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Ernst Jandl war ein österreichischer Dichter und Schriftsteller. Jandl wurde vor allem durch seine experimentelle Lyrik in der Tradition der Konkreten Poesie bekannt, durch visuelle Poesie und Lautgedichte wie schtzngrmm Wirksamkeit entfalten. Jandls Werk war stets vom Spiel mit der Sprache bestimmt und spannte einen Bogen von politischer Lyrik . Neben Lyrik schrieb Jandl Prosatexte , mehrere Hörspiele sowie zwei Theaterstücke und übersetzte Autoren aus dem Englischen. Zu Jandls Popularität trugen seine Lesungen bei, die auf zahlreichen Schallplatten veröffentlicht wurden, sowie die künstlerische Zusammenarbeit mit Musikern aus dem Bereich des Jazz . Über Mayröcker fand Jandl Kontakt zum Literatenkreis der Wiener Gruppe . Er teilte deren grundsätzliche Kritik an der österreichischen Nachkriegsliteratur, die nicht deutlich genug mit alten Traditionen brach, und formulierte selbst.Das Jahr 1956 markierte für Jandls Werk aber auch einen „Wendepunkt“. Mit der prosa aus der flüstergalerie fand er zu einer neuen Schreibmethode, die er als „erste mir gelungen erscheinende Assimilation von Techniken des Jahrhundertgenies Gertrude Stein“ bezeichnete. Erstmals erreichten Jandls Gedichte die Höhe seines eigenen radikalen Anspruchs. Nach der stockenden Produktion der Vorjahre folgte eine regelrechte „Schreibexplosion“ experimenteller Lyrik , darunter auch Jandls so genannte „Sprechgedichte“ wie schtzngrmm oder die Übertragung von Schmerzensausrufen beim Zahnarzt in eine Klangfolge: Jandls Lyrik wurde als „kulturelle Provokation sondergleichen“ empfunden, noch verstärkt durch die Tatsache, dass Jandl in seinem Brotberuf als Deutschlehrer arbeitete, und er wurde als „Verderber der Jugend“ geschmäht. Er blieb in den Folgejahren von Publikationsmöglichkeiten in Österreich ausgeschlossen und galt in seiner Heimat als persona non grata , mit der sich einzulassen nur Unannehmlichkeiten einbrachte. Der 1970 veröffentlichte Gedichtband Der künstliche Baum wurde zu Jandls bis dato größtem Verkaufserfolg. Neben „Lese- und Sprechgedichten“ wie ottos mops oder fünfter sein enthielt der Band auch so genannte „visuelle Gedichte“, bei denen die graphische Anordnung der Worte eine semantische Bedeutung bildet, etwa im Titelgedicht der künstliche baum, das mit den folgenden Zeilen beginnt: frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht frucht fracht Literarische Einordnung

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Ernst Jandl war ein österreichischer Dichter und Schriftsteller. Jandl wurde vor allem durch seine experimentelle Lyrik in der Tradition der Konkreten Poesie bekannt, durch visuelle Poesie und Lautgedichte wie schtzngrmm Wirksamkeit entfalten. Jandls Werk war stets vom Spiel mit der Sprache bestimmt und spannte einen Bogen von politischer Lyrik. Neben Lyrik schrieb Jandl Prosatexte, mehrere Hörspiele sowie zwei Theaterstücke und übersetzte Autoren aus dem Englischen. Zu Jandls Popularität trugen seine Lesungen bei, die auf zahlreichen Schallplatten veröffentlicht wurden, sowie die künstlerische Zusammenarbeit mit Musikern aus dem Bereich des Jazz.

Über Mayröcker fand Jandl Kontakt zum Literatenkreis der Wiener Gruppe. Er teilte deren grundsätzliche Kritik an der österreichischen Nachkriegsliteratur, die nicht deutlich genug mit alten Traditionen brach, und formulierte selbst.Das Jahr 1956 markierte für Jandls Werk aber auch einen „Wendepunkt“. Mit der prosa aus der flüstergalerie fand er zu einer neuen Schreibmethode, die er als „erste mir gelungen erscheinende Assimilation von Techniken des Jahrhundertgenies Gertrude Stein“ bezeichnete. Erstmals erreichten Jandls Gedichte die Höhe seines eigenen radikalen Anspruchs. Nach der stockenden Produktion der Vorjahre folgte eine regelrechte „Schreibexplosion“ experimenteller Lyrik, darunter auch Jandls so genannte „Sprechgedichte“ wie schtzngrmm oder die Übertragung von Schmerzensausrufen beim Zahnarzt in eine Klangfolge:

Jandls Lyrik wurde als „kulturelle Provokation sondergleichen“ empfunden, noch verstärkt durch die Tatsache, dass Jandl in seinem Brotberuf als Deutschlehrer arbeitete, und er wurde als „Verderber der Jugend“ geschmäht. Er blieb in den Folgejahren von Publikationsmöglichkeiten in Österreich ausgeschlossen und galt in seiner Heimat als persona non grata, mit der sich einzulassen nur Unannehmlichkeiten einbrachte.

Der 1970 veröffentlichte Gedichtband Der künstliche Baum wurde zu Jandls bis dato größtem Verkaufserfolg. Neben „Lese- und Sprechgedichten“ wie ottos mops oder fünfter sein enthielt der Band auch so genannte „visuelle Gedichte“, bei denen die graphische Anordnung der Worte eine semantische Bedeutung bildet, etwa im Titelgedicht der künstliche baum, das mit den folgenden Zeilen beginnt:

frucht      frucht      frucht      frucht      frucht      frucht        frucht     frucht     frucht     frucht     frucht               frucht    frucht    frucht    frucht                     frucht   frucht   frucht                          frucht  frucht                              fracht                               

Literarische Einordnung

Die Schwierigkeit seiner literarischen Verortung beschrieb Jandl bereits 1964: „Zu welcher poetischen Richtung ich zu zählen sei, auf diese Frage kann ich nicht antworten, es sei denn, man nimmt nach Belieben ‚zu keiner‘ oder ‚zu meiner‘ als eine Antwort.“ Jandl gilt als bekanntester Vertreter der so genannten Konkreten Poesie . Dabei verweist Karl Riha auf die Verwandtschaft zur Wiener Gruppe, die Jandl selbst in seinem Gedicht verwandte beschrieb:

„der vater der wiener gruppe ist h. c. artmanndie mutter der wiener gruppe ist gerhard rühmdie kinder der wiener gruppe sind zahllosich bin der onkel. Jandl bekräftigte damit seinen Sonderstatus und eine Eigenständigkeit, die er trotz aller Einflüsse stets behielt. Seine Experimente blieben nicht auf sich selbst beschränkt, sondern schlugen oft den Bogen von experimenteller zu traditioneller Lyrik und brachen gerade dadurch die gewohnte Sichtweise auf und eröffneten neue, überraschende Perspektiven.[ Jandl erklärte dazu: „Meine Experimente nehmen oft Züge der traditionellen Lyrik auf, was durch die gleichzeitige Konfrontation von bekannten mit unbekannten Elementen stärkere Reaktionen hervorrief, als es bei Texten ohne diese Spannung der Fall war“.[

Stil

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Jandls Werk ist stark von seinem Sinn für Typografie geprägt, gehorcht das Druckbild seiner Gedichte durchweg einer grafischen Komposition. In diesem Sinne ist auch die Kleinschreibung, die Jandl in seinen Gedichten fast durchgängig anwendet, nicht zuletzt ein optisches Gestaltungsmittel. Jandl begründete, dass durch sie „die grossbuchstaben, vom dienst an einer blossen konvention befreit, für neue aufgaben verfügbar wurden, vor allem für die hervorhebung einzelner wörter.“[ Auch die Interpunktion fehlt in Jandls Gedichten häufig oder wird nur gezielt eingesetzt. Anne Uhrmacher erklärte dies mit erweiterten Interpretationsspielräumen für den Leser und argumentierte mit Jandls Vorbild Gertrude Stein, die fehlende Hilfestellung der Satzzeichen förderten die Selbständigkeit des Lesers beim Verarbeiten der Wortfolgen.

Typisch für Jandls Umgang mit der Sprache sind Veränderungen auf der Ebene der Wortbildung und Grammatik, wobei nach Jandl „am Wort die größten Veränderungen erzeugbar sind: Entstellungen, Mißbildungen, andere Wörter“ mit den Methoden der „Umformung, Amputation, Transplantation“. Der Reiz des Gedichtes wien: heldenplatz entstehe etwa aus der „Spannung zwischen dem beschädigten Wort und der unverletzten Syntax“.[50] Die Jandlschen Neologismen entstehen laut Uhrmacher durch „die Methode der Konversion oder Kombination bekannter Morpheme mit unbekannten, assoziationstragenden Wortbausteinen.“ Eine verletzte Syntax ist dagegen bei Jandls „heruntergekommener Sprache“ in den Werken des späten 1970er Jahre zu beobachten, etwa im Theaterstück die humanisten: Die Sprache ist übersät von Fehlern und bricht immer wieder die Regeln der Grammatik. Jandl bescheinigte sich selbst „antigrammatische (d.h. in diesem Fall auch: anarchistische) Tendenzen“.[51] Häufig hält Jandl auch die gesprochene Sprache schriftlich fest, etwa im Dialekt der späten stanzen, begibt sich auf die Ebene der Kindersprache oder vermischt unterschiedliche Sprachen zu einem mehrsprachigen Kauderwelsch.[52]

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Es sind Worte, die sich durch ihre tiefe Erkenntnis von dem, was da mit einem ganzen Volk wirklich geschehen ist und durch den sittlichen Ernst ihres Bekenntnismutes sehr wesentlich von dem unterscheiden, was immer noch im größten Teil des deutschen Volkes gedacht und geglaubt wird. Er spricht davon, daß er vergeblich in jenen Jahren auf einen Protest oder zum mindesten ein Wort der Ablehnung aus dem Munde der deutschen Dichter und Denker gewartet habe.

"Laßt uns erkennen, daß wir schuldig sind und daß vielleicht hundert Jahre erst ausreichen werden, die Schuld von unseren Händen zu waschen. Laßt uns aus der Schuld erkennen, daß wir zu büßen haben, hart und lange. Daß wir nicht Glück und Heim und Frieden zu haben brauchen, weil die anderen glücklos und heimlos und friedlos durch uns wurden ..."

Die Welt wird doch immer wieder die Frage erheben, warum fast alle gehorsam und still waren. Die Tatsache, daß es "gefährlich" war, zu protestieren als einzigen Grund zu erkennen, warum nicht protestiert wurde, heißt eben das bittere Urteil zu fällen, daß das "gefährlich leben", zu dem ausgerufen wurde, von dem Volke nur dort praktiziert wurde, wo es für die anderen gefährlich war.

Laßt uns den Anfang bedenken, damit wir das Ende begreifen.

Man goß den Haß in das Zeichen der Sonne, und Haß war immer eine Lieblingsspeise der Völker.

Jahrhunderte des Christentums, der Weisheit, der Kultur, der Menschlichkeit hatten sie durchtränkt und sie mit dem Licht erfüllt, das aus dem Abendland über die leidende Erde schien. Und nun sahen sie. Sie sahen ein neues Kreuz, und in seine Balken war nicht die alte Botschaft eingegraben: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid!" Sondern die neue Botschaft: "Juda verrecke!" Und wer das neue Kreuz über die Menge der Völker hob, war nicht mehr der Apostel der Liebe, sondern der "Übermensch".

und das noch ungeformte Gesicht der Massenseele hob sich langsam aus dem Nebel heraus,aus Feigheit und Begehrlichkeit gemischt.

Die erste Machtprobe war bestanden, und dem "Übermenschen" war klar geworden, daß von diesem Volk nichts mehr zu befürchten war.

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In diesem Feuer ging das Recht in Flammen auf, die Wahrheit, das Gesetz, und aus seiner Asche stieg kein Phönix auf, sondern die blonde Bestie, die zum Sprung ansetzte gegen die eigenen Brüder. mit dem ersten Stacheldraht, den man um das erste Lager schlang, war das Urteil über ein ganzes Volk gesprochen. Über ein Volk, das in seiner Mehrzahl das Böse schon erkannte, aber sich in seinen Hütten und Palästen verkroch, um die Schreie nicht zu hören.

In diesen zwölf Jahren war aus den Herzen einer ganzen Jugend gerissen worden, was jede Jugend mit dem Schimmer einer neuen Morgenröte umglänzt: das Unbedingte des Strebensnach, einer besseren, gerechteren und edleren Welt, die fromme Ehrfurcht vor den Altären der Menschlichkeit, das Ritterliche der Haltung gegen Schwache, Leidende und Besiegte.

Viele glaubten, daß es um das Vaterland gehe, und sie wußten nicht, daß es um die Partei ging. Aber viele glaubten nicht einmal dieses. Viele wußten, daß es um eine ungerechte Sache ging, und sie haßten den, der sie schickte. Aber sie glaubten, daß es Soldatenpflicht sei, zu gehorchen, und sie gehorchten

Wir zitterten vor Empörung und Grauen, aber wir sahen zu. Die Schuld ging durch das sterbende Land und rührte jeden einzelnen von uns an.

In Millionen von Häusern und Hütten wurde so gebetet, um den Untergang der Machthaber und um den Sieg der Feinde.

Denn wir lebten nach dem Wort des Johannes-Evangeliums: "Am Anfang war das Wort". Aber statt des Gotteswortes setzten wir das Menschenwort, und das Menschenwort war der Fluch eines ganzen Zeitalters. Bedenkt das wohl und vergeßt es nicht! Wollt ihr mir nicht glauben, so blickt nur die Zeitungen dieser zwölf Jahre an, nichts anderes.

Laßt uns die Liebe statt des Wortes an den Anfang setzen. Sie aus den Herzen der Jugend zu reißen, war die entscheidende Aufgabe dieser zwölf Jahre.

Ein verstörtes Volk erwartet euch, und für die Ärmsten dieses Volkes seid ihr durch den feurigen Ofen gegangen, für seine Kinder. Sie haben kein Dach und sie haben kein Brot, sie haben keine Bibel und keine Märchen.

Ihr aber sollt etwas anderes ausgraben, was tiefer begraben liegt als dieses: ihr sollt Gott ausgraben unter den Trümmern des Antichrist, gleichviel, welchen Namen ihr ihm gebt. Und ihr sollt die Liebe ausgraben unter den Trümmern des Hasses. Und ihr sollt die Wahrheit wieder ausgraben und das Recht und die Freiheit und vor den Augen der Kinder die Bilder wieder aufrichten.

daß es von dieser Stunde an niemals und unter keiner Bedingung einen deutschen Staat zu geben hat, in dem einer oder zwei oder drei das Recht besitzen, ein ganzes Volk auf die Schlachtfelder zu schicken, ohne vorher das ganze Volk zu befragen, Mütter und Söhne zu befragen.

Erinnert euch daran, was vor euch steht und daß es in der ganzen Weltgeschichte niemals einegrößere Aufgabe gegeben hat als die eurige. Das Blut eines Volkes zu erneuern und die Schande von dem Gesicht eines ganzen Volkes abzuwaschen. Glaubt nicht an die jahrtausendalte Lüge, daß Schande mit Blut abgewaschen werde, sondern an die junge Wahrheit, daß Schande nur mit Ehre abgewaschen werden kann, mit Buße, mit Verwandlung, mit dem Worte des verlorenen Sohnes: "Vater, ich habe gesündigt, und ich will hinfort nicht mehr sündigen".

und einmal vielleicht werden wir das Schicksal segnen, weil es ein Volk zerbrach, damit aus den Trümmern eine neue Krone geglüht werde.

In der Zeit, die kommen wird, werden vielleicht einige sein unter denen, die zwölf Jahre lang gejubelt haben, die erkennen werden. Und wenn ihr glaubt, daß ihre Herzen neu geworden sind, stoßt sie nicht

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zurück! Solange kein Blut an ihren Händen ist, stoßt sie nicht zurück. Keine Liebe ist wärmer und fruchtbarer als die, die sich zu den Schuldigen neigt.----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Als Intention der Werke Grass’ ist das „Schreiben gegen das Vergessen“ auszumachen. Seine Werke thematisieren Nationalsozialismus bzw. handeln vor dessen Hintergrund. Auch die Werke Grass’, die in der Nachkriegszeit spielen, behandeln die Thematik des Vergessens und die der Schuld.

Mit seinem ersten Roman Die Blechtrommel gelang 1959 dem damals 31-jährigen der literarische Durchbruch. Der Entwicklungsroman, repräsentiert ein Stück deutscher Zeitgeschichte: er umspannt die fünf Jahrzehnte von 1899 bis in die Anfänge der Bundesrepublik. In seinem Werk thematisiert er auch die kollektive Verdrängung der Zeit während des Dritten Reiches durch die deutsche Bevölkerung. Grass ging es dabei auch um eine Kritik an der mangelnden Aufarbeitung dieser Zeit. Für den Roman erhielt Grass, nach Lesung aus dem noch unveröffentlichten Manuskript, 1958 den Preis der Gruppe 47, deren Mitglied er seit 1957 war.

Auch die Jahre 1947 bis 1953, in denen Grass in Düsseldorf in eine Steinmetzlehre ging, ein Kunststudium aufnahm, als Kneipenmusikant wirkte und das beginnende Wirtschaftswunder erlebte, verarbeitet er in der Blechtrommel. Szenen des Romans sind autobiografisch geprägt von etlichen realen Düsseldorfer Erlebnissen, etwa von Besuchen bei seiner Schwester, die in einem Düsseldorfer Spital als Hebamme tätig war und ihn dort „in jeder Hinsicht verköstigt“ haben soll.

„Oskar protestiert physiologisch und psychisch gegen die Existenz schlechthin. Er beschuldigt den Menschen unserer Zeit, indem er sich zu einer Karikatur macht. Der totale Infantilismus ist sein Programm.“

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Die ersten schriftstellerischen Versuche unserer Generation nach 1945 hat man als Trümmerliteratur bezeichnet, man hat sie damit abzutun versucht. Wir haben uns gegen diese Bezeichnung nicht gewehrt. Wir schrieben also vom Krieg, von der Heimkehr und dem, was wir im Krieg gesehen hatten und bei der Heimkehr vorfanden: von Trümmern; das ergab drei Schlagwörter, die der jungen Literatur angehängt wurden: Kriegs-, Heimkehrer- und Trümmerliteratur.

Die Bezeichnungen als solche sind berechtigt: es war Krieg gewesen, sechs Jahre lang, wir kehrten heim aus diesem Krieg, wir fanden Trümmer und schrieben darüber. Merkwürdig, fast verdächtig war nur der vorwurfsvolle, fast gekränkte Ton, mit dem man sich dieser Bezeichnung bediente: man schien uns zwar nicht verantwortlich zu machen dafür, daß Krieg gewesen, daß alles in Trümmern lag, nur nahm man uns offenbar übel, daß wir es gesehen hatten und sahen, aber wir hatten keine Binde vor den Augen und sahen es: ein gutes Auge gehört zum Handwerkszeug des Schriftstellers.

Die Zeitgenossen in die Idylle zu entführen würde uns allzu grausam erscheinen, das Erwachen daraus wäre schrecklich.

Aber zu Anfang des 19. Jahrhunderts lebte in London ein junger Mann, der kein erfreuliches Leben hinter sich hatte: sein Vater hatte Bankrott gemacht, war ins Schuldgefängnis geraten, und der junge Mann selbst hatte in einer Fabrik für Schuhwichse gearbeitet, ehe er seine vernachlässigte Schulbildung aufholen und Reporter werden konnte. Bald schrieb er Romane, und in diesen Romanen schrieb er über das, was seine Augen gesehen hatten: seine Augen hatten in die Gefängnisse, in die Armenhäuser, in die englischen Schulen hineingesehen, und was der junge Mann gesehen hatte, war wenig erfreulich, aber er schrieb darüber und das Merkwürdige war: seine Bücher wurden gelesen, sie wurden von sehr vielen Menschen gelesen und der junge Mann hatte einen Erfolg, wie er selten einem Schriftsteller beschieden ist: die Gefängnisse wurden reformiert, die Armenhäuser und Schulen einer gründlichen Betrachtung gewürdigt und: sie änderten sich.

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Allerdings: dieser junge Mann hieß Charles Dickens, und er hatte sehr gute Augen. Ein gutes Auge gehört zum Handwerkszeug des Schriftstellers.

Der Blindekuh-Schriftsteller sieht nach innen, er baut sich eine Welt zurecht. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts lebte in einem süddeutschen Gefängnis ein junger Mann, der ein sehr dickes Buch schrieb; der junge Mann war kein Schriftsteller, er wurde auch nie einer, aber er schrieb ein sehr dickes Buch, das den Schutz der Unlesbarkeit genoß, aber in vielen Millionen Exemplaren verkauft wurde: es konkurrierte mit der Bibel! Es war das Buch eines Mannes, dessen Augen nichts gesehen hatten, der in seinem Inneren nichts anderes hatte als Haß und Qual, Ekel und manch Widerwärtiges noch - er schrieb ein Buch, und wir brauchen nur die Augen aufzuschlagen: wohin wir blicken, sehen wir die Zerstörungen, die auf das Konto dieses Menschen gehen, der sich Adolf Hitler nannte und keine Augen gehabt hatte, um zu sehen: seine Bilder waren schief, sein Stil war unerträglich - er hatte die Welt nicht mit dem Auge eines Menschen gesehen, sondern in der Verzerrung, die sein Inneres sich davon gebildet hatte.

Wer Augen hat zu sehen, der sehe! Und in unserer schönen Muttersprache hat Sehen eine Bedeutung, die nicht mit optischen Kategorien allein zu erschöpfen ist: wer Augen hat, zu sehen, für den werden die Dinge durchsichtig - und es müßte ihm möglich werden, sie zu durchschauen, und man kann versuchen, sie mittels der Sprache zu durchschauen, in sie hineinzusehen. Das Auge des Schriftstellers sollte menschlich und unbestechlich sein: man braucht nicht gerade Blindekuh zu spielen, es gibt rosarote, blaue, schwarze Brillen - sie färben die Wirklichkeit jeweils so. wie man sie gerade braucht. Rosarot wird gut bezahlt, es ist meistens sehr beliebt und der Möglichkeiten zur Bestechung gibt es viele -, aber auch Schwarz ist hin und wieder beliebt, und wenn es gerade beliebt ist, wird auch Schwarz gut bezahlt. Aber wir wollen es so sehen, wie es ist, mit einem menschlichen Auge, das normalerweise nicht ganz trocken und nicht ganz naß ist, sondern feucht - und wir wollen daran erinnern, daß das lateinische Wort für Feuchtigkeit Humor ist -, ohne zu vergessen, daß unsere Augen auch trocken werden können oder naß; daß es Dinge gibt, bei denen kein Anlaß für Humor besteht. Unsere Augen sehen täglich viel: sie sehen den Bäcker, der unser Brot backt, sehen das Mädchen in der Fabrik - und unsere Augen erinnern sich der Friedhöfe; und unsere Augen sehen Trümmer: die Städte sind zerstört, die Städte sind Friedhöfe, und um sie herum sehen unsere Augen Gebäude entstehen, die.uns an Kulissen erinnern, Gebäude, in denen keine Menschen wohnen, sondern Menschen verwaltet werden, verwaltet als Versicherte, als Staatsbürger, Bürger einer Stadt, als solche, die Geld einzahlen oder Geld entleihen - es gibt unzählige Gründe, um derentwillen ein Mensch verwaltet werden kann.

Es ist unsere Aufgabe, daran zu erinnern, daß der Mensch nicht nur existiert, um verwaltet zu werden - und daß die Zerstörungen in unserer Welt nicht nur äußerer Art sind und nicht so geringfügiger Natur, daß man sich anmaßen kann, sie in wenigen Jahren zu heilen.

Der Name Homer ist der gesamten abendländischen Bildungswelt unverdächtig: Homer ist der Stammvater europäischer Epik, aber Homer erzählt vom Trojanischen Krieg, von der Zerstörung Trojas und von der Heimkehr des Odysseus - Kriegs-, Trümmer- und Heimkehrerliteratur -, wir haben keinen Grund, uns dieser Bezeichnung zu schämen.

Der Bahnhof von Zimpren ist eine Kurzgeschichte des deutschen Nobelpreisträgers Heinrich Böll, die erstmals 1958 in der Wochenzeitung Die Zeit veröffentlicht wurde.

Inhalt dieser Kurzgeschichte ist die Entwicklung eines Dorfes zu einer Kleinstadt durch Erdölvorkommen und die rasche Abnahme von Arbeitern in Zimpren und der Aktivität des Personals des neu errichteten Bahnhofs.

Aufgrund von erfolgreichen Erdölbohrungen steigt die Anzahl der Einwohner, so dass eine Kleinstadt entsteht. Die Terra Spes bietet Witwe Klipp das 69-fache für ihr Grundstück an. Sie ist die Einzige im Dorf, die dieses Angebot ablehnt. Zimpren baut einen modernen Bahnhof mit Wartesaal, Aktualitätenkino, Buchhandlung, Speisesaal und einer schnellen Güterabfertigung. Verdiente Bahnbeamte werden nach Zimpren befördert. Der Bahnhof wird zur D-Zug-Station erhoben. Witwe Klipp und ihr Knecht Goswin stellen die Behauptung auf, man solle der Erde nie trauen. Nach einer Zeit wird der Ölstrahl kleiner bis

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irgendwann kein Öl mehr fließt. Folge ist die Abreise von Arbeitskräften. Die Terra Spes engagiert einen Sprengspezialisten, der das Öl wieder zum Fließen bringen soll. Dieser Versuch scheitert, Zimpren verödet. Bohrtürme werden abmontiert und Wohnblocks verkauft. Witwe Klipp kauft fast ganz Zimpren auf, da der Grundstückspreis sehr niedrig ist.

Züge halten in Zimpren, wobei nie jemand ein- oder aussteigt. Resultat ist eine Verbitterung der Bahnbeamten. Der Bahnhof dient nur noch 78 Personen, die in Zimpren leben. Da die Planstellen nicht gestrichen werden, müssen sie weiterhin besetzt werden. Zimpren gilt im Verwaltungsbezirk Wöhnisch für Bahnbeamte als Strafbahnhof, da die Tätigkeiten der Beamten sehr bescheiden sind. Die Einnahmen des Bahnhofes betragen in einem Jahr 13 Mark und 80 Pfennig. Der Bahnvorsteher erhofft sich durch Skandale strafversetzt zu werden. Man kann aber nur nach Zimpren strafversetzt werden, aber nicht von Zimpren weg.

In der Kurzgeschichte "Der Bahnhof von Zimpren" übt Heinrich Böll Kritik an der Schnelllebigkeit und Hetze der Gesellschaft und verhöhnt die Politik bzw. Bahngesellschaft.

Nachdem das Öl in Zimpren zu fließen begann und das Dorf von Menschenmassen überflutet wurde, reagierte die Politik schnell. Es wurde ein D-Zug Bahnhof errichtet. Das schnelle Geld lockte viele an, nur die Einheimische Flora Klipp will von alldem nichts wissen. Sie distanziert sich eindeutig von der Hetze ihrer Umgebung.

Das Öl verschwand schneller als es kam und nach einiger Zeit waren die Pipelines leer. Mit dem Öl verschwanden auch die Menschenmassen die einmal die Zukunft in Zimpren sahen. Das einzige Überbleibsel der "goldenen Zeit" in Zimpren ist der D-Zug Bahnhof, auf dem die einst beförderten Beamten nun vor sich hin leben. Die Anfangs negativ dargestellte Flora Klipp nutzt nun die Gunst der Stunde und kauft billig Land in Zimpren. Sie wird als Gewinnerin dargestellt, die sich nicht beirren ließ.

Heinrich Böll versucht mit dieser Geschichte dem Leser zu zeigen, dass sich die kritische Auseinandersetzung über die gesellschaftlichen Überzeugungen bzw. eine gewisse Distanz zur Schnelllebigkeit bezahlt machen.

Die Waage der Baleks ist eine Erzählung von Heinrich Böll , die zum Schulbuch-Klassiker wurde.

Die Waage der mächtigen Unternehmerfamilie Balek von Bilgan, mit der in einem kleinen Dorf in der Nähe von Prag der Ankauf von Pilzen und Heilkräutern abgerechnet wird, ist absichtlich falsch geeicht, um die anliefernden Bauern und Bauernkinder gezielt zu betrügen. Da die Baleks verfügt haben, dass niemand eine Waage haben darf, fällt der Betrug über Generationen hinweg nicht auf, erst der zwölfjährige Franz Brücher, Großvater des Ich-Erzählers, kommt ihm auf die Spur. Die revoltierenden Bauern und Arbeiter können sich gegen die Macht der Baleks jedoch nicht durchsetzen, ihr Aufstand wird mit Gewalt niedergeschlagen.

Die Geschichte skizziert Abhängigkeit und Ohnmacht der Menschen gegenüber den Machenschaften der Herrschenden in einer kapitalistisch-monarchistischen Gesellschaft. Böll verknüpft, wie für ihn typisch, Kommunismus und Christentum: Das Thema des Aufstandes der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter ist bei ihm identisch mit dem Wirken Christi; dafür steht das leitmotivisch eingesetzte Kirchenlied: „Gerechtigkeit der Erden, oh Herr, hat dich getötet“. Außerdem hat Böll in dem Namen „Balek von Bilgan“ wahrscheinlich eine tiefere Bedeutung versteckt: in „Balek“ ist „Baal“ versteckt, der Gott des Materialismus, und „Bilgam“ ist ein Riese, der einen Gott beschützt und aufgrund seiner Mutter unverwundbar ist.

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Brecht schrieb sein Stück im Exil „für Skandinavien“. Schon über die historische Koppelung an den Dreißigjährigen Krieg ist die Beteiligung Skandinaviens am Krieg angedeutet. „Insbesondere die ersten beiden Bilder lassen noch das intendierte schwedische Publikum erkennen, da dort der schwedisch-polnische Krieg die historische Folie bildet.“ Brechts wesentliche Absicht war dabei die Warnung an seine Gastgeber, sich auf Geschäfte mit Hitler einzulassen.

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Brecht hatte schon 1939 mit zwei Einaktern die Neutralitätshaltung Dänemarks und die Erzgeschäfte Schwedens mit Deutschland kritisiert. Mit der Mutter Courage hoffte er, die Haltung der Skandinavier über das Theater beeinflussen zu können.

„Ich stellte mir, schreibend, vor, daß von den Bühnen einiger großer Städte herab, die Warnung des Stückeschreibers zu hören sein würde, daß der einen langen Löffel haben muss, der mit dem Teufel frühstücken will.

Ein anderer Zeitbezug sind die Themen Nationalismus und Rassismus. Mutter Courage stellt ihre Kinder selbstbewusst als multinationale Gesellschaft vor. Stärker als das biologische Erbe der Väter aus verschiedenen Nationen bewertet sie den Einfluss ihrer wechselnden Männer aus verschiedenen Staaten, mit denen die Kinder groß geworden sind. Gegen alle Rassenlehre sieht die Courage ihre Familie als gesamteuropäische Mischung:

„Eilif steht für das kühne, autonome, sich auf sich selbst verlassende Finnland, das 1939 sowohl zu Deutschland als auch zur Sowjetunion auf Distanz ging in der Hoffnung, sich ‚heraushalten‘ zu können; Schweizerkas steht für den ‚Schweizer Käse‘, die Nation der händlerischen Bauern und ihre berühmte Neutralität und Kattrin für den halbierten Deutschen, der zur Stummheit verurteilt ist.

Auch an anderer Stelle wird die NS-Ideologie mit bitterem Humor aufs Korn genommen. Die Koppelung geschieht etwa über die Verbindung von „Glaubenskrieg“ und ideologisch begründetem NS-Krieg. Brecht lässt den Feldprediger von seiner Überzeugungskraft und vom Endsieg schwärmen: „Sie haben mich noch nicht predigen hören. Ich kann ein Regiment nur mit einer Ansprach so in Stimmung versetzen, daß es den Feind wie eine Hammelherd ansieht. Ihr Leben ist ihnen wie ein alter verstunkener Fußlappen, den sie wegwerfen in Gedanken an den Endsieg. Gott hat mir die Gabe der Sprachgewalt verliehen.“

Der Koch stellt den Bezug zur Brutalität der Verhältnisse in Deutschland her, für die im historischen Kontext der schwedische König verantwortlich gemacht wird:

Der Koch: die Freiheit, wo er hat einführen wollen in Deutschland, hat sich der König genug kosten lassen … und dann hat er die Deutschen noch einsperren und vierteilen lassen müssen, weil sie an ihrer Knechtschaft gegenüber dem Kaiser festgehalten haben. Freilich, wenn einer nicht hat frei werden wolln, hat der König keinen Spaß gekannt. Zuerst hat er nur Polen schützen wolln vor böse Menschen … aber dann ist mitn Essen der Appetit gekommen, und er hat ganz Deutschland geschützt.

Hier ist nicht nur erneut der Polenfeldzug angesprochen, sondern auch der NS-Begriff der Schutzhaft, der unter dem Vorwand Oppositionelle ins KZ brachte, sie vor dem „Volkszorn“ schützen zu müssen.

Der Untertitel des Dramas „Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg“ erinnert an klassische Stoffe, etwa die Königsdramen Shakespeares oder Schillers „Wallenstein“. Brecht wechselt die Perspektive und schildert die Ereignisse aus der Sicht der kleinen Leute. Sie blieben „Opfer der großen Geschichte.

Brechts Drama thematisiert die Kritik an der Geschichtsschreibung aus Herrschaftsperspektive etwa am Beispiel des Todes von Tilly, des Heerführers der Katholischen Liga im Dreißigjährigen Krieg. Der Feldprediger: „Jetzt begraben sie den Feldhauptmann. Das ist ein historischer Augenblick. Mutter Courage: „Mir ist ein historischer Augenblick, daß sie meiner Tochter übers Aug geschlagen haben. Der Tod des Feldhauptmanns Tilly ist als ein Wendepunkt des Dreißigjährigen Krieges in die Geschichtsbücher eingegangen, kaum jedoch das Leiden der einfachen Leute.

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Aber auch außerhalb der Familie zeigt das Drama die wachsende Verwüstung durch den anhaltenden Krieg. Im Titularium zur 9. Szene heißt es, dass bereits die Hälfte der Einwohner Deutschlands ausgelöscht sei. Immer drastischer werden Zerstörung und Hoffnungslosigkeit. Überall herrscht Hunger. Mutter Courage: „Im Pommerschen solln die Dörfler schon die jüngern Kinder aufgegessen haben, und Nonnen haben sie bei Raubüberfäll erwischt. Es ist die Geschichte, die Hobbes in seiner klassischen Beschreibung des Kriegs erzählt, wo kein Nutzen aus menschlicher Anstrengung entsteht, aber alle in ständiger Angst und Gefahr eines gewaltsamen Todes leben, und das Leben des Menschen einsam, arm, schmutzig, brutal und kurz ist.

Die Umkehr aller Werte und Normen durch den Krieg erscheint im Stück an verschiedenen Stellen. In der zweiten Szene wird Eilif vom Feldhauptmann mit einer „goldenen Armspang“ ausgezeichnet, weil er eine Überzahl Bauern überlistet, niedergehauen und ihnen 20 Ochsen gestohlen hat. Als er in einer kurzen Friedensperiode einen Bauern ausraubt und dessen Frau tötet, wird er zum Tode verurteilt und hingerichtet. Eilif bleibt diese Verkehrung der Regeln unverständlich.

Begriffe wie „Ehre“, „Heldentum“ und „Treue“, vor allem in der von der NS-Diktatur geprägten Form, sind für Brecht Antitugenden.

Eine andere Kriegstugend, die das Drama aufs Korn nimmt, ist das Heldentum. „Unglücklich das Land, das Helden braucht“, lässt Brecht Galileo auf den Vorwurf der Feigheit vor dem Inquisitionsgericht antworten. Im gleichen Sinne argumentiert die Courage: Wer mutige Soldaten brauche, sei ein schlechter Feldhauptmann. die Folge des Heldentums für den Soldaten: Es bewirkt seinen Tod. Der Name der Hauptfigur selbst verweist auf Mut, aber schon in der ersten Szene weist die Courage darauf hin, dass sie stets aus nüchternen Geldinteressen gehandelt habe, nie aus Heldentum.

Die subversiven Äußerungen der Courage richten sich regelmäßig gegen Autoritäten, „gegen die Herrscher und ihre Agenten in Militär und Klerus, auf der symbolischen Ebene gegen Patriarchat und Kapitalismus.“ Ein typisches Beispiel im Drama ist die Ironisierung der Ziele der ‚großen Männer‘ und ihre Abhängigkeit von den kleinen Leuten.

Für Fowler ist eine der wesentlichen Funktionen der Courage im Drama, als Symbolfigur den Kapitalismus zu repräsentieren. Er zieht daraus den Schluss, dass die Courage dem Krieg keinesfalls entkommen könne. Geschäft und Krieg und Symbolfigur seien derart eng verFowler sieht die Mutter Courage als Metapher für den kriegerischen Kapitalismus. Darüber hinaus personifiziere sie die die wesentlichen Widersprüche des kapitalistischen Systems. Dazu gehörten Produktivität und Destruktivität. Sie reproduziere die Ideologie ihrer Welt, indem sie ihren Profit in der Ausbeutung und dem Elend der anderen suche. Sie nähre die falsche Hoffnung, dass auch die kleinen Leute vom Krieg profitieren könnten. Gleichzeitig sei sie einer der großen Mutterfiguren Brechts, die die Hoffnung auf Schutz und Ernährung in der kapitalistischen Welt verkörpere. Diese Aspekte seien unauflösbar miteinander verbunden. Ihre soziale Stellung als Kleinbürgerin ermögliche es Brecht, in der Couragefigur Aspekte sowohl der Ausbeuter als auch der Ausgebeuteten zu zeigen.knüpft, dass sie notwendig unmenschlich sein müsse.

Daß die großen Geschäfte, aus denen der Krieg besteht, nicht von den kleinen Leuten gemacht werden. Daß der Krieg, der eine Fortführung der Geschäfte mit anderen Mitteln ist, die menschlichen Tugenden tödlich macht, auch für ihre Besitzer. Daß für die Bekämpfung des Krieges kein Opfer zu groß ist.

Brecht will seinem Publikum „einen wirklichen Abscheu vor dem Krieg beibringen“ und setzt dabei auf die Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. Hinter den großen Geschäften soll der Kapitalismus als wahre Kriegsursache erkannt und bekämpft werden.

Brecht projiziert die Diagnose, dass der Kapitalismus und finanzielle Interessen die wahre Ursache der Kriege seien, historisch bis zurück zu den Bauernkriegen.

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Verbindung Kapitalismus – Krieg – Faschismus im Drama in der symbolischen Gleichsetzung von Krieg und Geschäften durch die Courage repräsentiert. Für Brecht seien Faschismus und Krieg nicht dem Kapitalismus fremde Zustände, sondern nur seine extreme Form.

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Peter Handke zählt zu den herausragenden und erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegsgeneration. Typisch ist aber jedesmal seine bewußte Abgrenzung gegen den gerade herrschenden Trend.     Das schreibinteresse Hankes richtete sich in den Anfängen auf Probleme sprachliche Wirklichkeitskonstitution, auf die Analyse von Mechanismen der Wahrnehmung u. Kommunikation. P.H. formuliert als sein Motto Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms. H. bemühte sich mit provozierenden Texten, radikal mit literarische Traditionen zu brechen. Die Literatur der Zeit verwendete für Handke zu politisch eindeutige Wörter. wendet sich gegen Sartre und Brecht. Er wirft Brecht unter anderem vor, seine Stücke zeigten „zwar die Wiedersprüche“ aber auch „die einfache Lösungen dafür“. er bevorzugt die „Verstörung“ gegenüber die Klarheit des Begriffs. 1966 beschimpfte der 23jährige H. die Autoren der „Gruppe 47“ bei ihrer Tagung in Princeton und kritisierte die „Beschreibungsliteratur“ der Gruppe. Er wendete sich gegen den überhöhten Realismus in Böll, Andersch Werk. Er will zeigen, dass „ die Literatur mit der Sprache gemacht wird, und nicht mit den Dingen, die mit der Sprache beschrieben werden“.     Ziele sind einerseits die Funktion der Sprache klar zu stellen und andererseits das Problem einer Begründung von Identität im Schreiben (insbesondere im Erzählen als eine Verknüpfung von authentische Erinnerung und dichterischer Phantasie)     Die Erzählungen Der Hausierer (1967) und Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970, Film v. Wim Wenders 1972) parodieren das Genre Kriminalroman. Die Idee der Verwirrung wird in dem Hausierer umgesetzt. Handke läßt dort kein zusammenhängenden Text entstehen.    Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970) geht es Handke allein um die Demonstration einer Verstörtheit, eines „schizophrenen“ Bewußtseinstands. In diesem Bestseller ist jedoch nicht die Fabel, sondern der innere Prozeß wichtig. (Das Thema ist Blochs Schwierigkeit, die „Signale“ seiner Umgebung richtig zu deuten).    Die Theaterstücke PHs wurden Ende der 60 Jahre als Nachfolge des „Literarischen Cabarets“ der „Wiener Gruppe“ angesehen. P.H. versuchte damit herrschende Dramaturgien und Verhaltensnormen zu kritisieren. Als Theaterautor trat H. mit der 1966 Publikumsbeschimpfung hervor, eine Sprechpartitur,  die das Bühnengeschehen die Theatersituation umkehrte.     „Sie werden beschimpft werden, weil auch das Beschimpfen eine Art ist, mit Ihnen zu reden. Indem wir beschimpfen können wir unmittelbar (directos) werden(...)“ „Die Publikumsbeschimpfung ist kein Stück gegen das Theater. Es ist ein Stück gegen das Theater, wie es ist. Es ist nicht einmal ein Stück gegen das Theater, wie es ist, sondern ein Stück für sich“   Die Publikumsbeschimpfung wird als Antitheater begriffen. Die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum wird aufgehoben. Das Konventionelle Theater wird ironisiert. Inhalt seines Anti-Theaters ist die Sprache, die nach Klangelementen der Beat-Musik aufgebaut ist.Die Protagonisten „spielen“ nicht mehr, sondern beobachten und genießen in vollkommener Umkehrung der Konventionen den eigentlichen „Helden“, nämlich das Publikum, das nicht mehr Zaungast, sondern das Thema ist.     .   Das Finale ausgehend von der Charakterisierung der Zuschauer als Schauspieler:“Ihr wart lebensecht. Ihr wart wirklichkeitsnah. Ihr zeugtet von hoher Spielkultur, ihr Gauner, ihr Schrumpfgermanen, ihr Ohrfeigengesichter

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1968 schrieb Handke das Sprechstück Kaspar. Es handelt sich um ein Drama. Der Titel bezieht sich auf die Gestalt des Kaspar Hauser, der als etwa 16jähriger Knabe aufgegriffen worden ist und offensichtlich unter den Folgen einer Gefangenschaft leidend, kaum sprechen konnte. Das Thema ist die Funktion der Sprache bzw. ihrer Verwendung als Instrument der sozialen Einordnung und Anpassung. Er will zeigen „wie jemand durch Sprechen zum Sprechen gebracht werden“, d.h. den Sprach- und Verhaltensnormen der Gesellschaft angepaßt werden kann.“   zweite Phase .Handke setzt sich mit den „Klassikern“ der Literatur und philosophischen Tradition auseinander, mit Stifter, Kafka oder Goethe, mit Heidegger oder Nietzsche. In der Literaturkritik wurde diese Wendung als „neue Innerlichkeit“ bezeichnet und zugleich kritisiert.  Wunschloses Unglück . Diese Geschichte führt  ihm in die eigene Vergangenheit zurück. Handke rekonstruiert, die Lebensgeschichte seiner Mutter, die sich aus den Zwängen einer bäuerlichen Gesellschaft nicht befreien konnte und sich das Leben nahm. Der letzte Satz: „Später werde ich über das alles Genaueres schreiben“ ist Programm eines zukünftigen Erzählens: die Vermittlung von Erinnerung und poetischer Phantasie.   Handke bleibt beim Thema Innerlichkeit und Selbstfindung auch im Bestseller Die linkshändige Frau.Der Widerstand einer „Frau“, wie Marianne genannt wird, gegen ein von männlichen Wünschen bestimmtes Spiel von Verführung und Liebe wird szenisch, bildhaft und distanziert dargestellt. Für Handkes Schreiben in dieser Zeit wird der Doppelblick auf den eigenen Körper und die Natur nach innen und nach außen zur Metapher.   Dritte Phase . Handke versucht jetzt die „fixen Ideen einzelner als den Mythos vieler“ zu übersetzen.   Erzählung Die langsame Heimkehr bezeichnet die er mit den 3 nachfolgenden Werken zu einer Tetralogie zusammenfaßte. Thematisch stellt das Werk eine Fortschreibung der Selbstfindungsgeschichten dar. In Die langsame Heimkehr wird durch Naturbilder auf psychische Prozesse und Projektionen verwiesen. Die Lehre der Sainte-Victoire ist die autobiographisch geprägte Mythisierung von Autorschaft. Stellt gleichermaßen Erzählung wie poetologische Reflexion dar. Kindergeschichte ist eine poetische Erinnerungsarbeit. Handke rekonstruiert beim Blick auf seine Tochter Amina Entwicklungsstufen der eigenen Sozialisation.     Handke sucht hinter an sich bedeutungslosen Dingen und Vorgängen die mythologische Bilder des Inneren zu finden und neue Formen des Schauens und Beschreibens zu entwickeln. Zugleich führt er die Beschäftigung mit den „Klassikern“ weiter.     Diese beiden Romane werden schon zu vierter Phase gezählt. Sie sind der Versuch einer Wiederfindung der Identitätsstiftenden Kraft von Sprache und von Dichtung. Dieser Versuch wird mit Blick auf Heidegger Handkes „Kehre“ genannt. Loser, der Protagonist des Chinesen des Schmerzens, versucht (wie der Philosoph) Orte des „Wohnens“ und „Bauens“ zu finden um von Ursprung des Menschen reden zu können. Die Ontologische Dimension bestimmt das Werk. Am Ende des Werkes wird Loser ein Meister der Wiederholung, d.h. es gibt eine dem Menschen vorausgehende Sprache des Seins.   Die Wiederholung der Titel bezieht sich auf Heideggers Einführung in die Metaphysik Existential-ontologische Orientierung (wie der Chinese) - weist auf die Aufnahme von Themen und Motiven ältere Texte Hs. - der Text folgt deren autobiographischer Spur. Dabei kommt den Medien der Sozialisation, Schrift und Sprache jetzt eine größere Bedeutung zu. - Der Protagonist Kobal muss feststellen, dass jeder Schritt in die Sprache notwendig ein Aneignen von Vorgegebenen ist. Die Savanne der Freiheit und das neunte Land ist der dritte Teil des Romans. Die Hauptfigur, Kobal, erleidet eines Ichverlust dieser erzeugt in ihm Traumbilder eines Doppelgängers und endet in der Phantasie vom Krieg. Die Katastrophe wird einen Neuanfang vorausgesetzt.

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  In den 80er hat Handke einige Essays geschrieben. Die Gesammelten Verzettelungen sind unter dem Titel  Langsam im Schatten erschienen. Sie sind mit den fiktionalen Texten strukturell und inhaltlich vergleichbar.

Gerechtigkeit für Serbien Mit dieser Reisendarstellung löste Peter H. eine große politische und philosophische Diskussion aus. In dem Werk demonstriert P.H. eine freundliche Haltung gegenüber Serbien. Der schweizer Schrifsteller Jürg Laederach trat nach der Veröffentlichung von H´s Text bei Surkamp aus Protest aus dem Verlag aus. Er plädiert mit dem Text gegen die gängigen Schwarz-weiß-Darstellungen des Krieges in Jugoslawien und für eine differenziertere Betrachtung des Geschehenen. Diese äußerst provokanten Darstellungen erinnern an frühere provozierende Auftritte & Stücke z.B. Beleidigung der Gruppe 47 od. Publikumsbeschimpfung.

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Die Nachkriegsliteratur war auf vielfache Weise gespalten: ein Teil der Autoren bemühten sich um eine Verarbeitung der NS-Diktatur, ein anderer Teil um die Verdrängung; es bestand eine Kontroverse zwischen Innerer Emigration und Exilliteratur; bald vollzog sich auch eine politische Trennung mit der Etablierung der beiden deutschen Einzelstaaten.In der Sowjetischen Besatzungszone fand die Verarbeitung der Vergangenheit von vielen zurückgekehrten Exilautoren eine breite Öffentlichkeit. Zu ihnen gehörten u.a. Bertolt Brecht, Anna Seghers, Johannes Becher, Arnold Zweig, Stephan Hermlin und Stefan Heym.Exilautoren, die wie Alfred Döblin in die westlichen Besatzungszonen zurückgekehrt waren, mußten bald feststellen, daß sich ihr Engagement zur Aufarbeitung der Vergangenheit nicht sehr erwünscht war. Statt dessen setzten sich allmählich konservative Autoren durch, die jüngste Vergangenheit verdrängte man.

     1.1 Gruppe 47

Die Gruppe 47 war ein Netzwerk von Autoren und Verlegern, die sich einmal jährlich für 3 Tage zu einer Versammlung trafen. Eingeladene Nicht-Mitglieder konnten dabei ihre noch nicht veröffentlichte Werke vorstellen. Die erste Lesung wurde von Wolfdietrich Schnurre mit seiner Erzählung Das Begräbnis eröffnet. Die Gruppe 47 galt auch als Talentschmiede, da viele der vorlesenden Autoren später große Bekanntheit erlangten, z.B. Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Paul Celan, Günter Eich, Günter Grass, Wolfgang Hildesheimer, Uwe Johnson, Wolfdietrich Schnurre und Martin Walser.

     1.2 Lyrik

Die Lyrik wurde in der Nachkriegsliteratur aus dem folgenden Grund zur wichtigsten Gattung: die Prosa erschien vielen Autoren durch die nationalistische Sprache als verunglimpft und unglaubwürdig. Viele Autoren sahen daher in der Lyrik die beste Möglichkeit, ihre Empfindungen und Erfahrungen auszudrücken.

     1.3 Prosa

Die wichtigste Prosaform in der Nachkriegszeit war die Kurzgeschichte. Sie wurde von vielen Autoren, besonders von Borchert und Schnurre, genutzt. Als Vorbild hatten sie die amerikanische short story sowie die Autoren William Faulkner, Ernest Hemingway

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und Edgar Allan Poe. Zu den bekanntesten Kurzgeschichten Borcherts gehören: Die Küchenuhr, An diesem Dienstag und Die Kirschen.

     1.4 Drama

Auf den Bühnen der Nachkriegszeit gab es ein unterschiedliches Bild in in der Sowjetischen Besatzungszone und den westlichen Besatzungszonen. Während im Osten Werke von Exildramatikern ein großes Publikum fanden, wurden im Westen Lessings Nathan und Goethes Iphigenie wieder aufgeführt. Von den in der Nachkriegszeit entstandenen Theaterstücken gab es nur wenige, die ein großes Publikum fanden: Borcherts Draußen vor der Tür (1947) und Zuckmayers Des Teufels General (1946) Brecht, dem die Einreise nach Westdeutschland verweigert wurde, übersiedelte 1949 nach Ostberlin, wo er zusammen mit Helene Weigel das Berliner Ensemble gründete. Mutter Courage wurde im gleichen Jahr uraufgeführt.

Literatur der BRD

     1.1 Zeitkritische Literatur (1950er Jahre)

Die Literatur der 1950er Jahre war geprägt von verschiedenen kritischen und selbstkritischen Beiträgen zu aktuellen Themen der Zeit - wie die verdrängte Faschismus-Aufarbeitung, die atomare Bedrohung oder der rasche technologische Fortschritt.Bei Böll und auch bei Martin Walsers ersten Romanen (Ehen in Philippsburg, 1957) wird die Zeitkritik oft in Form der Satire dargestellt. Das Theater in den 1950er Jahren war wesentlich schlechter gestellt, als die Lyrik und Epik. Kritische Auseinandersetzungen mit der jüngsten Vergangenheit fehlten, bis auf wenige Ausnahmen wie Borchert, Weisenborn und Zuckmayer.

     1.2 Politisierung der Literatur (1960er Jahre)

Die BRD war in den 60er Jahren von vielen innenpolitischen Krisen betroffen, z.B. der Studentenrevolten bis hin zur wirtschaftlichen Stagnation. Die sozialen Probleme der Gegenwart konnten nicht mehr außer acht gelassen werden. So kam es, daß die Trennung von Politik und Literatur in den 50er Jahren aufgehoben wurde und in den 60er Jahren eine zunehmende Politisierung einsetzte. Die politische Literatur der 60er Jahre hatte ein formal auffallendes Kennzeichen: den Dokumentarismus. Authentische Dokumente wurden in der Literatur neu verarbeitet. Dies wurde durch Montage von Zeitungsartikeln, Interviews, Protokollen und anderen Dokumentarten erreicht. Zu den wichtigsten Vertretern des Dokumentarischen Theaters gehörten Peter Weiss, Rolf Hochhuth und Heinar Kipphardt (In der Sache J. Robert Oppenheimer, 1964). Der Roman in den 60er Jahren wurde bestimmt von Autoren wie Böll, Martin Walser und vor allem Günter Grass (Die Blechtrommel, 1959; Katz und Maus, 1961; Hundejahre, 1963). Ende der 60er Jahre kam in literarischen Diskussionen immer wieder die Frage auf, worin der Sinn der Literatur bestehe. Die Verbindung von Politik und Literatur hatte nicht den gewünschten Erfolg der Autoren erreicht.

     1.3 Neue Innerlichkeit / Neue Subjektivität (1970er Jahre)

Der beginnende Terrorismus und das Scheitern der 1986er-Bewegung führte zu einer Wende nach innen und einer Distanzierung vom politischen Geschehen. Die Wende nach innen bedeutete eine stärkere Zuwendung zur eigenen Identität und Individualität - dem eigenen Ich, daher spricht man auch von Neuer Subjektivität /

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Neuer Innerlichkeit. Beispiele dafür sind z.B. Rolf Dieter Brinkmanns Keiner weiß mehr (1968) und Martin Walsers Ein fliehendes Pferd (1978). Der wichtigste Dramatiker der Neuen Innerlichkeit war Botho Strauß mit Trilogie des Wiedersehens (1977) und Groß und klein (1978).

     1.4 Ausgleichtendenzen (1980er Jahre)

Die Literatur der BRD der 80er Jahre versuchte den begrenzten Erfahrungshorizont der Neuen Innerlichkeit zu überwinden. Außerdem fand eine Überwindung der Trennung zwischen west- und ostdeutscher Literatur statt, die durch gemeinsame Treffen und die Übersiedlung ostdeutscher Schriftsteller in die BRD eingeleitet wurde. Ausgelöst wurde die Übersiedlung vieler DDR-Schriftsteller, z.B. Günter Kunert, Sarah Kirsch und Reiner Kunze, durch die Ausbürgerung Wolf Biermanns.Die Lyrik der 80er Jahre war stark von Themen wie Technik- und Fortschrittskepsis sowie Geschichtspessimismus geprägt. Der erfolgreichste Roman der 80er Jahre war Patrick Süskinds Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders (1985).

*Kurzgeschichten

Literatur der 50er:

Ehen in Philippsburg (1957) - M. Walser Billard um halbzehn (1959) - Böll

Literatur der 60er:

Die Blechtrommel (1959) - Grass Der Stellvertreter (1963) - Hochhuth

Literatur der 70er:

Aus dem Tagebuch einer Schnecke (1972) - Grass Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin

sie führen kann (1974) - Böll Ein fliehendes Pferd (1978) - M. Walser

Literatur der 80er:

Ästhetik des Widerstands (1975/78/81) - Weiss Das Parfum (1985) - Süskind Die Rättin (1986) - Grass

Literatur der DDR

     1.1 Aufbauliteratur (1950-1961)

Eine der wichtigsten gemeinsamen Grundhaltungen in den Anfängen der DDR-Literatur war der Antifaschismus. Viele junge Autoren wandten sich gutgläubig dem Sozialismus zu, um den Faschismus endgültig auszulöschen. Die Literatur der DDR sollte beim Aufbau des Sozialismus von Anfang an eine große Rolle spielen und die Menschen zum Sozialismus zu erziehen. Freie und selbstständige Literaturproduktion

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und -rezeption existierte praktisch nicht: den Autoren wurde vorgeschrieben, worüber diese zu schreiben hatten, den Lesern, was sie lesen durften und was nicht.

     1.2 Sozialistischer Realismus und Bitterfelder Weg

Der Sozialistische Realismus war eine Stilrichtung, die in den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in der Sowjetunion entstand und für alle Kunstformen verbindlich war. Diese Stilrichtung wurde auch in der DDR aufgegriffen. In der Literatur stand oft ein positiver Held im Mittelpunkt, der Vorbild für eine sozialistisches Idealgesellschaft war.Mit dem Bitterfelder Weg sollte eine neue Programmatik mit engen ästethischen und thematischen Vorgaben in der Kulturpolitik und Literaturproduktion der DDR eingeläutet werden. Die Trennung zwischen Künstler und Volk, sowie zwischen Kunst und gesellschaftlicher Realität wollte man aufheben.

     1.3 Ankunftsliteratur (1961-1971)

Der Mauerbau zwischen Ost- und Westberlin hatte große Auswirkungen auf die Literatur des nächsten Jahrzehnts. Viele Autoren wandten sich nun den eigenen alltäglichen Lebensbedingungen in der DDR zu. Charakteristisch für die Romane der Ankunftsliteratur ist ein junger Held, der mit den sozialistischen Lebensverhältnissen in Konflikt gerät, sich aber schließlich diesen doch wieder zuwendet und im Sozialismus ankommt. Beispielhaft für die Ankunftsliteratur ist der Roman mit dem programmatischen Titel Ankunft im Alltag (1961) von Brigitte Reimann. Die Ankunftsromane sind Entwicklungs- und Bildungsromane. Die Probleme bei der Erziehung zu einer sozialistischen Persönlichkeit, die Entwicklung einer sozialistischen Produktionsweise und Bewußtseins und Konflikte zwischen Individuum und Gesellschaft standen dabei oft im Mittelpunkt.In den sechziger Jahren war auch der Beginn des schriftstellerischen Schaffens von Christa Wolf. Mit dem Roman Der geteilte Himmel (1963), der vom Mauerbau und der Teilung Deutschlands handelte, schaffte sie den Durchbruch und wurde schlagartig bekannt. Auch ihr Roman Nachdenken über Christa T. (1969) erregte große Aufmerksamkeit.Zu den wichtigsten Vertretern der Lyrik der sechziger Jahre gehörten Wolf Biermann, Volker Braun, Sarah Kirsch, Günter Kunert und Reiner Kunze.

     1.4 Kritik am Sozialismus (1971-1990)

Das Ende der Ära Walter Ulbricht, der 1971 von Erich Honecker abgelöst wurde, läutete eine Wende in der Literatur der DDR ein. Im Mittelpunkt stand nun das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, das z.B. in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. thematisiert wurde.Der Liedermacher Wolf Biermann setzte sich konsequent kritisch mit der DDR auseinander und erhielt dafür auch öfters Aufführungsverbote. Zum Eklat kam es, als Biermann 1976 ein in Köln offiziell genehmigtes Konzert gab und ihm die Rückkehr in die DDR verweigert wurde. In einem offenen Brief forderten zahlreiche Schriftsteller vergebens, die Ausbürgerung Biermanns zurückzunehmen. Viele Autoren verließen in der Folgezeit die DDR und übersiedelten in den Westen, z.B. Sarah Kirsch und Günter Kunert. Andere Autoren wurden vom DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen oder traten selbst aus.Ihre Erfahrungen als Schriftsteller in der DDR und den damit verbundenen Schwierigkeiten verarbeiteten viele Autoren nach Wende, z.B. Reiner Kunze in Deckname Lyrik (1990) oder Erich Loest in Der Zorn des Schafes (1990).

Aufbauroman

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Ankunftsroman

4. Werke

Der geteilte Himmel (Erzählung, 1963) - Christa Wolf Nachdenken über Christa T. (Roman, 1968) - Christa Wolf Kein Ort. Nirgends. (1979) - Christa Wolf Störfall. Nachrichten eines Tages (1987) - Christa Wolf

Literatur Österreichs und der Schweiz

1. Literatur Österreichs

In Österreich fanden sich schon sehr schnell nach Ende des Zweiten Weltkriegs Ansätze für eine neue Literatur. 1945 gründete Otto Basil die Zeitschrift Plan, in der bald viel junge Autoren und Autorinnen, wie z.B. Ilse Aichinger und Erich Fried, veröffentlichten. Mitte der fünfziger Jahre gründete sich die Wiener Gruppe, die an die Literatur um 1900 anknüpfte. 1960 bildete sich um den Herausgeber der Zeitschrift Manuskripte, Kolleritsch, die Grazer Gruppe. Peter Handke sorgte mit dem Erscheinen seiner Publikumsbeschimpfung (1966) für Aufsehen, da im letzten Teil dieses Stückes das Publikum mit zahllosen Schimpfwörtern und ähnlichem konfrontiert wird. In den 70er und 80er Jahren machte der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard mit seinen Romanen und Dramen auf sich aufmerksam, z.B. mit Das Kalkwerk (1970), Auslöschung. Ein Zerfall. (1986) oder Heldenplatz (1988).

2. Literatur der Schweiz

Die Schweiz hatte während der Nazi-Herrschaft in Deutschland und auch danach bei vielen Intellektuellen einen guten Ruf, da ihre demokratische Ordnung bestehen blieb. Für viele Emigranten war sie der erste Anlaufpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg trugen zwei Schweizer Autoren erheblich zur weltweiten Anerkennung deutschsprachiger Literatur bei: Friedrich Dürrenmatt (Der Besuch der alten Dame, 1956; Die Physiker, 1962) und Max Frisch (Stiller, 1954; Homo faber, 1957). Weitere bekannte Schweizer Autoren sind Peter Bichsel und Adolf Muschg.

4. Werke

Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie (1953) - Frisch Stiller (1954) - Frisch Homo faber (1957) - Frisch Biedermann und die Brandstifter (1958) - Frisch Andorra (1961) – Frisch

Der Besuch der alten Dame (1956) – Dürrenmatt Die Physiker (1962) – Dürrenmatt

Laut und Luise (1966) – Jandl Das Öffnen und Schließen des Mundes (1985) - Jandl

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Publikumabeschimpfung (1966) - Handke Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970) - Handke Der kurze Brief zum langen Abschied (1972) - Handke Wunschloses Unglück (1972) - Handke Langsame Heimkehr (1979) - Handke Nachmittag eines Schriftstellers (1987) - Handke

Die gestundete Zeit (1953) - Bachmann Anrufung des großen Bären (1956) – Bachmann Das dreißigste Jahr (1961) - Bachmann Malina (1971) - Bachmann

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Die Nachkriegsliteratur in den von den Westmächten kontrollierten Besatzungszonen wurde zunächst durch jene Autoren geprägt, die an die konservativen ästhetischen Traditionen anknüpften. Erfolgreich waren Schriftsteller, die während der Hitlerzeit in Deutschland geblieben waren und sich nach dem Krieg als Repräsentanten der „Inneren Emigration“ verstanden.

Doch neben ihnen gab es eine ganze Reihe wirklicher Exilanten, die sich mit der neuen alten Heimat schwer taten. So wie Thomas Mann, der sich weigerte, in das ihm fremd gewordene Deutschland zurückzukehren. Thiess, der 1941 mit dem Reich der Dämonen einen regimekonformen Roman veröffentlicht hatte, wurde nun zum Wortführer im öffentlichen Streit gegen Thomas Mann. Polemisch wertete er die emigrierten Schriftsteller ab und stellte die von ihm gewählte Form des „Inneren Exils“ als eine moralisch redlichere dar.

Anders verhielt es sich mit der Sowjetischen Besatzungszone, deren linkspolitische und deutlich antifaschistische Ausrichtung zahlreiche Exilschriftsteller anzog. Unter ihnen auch Bertolt Brecht, Anna Seghers, Arnold Zweig, Bruno Apitz. Die in den Ostteil Deutschlands Heimgekehrten glaubten zunächst, an die politischen und literarischen Traditionen der Weimarer Republik anknüpfen zu können. Schon bald aber mussten sie erkennen, dass sie ihre künstlerisch-literarischen Vorstellungen in der DDR nicht verwirklichen konnten.

Doch auch wenn es im Westen Deutschlands nach 1945 kaum literarische Rückkehrer aus dem Exil gab, so kehrten zunehmend all jene jungen Schriftsteller in ihr Land zurück, die als Soldaten gekämpft und den Schrecken des Krieges am eigenen Leib erlebt hatten. fiel es den meisten von ihnen schwer, in den Lebensalltag zurückzufinden. So forderte beispielsweise Wolfgang Weyrauch eine Literatur des „Kahlschlags“ oder Heinrich Böll eine „Trümmerliteratur“, die sich von den überkommenen ästhetischen Konventionen abwendet und sich bewusst und radikal der Realität zuwendet, mochte diese auch noch so düster und hoffnungslos erscheinen. Ein typisches Beispiel für diese neue Form ist Günter Eichs Gedicht Inventur. Vergleichbar nüchtern liest sich auch die erzählende Literatur Heinrich Bölls, in dessen Texten ebenfalls häufig die Erlebnisse von Soldaten im Zentrum stehen, etwa in seiner frühen Erzählung Der Zug war pünktlich. Auch eines der bekanntesten Dramen der Nachkriegszeit, Draußen vor der Tür von Wolfgang Borchert.

Für diese Generation junger Nachkriegsautoren war Hans Werner Richter eine wichtige Integrationsfigur. Mit seiner politisch ausgerichteten Zeitschrift Der Ruf, bot er eine Plattform für ihre Publikationen. Als die Zeitschrift von der amerikanischen Militärregierung verboten wurde, gründete Richter die Gruppe 47. Dieser lose Zusammenschluss von Autoren – später auch von Literaturkritikern und Lektoren –, die sich (halb-)jährlich auf Einladung Richters zu einer mehrtägigen Versammlung trafen, um dort ihre neuen, unveröffentlichten Texte vorzustellen und gegenseitig zu kritisieren, prägte das literarische

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Leben der Bundesrepublik bis in die 60er Jahre hinein. Seit 1950 wurde der Preis der Gruppe 47 verliehen. Günter Eich, Erich Fried, Siegfried Lenz, Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Günter Grass, Wolfgang Hildesheimer, Uwe Johnson, Wolfdietrich Schnurre oder Martin Walser.

Die zentrale Figur der Gruppe 47 aber war Heinrich Böll, der für seine Satire Die schwarzen Schafe den Preis der Gruppe erhielt. 1972 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Wie kein anderer Schriftsteller verkörperte Böll in den 50er Jahren das Gewissen der Republik und schuf mit seinem Werk eine Art Gegengewicht zur restaurativen Atmosphäre der Adenauer-Zeit. Er kritisierte die kollektive Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit und die wachsende Selbstzufriedenheit angesichts des Wirtschaftswunders im Westteil Deutschlands. Seine Texte erzählen in realistischer, nicht poetisierender Weise von „einfachen Leuten“, deren Schicksal durch die Kriegs- und Nachkriegszeit bestimmt und erschwert wird. So handelt der Roman Wo warst du, Adam? episodenhaft von der Heimkehr eines Soldaten von der russischen Front; und Haus ohne Hüter beschreibt die Situation zweier Nachkriegsfamilien, die auf unterschiedliche Weisen versuchen, mit dem Verlust der im Krieg gefallenen Väter umzugehen. Wie sehr die Zeit des „Dritten Reiches“ die Gesellschafts- und Familienstrukturen mehr oder weniger subtil durchdrang, führt Böll besonders eindrücklich in seinem Roman Billard um halbzehn vor Augen.

seinem auch international äußerst erfolgreichen Roman Die Blechtrommel, für den Grass 1958 den Preis der Gruppe 47 erhielt, setzte er neue ästhetische Maßstäbe, nicht nur für die deutschsprachige Literatur. Die Blechtrommel wurde in der noch jungen Republik zum Skandalerfolg. Ihr folgten die Novelle Katz und Maus, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs angesiedelt ist, und der Roman Hundejahre, der den Zeitraum vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit umfasst. Die drei Werke, die alle in seinem Geburtsort spielen, fasste Grass zur Danziger Trilogie zusammen.

So politisch die Literatur von Grass ist, so unpolitisch sind die Gedichte Gottfried Benns, der – nach seinem früheren Erfolg als Expressionist – in den 50er Jahren zu erneutem Ruhm gelangte. Unbeirrt von anderen künstlerischen Strömungen seiner Zeit, verfolgte er sein Ideal von autonomer und monologischer Kunst und bemühte sich um das „absolute Gedicht“: „Das Gedicht ohne Glauben, das Gedicht ohne Hoffnung, das Gedicht an niemanden gerichtet“. Mit seiner Sammlung Statische Gedichte, die seine Programmatik einer sich selbst genügenden, wirklichkeitsfernen Kunst konsequent umsetzt, beeinflusste Benn eine ganze Generation von Lyrikern. Im Gegensatz zu ihm schrieb Ingeborg Bachmann mit ihrer Lyrik explizit gegen eine Wirklichkeit an, die in ihren Texten häufig dunkel und hoffnungslos erscheint. In ihren beiden Gedichtsbänden Die gestundete Zeit und Anrufung des Großen Bären verarbeitete sie persönliche Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs, nicht zuletzt ihre Erinnerungen an die Besetzung Österreichs durch deutsche Truppen. Auch Paul Celan verarbeitete in seinen Werken erfahrenes Leid. In Celans berühmtestem Gedicht Todesfuge wird dieses Unfassbare wie in kaum einem zweiten Text zumindest erahnbar.

Im Gegensatz zur Bundesrepublik bildete sich in der DDR der 50er Jahre eine relativ homogene, vom Staat gesteuerte Literatur heraus. Zwei Hauptthemen sind in dieser Phase zu erkennen: Einerseits wurden die Romane aus den 40er Jahren fortgeführt, die sich mit Faschismus und Widerstand beschäftigten, wofür Bruno Apitz’ Roman Nackt unter Wölfen das bekannteste Beispiel ist. Andererseits sollte die Literatur in der DDR als Aufbau des Sozialismus dienen, weshalb zahlreiche sogenannte „Aufbau“-Romane entstanden. Erst allmählich wandte sich die Literatur auch zeitaktuellen Themen zu. Nachdem auf der „Bitterfelder Konferenz“ eine stärkere Verbindung zwischen Schriftstellern und Arbeitern gefordert worden war, um die bürgerliche Literatur zu überwinden, wurden Anfang der 60er Jahre verstärkt auch politische, durchaus auch sozialkritische Fragestellungen thematisiert. Christa Wolf mit Der geteilte Himmel. Darin thematisiert sie die Kluft zwischen beiden deutschen Staaten, die durch den Bau der Berliner Mauer zwei Jahre zuvor zementiert wurde. Der Roman endet zwar mit einem Bekenntnis der Hauptfigur zur bestehenden DDR-Gesellschaft, doch trotz dieses ideologisch versöhnlichen Ausklangs ist seine politische Brisanz kaum abzustreiten.

Auch in Westdeutschland kam es Anfang der 60er Jahre zu einer zunehmenden Politisierung der Literatur. Das allmähliche Ende des „Wirtschaftswunders“ der 50er Jahre und der Bau der Mauer waren zwei maßgebliche Gründe für die gesellschaftliche Krise dieser Jahre. Den längst etablierten Literaten der

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Gruppe 47 warf man nun vor, die aktuellen politischen und sozialen Verhältnisse zugunsten ästhetischer und poetologischer Kriterien nicht adäquat abzubilden und nicht tief genug zu reflektieren.

Einen besonders radikalen Ausdruck fand die geforderte Politisierung der Literatur im Dokumentartheater. Um eine möglichst hohe Objektivität bemüht, verwendeten die Autoren authentische Dokumente als Quellen, beispielsweise juristische oder historische Reportagen, Berichte, Briefe oder Interviews. Ziel des Dokumentartheaters ist die politische Aufklärung und die Agitation.

Der literarische Einfluss der Gruppe 47 schwand in den 60er Jahren, einer Zeit, die mehr und mehr von studentischen Protesten gegen autoritäre gesellschaftliche Strukturen, gegen Kapitalismus, Imperialismus und Militarismus – gerade angesichts des Vietnam-Krieges – bestimmt wurde. Auch die Gruppe 47 wurde immer kritischer angegangen. Wie ihr Gründer Hans Werner Richter in einem späteren Rückblick selbst einräumte, war die Gruppe 47 in dieser Zeit längst vom „Auflösungskrebs“ befallen: Im Oktober 1967 trat sie ein letztes Mal offiziell zusammen. Ihr Zerfall markiert das Ende der Nachkriegsliteratur in Deutschland.