Klärschlammentsorgung

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Neues aus Forschung und Technologie K1/irschlammentsorgung K1/ir s chl amm entso rgun g - Probleme und M6glichkeiten D. O. Reimann Zweckvcrband M/illheizkraftwerk,Stadt und Landkreis Bamberg, D-8600 Bamberg Einleitung Die K1/arschlammentsorgung mit bereits bewiihrten und ge- eigncten zuk~inftigen Verfahrenstechniken gewinnt gegen- fiber der Kl~irschlammverwertung zunehmend an Bedeu- tung. Dies ist nicht nur auf die immer strenger werdenden Gesetze, Auflagen und Vorschriften zur/ickzufohren, son- dern auch auf das gesteigerte Umweltbewuf~tsein m6glicher Kl~irschlammverwerter, die Nullschadstoffbelastungen im Kl~irschlamm fordern. Selbst die heutzutage nach der Kl~ir- schlammverordnung vom 1. April 1983 [1] geregelten Schwermetall- und Mengenbegrenzungen fiir die landwirt- schaftliche Nutzung yon Kl~irschlamm werden nur noch mit Vorbehalt akzeptiert. Eine weitere Einschr~inkung der landwirtschaftlichen Kl~irschlammnutzung hat sich dutch das ganzj~ihrige Aufbringungsverbot yon seuchenhygie- nisch bedenklichem Kl~irschlamm auf Griinland und Feld- futteranbaufl~ichen ergeben. Damit wurde die Entwicklung neuer technischer Umwandlungsverfahren yon seuchenhy- gienisch bedenklichem zu seuchenhygienisch unbedenkli- chem K1/irschlamm vorangetrieben. Diesen Entwicklungen stehen jedoch neue analytische Ergebnisse gegenfiber. We- gen sch~idlicher, schwerabbaubarer, organischer Inhalts- stoffe im K1/irschlamm wie polychlorierte Dibenzo-p-dio- xine und -furane, polychlorierte Biphenyle, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffc mug in n/achster Zeit mit einem absoluten Aufbringungsverbot auf Gr{inland und Feldfutteranbaufl~ichen gerechnet werden. Konsequenter- weise wird dieses Verbot die gesamte landwirtschaftliche Nutzung yon Kl~irschlamm auch for Ackerfl~ichen und fhr die Kompostherstellung zum Erliegen bringen. Deponierung - Landwirtschaftliche Nutzung - Verbrennung Der K1/irschlamm l~ilgtsich als Abfallprodukt mit Hausmiill und hausmfill~ihnlichem Gewerbemfil] vergleichen und wird in gemeinsamc Entsorgungskonzeptc integriert. Tabelle: Vcrgleich der Hausmfill-/Kl/irschlammnutzung und Entsor- gung in der BRI) (Stand 1986) Nutzungs-/ Beseitigungsart landw. Nutzung Kompostierung Verbrennung Deponierung Hausm011- und hausm011~.hnlicher Gewerbemfill unter Ber~cksichtigung der stoffL Verwert- barker 25 Mio Mg/a [2] 3% 35 % 62 % Kl&rschlamm [3] 50 Mio m 3 (Mg) mit 5 % TS 10 Mio m 3 (Mg) mit 25 % TS _-" 7 Mio m 3 (Mg) mit 35 % TS 29 % 3% 9% 59 % In der Bundesrepublik Deutschland fallen jfihrlich ungef~ihr 50 Mio Mg K1/irschlamm mit 5 % Trockenr/ickstand (TR) (2,5 Mio Mg TR/a) an, wobei ein weiterer Anstieg der Klfirschlammenge wegen der 3. Reinigungsstufe und wei- tergehender, verbesserter Abwasserreinigung in K1/iranla- gen zu erwarten ist. Ahnlich wie beim Hausm/,ill werden zur Zeit 60 % der entw~sserten Kl~irschlammenge teils oh- ne, teils gemeinsam mit Hausmtill deponiert; ca. 30 % ge- langen in die landwirtschaftliche Nutzung, und nur 10 % werden verbrannt. Die bisherige landwirtschaftliche Nut- zung der j/ihrlich 14 Mio Mg Kl~irschlamm (ca. 700 000 Mg TR/a) verteilt sich zu ca. 20 % auf Gr/inland und Feld- futteranbaufl/ichen und zu 80 % auf sonstiges Ackerland, wodurch ca. 3 % der landwirtschaftlich genutzten Fl/iche in Anspruch genommen werden. Verbrcnnung Die Bereitstellung und Genehmigung geeigneten Deponie- volumens wird sowohl for die Abfallentsorgung als auch fOr die Kl~irschlammdeponicrung immer schwieriger, kosten- aufwendiger und mit so hohen Auflagen verbunden sein, dal~ mehrstufige Behandlungsverfahren chemischer, physi- kalischer, biologischer und thermischer Art zur Erfollung dieser Forderungen eingesetzt werden miissen. Auch die Verwendung noch vorhandenen l)eponieraums ffir Kl~r- schlamm wird wegen h6her-problematischer Abf~ille einge- schr/inkt, sodag sich aJs Folge des beschr/inkten Deponie- volumens und des zu erwartenden Verbotes der landwirt- UWSI' Z. Umweltchem. Okotox. (1989) 1: S. 31~,32 ecomed ",'erlagsgesellschaft mbh, Landsberg - Munchen Zfirich 31

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Neues aus Forschung und Technologie K1/irschlammentsorgung

K1/ir s chl a m m ent so rgun g - Probleme und M 6 g l i c h k e i t e n

D. O. Reimann

Zweckvcrband M/illheizkraftwerk, Stadt und Landkreis Bamberg, D-8600 Bamberg

Einleitung

Die K1/arschlammentsorgung mit bereits bewiihrten und ge- eigncten zuk~inftigen Verfahrenstechniken gewinnt gegen- fiber der Kl~irschlammverwertung zunehmend an Bedeu- tung. Dies ist nicht nur auf die immer strenger werdenden Gesetze, Auflagen und Vorschriften zur/ickzufohren, son- dern auch auf das gesteigerte Umweltbewuf~tsein m6glicher Kl~irschlammverwerter, die Nullschadstoffbelastungen im Kl~irschlamm fordern. Selbst die heutzutage nach der Kl~ir- schlammverordnung vom 1. April 1983 [1] geregelten Schwermetall- und Mengenbegrenzungen fiir die landwirt- schaftliche Nutzung yon Kl~irschlamm werden nur noch mit Vorbehalt akzeptiert. Eine weitere Einschr~inkung der landwirtschaftlichen Kl~irschlammnutzung hat sich dutch das ganzj~ihrige Aufbringungsverbot yon seuchenhygie- nisch bedenklichem Kl~irschlamm auf Griinland und Feld- futteranbaufl~ichen ergeben. Damit wurde die Entwicklung neuer technischer Umwandlungsverfahren yon seuchenhy- gienisch bedenklichem zu seuchenhygienisch unbedenkli- chem K1/irschlamm vorangetrieben. Diesen Entwicklungen stehen jedoch neue analytische Ergebnisse gegenfiber. We- gen sch~idlicher, schwerabbaubarer, organischer Inhalts- stoffe im K1/irschlamm wie polychlorierte Dibenzo-p-dio- xine und -furane, polychlorierte Biphenyle, polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffc mug in n/achster Zeit mit einem absoluten Aufbringungsverbot auf Gr{inland und Feldfutteranbaufl~ichen gerechnet werden. Konsequenter- weise wird dieses Verbot die gesamte landwirtschaftliche Nutzung yon Kl~irschlamm auch for Ackerfl~ichen und fhr die Kompostherstellung zum Erliegen bringen.

Deponierung - Landwirtschaftliche Nutzung - Verbrennung

Der K1/irschlamm l~ilgt sich als Abfallprodukt mit Hausmiill und hausmfill~ihnlichem Gewerbemfil] vergleichen und wird in gemeinsamc Entsorgungskonzeptc integriert.

Tabelle: Vcrgleich der Hausmfill-/Kl/irschlammnutzung und Entsor- gung in der BRI) (Stand 1986)

Nutzungs-/ Beseitigungsart

landw. Nutzung Kompostierung Verbrennung Deponierung

Hausm011- und hausm011~.hnlicher Gewerbemfill unter Ber~cksichtigung der stoffL Verwert- barker 25 Mio Mg/a [2]

3 % 35 % 62 %

Kl&rschlamm [3] 50 Mio m 3 (Mg) mit 5 % TS 10 Mio m 3 (Mg) mit 25 % TS

_-" 7 Mio m 3 (Mg) mit 35 % TS

29 % 3 % 9 %

59 %

In der Bundesrepublik Deutschland fallen jfihrlich ungef~ihr 50 Mio Mg K1/irschlamm mit 5 % Trockenr/ickstand (TR) (2,5 Mio Mg TR/a) an, wobei ein weiterer Anstieg der Klfirschlammenge wegen der 3. Reinigungsstufe und wei- tergehender, verbesserter Abwasserreinigung in K1/iranla- gen zu erwarten ist. Ahnlich wie beim Hausm/,ill werden zur Zeit 60 % der entw~sserten Kl~irschlammenge teils oh- ne, teils gemeinsam mit Hausmtill deponiert; ca. 30 % ge- langen in die landwirtschaftliche Nutzung, und nur 10 % werden verbrannt. Die bisherige landwirtschaftliche Nut- zung der j/ihrlich 14 Mio Mg Kl~irschlamm (ca. 700 000 Mg TR/a) verteilt sich zu ca. 20 % auf Gr/inland und Feld- futteranbaufl/ichen und zu 80 % auf sonstiges Ackerland, wodurch ca. 3 % der landwirtschaftlich genutzten Fl/iche in Anspruch genommen werden.

Verbrcnnung

Die Bereitstellung und Genehmigung geeigneten Deponie- volumens wird sowohl for die Abfallentsorgung als auch fOr die Kl~irschlammdeponicrung immer schwieriger, kosten- aufwendiger und mit so hohen Auflagen verbunden sein, dal~ mehrstufige Behandlungsverfahren chemischer, physi- kalischer, biologischer und thermischer Art zur Erfollung dieser Forderungen eingesetzt werden miissen. Auch die Verwendung noch vorhandenen l)eponieraums ffir Kl~r- schlamm wird wegen h6her-problematischer Abf~ille einge- schr/inkt, sodag sich aJs Folge des beschr/inkten Deponie- volumens und des zu erwartenden Verbotes der landwirt-

UWSI' Z. Umweltchem. Okotox. (1989) 1: S. 31~,32 �9 ecomed ",'erlagsgesellschaft mbh, Landsberg - Munchen �9 Zfirich 31

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K1/irschlammentsorgung Neues aus Forschung und Technologie

schaftlichen Nutzung von Kl/irschlamm ein drastischer An- stieg der zu verbrennenden Kl~irschlammenge einstellen wird.

Als m6gliches Entsorgungsverfahren bietet sich die gemein- same thermische Kl~irschlammverwertung mit Mfill in den 48 bestehenden ttausmfillverbrennungsanlagen der Bun- desrepublik Deutschland an, zumal diese L6sung bei Ein- satz neuer Techniken kurzfristig zu realisieren ist.

Bereits jetzt wird unterschiedlich vorbehandelter Kl~ir- schlamm in 9 Mfillverbrennungsanlagen gemeinsam mit M/ill und in mehr als 10 Wirbelschichtofenanlagen und in einigen Etagen6fen bzw. Etagen/Wirbelschicht6fen als Monoprodukt verbrannt.

Verbrennungsanlagen mit einer dem neuesten Stand der Technik ausgeriisteten Rauchgasreinigung besitzen den grogen Vorteil, daf~ kaum zus/itzliche Emissionen entste- hen und gleichzeitig problematische organische lnhaltsstof- fe des Kl~irschlammes thermisch zerst6rt werden.

Bei einer guten Feuerungsffihrung [4] verbleiben kaum Schadstoffe in der Schlacke, und nur die aus der Rauchgas- reinigung anfallenden aufkonzentrierten Reststoffe sind ge- zielt bei der Aufbereitung bzw. Deponierung zu berficksich- tigen. Untersuchungsergebnisse fiber den Einflug von K1/ir- schlammschadstoffen auf die Reststoffe einer Hausmfillver- brennungsanlage wurden w)r kurzem ver6ffentlicht [5]. Als zusammenfassendes Ergebnis 1/il~t sich feststellen, daig bei Zugabe von fiblicherweise 1 0 - 3 0 % fiberwiegend kom- munalem Dickschlamm (35 % TS) zu Hausmfill, die Schwermetalle im Mischprodukt in der Regel verringert werden.

Unabh~ingig w m d e r geplanten Art der Kl/irschlammver- brennung, ob als Mono- oder gemeinsame Mfill-/K1/ir- schlamm- oder Kohle-/Kl~irschlammverbrennung, mut~ grunds/itzlich die bestm6gliche Konsistenz der zu behan- delnden Kl~irschl~imme bei gleichzeitig hoher Energiefrei- setzung angestrebt werden. Trotz diesbezfiglicher techni- scher Erkennmisse und Entwicklungen wird diese Grund- forderung bei der thermischen Umsetzung oft vernachl~is- sigt, wodurch gravierende technische und wirtschaftliche Probleme entstehen. Optimale Konsistenz bedeutet, dal~ der Aufschlutg der Feststoffe im Schlamm eine weitgehende Weiterverwendung bzw. -behandlung des K1/irschlammes erm6glicht. Die relevanten Verfahren setzen voraus: einfa- che Verfahrenstechnik, hohe Betriebssicherheit, geringen Platzbedarf und Personaleinsatz sowie niedrige Investi- tions- und Betriebskosten; auch mfissen sie sich ffir ver- schiedene Kl~irschlammarten gleich gut einsetzen lassen.

Maschinelle Einrichtungen dieser Art gibt es seit kurzem auf dem Markt (vgl. die neu entwickelte Centripress).

Andere Verfahren

Andere Verfahren wie die Zugabe von Kl~irschlamm zu heiz- wertreichen Brennstoffen (z.B. Kohle) oder zu Reststoffen wie Rinde/S~igesp~ine etc. zur Verbesserung der Verbren- nungsqualit~it haben sich u.a., wegen Begrenzung der I,a- germ6glichkeit dieser Mischprodukte und wegen fehlender kontinuierlich arbeitender Entw/isserungssysteme for den Grogeinsatz noch nicht durchgesetzt. Die Verwendung wm Kl/irschlamm als Zusatzstoff bei der Asphaltherstellung ist wegen der sehr aufwendigen Behandlungsschritte (Trock- nung, Mahlung, Verbrennung, Rauchgasreinigung) als nicht unproblematisch anzusehen. Vorteilhaft wirken sich die eventuell m6gliche teilweise Prim~irenergie-Einsparung und die Reststoffverwertung als Ffiller bei der Asphalther- stellung aus. Auch die pyrolytische Umwandlung wm Kl~ir- schl/immen zu K1/irschlamm61 und Pyrolysekoks bei den Temperaturniveaus von 300 ~ bzw. 600 - 700 ~ bedarf wegen der dabei entstehcnden organischen und anorgani- schen Schadstoffe noch sehr umfangrcicher Untersuchun- gen, wobei zudem der niedrige Heizwert des Kl/irschlam- mes kaum eine positive Energiebilanz erwarten l/if~t. Die in dieser Richtung laufenden Forschungsprojekte erm6glichen wegen zahlreicher oftener Fragen noch keine kurzfristige Realisierung in technischem Magstab.

Die augenblickliche und zukiinftige Kl~irschlaramsituation kann nut dutch Verwendung hochentwickclter, wenn m6g- lich kontinuierlich arbeitender Kl~irschlamm-Entw~isserungs- einrichtungen, kombiniert mit anschliegender thermischer Umsetzung, gel6st werden. Bis zur Entwicklung und Ein- satzreife neuer Verfahrenstechniken scheint sich als einzig gangbarer Weg nur die Mono-Kl~irschlammverbrennung oder die Direktverbrennung yon Kl~irschlamm mit Haus- m/.ill anzubieten. In Regionen mit geringcr Zahl Verbren- nungsanlagen muf~ mit einem erheblichen zus~itzlichen Bedarf an Neuanlagen gerechnet werden.

Literatur

[1] AbfKlfirV (April 1983), Kl~irschlammverordmmg vom 1.4. 1983/ 27. 8. 1986

[2] I,. BARNISKI-:: Stand der thermischen Abfallbehandlung in der Bun- desrepublik Deutschland (1987). Tagungsbuch der VDI-GET- Tagung ,Thermische Abfallbehandlung in Entsorgungskonzepten" vom 7 . /8 .4 . 1987 in Essen

[3] P. T. BLI('KWt I)EL; W. S('IIENKEL, : Kl~irschlamm-Menge und An- fall in der Bundesrepublik Deutschland. Miill und Abfall, 8, 680-685 (1986)

14] D. O. RHMANN: Optimizing (;rate Firing for Refuse Incineration. Phoenix International 2/1988

[5] D. O. REIMANN: Direktverbrennung von entw~issertem Kl~ir- schlamm gemeinsam mit Miill. Vortrag bei der VGB-Konferenz am 28. /29. September 1988

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