkeiten zur Anpassung des Pflanzenbaus in Thüringen an den Klimawandel Zu den pflanzenbaulichen Maßnahmen zur Milderung von Temperatur- und Tro-ckenstresswirkungen zählen bodenschonende und wassersparende Bearbeitungs-verfahren, vielfältige Fruchtfolgegestaltung, die Optimierung von Bodenfruchtbar-keit, Nährstoffversorgung, Aussaatterminen und Saatstärken, die Beachtung von Sorteneigenschaften durch gezielte Sortenwahl, die Nutzung von Zwischenfrüch-ten, die Erweiterung des Energiepflanzenanbaus, aber auch, soweit möglich, die Bewässerung. Zudem könnten für die Boden-Klima-Räume in Thüringen neue Kultu-ren durch die Veränderung der Anbaubedingungen aufgrund einer besseren Adap-tion an Bedeutung gewinnen.

    Versuche zur Anpassung des Pflanzenbaus in Thüringen an den Klima-wandel Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft führt seit 2009 Versuche zur Ablei-tung bzw. Überprüfung von Anpassungsmaßnahmen im Pflanzenbau in Thüringen an den Klimawandel durch und nutzt aber auch bereits etablierte Datenerhebungen und Versuchsreihen aus bestehenden Fachaufgaben. Im Vordergrund stehen dabei Ertragsentwicklung und Ertragsstabilität der Hauptkulturen sowie die Einschätzung neuer Kulturen, wie der Sojabohne. Innerhalb aller Kulturen ist die Nutzung der Sor-tenvielfalt ein einfacher und pragmatischer Weg des Risikomanagements. Damit wird die Anpassung des Pflanzenbaus an den Klimawandel permanent praktiziert und eine Verteilung von Unsicherheiten und Gefahren über Arten- und Sortenviel-falt, inklusive der Unterschiede in Reifezeit und Ertragsaufbau erreicht. Neben ei-nem stabilen Ertragsniveau sollten Sorten immer über eine zumindest ausreichen-de Winterfestigkeit, Standfestigkeit sowie Widerstandsfähigkeit gegenüber Krank-heiten verfügen, aber auch weniger anfällig für Trockenstress sein. Eine regionale Anbauempfehlung auf Basis der Ergebnisse der Landessortenversuche erhalten nur Sorten, die innerhalb der letzten mindestens 2 bis 3 Jahre unter den aktuell herr-schenden Klimabedingungen überzeugten.

  • Thüringer Ökolandbau 2013 45 5/2013

    Darüber hinaus waren für die Ableitung und Bewertung von Anpassungsmaßnah-men auch neue, speziell ausgerichtete Versuche notwendig, die seit 2009 angelegt und ausgewertet werden. Dazu zählen: • Prüfung der Winterform von Ackerbohnen, Körnerfuttererbsen, Öllein, Braugerste,

    Hafer und Durum als Alternative zur Sommerform hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit und Überwinterungssicherheit unter regionalspezifischen Bedingungen

    • Prüfung von Wintergerste hinsichtlich der Ertragssicherheit und Pflanzengesund-heit unter veränderten Klimabedingungen durch Variation des Saatzeitpunktes (Früh-, Normal- und Spätsaaten)

    • Prüfung von Winterweizen hinsichtlich der Vermeidung von Hitze- und Trocken-stress in der Ertragsbildung durch Variation von Saatzeit (Frühsaaten Anfang September im Vergleich zu Normalsaaten Anfang Oktober) und Saatstärke (Saa-tenstärkenreduzierung im Vergleich zur optimalen Saatstärke)

    • Prüfung früh reifender Winterweizensorten hinsichtlich der Vermeidung bzw. Ver-ringerung von Hitze- und Trockenstress während der Ertragsbildung

    • Prüfung der Frühsaatverträglichkeit praxisrelevanter Winterweizensorten • Einfluss von Saattermin und Bestandesschröpfung auf den Kornertrag und die

    Qualität von Winterraps Ausgewählte Ergebnisse aus Versuchen in Mitteldeutschland Die Ergebnisse der o. g. speziellen Versuche stehen mit den in Versuchsberichten mit jährlicher Aktualisierung auf der Internetseite der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft zur Verfügung (siehe unter: www.tll.de/ainfo). Beispielhaft werden aufgrund der besonderen Bedeutung von Körnerleguminosen im Ökologischen Landbau nachfolgend Ergebnisse und Einschätzungen zum Anbau von Winterleguminosen dargestellt.

    Ausgangssituation und Fragestellungen

    Körnerleguminosen sind durch ihre Vorteile und Leistungen im Rahmen der Frucht-folgegestaltung, der innerbetrieblichen Eiweißversorgung für die Tierproduktion sowie der Nachhaltigkeit und Biodiversität sehr positiv zu bewerten. Trotzdem sanken die Anbauflächen von Körnerleguminosen in Thüringen und deutschlandweit in den letzten Jahren stark. Als Hauptursachsen dafür gelten Er-tragsschwankungen und Stagnationen in der Ertragsentwicklung sowie daraus re-sultierend eine abnehmende Wirtschaftlichkeit gegenüber den Hauptkulturen.

  • Schriftenreihe der TLL 46 5/2013

    Die prognostizierten und bereits erwähnten Klimaänderungen könnten sich auf Sommerkulturen wegen ihrer kürzeren Vegetationsdauer ungünstiger auswirken als auf Winterkulturen. In der landwirtschaftlichen Praxis, besonders auch im ökologischen Landbau, besteht zudem das Interesse Fruchtfolgen aufzulockern, die Bodenfruchtbarkeit zu verbes-sern und Stickstoff für nachfolgende Fruchtarten, wie Backweizen, bereitzustellen. In diesem Zusammenhang müssen folgende Fragen beantwortet werden: • Über welches Ertragspotenzial verfügen Winterkörnerleguminosen? • Gibt es Vorteile gegenüber den etablierten Sommerformen? • Wie ist die Überwinterungsfähigkeit zu beurteilen? • Wie schneiden Winterkörnerleguminosen in der Ertragsfähigkeit und -sicherheit

    gegenüber der jeweiligen Sommerform ab?

    Schon seit einiger Zeit werden in Deutschland Winterkörnerleguminosen im Ge-menge mit Wintergetreide zur Futtererzeugung in überschaubarem Umfang, dabei jedoch vor allem im ökologischen Landbau, angebaut. Im Rahmen dieser Versuchs-durchführung steht die Reinsaat von Winterkörnerleguminosen mit Körnernutzung als Alternative zur etablierten Sommerform im Vordergrund.

    Versuchsstandorte, Arten und Sorten Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft begann im Jahr 2009 an zwei Ver-suchsstandorten mit einem ersten Erprobungsanbau bei Winterackerbohnen unter konventionellen Anbaubedingungen. Dieser beinhaltete z. T. die Düngung von Grundnährstoffen (Phosphor, Kalium, aber kein Stickstoff) sowie den Einsatz von Herbiziden zur Unkrautregulierung und ggf. Insektiziden zur Schädlingsbekämp-fung. Seit 2010 bearbeiteten die Länderdienststellen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für Mitteldeutschland und darüber hinaus in Brandenburg für Dilu-vialstandorte gemeinsam die oben genannten Fragestellungen. Bei Winteracker-bohnen wurde die einzige in Deutschland verfügbare, bereits seit 1986 zugelasse-ne Sorte „Hiverna“ geprüft. Bei Wintererbsen stand die Sorte „James“ in den Jahren 2011 und 2012 in den Versuchen (Tab. 3).

  • Thüringer Ökolandbau 2013 47 5/2013

    Tabelle 3: Standorte bei der Prüfung von Winterkörnerleguminosen in konventionellen Versuchen 2010 bis 2012

    Standorte nach Anbaugebieten Winterackerbohnen Wintererbsen

    2010 2011 2012 2011 2012 Lössstandorte Dornburg (TH) X X X X X Friemar (TH) X X X Nossen (SN) X X X X X Pommritz (SN) X X X X X Roda (SN) X X X Salbitz (SN) X X X X Walbeck (ST) X Verwitterungsstandorte Christgrün (SN) X X X X X Forchheim (SN) X X X X X Heßberg (TH) X X X

    Neben „James“ wurden 2012 mit „Indiana“ und „Comanche“ weitere Sorten ange-baut. Für den Vergleich mit der jeweiligen Sommerformen lagen in der Regel die Er-tragsdaten aus den konventionellen Landessortenversuchen (LSV) mit Körnerfutter-erbsen und Ackerbohnen vor, die auf den gleichen Versuchsstandorten durchge-führt wurden. Für Standorte ohne LSV gab es Vergleichsparzellen mit der Sommer-form.

    Anbauverfahren und Versuchsdurchführung Die Aussaat der Versuchsparzellen mit Winterkörnerleguminosen erfolgte jeweils zwischen Mitte September und Anfang Oktober. Tendenziell ist eher die Aussaat der Kulturen am Ende dieser Saatzeitspanne zu empfehlen, um eine zu üppige Vor-winterentwicklung zu vermeiden. Priorität muss zudem die Gewährleistung der Saattiefe von 8 bis 10 cm bei Winterackerbohnen und 4 bis 6 cm bei Wintererbsen haben, um ein Hochfrieren der Pflanzen bei Frösten zu vermeiden. Die Saatstärke lag in den Versuchen für Winterackerbohnen bei etwa 30 und bei Wintererbsen bei etwa 80 keimfähigen Körnern je m². Zu hohe Saatstärken sollten vermieden wer-den, da sich sowohl Winterackerbohnen als auch Wintererbsen im Frühjahr besto-cken und mehrere Triebe an einer Pflanze ausbilden. Im ökologischen Landbau ist jedoch bei Einsatz des Striegels und damit eventuell verbundener Pflanzenverluste eine etwas erhöhte Saatstärke durchaus zu diskutieren.

  • Schriftenreihe der TLL 48 5/2013

    Das Gefährdungspotenzial bezüglich der Infektionen mit Schokoladenflecken an Ackerbohnen sowie Brennflecken, Mycosphaerella oder Grauschimmel an Futter-erbsen ist höher einzuschätzen als bei den Sommerformen. Das Spektrum der Schadinsekten entspricht mit Blattrandkäfern und Blattläusen sowie Erbsenwick-lern und Samenkäfern dem der Sommerformen. Von Vorteil ist bei der Winterform, dass der Befall oftmals mit etwas geringerer Intensität und z. T. in weniger kriti-schen Entwicklungsabschnitten stattfindet als bei der Sommerform.

    Ergebnisse Winterackerbohnen

    Die Winterackerbohnensorte „Hiverna“ erreichte im Mittel der Standorte und Jahre im Zeitraum von 2010 bis 2012 einen Kornertrag von 38,0 dt/ha. Das entsprach nur etwa 63 % des Ertragsniveaus der Sommerform. Grundsätzlich stellte sie an einigen Standorten ein hohes Ertragsvermögen unter Beweis. Es zeigten sich jedoch in Ab-hängigkeit von Überwinterung sowie Jahres- und Standorteinfluss starke Schwan-kungen von 0 bis über 80 dt/ha (Abb. 1).

    Aufgrund der Witterungsbedingungen im Jahr 2010, vor allem der ausgeprägten Juni-trockenheit, erzielten Winterackerbohnen auf fast allen Lössstandorten höhere Korn-erträge als die Sommerform. Die Winterform hatte wegen der bereits Anfang Mai be-ginnenden Blüte Vorteile gegenüber der Sommerform, da sie in dieser wichtigen Pha-

    Abbildung 1: Kornerträge von Winter- und Sommerackerbohnen in konventionellen Versuchen2010 bis 2012 (Mittelwerte und Schwankungsbreiten von Standort mit geringstem bis Standort mithöchstem Kornertrag, n = Anzahl Versuche)

  • Thüringer Ökolandbau 2013 49 5/2013

    se weniger unter Hitze- und Trockenstress litt. In den Versuchsjahren 2011/12 war dagegen die Winterackerbohne aufgrund des Witterungsverlaufs mit einer beträchtli-chen Trockenheit im Frühjahr, aber einer sehr guten Niederschlagsversorgung ab En-de Mai bei moderaten Temperaturen gegenüber der Sommerform benachteiligt. Be-sonders zu berücksichtigen bleibt, dass es im Jahr 2012 an fünf von neun Standorten zu einem Totalverlust bei den Winterackerbohnen kam, verursacht durch strenge Kahlfröste bis minus 25 °C im Januar und Februar. Demzufolge fiel in diesem Jahr das Ertragsniveau im Mittel über alle Standorte in Relation zur Sommerform sehr niedrig aus (Abb. 1). Von Vorteil sind die deutlich frühere und ausgedehnte Blütezeit sowie die längere Kornfüllungsdauer der Winterackerbohne. „Hiverna“ hatte im Durch-schnitt um 15 bis 20 cm längere Pflanzen als die Sommerform. Besonders ausgeprägt zeigte sich dies bei der Sommertrockenheit 2010, während die Wuchshöhe 2011 und 2012 bei Frühjahrstrockenheit und Sommerfeuchtigkeit gleich oder sogar kürzer war. Von Nachteil sind bei der Winterackerbohne die stärkere Lagerneigung sowie der Um-stand, dass sich an einer Pflanze sowohl schon fertig ausgebildete Hülsen als auch noch Blüten befinden können.

    Wintererbsen

    Die Wintererbsen erreichten im Mittel der Sorten, Anbaugebiete, Standorte und Jahre im Zeitraum von 2011/12 einen Kornertrag von 28,6 dt/ha und damit nur ca. 50 % der Sommerfuttererbsenerträge (Abb. 2). Während es 2011 an zwei von sieben Standorten zu Totalverlusten durch Auswinterungen kam, mussten 2012 drei von sieben Versuchen umgebrochen werden. Zudem lagen 2012 die Kornerträge auf-grund der Auswinterungsschäden an zwei Standorten auf sehr geringem Niveau. Der bereits bei den Winterackerbohnen erwähnte Witterungsverlauf in den Jahren 2011 und 2012 kam auch bei Erbsen der Sommerform mehr entgegen als der Winterform. Dennoch zeigten Wintererbsen in beiden Versuchsjahren an einigen Standorten mit Kornerträgen von knapp 50 bis 70 dt/ha, dass sie über ein hohes Ertragspotenzial verfügen (Abb. 2). Die Wintererbsen zeichneten sich in den Versuchen durch eine um bis zu drei Wochen frühere und eine ca. 10 bis 12 Tage längere Blütezeit sowie eine tendenziell längere Kornfüllungsdauer aus. In den beiden Versuchsjahren blieben die Pflanzen der Winterform meist kürzer als die der Sommerform.

  • Schriftenreihe der TLL 50 5/2013

    Ausblick Die Versuche mit Winterkörnerleguminosen werden in den an der Zusammenarbeit beteiligten Bundesländern 2012/13 fortgesetzt. Ziel ist es, über Einbeziehung wei-terer Jahres- und Standorteinflüsse die Ergebnisse abzusichern und die Aussagefä-higkeit für den Vergleich zu Sommerformen zu erhöhen. Darüber hinaus erfolgt an ausgewählten Standorten die Prüfung weiterer und jüngerer Sorten von Winter-ackerbohnen und -erbsen. Forschungsbedarf besteht zudem in der Spezifizierung der optimalen Saattermine und -stärken von Winterkörnerleguminosen, um mög-lichst günstige Voraussetzungen für die Überwinterung und die Bestandesentwick-lung im Frühjahr zu gewährleisten.

    Fazit Winterkörnerleguminosen besitzen ein hohes Ertragspotenzial, aber eine nur gerin-ge Winterfestigkeit. Sie könnten zukünftig bei höheren Temperaturen und einer Zu-nahme von Hitze- und Trockenperioden in den Vorsommer- und Sommermonaten, besonders in den speziell davon betroffenen Regionen, eine Anbaualternative sein. Momentan ist ihr Anbau nur in weniger auswinterungsgefährdeten Lagen bzw. er-probungsweise auf kleinen Flächenarealen zu empfehlen. Die Anbauwürdigkeit von

    Abbildung 2: Kornerträge von Winter- und Sommerfuttererbsen in konventionellen Versuchen 2011bis 2012 (Mittelwerte und Schwankungsbreiten von Standort mit geringstem bis Standort mit höchstem Kornertrag, n = Anzahl Versuche)

  • Thüringer Ökolandbau 2013 51 5/2013

    Winterkörnerleguminosen würde sich durch die Züchtung und Zulassung von neuen Sorten mit einer gesteigerten Ertragsleistung, günstigen agrotechnischen Eigen-schaften und vor allem einer verbesserten �