Jean Krier

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Jean Krier Herzens Lust Spiele Gedichte poetenladen

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Jean Krier

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HerzensLust

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Zweite Auflage 2011© 2010 poetenladen, LeipzigAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-940691-14-9

Illustration und Umschlaggestaltung: Miriam ZedeliusDruck: Pöge Druck, LeipzigPrinted in Germany

Poetenladen, Blumenstraße 25, 04155 Leipzig, Germanywww.poetenladen-der-verlag.dewww.poetenladen.deverlag@poetenladen.de

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VON DER GEWALT UND VOM TOD

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Une incroyable façon de nous faire mourirMichel Deguy: Fragment du Cadastre

Ich lebe doch – sonst wäre nicht Welt, u mussnoch hinaus zu den Toten, sie zu wecken u wenden,die im Viehwaggon da, dass sie mal andersrumu ab in die Fabrik oder gleich in den Ofen uleichtbeschwingt durch den Schornstein, sonst wärdie andere Welt. Wie die Strandräuber, warmim Gedärm, von Dankbarkeit so erfüllt. Une incroyablefaçon de mourir. Und Welt nicht anders, nichts andersals im Sessel u zum Fenster u die blütenlose jetzt Zeit.Schon diese Art zu fragen – man kann’s nicht mehr hören. Tanz der Staubpartikel im Licht. Gib dir dochMühe, Mensch, mit den Bässen, beachte die Linieu wie die Lu tönt hell über dem Wasser. Dennsie ist Filiale u ich bin die Wunde, in die der Finger.Wie gut u leicht haben ohne Welt die Toten doch reden.

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Maux de tête

Was soll ich sagen? Morgen fahren wir, obschon wir natürlich wissen,dass es egal ist, ob man hier stirbt oder irgendwo anders. Hätten wiruns einlassen sollen auf dieses vielstimmige Gerede, um am Ende sogarPartei zu ergreifen u ganz unter uns ein Juwel der gotischen Baukunstzu bewundern? Gewiss, kurze Beine lügen, aber ich wollte dich nurauf den Händen tragen. Eine kleine Zeit wenigstens, auf jeden Fall solang ich es vermöchte u weiß Gott wohin. So fahren wir denn in einevöllig unvorhergesehene Richtung, obschon die Route so genau geplant war wie dieses Gedicht, in dem alle Synapsen gekappt werden sollten,während die andern unter bunten Glühbirnen ihre lärmenden Feste feiern.So lass sie doch fallen. Einige werden, schemenhae Figuren, vermutlichmit Rucksack u bärtigem Gesicht, mächtigen Fürsprechern zum Trotzin irgendwelchen U-Bahnschächten erschossen. Und ist es nicht auch so,dass sie weniger verzweifelt waren als wir an diesen so unausgeglichenenTagen? Euphorische Selbstzerstörung herrscht, nicht nur mots de tête u gerne würde man die Arme weit öffnen, so wie in vielen meiner Köpfezittert der Morgen. Denn nur, wer sein Kreuz trägt, kann im Namen erlösen.

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Zur Hölle mit der Freiheit

schreien sie, sobald in der Sprache kocht das Meeru müdes Abwinken, die Träume suchen das Weite,wo Dunkles aufgehoben gut u Ausscheidungen nichtder frühen Jahre überzeugen, obwohl auf der StraßeBoris hüp u singt u klacken die Absätze der Frauen.Du spürst, wie der alte Stein an der Schläfe pulst.Das ist die winzige Narbe, sichtbar nur, wenn draufSchein u Schaum vom Meer. An den Sturz erinnerstdu dich wohl u noch jedes Wort. Buchstabengenau,all die wunderbar undeutlichen Gefühle dieser Zeit.Lange Pfade im Wald u über die Tasten klackendie Absätze, die suchen in Träumen das Weite. AberLand nirgends in Sicht. Mit diesem Konzept im Kopfkommst du nicht weiter, obschon du doch frei bist,neue Konstellationen zu schaffen u hinter jeder Türunter Anrufung des HErrn dein Süppchen zu kochen.Mit Stein u Wort pochen so. So sollte dies, ganzauf die sane, ein Gedicht werden, von schwarzenFlügeln immer wieder geschlagen, wie das eben beiStrandspaziergängen der Fall ist, die auch mal überdie Grenze führen können nach Haus. Wie kannst duerwarten, einer sei da, nur für dich, während Schrittein diesen weiten Räumen wie Stille hallen? Zur Höllemit dieser Freiheit. Ach, dass wir alle leben u darankleben u furchtbar sind. Die Wunden sind leichtzu finden, du bietest dein Fleisch u Blut – was hasst dumehr. Drum schäme ich mich des Daseins überhaupt.In dieser Sprache kannst weder in deiner Hütte sprechen. 9

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„the best is / to die down and desist“John Ashbery: American Bar. Hotel Lautréamont

Schnee von gestern kündigt sich an wie verhasste biographische Daten:geboren, Frauen, Kinder, Katzen. 25 Jahre sind genug. Später dannfand sich eine kurze Notiz: kleiner roter Kater entlaufen, zutraulich. Wirhaben ihn überall gesucht, auch im Garten des Nonnenklosters. Komm doch, Kater, nach Haus, dann schlafen wir alle ruhig in einem Bett.Soweit zur Biographie u immer leichter kommen Tränen u Träume. Undso entsteht langsam, kaum zu fassen, ein Gedicht. Die Flöckchen tanzenleicht, zu leicht vielleicht, um Ordnungen zu schaffen jenseits der Toten,die aus dem Boden sich auflösen locker u dir in die Wirklichkeit treten.So ein Blödsinn weltweit u findet Jahre später statt, während jemandein Fenster öffnet u du sitzt unbeteiligt rauchend, ans Kreuz des Körpersgenagelt, auf einer Terrasse. Der Tod unterdessen, san u bleich, eigensinnig aber wie der Floh im Ohr, breitet sich aus, Ordnung so schaffend.Meint, das sei kein Problem, all diese Brötchen zu essen. Du könntest ihn umarmen dafür wie den Mond, der die Wolken braucht, um Wolkenu Mond zu verramschen. Nur so kann man seine Scham überwinden,sich mitten im Café oder auf den verschneiten Boden im Gemüse setzenu weinen. Denn steiler wird, bis sie senkrecht, die Welt. Breite die Arme,Lieber, also aus, es kommt Sturm auf, stark genug, davonzufliegen.

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I VON DER GEWALT UND VOM TOD

Une incroyable façon de nous faire mourir 9Maux de tête 10Zur Hölle mit der Freiheit 11„the best is / to die down and desist“ 12Tout se passe comme s’il en était ainsi 13Quodlibet 14Konjunktion 15Et in terra pax 16Denn es gehet dem Menschen 17Ich hüte die Katzen 18Kein Aber 19Sei nun Seele zufrieden 20Seelchen 21Auf dem Arsch sitzen, furzen und an Dante denken 22Im Sommer 23In der Dezembergegend 24Das Jahr ist hin 25Den blassen Schimmer 26Räume Keller u Speicher 27Hab sonst nichts auf der Welt 28

II VOM HERZEN

Extubation précoce 33Liebesgeschichten 34Alte Liebe, revisited 35Ça avance, Beckett: Fin de partie 36Aubade 37

INHALT

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Vorhofspiele 38Mort subite 39Herbst 40De Aeternitate 41Défi 42Flügellahme Träume vom Personalausweis 4360 44

III VOM REISEN

Ile d’Ouessant

Lux perpetua 49Wieder so ein Tag 50Eines Blickes zu würdigen auch 51Wie sie da grölen in Nacht u Nebel 52Landkarten 53Lucien, tu as perdu ton camion 54Il est à côté 55Je suis dans l’environnement 56A Ouessant il faut se plier aux Ouessantins 57Faut pas se mettre dans le rouge 58J’ai le sens de la marée 59Lied, Idylle 60

Vaison-la-Romaine

Plein Sud 63Auf Orbit 64Auf Schloss Museau 65Im Herbst 66Les choses simples 67

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Pot-Pourri

Eine schöne Leich’ 69Tourist auf dem Nil 70Das Haus am Watt 71Gemäldegalerie 722. 1. 07, Horben bei Freiburg 73Was für ein Tag: wie ausgeklinkt aus Lebenszeit 74Der Tag stiehlt sich davon 75Prachtstück 76Die Stadt u krankkaputt 77Die Stadt am See 78Retour 79Das Verweilen auf den Stegen ist verboten 80

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