Katholische Monatsschrift · 2017. 7. 29. · carentiam gratiae, neque est ibi poena sensibilis; et...

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– 257 – – 258 – Adressänderungen, Neu- und Abbestellungen bitte an: verlag nova & vetera e.K., Bataverweg 21, 53117 Bonn (i.A. des Hrsg.) Manfred Hauke Abschied vom Limbus? – Zur neueren Diskussion ................... Christoph Casetti: Liturgische Versöhnung – Ein Kommentar zum Motu proprio „Summorum Pontificum“ .............................. David Berger Ökumene auf der Basis der Identität katholischen Glaubens ...... Hubert Gindert Rückblick auf sechs Jahre „Forum Deutscher Katholiken“ ............. Stephan Georg Schmidt Evolution und Genesis ............................................................... Walter Hoeres Moralismus ................................................................................ Zeuge für den Katholikenfreund ............................................... Georg-Alois Oblinger Streifzug durch den katholischen Blätterwald ........................... Franz Prosinger Einige Überlegungen zu dem Buch „Gestorben für wen? Zur Diskussion um das ‘pro multis’ ................................................. Uwe Lay OSB Eine moraltheologische Erwägung über die Erlaubtheit einer sog. Patientenverfügung ............................................................ BUCHBESPRECHUNGEN Joseph Overath Walter Brandmüller: Licht und Schatten ................................... Walter Hoeres Heinz-Lothar Barth: Ist die traditionelle lateinische Messe anti- semitisch? ................................................................................... Neue Bücher – kurz vorgestellt ................................................ Impressum ................................................................................ T HEOLOGISCHES Katholische Monatsschrift Begründet von Wilhelm Schamoni Jahrgang 37, Nr. 7/8 Juli/August 2007 G 6892 PVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G6892 INHALT 258 267 269 275 277 277 281 283 287 295 245 314 316 318 1. Mediale Tatarenmeldungen Im April wurde ein Dokument der Internationalen Theolo- genkommission veröffentlicht, das sich mit dem Heil der unge- tauft sterbenden Kinder befasst 1 . Zur Kenntnis genommen wur- den von den Massenmedien hierzulande bislang nur Pressever- lautbarungen, die eine globale Zusammenfassung bieten, nicht aber der vollständige Inhalt des Textes selbst. Die Stellungnah- me der Kommission ist gegenwärtig (Mai 2007) nur in engli- scher Sprache vorhanden und zugänglich gegen Bezahlung beim amerikanischen „Catholic News Service“. Diese unglück- liche Art der Veröffentlichung spiegelt sich in voreiligen Kom- mentaren, wie etwa in der „Neuen Bildpost“: diese katholische Wochenzeitung brachte die Schlagzeile „Vorhölle für Babys existiert nicht“ und betonte am Ende der Nachricht: „Auch tot geborene Kinder kommen in den Himmel“. Im Artikel selbst wurde ein amerikanischer Theologe zitiert, Richard McBrien, der meinte: „Wenn es keinen Limbus gibt und wir nicht zu der Lehre des heiligen Augustinus zurückgehen, dass ungetaufte Säuglinge in die Hölle kommen, bleibt nur eine Option: näm- lich, dass jeder im Zustand der Gnade geboren wird. Die Taufe gibt es nicht, um den ‚Fleck’ der Erbsünde abzuwaschen, sie leitet vielmehr die Aufnahme in die Kirche ein“ 2 . Ist demnach die Heilsnotwendigkeit der Taufe abgeschafft? Hat die Internationale Theologenkommission oder der Heilige Vater, der das Dokument approbierte, gar die Wirklichkeit der Erbsünde in Frage gestellt? Angesichts der medialen Tatarenmeldungen sah sich Sr. Sara Butler, ein Mitglied der Internationalen Theologenkommission, zu einigen Dementis veranlasst: das Dokument leugne keines- MANFRED HAUKE Abschied vom Limbus? Zur neueren Diskussion um das Heil der ungetauft verstorbenen Kinder 1 International Theological Commission, „The Hope of Salvation or Infants Who Die Without Baptism“: Origins. Catholic News Service Documentary Service 36 (2007) 725-746. 2 Neue Bildpost, 26.04.2007. Das Zitat von McBrien erschien zunächst bei Winfield, Nicole, „Pope Revises Limbo for Babies, says there is hope for ba- bies who are not baptized“: Associated Press, 20.04.2007 (www.ap.org, gra- tis in verschiedenen anderen Quellen).

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Adressänderungen, Neu- und Abbestellungen bitte an:verlag nova & vetera e.K., Bataverweg 21, 53117 Bonn (i.A. des Hrsg.)

Manfred HaukeAbschied vom Limbus? – Zur neueren Diskussion ...................Christoph Casetti: Liturgische Versöhnung – Ein Kommentarzum Motu proprio „Summorum Pontificum“ ..............................David BergerÖkumene auf der Basis der Identität katholischen Glaubens ......Hubert GindertRückblick auf sechs Jahre „Forum Deutscher Katholiken“ .............Stephan Georg SchmidtEvolution und Genesis ...............................................................Walter Hoeres Moralismus ................................................................................Zeuge für den Katholikenfreund ...............................................Georg-Alois OblingerStreifzug durch den katholischen Blätterwald ...........................Franz ProsingerEinige Überlegungen zu dem Buch „Gestorben für wen? ZurDiskussion um das ‘pro multis’ .................................................Uwe Lay OSBEine moraltheologische Erwägung über die Erlaubtheit einersog. Patientenverfügung ............................................................

BUCHBESPRECHUNGEN

Joseph OverathWalter Brandmüller: Licht und Schatten ...................................Walter Hoeres Heinz-Lothar Barth: Ist die traditionelle lateinische Messe anti-semitisch? ...................................................................................Neue Bücher – kurz vorgestellt ................................................Impressum ................................................................................

THEOLOGISCHESKatholische Monatsschrift

Begründet von Wilhelm Schamoni

Jahrgang 37, Nr. 7/8 Juli/August 2007

G 6892

PVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G6892

INHALT

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283

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295

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314316318

1. Mediale TatarenmeldungenIm April wurde ein Dokument der Internationalen Theolo-

genkommission veröffentlicht, das sich mit dem Heil der unge-tauft sterbenden Kinder befasst1. Zur Kenntnis genommen wur-den von den Massenmedien hierzulande bislang nur Pressever-lautbarungen, die eine globale Zusammenfassung bieten, nichtaber der vollständige Inhalt des Textes selbst. Die Stellungnah-me der Kommission ist gegenwärtig (Mai 2007) nur in engli-scher Sprache vorhanden und zugänglich gegen Bezahlungbeim amerikanischen „Catholic News Service“. Diese unglück-liche Art der Veröffentlichung spiegelt sich in voreiligen Kom-mentaren, wie etwa in der „Neuen Bildpost“: diese katholischeWochenzeitung brachte die Schlagzeile „Vorhölle für Babysexistiert nicht“ und betonte am Ende der Nachricht: „Auch totgeborene Kinder kommen in den Himmel“. Im Artikel selbstwurde ein amerikanischer Theologe zitiert, Richard McBrien,der meinte: „Wenn es keinen Limbus gibt und wir nicht zu derLehre des heiligen Augustinus zurückgehen, dass ungetaufteSäuglinge in die Hölle kommen, bleibt nur eine Option: näm-lich, dass jeder im Zustand der Gnade geboren wird. Die Taufegibt es nicht, um den ‚Fleck’ der Erbsünde abzuwaschen, sieleitet vielmehr die Aufnahme in die Kirche ein“2.

Ist demnach die Heilsnotwendigkeit der Taufe abgeschafft?Hat die Internationale Theologenkommission oder der HeiligeVater, der das Dokument approbierte, gar die Wirklichkeit derErbsünde in Frage gestellt?

Angesichts der medialen Tatarenmeldungen sah sich Sr. SaraButler, ein Mitglied der Internationalen Theologenkommission,zu einigen Dementis veranlasst: das Dokument leugne keines-

MANFRED HAUKE

Abschied vom Limbus? Zur neueren Diskussion um das Heil

der ungetauft verstorbenen Kinder

1 International Theological Commission, „The Hope of Salvation or InfantsWho Die Without Baptism“: Origins. Catholic News Service DocumentaryService 36 (2007) 725-746.

2 Neue Bildpost, 26.04.2007. Das Zitat von McBrien erschien zunächst beiWinfield, Nicole, „Pope Revises Limbo for Babies, says there is hope for ba-bies who are not baptized“: Associated Press, 20.04.2007 (www.ap.org, gra-tis in verschiedenen anderen Quellen).

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wegs die Wirklichkeit der Erbsünde und die Heilsnotwendig-keit der Taufe. Auch die Möglichkeit des Limbus sei theolo-gisch nach wie vor offen. Der Text betone im Grunde nur, wasbereits der Katechismus der Katholischen Kirche verlautbare3,nämlich dass es Hoffnung gibt auf einen Heilsweg auch für un-getauft verstorbene Kinder4.

Was hat das Dokument nun also wirklich gesagt? Ist die dortvorgeschlagene Lösung theologisch solide begründet?

2. Eine Unterbelichtung der ErbsündenlehreDie Stellungnahme der Internationalen Theologenkommis-

sion ist vom Heiligen Vater approbiert worden als Hilfe für dasgläubige Nachdenken, bildet aber selbst keineswegs ein Doku-ment des Lehramtes5. Der Originaltext ist auf Englisch abge-fasst, und die verwandte Literatur, die in den Fußnoten doku-mentiert wird, konzentriert sich auf den englischen sowie fran-zösischen Sprachraum. Neuere wissenschaftliche Arbeiten zuden angesprochenen Themen aus dem deutschen Sprachraumfinden sich dabei leider nicht. Unter anderem fehlt eine um-fangreiche Doktorarbeit, deren aufmerksame Kenntnisnahmefür die Stellungnahme hilfreich gewesen wäre6.

Das Dokument umfasst nicht 41 Seiten, wie die ersten Pres-semeldungen ankündigten, sondern 21. Dieser Umfang ist an-gesichts der komplexen Fragestellung nicht gerade übermäßig7.Der Gedankengang umfasst die Einleitung (Nr. 1-7), eine ge-schichtliche Bestandsaufnahme (Nr. 8-41), eine Darlegung derfür die Diskussion bedeutsamen theologischen Prinzipien (Nr.42-69) sowie eine Begründung der Hoffnung auf einen Heils-weg für die ungetauft sterbenden Kinder (Nr. 70-103).

Schon vor der Einleitung (Introduction) findet sich eine Zu-sammenfassung der Ergebnisse. „Das Ergebnis dieser Studieist, dass es theologische und liturgische Gründe gibt, zu hoffen,dass Kinder, die ohne Taufe sterben, gerettet werden könnenund die ewige Seligkeit erreichen, auch wenn zu dieser Fragekeine ausdrückliche Lehre in der Offenbarung gefunden wer-den kann. Keine der in diesem Text vorgeschlagenen Erwägun-gen, um einen neuen Zugang zu erreichen, kann jedoch ver-wandt werden, um die Notwendigkeit der Taufe zu leugnenoder die Spendung des Sakramentes zu verschieben“ (S. 726).

Die „traditionelle Theorie des Limbus“ wird gekennzeichnetals Zustand „der Seelen von Kindern, die in der Erbsünde sowieohne Taufe sterben und die deshalb weder die selige Gottes-

schau verdienen noch irgendeiner Bestrafung unterworfen sind,weil sie keiner persönlichen Sünde schuldig sind“ (S. 726).Diese Beschreibung ist nicht ganz richtig. Der Limbus wurdestets als „Strafe“ gesehen für die Erbsünde. Dies wird auch inmehreren lehramtlichen Dokumenten deutlich, denen es um dieFrage der ungetauft gestorbenen Kinder geht. Dazu gehört dasauf dem Zweiten Konzil von Lyon (1274) verlangte Glaubens-bekenntnis (!) des byzantinischen Kaisers Michael Palaiologos.Schon 1267 hatte der Papst es dem Kaiser zur Unterzeichnungvorgelegt. „Diese Formel wurde den zur katholischen Kircheübertretenden Griechen von Urban VI. am 1. Aug. 1385 vorge-schrieben“8. Zum Los der Verstorbenen heißt es darin:

„Die Seelen derer …, die in einer Todsünde oder allein mitder Ursünde verscheiden (in mortali peccato vel cum solo ori-ginali), steigen alsbald in die Hölle (infernum) hinab, werdenjedoch mit ungleichen Strafen bestraft (poenis tamen dispari-bus puniendas)“ (DH 858)9.

Das Wort peccatum originale, das die zitierte Übersetzungmit „Ursünde“ wiedergibt, wäre im Deutschen hier besser als„Erbsünde“ zu übersetzen. Der Begriff infernus hingegen wärezutreffender, um Missverständnisse zu vermeiden, mit „Unter-welt“ wiederzugeben, denn das deutsche Wort „Hölle“ meintheute in aller Regel den Ort der Verdammten. Thomas vonAquin, den der Papst zum Zweiten Konzil von Lyon eingeladenhatte (und der auf dem Weg dorthin starb), erklärt, es gebe ei-nen vierfachen infernus: die Unterwelt der Verdammten (infer-nus damnatorum), welche für die persönliche schwere Sündeauf schmerzhafte Weise bestraft werden; der Limbus der Kin-der (limbus puerorum), die keine schmerzhafte Strafe erleiden,aber aufgrund der Erbsünde ebenfalls nicht die selige Gottes-schau genießen; der Reinigungsort (purgatorium); die „Unter-welt der heiligen Väter“ vor dem Abstieg Jesu, der sie erlösteund zur Gottesschau führte10.

Das Wort „Limbus“, das im Glaubensbekenntnis nicht vor-kommt, meint ungefähr seit dem Jahr 1200 wörtlich den„Saum“, den „Rand“ der Unterwelt; darum auch die deutscheWiedergabe mit „Vorhölle“11. Von der Sache her geht es, beimzitierten Glaubensbekenntnis, um den Mangel der seligen Got-tesschau als Folge der Erbsünde. Von „Strafen“ für die Erbsün-de wird noch in anderen Texten des Lehramtes gesprochen, die

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3 KKK 1261.4 Vgl. Rabel, Andrew, „Limbo: In or Out?“ Inside the Vatican, 27.04.2007, 7

S. (im Ausdruck der Internetausgabe, die in der Folge zitiert wird: www.insi-dethevatican.com) (Interview mit Sara Butler).

5 Vgl. Rabel 2.6 Schwarz, Johannes Maria, Zwischen Limbus und Gottesschau. Das Schick-

sal ungetauft verstorbener Kinder in der theologischen Diskussion des zwan-zigsten Jahrhunderts. Ein theologiegeschichtliches Panorama, Fe-Medien-verlag: Kisslegg 2006. Demnächst erscheint ein Aufsatz von Schwarz, derauch zum Dokument der Theologenkommission Stellung nehmen wird: „Diebleibende Frage nach dem Heil ungetauft sterbender Kinder“: Forum Katho-lische Theologie 23 (2007).

7 Man vergleiche den Umfang mit dem neueren Dokument über den Diakonat,das in der jüngst erschienenen Ausgabe 116 Seiten umfasst: CommissioneTeologica Internazionale, Documenti 1969-2004, Bologna 2006, 651-766.Dass das Thema des Diakonates theologisch komplexer oder für die gläubi-ge Existenz bedeutsamer sei als die nach dem Heil der ungetauft sterbendenKinder, wird man mit guten Gründen verneinen können. Offizielle Doku-mente haben freilich eher eine Chance, gelesen zu werden, wenn sie nicht zulang sind.

8 Denzinger-Hünermann, Enchiridion symbolorum …, Freiburg i. Br. 371991,S. 378 (= DH).

9 Die Aussagen kehren in späteren Lehrdokumenten wieder: ein Brief von Jo-hannes XXII. an die Armenier (1321), wobei der Papst die Unterschiedlich-keit des Strafortes hervorhebt (DH 926), sowie das Dekret für die Griechenauf dem Konzil von Florenz (1439) (DH 1306).

10 Vgl. Thomas von Aquin, III Sent. d. 22 q. 2 a. 1 qc. 2 co.: „Ad secundamquaestionem dicendum, quod quadruplex est Infernus. Unus est Infernus dam-natorum, in quo sunt tenebrae et quantum ad carentiam divinae visionis, etquantum ad carentiam gratiae, et est ibi poena sensibilis; et hic Infernus est lo-cus damnatorum. Alius est Infernus supra istum, in quo sunt tenebrae et prop-ter carentiam divinae visionis, et propter carentiam gratiae, sed non est ibi poe-na sensibilis; et dicitur Limbus puerorum. Alius supra hunc est, in quo sunt te-nebrae quantum ad carentiam divinae visionis, sed non quantum ad carentiamgratiae, sed est ibi poena sensus; et dicitur Purgatorium. Alius magis supra est,in quo est tenebra quantum ad carentiam divinae visionis, sed non quantum adcarentiam gratiae, neque est ibi poena sensibilis; et hic est Infernus sanctorumpatrum; et in hunc tantum Christus descendit quantum ad locum, sed non quan-tum ad tenebrarum experientiam”.

11 Vgl. Laarmann, M., „Limbus patrum/L. puerorum“: Lexikon des Mittelalters5 (1999) 1990f.

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12 Vgl. DH 780 (Papst Innozenz III., 1201, Brief an Erzbischof Ymbertus vonArles); 926 (Papst Johannes XXII., 1321, Brief an die Armenier); 1306 (Konzilvon Florenz, 1439, Dekret für die Griechen). Eine Analyse der mittelalterlichenDokumente bietet Schwarz, Limbus 246-261.

13 Vgl. dazu ausführlich Hauke, Manfred, Heilsverlust in Adam. Stationen grie-chischer Erbsündenlehre: Irenäus – Origenes – Kappadozier, Paderborn 1993;Ders., Urstand, Fall und Erbsünde. In der nachaugustinischen Ära bis zum Be-ginn der Scholastik: Die griechische Theologie (Handbuch der Dogmenge-schichte II/3a, 2. Teil), Freiburg i. Br. 2007 (in Vorbereitung).

14 Vgl. etwa, für Gregor von Nazianz: Hauke, Heilsverlust 550-553. Das Zeug-nis des Gregor von Nyssa, das die Theologenkommission besonders breitausführt (Nr. 12), wird in seiner Problematik nicht recht wahrgenommen: da-zu Hauke, Heilsverlust 654-659. S.a. Schwarz, Limbus 24-29.

15 Trapè, Agostino, „Introduzione generale“: Sant’Agostino, Grazia e libertà (Nuo-va Biblioteca Agostiniana 20), Roma 1987, IX-CCIII (CLII-CLXI.CLXVI-CLXXIII).

16 De spiritu et littera 34,60.17 De spiritu et littera 33,58. Sie findet sich auch in der Spätschrift De correp-

tione et gratia 16,49.18 Vgl. Thomas von Aquin, STh I q. 16 a. 6 ad 1.

später auch im Dokument der Theologenkommission Erwäh-nung finden (Nr. 22.37)12. Es wird sogar festgestellt, dass dieAussage (Papst Innozenz’ III.), wonach „die Strafe für die Erb-sünde der Verlust der seligen Gottesschau ist“, zum Glaubender Kirche gehört bzw. mit ihm sachlich verbunden ist (Nr. 36,pertains to the faith). Dass dieser Sachverhalt schon am Beginnnicht wahrgenommen wird, ist symptomatisch für eine syste-matische Unterbelichtung des Themas der Erbsünde, wie auchim folgenden deutlich wird.

3. Die Behandlung des geschichtlichen BefundesDie Einleitung betont, es gelte zwei Reihen biblischer Aus-

sagen miteinander zu vereinbaren, nämlich den allgemeinenHeilswillen Gottes und die Notwendigkeit der Taufe (Nr. 4).Die Lehre vom Limbus, wonach ungetauft sterbende Kindernicht die selige Gottesschau erlangen, sei lange Zeit als „allge-meine Lehre der Kirche“ betrachtet worden, erwecke heuteaber „zahlreiche pastorale Probleme“. Dabei dürfe man freilichnicht „die tragischen Folgen der Erbsünde“ vergessen. „DieErbsünde beinhaltet den Zustand der Trennung von Christus,und das schließt für diejenigen, welche in diesem Zustand ster-ben, die Möglichkeit der Gottesschau aus“ (Nr. 3).

Der geschichtliche Teil (Historia quaestionis, Nr. 8-41) be-ginnt mit einem Blick auf den biblischen Befund (Nr. 8-10). Er-wähnt wird auch hier die „Spannung“ (tension) zwischen demallgemeinen Heilswillen Gottes und der Notwendigkeit der sa-kramentalen Taufe (Nr. 10). Zwischen den Zeilen taucht einweiteres systematisches Problem auf, wenn ohne weitere Diffe-renzierung von der „Hoffnung“ auf das Heil aller Menschen dieRede ist (Nr. 10). Darauf ist noch zurückzukommen.

Bei der Behandlung der griechischen Väter (Nr. 11-14) wirdbehauptet, unter Berufung auf einen höchst fragwürdigen Auf-satz eines amerikanischen orthodoxen Theologen aus dem Jah-re 1985: „Der Gedanke eines Erbes von Sünde oder Schuld –allgemein in der westlichen Überlieferung – war dieser Pers-pektive fremd, da in deren Sicht [nämlich der griechischen Vä-ter] Sünde nur ein freier personaler Akt sein konnte“ (Nr. 11).Diese Behauptung ist so nicht richtig. Es gibt auch in der östli-chen Tradition analoge Ausdrucksweisen zu dem, was seit Au-gustinus im Westen mit aller Klarheit als Erbsünde gekenn-zeichnet wird: die Sünde Adams verursacht für dessen Nach-kommen etwa den geistlichen Tod und die Entfremdung vonGott. Auf dem Zweiten Trullanum (691/692) nimmt die byzan-tinische Kirche auch die Lehre der nordafrikanischen Synodevon Karthago (418) auf, wonach die Taufe für die Kinder dieErbsünde tilgt. Vergleichbare Aussagen finden sich auch schonvorher in der griechischen Überlieferung13. Selbst wenn diegriechische Kirche nicht die Klarheit des Westens erreicht, sowird doch auch hier betont, dass Adam allen seinen Nachkom-men den Zugang zur himmlischen Herrlichkeit verschlossen

hat und dass darum die Kinder in Lebensgefahr zu taufensind14.

Im Vergleich zu den in der Erbsündenfrage noch unreifen er-sten Zeugnissen der griechischen Kirche, die von der Kommis-sion als „tiefgründig“ (Nr. 13) und „apophatisch“ gelobt wer-den (Nr. 14.41), wird der lateinische Westen mit Augustinusvergleichsweise knapp und kühl abgehandelt (Nr. 15-20). UnterBerufung auf ein veraltetes lexikalisches Werk spanischer Her-kunft aus dem Jahre 1961 wird Augustinus eine restriktive Deu-tung des allgemeinen Heilswillens Gottes zugeschrieben (Nr.18 & Fußnote 38; Nr. 33.91). Diese Interpretation wird ener-gisch zurückgewiesen von einem der besten zeitgenössischenAugustinuskenner, Agostino Trapè OSA: Augustinus bestreitetzwar in seinen späteren Schriften, im Unterschied zu einer frü-heren Deutung, dass in 1 Tim 2,4 vom allgemeinen HeilswillenGottes die Rede ist (dass Gott das Heil aller Menschen will,wird auf alle Kategorien von Menschen beschränkt); der be-rühmteste lateinische Kirchenvater leugnet aber keineswegsden allgemeinen Heilswillen Gottes, der auch in seinen spätenSchriften eindeutig bejaht wird; geändert hat sich nur (wegender Polemik gegen den Pelagianer Julian) die Auslegung von 1Tim 2,4, nicht aber der theologische Grundgedanke15. In seinerSchrift De spiritu et littera deutet Augustinus eine Unterschei-dung an zwischen dem göttlichen Wirken, das an die Freiheitdes Menschen appelliert (als suasio, „Empfehlung“), und dem-jenigen Gnadenwirken, das die menschliche Freiheit überzeugt(persuasio, „Überzeugung“)16. Die Aussage in der gleichen Schriftüber den allgemeinen Heilswillen Gottes, die nie zurückgenom-men wurde17, lässt sich von daher auf das „empfehlende“ Wir-ken Gottes beziehen, während in der späteren Exegese des Kir-chenvaters die Einschränkung im allgemeinen Heilswillen das„überzeugende“ Wirken meint, das tatsächlich zum Erfolg führt.Eine ähnliche Unterscheidung findet sich später bei Johannesvon Damaskus und Thomas von Aquin: beim Heilswillen Got-tes ist zu unterscheiden der „vorhergehende Wille“ (voluntasantecedens), der sich als Angebot an alle Menschen richtet, undder „nachfolgende Wille“ (voluntas consequens), der die Ant-wort des Menschen berücksichtigt: nach dem „vorausgehendenWillen“ sind alle Menschen zu retten, nach dem (der mensch-lichen Antwort) „nachfolgenden Willen“ aber nicht18.

Während Augustinus die ungetauft sterbenden Kinder in dieHölle verweist, wenngleich mit der mildesten Strafe, die denk-bar ist, gelingt es der mittelalterlichen Theologie, zwischen derFolgen der persönlichen schweren Sünde und der Erbsünde zuunterscheiden (Nr. 21-24). Die Folge der Todsünde besteht imEntzug der Gottesschau und in der Feuerstrafe, die Folge derErbsünde hingegen ist der Mangel der Gottesschau. Diese Un-terscheidung wird auch von lehramtlichen Texten übernom-

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men. Der allgemeine Heilswille Gottes wird dabei mit der Be-deutung der konkreten Heilsmittel zusammengebracht: „Gott,der will, dass alle gerettet werden, will ebenfalls die Fügungenund Mittel, die er selbst für die Erlösung begründet hat und dieer uns durch die Offenbarung mitgeteilt hat“ (Nr. 24).

In aller Kürze wird sodann die nachtridentische Ära gekenn-zeichnet (Nr. 26) und die Zeit zwischen dem Ersten und demZweiten Vatikanischen Konzil (Nr. 27-31). Auf dem Ersten Va-tikanum, das vorzeitig abgebrochen wurde, war eine Lehraus-sage geplant, wonach der seligen Gottesschau für immer verlu-stig ist, wer allein mit der Erbsünde behaftet stirbt (Nr. 27).Eine ähnliche Aussage für das Zweite Vatikanum wurde vonder Vorbereitungskommission bereits im Vorfeld abgeblockt:das Thema sollte nicht diskutiert werden (Nr. 28). Erinnert wirdan eine Ansprache Papst Pius’ XII. an Hebammen, wonach derGnadenstand absolut notwendig ist für das Heil und darum dieneugeborenen Kinder zu taufen sind (Nr. 29), sowie an dasZweite Vatikanum, das den allgemeinen Heilswillen Gottes be-tont (Nr. 31).

In den hermeneutischen Reflexionen zum geschichtlichenTeil (Nr. 32-41) wird hervorgehoben, dass sich im Unterschiedzur einschränkenden Deutung Augustins erst im 19. Jh. die Vor-stellung durchgesetzt habe, wonach Gott wirklich das Heil allerMenschen wolle19. Diese Interpretation der Dogmengeschichteüberrascht: bereits Prosper von Aquitanien, mit seinem bekann-ten Werk über die Berufung der Völker, betont im 5. Jh. im An-schluss an Augustinus (!) den allgemeinen Heilswillen Gottes,während entgegenstehende Thesen (wonach Christus nur fürdie Prädestinierten gestorben sei) schon damals von der Kirchezurückgewiesen wurden20. Vergessen wird anscheinend auch,dass bei der Lehre von der Begierdetaufe der Wunsch nach derTaufe auch als votum implicitum verstanden werden kann, alsBereitschaft, in allem den Willen Gottes zu erfüllen; nach Tho-mas von Aquin erklärt sich auf diese Weise die Tilgung der Erb-sünde auch außerhalb des Christentums21. Diese wichtige Lehrewurde im 19. Jh. von Pius IX. gebührend hervorgehoben, abernicht als etwas Neues gelehrt. Vielleicht erklärt sich aus der ge-schichtlichen Fehldeutung von Seiten der Kommission der Vor-schlag, wonach man (heute) dem allgemeinen Heilswillen Got-tes ein größeres Gewicht geben müsse als der Notwendigkeitder Taufe (Nr. 41).

4. Theologische Prinzipien zur Lösung der FrageDer zweite Teil der Studie behandelt systematisch die zu be-

achtenden theologischen Prinzipien (Nr. 42-69), wobei die„Hierarchie der Wahrheiten“ zu beachten sei (Nr. 42). Zuerstwird der allgemeine Heilswille Gottes behandelt (Nr. 43-52),wobei freilich der grundlegende Unterschied zwischen voluntasantecedens und voluntas consequens keine Erwähnung findet.Als zweiter Punkt wird die Allgemeinheit der Sünde und dieuniversale Erlösungsbedürftigkeit unterstrichen (Nr. 53-56). Drit-

tens erscheint die Glaubensüberzeugung von der Heilsnotwen-digkeit der Kirche, unter positiver Würdigung der Lehre Cy-prians (Salus extra ecclesiam non est; Nr. 57-59). Der viertePunkt ist die Notwendigkeit der sakramentalen Taufe (Nr. 61-67), die gegebenenfalls durch die Begierdetaufe ersetzt werdenkann (hier vermisst man die Lehre vom votum implicitum).

Das fünfte Prinzip ist die „Hoffnung auf das universale Heil“(Nr. 68-69; vgl. Nr. 102), die freilich nur sehr allgemein um-schrieben wird. Hierbei wäre zu beachten, was die Internatio-nale Theologenkommission (in anderer personeller Zusammen-setzung) vor 15 Jahren zum Thema der Eschatologie herausge-hoben hat: „Wenn die Kirche für das Heil aller betet, dann bit-tet sie in Wirklichkeit um die Bekehrung aller Menschen, dieleben“22. Unbedingt zu betonen wäre hierbei, dass der Tod dasEnde des Pilgerstandes bedeutet: die Situation des Menschennach dem Tode (und in der neuen Welt) hängt ab von der Todes-stunde23. Das Heil der ungetauft sterbenden Kinder entscheidetsich darum nicht nach dem Tod, sondern bereits vorher. Dieswird von der Kommission zwar nicht geleugnet, hätte aber ei-gens betont werden können, gerade angesichts der im folgen-den Abschnitt vorgeschlagenen Heilswege.

5. Die Gründe der HoffnungIm dritten Teil des Dokuments werden die „Gründe der

Hoffnung“ näher ausgebreitet (Nr. 70-103). Als „neuer Kon-text“ für die Lösung der Frage (Nr. 70-79) wird die „Commu-nio-Ekklesiologie“ genannt, die „Theologie der Hoffnung“, die„Wertschätzung der göttlichen Barmherzigkeit, verbunden miteiner erneuerten Sorge für das Wohlergehen der Kinder und einwachsendes Bewusstsein, dass der Heilige Geist im Leben allerMenschen wirkt“ (Nr. 77). Unter dem Stichwort „Gottes barm-herzige Menschenliebe“ (Nr. 80-87) wird unter anderem gesagt,die Gnade wirke in den Herzen aller Menschen guten Willens.„Diese Worte [Gaudium et spes 22] beziehen sich unmittelbarauf diejenigen, die das Alter der Vernunft erreicht haben, dieverantwortliche Entscheidungen treffen, aber es ist schwer,deren Anwendbarkeit auf diejenigen zu leugnen, die sich unter-halb des Vernunftalters befinden“ (Nr. 81). In dieser Formulie-rung befindet sich in der Tat ein Ansatzpunkt für die bereitsreferierte Fehldeutung McBriens, wonach das Dokument dieErbsünde durch eine allgemeine Gegenwart der Gnade ersetzt.Ebenso fragwürdig ist der vorsichtige Vergleich der ungetauf-ten Kinder mit der erbsündenfreien Empfängnis Mariens (Nr.87): das Privileg der Gottesmutter kann nicht universalisiertwerden24. Wenig fundiert scheint auch der Vergleich der abgetrie-benen Kinder mit den Unschuldigen Kindern, die für Christus ihrLeben gelassen haben (Nr. 86): dieser unmittelbare Bezug zuChristus ist bei den Opfern der Abtreibung nicht gegeben.

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19 Nr. 33: „In theological research, the perception of the divine will as ‚quanti-tatively’ universal is relatively recent“.

20 Vgl. Hauke, Manfred, „’Für viele vergossen’ – Studie zur sinngetreuen Wie-dergabe des pro multis in den Wandlungsworten“: Forum Katholische Theo-logie 23 (2007) 1-47 (18f).

21 Vgl. Thomas von Aquin, STh I-II q. 89 a. 6. Dazu kurz Seckler, Max,„Glaube IV. Systematisch-theologisch und theologiegeschichtlich“: LThK 4(1995) 672-687 (673).

22 Commissione Teologica Internazionale, „Alcune questioni riguardanti l’e-scatologia“ (1992): op. cit. (Anm. …) 469. Zum Thema der Hoffnung auf dasHeil aller vgl. Hauke, Manfred, „Die ekklesiale Dimension in der Tugend derHoffnung“: Breuer, Clemens (Hrsg.), Ethik der Tugenden. FS JoachimPiegsa, St. Ottilien 2000, 51-64 (60-62).

23 Vgl. dazu die Düren, Peter, Der Tod als Ende des irdischen Pilgerstandes,Buttenwiesen 32001.

24 Zu entsprechenden Fehldeutungen in neuerer Zeit vgl. kritisch Hauke,Manfred, „Die Unbefleckte Empfängnis Mariens und die Neuformu-lierungen der Erbsündenlehre. Ein Beispiel für die kritische Funktion derMariologie“: Sedes Sapientiae. Mariologisches Jahrbuch 9 (2005) 5-37.

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25 Bonaventura, In Sent. IV d. 4 p. 2 a. 1 q. 1: Heinrich, J.B. – Gutberlet,Konstantin, Dogmatische Theologie X, Münster 1904, 443. Zu Bonaventuravgl. auch Schwarz, Limbus 65-68.

Die „Solidarität mit Christus“ (Nr. 88-95), so wird dann be-hauptet, müsse Vorrang haben vor der Solidarität mit Adam (Nr.91). Diese Gegenüberstellung löst nicht das zuvor genannteProblem, wonach die objektive Erlösung subjektiv angeeignetwerden muss (Nr. 88). Hier könnte der Hinweis auf das stellver-tretende Gebet der Eltern und der Kirche weiter führen (Nr. 94).Er wird zum Teil aufgegriffen in dem Absatz über „Die Kircheund die Gemeinschaft der Heiligen“ (Nr. 96-99), wonach dieHeiligkeit in der Kirche über die Grenzen der Glaubensgemein-schaft hinausreicht, was Paulus angesichts der nicht gläubigenFamilienglieder eines christlichen Ehegatten betont (1 Kor7,14) (Nr. 97). Das Pauluswort ist freilich nicht als Taufersatzzu lesen. Unter dem Titel „Lex Orandi, Lex Credendi“ wird un-ter anderem der spezielle Ritus für ungetauft verstorbene Kin-der im „Ordo Exequiarum“ erwähnt (Nr. 100). Es gebe alsoGrund für die Hoffnung auf das Heil ungetauft sterbender Kin-der, auch wenn diese Hoffnung keine Sicherheit biete und kei-nesfalls die Notwendigkeit der Taufe leugnen wolle (Nr. 102-103).

6. Kritische WürdigungIn dem Hinweis auf einen möglichen Heilsweg für ungetauft

sterbende Kinder wird man dem Dokument der Theologenkom-mission recht geben können, das sich hiermit auf den Weltka-techismus beruft. Die konkrete Möglichkeit wäre aber zu präzi-sieren, wobei auch theologische Irrwege zurückgewiesen wer-den müssten. Meines Erachtens wäre der fruchtbarste Weg, derschon von den Theologen früherer Jahrhunderte erwogen wur-de, der Hinweis auf die Mitwirkung der gläubigen Eltern bzw.der Kirche. So wies man auf die Beschneidung der jüdischenKinder als Werkzeug der Gnade, auch wenn der Ritus nicht sa-kramental wirkte, sondern als Gott dargebrachtes Bittgebet. Anähnliche Möglichkeiten dachte die mittelalterliche Theologiebezüglich der Kinder heidnischer Eltern, deren Gebet Gott er-hörte (unter dem Stichwort des sacramentum naturae). Die Mit-wirkung der gläubigen Eltern ist durch das Gebet der Kirche zuergänzen. Schon ein Bonaventura wusste freilich, dass die Wir-kung eines solchen Gebetes in die Kategorie des Wunders ge-hört (wie die Heiligung Johannes des Täufers im Mutterleib)und nicht leichthin angenommen werden kann25. Diese Wirkungist ein spezielles Privileg und kann nicht als Automatismus auf-gefasst werden, wonach alle ungetauft sterbenden Kinder selbst-verständlich in den Himmel kommen. Sie gilt auch nicht ohneweiteres für die abgetriebenen Kinder: hier wird man von Sei-ten der Eltern, die ihrem eigenen Kind sogar das Recht auf dasleibliche Leben rauben, kein sacramentum naturae postulierenkönnen.

Der „Limbus“ (in einem weiteren Sinne als Nichtteilhabe ander seligen Gottesschau) ist darum nach wie vor eine plausibleTheorie für die Beschreibung des Geschickes der Kinder, dienicht vor ihrem Tode auf wunderbare Weise die heilig machen-de Gnade erlangen. Im Licht der oben genannten lehramtlichenÄußerungen wird man sogar sagen dürfen: die Nichtteilhabe ander seligen Gottesschau ist eine logische Folgerung aus derExistenz der Erbsünde; der „Limbus“ (im genannten Sinn) istdarum nicht nur „möglich“, wie die Kommission zugibt (S.

726; Nr. 41), sondern sogar (zumindest als Konsequenz derErbsünde) theologisch notwendig. Natürlich kann Gott bewir-ken, dass der Limbus leer bleibt; aber dies lässt sich nicht be-weisen.

Entscheidend ist hier auch nicht das Festhalten am Begriffdes „Limbus“ als „Vorhölle“. Angesichts der Erwartung derneuen Schöpfung nach der Auferstehung des Leibes am Endeder Zeiten ließe sich hier eher an einen „Vorhimmel“ denken,insofern die Teilhabe an einer Seligkeit, die nicht zur unmittel-baren Gottesschau vordringt, in der Gemeinschaft der Erlöstendenkbar ist. Eine solche „natürliche“ Seligkeit lässt sich nichtmit dem Hinweis als „fragwürdig“ (problematic) erklären, wo-nach die gegenwärtige Heilsordnung nur ein übernatürlichesZiel kennt (Nr. 95). Die übernatürliche Finalisierung bedeutetnicht, dass notwendigerweise alle Menschen das gnadenhafteZiel auch tatsächlich erreichen. Schon Thomas von Aquin, derdas übernatürliche Ziel deutlich herausstellt, betont angesichtsder ungetauft sterbenden Kinder die Aussicht einer „doppeltenSeligkeit“: auf der natürlichen Ebene die Seligkeit für die Kin-der, die mit der Erbsünde behaftet sterben; auf der übernatürli-chen Ebene die ewige Freude in der Gottesschau für die Men-schen, die im Stand der heilig machenden Gnade sterben26. DieUnterscheidung zwischen Natur und Gnade sollte nicht ver-wischt werden.

Nützt das Dokument der Theologenkommission dem Heilder Kinder, die in Gefahr sind, ohne die Taufe zu sterben? Viel-leicht dürfen wir die Frage nach dem Limbus mit den Warnta-feln auf schmalen Straßen im Hochgebirge vergleichen: Warn-tafeln werden überall aufgestellt, wo die Gefahr eines Abstur-zes besteht. Im Zweifelsfall sollte eher eine Tafel zuviel aufge-stellt werden. In der Seelsorge ist unbedingt zu betonen, dassder einzige sichere Heilsweg für die ungetauft sterbenden Kin-der die sakramentale Taufe ist. Die Instruktion der Glaubens-kongregation über die Kindertaufe, Pastoralis actio (1980), be-tont sehr zu recht: „Die Kirche hat … durch ihre Lehr- undHandlungsweise gezeigt, dass sie keinen anderen Weg außerder Taufe kennt, um den kleinen Kindern mit Gewissheit denZugang zur ewigen Seligkeit zu eröffnen“ (DH 4671). Für diegläubigen Eltern, die ohne eigene Schuld ein Kind etwa durcheine Fehlgeburt verloren haben, ist der Hinweis auf den Limbusein Trost: das Kind ist nicht den Qualen der Hölle ausgesetzt.Darüber hinaus ist auf die Möglichkeit zu verweisen, dass dasgläubige Gebet der Eltern und der gesamten Kirche das Kindauch zur seligen Gottesschau führen könnte. Dies als automati-sche Sicherheit darzustellen, wäre freilich ein Vergehen amewigen Heil der kleinen Kinder. Die Theologenkommission hateinen solchen Automatismus nicht hergestellt, aber leider gehtdas mediale Echo ganz in diese Richtung. Dagegen wird diekirchliche Rezeption stärker als das beschriebene Dokumentdas Gewicht der Erbsünde betonen müssen sowie die richtigeErklärung des allgemeinen Heilswillens Gottes, der sich dersakramentalen Heilsmittel bedient und der aktiven Mitwirkungdes Menschen in der Gemeinschaft der Kirche.

Prof. Dr. Manfred HaukeVia Roncaccio 76900 LuganoSchweiz

26 Vgl. Thomas von Aquin, STh I-II q. 62 a. 1 (duplex beatitudo); De malo q.5 a. 3; Schwarz, Limbus 55-61.

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Der Verfasser des folgenden Kommentars ist residierenderDomherr des Bistums Chur, bischöflicher Beauftragter für Eheund Familie sowie Pressesprecher des Bistums.Hingewiesen seian dieser Stell auf eine nach wie vor ungeheuer wertvolle Publi-kation aus seiner Feder: „Kleiner Familienkatechismus. Einfa-che Darstellung des katholischen Glaubens“ (Christiana-Verlag.– Ein herzlicher Dank geht an die katholische Internet-Nach-richtenagentur kath.net für die Erlaubnis zur erneuten Publika-tion des Textes (DB)

In diesen Tagen titelte der „Blick“: „Messe wieder auf Latein”und im Untertitel konnte man lesen: „Triumph für katholischeFundis: Morgen führt der Papst die alte lateinische Messe wiederein”. An dieser Nachricht ist fast alles falsch. Worum geht es inWirklichkeit? Papst Benedikt XVI. hat nun ein Schreiben veröf-fentlicht, das die Verwendung der liturgischen Form regelt, wiesie vor dem Konzil üblich war.

Die heilige Messe vor dem KonzilDie Älteren unter uns erinnern sich noch: Vor dem 2. Vatika-

nischen Konzil wurde die Liturgie in lateinischer Sprache gefei-ert. Der Priester und die Gläubigen beteten gemeinsam zum Altarhin. Die Ministranten gaben an Stelle des Volkes die lateinischenAntworten. Diese Form hatte den Nachteil, dass die unmittelba-re Teilnahme der Gläubigen etwas erschwert war. Sie hatte denVorteil, dass die Gläubigen überall auf der Welt sich in der katho-lischen Liturgie zu Hause fühlen konnten. Außerdem war dieseForm so etwas wie ein Gesamtkunstwerk; sie war in Jahrhunder-ten organisch gewachsen und war für viele auch mit ihren grego-rianischen Gesängen ein ausdrucksstarkes Glaubenszeugnis.

Die Absicht des Konzils und deren Umsetzung Das 2. Vatikanische Konzil hat weder das Latein noch die bis-

herige Zelebrationsrichtung abschaffen wollen. Die Bischöfewollten damals lediglich den Ritus vereinfachen. Den Volksspra-chen wollten sie mehr Raum geben, um die Teilnahme der Gläu-bigen zu erleichtern. Die Umsetzung dieser Absichten ging je-doch weiter: die lateinische Sprache ist bis auf wenige Ausnah-men fast ganz aus den Gottesdiensten verschwunden. Beinaheüberall wurden vor die alten Hochaltäre neue Altartische gestellt,damit die Priester mit Blick zum Volk hin zelebrieren können.

Die Fehler bei der Umsetzung Damals wurde offensichtlich zu wenig bedacht, dass diese

Änderungen in der Liturgie einen sehr sensiblen Bereich im Le-ben der Gläubigen berühren. Manchen Gläubigen bereiteten die-se Erneuerungen große Mühe. Dies war und ist vor allem dort derFall, wo man nicht nur die Liturgie nach den neuen geltenden Re-geln feiert, sondern mit immer neuen Formen die Liturgie gestal-tet. Wenn in der Liturgie experimentiert wird, ist die Gefahr sehrgross, dass die Ehrfurcht verloren geht und dass der Gottesdienstzu einem Menschendienst wird. Die Gestaltung und die Gestal-tenden sind dann plötzlich wichtiger als die göttlichen Geheim-nisse, die gefeiert werden. Die Fehler bei der Umsetzung der Li-turgiereform haben der Kirchenspaltung durch Erzbischof Le-febvre Auftrieb gegeben. Seine Anhänger kritisieren zwar auchandere Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils. Was ihnen aberviel Zulauf verschafft hat, das ist das angesprochene Thema der

Liturgie. Was ist nun die Absicht des Papstes? Er sieht diese Probleme. Er sieht die Not von manchen Gläu-

bigen mit der Erneuerung der Liturgie, so wie sie faktisch ge-schehen ist. Dieser Not möchte er begegnen, indem er die Feierder Liturgie in der Form vor dem Konzil erleichtert. Er macht da-mit die liturgische Erneuerung nicht rückgängig. Im Gegenteil:die Liturgie, wie wir sie seit dem Konzil feiern ist und bleibt dieordentliche Form unserer Liturgie, sofern sie natürlich entspre-chend den geltenden Regeln gefeiert wird. Daneben gibt es dieFeier der Liturgie nach dem Messbuch von 1962 als außerordent-liche Form. Sie ist immer möglich, wo es eine Gruppe von Gläu-bigen gibt, die dies wünschen, und einen Priester, der dazu bereitund fähig ist. Bei der veröffentlichten Regelung geht es wiede-rum nicht um etwas völlig Neues. Bereits Papst Johannes Paul II.hatte 1988 eine ähnliche Weisung erlassen, die nun durch Bene-dikt XVI. präzisiert wird.

Befürchtungen … Um dieses Schreiben gab es in den vergangenen Monaten be-

reits große Auseinandersetzungen. Manche Bischöfe befürchtenSpaltungen in den Gemeinden, wenn die Liturgie in verschiede-nen Formen gefeiert wird - in der vorkonziliaren und in der nach-konziliaren. Andererseits haben wir es heute schon mit sehr ver-schiedenen Gottesdienstformen zu tun. Heute schon können wirbeobachten, dass die Gläubigen eben dort den Gottesdienst besu-chen, wo sie sich geistlich beheimatet fühlen. Interessant ist indiesem Zusammenhang, dass viele Intellektuelle diesen Schrittdes Papstes ausdrücklich begrüßen, weil sie den kulturellen Wertder früheren liturgischen Form schätzen.

… sind nicht begründet.Persönlich teile ich die geäußerten Befürchtungen nicht. Es

werden eher Minderheiten sein, welche vom nun erleichtertenZugang zur früheren Liturgie Gebrauch machen werden. Und hatnicht der Schutz von Minderheiten gerade in unserem Land einegroße und gute Tradition? Zum anderen dürfen wir diese Maß-nahme des Papstes als einen Versuch zur innerkatholischen Öku-mene verstehen. Vielleicht kann es damit gelingen, Gläubige zurvollen kirchlichen Einheit zurückzugewinnen, welche diese we-gen der liturgischen Form verlassen haben. Und schließlich kanndieses Apostolische Schreiben bei allen Gläubigen zu einer Be-sinnung auf das Wesen der Liturgie führen. Die vorgegebeneForm der Liturgie macht uns deutlich, dass im Gottesdienst dieInitiative bei Gott liegt und nicht bei uns Menschen.

Das neue Apostolische Schreiben ist nicht ein Triumph fürFundis, wie der Blick schreibt. Aber es erinnert an das Funda-ment, auf dem wir alle mit unserem Glauben stehen: Jesus Chri-stus, der sich uns selber schenkt in den heiligen Handlungen derLiturgie. Ob wir die Eucharistie in der ordentlichen oder in deraußerordentliche Form feiern, immer soll es in großer Ehrfurchtund Dankbarkeit geschehen.

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CHRISTOPH CASETTI

Liturgische Versöhnung Ein Kommentar zum Motu proprio „ Summorum Pontificum“

Christoph Casetti,

Österreich

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1 Das übersieht ein solch renommierter Theologe wie Eberhard Jüngel, wenner die ekklesiologischen Fragestellungen, wie sie die Responsa behandeln,als unbiblisches Kreisen um sich selbst zu diskreditieren sucht: NZZ13.07.2007.

2 Cf. Mein Beitrag: „Doctor optimus, Ecclesiae sanctae lumen, divinae legisamator“ – Pius XII.: Theologisches Erbe eines prophetischen Papstes, in:Teresianum 54 (2003) 15-36.

3 Das Konzil wollte die Identität der Kirche Christi mit der katholischen Kirchezum Ausdruck bringen. Dies geht aus den Diskussionen über das DekretUnitatis redintegratio hervor. Das Schema des Dekrets wurde mit einer Relatio(Act Syn III/II 296-344) am 23. September 1964 in der Aula eingebracht. Aufdie Veränderungsvorschläge, die von den Bischöfen in den folgenden Monateneingebracht wurden, antwortete das Sekretariat für die Einheit der Christen am10. November 1964 (Act Syn III/VII 11-49). Aus dieser Expensio modorumwerden die folgenden vier Texte bezüglich der ersten Antwort angeführt:A) [In Nr. 1 (Prooemium) Schema Decreti: Act Syn III/II 296,3-6]“Pag. 5, lin. 3-6: Videtur etiam Ecclesiam catholicam inter illas Communio-nes comprehendi, quod falsum esset.R(espondetur): Hic tantum factum, prout ab omnibus conspicitur, describen-dum est. Postea clare affirmatur solam Ecclesiam catholicam esse veramEcclesiam Christi“ (Act Syn III/VII 12).B) [In Caput I in genere: Act Syn III/II 297-301]“4 – Expressius dicatur unam solam esse veram Ecclesiam Christi; hanc esseCatholicam Apostolicam Romanam; omnes debere inquirere, ut eam cogno-scant et ingrediantur ad salutem obtinendam …R(espondetur): In toto textu sufficienter effertur, quod postulatur. Ex alteraparte non est tacendum etiam in aliis communitatibus christianis inveniri ve-ritates revelatas et elementa ecclesialia“ (Act Syn III/VII 15). Vgl. auchebd., Punkt 5.C) [In Caput I in genere: Act Syn III/II 296s]“5 – Clarius dicendum esset veram Ecclesiam esse solam Ecclesiam catho-

ke des Lehramts klärt, die in der theologischen Diskussion inGefahr sind, missverstanden zu werden.“

Wir geben hier die Fragen und die dazugehörigen Antwortenwieder. Dabei verzichten wir – bis auf eine theologiegeschicht-lich bedeutsame Ausnahme – auf die ausführlichen Belegstel-len, erwähnt sei aber, dass sich das Dokument ausschließlichauf das Zweite Vatikanische Konzil sowie zeitlich diesem nach-folgende Dokumente beruft. Damit wird auch deutlich, wieseltsam der immer wieder zu hörende Vorwurf ist, mit solchenklaren Weisungen würde das gegenwärtige Lehramt „hinter dasKonzil zurückrudern“.

* * *

1. Frage: Hat das Zweite Vatikanische Konzil die vorher-gehende Lehre über die Kirche verändert?Antwort: Das Zweite Vatikanische Konzil wollte diese Leh-

re nicht verändern und hat sie auch nicht verändert, es wollte sievielmehr entfalten, vertiefen und ausführlicher darlegen. Genaudas sagte Johannes XXIII. am Beginn des Konzils mit großerKlarheit. Paul VI. bekräftigte es und äußerte sich bei der Pro-mulgation der Konstitution Lumen gentium folgendermaßen:„Der beste Kommentar zu dieser Promulgation ist wohl der fol-gende: Nichts hat sich an der überlieferten Lehre verändert.Was Christus gewollt hat, das wollen auch wir. Was war, das istgeblieben. Was die Kirche durch die Jahrhunderte gelehrt hat,das lehren auch wir. Nur ist nun das, was früher bloß in der Pra-xis des Lebens enthalten war, auch offen als Lehre zum Aus-druck gebracht. Nun ist das, was bis jetzt Gegenstand des Nach-denkens, der Diskussion und zum Teil auch der Auseinanderset-zungen war, in einer sicher formulierten Lehre dargelegt“. DieBischöfe haben wiederholt dieselbe Absicht bekundet und zurAusführung gebracht3.

DAVID BERGER

Ökumene auf der Basis der Identität katholischen Glaubens

Die Entstehung eines eigenen ekklesiologischen Traktats inder katholischen Theologie der Neuzeit spricht auch davon,dass diese die zentrale Rolle der Kirche im Heilsmysterium un-terstreichen wollte. Das Lehramt der Kirche hat den Impuls derTheologie aufgenommen: zunächst bereits im Ersten Vatikani-schen Konzil, wo die Rolle der kirchlichen Lehrverkündigungals nächste und unmittelbare Richtschnur des katholischenGlaubens (regula fidei proxima) hervorgehoben wurde; sodannin der richtungsweisenden Enzyklika Mystici Corporis PapstPius XII (1943). Und schließlich mit der dogmatischen Konsti-tution Lumen gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Gerade weil es sich bei der Lehre von der Kirche um solcheeine zentrale, im Schnittfeld von Fundamentaltheologie undDogmatik anzusiedelnde Stelle im Hinblick auf die gesamteTheologie handelt1, hat die Theologie die von den angesproche-nen Dokumenten ausgehenden Impulse aufgenommen und wei-terentwickelt. Dabei haben sich aber auch sehr bald missver-ständliche und in ihrer ganzen Tragweite bedacht auch für denGlauben gefährliche Interpretationen ergeben. Schon MysticiCorporis war (nicht ausschließlich, aber auch) eine Reaktionauf derartige bedenklich Entwicklungen2 und auch Papst PaulVI sah sich 1973 gezwungen mit der Erklärung Mysterium Ec-clesiae die großen Glaubenswahrheiten über die Kirche vorFehlinterpretationen in Schutz zu nehmen. Noch klarer im Tonmusste die Erklärung Dominus Jesus im Jahr 2000 werden. Derin manchen Ländern gereizten Aufnahme dieser Erklärung kor-relierte das Desinteresse vieler theologischer Spekulationen anden hier vorgegebenen Fundamenten.

So hat nun die Glaubenskongregation am 29. Juni 2007 er-neut das Wort ergriffen in der Form von „Antworten auf Fragenzu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche“ (Res-ponsa ad quaestiones de aliquibus sententiis ad doctrinam deecclesia pertinentibus). Bereits im Prolog spricht das Doku-ment die oben geschilderte problematische Ausgangslage an:„Der Umfang der Fragestellung und die Neuheit vieler Themenfordern das theologische Nachdenken beständig heraus undführen fortwährend zu neuen Beiträgen, die nicht immer freisind von irrigen Interpretationen. Diese erwecken Verwirrungund Zweifel, von denen einige der Kongregation für die Glau-benslehre unterbreitet worden sind.“ Sehr klar wird anhand desDokumentes, dass es innerhalb der Ekklesiologie noch einmaleinige besondere Punkte gibt, die aufgrund ihrer richtungswei-senden Funktion einer besonders sorgfältigen Betrachtung undInschutznahme gegenüber Fehlinterpretationen bedürfen: „Un-ter Voraussetzung der gesamten katholischen Lehre über dieKirche möchte die Kongregation darauf antworten, indem siedie authentische Bedeutung einiger ekklesiologischer Ausdrük-

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2. Frage: Wie muss die Aussage verstanden werden, ge-mäß der die Kirche Christi in der katholischen Kirchesubsistiert?Antwort: Christus hat eine einzige Kirche „hier auf Erden ...

verfasst“ und sie als „sichtbare Versammlung und geistlicheGemeinschaft“ gestiftet, die seit ihrem Anfang und durch dieGeschichte immer da ist und immer da sein wird und in der al-lein alle von Christus eingesetzten Elemente jetzt und in Zu-kunft erhalten bleiben. „Diese ist die einzige Kirche Christi, diewir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholischeund apostolische bekennen … Diese Kirche, in dieser Welt alsGesellschaft verfasst und geordnet, subsistiert in der katholi-schen Kirche, die vom Nachfolger des Petrus und von den Bi-schöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird“. In der Num-mer 8 der dogmatischen Konstitution Lumen gentium meintSubsistenz jene immerwährende historische Kontinuität undFortdauer aller von Christus in der katholischen Kirche einge-setzten Elemente, in der die Kirche Christi konkret in dieserWelt anzutreffen ist. Nach katholischer Lehre kann man mitRecht sagen, dass in den Kirchen und kirchlichen Gemein-schaften, die noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholi-schen Kirche stehen, kraft der in ihnen vorhandenen Elementeder Heiligung und der Wahrheit die Kirche Christi gegenwärtigund wirksam ist. Das Wort „subsistiert“ wird hingegen nur derkatholischen Kirche allein zugeschrieben, denn es bezieht sichauf das Merkmal der Einheit, das wir in den Glaubensbekennt-nissen bekennen (Ich glaube … die „eine“ Kirche); und diese„eine“ Kirche subsistiert in der katholischen Kirche.

3. Frage: Warum wird der Ausdruck „subsistiert in“ undnicht einfach das Wort „ist“ gebraucht?Antwort: Die Verwendung dieses Ausdrucks, der die voll-

ständige Identität der Kirche Christi mit der katholischen Kir-che besagt, verändert nicht die Lehre über die Kirche. Er ist be-gründet in der Wahrheit und bringt klarer zum Ausdruck, dassaußerhalb ihres Gefüges „vielfältige Elemente der Heiligungund der Wahrheit“ zu finden sind, „die als der Kirche Christieigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“. „Dahersind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften, auch wennsie, wie wir glauben, mit jenen Mängeln behaftet sind, keines-wegs ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heils.Denn der Geist Christi weigert sich nicht, sie als Mittel desHeils zu gebrauchen, deren Kraft sich von der Fülle der Gnadeund Wahrheit herleitet, die der katholischen Kirche anvertrautist“.

4. Frage: Warum schreibt das Zweite Vatikanische Kon-zil den Ostkirchen, die von der voller Gemeinschaft mitder katholischen Kirche getrennt sind, die Bezeichnung„Kirchen“ zu?Antwort: Das Konzil wollte den traditionellen Gebrauch

dieser Bezeichnung übernehmen. „Da nun diese Kirchen trotzihrer Trennung wahre Sakramente besitzen, und zwar vor allemkraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eu-charistie, wodurch sie in ganz enger Gemeinschaft bis heute mituns verbunden sind“, verdienen sie den Titel „Teil- oder Orts-kirchen“ und werden Schwesterkirchen der katholischen Teil-kirchen genannt. „So baut die Kirche Gottes sich auf undwächst in diesen Einzelkirchen durch die Feier der Eucharistiedes Herrn“. Weil aber die Gemeinschaft mit der katholischenKirche, deren sichtbares Haupt der Bischof von Rom undNachfolger des Petrus ist, nicht eine bloß äußere Zutat zur Teil-kirche ist, sondern eines ihrer inneren Wesenselemente, leidetdas Teilkirchesein jener ehrwürdigen christlichen Gemein-schaften unter einem Mangel. Andererseits wird durch dieTrennung der Christen die katholische Universalität – die derKirche eigen ist, die vom Nachfolger des Petrus und von denBischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird – in ihrer vol-len Verwirklichung in der Geschichte gehindert.

5. Frage: Warum schreiben die Texte des Konzils und desnachfolgenden Lehramts den Gemeinschaften, die ausder Reformation des 16. Jahrhunderts hervorgegangensind, den Titel „Kirche“ nicht zu?Antwort: Weil diese Gemeinschaften nach katholischer

Lehre die apostolische Sukzession im Weihesakrament nichtbesitzen und ihnen deshalb ein wesentliches konstitutives Ele-ment des Kircheseins fehlt. Die genannten kirchlichen Gemein-schaften, die vor allem wegen des Fehlens des sakramentalenPriestertums die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeitdes eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, könnennach katholischer Lehre nicht „Kirchen“ im eigentlichen Sinngenannt werden.

***

Ist es Aufgabe der Glaubenskongregation das „Wunsch-konzert“ für deutsche Theologieprofessoren zu spielen?Während die beiden ersten Antworten zahlreichen gegen-

wärtigen theologischen Entwürfen zur Rolle des zweitenVatikanischen Konzils sowie zur Frage des subsistit eine klareAbfuhr erteilen (die z.T. auch von nicht unbedeutenden Kir-chenfürsten vertreten wurden und werden)4, hat in Deutschlandnatürlich besonders die letzte Antwort Aufsehen erregt. Nichtnur unsere protestantischen Mitbrüder übten sich in gewohnter,und so gar nicht ökumenisch klingender Empörung, teilweiseauch in naiven Anweisungen zur Vogel-Strauß-Politik5, auch

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licam romanam …R(espondetur): Textus supponit doctrinam in constitutione ‘De ecclesia’expositam, ut pag. 5, lin. 24 – 25 affirmatur“ (Act Syn III/VII 15). Die Kom-mission, welche die Änderungsvorschläge zum Dekret Unitatis redintegra-tio bewerten musste, bringt also klar die Identität der Kirche Christi mit derkatholischen Kirche sowie ihre Einzigkeit zum Ausdruck und sieht dieseLehre in der dogmatischen Konstitution Lumen gentium grundgelegt.D) [In Nr. 2 Schema Decreti: Act Syn III/II 297s]“Pag. 6, lin. 1-24: Clarius exprimatur unicitas Ecclesiae. Non sufficit incul-care, ut in textu fit, unitatem Ecclesiae.R(espondetur): a) Ex toto textu clare apparet identificatio Ecclesiae Christicum Ecclesia catholica, quamvis, ut oportet, efferantur elementa ecclesialiaaliarum communitatum“.“Pag. 7, lin. 5: Ecclesia a successoribus Apostolorum cum Petri successorecapite gubernata (cf. novum textum ad pag. 6, lin. 33-34) explicite dicitur‘unicus Dei grex’ et lin. 13 ‘una et unica Dei Ecclesia’“ (Act Syn III/VII).

4 Nicht ganz Unrecht hat Robert Leicht, wenn er in der „Zeit“ bemerkt: „Dennmit diesem Dekret werden zum einen all jene diskreditiert und dementiert,die aus jenem verbalen Unterschied [est – subsistit. Anm. des Verf.] Zukunftfür die Ökumene gewinnen wollten. Nicht zuletzt gilt dies für den römischenKurienkardinal Walter Kasper, der immerhin schon einmal von „Kirchen an-deren Typs“ denken und reden konnte.“

5 So Eberhard Jüngel, in der NZZ am 13.07.07: „Wie soll die evangelische Chri-stenheit auf diese römische Selbstrepetition reagieren? Am besten gar nicht!“

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6 Thüringer Allgemeine 13. Juli 2007.7 SZ vom 10.07.2007: „Es ist die Woche der Wahrheit, die Woche, in der sich

zeigt, was die Katholiken und der Rest der Welt vom Pontifex Joseph Rat-zinger zu erwarten haben …“

katholische Theologieprofessoren zeigten unverhohlen ihre Ab-neigung. So ließ Claus-Peter März von der Universität Erfurtdie Öffentlichkeit wissen: „Niemand in Deutschland hat sichdiese Art der erneuten Klarstellung gewünscht.“6

Bei anderen Stellungnahmen fragt man sich bei allem nöti-gen Respekt, ob sich diese auf das selbe Dokument beziehen,wie jenes, das wir hier wiedergegeben haben. Während die 5.Antwort eindeutig und unmissverständlich lehrt, dass den pro-testantischen Gemeinschaften aufgrund des Fehlens der aposto-lischen Sukzession im Weihesakrament die Bezeichnung Kir-che nicht zukommt, vertrat Kardinal Lehmann am 10. Juli inseinem Statement eine Interpretation der Erklärung, die geradedas Gegenteil besagt: „Die erneute katholische Stellungnahmeder Glaubenskongregation mag besonders in ihrer Knappheitund Dichte hart erscheinen, aber sie lässt grundlegend Raum,die anderen Kirchen nicht nur moralisch, sondern theologisch

als Kirchen zu achten.“ Einem klaren Dokument wird hier – si-cher im Hinblick auf die Ökumene ad hominem gutgemeint –eine unklare, ja verfälschende Interpretation übergestülpt. Ei-nen schlimmeren Bärendienst als verwaschene Unklarheit wirdman aber einer echten Ökumene kaum erweisen können.

Ganz anders die klare Sprache der Glaubenskongregation.Sehr zutreffend kommentiert daher Erzbischof Angelo Amatodie Responsa: „Indem unbegründete Interpretationen der Kir-che eliminiert werden, tragen die Responsa dazu bei, den öku-menischen Dialog zu stärken, der über die Offenheit für die Ge-sprächspartner hinaus auch die Identität des katholischen Glau-bens bewahren muss. Nur auf diese Weise kann man zur Einheitaller Christen in der „einen Herde und dem einen Hirten“ (vgl.Joh 10,16) gelangen“.

Wie der Kommentator der „Süddeutschen Zeitung“7, Matt-hias Drobinski richtig bemerkte, zeichnet sich zusammen mitdem Motu Proprio Summorum Pontificium, das einige Tagespäter erlassen wurde, nun im Pontifikat des gegenwärtigenPapstes jene klare Richtungsentscheidung ab, die manche inden Dokumenten der ersten Monate – je nachdem hoffnungs-voll oder besorgt – vermisst hatten.

David Berger

HUBERT GINDERT

Rückblick auf sechs Jahre „Forum Deutscher Katholiken“

Tatsächlich kamen rund achthundertfünfzig Teilnehmer. DieReferate von Christa Meves, Pfarrer Winfried Abel, GabrieleKuby und Jörg Müller fanden begeisterte Zustimmung. DerStart war gelungen.

Der zweite Kongress „Freude am Glauben“ fand am 21. und22. Juni 2002 in der Richthalle in Fulda statt. Das Kongresszen-trum, eine schmucklose Halle, in der früher Eisenbahnwägenrepariert wurden, war mit einem Podium ausgestattet, von demaus ein Spruchband mit der Aufschrift „Freude am Glauben“und einem Bild vom Papst Johannes Paul II. die Aufmerksam-keit der Teilnehmer auf sich zog. Eine Ausstellung mit 32 Glau-benszeugen war ein weiterer Blickfang. Der neue Bischof vonFulda Heinz Josef Algermissen stand dem Kongress wohlwol-lend gegenüber. Er hielt den Anfangsgottesdienst, begrüßte an-schließend die Teilnehmer in der Kongresshalle und verlas dasGrußwort, das der Hl. Vater an die Teilnehmer richtete. Auf die-sem Kongress fanden die Vertreter neuer geistlicher Gemein-schaften auf dem Podium „Neue Gemeinschaften – Hoffnungs-träger der Kirche“ das große Interesse der Zuhörer: Die Legio-näre Christi, die Gemeinschaft St. Egidio, die geistliche Familie„Das Werk“, die Gemeinschaft der Seligpreisungen und die Ju-gend 2000. Das von Professor Dr. Gerhard Ludwig Müller mo-derierte Podium „Katholische Ökumene: Sichtbare Einheit derKirche“ griff ein „heißes Eisen“ auf. Christa Meves, GabrieleKuby und Prof. Ockenfels bekamen bei ihrem Referat „Stan-ding Ovations“. Unvergessen ist bei den Teilnehmern das

Die Geschichte des „Forums Deutscher Katholiken“ beginntmit einem Gespräch an einem Juniabend 2000 in Fulda. Dorttrafen sich Vertreter verschiedener katholischer Gemeinschaf-ten, um zu überlegen, was in der heutigen Situation der Kirchein Deutschland zu tun sei. Auch Erzbischof Johannes Dybanahm an diesem Treffen teil.

Bei einem zweiten Treffen am 30. September 2000 wurdedas „Forum Deutscher Katholiken gegründet. In den Statutenist festgehalten: „Ziel des „Forums Deutscher Katholiken“ istdie Förderung der Verkündigung des katholischen Glaubensnach der Lehre der Kirche. Es soll erreicht werden „durch dieSammlung und Aktivierung aller Gruppierungen und Einzel-persönlichkeiten und durch Kongresse und andere Veranstal-tungen.“

Die Kongresse standen im Mittelpunkt der Tätigkeit des„Forums Deutscher Katholiken“. Sie nehmen deswegen in die-sem Rückblick den größten Raum ein. Mit viel Mut, aber wenigGeld begann die Vorbereitung für den ersten Kongress in Fulda.

Als der erste Kongress stattfand, hatte die Diözese Fuldanoch keinen Bischof. Das erschwerte die Organisation vor Ort.Die Teilnahme von Kurienkardinal Paul Augustin Mayer undLeo Kardinal Scheffczyk war in dieser Situation eine große Hil-fe. Ihre Anwesenheit öffnete viele Türen. Vertreter großer Zei-tungen wie „Die Welt“, die „Süddeutsche Zeitung“ etc. und dasZDF waren vertreten und berichteten über den Kongress. DieOrganisatoren hofften auf vier- bis fünfhundert Teilnehmer.

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Schlussreferat von Pater Bennet Thierney von den LegionärenChristi, als er den Leuten zurief: „Die Kirche braucht heutenicht brave Leute. Gute Absichten reichen nicht aus!“ EinGlanz- und Höhepunkt des zweiten Kongresses waren der Ab-schlussgottesdienst und die Predigt von Kardinal Ratzinger imFuldaer Dom. Die Teilnehmerzahl war mit dem zweiten Kon-gress von rund 900 auf etwa 1600 angestiegen.

Der dritte Kongress „Freude am Glauben“ vom 20. – 22. Ju-ni 2003 in Fulda hatte die Eucharistie, die Sonntagskultur sowieEhe und Familie als Schwerpunktthemen. Das wird durch Re-ferate unterstrichen, wie „Eucharistie – Mitte und Quelle christ-lichen Lebens“, „Die Eucharistie als Mitte des Sonntags“ „DerSonntag – das Fest der Christen“, „Die Eucharistie als gestal-tende und vollendende Kraft des Ehebundes“, „Die Ehe imWürgegriff des Staates“. Den Abschlussgottesdienst mit Predigthielt Kardinal Jean-Marie Lustiger von Paris. Wie bereits in denvorausgehenden Kongressen gab es auch auf dem dritten Kon-gress die ganze Zeit über Gelegenheit zur Beichte. Während derVorträge wurden Kinder und Jugendliche betreut. Es gab Work-shops und Führungen durch die Ausstellung mit den Glaubens-zeugen und eine „Eucharistische Anbetung“ im Kongress-zentrum.

Die alte Richthalle in Fulda stand für den Kongress 2004nicht mehr zur Verfügung. Eine Anfrage an den neuen Regens-burger Bischof Gerhard Ludwig Müller, wurde positiv beant-wortet. Gloria Fürstin von Thurn und Taxis wurde als Schirm-herrin für den Kongress gewonnen. Der Regensburger Kon-gress hatte den Untertitel „Lebe Deine Berufung!“ Sich seinerBerufung durch Gott bewusst zu werden und diese Berufung zuleben, war das Leitthema. Erwähnt seien Vorträge wie „Ich ha-be dich beim Namen gerufen – der Mensch im Blick Gottes“,„Meine Berufung als Jugendlicher“, „Mitarbeiterin in JesusChristus – die Rolle der Frauen in der Evangelisierung der Völ-ker“, „Gebenedeit unter den Frauen“ und die Podiumsgesprä-che „Zu sich selbst kommen – die Annahme seiner selbst“, mo-deriert von Martin Lohmann und „Alleinsein muss nicht Ein-samkeit bedeuten“, geleitet vom Nachrichtensprecher im Baye-rischen Rundfunk Alex Dorow. Neben dem Generalthemabrachte das Programm Glaubenszeugnisse und weitere Themenwie „Schön, katholisch zu sein“ mit Prof. Jörg Splett und „Gottals Quelle von Schönheit“ mit Otto von Habsburg als Referen-ten. Der Schriftsteller Peter Seewald legte mit leidenschaftli-chem Engagement dar, dass Religion und Christentum keinePrivatangelegenheiten sind. Als Kardinal Meisner Sonntagvor-mittag eintraf und zu den Teilnehmern sprach, erreichte dieStimmung den Höhepunkt. Er wurde nur durch den Abschluss-gottesdienst mit der temperamentvollen Predigt des Kardinalsüberboten, als er den Versammelten zurief: „Dieser Kongressist ein Segen für Deutschland!“

Der fünfte Kongress hatte das Generalthema „Kirche – dieHoffnung der Menschen“. Er übertraf mit fast 2000 Teilneh-mern alle Erwartungen und stand ganz im Zeichen des Pontifi-katswechsel von Papst Johannes Paul II. zu Benedikt XVI., dernoch als Kardinal im Programm als Referent und Zelebrant desSchlussgottesdienstes angekündigt war. Die Freude über denneuen Papst zog sich durch die Referate, Podiumsgesprächeund war selbst in den Gottesdiensten spürbar. Erzbischof Cor-des war als Vertreter des Papstes aus Rom gekommen. Vier Bi-schöfe und Kardinal Scheffczyk gaben der Veranstaltung einen

besonderen Glanz. Der fünfte Kongress übertraf mit fast 2000Teilnehmern alle Erwartungen.

Im darauf folgenden Jahr 2006 stand in Fulda das neue Kon-gresszentrum Esperanto zur Verfügung. Der Kongress kehrtewieder in die Bonifatiusstadt Fulda zurück. Neu an diesemKongress war das Kinder- und Jugendprogramm. Der Menschauf dem Weg zu Christus stand im Mittelpunkt der Überlegun-gen. Die einzelnen Referate lauteten „Geschaffen aus Liebe“(Bischof Algermissen), „Gott schuf den Menschen nach seinemBild“ (Karl Wallner Ocist), „Die gegenseitige Ergänzung vonMann und Frau in der Kirche“ (Sr. Monika Merz FSO), „JederMensch ein Liebesruf Gottes“ (Barbara Dyba-Roth), „Der Em-bryo als Rohstoff“ (Stefan Rehder), „Hindernisse auf dem Weg– Sünde, Hass, Vorurteile“ (Klaus Berger), „Auf dem Weg be-gegnet dir Christus“ (Christoph Bockamp, Opus dei), „DurchLeiden und Tod zur Auferstehung“ (Anton Ziegenaus), „Ge-richt und Verantwortung vor Gott“ (Josef Isensee). Ein interna-tional besetztes Podium „Um meines Namens willen“ nahmsich der Christenverfolgung unserer Zeit an. Den Abschlussgot-tesdienst hielt Francis Kardinal Arinze, der von Rom nach Ful-da gekommen war.

Der Kongress dieses Jahres wird vom 5. – 7. Oktober in Ful-da stattfinden. Das Generalthema „Die Kirche – unsere Hei-mat“ wird in einer Reihe von Vorträgen ausgefaltet. In einerZeit der vielfachen geistlichen Heimatlosigkeit lassen sich vieleGründe anführen, warum uns die Kirche Heimat gibt, z.B. weilsie uneingeschränkt für das Lebensrecht der Menschen eintritt,weil sie an Ehe und Familie in der überkommenen Form fest-hält oder weil sie einem übermächtigen Staat mit seiner anony-men Bürokratie in ihrer Soziallehre Grenzen setzt. Es gibt nocheinen entscheidenden Grund für dieses Motto. Papst Benedikthat ihn einmal so formuliert: „Man kann nicht außerhalb derKirche Christ sein“.

Auf den bisherigen Kongressen wurden jeweils auch Reso-lutionen verabschiedet, z.B. zur „Königsteiner Erklärung“, zurAbtreibung, zu Donum Vitae, zum Religionsunterricht. Für dendiesjährigen Kongress sind Erklärungen zum „AllgemeinenGleichstellungsgesetz“ und zu den Kindertagesstätten geplant.

Zu den Aktivitäten neben dem Kongress zählen die Ausstel-lungen über die Glaubenszeugen der NS-Zeit, zwei davon imKZ Dachau sowie eine Vortragsveranstaltung mit Pfarrer Her-mann Scheipers, dem letzten noch lebenden Priester, des „Da-chauer Todesmarsches“ vom April 1945.

Das „Forum Deutscher Katholiken“ hat sich daneben immerwieder aus besonderen Anlässen mit Erklärungen zu Wort ge-meldet. Die Themen reichen von der Liturgie bis zur Evangeli-sierung der Moslems und zu gesellschaftspolitischen Vorgän-gen.

Insgesamt sehen wir unsere Aufgabe darin, in engem Kon-takt zum Zentrum der Universalkirche und den mit Rom ver-bundenen Bischöfen, zur Neuevangelisierung beizutragen, da-mit diese bleischwere Decke von Resignation, Frust, Müdigkeitund Feigheit, die auf unserem Land liegt, weg zuschlagen undder Hoffnung wieder Raum zu geben.

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Prof. Dr. Hubert GindertEichendorffstr. 1786916 Kaufering

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1 Der Kommentar erschien zuerst in der „Kirchenzeitung für das ErzbistumKöln“ (Nr.27-28 vom 19.Juli 2007). Ein herzlicher Dank geht an den Verf.für die bereitwillig erteilte Genehmigung zum Wiederabdruck des Beitragsin „Theologisches“.

STEPHAN GEORG SCHMIDT

Evolution und Genesis1

Karin Wolff ist eine mutige Frau. Die hessische Kultusmi-nisterin möchte in den Schulen ihres Bundeslandes einen Bio-logieunterricht, in dem nicht nur gelehrt wird, wie das Lebenentsteht und sich entwickelt, sondern auch, woher es kommtund warum es da ist. Darum will sie, dass in dem Fach auchüber den biblischen Schöpfungsbericht aus dem Buch Genesisgesprochen wird. Dafür legt sie sich furchtlos mit dem mächti-gen Teil der Forscherzunft an, der das als unwissenschaftlichablehnt. „Mythen“ hätten in einer exakten Disziplin nichts zusuchen, sagen die Kritiker. Die Evolution der Arten hingegensei eine bewiesene Tatsache, und nur sie dürfe darum Grundla-ge des Unterrichts sein.

Frau Wolff lässt jedoch nicht locker. Schon im vergangenenHerbst zog sich die ehemalige Lehrerin für evangelische Reli-gion mit ihrem Vorhaben den Zorn der Evolutionsbiologen zu.Nun hat sie sich erneut für einen fächerübergreifenden Biolo-gieunterricht ausgesprochen, in dem auch theologische und phi-losophische Aspekte ihren Platz haben. Das alles ist angesichtsdes heftigen Widerstands sicherlich mutig — aber ist es auchder richtige Weg, um Glaube und Naturwissenschaft miteinan-der zu versöhnen?

Dass es hier einiges aufzuarbeiten gibt, steht außer Zweifel.Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn erregte vor gut zweiJahren mit einem Aufsatz über Evolution und Schöpfungsglaubeweltweit Aufsehen, in dem er den radikalen Materialismus vielerBiologen scharf angriff. „Evolution im Sinn einer gemeinsamenAbstammung (aller Lebewesen)“ könne wahr sein, schrieb derKardinal, aber Evolution als „ein zielloser, ungeplanter Vorgangzufälliger Veränderung und natürlicher Selektion“ sei es nicht.

Ein „Denksystem“, das einen Schöpfungsplan in der Natur dog-matisch ausschließe, sei „Ideologie, nicht Wissenschaft“.

Die Mahnung ist berechtigt, denn Vertreter jener „Ideologie“machen sich zurzeit lautstark bemerkbar. Einer der prominente-sten ist der Engländer Richard Dawkins, der mit missionari-schem Eifer seine Forschungserkenntnisse zum Feldzug gegendie Religion benutzt. Darüber hat er gerade ein Buch mit dembezeichnenden Titel „Der Gotteswahn“ geschrieben. Hier über-schreitet eindeutig ein Naturwissenschaftler seinen Zuständig-keitsbereich.

Man darf jetzt aber nicht im Namen der Religion den umge-kehrten Fehler machen. Im schulischen Biologie-Lehrplan ist derbiblische Schöpfungsbericht, für den sich die hessische Kultus-ministerin stark macht, wirklich fehl am Platz. „Schuster, bleibbei deinem Leisten“, lautet das Motto. Das gilt auch in der Schu-le, wenn Lehrende und Lernende nicht permanent überfordertwerden sollen. Ehrfurcht vor der staunenswerten Ordnung derNatur und Respekt vor den letzten Fragen, auf die die Evolutionehrlicherweise keine Antworten weiß — wenn die Schüler nebensolidem naturwissenschaftlichem Wissen das aus dem Biologie-unterricht mitnehmen, ist schon viel gewonnen. Alles Weitereüber das Woher und Wohin des Seins müssen sie woanders lernen.

Damit ist nun der Religionsunterricht gefordert. Hier ist derOrt, um die großen Fragen tiefer zu durchdenken, die zu einerganzheitlichen Bildung gehören. Vielleicht mehr noch als dievielen sozialen Probleme der Welt gehören dazu die Schöpfungselbst und Gottes Plan mit ihr. Wenn die Religion hier ihreSchulaufgaben macht, braucht sich wahrscheinlich wegen derEvolution im Biologieunterricht niemand ernsthafte Sorgen zumachen.

Stephan Georg Schmidt, M.A.Pressesprecher Erzbistum KölnGeneralvikariatMarzellenstraße 3256680 Köln

WALTER HOERES

Moralismus

Permitte divis cetera. Überlasse den Göttern das Übrige!

Horaz: Carmina 1,9,9

Die Säkularisierung besteht nicht darin, daß theologischeDenk- und Verhaltensmuster verschwunden sind. Sie leben inanderer Weise fort und sind zur Ideologie geworden, die folg-lich das Bewußtsein der aufgeklärten Subjekte beherrscht, ohnedaß sie davon wissen. Das gilt auch von dem permanenten Mo-ralismus, der heute das gesellschaftliche, das politische und na-türlich auch das kirchliche Leben in seinen Bann schlägt. Ar-

nold Gehlen hat ihn äußerst zutreffend in seinem Buch: „Moralund Hypermoral“ beschrieben, das aktueller ist denn je.1

Der Moralismus besteht darin, alle Sachentscheidungen so-gleich moralisch werten und den handelnden Personen ankrei-den zu wollen. Er ist nicht ohne weiteres mit dem Pharisäismusidentisch, der diese Bewertung benutzt, um sich über die ande-

1 Arnold Gehlen: Moral und Hypermoral. Eine pluralistische Ethik (Kloster-mann-Seminar 5) Frankfurt/Main 6. erw. Aufl. 2004.

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ren zu erheben und besser zu dünken als sie. Natürlich liegt derMoralismus Theologen besonders nahe, sodaß man ihn gerade-zu als ihre „Berufskrankheit“ bezeichnen könnte. Denn sie sindvon Amts wegen mit Schuld, Sühne und Gewissenserforschungbefaßt. Doch das Besondere unserer aufgeheizten Gesellschaftbesteht darin, daß sie von einer sagenhaften Unduldsamkeit ist,die alle Meinungen, welche über bloß Technisches hinausge-hen, allsogleich zensuriert, sodaß sich die Betroffenen unent-wegt vor sich selbst und den anderen rechtfertigen müssen undzwar im moralischen, ihre Anständigkeit betreffenden Sinne.Anders gesagt müssen sie all ihren Entscheidungen ein höheresMotiv unterlegen: auch wenn es ganz einfach solche sind, die imlegitimen Eigeninteresse liegen, das sich rational nachvollziehenläßt und keineswegs der schlechteste aller Beweggründe ist.

Wir finden diesen penetranten Moralismus heute auch imkirchlichen Bereich und hier bei allen tonangebenden Richtun-gen: mit besonderer Intensität aber bei den Progressiven. Bei ih-nen tritt er zugleich als Wahrhaftigkeit und Betroffenheit auf. Auferstere beruft ich neuerdings die Hannoveraner LandesbischöfinMargot Käßmann für ihre Absicht, sich von ihrem Mann, derebenfalls evangelischer Pastor ist, scheiden zu lassen. Dabei wol-len wir uns auf die Einzelheiten dieser unerquicklichen Affärehier nicht einlassen und uns auch den naheliegenden Hinweisersparen, daß dies offenbar die Religionsgemeinschaft ist, mit dersich unsere Ökumenisten immer mehr vereinigen wollen.2

Doch der Gestus, die Berufung auf die Wahrhaftigkeit, dieoft noch durch die Beteuerung geschönt wird, daß es um die in-nere Wahrhaftigkeit gehe, ist uns auch aus den eigenen Reihenseit Konzilsende nur allzu bekannt. Wie oft haben wir sie seit-dem aus dem Munde von Priestern gehört, die ihr Amt nieder-legten, um zu heiraten, von Ordensleuten, die plötzlich ein mehrals weltliches Leben führten, von all jenen, die der Kirche seitdem großen Exodus den Rücken gekehrt haben und sei es nur,um eine ganz neue Kirche nach ihrem Gusto zu etablieren! Wärees nicht wahrhaftiger gewesen, ohne Berufung auf diese Tugendganz einfach und ehrlich zu konstatieren, daß sie ihren Glaubenlängst verloren haben und vor allem nicht mehr dazu bereit waren,das einzig probate Mittel anzuwenden, das denen, die im Glaubenschwankend geworden ist, wie ein kostbarer Schatz zur Verfü-gung steht, nämlich um die Erneuerung ihres Glaubens zu beten!

Neben der Wahrhaftigkeit ist es vor allem die „Betroffen-heit“, die die Katholiken in den letzten Jahrzehnten als von vor-neherein ganz moralisches Anklageinstrument von den Protes-tanten übernommen haben. Wie oft, ja eigentlich ununterbro-chen sind wir von evangelischen Kirchenführern seit Kriegsen-de mit dieser Betroffenheit konfrontiert worden über das, wasin den unseligen Jahren des „Dritten Reiches“ geschehen ist, alssie schweigen mußten. Wie hat sie diese Betroffenheit „umtrie-ben“: ein moralinsaueres Kunstwort, das ebenso wie das des„ständigen geistigen Ringens“ in diesem Klima moralischerHyperthrophie entstanden ist und Adorno – einen gewiß unver-dächtigen Zeugen – zu der Bemerkung veranlaßte, so schlimmsei es gar nicht! Sonderbarerweise trieb diese Betroffenheit vie-le der langjährigen Wortführer des Protestantismus zwar imBlick auf den vergangenen braunen Terror um, während jedochder noch lange währende rote Terror im Ostblock und in derDDR sie offenbar nicht im gleichen Maße beutelte.

Regelmäßig und inzwischen schon sozusagen von Amts we-gen sind auch die progressiven Katholiken „betroffen“, wenneine Klarstellung in lehramtlichen Fragen oder sonst eine Ver-lautbarung aus Rom kommt. Und damit schlagen sie immerschon zwei Fliegen mit einer Klappe! Denn mit dieser Betrof-fenheit artikulieren sie ihr angeblich wehrloses Ausgeliefertseinan die sogenannten römischen Zumutungen und präsentierensich der Welt lautstark als Opfer.

Doch auch die Konservativen und oft gerade die, welchesich am eifrigsten als Bewahrer verstehen, sind vor diesem Mo-ralismus nicht gefeit. Er kann nach unseren Erfahrungen vor al-lem bei jüngeren religiösen Gemeinschaften zum Durchbruchkommen, denen einerseits die große Gelassenheit der alten Or-den fehlt und die andererseits in die unheilvollen innerkirchli-chem Kämpfe unserer Tage besonders verwickelt sind. Zu-nächst kann das legitime, aber allzu hektische Streben nach in-nerer Vollkommenheit dazu führen, die ungezwungene Sponta-neität im Umgang mit anderen, die ein Wesenselement huma-ner Geselligkeit ist, zu hemmen. Die Betreffenden fragen sichdann je und je von neuem, ob sie dies oder jenes wirklich sagen,ja genießen dürfen und wirken so im besten Falle linkisch, imanderen aber „verklemmt“. Man hat dann nicht selten den Ein-druck, sie fühlten sich ständig vom „großen Bruder“ beobachtet,den sie unglücklicherweise allzu rasch mit dem lieben Gottgleichsetzen. Und es ist deshalb kein Zufall und auch nicht schongleich wieder „böser Wille“, wenn uns genau dieser Vorwurf derVerklemmtheit häufig von liberaler Seite gemacht wird.

Im schlimmsten Falle führt dieses unentwegte Starren aufdie eigene Vollkommenheit dazu, auch die anderen einer per-manenten geistigen correctio fraterna zu unterwerfen. Selbst imzwanglosen Gespräch hat man dann den Eindruck, ständig aufdie eigene Vollkommenheit hin abtaxiert zu werden. Diese Hal-tung ist umso störender, je mehr sie mit pflichtgemäßer liebe-voller Nachsicht gepaart ist und je mehr man sich im Interesseder eigenen Vervollkommnung bemüht, das Urteil über die Un-vollkommenheit des anderen sogleich wieder zurückzunehmen.Im Extremfall verwandelt sich so der strafende Blick, der imanderen schon eine Art Höllenkandidat witterte, in schmerzli-che Nachsicht und sie ist wohl der größte Tort, den sie einemantun können!

Übertreibungen, Phantasien, Konstruktionen? Doch wer dieKirchengeschichte oder besser die des Frömmigkeitslebens be-trachtet, wird dies ganz und gar nicht sagen können. Die Ge-fahr, daß falsch verstandenes Vollkommenheitsstreben denBlick eher auf das eigene Ich als auf Gott lenkt und so zur Ego-zentrik statt zur demütigen Hingabe an Gott führt, kann nurleugnen, wer von der Geschichte der Aszese keine Ahnung hatund die auch im geistlichen Leben lauernden Fußangeln nichtkennt. Und es ist in diesem Zusammenhang auch kein Zufall,daß gerade die Aufklärung die moralische Vollendung des Men-schen als höchstes Ziel immer wieder gegen die Offenbarungausgespielt hat! Vor allem aber zeigt die Verbissenheit, mit dersich die gegensätzlichen Gruppen heute und das immer mit demPathos moralischer Entrüstung gegenseitig u.a. als Verräteroder Schismatiker bekämpfen, wie sehr der Moralismus derheutigen Gesellschaft auf die Kirche zurückgeschlagen hat.

Manche Leser werden fragen, warum gerade wir so ausführ-lich über Moral und Hypermoral in der Kirche von heute reflek-tieren, da doch auch unsere eigenen Beiträge nicht ohne Schär-fe sind. Und doch haben wir immer den Versuch gemacht, Per-son und Sache (d.h. hier deren Meinungen und Argumente) zutrennen: so schwer das im Bereich der Theologie und Philoso-

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2 Vgl. dazu unseren Artikel: Der tönerne Koloß. In: Walter Hoeres: ZwischenDiagnose und Therapie (Respondeo 14). Siegburg 200l S. 166 ff.

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1 Joseph Ratzinger: Glaube-Wahrheit-Toleranz. Das Christentum und die Welt-religionen. Freiburg-Basel-Wien 2003.

2 A.a.O. S.43.3 A.a.O. S.97.

phie auch mitunter fällt, wo Erkenntnis immer Bekenntnis desganzen Menschen ist. Die Entrüstung unserer Kommentarehaben wir immer als intellektuelle und ganz und gar nicht alsmoralische verstanden und uns deshalb auch nie um die Fragegekümmert, warum und wieso, d.h. aus welchen persönlichenMotiven etwa die betreffenden Autoren zu ihren Ansichtengekommen sind. Die Entrüstung bezog und bezieht sich nur aufden Etikettenschwindel, eine Sache als katholisch zu verkaufen,die dies ganz und gar nicht ist und mit dem katholischen Glau-ben nicht das geringste zu tun hat.

Abschließend sei an eine Ansprache Max Horkheimers erin-nert, die er einmal bei einem Seminarfest gehalten hat. Im heu-tigen Klima, in dem die permanente Verdächtigung und das La-

gerdenken bereits zur Gewohnheit geworden sei, so Horkhei-mer, könne man kaum mehr den Mund aufmachen, ohne sofortim Sinne des „haltet den Dieb!“ abgestempelt zu werden: „Aha,der kommt also von rechts!“ oder „der kommt von links“, „derist ein Liberaler“ oder „ein Marxist“. Sicher, Horkheimer hatteeine andere Weltanschauung und vor allem einen anderen Er-kenntnisbegriff, der von „ewigen Wahrheiten“ nichts wußte.Dennoch sollten wir uns seine Warnung zu Herzen nehmen unduns vor dieser Art vorschneller „Aha-Erlebnisse“ und vor allemvor der sie begleitenden Entrüstung hüten.

Walter HoeresSchönbornstr. 47, 60431 Frankfurt/M..

WALTER HOERES

Zeuge für den Katholikenfreund?Nachtrag zu einer Kontroverse

Videte, ne quis vos decipiat per philoso-phiam et inanem fallaciam. Gebt acht, daß euch niemand mit seinerPhilosophie und falschen Lehre verführt!

Col. 2,8

Viele Leser werden sich sicher noch an die Glosse erinnern:„Kant – der Katholikenfreund?“ (Theologisches, Okt./Nov. 2004),in der wir Stellung zu dem großen Kant-Symposion genommenhaben, das im Sommer des gleichen Jahres 2004 auf Einladungdes Eichstätter Philosophen Norbert Fischer in Eichstätt statt-fand. Wir wandten uns damals entschieden gegen den merk-würdigen Eindruck, den das Symposion hervorrief, daß KantsDenken durchaus mit dem katholischen Glauben vereinbar undseine Indizierung mit Dekret vom 11. Juli 1827 gegenstandslossei. Die Glosse hatte ein Nachspiel u.a. in einer gereizten Leser-briefdiskussion in der „Tagespost“, in der der Fuldaer Funda-mentaltheologe Aloys Winter, einer der eifrigsten PromotorenKants dessen Erkenntnislehre gegen unsere Befürchtungen ver-teidigte. In dem geistigen Klima, das durch die Schlagwortevom „anonymen Christentum“ und der „immer noch größerenÖffnung zur Welt“ gekennzeichnet ist, versteht es sich, daß mansich auch bereit findet, Kant zu „taufen“, ja die Versuche dazuhaben schon lange vor dem Konzil begonnen.

Nun wollte es der Zufall, daß wir jetzt auf Einladung eineskatholischen Initiativkreises in die Höhle des Löwen, also nachEichstätt eingeladen wurden und dort Gelegenheit erhielten,über das Thema zu referieren, das wir in diesen Spalten in demzweiteiligen Artikel „Offene und aufgeklärte Vernunft“ erörterthaben. Und die Gelegenheit war günstig, ja im buchstäblichenSinne naheliegend, auf die Unvereinbarkeit des kantischen Er-kenntnisbegriffes mit dem der Tradition und darüber hinaus aufdie tiefe und in seiner Philosophie begründete Katholikenfeind-schaft des Königsberger Philosophen hinzuweisen.

In der nachfolgenden erregten Diskussion berief sich einerder anwesenden Veranstalter des damaligen Kant-Kongressesparadoxerweise auf den Papst, sodaß bei den Hörern der seltsa-

me Eindruck entstehen mußte, wir stellten uns mit unserer un-verblümten Kant-Kritik gegen Benedikt XVI. Und deshalb mages ganz nützlich sei, in aller gebotenen Kürze auf d a s hinzuwei-sen, was der damalige Kardinal Ratzinger in seinem 2003 er-schienenen Buch: „Glaube, Wahrheit, Toleranz. Das Christentumund die Weltreligionen“1 über den verhängnisvollen Einfluß desKönigsberger Philosophen sagt.

Wie der Titel schon andeutet, wendet sich der Kardinal hiervor allem gegen die pluralistische Religionstheorie, die u.a. inAmerika von dem einflußreichen Presbyterianer J. Hick undvon P.Knitter vertreten wird und als deren stärkster Anwalt inDeutschland sich P. Schmidt-Leukel profiliert hat. Sie „brichtklar mit dem Glauben, daß allein von Christus das Heil kommtund daß zu Christus seine Kirche gehört. Die pluralistische Po-sition ist der Meinung, daß der Pluralismus der Religionen vonGott selbst gewollt ist und daß sie alle Heilswege sind oder we-nigstens sein können, wobei im einzelnen Christus durchauseine herausgehobene, aber eben keine exklusive Stellung zuge-sprochen werden kann“.2 Aus diesem Grunde wird der Glaube,daß es tatsächlich verbindliche und letztgültige Wahrheit gibt,die in der Geschichte selbst in Jesus Christus gegenwärtig ist,als Fundamentalismus, ja als Bedrohung des höchsten Gutesder Neuzeit, der Freiheit und Toleranz diffamiert. Ratzingerversäumt nicht darauf hinzuweisen, daß diese „Sicht weit überdie Theorien von Hick hinaus das Denken beherrscht“.3 Die Ge-läufigkeit, mit der die Fundamentalismus-Keule selbst im inner-kirchlichen Bereich geschwungen wird und der Aufschrei, derjüngst hierzulande gegen das Verbot multireligiöser Feiern er-folgte, zeigen, wie aktuell diese Ausführungen nach wie vor sind!

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Kardinal Ratzinger macht nun darauf aufmerksam, daß der„philosophische Ausgangspunkt“ von Hicks verhängnisvollerReligionstheorie „in Kants Unterscheidung zwischen Phaino-menon und Nooumenon liegt“4. Bekanntlich können wir nachKant nur die Erscheinungen der Dinge erfassen, die wir mit un-seren eigenen Anschauungs- und Denkformen, unserem Denk-apparat konstruiert haben. Hinter ihnen bleibt die eigentlicheWirklichkeit, wie sie an sich ist, für immer verborgen. So istunser Denkapparat nur geeicht, jene Erscheinungen der Dingezu buchstabieren. Sie selbst kann er nicht erreichen. Daraus er-gibt sich, um mit Ratzinger zu reden, daß „alles von uns Wahr-genommene nicht die eigentliche Realität ist, die sie in sich sel-ber ist, sondern eine Spiegelung nach unseren Maßen“.5

Die Folgerungen für die Religionstheorie liegen auf derHand. „Das Absolute bzw. den Absoluten selbst kann es in derGeschichte nicht geben, nur Modelle, nur Idealgestalten, dieuns auf das ganz Andere ausrichten, das in der Geschichte ebenals solches nicht zu fassen ist. Es ist klar, daß damit Kirche,Dogma, Sakramente gleichfalls ihre Unbedingtheit verlierenmüssen“6. Wieder einmal zeigt sich – diesmal am BeispielKants – daß alle Häresien bei einer falschen und verkürztenSicht der menschlichen Erkenntnis und damit des Menschenbeginnen und dieser Zusammenhang wird von Ratzinger auchklar ausgesprochen. „Denn der Mensch ist weiter dimensioniert,als Kant und die verschiedenen nachkantischen Philosophien ihnsehen und ihm zugestehen wollen. Kant selbst hat es mit seinen

Postulaten ja irgendwie auch einräumen müssen“7. Aber die Po-stulate sind eben bloße „Postulate“ und ganz gewiß nicht das,was das I. Vatikanum mit deutlicher Speerspitze gegen Kant defi-nierte, daß jeder denkende Mensch auch unabhängig vom Glau-ben schon zu einer sicheren Erkenntnis Gottes, des Schöpfers ausder Betrachtung der geschaffenen Welt kommen könne.

In der erregten Eichstätter Diskussion mahnte unser gelehr-ter Kontrahent auch das rechte Verständnis von Kants berühm-ter Schrift: „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßenVernunft“ an. Wie schon der Titel besage, habe Kant gar nichtdie Absicht gehabt, hier über die positive Offenbarungsreligionzu urteilen. Das mag richtig sein, aber trotzdem und gerade des-halb ist der Titel dieser Schrift ein reiner Etikettenschwindel.Denn wie wir in unserem Artikel über „die Vorurteile der auf-geklärten Vernunft“ in diesen Spalten belegt haben, greift Kantin seiner Schrift vehement die Offenbarungsreligion und nochvehementer die katholische Kirche an. In diesem Sinne kommtauch Ratzinger zu der Feststellung: „Wunder, Geheimnisse undGnadenmittel sind Wahnglaube, so erläutert uns Kant in seinemWerk über die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Ver-nunft“8. Und in diesem Zusammenhang weist der Kardinal aufdas Werk von M. Kriele: „Anthroposophie und Kirche. Erfah-rungen eines Grenzgängers“ (Freiburg 1996) hin, das sehr an-schaulich das geistige Klima zeige, das aus dieser, der kanti-schen Philosophie entstanden und bis heute prägend gebliebensei.9 Und dem ist nichts hinzuzufügen. Walter Hoeres

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4 A.a.O. S 96.5 A.a.O. S.96.6 A.a.O. S. 97.

7 A.a.O. S. 111.8 A.a.O. S. 106.9 A.a.O.

GEORG ALOIS OBLINGER

Streifzug durch den katholischen Blätterwald

(DB) In der aktuellen Nummer der Zeitschrift der Förderstif-tung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) „Agenda“ istein interessanter Überblick über den „katholischen Blätterwald“von Pfarrer Georg Alois Oblinger (Bistum Augsburg) erschienen,den wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten. Die Zeit-schrift kann bestellt werden bei: Förderstiftung Konservative Bil-dung und Forschung, Knöbelstraße 36; D-80538 München; Fax089-24224848.

Es tut sich etwas im katholischen Blätterwald. Die Zahl neuerkatholischer Zeitschriften nimmt kontinuierlich zu und die neuenZeitschriften zeigen immer deutlicher katholisches Profil. DerVersuch, heute eine linkskatholische Zeitschrift wie Publik-Fo-rum, das den Untertitel „Zeitschrift kritischer Christen“ trägt, aufden Markt zu bringen, wäre höchstwahrscheinlich zum Scheiternverurteilt. Seit nach dem innerdeutschen Mauerfall bekannt wur-de, daß dieses Sprachrohr der Linkskatholiken jahrelang vomkommunistischen Regime finanziell unterstützt wurde, kann dasMagazin sich mit Mühe am Leben halten.

Im liberalen, romkritischen Milieu schaut es kaum besser aus.Die seit 1949 im Herder-Verlag erscheinende Zeitschrift Christ in

der Gegenwart leidet an chronischer Überalterung. Wie das de-moskopische Institut in Allensbach herausfand, ist nur ein Drittelder Leser jünger als sechzig Jahre.

Immer mehr Leser verliert auch der Rheinische Merkur. Auchwenn Christa Meves nach wie vor zu den Mitherausgebern ge-hört, ist das einst konservative Blatt „in der politischen Mitte an-gekommen.“ So schrieb jedenfalls die WELT im Juni 2006 alsdie einzige überregionale Wochenzeitung, die sich noch im Be-sitz einer Kirche befindet, ihren 60. Geburtstag feierte. Seit demJahr 2000 hat das Blatt 22% seiner Leser verloren und es bleibtfraglich, ob sich dieses „katholische Zuschußunternehmen“(Weihbischof Friedrich Ostermann) angesichts der dramatischenFinanzlage der Kirche noch lange wird halten können.

Ein leichtes Minus verzeichnet auch Die Tagespost (ehemalsDeutsche Tagespost, zuvor Augsburger Tagespost). Das von Jo-hann Wilhelm Naumann (1897-1956) begründete Organ ist heutedie einzige katholische Tageszeitung im deutschen Sprachraumund erscheint dreimal wöchentlich. Auch wenn der politisch kon-servative Kurs, der unter dem kürzlich verstorbenen Naumann-Nachfolger Dr. Harald Vocke weitergeführt wurde, inzwischen

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1 Anm. des Hrsg.s: Die Vergangenheitsform gilt für Prof. Hoeres natürlich nicht,der nach wie vor einer unserer wichtigsten und verdientesten Mitarbeiter ist!

aufgeweicht wurde (was sich vor allem in der Diskussion umMdB Martin Hohmann zeigte), fällt in der kirchlichen Ausrich-tung immer wieder die klare Romtreue dieser Zeitung auf. Alsdie deutschen Bischöfe nach langem Drängen des Papstes aus derstaatlich eingebundenen Schwangerschaftspflichtberatung mitScheinvergabe ausstiegen, nahm das Blatt schon von Beginn derDiskussion an eindeutig die päpstliche Position ein.

Mit der Kirchlichen Umschau ist seit 1998 eine der traditiona-listischen Priesterbruderschaft Pius X. nahestehende Zeitung aufdem Markt, die seit 2001 monatlich erscheint. Die Leserzahl istallerdings sehr gering und immerhin stagnierend. Auch wird dieZeitung mit einem sehr begrenzten Autorenstamm erstellt undzeichnet sich durch sehr lange (mehrseitige) Artikel aus, die oftnoch über mehrere Nummern fortgesetzt werden.

Anläßlich des Kölner Weltjugendtages im August 2005 kameine weitere katholische Monatszeitung auf den Markt, die sichVers 1 nennt und damit Bezug nimmt auf den Johannes-Prolog(„Im Anfang war das Wort“, Joh 1,1). Die Zeitschrift ist ökume-nisch, aber nicht profilverwischend ausgerichtet und zeichnet sichdurch ein modernes, auch junge Leser ansprechendes Layout aus.

Schon länger gibt es das monatlich erscheinende PUR- Maga-zin des Fe-Medienverlags in Kißlegg am Bodensee. PUR stehthier für „politisch - unabhängig - religiös“ und selbstverständlichfür die unverwässerte Lehre der Kirche. Vierteljährlich erschei-nen thematische Sonderhefte mit dem Titel Pur-spezial, die oftinteressante Glaubensthemen vertiefen.

Ebenfalls monatlich erscheint die weitgehend konservativausgerichtete Zeitschrift Kirche heute, die jetzt in Altötting her-ausgegeben wird. In letzter Zeit ist hier allerdings ein verstärkterTrend zur charismatischen Frömmigkeit feststellbar.

Stärker wissenschaftlich ausgerichtet ist die 1970 von Wil-helm Schamoni begründete und in seinem Geist über viele Jahrevon Professor Johannes Bökmann weitergeführte Monatszeit-schrift Theologisches, die als ältestes Sprachrohr des konservati-ven Katholizismus bezeichnet werden kann und in der früher sorenommierte Autoren wie Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Erik vonKuehnelt-Leddihn oder Walter Hoeres schrieben1. Seit 2003 hatdie Zeitschrift, deren Zukunft eine zeitlang ungewiß schien, mitdem jungen Philosophen DDr. David Berger wieder einen poin-tiert konservativen Herausgeber gefunden.

Für das Glaubensleben in Deutschland sind in jüngerer Zeit vorallem die „Initiativkreise“ prägend gewesen. Hierbei handelt essich um engagierte Laien, denen die offiziellen katholischen Ver-bände zu wenig Profil zeigten und die sich seit den neunziger Jah-ren jeweils auf Diözesanebene zusammenschlossen. Im Jahr 2000kam es allerdings zu einer Spaltung der Initiativkreise. Eine Min-derheit um den ehemaligen Vorsitzenden Dr. Wolfgang Graf möch-te ausschließlich den alten Meßritus pflegen und gibt mit den IK-Nachrichten eine schlicht gestaltete Zeitschrift heraus, die sich dar-auf konzentriert, Informationen komprimiert weiterzugeben.

Die Mehrheit der Initiativkreise hat sich zum „Forum deut-scher Katholiken“ zusammengeschlossen, das jährlich im Herbstin Fulda einen Kongreß abhält. Diesem Forum steht die ausge-sprochen papsttreue Monatszeitschrift Der Fels nahe, die vonProf. Dr. Hubert Gindert herausgegeben wird.

Ein politisch und religiös äußerst konservatives Publikations-organ ist der von Claus-Peter Clausen verfaßte, wöchentlich er-scheinende Informationsdienst Der Schwarze Brief, der schonseit 1966 erscheint und in seinem Titel auf den katholischen Kle-rus anspielt. Allerdings wittert dieses Organ oft Verschwörungs-theorien und ist selten frei von Polemik.

Zu den katholischen Zeitschriften muß auch Der Durchblickgerechnet werden, der viermal jährlich erscheint. Dies ist die

Zeitschrift des 1997 gegründeten Lebensrecht-Vereins „Durch-blick e. V.“, der durch publikumswirksame Aktionen auf das Un-recht der legalisierten Abtreibung aufmerksam macht. Durch dasAufstellen von 1000 weißen Kreuzen wurde so an die Zahl deran jedem Werktag in Deutschland vorgenommenen Abtreibun-gen erinnert. Mit dem Projekt „Embryonenoffensive“ soll dem-nächst jedem deutschen Haushalt ein fünf Zentimeter großer Pla-stik-Embryo zugesandt werden, der ein Kind in der zehntenSchwangerschaftswoche darstellt. Da das HerausgeberehepaarUlrike und Thomas Schührer sehr von seinem romtreuen katho-lischen Glauben geprägt und motiviert ist, wird dieser auch in derZeitschrift deutlich thematisiert.

„Das Magazin für christliche Kultur“ lautet seit Frühjahr diesesJahres der Untertitel der schon seit 1999 vom Aachener MM-Ver-lag herausgegebenen Zeitschrift KOMMA, die sechsmal jährlichim Umfang von 88 Seiten erscheint. Redaktionsleiter ist der jungeVerleger Michael Müller, der ein Team von kompetenten Autorenbeiderlei Konfession für seine Zeitschrift gewonnen hat. Die Bei-träge sind vor allem in Bezug auf die Islamisierung Deutschlandsund auf den katholischen Laienkatholizismus oft sehr mutig,manchmal auch angriffslustig, doch immer auf hohem Niveau.

Im gleichen Verlag wurde seit 1991 auch die Monatszeitschrift30 Tage herausgegeben, die mittlerweile von Rom aus vertriebenwird. Inhaltlich widmet sich die vom ehemaligen italienischenMinisterpräsidenten Giulio Andreotti verantwortete Zeitschriftden Ereignissen im Vatikan sowie ausgewählten Brennpunktender Weltkirche. Manchmal scheint die Themenwahl sich aller-dings wenig am deutschen Leserinteresse zu orientieren.

Die neueste Erscheinung auf dem katholischen Zeitschrif-tenmarkt in Deutschland heißt Vatican-Magazin. Die englisch-sprachige Monatszeitschrift Inside the Vatican brachte im Juni2006 eine gleichnamige Zeitschrift in deutscher Sprache heraus.Schon nach den ersten Nummern erfolgte die Umbenennung undein Verlagswechsel. Jetzt wird die Zeitschrift vom Fe-Medien-verlag vertrieben; Herausgeber sind Paul Badde und Dr. NorbertNeuhaus, der Geschäftsführer von „Kirche in Not“. Das mit Bil-dern christlicher Kunst hochwertig gestaltete Heft kommt inhalt-lich ebenso anspruchsvoll daher. Wie der Titel schon signalisiertliegt der Schwerpunkt auf einer direkten Information über Er-eignisse im Vatikan. Doch werden auch andere aktuelle Themenaufgegriffen und aus vatikanischem Blickwinkel beleuchtet. Ineiner neu eingerichteten Rubrik namens „disputa“ sollen kontro-verse Beiträge zur geistigen Auseinandersetzung anregen. Schondie beiden ersten Beiträge widmeten sich spezifisch konservati-ven Themen: Martin Mosebach schrieb über den alten Meßritusund Jens Jessen stellte Nicolás Gómez Dávila vor.

Dieser kurze Streifzug durch den katholischen Blätterwald,der dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben möchte,zeigt wie vielfältig das katholische Milieu ist. Nur eines ist klarerkennbar: In der katholischen Publizistik ist wieder Linientreuegefragt. Der Leser einer katholischen Zeitung oder Zeitschriftentscheidet sich doch deshalb für diese Lektüre, weil er hier daszu finden hofft, was ihm ein linksliberal dominierter Zeit-schriftenmarkt meist vorenthält: katholische Positionen und de-ren argumentative Untermauerung.

Pfr. Georg Alois OblingerHeinrich-Sintz-Str. 689335 Ichenhausen

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den Kelch durch das „für unser Heil und das Heil aller Men-schen“, das die Kirche selbstverständlich im Hinblick auf dasLeiden des Herrn am Karfreitag bezieht, ohne deshalb das „promultis“ umzudeuten. Der besondere Kontext hat auch dieAdressaten besonders im Blick. „Das ekchynnomenon des grie-chischen Urtextes bezieht sich auf den Kelch mit dem Bundes-blut, aus dem die Jünger trinken, wie vor allem Lukas deutlichmacht.“ (S.70) Das scheint auch mir das Naheliegende undWahrscheinliche, wenn ich auch in meiner Arbeit Das Blut desBundes – vergossen für viele? zurückhaltender argumentiert ha-be, man könne nicht ausschließen, daß gleichsam in einem Sei-tenblick das Blut als das am Kreuz für alle vergossene qualifi-ziert werde. Da es sich um dasselbe Blut handelt, wäre die Aus-sage zwar nicht in sich falsch, aber gegenüber dem eindeutigüberlieferten Text und der Semantik des „für viele“ eine in dennäheren Kontext willkürlich hineingezogene Interpretation. Siezeigt wenig Respekt vor dem Testament des Herrn und leistetMißverständnissen Vorschub, wie gerade das vorliegende Buchbeweist.

Zum Beitrag von Thomas Söding: Für euch – für viele –für alle. Für wen feiert die Kirche die Eucharistie?Die einleitenden Fragen von Th. Söding sind suggestiv und

polemisch: „Feiert die Kirche Eucharistie nicht mehr für alleMenschen? Zieht sie sich auf den Kreis der Rechtgläubigenzurück?“ (S. 17). Ganz richtig schreibt Söding (S. 18), „daßJesu Tod und Auferstehung das Heil Gottes nicht nur einigenwenigen, auch nicht nur ziemlich vielen, sondern allen Men-schen, ja der ganzen Schöpfung eröffnen“, um dann zu behaup-ten: „und genau so in der Eucharistie gefeiert werden“. Werdenin der Eucharistie Tod und Auferstehung Christi nur gefeiert?(ebenso auf S. 25: „Dieses Geheimnis des Glaubens“ – daßChristus für alle gestorben ist – „wird in der Eucharistie gefei-ert.“). Abgesehen von den Aussagen des kirchlichen Lehramtesund der jahrhundertelangen kontroverstheologischen Auseinan-dersetzung um das Verständnis von Meßopfer bzw. Abendmahlmuß sich schon der Bibliker fragen, ob man den Worten überBrot und Wein im Rahmen des Pascha gerecht wird, wenn manvon einer bloßen Feier des Todes und der Auferstehung Christiausgeht. Nach eingehender Analyse schreibt A. Weihs in seinervon Th. Söding mitbetreuten Dissertation über Die Deutung desTodes Jesu im Markusevangelium (Würzburg, 2003) auf S. 156über die Einsetzung der eucharistischen Gaben: „Jesus `erklärt´hier nicht seinen Tod, sondern er gibt daran Anteil“ (vgl. auchS. 507f). Weihs verweist auf die Verbindungslinie von Mk 14,24 zu 10,38, also die Aufforderung an die Jünger, seinen Kelchzu trinken, und zu 14,36, wo dieser Kelch schließlich als derKelch des Leidens offenkundig wird (S. 146; 161f).

Man kann natürlich im Rahmen der Liturgie alles „feiern“,die Buße, die Passion, das Opfer usw., aber ohne ein existentiel-les Eingehen in das dargebrachte Opfer, ohne Übereinstim-mung von gefeiertem Ritus und gelebter Wirklichkeit würde dieprophetische Kultkritik zutreffen: „Ich verachte, verschmäheeure Feste, eure Feiern mag ich nicht riechen“ (Amos 5,21).Der für Kinder zunächst einfacher scheinende Zugang zum Ge-heimnis der Eucharistie unter dem Motto „Wir feiern ein Fest“verfehlt nicht selten die in den biblischen Texten geforderten

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FRANZ PROSINGER

Einige Überlegungen zum dem Buch Gestorben für wen?Zur Diskussion um das „pro multis“ hrsg. von Magnus Striet

Dem Verlag Herder ist zu verdanken, daß die Argumentegegen die von Kardinal Arinze angekündigte künftige Überset-zung der Worte über den Kelch vom Blut des Bundes, das füreuch und „für viele“ vergossen wird, in einem kleinen Büchleinzusammengefaßt sind. Mit H. Hoping und teilweise M. Theo-bald kommen auch Gegenargumente zu Wort, wobei es fraglichist, ob die sachlich richtigen Differenzierungen den biblischund theologisch nicht gut gefestigten Leser angesichts der an-sonsten vorgebrachten Halbwahrheiten, suggestiven Unterstel-lungen und Polemik erreichen. Insgesamt stellt die Veröffentli-chung eine scharfe Attacke dar gegen die geplante Neuüber-setzung und die Aufforderung, dieselbe in geeigneter Katechesezu erklären. Die dafür im Brief Arinzes gebotenen Argumentewerden – auch von M. Theobald – zu Unrecht zurückgewiesen.Wenn man sich auch heutzutage nicht mehr der Illusion hinge-ben kann, das Lehramt der Professoren würde sich in denDienst des Lehramtes der Kirche stellen, so dürfte man sichdoch mehr Sachlichkeit in „kritischer Solidarität“ erwarten. DieAutoren meinen, „für ziemliche Unruhe sorgt derzeit im Kir-chenvolk“ (S. 29) das Schreiben Arinzes, aber zumindest sor-gen sie selbst dafür, daß diese Unruhe sich nicht beruhigt (self-fulfilling-prophecy).

Fehler schon im Titel des BuchesIch habe versucht, in der Untersuchung Das Blut des Bundes

– vergossen für viele? (Quaestiones non disputatae, Siegburg2007) nachzuweisen, daß die Interpretation „für alle“ bei Joa-chim Jeremias schon durch die vorgefaßte Fragestellung be-dingt war: was bedeutet die Aussage, daß Jesus für viele stirbt?In der vom sel. Johannes XXIII. approbierten Litanei zum kost-baren Blut wird in zwei Anrufungen unterschieden: Blut Chri-sti, im Altarsakrament Trank und Reinigung der Seelen – BlutChristi, am Kreuze ausgegossen. Natürlich handelt es sich umdasselbe Blut des Herrn, aber doch in verschiedenem Kontext.Pater Gerhard Hermes hat schon 1971 im FELS geschrieben:„könnte der Herr durchaus auch an die sakramentale Ausgie-ßung des `Kelches´(!) Seines Blutes in der Kirche gedacht ha-ben, deren nicht einmal alle Auserwählten teilhaftig werden“(Pro multis – für viele, FELS, 3/1971; S. 67). Im Nov. 1970schrieb Prof. Dr. Rudolf Pfeil im FELS: “Aber es besteht einwesentlicher Unterschied zwischen der Intention des Kreuzes-opfers auf die Erlösung der ganzen Welt hin und der faktischenZuwendung der Erlösung auf die Teilnehmer an der im Meß-opfer geschehenen repraesentatio dieses Opfers“.

Da das hier zu besprechende Buch schon im Titel Gestorbenfür wen? die Fragestellung einseitig vorgibt, kann ein einseiti-ges Ergebnis nicht verwundern. Dabei findet sich im Buchselbst das entscheidende Gegenargument: das ekchynnomenonin Mk 14,24, „das nicht nur ‘vergossen’, sondern auch ‘ausge-gossen’ bedeuten kann … hat den mit dem Blut Christi gefüll-ten Kelch im Blick, der den Jüngern im Abendmahl gereichtwird“ (H. Hoping, S. 69). „Der kultische Kontext des Kelch-wortes wird bei der Diskussion um seine Übersetzung meistübersehen“, so schreibt Hoping treffend in einem Buch, dasdiesen Fehler schon im Titel begeht. Auch A. Gerhards (S. 63)übersieht diesen Unterschied, wenn er meint, der Einschub amGründonnerstag interpretiere das „für viele“ in den Worten über

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Opfergesinnung. Zu der ebenfalls inzwischen obligatorisch er-scheinenden Betonung der Feier des Todes und der Auferste-hung ist zu sagen: implizit ist selbstverständlich eingeschlos-sen, daß es ohne Auferstehung auch keine Kommunion im hin-gegebenen Leib und vergossenen Blut Christi geben würde – sorichtig H-J. Tück in seinem Beitrag auf S. 102 –, aber die überBrot und Wein gesprochenen Worte sprechen die Passion undden Tod und nicht die Auferstehung an. Nach Paulus „verkün-det“ der Kommunizierende deshalb den Tod Jesu (1Kor 11,26),was H. Schlier so erklärt: „Es ist das nennende Aufdecken des-sen, was hier als verpflichtendes und gültiges Ereignis sichvollzieht, die Gegenwart des Todes Jesu als Opfer“ (Das Endeder Zeit, Freiburg 1971, S. 207f). Wenn im römischen Kanonwie auch in den übrigen Hochgebeten des neuen römischenMeßbuches nach der Verwandlung der Gaben dieselben darge-bracht werden (offerimus), so entspricht dies ganz dem bibli-schen Sprachgebrauch: dort wird ein Opfer nicht „gefeiert“,sondern „dargebracht“ (Martin Buber übersetzt „darhöhen“).Zugleich bleibt ehrlicherweise der unüberbrückbare Gegensatzzum Verständnis der Protestanten bestehen, in dem sich Refor-mierte und Lutheraner einig sind: „Und ist also die Meß imGrund nichts anderes denn eine Verleugnung des einigen Op-fers und Leidens Jesu Christi und eine vermaledeite Abgötterei“(Heidelberger Katechismus, Frage 80); „De Missa: Über dasalles hatte der Drachenschwanz, die Messe, viel Ungeziefersund Geschmeiß mancherlei Abgötterei gezeuget“ (Schmalkal-dische Artikel II, 2 – es geht nicht um die Mißstände, sondernum eine unterschiedliche Auffassung über die Einmaligkeit desOpfers Christi). Dagegen wären auch sie bereit, Tod und Auf-erstehung Christi zu feiern.

Zum Beitrag von H-J. Tück

Wenn der Tod und die Auferstehung nicht nur gefeiert wer-den, sondern das Opfer Christi gegenwärtig ist, damit wir indieses Opfer eingehen, dann gedenken wir nicht nur, was Jesusfür alle Menschen getan hat, sondern vollziehen, was er jetztmit uns tun will. H-J. Tück schreibt richtig auf S. 103: „Durchden Empfang dieser Gaben vollzieht sich die reale Inkorpora-tion der Gläubigen in den Leib Christi.“ Er betont, daß es sichnicht um eine nuda commemoratio handelt, sondern die persön-liche Übernahme der Lebenshingabe Jesu Christi (S.104). Da-mit könnte er das Argument von Kardinal Arinze stützen, daß„in seinem Leben der Christ eingeladen (ist), dieses Mysteriumumzusetzen, um so unter die ‘vielen’ gerechnet zu werden, aufdie sich der Text bezieht“ (Nr. 3 e). Dennoch verteidigt Tückdie freie Übersetzung „für alle“: da der Herr sein Leben für alleohne Ausnahme hingibt, muß der Kommunizierende aus inne-rer Konsequenz in diese Mission einstimmen und sich geradeder Ärmsten und Verlassensten annehmen, indem er ihnen dierückhaltlose Zuwendung Jesu als Ausweg aus seiner Entwürdi-gung weist. Dazu ist zu sagen: wenn auch die Solidarität „füralle“ untrennbar mit einer wirklichen Kommunion in der Le-benshingabe Christi verbunden ist, so muß sich die Kommu-nion doch zunächst im je Einzelnen vollziehen. Niemand kannfür andere kommunizieren, auch wenn dann die Kommunionallen anderen zugute kommen soll. Wenn nun mit dem „für“, al-so mit den Adressaten des ausgegossenen Blutes die Kommuni-zierenden gemeint sind, dann entspricht das „für viele“ densachlichen Differenzierungen. Es ist nämlich nicht so, wie H-J.Tück meint, daß „der Ausdruck ‘viele’ im Deutschen … denAusschluß von ‘wenigen’ oder ‘einigen’ insinuiert“ (S.96).Auch im Deutschen versteht jedermann, daß „die Lebensmittel

dieser Welt für viele ausreichen müssen“. Da wird natürlichnicht insinuiert, daß man nicht alle ernähren wollte. Die Aussa-ge, daß die Lebensmittel für alle ausreichen müssen, wäre banalund überflüssig – daß sie aber für viele ausreichen müssen, istangesichts der großen Zahl ein ernstes Problem. Somit ist demSchreiben Kardinal Arinzes – gegen Tück – doch Recht zugeben, daß der Ausdruck ‘für viele’ für die Einbeziehung jedesMenschen offen ist.

Umgekehrt: auch wenn das ‘für viele’ das ‘für alle’ nichtausschließt, so schließt es dieses doch auch nicht unbedingt ein.Der Ablehnung der Übersetzung ‘für alle’ eine „Apokatastasis-phobie“ zu unterstellen (S. 96), ist polemisch. Dankenswerter-weise spricht Tück aus, was wir in den anderen Beiträgen ver-missen: „In der Tat ist die Möglichkeit einer definitiven Verwei-gerung des Heilsangebotes … ernst zu nehmen.“ (S.96) Ander-erseits wird der Ernst dann doch wieder relativiert durch Spe-kulationen über eine möglicherweise postmortale Heilszuwen-dung, in der Christus „auch das eschatologische Nein seinemHeilsereignis gegenüber noch einmal eingeholt“ hat (S. 97 – einZitat aus H. U. v. Balthasar, Theologie der drei Tage, Freiburg1990, 165). Es wird wohl niemanden geben, der – schon aushöchst eigenem Interesse – eine solche letzte Heilsinitiative ab-lehnen möchte. Den sogenannten „Traditionalisten“ als selbst-gerechten Pharisäer vorzustellen, der vom eigenen Heil über-zeugt ist und zu seiner größeren Zufriedenheit den anderen inder Hölle schmoren sieht, ist primitive Polemik. So bezeichnetH. U. v. Balthasar diejenigen, die seine Spekulationen über eineRettung aller nicht teilen als „Infernalisten“ (Kleiner Diskursüber die Hölle, Einsiedeln 1999, S. 25).

Es sind die biblischen Texte, die der „Möglichkeit einer defi-nitiven Verweigerung des Heilsangebotes“ ihren Ernst zuwei-sen. Die Aussage, daß es „dem Menschen gesetzt ist, einmal zusterben, anschließend aber das Gericht“ (Heb 9,27), und dieAussagen, daß sich das Gericht schon hier und jetzt zuzieht,wer nicht glaubt, bzw. das Licht nicht annimmt (Joh 3,18-21),legen nahe, daß sich die Entscheidung in diesem Leben voll-zieht – zumal die Theorie einer postmortalen Überwindungauch des eschatologischen Nein sich bei Balthasar darauf stützt,daß Christus selbst die Verdammnis stellvertretend für alledurchlitten und ausgelitten und die Hölle leer-gelitten habe, wasvom kirchlichen Lehramt abgelehnt worden ist (DS 587; 1011;1077; KKK 633) und unter anderem mit Joh 8,29 unvereinbarwäre.

Wenn Tück meint, daß die innere Konsequenz der Kommu-nion in der Lebenshingabe Christi für alle Menschen in der tra-ditionellen Soteriologie eher vernachlässigt wurde (S.104),bedenkt er vielleicht zu wenig die großen Opfer, die die Missio-nare in einer lebenslangen Solidarität mit den Verlassenen undAusgegrenzten in den Urwäldern bis in die höchsten Höhen derAnden gebracht haben, um sie aus den Ängsten ihres Aberglau-bens zu befreien. Andererseits wird auch er das Erlahmen die-ses Missionseifers in jüngster Zeit feststellen und sich fragenmüssen, ob nicht ein allzu großer Optimismus, daß doch letzt-lich für alle Menschen alles gut ausgehen wird, dafür mitver-antwortlich sein könnte. Schon die Jünger waren angesichts derhohen Ansprüche der Verkündigung Jesu beunruhigt: „Herr,sind es wenige, die gerettet werden?“ (Lk 13,23). Die Antwort(13,24-30)ist keineswegs beruhigend, fordert vielmehr über einbloßes Verlangen (zêtêsousin) hinaus einen kämpferischen Ein-satz (agônízesthe).So ist Paulus als Missionar allen alles gewor-den, um auf alle Weise etliche zu retten (1Kor 9,22). Natürlichwill Paulus alle retten, nimmt sich aber angesichts der großen

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Widerstände zumindest vor, möglichst viele zu retten (1Kor10,33).

Röm 5,18fDa sowohl Th. Söding als auch M. Theolbald die parallelen

Formulierungen des hl. Paulus in Röm 5,12-19 als Argument füreine Austauschbarkeit „der Vielen“ und „aller Menschen“ heran-ziehen, sei darauf noch einmal eingegangen. Söding schreibt:„Ein schlagendes Beispiel liefert Paulus. Er, dem niemand so un-schnell (sic!) unpräzises Denken nachsagen wird …“, um danndem Paulustext in 5,18 ein Verb einzufügen, das nicht dasteht:„gekommen ist“. Als ob Paulus hätte sagen wollen, daß es durchdie Gerechtigkeit Christi zur tatsächlichen Rechtfertigung allerMenschen in ebenso schicksalhafter Weise komme, wie sich dieSünde Adams auf alle Menschen auswirkte! Im Text steht da abernur die Präposition eis ohne Verb, was man als ein Hinzielen aufdie Rechtfertigung aller Menschen verstehen muß. Nicht Paulusist hier unpräzis, sondern Söding.

Nach M. Theobald meint Paulus: „Auf Grund des Sterbensdes einen Gerechten, Jesus, werden nun ‘die Vielen’, die aus-nahmslos alle Sünder sind, von Gott als Gerechte angesehen“ (S.39). Dahinter steht wohl die lutherische Imputationslehre, danach Theobald Jesus angesichts der Ablehnung des „von ihmproklamierten Erwählungshandelns Gottes an Israel“ zumindestdie Möglichkeit eines gewaltsamen Todes vor Augen sah undsomit seinen Tod als stellvertretende Lebenshingabe einsetzenwollte (S. 41). Die Aussage über die Vielen, „die ausnahmslosalle Sünder sind“, ist zweideutig. Sind da alle Menschen gemeint,die ja ausnahmslos alle Sünder sind? Dahin deuten die Erklä-rungen auf S. 39f, wonach in Röm 5,18f „alle Menschen“ ge-meint seien. Aber in Röm 5,19, wo von der Wirkung die Rede ist(F. Stier übersetzt: „so wird durch den Gehorsam des einen be-wirkt, daß die Vielen Gerechte sind“), wird ausdrücklich nichtgesagt, daß dies alle Menschen einschließt! Oder gilt die Zu-stimmung Theobalds zur Aussage des hl. Augustinus auf S. 45f:„Wie jeder, der geboren wird als Adams Nachkomme und dannmit der Erbsünde in das leibliche Leben geboren wird, so wirdjeder, der zum geistigen Leben wiedergeboren wird, aus Christusgeboren.“?

Richtig ist die Analyse Theobalds, daß „die Vielen“, wenn derbestimmte Artikel eine bestimmte Anzahl meint und nicht pro-leptisch oder anaphorisch auf eine unbestimmte Vielheit hin-weist, mit dem Ausdruck „alle“ bezeichnet werden kann, wobeidieser Ganzheits-Terminus verschiedene Füllungen erlaubt (S.40). Gerade deshalb sollte man die unbestimmte Zahl der „fürviele“ in Mk 14,24 nicht mit einem bestimmten Artikel versehen.„Für die Vielen“ wird beim einfachen Hörer das inzwischen ge-wohnte „für alle“ anklingen lassen, der exegetische Fachmannmüßte an fest definierte Gruppen denken, wie etwa die Schar derGetreuen in endzeitlicher Sicht bei Daniel und im Henochbuch,oder eine exklusive Gemeinschaft wie die der Essener in Qum-ran. Nach Theobald hätte Jesus zunächst mit dem „für die Vie-len“ nur an die Gesamtheit Israels gedacht, was sich dann nach-österlich in die Gesamtheit der Völkerwelt öffnete. Die Hervor-hebung der Sendung Jesu zur Sammlung der zerstreuten KinderIsraels läßt Theobald die Übersetzung „für die Vielen“ (mit demaus Is 53,11 ergänzten Artikel) bevorzugen. Das „für alle“ hätteden Nachteil, diese ursprüngliche Sonderstellung Israels zu über-springen.

In welchem Kontext steht „für viele“?M. Theobald zitiert den Brief Arinzes: der Ausdruck ‘für vie-

le’ „ist für die Einbeziehung jedes Menschen offen und bezeugt

[!] die Tatsache, daß diese Erlösung nicht auf eine mechanischeArt und Weise – ohne Einwilligung oder Teilnahme der Einzel-nen – geschieht“. Der monierte und mit Ausrufezeichen versehe-ne Ausdruck „bezeugt“ steht aber nicht im offiziellen deutschenText (im Buch auf S. 13: „bringt deutlicher die Tatsache zumAusdruck“), im spanischen und italienischen Text steht: „reflek-tiert die Tatsache“. Immerhin kann man einwenden: wer in dem„für viele“ die spezielle Bezeugung der Wirkweise im Horizontder Eucharistie erkennen will, übersieht, daß die „sühnechristo-logische Formel ‘für viele’ in eucharistischem und nicht-euchari-stischem Kontext unterschiedslos“ gebraucht wird (S. 37). Tat-sächlich steht die Aussage, daß der Menschensohn sein Lebenhingibt als Lösepreis für viele (Mk 10,45), nicht ausdrücklich ineucharistischem Kontext – wohl aber in der Nähe zu 10,38f! –,und mit großer Wahrscheinlichkeit geht die Formulierung auf Is53,12c zurück, daß der Gottesknecht „die Sünden vieler auf sichgenommen“ hat, wobei es sich nicht um einen kultischen Ritus,sondern eine existentielle Auseinandersetzung handelt. Ich binauf diesen Einwand in meiner Lizentiatsarbeit (S. 65) bereits ein-gegangen: „Während außerhalb der konkreten Teilgabe beide As-pekte angesprochen werden können – einerseits Joh 6,51 und1Tim 2,6, andererseits Mk 10,45 -, so ist die Applikation “fürviele” in Mk 14,24 im tatsächlichen Vollzug der Kommunion imOpfer Christi gut verständlich. Außerdem ist Mk 14,24 ein “Spit-zensatz”, in dem Formulierungen von anderswoher nicht einfachnur übernommen werden“. Das heißt: Formulierungen aus demAlten Testament werden nicht unbedingt als in ihrem dortigenKontext vorgeprägt übernommen (vgl. das Zeichen des Jonas!),sondern in den neuen Horizont des Neuen einbezogen und neugeprägt.

Nun sieht M. Theobald aber den in Mk 10,45 angegebenenHorizont von der „Metaphorik vom Lösegeld, das Jesus bezahlt“geprägt, und es sei „abstrus, hier der Formel unterstellen zu wol-len, sie bezeuge die ‘nicht-mechanische Art und Weise der Erlö-sung’“ (S.38). Nun: gerade weil es sich nur um eine Metaphorikhandelt, ist der Schluß nicht zwingend. Ohne dem Bild seinesprechende Symbolik zu nehmen, ist das Lösegeld doch im nähe-ren Kontext zu deuten als verpflichtende Vorgabe, die sich dieJünger aneignen sollen (Mk 9,38-45). Im weiteren Kontext stehtdas Bild in einer Reihe sich ergänzender Bilder vom Keltertreter,dem geschlachteten Lamm, der erhöhten Schlange, dem angena-gelten Schuldbrief usw., die jeweils nur einen besonderen Aspekthervorheben, aber nicht in jeder Hinsicht Anwendung finden.Das Ziel des Erlösungswerkes, die Wiederherstellung der Gottes-freundschaft in dem Garten, da der Herr zum Hauch des Tageshin- und herging (Gen 3,8), wird nicht durch die Bezahlung einesLösepreises zur Befreiung aus einer äußerlichen Sklavenschafterreicht. Das Vorbild, die Befreiung des Gottesvolkes aus derSklaverei in Ägypten, ist eben nur ein vorläufiges Bild, das nachdem 9. Kapitel des Hebräerbriefes aufgehoben und vollendet istim Opfer Christi, der gerade nicht nur irgend etwas bezahlt odergeopfert hat, sondern „sich selbst im ewigen Geist unbeflecktGott darbrachte, um unser Gewissen zu reinigen von toten Wer-ken, um dem lebendigen Gott zu dienen“ (9,14). Das geschiehtwohl sola gratia (Theobald sieht eine Gefahr, die sola-gratia-Lehre aufzulösen), aber nicht als „gratia extra nos“, nicht überdie Köpfe und die Verantwortung der zu Erlösenden hinweg. Ge-rade die Reinigung unseres Gewissens von toten Werken be-zeugt, daß es sich um ein Gnadenwirken handelt, das unsere in-nere Mitwirkung einfordert. Die Forderung nach einer „Mitwir-kung (!)“ des Menschen versah Theobald empört mit einem Aus-rufezeichen (Anm. 21). Differenzierter sieht es die Synode von

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Quiercy: „Deus omnipotens ‘omnes homines’ sine exceptione‘vult salvos fieri’ (1Tim 2,5), licet non omnes salventur. Quodautem quidam salvantur, salvantis est donum: quod autem qui-dem pereunt, pereuntium est meritum“ (Kap. 3; DS 623). Auchunsere Mitwirkung ist ein Geschenk der Gnade, aber wer nichtwill, verdankt seinen Untergang sich selbst. Gerade weil wir sotief in das Wirken der Gnade hineingenommen werden, ist auchdie Identifikation und Intimität so ganz über jeden Zweifel erha-ben. Wer meint, daß Christus uns nur als Sündenbock durchStellvertretung als Platztausch etwas erspart und abgenommenhat (so Martin Luther, Karl Barth, Hans Urs von Balthasar etc.),scheint den Menschen von der Last seiner Verantwortung zubefreien, beraubt ihn aber des eigentlichen Geheimnisses unseresLebens, nämlich der wirklichen Gottesfreundschaft.

Zuerst wörtlich übersetzenMeines Erachtens zeigen all diese verschiedenen Interpreta-

tionen, daß auf jeden Fall die wörtliche Übersetzung vorausge-setzt werden muß. Das von H-J. Tück beanspruchte Sprichworttraduttore tradittore betrifft die Nuancen des semantischen Um-feldes, nicht aber die Grundbedeutungen grundlegender Begriffe.Erst nach der wörtlichen Wiedergabe und in der Demut, diesenText sprechen zu lassen und nicht die eigenen Anschauungen,darf eine Deutung folgen.

Das früher immer wieder herangezogene Argument von J. Je-remias, das „viele“ sei ein Semitismus und bedeute „die großeZahl, die Unzähligen, alle“, wird zwar inzwischen auch von Sö-ding hinterfragt, aber es bleibt die völlig unbegründete Behaup-tung, anders als im biblischen Sprechen mache es „im gegenwär-tigen deutschen Sprachraum … einen Unterschied, ob man ‘fürviele’ oder ‘für alle’ sagt“ (S. 25) – während Paulus „nur dieSprache der Bibel spricht“ (S. 26). „Einheit – Vielheit – Allheit“sind in ihrer Abgrenzung bzw. Unbestimmtheit grundlegendeDenkkategorien, die in allen Sprachen unterschieden werdenmüssen. Wer dies mißachtet, kommt mit Söding zu dem Ergeb-nis: „‘Für alle’ ist deshalb die sachlich richtige Wiedergabe desbiblischen Textes im Kontext des Hochgebetes … ‘Für viele’ …eine Scheingenauigkeit“ (S. 26). So wird die philologisch und bi-beltheologisch korrekte Aussage aus dem Brief Arinzes, daß „derAusdruck `für viele´ offen bleibt, um jeden Menschen in dasHeils einzuschließen“, aber „deutlicher die Tatsache zum Aus-druck bringt, daß das Heil nicht automatisch geschenkt wird“ausgespielt.

Allerlösung?Wenn sich auch Söding nicht an der Allversöhnungslehre des

Origenes orientieren will, sondern an der biblischen Heilsuniver-salität (S. 18), so erweckt er doch den Verdacht einer undifferen-zierten Heilszuwendung, die den biblischen Aussagen nicht ent-spricht. Ausgerechnet im Johannesevangelium rettet Jesus an-geblich die ganze „geschaffene und gefallene Welt; die Men-schen, die auf ihr leben und denen die Liebe Gottes gilt, sind ge-rade diejenigen, die mehr als das Licht die Finsternis lieben (Joh1,5).“ Es verfälscht die johanneische Sicht der Welt, wer hier nurdie universale Öffnung des Heiles „für die Welt“ erwähnt (Joh4,42; 6,51), aber nicht die in diesem Zusammenhang erwähntenBedingungen, „daß jeder, der glaubt, nicht verloren gehe“ (3,16)und daß das Kommen des Lichtes in die Welt zum Gericht undzu einer Scheidung der Geister führt, „weil die Menschen mehrdie Finsternis lieben als das Licht“, während von dem je Einzel-nen gelten kann, daß „er die Wahrheit tut und zum Licht kommt“(3,19-21; die Verteilung von Plural und Singular erinnert an dieBeschreibung des Weges der Gottlosen und des Weges des Ge-

rechten in Psalm 1 und besagt nichts über eine geringere Zahl derAuserwählten, sondern über die notwendige Entscheidung des jeEinzelnen – vgl. N. Lohfink, Im Schatten deiner Flügel, Freiburg1999; Kap.9: Die Einsamkeit des Gerechten). Immer wieder wirdim Johannesevangelium der unversöhnliche Gegensatz betontzwischen den Menschen, die aus der Welt sind, und denjenigen,die zwar noch in der Welt, aber nicht mehr aus der Welt sind (z.B.17,9.14). Wenn auch Gott allen Menschen seine Liebe zuwendenwill, so ist doch die Liebe Gottes nicht in jenen, die Jesus ableh-nen, die Welt lieben, bzw. den Mitmenschen hassen (Joh 5,42;1Joh 2,15; 3,17).

Wer mit biblischen Texten so selektiv umgeht, wirft einschlechtes Licht auf die damit verteidigte Übersetzung „für alle“.Söding schreibt auf S. 22: „Die Kirche aus allen Völkern ist dieKeimzelle der erlösten Welt. Jede Eucharistie feiert nicht nur dasGeschenk der eigenen Erlösung, sondern die Hoffnung auf dieVollendung des Heiles für alle Welt, wenn Gott ‘alles in allem’sein wird (1Kor 15,28).“ Schon M. Gielen, Universale Totenauf-erweckung und universales Heil? 1Kor 15, 20-28 im Kontextpaulinischer Theologie (BZ 47, 86-104) hat in einer abenteuerli-chen Argumentation aus 1Kor 15, 20-28 erschlossen, daß alleMenschen ohne Ausnahme in das Reich des Vaters einziehen,wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge – als ob der endzeit-lichen Vollendung nicht ein Gericht und eine Reinigung voraus-ginge (1Kor 11,31f; die unterschiedliche Reinigung zum Heildurch das Feuer in 1Kor 3,13-15 betrifft nur diejenigen, die ihrLeben auf dem Fundament, das da Jesus Christus ist, aufgebauthaben: 3,11). Am Ende von 1Kor 15 ruft Paulus nicht zurFreude über das schon erlangte Heil auf, sondern zur Ausdauerim guten Werk. Die Rede von der „Kirche aus allen Völkern“als der „Keimzelle der erlösten Welt“ bedeutet eben nicht, daßdie ganze Welt erlöst wird, wie meist aus 2Kor 5,19 herausge-lesen wird – dort steht nur, daß Gott begonnen habe, die Weltmit sich zu versöhnen, im Imperfekt mit Partizip Präsens. DerAusdruck „Keimzelle“ (aparchê Offb 14,4) bezieht sich imNeuen Testament auf ein Herausgenommensein aus einer ver-lorenen Welt und den Beginn einer neuen Schöpfung, die inOffb 21,1-4 beschrieben wird als neuer Himmel und neue Erdenach vollzogenem Gericht (Offb 21,8!). „Das, was vorher war“– diese unsere Welt – „ist vergangen“ (21,4) und war eben nichteine erlöste Welt.

Die Hoffnung auf das Heil aller Menschen und das innigeGebet darum (1Tim 2,1), da ja „der Heiland, unser Gott, will, daßalle Menschen gerettet werden“, und Jesus Christus „sich selbsthingegeben hat als Lösepreis für alle“ (1Tim 2,4-6), ist einGrundanliegen des christlichen Glaubens. Aber ebenso unbestrit-ten ist die Notwendigkeit der Bewährung, die Rechenschaft vordem Gericht Gottes und die Gefahr, das Heil aus eigener Schuldzu verfehlen. Diese harte, aber ehrlicherweise unumgänglichebiblische Grundwahrheit wird durch auffallend verschwommeneFormulierungen umgangen. Wenn dann auch noch die frei inter-pretierende Übersetzung „für alle“ dieser verschwommenen Of-fenheit dienen soll, so zeigt sich die dringende Notwendigkeiteiner Korrektur im Sinn der wörtlichen Übersetzung des bibli-schen Textes.

P. Franz ProsingerHaus Maria Königin der EngelLudretikoner Str. 38800 ThalwilSchweiz

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1. Einleitung 1.1 Der Ausgangspunkt Der Emergenzpunkt dieser Besinnung ist eine schlichte Vor-

stellung: das Bild eines an hochkomplizierte Technikmedizin-geräte angeschlossenen Menschen, wie ein Häuflein Elend,mehr tot als lebendig, Schläuche und Drähte, an denen dasMenschlein hängt, Anzeigendisplays, aufleuchtende Lampen,ein leichtes Brummen in der Luft, während dem Patientenkünstlich von Augenblick zu Augenblick Luft in die Lungengepumpt wird. „Wie lange wird er da so noch liegen?“ diesebesorgte Frage evoziert dieses Bild und der Medizintechnikerrespondiert: „Die Maschinen funktionieren- noch Ewigkeitenkann das so weitergehen!“ „Lieber tot, als so erbärmlich dahin-vegetieren!“ Aber der Arzt muß sagen: „Ich darf die Maschinennicht einfach ausschalten! Dazu habe ich kein Recht!“ Dieseoder ähnliche Horroralptraumbilder provozieren Fragen: Gibtes ein Recht auf ein humanes Sterben? Was kann ich tun, wennich so nicht sterben will? Müßte es nicht das Recht eines jedensein, selbst bestimmen zu können, ob er so sterben möchte?

1.2 Die PatientenverfügungDie Idee einer sogenannten Patientenverfügung ist nun ein

Versuch des Reagierens auf diese Vorstellung. Das Fundamentbildet das Patientenrecht: Niemand darf gegen seinen ausdrük-klichen Willen medizinisch behandelt werden1. Das gilt auchfür die Situation, daß ein operativer Eingriff nach dem Urteiledes be- handeln wollenden Arztes lebensnotwendig ist. Wennein Patient nicht in der Lage ist, sein Einverständnis zu demoperativen Eingriff zu artikulieren, darf der Arzt präsumieren,daß der Patient ob der Annahme des Lebenswillens des Patien-ten mit der Operation einverstanden ist. Nur wenn der Patientsich eindeutig im Vollbewußtsein auch über die Folgen einerUnterlassung des Eingriffes sich befindend, ablehnend zumEingriff äußert, darf der Arzt nicht operativ tätig werden. Zu be-achten ist dabei, daß bei der Beurteilung der Zurechnungsfähig-keit des Patienten dem Arzt selbst ein gewisser Ermessungs-spielraum gegeben ist. Die Idee einer Patientenverfügung sagtnun, daß eine Person in juristisch verbindlicher Form eine letzt-gültige Willenserklärung abgibt, die dem behandelnden Arzt zuübergeben ist für den Fall, daß die Person selbst nicht mehr zu-rechnungsfähig selbst ihren Willen bezüglich der medizini-schen Behandlung artikulieren kann und qualifiziert näher dieSituation, die Bedingungen und Art der Erkrankung, wann die-se Verfügung in Kraft treten soll. Zudem benennt eine Patien-tenverfügung in der Regel Personen des Vertrauens des Verfü-gers, die mit Vollmacht ausgestattet werden, im Sinne der in derErklärung geäußerten Willensbekundung gegenüber anderen zu

agieren. Umstritten ist, wie verbindlich diese Verfügung für denbehandelnden Arzt ist. Es ist das Spannungsfeld vom Recht aufmenschliche Selbstbestimmung und dem zum Helfen und da-mit zur Lebenserhaltung verpflichtendem Ethos des Arztes zubeachten.

1.3 Der Versuch der Subsumption unter der Thematikdes Freitodes Moraltheologisch gesehen kann dies als ein Sonderfall des

Freitodes betrachtet werden, wo die vom Verfüger erwarteteund vorgestellte medizinische Notsituation Grund ist für dasUrteil, daß der Verfüger in dieser fiktiven Situation lieber totsein möchte als daß sein Leben durch eine medizinische The-rapie bewahrt wird.2

Der Katholische Katechismus subsumiert die Behandlungder Erlaubtheit der Euthanasie und darunter den Fall der Tötungvon irreversibel Erkrankten unter dem Artikel der Explikationdes Fünften Gebotes nach der Behandlung des Themas: „Mord“und „Abtreibung“ und vor dem Thema: „Selbstmord“. Die Ver-ortung des Themas der Euthanasie und darunter subsumiert derErlaubtheit von aktiver und passiver Sterbehilfe zwischen derBehandlung von „Mord“ und „Selbstmord“ rührt daher, daßhier die Euthanasie unter zwei differenten Perspektiven expli-ziert wird: A) in Hinsicht auf den Arzt, B) in Hinsicht auf denPatienten als Täter, während die Explikation der Frage der mo-ralischen Erlaubtheit einer Patientenverfügung einseitig sich fo-kusiert auf die Erörterung, ob der Patient, bzw. der potentiellePatient eine rechtswirksame Verfügung erlassen darf, die dazuauffordert, zur Lebenserhaltung notwendige Maßnahmen zuunterlassen. In dieser Hinsicht ist das Thema unter dem Freitodzu subsumieren, weil es ausschließlich um die Frage geht, obeine Person in der Erwartung der Möglichkeit, daß sie in eineSituation gerät, in eine medizinische Notsituation, beschließendarf, dann, um zu sterben, nicht medizinisch behandelt zu wer-den, weil sie meint, daß in dieser angenommenen Situation esfür sie besser wäre, zu sterben als durch medizinische Manipu-lationen weiter am Leben erhalten zu bleiben. Das ist ein Son-derfall der Freitodvorstellung, daß ein Mensch nach der Erwä-gung der Vor- und Nachteile eines Weiterlebens zum Urteilkommt, lieber tot zu sein als weiter leben zu können.

Das Besondere dieses Falles liegt nun darin, daß a) die Grün-de die für das Nichtweiterleben wollen für den Verfüger sichaus seiner Erkrankung ergeben und daß b) vorausgesetzt wird,daß der Verfüger in der vermuteten Situation der schweren Er-krankung nicht in der Lage ist, selbstständig ohne Mithilfe ei-nes anderen den Suizid zu vollziehen, so daß er den ihn behan-delnden Arzt auffordert, durch ein Unterlassen von medizini-scher Hilfe den ohne diese Hilfe unweigerlich eintretenden Tod

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1 „Der Wille des Patienten ist zunächst ausschlaggebend für jede therapeuti-sche Intervention, die an ihm vorgenommen wird. Selbst wenn es um lebens-erhaltende Maßnahmen geht, gilt: ‘Weigert sich ein Patient wohlüberlegt undendgültig, in einen zur Lebenserhaltung gebotenen ärztlichen Ein- griff ein-zuwilligen, muß dieser unterbleiben.’“ Josef Römelt, Freiheit, die mehr istals Willkür S.268.

2 Dafür spricht auch, daß der Ärztepräsident Hoppe in Hinsicht auf die Debatteüber die Freigabe der Euthanasie mit der Begründung des Selbstbestim-mungsrechtes des Patienten von einem „assistierten Suizid“ spricht. A. Pütt-mann, Hoppe: Den Tod zulassen, nicht zuteilen, Tagespost 27.6.06, S.10.

UWE LAY OSBEine moraltheologische Erwägung über die Erlaubtheit einer sog. Patientenverfügung

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3 „Doch kann wegen Tötung strafbar sein, wer auf Grund sog. Garantenstel-lung die Pflicht hat, den anderen an der Selbsttötung zu hindern (Angehö-riger, Krankenpfleger,) Greifefeld im Artikel: „Tötung“ in Rechtswörter-buch7 S. 1096.

4 In den Niederlanden „wird die Tötung auf Verlangen als eine Notlage inter-pretiert, in der der Arzt unter der Bedingung straffrei bleibt, daß er die Grün-de des um Lebensbeendigung Bittenden darlegt, seine eigenen Entschei-dungsgründe und die Konsultation mit anderen Ärzten dokumentiert und derStaatsanwaltschaft vorlegt.“ Josef Römelt, Freiheit die mehr ist als WillkürS. 264.

5 „Selbstmordrichtiger Selbsttötung – ist nach deutschem Strafrecht straflos.“Greifelds, Rechtswörterbuch7 Artikel: Tötung S. 1094.

zu verursachen. Da das unmittelbare Ziel der Unterlassung dermedizinischen Hilfe der Tod der Verfügers der Patientenerklä-rung ist, auch wenn dieses Ziel um der Beendigung des Leidesgewünscht wird, ist dieses Thema unter dem Begriff des Freito-des zu behandeln. Offenkundig verhält sich nämlich in diesemSelbstbestimmungsakt der Wunsch, tot zu sein und der Wunsch,nicht mehr zu leiden, nicht wie ein Mittel zu einem Zweck,denn das erstrebte Ziel, tot zu sein ist Mittel und Ziel in einem,denn im Todsein wird der erstrebte Zustand der Leidlosigkeiterreicht. Verkehrt ist es deshalb, wenn gesagt würde, daß derVerfüger den Wunsch äußert, sterben zu wollen, denn nichtwird das Hineingehen zum Tode gewünscht sondern das Errei-chen des Todes, wobei der Tod als leidloser Zustand der Prolon-gierung des Lebens gegenüber präferiert wird.

Nicht soll hier von Selbstmord gesprochen werden, weil da-mit von vornherein das moralische Urteil über diesen Selbstbe-stimmungsakt gefällt wird. Da es sich um eine moraltheologi-sche Erörterung handelt verwendet sie den Begriff des Freito-des, weil nur, insofern dieser Selbstbestimmungsakt in Form ei-ner Patientenverfügung freiwillig und zurechnungsfähig voll-zogen wird, er eine Materie der Moralthologie ist. Davon ist zuunterscheiden die Frage der verantwortlichen Zurechenbarkeitim konkreten Einzelfall eines vollzogenen Suizides, bzw dieFrage, ob es Gründe dafür gibt, daß angenommenen werdenkann, daß der Verfasser der Patientenerklärung nicht freiwilligdiese abgegeben hat.

Zu distinguieren ist dabei zwischen aktiver und passiver Bei-hilfe zum Freitod einerseits, unmittelbarer und mittelbarer, wo-bei das besondere Arzt- Patientverhältnis zu berücksichtigenist. Aktiv und passiv meint, ob durch ein Tun oder durch einUnterlassen der Tod des Patienten erstrebt wird, unmittelbaroder mittelbar bezieht sich auf die Qualität der Aktivität desHandelns des Patienten und Arztes bei der Realisierung des To-des, ob der Arzt selbst in der Intention des Tötens der Hauptak-teur ist oder ob er dem sich töten Wollenden nur secundiert, al-so eine Beihilfe zur Realisierung gewährt.

Moralphilosophisch gefragt läßt sich das Problem dann auchso formulieren: Unter der Prämisse, daß der Freitod nicht straf-rechtlich unerlaubt ist, ja er aus philosophischer Sicht als ein er-laubter Selbstbestimmungsakt angesehen werden kann, ist esdann zumutbar, daß eine Person, die den Wunsch des Freitodesfreiwillig im zurechnungsfähigen Zustand äußert, aber die aufGrund ihrer Krankheitssituation nicht befähigt ist, diesen Aktselbstständig zu setzen, dann nicht eine Hilfe zum Vollzug desFreitodes erbitten darf?3 Hilfe könnte im aktiven Tun mit demZweck der Herbeiführung des Todes bestehen, oder in einemUnterlassen mit der Absicht der Herbeiführung des Todes. Inder Regel ist in Deutschland eine Beihilfe zum Freitod nichtstrafbar. Die Ausnahme bildet gerade u.a. der Ärzteberuf. Ihmist in der Regel eine aktive medizinische Beihilfe zum Freitodnicht gestattet. Aber es ist ihm auch nicht gestattet, gegen denausdrücklich geäußerten Wunsch des Patienten medizinisch zuhandeln, auch wenn die Maßnahme lebensnotwendig ist, sofernder Patient im zurechnungsfähigen Zustand freiwillig den Wil-len zur Nichtbehandlung artikuliert. Hier liegt im gesetzgeberi-

schen Bereich eine Spannung vor zwischen der generellenNichtunerlaubtheit einer Beihilfe zum Suizid und den besonde-ren Bestimmungen für diesen Berufsstand. Was allen erlaubtist, ist dem Arzt nicht erlaubt.

1.4 Besonderheiten der Deutschen DiskussionIn der Deutschen Diskussion überwiegt die Vorstellung, daß

durch eine Patientenverfügung eine Unterlassung eines medizi-ninischen Eingreifens vom Verfüger verlangt wird im Wissendarum, daß diese geforderte Unterlassung zu einer Beschleuni-gung des Eintrittes des Todes führen wird. Es wird eine medi-zinischer Therapie abgelehnt, wenn davon auszugehen ist, daßdurch diese Therapie a) keine Heilung erfolgen kann, b) derProzeß des Sterbens nur verlängert wird und c) diese durch denEingriff verlängerte Lebensphase im Prozeß des Sterbens fürden Verfüger selbst nicht als lebenswert angesehen wird.

Gegenüber einer aktiven Sterbehilfe, also einer Tötung aufVerlangen bestehen gerade in Deutschland ob der geschichtli-chen Erfahrungen des nationalsozialistischen Euthanasiepro-grammes grundsätzliche Vorbehalte, anders als in anderen euro-päischen Ländern4 Da in Deutschland die Euthanasie nicht dis-kutiert werden kann ohne eine Berücksichtigung der Erfahrun-gen im Nationalsozialismus, wird in einem Appendix auf einpaar Erwägungen A. Rosenbergs eingegangen..

1.5 Notwendige Unterscheidungen Streng ist hier zwischen der Sphäre des öffentlichen Rechtes

und dem, was einem Katholiken moraltheologisch erlaubt ist,zu unterschieden. So ist es heute selbstverständlich, daß derVersuch einer Selbsttötung strafrechtlich nicht mehr als gesetz-teswidriges Tun sanktioniert wird, weil auch der Suizid straf-rechtlich gesehen keine unerlaubte Handlung ist5, wohingegenjeder Suizid moraltheologisch eine an sich unerlaubte Hand-lung ist, wobei die Umstände der Tat strafmildernd sich auswir-ken können, sofern der Täter verantwortlich zu machen ist fürsein Tun.

Aber nicht kann gefolgert werden, daß, weil der Suizid straf-rechtlich keine Materie mehr ist, daß er deshalb auch mo-raltheologisch erlaubt wäre. Hintergrund ist die Ausdifferenzie-rung von positivem staatlichen Recht und der individuellenMoralität des Tuns, oder der öffentlich-allgemeinen Sphäre undder kirchlichen Binnenmoral. Im Hintergrund steht eine Bana-lität, die aber in ihren letzten Konsequenzen nicht schon im mo-raltheologischen Denken durchdacht ist. Seit dem Ende derkonstantinischen Epoche und der Herausbildung eines öffentli-chen Raumes, in dem das Christentum nur noch den Status ei-ner Privatmeinung hat, muß das ethische Denken der Kirche di-stinguieren zwischen Aussagen, die allein im Raume der KircheVerbindlichkeit verlangen können, weil ihr begründendes Fun-dament ein christlich-theologisches ist, und ethischen Aussa-gen, die jedem vernünftigen Denken einsichtig sein können.

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Die abstrakteste Fassung des Problemes läßt sich so formu-lieren: Ist es ein Akt der legitimen Selbstbestimmung des Men-schen, durch eine Unterlassung, bzw. durch die Aufforderungan Andere, etwas zu unterlassen, den eigenen Tod herbeizufüh-ren, wenn die Person, die selbst eine lebensnotwendige Hand-lung unterlassen will, oder zur Auslassung auffordert dies tut,weil sie zum Urteil gekommen ist, daß sie lieber sterben möch-te als daß sie durch eine medizinische Therapie weiter am Le-ben erhalten werden will?

Vorausgesetzt wird dabei, daß der abgelehnte medizinischeEingriff nicht zu einer Gesundung oder auch nur zu einer Ver-besserung des Krankheitsstandes der Person führt sondern aus-schließlich zu einer Verzögerung des Eintrittes des Todes.

Moralphilosophisch6 wäre so als erstes anzufragen, ob dieSetzung einer irreversiblen Entscheidung, die den Menschenvollkommen determiniert, das meint, ihn unfähig macht, weite-re Selbstbestimmungsakte zu setzen, nicht als eine Überforde-rung menschlich endlicher Freiheit anzusehen ist. Aber unterHinteranstellung dieser prinzipiellen Anfrage soll nun diesesUrteil, als das Konstitutivum einer Patientenverfügung näheranalysiert werden.

2. Analyse und eine Beurteilung dieses besonderenSelbstbestimmungsaktes zum Freitod

2.1 Analayse des Selbstbestimmungsaktes, unter bestimm-ten Umständen nicht medizinisch behandelt werden zu wollen, wenn dieses Unterlassen den Tod herbeiführtAls Musterfall wird nun der von der Deutschen Bischofs-

konferenz und der EKD vorgeschlagene Patientenverfügungs-text gewählt7. In ihm heißt es:

„Für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden oderäußern kann, verfüge ich: An mir sollen keine lebensverlän-gernden Maßnahmen vorgenommen werden, wenn nach be-stem ärztlichem Wissen und Gewissen festgestellt wird, dass je-de lebenserhaltende Maßnahme ohne Aussicht auf Beserung istund mein Sterben nur verlängern würde.“

Schon beim ersten Lesen fällt auf, daß die Bestimmung desZweckes, warum den die lebensverlängernden Maßnahmen un-terlassen werden sollen fehlt. Sehr unklar ist auch die Bestim-mung: „ohne Aussicht auf Besserung“.

A) Meint: „Besserung“ die subjektive Befindlichkeit des Pa-tienten? Dann müßte geurteilt werden, daß jeder Schmerzerlei-dende nur allein durch jede schmerzbetäubende Therapie, wennsie wirkt, eine Schmerzreduktion erfährt und dies als Besserungseines Empfindungszustandes erführe.. Objektiv gesehen bleibter dabei so krank wie vorher! Zur Veranschaulichung: Das Ein-nehmen einer Zahnschmerztablette führt zur subjektiven Ver-besserung, das Schmerzempfinden wird reduziert, aber nichtgeht damit einher eine Sanierung des erkrankten Zahnes, so daßobjektiv gesehen durch eine Schmertherapie keine „Verbesse-

rung“ des Gesundheitszustandes gewirkt wird! Da ob des gro-ßen Fortschrittes in der Schmerzbehandlungstherapie heute fastkein Schmerzzustand mehr vorstellbar ist, der zumindest signi-fikant gelindert werden kann, hieße das, daß immer eine „Bes-serung“ zu erwarten ist und deshalb die Bedingung, unter dereine Schmerztherapie zu unterlassen wäre, als faktisch nichteintretend zu betrachten ist.

B) Meint „Besserung“ den objektiven Zustand der Krank-heit, so ist zu fragen, ob nicht schon die Verhinderung einerVerschlechterung des Krankheitszustandes ein positives Zielsein könnte, isb. wenn durch eine Verhinderung der Verschlech-terung die Lebenserwartung des Patienten sich verlängernkönnte! Wenn durch eine lebensverlängernde Maßnahme dasLeben des irreversiblel tödlich Erkrankten verlängert wird, sollheißen, daß er in Folge der medizinischen Maßnahme längerlebt als wenn sie unterlassen worden wäre, ist dann diese Le-benszeitverlängerung nicht schon an sich eine Verbesserung derLage des Kranken? Nur wenn präsumiert wird, daß es ein Maßan erlitten werdendem Leid gibt, das so groß ist, daß der Lei-dende lieber tot wäre als daß er weiter leiden würde, wäre diedurch die medizinische Maßnahme verursachte Lebensverlän-gerung keine Verbesserung der Situation des Kranken. Wäredem Kranken das Todsein das gößte denkbare Übel, würde erjede Maßnahme, die zu einer Lebensverlängerung führt als Ver-besserung bejahen, getreu der Stadtmusikantenmaxime: „Wasbesseres als den Tod finden wir immer!“ Hier zeigt sich schon,daß dieser Text ob seiner unscharfen Formulierung wenig geei-nigt, er bringt nicht klar zum Ausdruck, was der Verfüger will.

Noch unklarer ist die Formulierung: „mein Sterben nur ver-längern würde.“ Diese Formulierung verlangt, daß das Sterbenschon angefangen hat und evoziert die kaum beantwortbareFrage: „Wann beginnt das Sterben des Menschen?“ Sollen wirin Anlehnung an Heidegger nun sagen, daß das menschlicheLeben von Geburt an ein Sein zum Tode ist und jeder Versuchder Lebensverlängerung so gesehen nur der absurde Versuchist, das unvermeidliche Schicksal des Sterbens hinauszuschie-ben, oder wollen wir den Anfang des Todes so bestimmen, daßwir sagen, daß der Anfang des Sterbens hieße, daß der Tod un-mittelbar bevorstünde, sofern nicht sofort eine medizinischeMaßnahme ergriffen wird. Diese beiden Extreme zeigen, daßmit dieser Formulierung der Anfang des Sterbens entweder mitdem Akt der Zeugung identifiziert werden könnte oder erst mitdem Eintritt des Todes kurz vorausgehenden Phase des „Todes-kampfes“. Zudem ist der Begriff der Verlängerung selbst wie-der völlig unbestimmt. Den der Begriff der Verlängerung ist in-different gegenüber jeder Zeitbestimmung. Kann es gleichgül-tig sein, ob die Maßnahme das Sterben um Stunden, Tage, Wo-chen oder Monate verlängert? Ab wann wäre nicht mehr voneiner Verlängerung des Sterbens sondern von einem Gewinn anendlichem Leben zu sprechen, das als endliches zwar unwei-gerlich auf seinen Tod zugeht, das aber im Sichausstrecken aufden Tod selbst noch lebenswertes Leben sein könnte? Durch dieAuffassung, daß das Leben auf den Tod ausgerichtet ist undeinem Hineinlaufen in den Tod gleicht, generiert sich die Vor-stellung, daß eigentlich jedes menschlich endliche Leben nurein Sterben auf den Tod ist. Was durch die Begrifflichkeit per-horresziert werden soll, das im Sterben sich befindene Leben,ist so gesehen das ganze endliche Leben. Das Unvermögen, be-grifflich distinkt die Situation des endlichen Lebens als eineszum Tode hin von dem der Phase, die dem Tode als Sterben un-mittelbar vorausgeht zu unterscheiden, verunklart hier alles.Die Intention dieser Unklarheit ist es wohl, dem Interpreta-

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6 Der Verfasser unterscheidet in dieser Betrachtung Moralphilosophie vonMoraltheologie entsprechend der Verhältnisbestimmung von Philosophieund Theologie, von Vernunft und Offenbarung im Raume der KatholischenKirche.

7 Formular der Deutschen Bischofskonferenz und der EKD, Patientenverfü-gung.

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8 Der Ärztepräsident Hoppe merkte nach A.Püttmann, Tagespost 27.6.06 Hop-pe: Den Tod zulassen, nicht zulassen S. 10 dazu an: „Psychologische Un-tersuchungen zeigten, dass ìn gesunden Tagen formulierte Patientenverfü-gungen vor einem ganz anderen seelischen Hintergrund entstehen und quasi‘wie für eine dritte Person ausgefüllt’ würden. Im Ernstfall stelle sich dieLage oft anders dar.“ Prinzipieller gefragt: Wie gut muß der Verfüger die vonihm befürchtete Situation der schweren Erkrankung kennen und über dieTherapiemöglichkeiten informiert sein, damit überhaupt von einer verant-wortlichen Entscheidung gesprochen werden kann? Vgl: Canones 1096.desCIC Die Unkenntnis, daß die Ehe eine auf Dauer angelegte Gemeinschaftvon Mann und Frau ist, würde die Gültigkeit einer geschlossenen Ehe inFrage stellen weil die Gültigkeit des Ehekonsenes ein Mindestwissen überdie Ehe verlangt. Es reicht nicht aus, daß der Konsensus von beiden freiwil-lig geschlossen ist.

tionsraum weit zu öffnen. Das hat eine Folge. Es fällt nun in dieWillkür des Arztes, zu entscheiden, ab wann in einem bestimm-ten Fall das Sterben beginnt. Das kann schwerlich im Sinne desVerfügers sein.

Der Verfüger sagt, daß er auf „lebensverlängernde Maßnah-men“ verzichten möchte, wenn er seinen Willen nicht mehr bil-den oder äußern kann. Hier fehlt der unbedingt notwendigeHinweis auf die Unterscheidung eines irreversiblen von einemreversiblen Verlustes des Selbstbestimmungsvermögens, dennes ist denkbar, daß der jetzt von Ärzten diagnoszierte Verlust sa-nierbar sein könnte. Soll auch dann die Patientenverfügung inKraft treten, wenn nicht sicher ein irreversibler Verlust desSelbstbestimungsvemögens zu prognostizieren ist?

So unklar und somit unbefriedigend diese Mustererklärungeiner Patientenverfügung ist, so schwer ist sie auf ihre moral-theologische Erlaubtheit hin diskutierbar. Deshalb soll nun ausdiesem Mustertext die eigentliche Substanz einer Patientenver-fügung herausdestilliert werden, die dann moraltheologisch zudiskutieren ist. Durch die Vorentscheidung, dieses Thema unterdem Begriff des Freitodes zu subsumieren, sind einige Präjudi-ze der Bestimmung der Substanz gefallen.

Der Verfüger einer Patientenverfügung bestimmt, daß wenner irreversibel tödlich erkrankt ist und Ärzte medizinische The-rapien erwägen, die nur den Erfolg haben können, den ob derKrankheit in Bälde zu erwartenden Eintritt des Todes zu verzö-gern, daß dann diese Maßnahmen zu unterlassen sind. Wenn erselbst, wenn diese Situation eintritt, nicht in der Lage ist, seinenWillen frei und selbstbestimmt zu artikulieren und wenn davonauszugehen ist, daß er diese Fähigkeit auch nicht zurückgewin-nen wird, dann soll der behandelnde Arzt diese Willenserklä-rung als dann gültige Willensäußerung ansehen.

1. Handlungstheoretisch kann formuliert werden, daß jedeHandlung ein Gut erstrebt. Das Ziel des medizinisch therapeu-tischen Eingreifens bei tödlichen Erkrankungen ist das der Le-benserhaltung. Für das endliche menschliche Leben bedeutetdies, daß der notwendig einmal eintretende Tod „hinausgescho-ben“ wird und so bei einer lebensverlängernden Maßnahme einneues Quantum an Leben für den Patienten gewonnen wird.Das so neu gewonnene Leben ist und bleibt eines dem Sterben-müssen unterworfenes. Es kann ein durch die tödliche Krank-heit bestimmtes Leidensleben sein, insofern es nur gelingt, dentödlichen Charakter der Krankheit zu lindern. Das meint, derPatient ist nicht an seiner Krankheit gestorben, leidet aber le-bend an ihr wissend, daß sie nicht aufhebbar ist.

Gegenüber dem Ideal medizinischen Handelns, dem derHeilung, ist dies das Eingeständnis begrenzten Erfolges: die un-heilbare Krankheit kann nur so manipuliert werden, daß siedem Patienten ein Weiterleben mit der Krankheit für eine be-fristete Zeit erlaubt.

2. Das bedeutet für den Patienten, da er das Recht hat, aucheine medizinische Behandlung abzulehnen, daß er zu entschei-den hat, ob er sich behandeln will mit diesem limitierten Zieloder ob er die Behandlung ablehnt mit der Folge, in unmittelba-rer Folge der Krankheit zu sterben. Zwei Güter stehen ihm zurAuswahl: ein durch den medizinischen Eingriff verlängertesLeben, das bestimmt ist durch das Erleiden einer tödlichen Er-kranktheit oder der Tod in Folge der Unterlassung des medizi-nischen Maßnahmen.

Entscheidung heißt hier, daß der Entscheider frei selbstbe-stimmt informiert zwischen diesen beiden Gütern eine Wahltrifft. Was ist ihm erstrebenswerter: Tod zu sein oder befristetzu leben?, wobei dieses zeitlich mehr oder wenig knapp befri-

stete Leben als ein durch eine irreversible tödliche Krankheitdeterminiertes Leben vorgestellt wird.

Das Besondere der Entscheidungssituation des eine Patien-tenverfügung Abgebenden ist nun, daß er selbst diese Entschei-dung treffen will, bevor er in diese Lage des Entscheidenmüs-sens gerät, weil er sich imaginiert, daß er zum Zeitpunkt desEntscheidenmüssens seiner Entscheidungskraft beraubt zumbloßen Objekt wird, über das dann Andere entscheiden. Das er-ste ist, daß er selbst über seine medizinische Behandlung ent-scheiden will und auf das Recht zur Selbstentscheidung nichtverzichten will auch für den Fall, daß ihm zum Zeitpunkt desEntscheidenmüssens die Entscheidungsfähigkeit fehlt ob seinerKrankheitssituation. Prämisse ist, daß der Verfüger meint, bes-ser über das ihm Gute entscheiden kann als der behandelndeArzt. In diesem Urteil manifestiert sich der Zeitgeist eines prin-zipiellen Misstrauens gegenüber Institutionen des Expertenwis-sens. Die Institutionen stehen unter dem Generalverdacht, Ei-geninteressen ihrer Organisation höher zu schätzen als das An-liegen ihrer Klientel.

Bei der Entscheidung agiert der Entscheidungsträger so aus-schließlich mit Mutmaßungen8,

A) seinen Vorstellungen über die Qualität seines Lebens, dasdurch eine tödliche unheilbare Krankheit bestimmt ist und

B) seine Vorstellung von dem Zustand des Todseins. Zu A): Der Vergleichsmaßstab bei dieser Güterabwägung ist

offenkundig das zu erwartende Leid! Erwartet der Entscheidervom durch die medizintherapeutische Maßnahme gewonnenenLeben nach der Operation eines, das nur noch von Leiden undSchmerzempfindung determiniert ist und stellt er sich das Tod-sein als vollkommenen leidlosen Zustand vor, so kann ihm dasTodsein als leidloses Nichtsein dem Weiterleben als ein vomLeid erfülltes Dasein gegenüber als erstrebenswerter erschei-nen. Wichtig ist, daß Niemand eine Entscheidung gegen eine le-bensnotwendige Maßnahme trifft, der nicht davon ausgeht, daßdas Todsein in direkter Folge der Unterlassung für ihn erstre-benswerter ist als eine Prolongierung seines durch die Krank-heit bestimmten Lebens. Grundvoraussetzung ist so, daß derMaßstab für ein sich lohnendes Leben positiv gesprochen dieGlücksqualität, negativ gesprochen die Vermeidung von Leidist, so daß ein Leben, von dem nur noch Leiden erwartet wird,als nicht lebenswert verurteilt wird. Die Vorstellung, daß dasLeben nach der lebensverlängernden Maßnahme ein nur befri-stetes Leben ist, meint dann nicht, daß es wie es dem Wesen desendlichen Lebens entsprechend limitiert ist, sondern daß inHinsicht auf einen überschaubaren Raum an Lebenszeit erwar-tet wird, daß dieser nur von Leid erfüllt ist. (Erstaunlicherweise

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fehlt in der Patientenverfügung jede Reflexion über dieseGrundentscheidung!)

Zu beachten ist dabei, daß dies nur Vorstellungen des Verfü-gers sind, wenn er sich zur Abfassung einer Patientenverfügungentschließt. Nicht ist es ihm möglich, diese Entscheidung aufdem Fundament soliden Wissens zu fällen. Es ist ihm nichtmöglich zu wissen, ob und wie sehr er leiden würde, brächte dielebensverlängernde Maßnahme den Erfolg einer Verzögerungdes Eintrittes des Todes und somit ein Weiterleben für ihn. Inentscheidungstheoretischer Hinsicht muß dies als Problem mar-kiert werden: daß jemand eine irreversible Entscheidung übersein Leben oder seinen Tod auf dem Fundament bloßer Vermu-tungen treffen will. Noch problematischer ist dabei die Vorstel-lung des Todseins als einfaches Nichtmehrsein, als leidloserZustand9. Anders formuliert: Wenn die traditionelle Lehre derKirche wahr ist, daß es ein postmortales individuelles Gerichtüber jeden gibt nach seinen Werken, dann kann nicht mehr aus-geschlossen werden, daß, wenn die Entscheidung zum Sterben,um dem Leiden zu entgehen, selbst eine schwere Sünde seinkönnte, der sich so entschieden Habende, statt zu sterben, umnicht zu leiden, postmortal ob seiner Sünde mehr leiden wird,als er auf Erden an seiner Krankheit gelitten hätte.

Zu B) Als Problemanzeige soll hier nur notiert werden, daßnur unter der Prämisse, daß das Todsein selbstverständlich eindem irdischen Leiden vorziehbarer Zustand ist, der Entschluß,lieber zu sterben, als sich behandeln zu lassen, eine sinnvolleEntscheidung ist. Aber gerade diese Vorstellung ist keineSelbstverständlichkeit. Nicht kann gesagt werden, daß die prak-tische Vernunft selbstverständlich das Todsein als reine Nich-tung versteht und daß es eine Singularität des religiösen Vor-stellens wäre, daß es ein postmortales Danach gäbe. E. Jüngelsagt: „Der alte Witz Epikurs scheint schlagend zu sein.“ „Dasschauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an. Denn solangewir sind, ist der Tod nicht da; und wenn er da ist, sind wir nichtda.“10 Wenn der Tod als reine Nichtung des Ichs gedacht wird,

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11 Katechismus der Katholischen Kirche 1993 Deutsche Ausgabe.12 In 2283 des Katechismus wird dann aber in Hinsicht auf Selbstmörder ange-

merkt: „Man darf die Hoffnung auf das ewige Heil der Menschen, die sichdas Leben genommen haben, nicht aufgeben. Auf Wegen, die Gott alleinkennt, kann er ihnen Gelegenheit zur heilsamen Reue geben.“ Fragwürdig istaber, ob im Vertrauen auf die postmortale von Gott zugebilligte Chance einer

ist mein Tod nicht mehr denkbar, denn das Todsein vernichtetmit dem Ich die denknotwendige Voraussetzung dafür, den Todals etwas mich Betreffendes zu denken. Dieser philosophischanspruchsvolle Gedanke kann dem Zeitgeist des Primates derÖkonomie gemäß simpler gefaßt werden: ein Wirtschaftsunter-nehmen schreibt entweder schwarze oder rote Zahlen; würdeder Unternehmer begründet erwarten müssen, daß seine Unter-nehmung nur noch rote Zahlen schreiben wird (er nur nochSchulden machen wird), dann ist es sinnvoller, das Unterneh-men aufzulösen, so eine schwarze Null zu schreiben, statt wei-terzumachen. Das appliziert auf die Situation des Menschen,der sein zukünftiges Leben nur noch sich vorstellen kann als ei-ne vom Leiden erfüllte Zeit bedeutet: lieber den leidlosen Zu-stand des Todes als schwarze Null als weiter leben und nur nochleiden, also rote Zahlen schreiben. Der Tod als schwarze Nullvorgestellt ist das, was das sprachphilosophische Urteil, daß esden meinigen Tod nicht gibt, aussagt. Und gerade dieses Todes-verständnis ist die implizite Vorstellung heutiger Euthanasiede-batten.

Ist so gesehen dieser Selbstbestimmungsakt wirklich rationalvernünftig begründbar? Ist er es nicht, muß gefragt werden, ober wirklich unter dem Begriff des Selbstbestimmungsrechtessubsumierbar ist! Es sei an die Vorentscheidung erinnert, diePatientenverfügung als einen Sonderfall der Erwägung, ob derFreitod eine legitimer Akt des Selbstbestimmungsrechtes ist,hier diskutiert werden soll. Zum Recht der Selbstbestimmunggehört nun aber konstitutiv, daß der Entscheider auch in Hin-sicht auf die Materie der Entscheidung sachlich informiert wis-send urteilen kann. (So ist eine kirchlliche Eheschließung un-gültig, wenn einer der Parteien zwar freiwillig also ohne Zwangaber in Unkenntnis über die Güter der Ehe sie geschlossen hät-te.)

2.2 Die Katholische Beurteilung dieser Entscheidung11

Zu Grunde gelegt wird hier der Katholische Katechismus. In2227 heißt es dort apodiktisch: „Eine Handlung oder eine Un-terlassung, die von sich aus oder der Absicht nach den Tod her-beiführt, um dem Schmerz ein Ende zu machen, ist ein Mord,ein schweres Vergehen gegen die Menschenwürde und gegendie Achtung, die man dem lebendigen Gott, dem Schöpfer,schuldet. Das Fehlurteil, dem man gutgläubig zum Opfer fallenkann, ändert die Natur dieser mörderischen Tat nicht, die stetszu verbieten und auszuschließen ist.“

Daß hier von Mord und nicht von Tötung gesprochen wird,irritiert, den das Konstitutive des Mordes, das Vorliegen niede-rer Beweggründe fehlt hier, da der Grund der Wille der Beendi-gung des Leidens ist. Der Terminus „Mord“ soll hier dann inDifferenz zum streng juridischen Gebrauch signalisieren, daßauch die Tötung mit der Zwecksetzung der Beendigung desLeidens eine unerlaubte Tat und schwere Sünde ist. So heißt es2268, daß der Mord eine schwere Sünde ist. 1472 benennt dieKonsequenz einer „schweren Sünde“: „Die schwere Sünde be-raubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns dadurchzum ewigen Leben unfähig.“12

9 Vgl: Epikur: „Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an. Denn so-lange wir sind, ist der Tod nicht da; und wenn er da ist, sind wir nicht da.“zitiert nach E. Jüngel, Tod 1979 S.18. Es ist erwägenswert zu untersuchen,ob nicht ein solches Todesverständnis die Bereitschaft zum Freitod forziert.Zur Kontrastierung sei an die Begründung der Notwendigkeit ethischen Han-delns ( konkret des Gehorsames dem Abte gegenüber) in der Benediktini-schen Regel erinnert: „Der erste Schritt zur Demut ist Gehorsam ohne Zö-gern. Er ist die Haltung derer, denen die Liebe zu Christus über alles geht.Wegen des heiligen Dienstes, den sie gelobt haben, oder aus Furcht vor derHölle und wegen der Herrlichkeit des ewigen Lebens“ gehorchen sie. DieRegel des heiligen Benedikt 5,1 zitiert nach: Die Regel des hl. Benedikt,Hrsgb. Salzburger Äbtekonferenz 1990. Die eschatologische Ausrichtungsoll unterstrichen werden: Das Wie des endlichen Lebens hat ewige Konse-quenzen: ewiges Leben oder ewiges Sein in der Hölle. Dieser Zusammen-hang konstituiert die christliche Ethik. Wird stattdessen das Todsein einfachals ein Nichtmehrsein vorgestellt, entfällt diese Fundierung der Ethik und le-gitimiert die Erwägung, daß das Todsein als pures Nichtmehrsein einem Le-ben, das durch Leiden determiniert ist, vorziehbar sein kann. Plato in den Ge-setzen (888) verweist darauf, daß die Vorstellung, daß es leicht sei, sich mitden Göttern zu versöhnen, jede theologische Ethik nichtet. Die benediktini-sche Konzeption der Ethik basiert so nicht nur auf der Vorstellung, daß end-liches Tun des Menschen für ihn ewige Folgen zeitigt, nämlich ewiges Lebenoder die Hölle, sondern auch auf der, daß Gott nicht so als Liebe expliziertwird, daß im Prinzip jeder Mensch, egal wie er gelebt hat, auf das Eingehenin das ewige Leben hoffen darf. Das epikureische Todesverständnis desavou-iert so die Fundamente jeder theologischen Ethik.

10 Jüngel, E. Tod 1979 S.18.

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Das heißt, daß wenn jemand eine überlebensnotwendigeMaßnahme ablehnt in der Absicht, in Folge der Unterlassung zusterben, in den Tod einzutreten, um sein Leiden zu beenden, ereine schwere Sünde begangen hat, die ihm vom ewigen Lebenausschließt. Um ein endliches Leiden zu beenden bewirkt er soein ewiges Leiden ob seines eschatologischen Ausschlussesvom Heil! Gerade diese Qualifizierung der Sünde als schweremit ihrer Folge des Ausschlusses vom Heil sagt so dem so han-deln Wollenden, daß er durch dieses beabsichtigte Tun ein grö-ßeres Leid hervorruft als er es durch sie beendet.

Die Würde des Menschen wird demnach durch ein Leidennicht so sehr beeinträchtigtet, daß es als würdeloses genichtetwerden dürfte, um den Leiden zu entgehen!

Die Handlung der Tötung wie auch der Selbsttötung wirdhier unter dem Terminus: „Euthanasie“ subordiniert, weil dasMovens der Handlung das ist, das „Leben behinderter, krankeroder sterbender Menschen“ ein Ende zu setzen. Auch wenn dieMotive der Wille zur Beendigung von Leiden ist, ist diese Tat„sittlich unannehmbar.“ Diese Tat ist ein malum in se. Zu be-achten ist dabei, daß ausdrücklich auch der sterbende Menschgenannt wird. Auch für ihn gilt, daß es sittlich unannehmbar ist,wenn er sein Sterben abkürzt, indem er sich tötet oder getötetwird mit dem Zwecke der Leidensbeendigung.

In 2280 bei der Thematisierung des Selbstmordes wird derstreng theologische Grund der Unerlaubtheit jeder Tötungs-handlung mit dem Ziele der Leidensbeendigung expliziert:„Gott ist und bleibt der höchste Herr des Lebens“. Gott gibtdem Menschen das Leben und wir sind nur „Verwalter, nichtEigentümer des Lebens, das Gott uns anvertraut hat. Wir dürfendarüber nicht verfügen.“ Deutlich ist hier die Aussageninten-tion: Wäre der Mensch der Besitzer seines Lebens, dann dürfteer auch frei über es verfügen und so auch frei es beenden. Aberda das anvertraute Leben Gottes Eigentum bleibt, ist es der Ver-fügungsgewalt des Menschen entzogen13: er darf es nicht selbst-bestimmt selbst beenden.

2278 stellt nun aber den Leser vor beachtliche Interpreta-tionsprobleme. Hier heißt nun: „Die Moral verlangt keine The-rapie um jeden Preis. Außerordentliche oder zum erhofften Er-gebnis in keinem Verhältnis stehende aufwendige und gefährli-

che medizinische Verfahren einzustellen, kann berechtigt sein.Man will dadurch den Tod nicht herbeiführen, sondern nimmtnur hin, ihn nicht verhindern zu können.“

Zwei Probleme ergeben sich aus dieser Katechismusaussa-ge: A) Was meint diese Aussage und B) Wie verhält sich dieseAussage zu dem Vorherigen.

A): Die Aussage, den Tod nicht verhindern zu können, ist ei-ne sehr unglückliche polyinterpretable Aussage. Selbstredendkann menschliche Medizin niemals den Tod verhindern, son-dern sie kann ihn immer nur verzögern, denn selbst wenn es ge-lingt, einen tödlich Erkrankten vollkommen gesund zu machen,wird dieser trotzdem zukünftig sterben müssen. Kann die Me-dizin also immer nur den Eintritt des Todes verzögern und sodas endliche Leben prolongieren, ist diese Aussage absurd. Ein-fach ausgedrückt könnte daraus zynisch gefolgert werden: Wa-rum einen 90 Jährigen operieren, so daß er gesundet, wenn ersowieso in Bälde ob der allgemeinen Durchschnittslebenser-wartung sterben wird! So darf die Katechismusformulierungnicht gemeint sein; die Formulierung erlaubt aber diese Ausle-gung! Die Frage müßte dann so formuliert werden: Welches zuerhoffende Zeitquantum an Hinauszögerung des Eintrittes desTodes rechtfertigt welchen medizintechnischen Aufwand?

Zudem soll hier fundiert werden, daß der Zweck der Einstel-lung der medizinischen Behandlung nicht die Herbeiführungdes Todes sei. Wäre das die Zweckbestimmung, wäre die Un-terlassung nämlich eine sittlich unannehmbare Handlung14 Nunist aber die Absicht des Verfügers einer Patientenerklärung ge-rade die, durch das Unterlassen von medizinischen Maßnahmenden Tod herbeizuführen, um die Leidenszeit im Prozeß desSterbens zu verkürzen! Der Tod soll beschleunigt herbeigeführtwerden, um aus dem Zustand des Leidens in einen leidfreienüberzugehen, wobei der Tod dabei selbstzwecklich erstrebtwird, weil er als leidfreier Zustand vom Verfüger erhofft wird.Die Behauptung, daß der Tod nicht herbeigeführt werden soll,sondern nur als nicht verhinderbarer in Kauf genommen wer-den würde, trifft so nicht den Fall der Patientenverfügung. …

Die Beurteilung von medizinischen Behandlungen als „ge-fährliche“ wirkt in diesem Kontext mehr als irritierend. Ausge-schlossen ist dabei sicher, daß an Behandlungsethoden zu den-ken ist, die im Vollzuge für den Arzt gefährlich sind. Wenn dasUrteil der Gefährlichkeit sich ausschließlich auf den Patientenbeziehen kann, generiert sich dadurch folgende Absurdität:wenn eine Medizintherapie gefährlich für den Patienten ist, fürseine Gesundheit, ja sie sein Weiterleben gefährden könnte, solldie nicht appliziert werden mit der Folge, daß der Patient un-mittelbar, weil er so nicht behandelt wird, stirbt. Damit wird,um eine potentielle Gefährdung des Patienten zu vermeiden,sein Tod in Kauf genommen. Die größtmögliche Gefahr für ei-nen Patienten ist aber sein Tod (im Raum der Medizin), so daßhier zur Vermeidung eines kleineren Übels in Relation zumdenkbar größtmöglichen das Eintreten des größtmöglichen hin-genommen wird. Das ist absurd!

So muß sich das Augenmerk ganz auf das Argument der Ver-hältnismäßigkeit von Mittel und Erfolg kaprizieren. Es heißt:„zum erhofften Ergebnis in keinem Verhältnis stehende auf-wendige … Verfahren.“ Die Formulierung: „Die Moral ver-langt keine Therapie um jeden Preis.“ zeigt nun in die einzu-

heilsamen Reue der Mensch den Freitod vollziehen kann. Der Adressat die-ser Aussicht auf eine Hoffnung ist der um den den Freitod begangen Haben-de Trauernde und nicht der, der beabsichtigt, sich das Leben zu nehmen, sodaß ihm diese Aussage Grund sein könnte, den Suizid zu vollziehen imVertrauen auf diese Zusage. Moraltheologisch formuliert: Wäre es nicht einMißbrauch des Bußsakramentes, begänge jemand eine schwere Sünde in derMeinung, diese Sünde später beichten zu können und so absolvertiert zuwerden, ein Mißbrauch, der die Gültigkeit der Beichte in Frage stellt? .

13 Es sei en passant darauf hingewiesen, daß, so plausibel diese Ableitung desNichtverfügendürfens über das eigene Leben und das Anderer aus dem Herr-sein Gottes über das anvertraute Leben auch klingt, dieser Standpunkt vonder Katholischen Morallehre selbst nicht konsequent durchgehalten werdenkann, denn schon die Lehre vom gerechten Krieg, vom Recht des Staates,mit Gewalt sich selbsterhalten zu dürfen, hat zur Folge, daß a) von denStaatsbürgern verlangt wird, im gerechten Kriege zu sterben bereit zu seinund b) auch andere Menschen zu töten. Offenkundig wird im Kriege über dasLeben von Menschen verfügt. Noch deutlicher wird dies bei der prinzipiellnicht reprobierten Todesstrafe. Es drängt sich der Eindruck auf, daß diesesapodiktische Urteil der Unerlaubtheit der Verfügung über das Leben desMenschen doch einer Ausdifferenzierung und Zulassung von Ausnahmen be-darf Bedenkenswert ist hier: Joh 19,11, die Aussage Jesu, daß der Staat dasRecht zur Todesstrafe direkt von Gott zugesprochen bekommen hat. 14 Vgl: Katechismus 2277.

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schlagende Interpretationsrichtung. Es muß dabei der Begriffdes Preises in seiner unmittelbar wörtlichen Bedeutung gesehenwerden. Zur Veranschaulichung soll die hier implizit gestellteFrage so formuliert werden:

Welcher Kostenaufwand ist vertretbar für welches Zeitquan-tum an zu erwartender Hinauszögerung des Eintrittes des To-des, anschaulich formuliert:

Wenn die medizinische Maßnahme insgesamt 100000 EuroKosten verursacht, und durch die Anwendung die Lebenserwar-tung des Patienten sich um 1 oder 2 Tage oder Wochen prolon-giert, ab welchem gewonnenen Zeitraum rechtfertigt sich diesermedizintherapeutische Kostenaufwand? Wieviel an Geldausga-be ist für welches Quantum an gewonnener Lebenszeit zu recht-fertigen?15

Offenkundig enthält die Katechismusformulierung nicht dengeringsten Hinweis der Beurteilung, wie die Effektivität einermedizinischen Aufwendung in Hinsicht auf ihre Effektivität,das Quantum der dazugewonnenen Lebenszeit zu beurteilen ist.Zudem verlangt dies, daß der Wert menschlichen Lebens zeit-lich qualifiziert wird (wieviel Wert hat eine Stunde Lebens-zeit?) um dann zu beurteilen, ob die medizintechnische Auf-wendung sich rechnet und so legitimierbar ist. Es dürfte keinevon Sozialneid bestimme Polemik sein, wenn gemutmaßt wird,daß dies faktisch dazu führt, daß der, der diese Medizinmaßnah-me aus seinem Privatvermögen bezahlen kann, sie dann auchbekommen wird, während der Kassenpatient ohne ausreichen-des Eigenvermögen unbehandelt sterben wird.16 So schwer esvorstellbar ist, daß das der Katholische Katechismus intendiert,so evident ist es, daß diese Auslegung die einzige ist, die denText zu einem sinnvollen Text macht. Sollte nämlich der Be-griff des Preises nicht pekunär gemeint sein, dann ergibt er hierkeinen Sinn. Denn würde man hier unter Preis das Maß an Lei-den verstehen, so daß die These hieße: Wenn die Therapie eingroßes Quantum an Leiden dem Patienten verursacht und er da-für nur einen kurzen Gewinn an Lebenszeit erzielte, dann kön-ne auf die Maßnahme verzichtet werden, dann hieße das Wert-urteil, daß der Tod einem bestimmten Maß an Leiden legitimvorzuziehen wäre.

B) Das Verhältnis der Ausführungen von 2278 zu 2277 er-gibt sich aus der These, daß zwischen einer Unterlassungshand-lung, die den Tod des Patienten beabsichtigt und einer, die denTod als unvermeidlich hinnimmt, zu distinguieren wäre. Esmuß aber geurteilt werden, daß eine Patientenverfügung nichtden Tod als unvermeidliches Ereignis akzeptiert. Die Problema-tik der Vorstellung des Hinnehmens des nicht verhinderbarenTodes sei hier resümierend in Erinnerung gebracht: das Daß desTodes ist unvermeidbar: jeder Mensch muß einmal sterben,aber der Zeitpunkt kann vermeidbar sein und jede Therapie, dielebensverlängernd sich bei einem tödlich Erkrankten auswirkt,ist eine Prolongierung des endlichen Lebens, indem so der Tod

hinausgezögert wird. Kann der Tod so verzögert werden, ist derGrund, warum er nicht verzögert wird allein der, daß das Tod-sein dem noch länger leben können vorgezogen wird, weil dasdurch die Maßnahme verlängerte Leben ob seiner Qualität oderquantitativen Begrenztheit als nicht lebenswert beurteilt wird.Deshalb könnte die Patientenerklärung mit dem Willen zur Un-terlassung medizinischer Therapien nur dann unter die Ausfüh-rungen von 2278 subsumierbar sein, wenn der Grund nicht derwäre, das Todsein einem weiteren befristeten Leben vorzuzie-hen. Es ist also zu fragen, ob es im realen Leben Situationen derUnterlassung medizinischer Therapie gibt, die dieser von 2278gestellten Bedingung entsprechen.

D. Bonhoeffer urteilt in seiner Behandlung des Themas desSelbstmordes: „Wo ein Gefangener sich das Leben nimmt, weiler fürchten muß, unter der Anwendung der Folter sein Volk, sei-ne Familie, seinen Freund zu verraten, wo ein Staatsmann, des-sen Auslieferung der Feind unter Androhung von Repressaliengegen sein Volk fordert, nur durch freien Tod seinem Volkschweren Schaden ersparen kann, dort tritt die Selbsttötung sostark unter das Motiv des Opfers, daß eine Verurteilung der Tatunmöglich wird:“

Dies appliziert Bonhoeffer nun auch auf den medizinischenRaum: „Wenn ein unheilbar Kranker sehen muß, daß seinePflege den materiellen und seelischen Zusammenbruch seinerFamilie zur Folge hat und durch eigenen Entschluß die Seinenvon dieser Last befreit, so mögen gewiß manche Bedenken ge-gen so eigenmächtiges Handeln bestehen, dennoch wird eineVerurteilung auch hier nicht möglich sein.“17

2.3 Die Frage der moralischen Erlaubtheit einer Patienten-verfügung im Raume einer Gemeinschaftsethik Signifikant für Bonhoeffers Ansatz ist, daß das Movens der

Selbsttötung in allen von ihm diskutierten Fällen das Wohl an-derer Menschen ist. Als dem Individuum übergeordnete Ge-meinschaften benennt er das Volk, die Familie, aber auch denNächsten. Situationen konstruiert er, in denen um des Wohlesdes Anderen willen, der Wohlfahrt der Gemeinschaft willen einMensch frei verantwortlich seinen Tod will, weil er nur so Un-heil von der Gemeinschaft abhalten kann. Hier wird um des Ge-meinwohlswillen der eigene Tod billigend in Kauf genommen,weil er als notwendiges Mittel für das Wohl der Anderen ange-sehen wird. Hier würde gelten, daß der Preis für den unbeding-ten Lebenswillen, das eigene Leben zu erhalten eine gravieren-de Beeinträchtigung des Gemeinwohles wäre.

Die These des Katechismuses: „Die Moral verlangt keineTherapie um jeden Preis“18 könnte dann so expliziert werden:Wenn der Preis für die notwendigen medizinischen Maßnah-men zur Lebensverlängerung eines irreversibel tödlich Er-krankten der ist, daß andere nicht hinnehmbare Nachteile da-durch aufgebürdet werden, dann kann erwogen werden, zurVermeidung dieses Preises auf die Maßnahme zu verzichten,insbesondere dann, wenn der zu erhoffende Nutzen für den irre-versibel Erkrankten unverhältnismäßig gering ist im Verhältniszu den zu erwartenden Negativfolgen für die Gemeinschaft, derder Erkrankte angehört.

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15 „Auch früher gab es Grenzen, bei denen eine vielleicht sinnvolle Therapie anden Möglichkeiten der Finanzen gescheitert ist. Und jeder kluge Arzt mußabwägen, in welchem Stadium gerader finaler Erkrankungen welche Be-handlungsweise noch verantwortbar war.“ Josef Römelt, Freiheit, die mehrist als Willkür S.249f..

16 „Nicht nur die Aufwendungen der Mittel der Therapie ist das Problem, son-dern zunehmend stellt sich auch das Problem der Länge der Therapie, dieeben die wirtschaftlichen Probleme des heutigen Gesundheitssystemes stär-ken.“ Josef Römelt, Freiheit, die mehr ist als Willkür S.274f.

17 D.Bonhoeffer, Ethik S.197, Hervorhebung durch Verfasser.18 Katholischer Katechismus 2278.

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19 Dies ist eine interpretierende Deutung des von Bonhoeffer gewählten Bei-spieles (Vgl: Ethik S.192) um auszuschließen, daß hier gemeint sein könnte,daß nur ob der hohen Kosten und Belastungen für die Familie unter Abse-hung des möglichen Erfolges für den Erkrankten ein Freitod sittlich akzepta-bel sein könnte. Die anderen von Bonhoeffer gewählten Beispiele zeigenaber, daß das Gut, um dessen willen ein Freitod als Opfer sittlich erlaubt seinkann, selbst wiederum ein sittliches Gut sein muß, daß höherwertig ist alsdas Gut des zu erhoffenden Mehrs an Lebenszeit, das durch ein Weiterlebenrealisiert werden kann.

20 Katechismus der Katholischen Kirche (1993) 1522.

21 A. Püttmann, Hoppe: Den Tod zulassen, nicht zuteilen in: Tagespost 27.6.06S.10.

22 A.Rosenberg, Letzte Aufzeichnungen 19962 S.280.

Der individualethische Ansatz wird so aufgehoben hin zurBetrachtung des tödlich Erkrankten als Glied einer Gemein-schaft unter der Frage: Welchen Preis darf und soll die Gemein-schaft für ein irreversibel tödlich erkranktes Individuum auf-bringen?, wobei unter Preis nun die Summe der Belastungengemeint ist, die ihr entstünden, würden alle technisch mögli-chen medizintherapeutischen Maßnahmen an dieser Person ap-pliziert, unabhängig von der Qualität und Quantität des zu er-wartenden Erfolges.

D. Bonhoeffer hat diesbezüglich einer innerfamiliäre Kon-fliktsituation vor Augen: Der unheilbar Erkrankte, dessen The-rapie nur noch ein geringes Quantum an Lebensverlängerungzu erwarten läßt19 und der vor der ethischen Entscheidung steht,ob er die hohen Kosten seiner Familie aufbürden kann, wenndiese die ökonomische Existenz der Familie gefährden würde.

Zur Veranschaulichung: Wenn ein Gemeinwesen nur über li-mitierte Ressourcen zur medizinischen Therapie verfügenkann, wäre dann eine kostenintensive Therapie unheilbar Er-krankter sittlich vertretbar, wenn das zur Folge hätte, daß ande-re nicht tödlich Erkrankte nur unzulänglich therapiert werdenkönnen, so daß diese sanierbaren Krankheiten nicht geheiltwerden würden ob der limitierten Möglichkeiten.

2.4. Eine theologische ErwägungSelbst Experten der Schriftauslegung bereitet die von ihrem

Wortsinn eigentlich klare Aussage des Kolosserbriefes größteProbleme: „Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich inmeinem irdischen Leiden Christi das, was an den Leiden Chri-sti noch fehlt.“ Kolosser 1,24. Daß die Leiden Christi, worun-ter spontan ein Bibelleser den Kreuzestod Christi versteht, defi-zitären Charakter haben könnte, daß der Heiland noch nicht ge-nug gelitten hätte zur Sühne der menschlichen Sünden, dieseVorstellung erst provoziert das Problem. Die Hl. Schrift könnesich nicht selbst widersprechen. Es kann nicht gleichzeitig gel-ten, daß Christus für uns genug gelitten hätte und daß sein Lei-den defizitären Charakter trüge. Ja, pointierter formuliert: gera-de wenn Christus am Kreuze genug gelitten hätte, kann unddürfte es kein weiteres von Gott gewolltes Leiden mehr geben,ab jetzt, seit dem Kreuzesleiden Christi könnte es nur nochsinnloses Leiden gäben. Offenkundig sagt der Kolosserbrief ge-nau das Gegenteil: das Kreuz Christi eröffnet dem leidendenMenschen eine Deutung seines Leides als sinnvolles. So sagtder Katechismus über das Leiden von Kranken in der Lehreüber das Sakrament der Krankensalbung: „Der Kranke hinge-gen trägt durch die Gnade des Sakramentes zur Heiligung derKirche und zum Wohle aller Menschen bei, für die die Kircheleidet und sich durch Christus Gott dem Vater darbringt20. Hierwird das Kreuzesleiden Christi als Eröffnungsmöglichkeit ge-deutet, daß Menschen ihr Leid mit dem Christi verbinden, und

daß so auch ihr persönliches Leid zu einem sinnvollen undfruchtbaren wird. Das meint die Tradition des stellvertretendenSühneleidens. Für den Leid tragenden und vom Leid zerquältenGläubigen ist so gesehen diese Aussage des Kolosserbriefes ei-ne Hilfe im Leid. Aber es muß gesehen werden, daß eine solcheDeutung und daraus folgende Annahme des Leides nur dem aufdas Kreuz Christi schauenden Christen möglich ist. Wo aberdas Leid prinzipiell nur noch als etwas Nichtseinsollendeswahrgenommen werden kann, da kann Leiden nicht mehr ange-nommen werden, wie es gerade der Apostel Paulus hier auf-zeigt. Nach Paulus will das Kreuz Christi den Menschen gera-de zur Nachfolge des Kreuzes berufen und die kann gerade imAnnehmen des eigenen Leides in der Verbindung zum Kreuzes-leiden Christi bestehen.21

3. Ein (un)zeitgemäßer AppendixRosenberg, kurz vor seiner Hinrichtung präsentierte in sei-

nen autobiographischen Notizen, „Letzte Aufzeichnungen1945/46“ eine selbstkritische Besinnung der nationalsozialisti-schen Euthanasiepraxis. Er bestimmt den Weltanschauungsge-gensatz zwischen dem Christentum und der nationalsozialisti-schen Bewegung, die er hier als den Zug, die Geisteshaltungder neuen Zeit bezeichnet so: „Hier war ein Punkt gegeben, woWeltanschauungen in härtester Form aufeinandertrafen. DieTatsächlichkeit bestand darin, daß das Reich jährlich eine Mil-liarde Mark für den Unterhalt meist unheilbar Kranker ausge-ben mußte, daß Zehntausende gesunder Frauen ihr Leben inden Dienst Unheilbarer stellten, sei es angesichts sonstiger Ar-beitslosigkeit, sei es aus echter Opferbereitschaft. War esmenschlich, diese Wracks des Lebens zu erhalten? Der Zug ei-ner neuen Zeit hatte mit Nein geantwortet – die christlichenKirchen ebenso unbedingt mit Ja: die menschliche Seele lebeauch in allen Geistes- kranken, nie dürfe man dem göttlichenWillen vorgreifen, in der Pflege dieser armen Kranken erweisesich die Kraft christlicher Hingabe.“22 Unverkennbar erfaßt Ro-senberg hier die Differenz zwischen der christlichen Weltan-schauung und der seinigen: Wo der Zeitgeist nur menschlicheWracks sieht, sieht der Christ auf die Seele des Menschen, dieihn zu einem Wert an sich macht. Der Nationalsozialist siehtdagegen den Menschen primär nur als Glied einer Gemein-schaft, das getötet werden darf, wenn er durch seine Erkran-kung entmenschlicht ist und der Gemeinschaft nur noch Unko-sten, aber keinen Nutzen mehr bringt. Für den Christen kann esaber keinen durch eine Krankheit entmenschlichten Menschengeben („Wrack des Lebens meint, daß es kein Mensch mehrist), weil das Menschsein durch die unsterbliche Seele konstitu-iert ist. Nach einer selbstkritischen Betrachtung der Euthanasie-praxis erwägt Rosenberg, daß nur eine freiwillige Euthanasieverantwortbar sei. Das heißt, daß der Betroffene oder seine Fa-milie zustimmen sollen. Diese Zustimmungspflicht verbindet ermit der Forderung, daß wenn die Angehörigen nicht einer Eu-thanasielösung zustimmen, daß sie selbst für die Kosten für denBetreffenden, die Familie aufzukommen haben, „sonst wäre eineAblehnung eine zu große Bequemlichkeit und zu unsoziale Auf-

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bürdung peinigender Lasten auf andere Volksgenossen.“23 Diesewohl auch durch den energischen Protest der KatholischenKirche evozierte Gesinnungsänderung verweist in Hinsicht aufdie jetzige Situation auf einen wichtigen Aspekt in Hinsicht aufdas kirchliche Leben.

In Zeiten, in denen der Zeitgeist immer weniger bereit ist alsSolidargemeinschaft die Kosten für die Pflege unheilbar Kran-ker zu zahlen und stattdessen wieder die Euthanasie unter derParole des Rechtes auf ein humanen Sterben legitimieren will,könnte es gerade die Aufgabe der Kirche sein sein, als Ort ge-lebter Nächstenliebe gerade die zu pflegen, die die Gesellschaftum der hohen Kosten willen durch eine freiwillige Euthanasie„entsorgen“ will. Dann würde die Solidargemeinschaft prak-tisch demonstrieren, daß auch der unheilbar Erkrankter nichtprimär als Unkostenfaktor und nutzloses Glied der Gesellschaftangesehen werden darf, sondern als von Gott geliebter Mensch.

Das hieße dann aber auch, daß sie bereit sein müßte, die Ko-sten selbst zu tragen, wenn die Gesellschaft dazu nicht mehr be-reit ist unter der Forderung der Senkung der Kosten des angeb-lich nicht mehr finanzierbaren Gesundheitswesens. Opferbe-reitschaft heißt eben nicht nur, daß der Einzelne für seine Ge-meinschaft verzichtsbereit ist sondern immer auch, daß subsi-diarische Gemeinschaft für ihr Einzelglieder zu Verzichten be-reit ist.

4. Resümee Der Verfasser plädiert dafür, angesichts der vielfältigen letz-

tendlich nicht geklärten Fragen, ob wirklich es moraltheolo-gisch erlaubt sein kann, eine solche Patientenverfügung abzu-geben und eingedenk der großen Vorbehalte in der Katholi-schen Moraltheologie, den Freitod als ultima ratio doch zu er-lauben, dafür, ein Moratorium zu praktizieren. Es sollten erstdie moraltheologischen Fragen geklärt werden, bevor Gläubi-gen die Unbedenklichkeit der Abfassung einer solchen Verfü-gung erklärt wird. Der Verfasser sieht es als kaum möglich an,diese Patientenverfügung nicht als eine spezifische Form derAufforderung zur Beihilfe zum Freitod zu sehen und es mußfestgehalten werden, daß moraltheologisch auch die Beihilfezum Freitod unerlaubt ist24.und somit auch die Äußerung desWunsches nach einer solchen Beihilfe. Wollte man nicht ähn-lich wie Bonhoeffer es erwägt, den Freitod aus altruistischenMotiven heraus doch legitimieren, müßte plausibel gemachtwerden, daß es sich hier nicht um eine Aufforderung zur Bei-hilfe zum Freitod durch das Unterlassen von lebensnotwendi-gen Maßnahmen handelt. Der im Katechismus präsentierte Ver-such in 2278 kann aber nicht als für die Problematik der Patien-tenverfügung angemessener Versuch gewertet werden, weil dieThese, man wolle den Tod nicht herbeiführen25 nicht für die Pa-tientenverfügung zutrifft, denn in ihr wird der Tod als Ende desLeidens gewollt.

Anders sieht es aber im politischen Raume aus: muß ausmoraltheologischer Sicht die Patientenverfügung faktisch alsverschleierte Form einer Willenserklärung zum Freitod verstan-den werden, so muß die Tatsache der weltlich juristischen Er-

laubtheit des Freitodes dazu führen, daß eine Patientenverfü-gung nach weltlichem Recht erlaubt ist. Nicht alles, was dasweltliche Recht erlaubt, ist aber dem Christen erlaubt. So kämeniemand auf den Gedanken, daß weil es im weltlichen Rechtnicht mehr den Strafbestand des Ehebruches gibt, zu konseku-tieren, daß nun auch jeder Katholik Ehebruch begehen dürfe.An dieser Differenzierung zwischen kirchlichem Moralrechtund dem weltlichen Recht wird aber sehr deutlich, wie proble-matisch es für den Wahrheitsanspruch Katholischer Moral ist,daß sie faktisch in den Stand einer innerkirchlichen Binnenmo-ral versetzt worden ist durch die faktische Anerkennung der li-beralen Gesellschaftsordnung, die der christlichen Moral nurdie Randexistenz der Privatsphäre zubilligt. Äußerst problema-tisch wird es, wenn der Christ ob seiner öffentlichen Berufstä-tigkeit in das Spannungsfeld zwischen kirchlicher und politi-scher Moral zu stehen kommt. Gesetz den Fall, das staatlicheRecht würde eine Beihilfe zum Freitod auf Verlangen des Pa-tienten vom Arzt erlauben, dürfte ein Katholik diese ärztlicheBeihilfe nicht gewähren und müßte darauf insistieren, daß ernicht dazu gezwungen werden darf, gegen sein Gewissen imBeruf handeln zu müssen. Wenn nun aber, nehmen wir jetzteinen Extremfall an, kein Arzt sich bereit fände, die staatlich er-laubte Beihilfe zu gewähren, der Patient aber ein Recht auf dieEinforderung dieses Rechtes hätte, dann stellt sich die Frage:dürfte dem Patienten sein Recht verweigert werden, weil keinArzt bereit ist, ihm das Rechtmäßige zu gewähren? Es soll dasprinzipielle Problem an einer anderen Materie veranschaulichtwerden. Unter der Voraussetzung einer allgemeinen Wehr-pflicht erlaubt der Staat es, daß Wehrpflichtige unter Berufungauf ihr Gewissen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern.Was, wenn nun alle Wehrpflichtigen so den Wehrdienst verwei-gerten? So unwahrscheinlich der Fall auch sein mag, so muß eraus rein moraltheologischen Gründen doch diskutiert werden,weil in diesem Extremfall sich ein Widerstreit auftut zwischendem naturrechtlich verankerten Recht des Staates auf militäri-sche Selbstverteidigung und dem Individualrecht, nicht ge-zwungen werden zu dürfen, wider das eigene Gewissen han-deln zu müssen. Dieser ethisch nicht lösbare Konflikt kannwohl nur durch eine politische Entscheidung gelöst werden.

Wenn die Katholische Kirche im Kampf gegen den Moder-nismus gerade dies Zerreißung der Moral verhindern wollte, somuß konstatiert werden, daß heute das zur selbstverständlichbejahten Ausgangssituation des ethischen Diskurses gewordenist: daß die öffentliche Moral sich gänzlich von der Vernunft derkirchlichen Morallehre emanzipiert hat. Und es muß daraufhingewiesen werden, daß die Bejahung des Rechtes auf denFreitod, die notwendige Präsumption der Bejahung einer Pa-tientenverfügung mit dem Ziel, durch eine Aufforderung zurUnterlassung von medizinischen Maßnahmen das Eintreten deseigenen Todes zu beschleunigen zur Vermeidung von Leid aufeiner Vorstellung des Todseins beruht, daß der Mensch einfachaufhört, zu sein, die selbst von der Vernunft nicht selbstständigbegründet werden kann, so daß sie hier mit nicht vernünftigenAnnahmen operieren muß. Gerade das demonstriert aber auch,wie problematisch es ist, wenn sich die kirchliche Morallehrezurückzieht in die innerkirchlichen Räume, um einem rein ver-nünftigen Denken Raum zu geben, denn das rein vernünftigeDenken ist gerade in diesem Punkte darauf angewiesen, umhinreichend die Legitimität des Freitodes zu ergründen, Vorstel-lungen als wahr zu affirmieren, die nicht selbst wiederum ausdem vernünftigen Denken entspringen, daß der Tod das schlich-te Nichtmehrsein des Menschen ist.

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23 A. Rosenberg, Letzt Aufzeichnungen 19962 S.282.24 Vgl.: Katholischer Katechismus 2282.25 Vgl.: Katholischer Katechismus 2278.

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Die kirchliche Morallehre wiederum hat durch ihre Abset-zung von der rein philosophischen Lehre von der Unsterblich-keit der Seele (Platon) und der Nichtrezeption der Idee der un-sterblichen Seele als Postulat der praktischen Vernunft (Kant)selbst wiederum die Chance verspielt, mit solch dezidiert philo-sophischen Einsichten sich in den Diskurs über die Vertretbar-keit des Freitodes einzubringen. Denn wenn die philosophischeLehre von der Seele weiterhin bejaht würde, könnte die Grund-voraussetzung des Urteiles, lieber tot sein als leidend weiter zu

leben, die Ineinssetzung von Todsein und Nichtsein nicht mehrals Selbstverständlichkeit vernünftigen Denkens ausgegebenwerden.

Viele Romane, die auch verfilmt werden ( wie etwa DanBrowns ,,Sakrileg“), greifen wieder zu einer Darstellung derKirchengeschichte, die an Otto von Corvins ,,Pfaffenspiegel“erinnert, d.h. die Kirchengeschichte wird nur und alleine gedeu-tet als Waffenarsenal gegen die Heiligkeit der Kirche JesuChristi. Dieser Tendenz nun eine Kirchengeschichtsschreibunggegenüber zu setzen, die sich apologetisch versteht, würde zukurz greifen. Walter Brandmüller legt mit seinem Buch ,, Lichtund Schatten“ die richtige Antwort vor; er treibt sicher auchApologie, aber es geht in seinem Buch um einen Blick ,,hinter“die Fakten und kann er viele Reizthemen in einen theologischenZusammenhang stellen und klarstellen, daß die Kirchenge-schichte nicht einfach eine Ansammlung von Fakten oder garVerfehlungen ist, sondern eben ,,Licht und Schatten“.

Wer es mit Walter Brandmüller schafft, ,,hinter“ die vorder-gründigen Abläufe zu blicken, dem tut sich das Wesen der hei-ligen Kirche auf, die die Gründung des Gottessohnes ist.

Dabei tut dieser theologischer Blick auf die Materie der hi-storischen Schärfe keinerlei Abbruch. So stellt er die richtigeFrage etwa bei der Frage nach der Bibeldeutung; er fragt nachder ,,Kindheitsgeschichte“ ( im Singular) und nicht nach den,,Kindheitsgeschichten“ (im Plural), auf S. 64 ff. Auch wenn erMartin Luther bewertet( 102 ff.) spricht der Theologe und Hi-storiker – der Beitrag sollte zur Pflichtlektüre ökumenisch be-geisterter Katholiken werden, damit Ökumene auch im Bereichder Pfarreien im richtigen Rahmen angegangen werden kann.

Und auch Brandmüllers Beiträge über viele heutige Theolo-gen( 191 ff. und 196 ff.) können die Augen öffnen für die heu-tige Lage der Kirche in Deutschland.

Brandmüllers Stil ist leicht zu lesen; das Buch richtet sich anein größeres Publikum. Die zahlreichen kirchlichen Schulen tä-ten gut daran, dieses Buch, etwa in der Oberstufe, den Schülern

Dr. theol. Joseph Overath Hauptstr. 54, 51789 Lindlar

WALTER BRANDMÜLLER

Licht und SchattenKirchengeschichte zwischen Glaube,Fakten und Legenden

Augsburg, St. Ulrich Verlag 2007222 Seiten

ISBN-13: 978-3-936484-99-1Preis 16,90 €

B U C H B E S P R E C H U N G E N

an die Hand zu geben – dann könnten die Jugendlichen wiederneu lernen, der ,,Kirche zu trauen“ (6 ff.).

Dipl.-Theol.Fr. Uwe Lay OSBBenediktiner Abtei SchweiklbergPostfach 24094471 Vilshofen

HEINZ-LOTHAR BARTH

Ist die traditionelle Messe antisemitisch?

Altötting, Sarto-Verlag 2007, 203 SeitenISBN-13: 978-3-932691-54-6, Preis 11,90 €

In einer letzten vergeblich gebliebenen Kraftanstrengung hatdas Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) den Ver-such gemacht, das Motu proprio über die Wiederzulassung dertridentinischen Messe zu verhindern. Das verwundert nicht:Emanationen, die wir von diesem Gremium gewohnt sind,schlagen so regelmäßig wie der Pendelschlag einer Uhr nachder progressiven Seite aus! Aber das ZdK hat sich in diesemFalle der Waffe der political correctness bedient, die in dem all-gemeinen, auch binnenkirchlichen Klima, das bei uns herrscht,nahezu tödlich ist. Das ist freilich so originell heute nicht.Schon in unserer Glosse: „Die Rechten und ihr Rosenkranz“(Cf. Walter Hoeres: Zwischen Diagnose und Therapie. Respon-deo 14, Siegburg 200l, S. 276 ff.) haben wir auf den semanti-schen Trick hingewiesen, die traditionstreuen Katholiken ein-fach als „Rechte“ zu bezeichnen und damit in eine Ecke zu stel-len, mit der sie nichts zu tun haben.

Aber das Zentralkomitee hat hier noch darauf gesattelt ! Am4. April 2007 gab der Gesprächskreis „Juden und Christen“beim ZdK unter der Überschrift „Störung der christlich-jüdi-schen Beziehungen – Zur Wiedereinführung des tridentinischenRitus“ eine erstaunliche Pressemeldung heraus. In ihr wendet ersich dagegen, daß in dem Missale Romanum von 1962 nachwie vor für die Bekehrung der Juden gebetet werde und dieTendenz dieses Gebetes eindeutig der Konzilserklärung Nostraaetate widerspreche. Mit diesem Missale von 1962 werde alsoder wesentliche theologische Paradigmenwechsel des Konzilsgeleugnet, nämlich die biblisch begründete Neubestimmungdes Verhältnisses der Kirche zum Judentum und damit der Wan-del im Selbstverständnis der Kirche. Auch sei mit dem vorkon-

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ziliaren Missale die alte Leseordnung untrennbar verbunden,die keine alttestamentliche Lesung für einen Sonntag verzeich-ne. Und das sei „offener Markionismus“, der den ersten Teil derBibel zur Bedeutungslosigkeit abwerte.

Heinz-Lothar Barth stellt zunächst die Frage, ob sich dieVerfasser dieser Erklärung eigentlich vor der Öffentlichkeit lä-cherlich machen wollen, um dann auf die Fülle von Texten undLesungen einzugehen, die das Missale von 1962 aus dem AltenTestament entnimmt. Noch wichtiger sind seine sorgfältigenTextvergleiche, in denen der geschulte Philologe den Nachweisführt, daß das ZdK den Konzilstext „Nostra aetate“ falschzitiert. Zunächst wurde aus dem dritten aus „Nostra aetate“ an-geführten Satz der erste Teil, nämlich der am Anfang stehendeNebensatz einfach ausgelassen. So wird zwar zitiert: „Man darfdie Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstel-len, als wäre dies aus der Hl. Schrift zu folgern“. Aber die vor-angehende konzessive Bemerkung „Auch wenn die Kirche aberdas neue Volk Gottes ist …“ wird nicht zitiert und das ist ganzgewiß kein Zufall. Denn das Konzil bekennt sich hier, wennauch vorsichtig und zurückhaltend, immer noch zu der Auffas-sung, daß das Volk des alten Bundes durch das des neuen abge-löst worden ist. Ebenso selektiv – und diese Auswahl kann keinZufall sein – führt die Pressemeldung den zweiten aus „Nostraaetate“ entnommenen Satz an „Die Juden sind nach dem Zeug-nis der Apostel immer noch von Gott geliebt“. Vorher heißt esnämlich in NA 4: „Nach dem Zeugnis der Hl. Schrift hat Je-rusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt, und die Ju-den haben zu einem großen Teil das Evangelium nicht ange-nommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung sogarwidersetzt“.

Über diese Analysen hinaus beschreibt das Buch in anschau-licher, gut verständlicher und trotz der relativen Kürze reichbelegter Weise die nachkonziliare Strategie, das Alte Testamentund den alten Bund nicht mehr wie bisher als Vorbereitung undVorläufer des neuen Bundes aufzufassen, sondern als gleichbe-rechtigte Offenbarung und gleichberechtigten Heilsweg nebendem neuen stehenzulassen. Ist das der Fall, dann erübrigen sichnatürlich auch Bekehrung und Taufe.

Mit Recht stellt der Verf. diese in der Tat revolutionäreNeuinterpretation der Bibel in den Kontext der heutigen histo-risch-kritischen Exegese, die großenteils auf alle übernatür-lichen Aspekte wie Inspiration, Irrtumslosigkeit, ganzheitlicheSchriftdeutung nach der Analogia fidei verzichtet Erst diese Artvon Exegese macht die doppelte Form der Hermeneutik desAlten Testamentes möglich, von der heute schon vielfach ge-sprochen wird: es einerseits rein als jüdische Bibel unter völli-ger Absehung von seiner Erfüllung und Überhöhung im NeuenTestament und andererseits wie bisher von diesem her zu inter-pretieren: ein Verfahren, das in sich widerspruchsvoll ist, weiles in deutlichem Kontrast zu den Zeugnissen des Neuen Testa-mentes steht !

Neben diesen wichtigen Aufweisen bietet das Buch vonHeinz-Lothar Barth wertvolle Informationen über den zähenKampf gegen die Wiederzulassung der alten Messe. Auch dertheologisch nicht so versierte Leser fragt sich nach der Lektüre,warum man ausgerechnet den Juden das kostbaren Geschenkder Taufe und heiligmachenden Gnade vorenthalten soll, dasich doch schon die Apostel und Jünger – mit Ausnahme vonLukas alles Juden – gerade aus Liebe zu ihrem Volk mit allerKraft bemüht haben, ihnen dieses Geschenk zuteil werden zulassen.

Walter Hoeres

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Familienbischof DDr. Klaus Küng schreibt im Vorwort zurNeuauflage dieses richtungsweisenden Werkes: „Mit beachtli-chem Fleiß wurde von Dozent Dr. habil. Josef Spindelböck diedeutsche Übersetzung der seit längerem vergriffenen deutschenAusgabe des Buches von Karol Wojtyla Liebe und Verantwor-tung neu erarbeitet. Die vorliegende Neuausgabe wurde auf derGrundlage der polnischen Fassung von 1986 / 2001 und unterBerücksichtigung der vorliegenden englischen und deutschenTextausgaben erstellt. Das Ziel war eine möglichst sinngemäßeund zugleich gut lesbare Wiedergabe des Originals.

Diese deutsche Neuausgabe soll das wichtige ethische WerkKarol Wojtylas über den Sinngehalt der ehelichen Liebe einembreiteren Leserkreis erneut zugänglich machen, da diese Studieim deutschen Sprachraum seit Jahren nicht mehr erhältlich ist.“

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Pater Paul Dominikus Hellmeier O.P. präsentiert vor demHintergrund der neuesten Forschungsergebnisse eine allgemein-verständliche Einführung in Leben und Wirken des großen Or-densgründers (gestorben 1221) und schließt damit eine 20jähri-ge Marktlücke im deutschen Buchhandel.

Die Inkarnation als Angelpunkt der Denkgeschichte wirddurch drei, die Philosophiegeschichte charakterisierende Ver-

JOHANNES PAUL II (KAROL WOJTYLA)

Liebe und VerantwortungEine ethische Studie

Aus dem Polnischen und hrsg. vonJosef SpindelböckSt. Pölten, Verlag St. Josef 2007,420 Seiten

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Bierbronnen, Gustav-Siewerth-Akademie 2006, 2. AuflageISBN-13: 978-3-928273-01-5, Preis 24,50 €

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knüpfungsformen von Geist und Materie dargestellt: Die Anti-ke versteht die Materie las Einschränkung des Geistes – daschristlich Mittelater löst die Aporien der griechischen Metaphy-sik durch die Bestimmung der Materie als Ebntäußerung bzw.Schenkungsform des Geistes und ermöglicht damit auch dieGrundlegung der Naturwissenschaft – die Neuzeit erklärt imRückgriff auf Martin Luther die Materie als Entwicklungsprin-zip des Geistes und hebt damit die logische Denktradition in diedialektische Vernunft des Deutschen Idealismus, Marxismus,Existentialismus und Darwinismus auf und begründet mit dendialektisch verknüpften Prinzipien von Geist und Materie dieEvolutionstheorie. Eindrucksvoll belegt dieses Werk: Ohne Lu-ther kein Hegel – Ohne Hegel kein Darwin.

Eine der radikalsten Mystikerinnen der katholischen Kircheist die 1515 im kastilischen Avila geborene heilige Teresa, Kir-chenlehrerin und Reformerin des Karmeliterordens. AntoniaSondermann, selbst junge Karmelitin, beschreibt das Lebenund Wirken, aber auch den außergewöhnlichen Charme undWitz der großen Ordensheiligen.

Mit Kugel und Kreuz (Originaltitel: The Ball and the cross)erscheint nunmehr der letzte noch nicht auf Deutsch veröffent-lichte Roman G. K. Chestertons. Lange war dieses Werk dies-seits und jenseits des Ärmelkanals in Vergessenheit geraten.Doch der Leser bemerkt schnell, welchen weiteren Schatz desliterarischen Genies er in den Händen hält: ein Chesterton-Va-demecum, das vieles aus den nahezu einhundert Büchern desgeistreichen Engländers im handlichen und vergnüglichen For-mat bereit hält, eine Faustiade voller Humor und bissiger Iro-nie, ein Feuerwerk der Bonmots und Paradoxa, eine Kaskadevon pointierten Repliken und Dialogen, eine intellektuelleBrandstiftung, die dazu angetan ist, das Irrenhaus einer falschen

Welt hinwegzufegen. Kugel und Kreuz ist ein Roman, in demChesterton mit literarischem Talent katholische Überzeugungenmit einer kraftvollen Handlung verschmilzt. Ein Christ und einAtheist, die über eine Blasphemie miteinander in Streit geraten,verfallen auf ein Duell, um ihren religiösen Konflikt auszufech-ten. Die staatstragenden Mächte erkennen schnell die Gefahr,die von dem Prinzipienstreit zweier Individualisten in einerprinzipienlosen Welt ausgeht, und verwehren beiden denKampf. Erscheinen die Widersacher anfangs als skurrile Käuze,die in absurde Händel verstrickt sind und die man bestenfallsfür verrückt erklären sollte, so zeigt sich im weiteren Verlauf,dass Letzteres viel eher auf die Richter, Ordnungshüter, Denun-zianten, braven Dorfbewohner und perfiden Anstaltsverwalterzutrifft, letztlich auf eine verkehrte Weltordnung mit all ihrenVerdrehungen und Verirrungen. Auf der abenteuerlichen Fluchtvor dem lähmenden Zugriff der Obrigkeit, die die beiden Kon-trahenten quer durch England treibt, wird aus dem immer wie-der aufgeschobenen Säbelduell ein nie endendes Rededuell. Pa-radoxerweise vereint es die Flüchtlinge gegen ihre unerbittli-chen Verfolger, die ihnen gerade das nehmen wollen, was beideals das sie Verbindende erkennen lernen. Chesterton spielt nichtnur in seinem atemberaubenden Fahrerflucht-Kapitel, sondernwährend der gesamten narrativen Tour de Force virtuos mit Be-schleunigungspedal und allerlei mysteriösen Hebeln, um seinRomanvehikel in halsbrecherische Fahrt oder zeitweiligen Still-stand zu versetzen. Dieses Werk beeindruckte nicht zuletztPapst Johannes Paul I. so sehr, dass er Chesterton einen Briefschrieb. In seiner Sammlung fiktiver Briefe gibt er die zentraleSequenz des ersten Kapitels – quasi die zentrale Frage des Bu-ches – zunächst wörtlich wieder, um Chesterton anschließendrecht zu geben und dessen Schlussfolgerung weiter auszufüh-ren.

IMPRESSUM

Verleger: Fördergemeinschaft Theologisches e.V., KölnHerausgeber und Redakteur:Dr. Dr. David Berger, Manteuffelstraße 9, D-51103 KölnE-mail: [email protected] alle Deutungen und Meinungsäußerungen in unserer Zeit-schrift entsprechen immer und in jedem Fall den Auffassungendes Herausgebers. Briefe an den Herausgeber können leider nurin Ausnahmefällen beantwortet werden.Erscheinungsweise: in der Regel mindestens zweimonatlich, sonstmonatlich.Internetseite: www.theologisches.netProduktion:Verlag nova & vetera e.K., Bataverweg 21, 53117 Bonn, Email: [email protected], Telefax: 0228 - 676209Konten der „Fördergemeinschaft Theologisches“ e.V. (gem. V.):Konto 258 980 10 ●● BLZ 370 601 93 (Pax Bank eG Köln)Konto 297 611 509 ●● BLZ 370 100 50 (Postbank Köln)Für Auslandsüberweisungen:Postbank: IBAN DE18 3701 0050 0297 6115 09, BIC PBNKDEFFPax-Bank: IBAN DE51 3706 0193 0025 8980 10, BIC GENODEDIPAXWir sind angewiesen auf Ihren Jahresbeitrag von mindestens 20,- € unddanken im voraus herzlich dafür.ISSN 1612-6165

GILBERT KEITH CHESTERTON

Kugel und Kreuz

Aus dem Englischen und mit einemNachwort von Stefan WelzBonn, nova & vetera 2007,252 Seiten

ISBN-13: 978-3-936741-46-9Preis 24,50 €

MARIA ANTONIA SONDERMANN

Teresa von Avila begegnen

Augsburg, St. Ulrich Verlag 2007192 Seiten

ISBN-13: 978-3-936484-93-9Preis 11,90 €

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