IV/F 43.1-539/12 Gen 38/06 28. Dezember 2010 ... · IV.1.1. Für eine spätere Abscheidung von CO 2...
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Regierungspräsidium Darmstadt Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt
Regierungspräsidium Darmstadt Telefon: 069-2714-0 (Zentrale) Fristenbriefkasten:
Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt Telefax: 069-2714-5950 Luisenplatz 2,
Gutleutstraße 114 Internet: www.rp-darmstadt.hessen.de 64283 Darmstadt
60327 Frankfurt am Main
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IV/F 43.1-539/12 Gen 38/06 28. Dezember 2010
GENEHMIGUNGSBESCHEID
Erteilung der 1. Teilgenehmigung
E.ON Kraftwerke GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer
Dirk Jost, Keith Plowman und Dirk Rüggen,
Tresckowstraße 5,
30457 Hannover
I Erteilung der 1. Teilgenehmigung 2 II Eingeschlossene Genehmigungen 4 III Zugrundeliegende Antragsunterlagen 4 IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) / Inhaltsverzeichnis 5 V Nebenbestimmungen zur Absicherung der
Prognoseentscheidung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG / Inhaltsverzeichnis 31
VI Sachverhalt / Inhaltsverzeichnis 57 VII Genehmigungsvoraussetzungen / Inhaltsverzeichnis 149
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 2 von 321
GENEHMIGUNGSBESCHEID
I Erteilung der 1. Teilgenehmigung
Auf Antrag vom 22. Mai 2008 in der Fassung vom 5. Juni 2009 wird der
E.ON Kraftwerke GmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer
Dirk Jost, Keith Plowman und Dirk Rüggen,
Tresckowstraße 5,
30457 Hannover
- Antragstellerin –
I.1. nach Maßgabe der in Nr. III aufgeführten Pläne, Zeichnungen und Beschrei-
bungen und unter Beachtung der nachstehenden Nebenbestimmungen
nach den §§ 8, 16 Abs. 1 Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) die
1. Teilgenehmigung erteilt, auf dem
Grundstück in 63538 Großkrotzenburg
Grundbuch, Gemarkung: Großkrotzenburg
Flur: 23
Flurstücke: 42/1, 269/15
einen steinkohlebefeuerten Kraftwerksblock (Block 6) mit einer Feuerungs-
wärmeleistung von 2.350 MWth und einer elektrischen Nettoleistung von
1.055 MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis zu 300 MWth mit zuge-
hörigen Nebeneinrichtungen zu errichten.
I.2. Die 1. Teilgenehmigung berechtigt zur Errichtung und Durchführung von:
Bauvorbereitenden Maßnahmen (Räumen der Baufläche von vorhan-
denem technischen Gerät) und die Freimachung der Baustellenein-
richtungsflächen sowie die Errichtung der dazu gehörenden techni-
schen Infrastruktur (Baustraßen, Büro- und Sanitärcontainer, Montage-
flächen, Strom- und Wasseranschlüsse)
Kesselhaus, DeNOx- Anlage, Luvo- Gebäude, Kohletagesbunker und
Treppentürmen (Bau- und Maschinentechnik)
Maschinenhaus mit dem Treppenturm (Bau- und Maschinentechnik)
Blockwartengebäude
Eigenbedarf-, Block-, Erreger und Reservetrafos (nur Bautechnik)
Kühlturm und Kühlwasserpumpenbauwerk (Bau- und Maschinentech-
nik) und weitere Kühlanlagen (nur Bautechnik)
Saugzuggebläse und Elektrofilter (Bau- und Maschinetechnik)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 3 von 321
I.3. Folgende Anlagenteile werden von dieser Teilgenehmigung nicht erfasst
und sind in einer späteren Teilgenehmigung zu beantragen:
Herstellung der Baugruben für sonstige Anlagen
Hilfsdampferzeugung
Rauchgasentschwefelungsanlage mit Stapeltank für Entleerung, Gips-
entwässerung
Schaltanlagengebäude
Maschinentechnik der unter I.2 genannten Trafos
Maschinentechnik der Kühlanlagen
Kalksteinmehlsilo, Grobaschelager u. Flugaschesilo
Deionatstapeltank
Brückenbauwerke für Brennstoffversorgung, Ascheentsorgung
Vollentsalzungsanlage, Kondensatreinigungsanlage, Kühlturmzusatz-
wasseraufbereitungsanlage
Kühlwasserentnahmebauwerk
Fernheizanlage
Wasserstoffversorgung
Gleisanlagen (für E- Filterasche- und Gipsverladung)
I.4. Diese Teilgenehmigung berechtigt nicht zur Inbetriebnahme der Anlage
oder von Anlagenteilen.
I.5. Diese Teilgenehmigung wird unter dem Vorbehalt erteilt, dass in den nach-
folgenden Bescheiden aus sachlichen Gründen zusätzliche oder von der
Teilgenehmigung abweichende Anforderungen an die Errichtung der o.g.
Anlagenteile gestellt werden können.
I.6. Die Teilgenehmigung ergeht gemäß § 12 Abs. 3 BImSchG unter dem Vor-
behalt des Widerrufs bis zur endgültigen Entscheidung über diese Geneh-
migung.
I.7. Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens hat die Antragstellerin
zu tragen. Die Festsetzung der Höhe der Kosten bleibt einem gesonderten
Bescheid vorbehalten.
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II Diese Genehmigung schließt folgende andere behördliche Entscheidun-
gen ein:
II.1. Baugenehmigung nach § 64 der Hessischen Bauordnung (HBO) für die bau-
lichen Maßnahmen
II.2. Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
für die Errichtung der Dampfkesselanlage
II.3. Zulassung des Eingriffs nach § 15 Bundes- Naturschutzgesetz (BNatSchG)
II.4. Anzeige nach § 7 der 12. BImSchV
II.5. Luftfahrtrechtliche Zustimmung nach § 14 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
III Zugrundeliegende Antragsunterlagen
Die im Anhang I aufgeführten Antragsunterlagen sind Bestandteil dieses
Bescheides.
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IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) / Inhaltsverzeichnis
Die Genehmigung wird unter den nachfolgenden Bedingungen erteilt und
mit den nachfolgenden Auflagen verbunden.
IV Nebenbestimmungen für die Errichtung (Bauphase) 5
IV.1. Allgemeines 6
IV.2. Bauaufsichtliche Nebenbestimmungen und Hinweise 7
IV.2.16. Hinweise 8
IV.3. Luftreinhaltung während der Bauphase 9
IV.4. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während der Bauphase 9
IV.4.1. Lärmimmissionen 9
IV.4.2. Erschütterungsimmissionen 14
IV.4.3. Lichtimmissionen 14
IV.5. Arbeitsschutz 15
IV.6. Dampfkesseltechnische Nebenbestimmungen 15
IV.7. Brandschutz 16
IV.7.33. Hinweis 20
IV.8. Anlagenbezogener Gewässerschutz 21
IV.9. Retentionsraum 21
IV.10. Grundwasserschutz 22
IV.11. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen für die Bauphase 23
IV.12. Naturschutz 23
IV.12.1. Allgemeines 23
IV.12.2. Vermeidung und Minimierung von Eingriffen 24
IV.12.3. Ausgleich und Ersatz von Eingriffen / Ausführungsplanung 24
IV.12.4. Artenschutz 26
IV.13. Eisenbahnrechtliche Nebenbestimmungen 27
IV.14. Luftfahrt 29
IV.15. Verkehrsrechtliche Nebenbestimmungen 29
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 6 von 321
IV.1. Allgemeines
IV.1.1. Für eine spätere Abscheidung von CO2 mit der Carbon-Capture-Storage-
(CCS)-Technologie sind am Standort des Kraftwerks Staudinger entspre-
chende Flächen freizuhalten.
IV.1.2. Block 6 des Kraftwerks Staudinger darf nur in der in den vorgelegten und in
Anhang I dieses Bescheides dargestellten Unterlagen beschriebenen Art
und Weise und entsprechend den Anforderungen der 13. BImSchV errichtet
werden, es sei denn im Folgenden oder in weiteren Teilgenehmigungen
werden Änderungen gefordert.
IV.1.3. Ergeben sich in den nachfolgenden Teilgenehmigungsverfahren Bedenken
grundsätzlicher Art gegen das gesamte Vorhaben der Errichtung und des
Betriebes des Blocks, die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht vorher-
sehbar waren, oder weichen die den Teilgenehmigungsanträgen beizufü-
genden Unterlagen von dem diesem Bescheid zugrunde liegenden Unter-
lagen wesentlich ab, oder können aufgrund der Änderungen der Angaben
bislang unberücksichtigte nachteilige Auswirkungen auftreten, besteht der
allgemeine Vorbehalt, in den nachfolgenden Teilgenehmigungsbescheiden
zusätzliche oder von diesem Bescheid abweichende Anforderungen an die
Errichtung und / oder den Betrieb der geplanten Kohlekraftwerksanlage zu
stellen.
IV.1.4. Die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift des vollziehbaren Bescheides
sowie der dazugehörenden in Anhang I aufgeführten Unterlagen sind am
Betriebsort bzw. an der Baustelle aufzubewahren und den im Auftrag der
Genehmigungs- oder Überwachungsbehörden tätigen Personen auf Ver-
langen vorzulegen.
IV.1.5. Die Anlage ist entsprechend den vorgelegten und in Ziffer III. genannten
Unterlagen zu errichten, soweit im Folgenden keine abweichenden Rege-
lungen getroffen werden. Ergeben sich Widersprüche zwischen den Ab-
schnitten IV. und V. einerseits und den in Abschnitt III. in Verbindung mit
den in Anhang I genannten Unterlagen, so gelten erstere.
IV.1.6. Der Baubeginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F,
Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“ drei Wochen vorher
anzuzeigen.
IV.1.7. Der Genehmigungsbescheid ergeht unbeschadet der behördlichen Ent-
scheidungen, die nach § 13 BImSchG nicht von der Genehmigung einge-
schlossen werden.
IV.1.8. Die erteilte Genehmigung erlischt, wenn der Inhaber ab Unanfechtbarkeit
des Bescheides einen Zeitraum von einem Jahr verstreichen lässt, ohne mit
der Errichtung der Anlage zu beginnen. Die Genehmigung erlischt ferner,
wenn nicht innerhalb von vier Jahren ab Unanfechtbarkeit des Bescheides
entsprechend den vorgelegten Beschreibungen und Zeichnungen der Be-
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trieb der Anlage aufgenommen wird. Die Fristen können auf Antrag verlän-
gert werden.
IV.2. Bauaufsichtliche Nebenbestimmungen und Hinweise
IV.2.1. Der Bau des Kraftwerkblocks 6 des Kraftwerkes Staudinger, folgend Bau-
maßnahme genannt, ist so durchzuführen, dass
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem
Stand der Technik vermeidbar sind,
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umweltein-
wirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
IV.2.2. Vier Wochen vor Baubeginn und Rückbau sind dem Luftwaffenamt – Abtei-
lung FlBtrbBw, Dezernat a, Fliegerhorst WAHN 501/11, Postfach 90 61 10,
51127 Köln und dem Amt für Flugsicherung der Bundeswehr, Dezernat I 5,
Insterburger Straße 4-6, 60487 Frankfurt am Main Dezernat II 4 – unter An-
gabe der Registriernummer „West2-C-4023-08-a“ alle endgültigen Daten
wie Art des Hindernisses, Standort mit geographischen Koordinaten im
World Geodetic System 84 (WGS 84) ersatzweise in Gauß-Krüger-
Koordinaten, Höhe über Grund, Gesamthöhe über NN, ggf. Art der Kenn-
zeichnung und Datum der geplanten Fertigstellung zwecks Veröffentlichung
als Luftfahrthindernis anzuzeigen.
IV.2.3. Mit der Prüfung der bautechnischen Nachweise gemäß § 59 HBO wird sei-
tens der Unteren Bauaufsicht des Main-Kinzig-Kreises das Ingenieurbüro
Dietz, Hanau, beauftragt.
IV.2.4. Das Bauvorhaben darf erst ausgeführt werden, wenn der nach § 59 HBO
benannte Prüfingenieur die statisch konstruktive Standsicherheit festgestellt
und der Bauherrschaft bescheinigt hat.
IV.2.5. Mit den einzelnen Bauabschnitten darf erst begonnen werden, wenn die
entsprechenden statischen Prüfberichte vorliegen. Das Aktenexemplar ist
der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.
IV.2.6. Maßgebend für die Ausführung der Konstruktionen ist die geprüfte stati-
sche Berechnung. Auf eine Übereinstimmung der Bauvorlagen mit der ge-
prüften statischen Berechnung ist sorgfältig zu achten.
IV.2.7. Die Bewehrungszeichnungen sind dem mit der Prüfung der statischen Be-
rechnung beauftragten Prüfingenieur zur Prüfung vorzulegen.
IV.2.8. Für das Bauwerk wird die Überwachung der tragenden Konstruktion durch
den Prüfingenieur angeordnet. Über die ordnungsgemäße Durchführung
der Abnahme ist eine Bescheinigung je Bauabschnitt vorzulegen.
IV.2.9. Die Ausführung der Stahl- und Maurerarbeiten ist vom Prüfingenieur, wel-
cher die statische Berechnung geprüft hat, baubegleitend zu überwachen.
Ein Bericht hierüber ist der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.
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IV.2.10. Entsprechend § 65 Abs. 3 und § 74 Abs.1, 7 HBO sind die jeweiligen Bau-
abschnitte der Bauaufsicht schriftlich mit den Vordrucken BAB 17, 18 und 20
mitzuteilen.
IV.2.11. Jegliche Arbeiten im Nahbereich der Erdgashochdruckleitung der WINGAS
GmbH & Co. KG sind rechtzeitig vor deren Ausführung durch die jeweilige
ausführende Baufirma bei der WINGAS GmbH & Co. KG, Abt. GNT, Post-
fach 10 40 20, 34112 Kassel, anzuzeigen. Die WINGAS wird für diese Arbei-
ten einen sogenannten Schachtschein ausstellen und durch den Pipeline-
Service in Reckrod (Tel.: 06672/9203-1230 oder Mobil: 0170/6370102) ei-
nen Ortstermin vereinbaren. Der Pipeline-Service wird für eine örtliche
Ausweisung des Leitungsverlaufes zur Verfügung stehen und während der
gesamten Baumaßnahme die Betriebssicherheit der Erdgashochdrucklei-
tung überwachen. Ein Umlegen der Kosten für die Betriebsaufsicht auf den
Verursacher wird vorbehalten.
IV.2.12. Die Zugänglichkeit der Versorgungsanlagen der WINGAS GmbH & Co. KG
zum Zwecke von behördlich vorgesehenen Kontrollen, Instandhaltungs-
maßnahmen, Intensivmessungen etc. muss für die WINGAS GmbH & Co. KG
auch in Zukunft jederzeit gewährleistet bleiben.
IV.2.13. Dies gilt entsprechend für die notwendige Beseitigung des Bewuchses mit
Maschineneinsatz innerhalb des Leitungsschutzstreifens. Zum Schutz der
Erdgashochdruckleitung führt die WINGAS GmbH & Co. KG im mehrjähri-
gen Abstand turnusmäßig eine entsprechende Pflege des Schutzstreifens
durch, da Baum- und Gehölzbewuchs unter Umständen die Leitung be-
schädigen kann.
IV.2.14. Nach Bekanntwerden der Lage der internen und externen naturschutzrecht-
lichen und -fachlichen Kompensationsmaßnahmen sind diese der WINGAS
GmbH & Co. KG zur Stellungnahme vorzulegen.
IV.2.15. Tiefwurzelnde Bäume sind innerhalb eines Abstandes von 2,5m zur Außen-
kante der Rohrleitung nicht zulässig. Für flachwurzelnde Gehölze im Lei-
tungsschutzstreifen ist die Zustimmung der WINGAS GmbH & Co. KG erfor-
derlich.
IV.2.16. Hinweise
IV.2.16.1. Da das Bauvorhaben als Sonderbau im Sinne des § 2 Abs. 8 HBO einzustu-
fen ist, bedarf es im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer vollständi-
gen bauaufsichtlichen Überprüfung nach § 58 HBO.
IV.2.16.2. Sollten über die beantragten brandschutzrechtlichen Abweichungen gemäß
§ 63 HBO hinaus weitere Abweichungen erforderlich sein, sind diese noch
gesondert zu beantragen.
IV.2.16.3. Während der Bauarbeiten zum Einsatz kommende Baukräne bedürfen ggf.
einer Genehmigung nach § 15 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) durch das Regie-
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rungspräsidium Darmstadt, Abteilung III, Dezernat 33.3, „Luft- und Güter-
kraftverkehr“. Dazu sind Unterlagen für die Kranstellung außerhalb von Bau-
schutzbereichen (Standort und Höhe des Krans) einzureichen.
IV.3. Luftreinhaltung während der Bauphase
IV.3.1. Die Bauarbeiten sind so zu gestalten, dass für die Nachbarschaft keine un-
zumutbaren Staubbelästigungen entstehen (z. B. durch organisatorische,
die Dauer der Staubexposition verkürzende Maßnahmen; emissionsarme
Verfahren). Aufkommender Staub ist durch Berieselung niederzuhalten.
Ggf. sind wirksame chemische Staubbindemittel einzusetzen. Insbesondere
ist dem Entstehen von Feinstaub (PM10) entgegenzuwirken, z. B. durch Ein-
satz von Sprühbefeuchtungstechnik.
IV.3.2. Zur Vermeidung bzw. Minderung von Staubemissionen auf der Baustelle
sind insbesondere folgende Maßnahmen durchzuführen:
Befestigung der Hauptverkehrswege des Baustellenverkehrs.
Bei Bedarf regelmäßiges Reinigen von Fahrzeugen und Reifen zur
Vermeidung von Fahrbahnverschmutzungen. Falls erforderlich, sind
die Reifen der Baumaschinen und Lkw beim Verlassen des Baustellen-
geländes durch eine Reifenwaschanlage zu reinigen.
Durch die Baumaßnahme verunreinigte private und öffentliche Ver-
kehrsflächen sind regelmäßig zu reinigen.
Bedarfsgerechter Schutz der Erdhalden gegen Verwehung (z.B. durch
Befeuchtung oder Abplanen mit reißfester Folie).
IV.3.3. Halden, von denen Gerüche ausgehen können, z.B. Halden organoleptisch
auffälligen Bodenmaterials, sind mit reißfester Folie abzudecken.
IV.4. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während der Bauphase
IV.4.1. Lärmimmissionen
IV.4.1.1. Die im Rahmen der Baumaßnahme vom Betrieb von Baumaschinen ausge-
henden Geräuschemissionen dürfen – gemessen als Immissionen 0,5m vor
den geöffneten von den Geräuschen am stärksten betroffenen Fenstern
zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Gebäude – die in der nachfol-
genden Tabelle 1: Immissionsrichtwerte aufgeführten Immissionswerte (IRW)
nicht überschreiten:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 10 von 321
Tabelle 1: Immissionsrichtwerte
Immissionsorte IRW
dB (A)
tags/nachts
Brown-Boveri-Straße 19, Hanau/Großauheim 60/45
Kleingartenanlage Hergerswiesen – Süppcheswiese Ha-nau/Großauheim
60/45
Hanauer Landstraße 71, Großkrotzenburg 55/40
Hanauer Landstraße 98, Großkrotzenburg 65/50
Kreuzburgstraße 29, Großkrotzenburg 55/40
Zum Glockenzehnten/Eichelacker, Großkrotzenburg 55/40
Eisenbahnstraße 26-28, Hanau/Klein-Auheim 55/40
Seligenstädter Straße 111-119, Hanau/Klein-Auheim 60/45
Karl-Zeiss-Straße 11-22 65/50
Angergasse 11 (IO 1.1), Hainburg/Hainstadt Nord 55/40
Hüttengasse 21 (IO 1.2), Hainburg/Hainstadt Mitte 55/40
Hauptstraße 6-8 (IO 10), Hainburg/Hainstadt Nord 55/40
Kanalstraße 3 (IO 4), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40
Uferstraße 16 (IO 6.0), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40
Uferstraße 1 (IO 6.1), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40
Schleusenstraße (IO 6.2), Hainburg/Klein-Krotzenburg 55/40
Die Nachtzeit beginnt um 20:00 Uhr und endet um 07:00 Uhr. Die übrige
Zeit ist Tagzeit. Der Immissionswert ist überschritten, wenn der nach Num-
mer 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm
(AVV Baulärm) zu ermittelnde Beurteilungspegel den Immissionswert über-
schreitet. Der Immissionswert ist ferner überschritten, wenn ein Messwert
den Immissionswert am Tag um 30 dB(A) – in Anlehnung an den Maximal-
pegel nach Nummer 6 .1 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift
zum Bundes- Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz
gegen Lärm - TA Lärm) – und nachts um 20 dB(A) nach Nr. 6.5 der Allge-
meinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm überschreitet.
IV.4.1.2. Die Errichtung des Blocks 6 ist hinsichtlich der Erschütterungen und der
Geräusche messtechnisch zu begleiten. Insbesondere sind folgende Bau-
phasen / Arbeiten zu berücksichtigen:
Bauphase 1 – Rammen zum Einbringen von Spundwänden. Geräusche
und Erschütterungen am Immissionsort Hainstadt, Hauptstraße 6-8 (IO
10; Kloster).
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Bauphase 2 – Geräusche während der Nachtzeit an den Immissionsor-
ten IO 10, Hainstadt, Hauptstraße 6-8 (Kloster) und IO 1.1, Hainstadt,
Angergasse 16.
Die messtechnische Begleitung ist im Einvernehmen mit dem Kreisaus-
schuss des Main- Kinzig- Kreises durchzuführen und mit diesem vor Baube-
ginn abzustimmen.
IV.4.1.3. Spätestens 24 Stunden vor Beginn lärmintensiver Bauarbeiten, wie z. B.
Rammarbeiten, ist der Kreisausschuss des Main- Kinzig- Kreises, Amt für
Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum, Sachbereich Immissionsschutz,
Barbarossastraße 20, 63571 Gelnhausen, über die Aufnahme solcher Arbei-
ten zu informieren. Ferner ist vorgenannter Stelle spätestens sieben Tage
vor Baubeginn eine Aufstellung der auf der Baustelle tätigen Firmen vorzu-
legen. Bei Bedarf ist die Liste entsprechend dem Baufortschritt zu aktualisie-
ren.
IV.4.1.4. Die Einhaltung der unter Nr. IV.4.1.1. festgesetzten Immissionswerte ist bei
begründeten Beschwerden durch Messungen einer nach § 26 BImSchG für
das Land Hessen bekannt gegebenen Messstelle gegenüber dem Kreisaus-
schuss des Main- Kinzig- Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländli-
cher Raum, Sachbereich Immissionsschutz, nachzuweisen.
IV.4.1.5. Der Gutachter, der die Lärmprognose für den Bau des Kraftwerkblocks 6
erstellt hat bzw. während der Bauphase beratend oder als Lärmschutzbeauf-
tragter für den Antragsteller tätig ist, darf die unter Nr.IV.4.1.2. geforderten
Messungen nicht durchführen.
IV.4.1.6. In jeder der im Gutachten der Firma Müller BBM benannten Bauphasen sind
mindestens zwei begleitende Messungen durch die beauftragte Messstelle
durchzuführen. Die Messstelle ist zu beauftragen, einen Messbericht mit den
Ergebnissen entsprechend Nr. 6 AVV Baulärm zu erstellen. Mindestens zwei
Ausfertigungen des Messberichtes sind dem Kreisausschuss des Main-
Kinzig- Kreises, Sachbereich Immissionsschutz, unmittelbar zu übersenden.
IV.4.1.7. Bei von der Messstelle festgestellter Überschreitung der unter Nr. IV.4.1.1.
festgesetzten Immissionswerte um mehr als 5 dB(A) bzw. der Werte für
Maximalpegel sind umgehend in Abstimmung mit dem Kreisausschuss des
Main- Kinzig- Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum,
Sachbereich Immissionsschutz, Lärmminderungsmaßnahmen organisatori-
scher oder technischer Art abzustimmen und umzusetzen.
IV.4.1.8. Der Genehmigungsinhaber hat bei der Ausschreibung der Bauarbeiten si-
cherzustellen, dass durch die beauftragten Unternehmen ausschließlich Ver-
fahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schallemissi-
onen dem Stand der Technik entsprechen. Ferner hat er sicherzustellen,
dass die Baustelle so eingerichtet und betrieben wird, dass Geräusche ver-
hindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, zum Bei-
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spiel durch Einsatz lärmarmer Baumaschinen mit dem Umweltzeichen
„Blauer Engel" (RAL 53) bzw. geräuscharmer Kraftfahrzeuge, die entspre-
chend § 49 Abs. 3 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) mit ei-
nem „G" gekennzeichnet sind.
IV.4.1.9. Folgende Maschinen und Geräte dürfen im Rahmen der Baumaßnahme nur
betrieben werden, wenn deren Schallleistungspegel den in den Art. 12 und
13 der Richtlinie 2000/14/EG „Geräuschemissionen von Geräten und Ma-
schinen" genannten Schallleistungspegel nicht überschreiten:
Tabelle 2: Geräteliste
Nr. Gerät/Maschine
01 Hubarbeitsbühne mit Verbrennungsmotor
03 Bauaufzug für den Materialtransport mit
03.1 Verbrennungsmotor
03.2 Elektromotor
04 Baustellenbandsägemaschine
05 Baustellenkreissägemaschine
06 Tragbare Motorkettensäge
07 Kombiniertes Hochdruckspül- u. Saugfahrzeug
08 Verdichtungsmaschine in der Art von:
08.1 Vibrationswalze und nicht vibrierende Walzen, Rüttelplatten und
Vibrationsstampfer
08.2 Explosionsstampfer
09 Kompressor (> 350 kW)
10 Handgeführter Betonbrecher und Abbau-, Aufbruch- u. Spaten-
hammer
11 Beton- u. Mörtelmischer
12 Bauwinde mit
12.1 Verbrennungsmotor
12.2 Elektromotor
13 Förder- u. Spritzmaschine für Beton u. Mörtel
14 Förderband
15 Fahrzeugkühlaggregat
16 Planiermaschine (< 500 kW)
17 Bohrgerät
18 Muldenfahrzeug (< 500 kW)
19 Be- u. Entladeaggregat von Silo- oder Tankfahrzeugen
20 Hydraulik- u. Seilbagger (< 500 kW)
21 Baggerlader (< 500 kW)
22 Altglassammelbehälter
23 Grader (< 500 kW)
26 Hochdruckspülfahrzeug
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27 Hochdruckwasserstrahlmaschine
28 Hydraulikhammer
29 Hydraulikaggregat
30 Fugenschneider
31 Müllverdichter, der Bauart nach ein Lader mit Schaufel (< 500
kW)
37 Lader (< 500 kW)
38 Mobilkran
39 Rollbarer Müllbehälter
40 Motorhacke (<3 kW)
41 Straßenfertiger
41.1 Ohne Hochverdichtungsbohle
41.2 Mit Hochverdichtungsbohle
42 Rammausrüstung
43 Rohrleger
45 Kraftstromerzeuger
45.1 < 400 kW
45.2 > 400 kW
46 Kehrmaschine
48 Straßenfräse
50 Shredder / Zerkleinerer
52 Saugfahrzeug
53 Turmdrehkran
54 Grabenfräse
55 Transportbetonmischer
56 Wasserpumpe (nicht für Unterwasserbetrieb)
57 Schweißstromerzeuger
IV.4.1.10. Alle Maschinen, die im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommen,
sind in den arbeitsfreien Zeiten und bei Arbeitsunterbrechungen abzustel-
len.
IV.4.1.11. Die Motoren der zum Be- und Entladen wartenden Fahrzeuge sind, wenn es
der Betrieb zulässt, abzuschalten. Warteplätze sind außerhalb lärmgefährde-
ter Bereiche vorzusehen.
IV.4.1.12. Zur Vermeidung unnötiger Lärmbeeinträchtigungen sind leistungsstärkere
Maschinen und Geräte einzusetzen, die nicht bei Volllast arbeiten müssen.
Während der Einsatzzeit der Maschinen und Geräte sind die Geräteführer
zur Einhaltung einer drehzahlbewussten, lärmarmen Arbeitsweise anzuhal-
ten.
IV.4.1.13. Kreissägen sind mit ihrer Schnittachse rechtwinklig zum kritischsten Immis-
sionsort aufzustellen. Aufgehende Bauwerksteile, Wände, Erdwälle, gesta-
pelte Baustoffe, Bauwagen oder Container sind, sofern vorhanden, als
„Schallschutzwall" bei der Aufstellung von Kreissägen und vergleichbarer
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 14 von 321
stationärer Baumaschinen und Geräte zu verwenden. Baustellen- und Hand-
kreissägen haben lärmarme, scharfe Sägeblätter aufzuweisen.
IV.4.1.14. Besonders lärmintensive Arbeiten sind, wenn bauabwicklungstechnisch
möglich, in die Zeiten des starken Verkehrslärms bzw. in die Tageszeiten zu
legen, in denen mit geringster Belästigung der im Einwirkungsbereich der
Baumaßnahme sich aufhaltender Menschen zu rechnen ist (9:00 bis 13:00
Uhr und 15:00 bis 18:00 Uhr).
IV.4.2. Erschütterungsimmissionen
IV.4.2.1. Im Rahmen des Baus des Kraftwerkblocks 6 dürfen zum Schutz von Men-
schen die Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 nicht überschritten werden.
IV.4.2.2. Die Einhaltung der unter Nr. IV.4.2.1 festgesetzten Anhaltswerte der
DIN 4150 ist bei Einsatz Erschütterungen verursachender Maschinen bau-
begleitend durch eine nach § 26 BImSchG für das Land Hessen anerkannte
Messstelle überwachen und dokumentieren zu lassen.
IV.4.2.3. Die Arbeitsfrequenz der im Rahmen der Baumaßnahme eingesetzten Ma-
schinen sollte möglichst weit von den vorhandenen geo- und bauwerksdy-
namischen Eigenfrequenzen liegen.
IV.4.2.4. Vorteilhaft ist eine verstellbare Frequenz, wodurch Resonanzen während
des Arbeitsprozesses vermieden werden können.
IV.4.2.5. Im Falle vom Gutachter festgestellter Überschreitungen der Anhaltswerte
der DIN 4150 sind in Abstimmung mit dem Kreisausschuss des Main- Kinzig-
Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum, Sachbereich
Immissionsschutz, umgehend Maßnahmen zur Vermeidung schädlicher
Umwelteinwirkungen durch Erschütterungsimmissionen abzustimmen.
IV.4.3. Lichtimmissionen
IV.4.3.1. Im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommende Lichtanlagen sind
dem Stand der Technik entsprechend zu errichten und zu betreiben. Es ist
insbesondere sicherzustellen, dass die Beleuchtung nur auf die gewünsch-
ten Flächen beschränkt bleibt. Eine direkte Blickverbindung zu Lichtquellen
von benachbarten schutzbedürftigen Daueraufenthaltsräumen und -flächen
ist durch geeignete Lichtpunkthöhe, Neigungswinkel der Leuchten, Reflek-
toren, Blenden usw. zu vermeiden.
IV.4.3.2. Für größere Flächen der Baustelle, die gleichmäßig ausgeleuchtet werden
sollen, sind Scheinwerfer mit asymmetrischer Lichtverteilung zu verwenden,
die oberhalb von 85° Ausstrahlungswinkel (zur Vertikalen) kein Licht abge-
ben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 15 von 321
IV.4.3.3. Im Rahmen der Baumaßnahme zum Einsatz kommende Lichtanlagen haben
zum Schutz von Insekten ein insektenfreundliches Spektrum aufzuweisen
(z.B. Natriumdampflampen statt Quecksilberdampflampen).
IV.4.3.4. Im Rahmen des Betriebes von Beleuchtungsanlagen auf der Baustelle des
Kraftwerkblocks 6 dürfen die Richtwerte der Leitlinie - Hinweise zur Messung
und Beurteilung von Lichtimmissionen - des Länderausschusses für Immissi-
onsschutz (LAI) vom 10. Mai 2000 nicht überschritten werden. Für den Fall
begründeter Immissionsbeschwerden wegen Lichtimmissionen ist die Ein-
haltung der Immissionswerte vorgenannter Leitlinie durch Messung einer
nach § 26 BImSchG anerkannten Messstelle gegenüber dem Kreisausschuss
des Main- Kinzig- Kreises, Sachbereich Immissionsschutz, nachzuweisen.
IV.4.3.5. Die von Beleuchtungsanlagen hervorgerufene mittlere Beleuchtungsstärke
(EF) in der Fensterebene von schutzbedürftigen Daueraufenthaltsräumen
(z.B. Wohn- , Schlafzimmer) und -flächen (z. B. Balkone , Terrassen) in 63512
Hainburg darf tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) den Wert von 3 Ix und nachts
(22.00 bis 6.00 Uhr) 1 Ix, ermittelt nach der Leitlinie - Hinweise zur Messung
und Beurteilung von Lichtimmissionen - des Länderausschusses für Immissi-
onsschutz (LAI) vom 10. Mai 2000, nicht überschreiten.
IV.5. Arbeitsschutz
IV.5.1. Spätestens bis zur (Teil-) Inbetriebnahme hat der zukünftige Betreiber unter
Hinzuziehung einer Sicherheitsfachkraft eine Gefährdungsbeurteilung für
den zukünftigen Betrieb des Kraftwerkes zu erstellen und fortlaufend zu ak-
tualisieren. Die Gefährdungsbeurteilung hat besonders die Gefährdungen
durch
Dampf / Druck und
Gefahrstoffe sowie
Explosionsgefährdungen
IV.5.2. zu berücksichtigen. Das Konzept zur Aktualisierung der Gefährdungsbeur-
teilung ist im Einvernehmen mit einer Sicherheitsfachkraft dokumentiert
festzulegen.
IV.6. Dampfkesseltechnische Nebenbestimmungen
IV.6.1. Der Sachverständige einer zugelassenen Überwachungsstelle ist in die fol-
genden Detailplanungen für Montage, Installation und Betrieb der Dampf-
kesselanlage einzubeziehen.
IV.6.2. Die aus Detailplanungen für Montage, Installation und Betrieb der Dampf-
kesselanlage resultierende Überarbeitung der Unterlagen erfordert die
Freigabe eines Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 16 von 321
IV.6.3. Die Komponenten der Dampfkesselanlage sind einer besonderen betriebli-
chen Überwachung hinsichtlich ihres Verhaltens durch schädigende Einflüs-
se zu unterziehen:
Das Prüfkonzept der Dampfkesselanlage ist im Rahmen der Detailpla-
nung einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstel-
le zur Bewertung vorzulegen.
Das Prüfkonzept erfasst alle Parameter, die erforderlich sind, um die
Werkstoffeigenschaften verifizieren zu können.
Im Einvernehmen mit einem Sachverständigen einer zugelassenen
Überwachungsstelle ist die notwendige Dokumentation festzulegen.
IV.6.4. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat im Rah-
men der Erprobung des Dampfkesselbetriebes zu prüfen, dass bei Ausfall
der Speisepumpe (SPAT) und im Falle des gleichzeitigen Ausfalls der SPAT
und der E- Speisepumpen (Schwarzfall) der Dampferzeuger ohne das Auf-
treten unzulässiger Materialtemperaturen abgeschaltet werden kann.
IV.6.5. Die Bewertung der erforderlichen Qualität der Sicherheitseinrichtungen der
Dampfkesselanlage und deren Anlagenteile sind einem Sachverständigen
einer zugelassenen Überwachungsstelle im Rahmen der Detailplanung vor-
zulegen und von diesem zu prüfen.
IV.7. Brandschutz
IV.7.1. Die aktuellen Merkblätter der Bau- und Berufsgenossenschaften sowie des
Verbandes der Sachversicherer (VdS) – wie z. B. ZH 1/503 „Brandschutz bei
Bauarbeiten“+ VdS 2021 „Bauarbeiten“ – sind anzuwenden.
IV.7.2. Es muss eine Möglichkeit vorhanden sein, in Schadensfällen die zuständige
Feuerwehr zu alarmieren. Zur unverzüglichen Alarmierung der Feuerwehr,
der Polizei oder des Rettungsdienstes sind die entsprechenden Rufnum-
mern den Mitarbeitern auf der Baustelle bekanntzugeben. Ein diesbezügli-
ches Konzept ist mit der Werkfeuerwehr und mit dem Kreisausschuss des
Main- Kinzig- Kreises, Amt 37 – Gefahrenabwehrzentrum -, Frankfurter Stra-
ße 34, 63571 Gelnhausen (GAZ- MKK) abzustimmen.
IV.7.3. Durch organisatorische und betriebliche Maßnahmen ist sicherzustellen,
dass die öffentlichen Gefahrenabwehrkräfte im Alarmfall in Zusammenarbeit
mit der Werkfeuerwehr jederzeit, d. h. auch außerhalb der üblichen Arbeits-
zeiten, unverzüglich und ungehindert Zutritt zur Baustelle haben und diese
anfahren können.
IV.7.4. Dem GAZ- MKK ist bei jeder wesentlichen Änderung, jedoch mindestens
monatlich, ein aktueller Feuerwehrplan vorzulegen. Einzelheiten sind vorab
mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen.
IV.7.5. Während der Bauphase ist in Abstimmung mit der Leitung der Werkfeuer-
wehr und dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 17 von 321
„Gefahrenabwehr und Ordnungsrecht“, eine Höhenrettungseinheit durch
die Antragstellerin jederzeit vor Ort zum unverzüglichen Einsatz bereit zu
halten.
IV.7.6. Die Einsatzstärke der Werkfeuerwehr ist für die Bauzeit anzupassen. Diese
Anforderung wird in geeigneter Form in dem Werkfeuerwehrbescheid des
Regierungspräsidiums Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18 „Gefahrenab-
wehr und Ordnungsrecht“ aufgenommen.
IV.7.7. Die Alarmierung der Werkfeuerwehr erfolgt nach einer mit dem GAZ- MKK
abgestimmten Alarm- und Ausrückordnung (AAO). Die AAO ist aufgrund
der geänderten Bedingungen während der Bauphase anzupassen.
IV.7.8. Es ist eine Fachbauleitung Brandschutz einzurichten, um die fachgerechte
Umsetzung der bauordnungsrechtlichen und fachtechnischen Anforderun-
gen sicher zu stellen, sowie die Übereinstimmung mit dem Brandschutzkon-
zept zu attestieren. Es sind regelmäßig (einmal monatlich) Sachstandsbe-
richte über den aktuellen Ausführungsstand der Arbeiten an das GAZ- MKK
zu übermitteln. Eine enge Zusammenarbeit der Fachbauleitung(en) und der
Werkfeuerwehr im Bereich des Brandschutzes wird vorausgesetzt und ge-
fordert. Die Fachbauleitung Brandschutz ist schriftlich zu benennen. Die
Fachbauleitung Brandschutz attestiert die fachgerechte Ausführung der Ar-
beiten im Hinblick auf Brandschutz und die Übereinstimmung der Ausfüh-
rung mit dem Brandschutzkonzept. Diese Konformitätserklärung ist Be-
standteil der Abnahmeunterlagen (Rohbauabnahme, Teilabnahmen, vorzei-
tige Teil- Inbetriebnahmen usw.).
IV.7.9. Die Prüfung der Umsetzung der Muster- Leitungsanlagen- Richtlinie (MLAR)
ist zwingend erforderlich. Diese Prüfung ist Bestandteil der Aufgaben der
Fachbauleitung Brandschutz. Die Fachbauleitung Brandschutz hat die fach-
gerechte Umsetzung der bauordnungsrechtlichen und fachtechnischen An-
forderungen sicher zu stellen, sowie die Konformität zum Brandschutzkon-
zept zu attestieren. Weiterhin ist die Umsetzung der Muster- Lüftungsanla-
gen- Richtlinie (M-LüAR) durch die Fachbauleitung Brandschutz alternativ
durch die Fachbauleitung Raum-Luft-Technik (RLT) zu bestätigen und dem
GAZ- MKK vorzulegen. (vgl. Punkt 5.21.1/2 des Brandschutzkonzeptes der
DMT GmbH & Co. KG, 20604047 GS-BS-Krü/Lis vom 16. September 2008
(Brandschutzkonzept der Antragstellerin)).
IV.7.10. Dem GAZ- MKK ist jeweils vor Beginn des bestimmungsgemäßen Betriebes
von Anlagen bzw. Anlagenteilen ein Abnahmebericht zuzusenden, der die
Zusammenfassung sämtlicher brandschutztechnischer Sachverständigenab-
nahmen nach der Verordnung über die Prüfung technischer Anlagen und
Einrichtungen in Gebäuden (TPrüfVO) beinhaltet. Die Sachverständigenab-
nahmen haben den gesamten Bereich abzudecken, der in Betrieb gehen
soll.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 18 von 321
IV.7.11. Die Abnahmegrundsätze der Sachverständigen sind zu berücksichtigen und
einzuhalten.
IV.7.12. Der Block 6 unterliegt der Hessischen Prüfberechtigten- und Prüfsachver-
ständigenverordnung (HPPVO) und der darin beschriebenen Prüfungen
und Prüffristen. Darüber hinaus ist der Blitzschutz durch einen Sachverstän-
digen abzunehmen.
IV.7.13. Die TPrüfVO ist für das Projekt bindend. Die Abnahmegrundsätze der Sach-
verständigen sind zu berücksichtigen und einzuhalten.
IV.7.14. Die im Laufe der Projektabarbeitung erfolgten Abstimmungen und Sonder-
lösungen sind zu protokollieren und durch die Beteiligten und zusätzlich
durch die Werkfeuerwehr abzuzeichnen. Solche Sonderlösungen und Ab-
stimmungen sind nur mit schriftlicher Zustimmung des GAZ- MKK vorzu-
nehmen.
IV.7.15. Die Brandschutzpläne sind im Laufe der Weiterplanung des Projektes zu
ergänzen und als Brandschutzgewerkepläne zu den Themen
Brandabschnitte,
Löscheinrichtungen,
Brandmeldetechnik und Elektro und
Lüftung
IV.7.16. zu erstellen.
IV.7.17. Die Brandschutzgewerkepläne sind jeweils acht Wochen vor Baubeginn der
jeweiligen Gewerke für den Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzu-
legen. Spätere Änderungen bedürfen ebenfalls der Zustimmung.
IV.7.18. Es sind Listen der Projektbeteiligten zu erstellen und vier Wochen vor Bau-
beginn an das GAZ- MKK zu übermitteln. Die Ansprechpartner und ihre Er-
reichbarkeit (Telefon, Fax und Emailadresse) sind zu benennen.
IV.7.19. Die Löschwasserrückhaltung ist mit 10.000 l/min über zwei Stunden plus der
Menge / des Volumens der vorhandenen wassergefährdenden Stoffe anzu-
setzen (siehe Punkt 5.3.4 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).
IV.7.20. Die „speziellen Brandschutzmaßnahmen“ für Revisionsarbeiten am / im
Kühlturm sind mit der Werkfeuerwehr abzustimmen und in einer Arbeitsan-
weisung festzulegen. Die Anweisung ist vor Inbetriebnahme dem GAZ- MKK
zur Zustimmung vorzulegen. Änderungen dieser Arbeitsanweisung sind
dem GAZ- MKK mitzuteilen und zur Zustimmung vorzulegen (siehe Punkt
5.12.1 des Brandschutzkonzepts der Antragstellerin).
IV.7.21. Die DIN 18035 ist in DIN 18095 umzuändern (siehe Punkt 5.13.4 des Brand-
schutzkonzepts der Antragstellerin, vorletzter Absatz).
IV.7.22. Im Schutzstreifen von 5m dürfen keine Brandlasten vorhanden sein. Die
Forderungen der MLAR für notwendige Flure sind für den brandlastfreien
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 19 von 321
Streifen umzusetzen (siehe Punkt 5.13.4, letzter Punkt des Brandschutzkon-
zeptes der Antragstellerin).
IV.7.23. Es sind jährlich Alarmierungs- und Räumungsübungen durchzuführen und
diese zu dokumentieren. Dabei sind die Flucht- und Rettungspläne von der
Feuerwehr zu überprüfen (siehe Punkt 5.17 des Brandschutzkonzept der An-
tragstellerin).
IV.7.24. Zusätzlich zu dem EIN / AUS- Schalter ist sicherzustellen, dass der im L 90-
Kanal entstehende Unterdruck (mangels Nachströmung) nicht dazu führt,
dass der L 90 Kanal dadurch zerstört wird und dadurch die Brandabschnitts-
trennung nicht mehr gegeben ist. Weiterhin ist die Zulässigkeit eines
AN/AUS-Schalters gemäß DIN 18232 bzw. DIN EN 12101 mit dem Sachver-
ständigen für die Rettungsleittechnik zu klären. Es ist ein Konzept zur Brand-
entrauchung vorzulegen. Im Konzept ist darzulegen, dass die Brandab-
schnittsbildung jederzeit gewährleistet ist. Das Konzept ist mit dem Lüf-
tungsgesuch dem GAZ -MKK acht Wochen vor Baubeginn vorzulegen (vgl.
Punkt 5.22.5 des Brandschutzkonzepts der Antragstellerin).
IV.7.25. Es ist festzulegen, bei welchen Ereignissen eine automatische Alarmierung
erfolgt und welche Bereiche dann geräumt werden. Die Brandmeldeanlage
(BMA) ist gemäß den Vorgaben der DIN VDE 0833-2 und der DIN 14675 zu
planen und zu errichten. Das Konzept BMA ist acht Wochen vor Baubeginn
des Gewerks für den Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzulegen
(vgl. Nr. 5.2.3 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).
IV.7.26. Gemeinsam mit der Werkfeuerwehr wurden die Vorgaben für die Wand-
hydranten folgendermaßen festgelegt: Wandhydrant nach DIN 14461, je-
doch mit zusätzlicher, separater Anschlussmöglichkeit eines C- Druck-
schlauches für die Werkfeuerwehr. Dieser Anschluss ist mit einem separaten
Niederschraubventil auszustatten. Die Durchflussmenge der Wandhydran-
ten wird auf 200 l/Minute, bei 5bar Strahlrohrdruck und einem Gleichzeitig-
keitsfaktor von 3 Wandhydranten festgelegt. Die Anordnung der Wandhyd-
ranten ist gemeinsam mit der Werkfeuerwehr festzulegen. Das Ergebnis
dieser Abstimmung ist in den Brandschutzgewerkeplänen zu dokumentie-
ren (vgl. Punkt 5.24.1 Brandschutzkonzept der Antragstellerin).
IV.7.27. Sollten Sonderlöschmittel für Wirkbereiche der Wandhydranten erforderlich
sein, so sind diese Bereiche in die Brandschutzgewerke- und Feuerwehrplä-
ne einzutragen. Die erforderlichen Sonderlöschmittel sind für eine Einsatz-
dauer von mind. 10 Minuten direkt vor Ort am betreffenden Wandhydran-
ten vorzuhalten.
IV.7.28. Bei der Brandmeldeanlage sind Leitungen mit Funktionserhalt erforderlich,
beispielsweise bei Kabelführungen durch mehrere Brandabschnitte. Die An-
forderungen der DIN VDE 0833-2, der DIN 14675, der MLAR und die Verle-
gevorschriften sind zu beachten und umzusetzen. Der erforderliche Funkti-
onserhalt der Brandmeldezentrale ist auch bezüglich der Energieversor-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 20 von 321
gung zu gewährleisten (vgl. Punkt 5.26 Brandschutzkonzept der Antrag-
stellerin).
IV.7.29. Während der Bauausführung ist die Priorität auf die rechtzeitige und funkti-
onelle Ausbildung der Flucht- und Rettungswege und der brandschutztech-
nischen Einrichtungen und deren Funktion zu legen. Interimslösungen für
die einzelnen Bauphasen sind mit der Werkfeuerwehr abzustimmen, im
speziellen sind die ggf. veränderten Zufahrten zu Baustellenbereichen und
vor allem zu sich in Betrieb befindlichen Bereichen des Geländes zu klären.
Der Plan mit möglichen Feuerwehraufstellflächen und Flächen für die Feu-
erwehr hat in enger Zusammenarbeit mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ-
MKK zu erfolgen.
IV.7.30. Sollten Teilinbetriebnahmen erfolgen, oder sich baustellenbedingt Ände-
rungen der Zufahrten zu sich in Betrieb befindlichen Bereichen des Gelän-
des ändern, so sind die Feuerwehrpläne rechtzeitig mit der Werkfeuerwehr
und dem GAZ- MKK abzustimmen und anzupassen. Weiterhin sind in Ab-
stimmung mit der Werkfeuerwehr Feuerwehrpläne für die Baustelleneinrich-
tungsflächen und Vormontageplätze zu erstellen. Sollten im Zuge einzelner
Bauphasen oder Baufortschritte Änderungen erfolgen, sind die Feuerwehr-
pläne mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen und anzu-
passen. Diese Feuerwehrpläne sind fünffach in Papierform und zweifach als
DVD / CD in pdf- Format dem GAZ- MKK zur Verfügung zu stellen. Es sind
für die Bauphasen rechtzeitig Interimsmaßnahmen festzulegen und mit der
Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK abzustimmen. Die Abstimmungser-
gebnisse sind zu dokumentieren und im Zuge der Bauarbeiten gemäß Ab-
stimmung umzusetzen. Nach Bedarf finden Ortsbegehungen der öffentli-
chen Feuerwehren statt.
IV.7.31. Das Lüftungsgesuch ist acht Wochen vor Baubeginn des Gewerks für den
Block 6 dem GAZ- MKK zur Zustimmung vorzulegen.
IV.7.32. Die detaillierten Anforderungen an die beiden Feuerwehraufzüge und de-
ren Steuerungen sind mit der Werkfeuerwehr und dem GAZ- MKK festzule-
gen und zu dokumentieren. Abweichungen von den in Vorschriften nor-
mierten Anforderungen sind darzustellen.
IV.7.33. In das Gebäude ist eine Gebäudefunkanlage einzubauen. Die Funkversor-
gung ist auch während der Bauphase sicherzustellen. Die Ausführung ist
gemäß „Merkblatt für Gebäudefunk der hessischen Feuerwehren“ durchzu-
führen. Die Planungen sind entsprechend dem Baufortschritt dem GAZ-
MKK zur Zustimmung vorzulegen.
IV.7.34. Hinweis
Die Anlage unterliegt gemäß §§ 45 und 80 Abs. 1 Nr. 4 HBO der wieder-
kehrenden Prüfung durch die Bauaufsicht sowie der Gefahrenverhütungs-
schau nach den §§ 15 und 16 Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 21 von 321
Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG). Die Durchführung
der Gefahrenverhütungsschau sowie der wiederkehrenden Prüfung sind
gebührenpflichtig. Sie werden in regelmäßigen Zeitabständen durch den
zuständigen Gefahrenverhütungsbeauftragten und die Bauaufsicht durch-
geführt.
IV.8. Anlagenbezogener Gewässerschutz
IV.8.1. Die vorgesehenen Ölabscheider sind in einer weiteren Teilgenehmigung
detailliert zu beschreiben und insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von
Heizöl mit einem Dichtefaktor > 0,85 neu zu überrechnen.
IV.8.2. Durch fehlende Rückhaltung von Leichtflüssigkeiten im Trockenwetterfall
(Regenbehandlung im Bypass) ist im Sinne des Besorgnisgrundsatzes eine
zentrale Ölabscheidung weiterhin vorzusehen.
IV.8.3. Aufgrund der Lage eines Großteils der Kanäle im erweiterten Wasser-
schutzgebiet sind bei der Inbetriebnahmeprüfung sowie der wiederkehren-
den Dichtheitsprüfung höhere Anforderungen in Anlehnung an das ATV-
Arbeitsblatt A 142 umzusetzen.
IV.8.4. Vor Baubeginn sind aktualisierte Ausführungspläne für die geänderte Nie-
derschlagswasserableitung bis zum Schacht 27 vorzulegen.
IV.8.5. Es ist zu prüfen, inwieweit alle Teilflächen an die Regenwasserbehandlung
angeschlossen werden können. Es ist zumindest eine Vorbehandlung des
Bereiches der Flugascheverladung vorzusehen (LKW- Verkehr).
IV.8.6. Hinweis
Die in der ersten Teilgenehmigung beschriebenen Entwässerungsanlagen
bedürfen keiner Genehmigung nach § 60 Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz
(WHG) in Verbindung mit § 39 Hessisches Wassergesetz (HWG).
IV.9. Retentionsraum
IV.9.1. Der den Hochwasserabflussbereich des Mains querende Teil der Zufahrt
zum Wasserentnahmebauwerk ist höhengleich mit dem umliegenden Ge-
lände auszuführen.
IV.9.2. Die im landschaftspflegerischen Begleitplan (Ausgleichsplan, Block 6, Anla-
ge 2.1, Fläche AF2) vorgesehene Nachpflanzung von Pappeln im Hochwas-
serabflussbereich des Mains darf nur in gleicher Anzahl mit dem Verlust der
Bäume im Abflussbereich erfolgen.
IV.9.3. Bei der Pflanzung von Hecken aus Bäumen und Sträuchern (Fläche A1) dür-
fen im Hochwasserabflussbereich nur diejenigen, die auch hier entfernt
wurden, ausgeglichen werden. Dabei sind Hecken in diesem Bereich gene-
rell nur in Fließrichtung anzulegen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 22 von 321
IV.10. Grundwasserschutz
IV.10.1. Der Standort der Maßnahme liegt teilweise innerhalb der vom ehemaligen
Hessischen Landesamt für Bodenforschung (HLfB) in der gutachterlichen
Stellungnahme vom 9. Februar 1996 (Az.: 341 – 204/96 Sch/Kl) vorgeschla-
genen Erweiterung der Schutzzone III des Wasserschutzgebietes für das
Wasserwerk I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH. Für Maßnahmen in-
nerhalb der vorgeschlagenen Schutzgebietserweiterung gelten die gleichen
technischen Anforderungen wie für vergleichbare Maßnahmen innerhalb
der Zone III des festgesetzten Wasserschutzgebietes.
IV.10.2. Die Vorgaben der Schutzgebietsverordnung vom 18. Juni 1962 (StAnz.
36/62 S. 1221) sind einzuhalten.
IV.10.3. Die Versickerung von Abwasser und Niederschlagswasser sowie von sonsti-
gem anfallenden potentiell verunreinigten Grund- oder Oberflächenwasser
ist innerhalb des festgesetzten Wasserschutzgebietes und in der vorge-
schlagenen Erweiterung verboten. Das nicht gefasste Regenwasser kann
breitflächig an Ort und Stelle passiv versickert werden.
IV.10.4. Die Bauleitung und das Personal der beauftragten Firmen auf der Baustelle
sind vorab auf den Grenzverlauf des Wasserschutzgebietes sowie der vor-
geschlagenen Erweiterung hinzuweisen. Es ist insbesondere darauf hinzu-
weisen, dass für die Baumaßnahmen innerhalb der vorgeschlagenen Erwei-
terung die gleichen Maßgaben gelten, wie im bereits festgesetzten Wasser-
schutzgebiet.
IV.10.5. Auf der Baustelle sind gut sichtbar und dauerhaft ein Alarmplan und ein
Plan über den Grenzverlauf des Wasserschutzgebietes sowie der vorge-
schlagenen Erweiterung anzubringen. Daraus müssen für Unfälle, die eine
Grundwassergefährdung bzw. Bodenverunreinigung zur Folge haben kön-
nen, die notwendigen Gegenmaßnahmen und die Stellen, die informiert
werden müssen, zu entnehmen sein.
IV.10.6. Betriebsstörungen und sonstige Vorkommnisse, die erwarten lassen, dass
wassergefährdende Stoffe in das Grundwasser gelangen, sind dem Regie-
rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 41.4 „Anlagenbezoge-
ner Gewässerschutz“, unverzüglich anzuzeigen. Mit der Beseitigung des
Schadens ist unverzüglich zu beginnen.
IV.10.7. Innerhalb des bestehenden Wasserschutzgebietes sowie der vorgeschlage-
nen Schutzgebietserweiterung sind alle auf der Baustelle einzusetzenden
Geräte vor dem erstmaligen Gebrauch und während des Betriebes in re-
gelmäßigen Abständen (arbeitstäglich) auf Undichtigkeiten (Öl- und Treib-
stoffverluste) hin zu überprüfen.
IV.10.8. Auf der Baustelle sind ständig ausreichende Mengen an Ölbindemitteln und
geeignete Auffangvorrichtungen bereitzuhalten und bei Bedarf einzusetzen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 23 von 321
IV.11. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen für die Bauphase
IV.11.1. Die bei der Durchführung der Baumaßnahmen, einschließlich des Boden-
aushubs, der Baufeldfreimachung und der Freimachung der Baustellenein-
richtungsflächen anfallende Abfälle sind entsprechend dem Merkblatt „Ent-
sorgung von Bauabfällen“ Stand 15. Mai 2009 der Regierungspräsidien
Darmstadt, Gießen und Kassel zu beproben, zu separieren und zu entsor-
gen. Das Merkblatt kann im Internet von der Homepage des Regierungs-
präsidiums Darmstadt unter www.rp-darmstadt.hessen.de heruntergeladen wer-
den.
IV.11.2. Nach Abschluss der Baumaßnahmen ist ein Abschlussbericht zur Abfallent-
sorgung zu erstellen und dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung
IV/F, Dezernat 42.1 „Abfallwirtschaft Ost“ vorzulegen. Der Bericht soll die
angefallenen Abfälle, die Verwertungs- und Beseitigungswege sowie be-
sondere Auffälligkeiten dokumentieren. Es wird empfohlen, den Bericht
nach folgendem Muster in tabellarischer Form zu erstellen.
Tabelle 3: Mustertabelle Abschlussbericht
Nr. Abfall-
schlüssel/
Abfallbe-
zeichnung
nach AVV
interne Be-
zeichnung/
Abfallbe-
schreibung
geschätz-
te Menge
(t)
Entsor-
gungs-
nachweis-
Nr.
Entsorger
(Anschrift)/
Entsorgungs-
verfahren
Bemer-
kung/ Zu-
ordnung/
Verweis auf
Analytik
IV.12. Naturschutz
IV.12.1. Allgemeines
Folgende Planunterlagen sind Bestandteil dieser Genehmigung:
Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) der Arcadis Consult GmbH
Darmstadt vom Mai 2009 einschließlich der Fortschreibung vom
17. Mai 2010 einschließlich der durch Grüneintrag korrigierten Ein-
griffs- / Ausgleichsbilanz;
Zusatzbewertung Landschaftsbild der Arcadis Consult GmbH Dar-
mstadt vom Mai 2009 in der Fassung der Fortschreibung vom 17. Mai
2010;
Fachbeitrag Artenschutz der Arcadis Consult GmbH Darmstadt vom
Mai 2009;
FFH- Verträglichkeitsuntersuchung, erstellt durch das Kieler Institut für
Landschaftsökologie (KIfL) und die TÜV NORD Umweltschutz GmbH &
Co.KG vom 25. August 2010.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 24 von 321
IV.12.2. Vermeidung und Minimierung von Eingriffen
IV.12.2.1. Alle Baumaßnahmen sind unter größtmöglicher Schonung der betroffenen
Biotope und durch den Einsatz umweltschonender Arbeitstechniken durch-
zuführen. Die Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen nach Kapitel 7.1
des landschaftspflegerischen Begleitplanes sind umzusetzen. Der Baube-
ginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1
„Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die
Baustelleneinrichtungsflächen und weitere durch die Baumaßnahmen be-
einträchtigte Flächen sind unverzüglich nach Abschluss der Arbeiten wie-
derherzustellen.
IV.12.2.2. Zur Minimierung der Beeinträchtigungen sind die Bauwerke mit einem an
die Landschaft angepassten Anstrich zu versehen. Das Farbkonzept ist ab-
schließend mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat
53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.
IV.12.2.3. Die Umsetzung der naturschutzrechtlichen Auflagen ist durch eine qualifi-
zierte ökologische Baubegleitung aus dem Fachbereich der Landespflege
oder vergleichbarer Fachrichtungen zu begleiten und sicherzustellen. Vor
Baubeginn ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat
53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ die damit beauftragte Person zu
benennen.
IV.12.2.4. Über den Sachstand der jeweiligen Zwischenschritte sind durch die ökolo-
gische Baubegleitung zeitnah Ergebnisprotokolle zu erstellen und dem Re-
gierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-
lung/Planungsbeiträge“ kurzfristig vorzulegen. Abweichungen bei der Bau-
ausführung sind mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, De-
zernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.
IV.12.3. Ausgleich und Ersatz von Eingriffen / Ausführungsplanung
IV.12.3.1. Die Ausgleichsmaßnahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplans sind
spätestens in der der Fertigstellung der Baumaßnahme folgenden Pflanzpe-
riode durchzuführen.
IV.12.3.2. Für die Maßnahme A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaffung
von Habitatstrukturen“ ist die Ausführungsplanung mit dem Regierungsprä-
sidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-
lung/Planungsbeiträge“ abzustimmen. Die Sukzessionsflächen sind über ei-
nen Zeitraum von 3 Jahren zweimal jährlich in der Vegetationsperiode auf
das Auftreten von invasiven Arten (z.B. Riesenbärenklau, Goldrute, Japani-
scher Knöterich, Drüsiges Springkraut) hin zu kontrollieren. Auftretende An-
siedlungen o.g. Arten sind umgehend zu beseitigen.
IV.12.3.3. Die Ausführung der Maßnahme AF 2 „Nachpflanzung und Ergänzung von
Pappeln“ sind mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, De-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 25 von 321
zernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“, der unteren Naturschutz-
behörde des Main-Kinzig-Kreises und dem Wasser- und Schifffahrtsamt ab-
zustimmen. Es ist nachzuweisen, dass es sich bei den zu pflanzenden
Schwarzpappeln um Pflanzmaterial gesicherter und gebietsheimischer Her-
kunft handelt.
IV.12.3.4. Für die Ausführung der Maßnahme AF 4 „Herstellung von Ersatzhabitaten
und Trittsteinbiotopen für die Zauneidechse“ ist eine Detailplanung vorzu-
legen und mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat
53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ abzustimmen.
IV.12.3.5. Für die Maßnahme A 5 „Anlage von Extensivrasen und Wiesen“ ist die Ra-
senmischung RSM 8.1 oder soweit vorhanden autochthones Saatgut (z.B.
Regiozert) zu verwenden. Die Pflege der Flächen ist mit dem Regierungs-
präsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsrege-
lung/Planungsbeiträge“ abzustimmen. Dabei ist es ausreichend+ wenn die
Flächen lediglich einmal jährlich gemäht werden bzw. alternierend brach
fallen.
IV.12.3.6. Die Ausführungsplanung für die Maßnahmen K 1 „Verbesserung der ökolo-
gischen Situation am Main bei Rumpenheim“ ist im Rahmen der Genehmi-
gungsplanung nach § 68 Abs. 2 WHG mit dem Regierungspräsidium Dar-
mstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsregelung / Planungsbeiträge“
abzustimmen. Die vollständigen wasserrechtlichen Genehmigungsanträge
sind spätestens innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung dieser immissi-
onsschutzrechtlichen Genehmigung (1. Teilgenehmigung) beim Regie-
rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat 41.2 „Oberflächenge-
wässer“ vorzulegen.
IV.12.3.7. Nach der mit Grüneintrag korrigierten Eingriffs- / Ausgleichsbilanz im land-
schaftspflegerischen Begleitplan ergibt sich ein Biotopwertdefizit von
23.493 Biotopwertpunkten. Die Eingriffs- / Ausgleichsbilanz ist bei weiteren
Teilgenehmigungen fortzuschreiben, sofern sich dort zusätzliche Eingriffe
ergeben. Spätestens nach Abschluss der Kompensationsmaßnahmen und
der Beendigung der Baumaßnahmen ist eine naturschutzrechtliche Ab-
schlussbilanzierung zu erstellen. In der Abschlussbilanzierung sind Eingriffe,
die ggf. bei der Ausführung der Baumaßnahme zusätzlich erforderlich ge-
worden sind, zu bilanzieren sowie eingetretene Ausfälle zu erfassen. Soweit
sich hieraus ein Kompensationsdefizit ergibt, kann als Kompensation die
von der Antragstellerin vorgeschlagene Beteiligung an der Ökokontomaß-
nahme von Hessenforst „Entwicklung naturnaher Waldbestände im Natur-
schutzgebiet Bulau“ (K 2) anerkannt werden. In diesem Fall sind die Lage,
die Art, die erbrachte Aufwertung und die Verfügbarkeit des als Ersatzmaß-
nahme festzusetzenden Teiles der o.g. Ökokontomaßnahme in Text und
Karte darzulegen. Die konkretisierten Unterlagen sind mit der Abschlussbi-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 26 von 321
lanzierung vorzulegen. Die Festsetzung der Maßnahme oder eines Ersatz-
geldes in einem Änderungsbescheid bleibt vorbehalten.
IV.12.3.8. Die Abnahme der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist nach Beendigung
der Fertigstellungspflege mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abtei-
lung V+ Dezernat 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“ durchzuführen.
IV.12.3.9. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind dauerhaft zu erhalten und ent-
sprechend zu pflegen. Ein Pflegekonzept ist vorzulegen.
IV.12.4. Artenschutz
IV.12.4.1. Um Beeinträchtigungen der Vogelarten in den zu erhaltenden Gehölzbes-
tänden zu vermeiden, sind die im landschaftspflegerischen Begleitplan vor-
gesehenen Maßnahmen M 2 „Schutz an das Baufeld angrenzender Vegeta-
tionsbestände“ und MF 2 „Errichtung von Sichtschutzzäunen“ auch im Be-
reich des Ufergehölzsaums am Main umzusetzen. Als konfliktvermeidende
Maßnahme nach Tabelle 4 des Fachbeitrages Artenschutz sind im Bereich
des potenziellen Eisvogelbrutplatzes die Bauarbeiten außerhalb der Haupt-
brutzeit dieser Art durchzuführen. Die Details bei der Ausführung sind mit
dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1 „Eingriffs-
regelung / Planungsbeiträge“ abzustimmen.
IV.12.4.2. Die im Fachbeitrag Artenschutz und dem landschaftspflegerischen Begleit-
plan beschriebenen Maßnahmen MF 4 „ Maßnahmen zum Schutz der Wan-
derfalken“ und AF 3 „Schaffung von Nisthilfen für den Eisvogel“ sind so
rechtzeitig vor Baubeginn umzusetzen, dass dann geeignete (Ersatz-) Brut-
plätze für die Arten zur Verfügung stehen. Der Abschluss der Maßnahmen
ist dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung V+ Dezernat 53.1 „Ein-
griffsregelung/Planungsbeiträge“ unverzüglich anzuzeigen.
IV.12.4.3. Es ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung V, Dezernat 53.1
„Eingriffsregelung / Planungsbeiträge“ vor Baubeginn nachzuweisen, dass
die vorgesehenen oder bereits umgesetzten artenschutzrechtlichen Maß-
nahmen MF 5 „Maßnahmen zum Schutz von Zauneidechsen“ und AF 3
„Schaffung von Nisthilfen für den Eisvogel“ sowie MF 4 „Maßnahmen zum
Schutz der Wanderfalken“ zum Erfolg geführt haben. Beim Eisvogel und
beim Wanderfalken ist zu kontrollieren und zu dokumentieren, ob die Nist-
hilfen angenommen werden. Die Maßnahme AF 4 (Herstellung von Ersatz-
habitaten und Trittsteinbiotpen für die Zauneidechse) ist im Sockelbereich
der geplanten Masten noch umzusetzen. Die bereits hergestellten Ersatzha-
bitate und Trittsteinbiotope entlang der Baustraße und südlich des Auslauf-
kanals sind dauerhaft, d.h. auch bei Weiternutzung der Baustraße, in ihrer
Funktion zu erhalten. Soweit es der Bauablauf erfordert, können die Stan-
dorte der Ersatzhabitate entlang der Baustraße in Abstimmung mit der öko-
logischen Baubegleitung ggf. daran angepasst werden, solange eine Ver-
netzung zeitlich und räumlich gewährleistet bleibt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 27 von 321
IV.12.4.4. Sofern das Ziel der vorgezogenen artenschutzrechtlichen Ausgleichsmaß-
nahmen nicht erreicht wird, bleiben ergänzende Maßnahmen vorbehalten.
IV.13. Eisenbahnrechtliche Nebenbestimmungen
IV.13.1. Die Baustellenordnung muss wegen der Gefahren aus dem Eisenbahnbe-
trieb auf der Anschlussbahn überarbeitet werden. Zusätzlich ist der örtliche
Eisenbahnbetriebsleiter als wichtiger Ansprechpartner aufzunehmen. Bei
der Einarbeitung ist auch auf die Gefahren aus der Oberleitungsanlage über
den Gleisen hinzuweisen. Der eventuell temporäre Rückbau der Oberlei-
tung ist dabei zu berücksichtigen.
IV.13.2. Bei der Baustellenerschließung und der zugehörigen Verkehrsführung muss
beachtet werden, dass eine Bahnüberquerung mit Straßenfahrzeugen nur
für wenige Sonderfälle (z. B. für Schwertransporte oder Großbauteiltrans-
porte von Außen nach Innen oder umgekehrt) und außerhalb des regulären
Eisenbahnbetriebes gestattet werden kann. Hierzu sind rechtzeitig die ent-
sprechenden Anträge und Unterlagen in Abstimmung mit dem zukünftigen
örtlichen Eisenbahnbetriebsleiter aufzustellen und zur eisenbahntechni-
schen Zustimmung vorzulegen.
IV.13.3. Zur Gefahrenabwehr aus und für den Eisenbahnbetrieb ist die Eisenbahnbe-
triebsanlage während der Bauzeit mit einer Absperreinrichtung nach Vor-
gaben des örtlichen Eisenbahnbetriebsleiters im Benehmen mit der Fach-
kraft für Arbeitssicherheit zu schützen.
IV.13.4. Die Baustellenkräne in der Nähe der Eisenbahnbetriebsanlage sind mit ei-
ner Schwenkbegrenzung auszustatten.
IV.13.5. Die Mindestabstände (Bauwiche und / oder Schutzabstände usw.) gemäß
der Landesbauordnung sind einzuhalten. Der Mindestabstand von festen
Gegenständen zum geraden Gleis ohne Überhöhung beträgt 3,00m. Bei ei-
ner Eisenbahnstreckengeschwindigkeit über 30 km/h = 3,20m.
IV.13.6. Im Bereich der Grundstücksgrenze zur Gleisanlage können Signal- und
Fernmeldekabel verlegt sein, die für die Betriebsführung notwendig sind.
Die Kabelanlagen sind in Benehmen mit dem Gleisanlageneigentümer / Be-
treiber vor Baubeginn zu sichern.
IV.13.7. Durch die Bauarbeiten darf die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes nicht
beeinträchtigt werden. Das Betreten von Gleisanlagen sowie Lagern von
Baustoffen, Bauteilen und Abstellen von Baugeräten im Gleisbereich ist ver-
boten.
IV.13.8. Müssen ausnahmsweise aufgrund des Bauverfahrens Gleisanlagen gesperrt
werden, ist vor Baubeginn mit den Gleisanlageneigentümer / Betreiber die-
ser Eingriff in den Eisenbahnbetrieb durch einen Baudurchführungsvertrag
zu regeln.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 28 von 321
IV.13.9. Um Überschneidungen im Schwenkbereich - Gleisbereich zu vermeiden,
müssen Baustellenkräne mit einer Schwenk- und Laufkatzenbegrenzung
ausgestattet werden. Ausnahmen sind im Baudurchführungsvertrag zu re-
geln.
IV.13.10. Alle Arbeitsgruben und Bauteile sind außerhalb der unter 45° verlaufenden
Druckzone (gemessen von Unterkante Schwellenende) zu verlegen. Ar-
beitsgruben im unmittelbaren Dammbereich sind zu vermeiden. Müssen sie
ausnahmsweise innerhalb der Druckzone / Dammbereich angelegt werden,
so ist rechtzeitig vor Baubeginn ein Standsicherheitsnachweis einschließlich
Ausführungspläne der Baubehelfe und nicht temporären Bauteilen der Lan-
deseisenbahnaufsicht geprüft zur Überprüfung vorzulegen. Als Verkehrslast
ist das Lastbild 71 gemäß DIN Fachbericht 101 anzusetzen. Die Aufstellung
und Prüfung sollte von zwei unabhängigen in Eisenbahnlasten erfahrenen
Ingenieuren durchgeführt werden.
IV.13.11. Dem Bahngelände dürfen keine Oberflächen-, Dach- oder sonstige Abwäs-
ser zugeleitet werden, damit die Entwässerung und Standsicherheit der
Gleisanlage nicht gefährdet wird. Die vorhandenen Bahnseitengräben dür-
fen nicht verfüllt werden.
IV.13.12. Der Bauherr muss das Grundstück derart einfrieden, dass ein Betreten der
Bahnanlage verhindert wird. Dies gilt auch für die Bauzeit. Die Einfriedung
ist von ihm und seinen Rechtsnachfolgern laufend zu unterhalten und ggf.
zu erneuern.
IV.13.13. Bei öffentlichem Kraftfahrzeugverkehr direkt neben der Grundstücksgrenze
Gleisseite müssen ggf. zusätzliche Schutzeinrichtungen (z.B. Leitplanken)
vorgesehen werden, damit rangierende bzw. ausbrechende Fahrzeuge
nicht in den Gleisbereich gelangen können und dort liegen bleiben.
IV.13.14. Gehölzanpflanzungen müssen so weit vom Gleisbereich entfernt vorge-
nommen werden, dass dieser Bereich auch bei Windwurf nicht beeinträch-
tigt wird und jederzeit die erforderliche Sicht für die Fahrwegbeobachtung
gewährleistet ist. Die Gehölzanpflanzung ist laufend zu pflegen. Der Freiflä-
chenplan ist entsprechend zu überprüfen.
IV.13.15. Lichtreklamen neben der Gleisanlage, die zur Verwechselung mit Eisen-
bahnsignalen führen können, dürfen nur nach besonderer Genehmigung
durch die zuständige Aufsichtsbehörde aufgestellt bzw. verändert werden.
IV.13.16. Grundstücks- und Gebäudebeleuchtungen dürfen nur blendfrei aufgestellt
werden, damit eine sichere Fahrwegbeobachtung im Gleisbereich gewähr-
leistet ist. Dies gilt auch für die Baustellenbeleuchtung.
IV.13.17. Für das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen im Bereich der nicht-
bundeseigenen Eisenbahn sind die jeweiligen Kreuzungsrichtlinien zu be-
achten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 29 von 321
IV.13.18. Brennbare sowie explosionsgefährdete Stoffe dürfen nicht in unmittelbarer
Nähe des Gleisbereiches gelagert, umgefüllt oder auf andere Weise be-
handelt werden. Es gilt die jeweilige Gefahrengutverordnung. Hiervon aus-
genommen ist der genehmigte Umschlag von gasförmigem Ammoniak und
Kohle.
IV.14. Luftfahrt
IV.14.1. Es ist eine Nachtkennzeichnung gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvor-
schrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV; NfL I – 143/07
vom 24. Mai 2007) anzubringen und eine Veröffentlichung als Luftfahrthin-
dernis zu veranlassen.
IV.14.2. Dem Regierungspräsidium Darmstadt, Dezernat III 33.3 „Luft- und Güter-
kraftverkehr“, sind in Bezug auf die Nachtkennzeichnung geeignete Gebäu-
deansichten vorzulegen, ggf. mit einem Befeuerungsvorschlag entspre-
chend der AVV.
IV.14.3. Da die Veröffentlichung des Kraftwerks als Luftfahrthindernis verändert wer-
den muss, sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung III, Dezer-
nat III 33.3 „Luft- und Güterkraftverkehr“, darüber hinaus folgende, endgül-
tige Veröffentlichungsdaten bekannt zu geben:
Namen des Standortes;
Geographische Standortkoordinaten;
Höhe der Bauwerksspitze (m ü. Grund);
Höhe der Bauwerksspitze (m ü. NN);
Art der Kennzeichnung (Beschreibung).
Weiter ist ein Ansprechpartner mit Anschrift und Telefonnummer der Stelle
zu benennen, die einen Ausfall der Befeuerung meldet bzw. für die Instand-
setzung zuständig ist.
IV.15. Verkehrsrechtliche Nebenbestimmungen
IV.15.1. Spätestens zum 1. Februar jeden Jahres ist dem Regierungspräsidium
Darmstadt ein Bericht über die kraftwerksbedingten Verkehrsbewegungen
des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres vorzulegen. In dem Bericht
sind die Bewegungen der Verkehrsträger Eisenbahn, Schiff und Lastkraft-
wagen zahlenmäßig aufzuführen und den Angaben im Prognosegutachten
Müller BBM Nr. M65 985/29 vom 12. Mai 2009 vergleichend gegenüberzu-
stellen.
IV.15.2. Das Tor 1 des Kraftwerkes darf mit Schwertransporten über 60 Tonnen nur
über die A 45 - AS Alzenau – L 3308 (Waitzweg) – L 3309 (Taunusstraße /
Lindensraße) – Hergerswiesenweg angefahren werden, da aus Richtung
Großkrotzenburg eine mindertragfähige Brücke (maximal 60 t) existiert.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 30 von 321
Falls das Tor 3 (Baustellenzufahrt) mit Schwertransporten angefahren wer-
den muss, hat die Anfahrt über die Depotstraße zu erfolgen.
IV.15.3. Während der Bauphase ist eine Baustellenampel erforderlich. Dafür ist mit
dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen, Gutenbergstraße 2-
4, 63571 Gelnhausen, der Verkehrsbehörde, der Polizei und der Baufirma
ein verkehrsregelndes Konzept zu erarbeiten.
IV.15.4. Sollte für die Bauzeit eine zusätzliche Baustellenzufahrt notwendig werden,
ist beim Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen, Gutenbergstraße
2-4, 63571 Gelnhausen ein Antrag auf Errichtung einer befristeten Baustel-
lenzufahrt zu stellen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 31 von 321
V Nebenbestimmungen zur Absicherung der Prognoseentscheidung nach §
8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG / Inhaltsverzeichnis
Die nachfolgenden – den Betrieb der Anlage betreffenden – Nebenbestim-
mungen werden zur Absicherung der Prognoseentscheidung nach § 8 Abs.
1 S. 1 Nr. 3 BImSchG bereits im Rahmen dieser 1. Teilgenehmigung ver-
bindlich festgesetzt.
V.1. Allgemeines 32
V.2. Termine 32
V.3. Nebenbestimmungen zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen 33
V.4. Nebenbestimmungen zur Überwachung der Emissionsbegrenzungen an
den Emissionsquellen E061 und E052 35
V.5. Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Emissionsbegrenzungen
und zu Anforderungen im Störungsfall 38
V.6. Nebenbestimmung zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen der
Selbstverpflichtung und zur Überwachung der Selbstverpflichtung 40
V.7. Nebenbestimmungen zur Festlegung und Überwachung der
Emissionsbegrenzungen an den Emissionsquellen E059, E060, E062, E063,
E065 und E066 41
V.8. Hinweis: 42
V.9. Kühlturm 42
V.10. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während des Betriebes 43
V.10.2. Erschütterungsimmissionen 47
V.10.3. Lichtimmissionen 48
V.11. Messungen während des Betriebs 49
V.12. Arbeitsschutz während des Betriebs 50
V.13. Brandschutz während des Betriebs 52
V.14. Nebenbestimmungen und Hinweise zum anlagenbezogenen
Gewässerschutz während des Betriebs: 52
V.14.3. Hinweise 54
V.15. Bodenschutz 54
V.16. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen 55
V.17. Hinweis zum Fischereirecht 55
V.18. Luftfahrtrechtliche Nebenbestimmungen 55
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 32 von 321
V.1. Allgemeines
V.1.1. Diese Genehmigung wird unter der Bedingung erteilt, dass ab der Inbe-
triebnahme des Blocks die Blöcke 1, 2 und 3 des Kraftwerkes nicht mehr be-
trieben werden.
V.1.2. Zum Anfahren des Blocks darf nur Heizöl EL nach DIN 51603-1 oder Heizöl
nach DIN 51603-4 RLS eingesetzt werden.
V.1.3. Die neue Hilfskesselanlage (5 Hilfskessel) darf nicht parallel mit Block 4 be-
trieben werden.
V.1.4. Für die Blöcke 1, 2 und 3 sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abtei-
lung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ 6 Monate
nach der Inbetriebnahme des Blocks 6 jeweils ein Rückbauplan zur Abstim-
mung vorzulegen.
V.1.5. Spätestens drei Monate vor Inbetriebnahme des Blocks 6 ist ein um den
Block 6 ergänzter Emissionsbericht gemäß Anhang 2 zum Treibhaus- Emis-
sionshandelsgesetz (TEHG) für das Kraftwerk Staudinger dem Regierungs-
präsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-
Energie+ Lärmschutz“+ vorzulegen.
V.1.6. Während des Betriebes der Anlage muss ständig eine verantwortliche und
mit der Anlage vertraute Aufsichtsperson anwesend sein.
V.1.7. Die Antragstellerin hat der zuständigen Behörde und dem Regierungsprä-
sidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie,
Lärmschutz“, unverzüglich jede bedeutsame Störung des bestimmungsge-
mäßen Betriebs der Anlage mitzuteilen.
V.1.8. Über den Betrieb der Anlage sind Aufzeichnungen zu führen. Aus diesen
Aufzeichnungen muss der Zeitraum (Dauer, Beginn und Ende) hervorgehen,
in dem die Anlage betrieben wurde. Auch ist zu vermerken, welche Anla-
genteile benutzt und zu welchen Zeiten welche Luftreinhalteanlagen betrie-
ben wurden. Die Aufzeichnungen sind mindestens drei Jahre aufzubewah-
ren und den Bediensteten der Aufsichtsbehörde auf Verlangen vorzulegen.
V.2. Termine
V.2.1. Der jeweilige Termin der Inbetriebnahme der Teilanlagen ist dem Regie-
rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie, Lärmschutz“ mindestens 14 Tage vorher schriftlich anzuzei-
gen.
V.2.2. Die Mitteilung des Betreibers nach § 52a BImSchG ist mit der Inbetrieb-
nahme- Meldung zu übermitteln.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 33 von 321
V.3. Nebenbestimmungen zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen
V.3.1. Beim Anfahren des Blocks mit Heizöl EL nach DIN 51603-1 oder Heizöl nach
DIN 51603-4 RLS und beim Betrieb unter Einsatz von Steinkohle dürfen die
Emissionen folgender luftverunreinigender gas- oder dampfförmiger Stoffe
der Emissionsquelle E061 folgende Massenkonzentrationen – bezogen auf
Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa) und einem Volumengehalt an
Sauerstoff von 6 % nach Abzug des Feuchtegehaltes an Wasserdampf als
Tagesmittelwert – nicht überschreiten:
Tabelle 4: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E061
Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration
Kohlenmonoxid (CO) 100 mg/m3
Stickstoffoxide - angegeben als NO2 95 mg/m3
Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 70 mg/m3
Anorganische Chlorverbindungen – angegeben als
HCl
20 mg/m3
Anorganische Fluorverbindungen – angegeben als
HF
1 mg/m3
Ammoniak (NH3) 2 mg/m3
Gesamtstaub 10 mg/m3
Quecksilber und seine Verbindungen – angegeben
als Hg
0,015 mg/m3
Halbstundenmittelwerte (außer für Hg) dürfen das Doppelte der genannten
Emissionswerte nicht überschreiten. Für Quecksilber und seine Verbindun-
gen, angegeben als Hg, gilt ein Halbstundenwert von 0,025 mg/m3. Die
Emissionsgrenzwerte sind auch bei der Heizflächenreinigung einzuhalten.
V.3.2. Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von Quecksilber
im Rauchgas des Blocks 5 ergeben sollten, dass geringere Hg-
Emissionskonzentrationen und -frachten als beantragt künftig sicher einge-
halten werden können, bleibt jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit
dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten, dass die Festlegung von über den
Stand der Technik hinausgehenden Hg-Grenzwerten, die unterhalb der be-
antragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden.
V.3.3. Die Emission folgender luftverunreinigender Stoffe der Emissionsquelle
E061 darf folgende Massenkonzentrationen – bezogen auf Abgas im Norm-
zustand (273,15 K, 101,3 kPa) und einem Volumengehalt an Sauerstoff von
6 % nach Abzug des Feuchtegehaltes an Wasserdampf als Mittelwert, der
über die jeweilige Probenahmezeit gebildet wird - nicht überschreiten:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 34 von 321
Tabelle 5: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E061
Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration
Cadmium und seine Verbindungen, angegeben als
Cadmium und Thallium und seine Verbindungen, an-
gegeben als Thallium
Insgesamt
0,012 mg/m3
Antimon, Arsen, Blei, Chrom, Kobalt, Kupfer, Mangan,
Nickel, Vanadium, Zinn und deren Verbindungen, je-
weils angegeben als Element
Insgesamt
0,33 mg/m3
Arsen, Benzo(a)pyren, Cadmium und deren Verbin-
dungen, wasserlösliche Kobaltverbindungen,
Chrom(VI)- Verbindungen, jeweils angegeben als Ele-
ment oder
Arsen, Benzo(a)pyren, Cadmium, Kobalt, Chrom und
deren Verbindungen, jeweils angegeben als Element
Insgesamt
0,044 mg/m3
Polychlorierte Dioxine und Furane, bestimmt als Sum-
menwert nach Anhang I der 13.BImSchV
0,1 ng/m3
V.3.4. Zusätzlich gelten folgende Emissionsgrenzwerte für die Emissionsquelle
E061:
Tabelle 6: Einzuhaltende Emissionsgrenzwerte an der Quelle E061
Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration
Arsen 0,015 mg/m³
Blei 0,05 mg/m³
Cadmium 0,008 mg/m³
Chrom 0,014 mg/m³
Kobalt 0,002 mg/m³
Kupfer 0,1 mg/m³
Mangan 0,025 mg/m³
Nickel 0,07 mg/m³
Thallium 0,0038 mg/m³
Vanadium 0,036 mg/m³
Zink 0,013 mg/m³
Zinn 0,013 mg/m³
Antimon 0,005 mg/m³
Benzo(a)pyren 0,005 mg/m³
V.3.5. Der Jahresmittelwert für Staub im Abgas von Block 6 (Emissionsquelle E061)
wird auf 5 mg/m³ begrenzt. Der Jahresmittelwert für Ammoniak im Abgas
von Block 6 (Emissionsquelle E061) wird auf 1 mg/m³ begrenzt. Über die
Einhaltung dieser Jahresmittelwerte ist ein Nachweis im Sinne von § 19a
Abs. 1 der 13. BImSchV dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung
IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ jeweils bis zum
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 35 von 321
1. Februar des Folgejahres vorzulegen. Die Nachweise sind fünf Jahre nach
Ende des Nachweiszeitraums aufzubewahren.
V.3.6. Die Emission folgender luftverunreinigender gas- oder dampfförmiger Stof-
fe der Emissionsquelle E052 (Hilfskesselanlage) darf folgende Massenkon-
zentrationen – bezogen auf Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa)
und einem Volumengehalt an Sauerstoff von 3 % nach Abzug des Feuchte-
gehaltes an Wasserdampf als Tagesmittelwert – nicht überschreiten:
Tabelle 7: Einzuhaltende Massenkonzentrationen an der Quelle E052
Luftverunreinigender Stoff Massenkonzentration
Kohlenmonoxid (CO) 50 mg/m3
Stickstoffoxide - angegeben als NO2 100 mg/m3
Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 35 mg/m3
Gesamtstaub 5 mg/m3
Halbstundenmittelwerte dürfen das Doppelte der genannten Emissionswer-
te nicht überschreiten.
Die Emissionsgrenzwerte sind auch bei der Heizflächenreinigung einzuhal-
ten.
V.4. Nebenbestimmungen zur Überwachung der Emissionsbegrenzungen an
den Emissionsquellen E061 und E052
V.4.1. Im Abgas des Blocks (Emissionsquelle E061) sind die Emissionskomponen-
ten an:
Kohlenmonoxid (CO)
Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2
Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, angegeben als Stickstoffdioxid
Chlorwasserstoff (HCl)
Fluorwasserstoff (HF)
Ammoniak (NH3)
Quecksilber und seine Verbindungen, angegeben als Quecksilber
Gesamtstaub
Sauerstoffgehalt
sowie die erforderlichen Betriebsgrößen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 der
13. BImSchV
kontinuierlich zu ermitteln, zu registrieren und gemäß § 16 Abs. 1 der
13. BImSchV auszuwerten.
V.4.2. Im Abgas der Hilfskesselanlage (Emissionsquelle E052) sind die Emissions-
komponenten an:
Kohlenmonoxid (CO)
Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, angegeben als Stickstoffdioxid
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 36 von 321
kontinuierlich zu ermitteln, zu registrieren und gemäß § 16 Abs. 1 der
13.BImSchV auszuwerten.
V.4.3. Alle Messwerte, die innerhalb der Betriebszeit anfallen, sind in die Auswer-
tung einzubeziehen. Beginn und Ende der Betriebszeit sind der Auswerte-
einrichtung der kontinuierlichen Messungen über Statussignale mitzuteilen.
4 Wochen vor der warmen Inbetriebnahme von Block 6 oder der Hilfskes-
selanlagen sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-
zernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ Kriterien für den Be-
ginn und das Ende der Betriebszeit des elektrischen Auswertesystems zur
Abstimmung vorzulegen. Den Statussignalen muss von dem Regierungs-
präsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-
Energie+ Lärmschutz“+ schriftlich zugestimmt werden. Nach der Zustimmung
sind diese Bestandteil des Bescheides.
V.4.4. Zum Nachweis, dass die Emissionswerte der Nebenbestimmungen V.3.3
und V.3.4 an der Emissionsquelle E061 eingehalten sind, sind für jeden ein-
zelnen Parameter und Summenparameter, für den jeweils ein Grenzwert für
die Emissionskonzentration festgelegt ist, nach Erreichen des ungestörten
Betriebes (stationärer Betrieb) von Block 6, jedoch frühestens nach dreimo-
natigem Betrieb und spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme von
Block 6, sowie anschließend ein Jahr lang wiederkehrend Messungen alle 2
Monate jeweils mindestens an drei Tagen durchführen zu lassen. Mindes-
tens bei einer monatlichen Messung ist die Anlage im Volllastbetrieb zu fah-
ren. Nach Durchführung von insgesamt 6 Wiederholungsmessungen wird in
Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-
zernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unter Berücksichtigung
der Messergebnisse das weitere Messintervall für wiederkehrende Einzel-
messungen an der Emissionsquelle E061 festgelegt. Im jeweiligen nach Ne-
benbestimmung V.4.13 geforderten Messbericht zu den durchgeführten
Einzelmessungen ist zu dokumentieren, welche Kohlen während der Dauer
der Einzelmessungen jeweils verbrannt wurden. Die nähere Bestimmung
der Bedingungen der Einzelmessungen erfolgt im Rahmen der in Nebenbe-
stimmung V.4.9 geforderten Messplanabstimmung.
V.4.5. Sobald ein eignungsfestgestelltes Langzeitprobenahmesystem für die qua-
sikontinuierliche Überwachung von Schwermetallkonzentrationen auf dem
Markt verfügbar ist, sind dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung
IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ und dem Hes-
sischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel,
Ludwig-Mond-Straße 33, 34121 Kassel, ein Konzept für die Nachrüstung
von Block 6 mit einem solchen Langzeitprobenahmesystem zur Abstim-
mung vorzulegen. Das Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-
zernat 43.1 „Immissionsschutz - Energie+ Lärmschutz“, behält sich nach Vor-
lage und Prüfung eines solchen Konzeptes vor, nachträglich zu fordern, dass
Block 6 mit einem Langzeitprobenahmesystem nachzurüsten ist und die
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 37 von 321
Konzentrationen der Schwermetalle quasikontinuierlich zu überwachen
sind.
V.4.6. In der Anlage sind im Einvernehmen mit einer nach § 26 BImSchG bekannt
gegebenen Stelle geeignete Probenahmestellen an allen Emissionsquellen
(Verbrennungs- und Nicht-Verbrennungsquellen) zur technisch einwand-
freien und gefahrlosen Durchführung der Emissionsmessungen vorzusehen.
Hierbei sind die Richtlinien DIN EN 13284 Blatt 2 (in der Fassung von De-
zember 2004) in Verbindung mit DIN EN 15259 (in der Fassung von Januar
2008) zu beachten und umzusetzen. Die Probenahmestellen sind spätestens
14 Tage vor der warmen Inbetriebnahme von Block 6 und der Hilfskesselan-
lagen unter Vorlage von Zeichnungen und Unterlagen mit dem Regie-
rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.
V.4.7. Nach Erreichen des ungestörten Betriebes nach Inbetriebnahme von
Block 6, jedoch frühestens nach dreimonatigem Betrieb und spätestens
sechs Monate nach Inbetriebnahme sind entsprechend den Vorgaben des
§ 17 Abs. 1 der 13. BImSchV mindestens an drei Tagen mit Einzelmessun-
gen die Emissionskonzentrationen an Formaldehyd und Ameisensäure an
der Emissionsquelle E061 einmalig zu messen. Für die Messplanung und -
durchführung gelten die Nebenbestimmungen V.4.9 bis V.4.11. Nach Prü-
fung des vorzulegenden Messberichts behält sich das Regierungspräsidium
Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärm-
schutz“+ vor+ weitere Auflagen zu fordern.
V.4.8. Die in diesem Bescheid geforderten Einzelmessungen sind von einer nach
§ 26 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) bekannt gegebenen
Stelle zur Feststellung, ob die festgelegten Emissionsgrenzwerte eingehal-
ten werden, durchführen zu lassen.
V.4.9. Für die in diesem Bescheid für die Emissionsquelle E061 geforderten Ein-
zelmessungen sind Messpläne gemäß Nebenbestimmung V.4.10 spätestens
zwei Wochen vor der Inbetriebnahme von Block 6 für die unter den Neben-
bestimmungen V.3 genannten Luftschadstoffparameter zu erstellen und mit
dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Im-
missionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.
V.4.10. Die Messplanung hat gemäß DIN EN 15259 (in der Fassung von Januar
2008) – Messstrategie, Messplanung, Messbericht und Gestaltung von
Messplätzen - zu erfolgen.
V.4.11. Die gemäß § 14 Abs. 1 der 13. BImSchV erforderliche nähere Bestimmung
von Messverfahren und geeigneten Messeinrichtungen durch das Regie-
rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie+ Lärmschutz“+ erfolgt für die geforderten Einzelmessungen
im Rahmen der Abstimmungen nach Nebenbestimmung V.4.9.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 38 von 321
V.4.12. Die in § 17 Abs. 3 der 13. BImSchV genannten Probenahmezeiten sind be-
reits bei der Messplanung zu beachten bzw. zu berücksichtigen.
V.4.13. Für die Berichte und Beurteilung der in diesem Bescheid für die Emissions-
quelle E061 geforderten Einzelmessungen gelten die Anforderungen nach
§ 18 Abs. 1 der 13. BImSchV. Die Dokumentation der Messergebnisse hat
gemäß Muster- Emissionsmessbericht, veröffentlicht in der jeweils aktuellen
Fassung unter
http://www.hlug.de/start/luft/emissionsueberwachung/pruefung-von-
emissionsmessungen.html
zu erfolgen.
V.5. Nebenbestimmungen zur Einhaltung der Emissionsbegrenzungen und zu
Anforderungen im Störungsfall
V.5.1. Die Emissionsgrenzwerte unter den Nebenbestimmungen V.3.1 und V.3.6
sind eingehalten, wenn kein Ergebnis eines nach Anhang II der 13. BImSchV
validierten Tages- und Halbstundenmittelwertes den jeweils maßgebenden
Emissionsgrenzwert überschreitet und kein Ergebnis den Schwefelabschei-
degrad nach § 3 oder § 4 der 13. BImSchV unterschreitet.
Die Emissionsgrenzwerte unter Nebenbestimmung V.3.3 und V.3.4 gelten
als eingehalten, wenn kein Ergebnis einer Einzelmessung den jeweils maß-
gebenden Mittelwert über die jeweilige Probenahmezeit überschreitet.
Die Messinstitute sind dahingehend zu beauftragen, dass ein Exemplar des
jeweiligen Messberichtes direkt an das Hessische Landesamt für Umwelt
und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel, Ludwig-Mond-Straße 33, 34121
Kassel, zu senden ist. Im Anschreiben an das Regierungspräsidium Dar-
mstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärm-
schutz“+ ist schriftlich zu bestätigen+ dass die Vorlage an das HLUG erfolgt
ist.
V.5.2. Auf Basis der Überwachung der Emissionsbegrenzungen sind Block 6 und
die Hilfskesselanlagen so zu betreiben, dass ein Erreichen oder Überschrei-
ten der zulässigen Emissionswerte der Nebenbestimmungen V.3.1 und
V.3.3 bis V.3.6 erkannt und rechtzeitig verfahrenstechnisch geeignete Ge-
genmaßnahmen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Emissionsparameter
getroffen werden können.
V.5.3. Wenn während der gesamten Betriebszeit der Auswerteeinrichtungen ein
nach Anhang II der 13. BImSchV validierter Halbstundenmittelwert oder Ta-
gesmittelwert einen kontinuierlich zu überwachenden Emissionsgrenzwert
erreicht oder überschreitet oder wenn der Wert einer erfolgten Einzelmes-
sung einen festgelegten Emissionsgrenzwert an Block 6 oder den Hilfskes-
selanlagen erreicht oder überschreitet, sind Block 6 oder die Hilfskesselan-
lagen komplett abzufahren, sofern innerhalb von maximal 24 Stunden ein
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 39 von 321
ordnungsgemäßer Betrieb von Block 6 oder der Hilfskesselanlagen nicht
wieder hergestellt werden kann. Einzelheiten zur Fahrweise von Block 6
oder der Hilfskesselanlagen sind in einer Betriebsanweisung festzulegen
und vor der Aufnahme des Normalbetrieb (stationärer Betrieb nach der In-
betriebnahme von Block 6 oder der Hilfskesselanlagen) im Zuge der Inbe-
triebnahme-Phase mit dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung
IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ abzustimmen.
Für sonstige Betriebsstörungen ohne Grenzwertüberschreitung gelten im
Übrigen die Regelungen in § 12 der 13. BImSchV mit Ausnahme einer Be-
triebsstörung in der Elektrofilteranlage. Bei einer Betriebsstörung in der
Elektrofilteranlage ist Block 6 umgehend komplett abzufahren.
V.5.4. Die Überschreitung eines durch Einzelmessungen überwachten Emis-
sionsgrenzwertes oder eines kontinuierlich überwachten Emissionsgrenz-
wertes ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat
43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ jeweils unverzüglich schriftlich
anzuzeigen (per Email); im Fall der kontinuierlichen Messungen nur, wenn
mehr als drei gemessene und validierte Halbstundenmittelwerte die festge-
legten Emissionsbegrenzungen überschreiten.
V.5.5. Ein länger als vier Stunden andauernder Ausfall oder eine länger als vier
Stunden andauernde Störung einer Messeinrichtung oder der Registrierein-
richtung ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat
43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unverzüglich schriftlich (per
Email) anzuzeigen. Die Verfügbarkeit der Messeinrichtungen muss mindes-
tens 95% erreichen. Die Verfügbarkeit der Auswerteeinrichtung muss min-
destens 99% betragen. Die Verfügbarkeit wird angegeben als Verhältnis
von Mess- bzw. Auswertezeit zur Einsatzzeit. Die Einsatzzeit ist die Summe
aller Jahresstunden. Die Mess- bzw. Auswertezeit ist die Zeit, während der
die Auswerteeinrichtung für die jeweilige Messaufgabe verwertbare Ergeb-
nisse liefert.
V.5.6. Bei Ausfall einer Messeinrichtung ist entsprechend der unter B1.7 der Richt-
linie zur Bundeseinheitlichen Praxis bei der Überwachung der Emissionen
genannten Regelung zu verfahren. Zur Begrenzung der Ausfallzeiten der
Messeinrichtungen zur kontinuierlichen Überwachung der Emissionen ist
ein Wartungsvertrag mit dem jeweiligen Gerätehersteller der Messeinrich-
tung abzuschließen, der einen Ersatz einer defekten Messeinrichtung inner-
halb von 2 Werktagen sicherstellt. Oder es ist durch eine entsprechende
Reserveteilhaltung der Messgeräte durch den Betreiber ein Ersatz eines de-
fekten Messgerätes innerhalb von 2 Werktagen sicherzustellen. Im Übrigen
gilt die Anforderung des letzten Satzes des Anhangs II der 13. BImSchV.
V.5.7. Eine Störung einer Abgasreinigungseinrichtung, die nicht zu einer Über-
schreitung eines durch Einzelmessungen oder kontinuierlich überwachten
Emissionsgrenzwertes geführt hat, ist im Betriebstagebuch zu dokumentie-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 40 von 321
ren. Die Störungen sind in einem Bericht zusammenzufassen und dem Re-
gierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie+ Lärmschutz“+ spätestens drei Monate nach Ablauf eines Ka-
lenderjahres vorzulegen. In dem Bericht ist auch anzugeben, wie die Stö-
rungen behoben wurden bzw. welche Maßnahmen zur Behebung der Stö-
rungen ergriffen wurden und ggf. systematisch auftretende Störungen bzw.
Mängel zukünftig verhindert werden sollen.
V.5.8. Störungen, die zu einer erheblichen Abweichung vom ordnungsgemäßen
Betrieb führen, insbesondere einen Stillstand der Anlage bewirken, sind
dem Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Im-
missionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ unverzüglich zu melden. Im Rahmen
dieser Meldung ist mitzuteilen, inwieweit die Freisetzung von Luftschadstof-
fen auszuschließen ist. Unabhängig von der Abgabe einer Mitteilung sind
unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, damit das Eintreten von schädli-
chen Umwelteinwirkungen verhindert bzw. auf ein Minimum begrenzt wird.
V.6. Nebenbestimmung zur Festlegung der Emissionsbegrenzungen der
Selbstverpflichtung und zur Überwachung der Selbstverpflichtung
V.6.1. Die Jahresfrachten der Blöcke 4, 5 und 6 werden in der Summe wie folgt
begrenzt:
Tabelle 8: Einzuhaltende Jahresfrachten für die Blöcke 4 bis 6
Luftverunreinigender Stoff Jahresfracht
Stickstoffoxide - angegeben als NO2 < 3.554 t/a
Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 < 1.219 t/a
Gesamtstaub < 221 t/a
V.6.2. Für die Bildung der Summenwerte für SO2, NO2 und Staub der Blöcke 4, 5
und 6 ist ein zusätzlicher kontinuierlich aufzeichnender Auswerterechner zu
installieren. Die Summenwerte sind kontinuierlich zu ermitteln, zu registrie-
ren und auszuwerten. Eine Kalibrierung des Auswerterechners hat alle 3
Jahre durch einen nach § 26 bekannt gegebenen Sachverständigen und die
Funktionsprüfung jedes Jahr durch einen Sachkundigen zu erfolgen.
V.6.3. Die Summenwerte nach Nebenbestimmung V.6.1 sind in der Zentralwarte
der Blöcke 4 bis 6 anzuzeigen und zu überwachen. Bei Erreichen von 90%
eines in Nebenbestimmung V.6.1 festgelegten Grenzwertes ist das Regie-
rungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie+ Lärmschutz“+ schriftlich zu informieren.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 41 von 321
V.6.4. Die Jahres- Emissionsfrachten von Block 6 werden wie folgt begrenzt:
Tabelle 9: Begrenzung der Jahres- Emissionsfrachten für den Block 6
Luftverunreinigender Stoff Jahresfracht
Stickstoffoxide - angegeben als NO2 < 2045 t/a
Schwefeloxide (SOx) – angegeben als SO2 < 785 t/a
Gesamtstaub < 120 t/a
V.6.5. Mit der Dokumentation der kontinuierlich gemessenen Jahresemis-
sionsfrachten im Jahresbericht nach § 19 (1) der 13. BImSchV - der dem Re-
gierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissions-
schutz-Energie+ Lärmschutz“, jeweils bis zum 31. März des Folgejahres vor-
zulegen ist – ist der Nachweis zu erbringen, dass die in Nebenbestimmung
V.6.4 begrenzten Jahresfrachten für Block 6 eingehalten werden.
V.6.6. Für den Fall, dass bereits vor Ablauf des jeweiligen Berichtsjahres die in den
Nebenbestimmungen V.6.1 und V.6.4 begrenzten, zulässigen Emis-
sionsfrachten an SO2, NO2 oder Staub verbraucht sind, sind die Kraftwerks-
blöcke, für die jeweils die Emissionsbegrenzungen gelten, für den restlichen
Zeitraum nicht mehr zu betreiben.
V.7. Nebenbestimmungen zur Festlegung und Überwachung der Emissions-
begrenzungen an den Emissionsquellen E059, E060, E062, E063, E065
und E066
V.7.1. Die Emissionen luftverunreinigender Stoffe der Emissionsquellen nach den
filternden Entstaubern der Kohlebunker (E066), Flugaschesilo (E062, E063,
E065), Branntkalkstaubsilo (E060) und Kalksteinmehlsilo (E059) dürfen bei
keinem Betriebszustand jeweils folgende Massenkonzentration – bezogen
auf das Abgas im Normzustand (273,15 K, 101,3 kPa), der als Mittelwert
über die jeweilige Probenahmezeit gebildet wird – überschreiten:
Tabelle 10: Einzuhaltende Massenkonzentration (Gesamtstaub) an den Quellen der Flug-aschesilos, Kohlebunker, Branntkalkstaubsilo und Kalksteinmehlsilo
Luftverunreinigender Stoff: Gesamtstaub Massenkonzentrati-
on
Quellen der Flugaschesilos (E062, E063, E065) 5 mg/m³
Quellen Kohlebunker (E066), Branntkalkstaubsilo (E060),
Kalksteinmehlsilo (E059)
10 mg/m³
V.7.2. Die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte ist gemäß Ziffer 5.3.2.1 Absatz 4
TA Luft durch eine erstmalige Einzelmessung und anschließend durch einen
Nachweis der Wirksamkeit der Gewebefilter (kontinuierlich wirkender Fil-
terwächter) nachzuweisen. Der Anlagenhersteller hat die Wirksamkeit der
Filterwächter als Ersatzmaßnahme für wiederkehrende Einzelmessungen zu
bestätigen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 42 von 321
Für die in Nebenbestimmung V.7.2 festgelegte Einzelmessung an den in
Tabelle 10 unter Nebenbestimmung V.7.1 genannten Emissionsquellen sind
Messpläne spätestens 2 Wochen vor der Inbetriebnahme von Block 6 für
Gesamtstaub zu erstellen und mit dem Regierungspräsidium Darmstadt,
Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie, Lärmschutz“+ ab-
zustimmen.
V.7.3. Die Gewebefilter sind gegen unzulässige Unter- und Überdrücke (Über-und
Unterdruckventil) abzusichern und zur messtechnischen Überwachung mit
einer Messeinrichtung auszurüsten, die in der Lage ist, die Funktionsfähig-
keit der Abgasreinigungseinrichtung kontinuierlich zu überwachen (Filter-
wächter).
V.7.4. Die in der Nebenbestimmung V.7.1 genannten Silos für Branntkalkstaub
und Kalksteinmehl sind mit Füllstandsanzeiger auszurüsten. Während des
Füllvorgangs muss die jeweilige Anzeigevorrichtung gut ablesbar sein, da-
mit ein Überfüllen verhindert werden kann.
V.7.5. Emissionen die bei Umschlag, Lagerung und Transport staubender Güter
entstehen können, sind dadurch zu vermindern, dass die Stäube in ge-
schlossenen Behältnissen abgezogen oder an den Austragsstellen befeuch-
tet werden. Für die staubförmigen Verbrennungsrückstände sind geschlos-
sene Transporteinrichtungen und Zwischenlager zu verwenden.
V.8. Hinweis
Der Betrieb des Kraftwerkes unterliegt hinsichtlich der Emission von Treib-
hausgasen den Anforderungen des Treibhausgas- Emissionshandelsgeset-
zes (TEHG). Vor Inbetriebnahme des Blocks muss die Betreiberin im Besitz
entsprechender Berechtigungen nach dem TEHG sein.
V.9. Kühlturm
V.9.1. Der Naturzugkühlturm mit Rauchgasableitung ist so zu errichten und zu be-
treiben, dass mikrobielles Wachstum, insbesondere die Vermehrung des
Krankheitserregers Legionella pneumophila, nachhaltig vermieden wird.
Die Vermeidung der Bildung von Biofilmen im Kühlwasserleitungssystem
und den Kühlturmeinbauten ist durch regelmäßige Kontrolle und ggf. Rei-
nigung zu gewährleisten. Das Kühlwasserleitungssystem und die Kühlturm-
einbauten sind während Stillstandzeiten des Kühlturms auf Ablagerungen,
Verschmutzungen, Biofilmbildung zu untersuchen, bei Vorhandensein sind
diese vor Wiederinbetriebnahme des Kühlwassersystems und des Kühl-
turms zu beseitigen.
V.9.2. Nach Inbetriebnahme sind das Kühlwasser und die Kühlturmschwaden zu-
nächst in monatlichen Abständen für die Dauer eines halben Jahres auf den
Gehalt an Mikroorganismen untersuchen zu lassen, und zwar auf Escherichia
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 43 von 321
coli, Coliforme Keime, Keimzahl bei 36 °C, Keimzahl bei 20 °C und Legionel-
la Pneumophila.
V.9.3. Die Untersuchungsergebnisse sind dem Regierungspräsidium Darmstadt,
Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ je-
weils monatlich nach Messung und Auswertung vorzulegen.
V.9.4. Das Regierungspräsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immis-
sionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+ behält sich vor nach Vorlage der Messer-
gebnisse zu entscheiden, welche Maßnahmen, im Fall der Auftretens von
erhöhten Keimzahlen von Legionellen im Kühlwasser des Naturzugkühl-
turms, zu ergreifen sind sowie nach Abschluss des zunächst halbjährlichen
Messprogramms und der Vorlage aller Messergebnisse über weitere Mes-
sungen (benannt unter V.9.2) und die Messhäufigkeit zu entscheiden.
V.10. Lärmschutz, Erschütterungen, Licht während des Betriebes
V.10.1. Lärmimmissionen
V.10.1.1. Als Gesamtbelastung aller einwirkenden Anlagen und Betriebe sind im Ein-
wirkungsbereich des Kraftwerks Staudinger folgende Immissionswerte zu-
lässig:
Tabelle 11: Einzuhaltende Geräusch- Immissionswerte
Immissionsort Tags:
(6.00 bis
22.00
Uhr)
Nachts:
(22.00 bis
6.00 Uhr)
Hainburg-Hainstadt, im Bereich zwischen Mainuferweg,
Hauptstraße, Angergasse (IO 1.1), Hüttengasse (IO 1.2)
und Karmeliterkloster (IO 10):
55 dB(A) 40 dB(A)
Hanau-Großauheim, nordwestlich entlang der Brown-
Boveri-Straße (IO 2.0):
60 dB(A) 45 dB(A)
Großkrotzenburg, an der Westendstraße und gegenüber
der Einmündung der Westendstraße in die Hanauer
Landstraße sowie an der Straße Zum Glockenzehnten und
der Kreuzburgstraße (IO 3; IO 8; IO 9):
55 dB(A) 40 dB(A)
Großkrotzenburg, im Bereich des Gewerbegebietes an
der Hanauer Landstraße und der Raiffeisenstraße (zwi-
schen dem Kraftwerksgelände und der Raiffeisenstraße)
(IO 7):
65 dB(A) 50 dB(A)
Hainburg Klein-Krotzenburg, im Bereich der Uferstraße
(IO 6.0; IO 6 .1), Römerstraße, Kanalstraße (IO 4), Main-
uferweg und der Schleusenstraße (IO 6.2):
55 dB(A) 40 dB(A)
V.10.1.2. Die von der hiermit genehmigten Anlage (Block 6) einschließlich des der
Anlage zuzurechnenden Fahrverkehrs (anlagenbedingter Verkehr auf dem
Betriebsgelände) ausgehenden Geräuschemissionen dürfen gemeinsam als
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 44 von 321
Immission an den nachstehend aufgeführten Orten folgende Immissions-
wertanteile, ermittelt als Beurteilungspegel, nicht überschreiten:
Tabelle 12: Einzuhaltende Geräusch- Immissionen
Immissionsort tags (6.00 bis
22.00 Uhr)
nachts
(22.00 bis
6.00 Uhr)
Hainburg- Hainstadt, Angergasse 11 (IO 1.1): 40 dB(A) 33 dB(A)
Hainburg-Hainstadt, Hüttengasse 21 (IO 1.2): 38 dB(A) 32 dB(A)
Hanau-Großauheim, Brown- Boveri- Str. 19 (IO
2.0):
40 dB(A) 38 dB(A)
Großkrotzenburg, Hanauer Landstr. 71 (IO 3): 32 dB(A) 25 dB(A)
Hainburg - Klein-Krotzenburg, Kanalstr. 3 (IO 4): 30 dB(A) 24 dB(A)
Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 16
(IO 6.0):
32 dB(A) 26dB(A)
Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 1
(IO 6.1):
31 dB(A) 24 dB(A)
Hainburg OT Klein -Krotzenburg , Schleusen-
straße (IO 6.2):
30 dB(A) 24 dB(A)
V.10.1.3. IRW Anteile
Die vom gesamten Kraftwerk nach Inbetriebnahme des Blocks 6 einschließ-
lich des dem Kraftwerk zuzurechnenden Fahrverkehrs (anlagenbedingter
Verkehr auf dem Betriebsgelände) ausgehenden Geräuschemissionen dür-
fen gemeinsam als Immission an den nachstehend aufgeführten Orten fol-
gende Immissionswertanteile, ermittelt als Beurteilungspegel, nicht über-
schreiten:
Tabelle 13: Immissionsrichtwert- Anteile
Immissionsort Tags: (6.00 bis
22.00 Uhr)
Nachts:
(22.00 bis
6.00 Uhr)
Hainburg-Hainstadt, Angergasse 11 (IO 1.1): 46 dB(A) 38 dB(A)
Hainburg-Hainstadt, Hüttengasse 21 (IO 1.2): 44 dB(A) 38 dB(A)
Hanau-Großauheim, Brown-Boveri-Str. 19 (IO
2.0):
47dB(A) 40 dB(A)
Großkrotzenburg, Hanauer Landstr. 71 (IO 3): 40 dB(A) 35 dB(A)
Hainburg-Klein-Krotzenburg, Kanalstr. 3 (IO 4): 38 dB(A) 33 dB(A)
Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Uferstraße 16
(IO 6.0):
39 dB(A) 35 dB(A)
Hainburg OT Klein- Krotzenburg , Uferstraße 1
(IO 6.1):
39 dB(A) 34 dB(A)
Hainburg OT Klein-Krotzenburg, Schleusenstraße
(IO 6.2):
38 dB(A) 34 dB(A)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 45 von 321
V.10.1.4. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, z.B. Ausblasgeräusche, dürfen fol-
gende Immissionswerte nicht überschreiten:
Tabelle 14: Nicht zu überschreitende kurzfristige Geräuschspitzen
Immissionsort tags (6.00 bis
22.00 Uhr)
nachts
(22.00 bis
6.00 Uhr)
Hainburg-Hainstadt , im Bereich zwischen
Mainuferweg , Hauptstraße, Angergasse (IO
1.1), Hüttengasse (IO 1.2) und Karmeliter-
kloster (IO 10):
85 dB(A) 60 dB(A)
Hanau-Großauheim, nordwestlich entlang
der Brown-Boveri-Straße (IO 2.0):
90 dB(A) 65 dB(A)
Großkrotzenburg , an der Westendstraße
und gegenüber der Einmündung der
Westendstraße in die Hanauer Landstraße
(IO 3; IO 8; IO 9) sowie an der Straße Zum
Glockenzehnten und der Kreuzburgstraße:
85 dB(A) 60 dB(A)
Großkrotzenburg, im Bereich des Gewer-
begebietes an der Hanauer Landstraße und
der Raiffeisenstraße (zwischen dem Kraft-
werksgelände und der Raiffeisenstraße) (IO
7):
95 dB(A) 70 dB(A)
Hainburg Klein-Krotzenburg, im Bereich
der Uferstraße (IO 6.0; IO 6.1), Römerstra-
ße, Kanalstraße (IO 4), Mainuferweg und
der Schleusenstraße (IO 6.2):
85 dB(A) 60 dB(A)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 46 von 321
V.10.1.5. Tests der Sicherheitsventile der Anlage sind nur werktags in der Zeit von
7:00 bis 20:00 Uhr zulässig. Im Hinblick auf das Ansprechen der Sicherheits-
ventile in Notsituationen sind diese mit Schalldämpfern zu versehen, die si-
cherstellen, dass an den dem Kesselhaus nächstgelegenen Wohnhäusern
ein Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.
V.10.1.6. Die Ausblasöffnungen sind mit Schalldämpfern zu versehen, die sicherstel-
len, dass bei Ausblasvorgängen, die über längere Zeit stattfinden an den
dem Maschinenhaus nächstgelegenen Immissionspunkten Angergasse (IO
1.1), Hüttengasse (IO 1.2) und Karmeliterkloster (IO 10) in der ungünstigsten
Nachtstunde der dort festgesetzte Immissionswert von 40 dB(A) nicht über-
schritten wird.
V.10.1.7. Die von der Anlage ausgehenden tieffrequenten Geräusche (vorherrschen-
de Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hz) dürfen in schutzbedürf-
tigen Räumen nach DIN 4109 bei geschlossenen Fenstern bei der ermittel-
ten Differenz Lceq - LAeq den Wert von 20 dB(A) nicht überschreiten und in
keiner Oktavmittelfrequenz oberhalb der Hörschwelle liegen. Die lfd. Nr. 7.3
sowie der Anhang A.1.5 zur TA Lärm sind zu beachten.
V.10.1.8. Der gasbefeuerte Hilfskessel darf nur zur Besicherung der Fernwärmeer-
zeugung sowie bei Stillstand und beim Anfahren der übrigen Kraftwerks-
blöcke betrieben werden.
V.10.1.9. Die in der Immissionsprognose für Geräusche und Erschütterungen der
Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29 Rev. 01) zugrunde ge-
legten Ausgangswerte (wie z.B. A- bewertete Schallleistungspegel) sind ein-
zuhalten. Um den Stand der Technik bei der Schalldämmung aller relevan-
ten Schallquellen zu gewährleisten und die Umsetzung der sich aus dem
Schalltechnischen Gutachten ergebenden Schallschutzmaßnahmen sicher-
zustellen, müssen im Rahmen der technischen Detailplanung die Festle-
gung und Dimensionierung der Geräuschminderungsmaßnahmen, sowie
deren Realisierung von einem Sachverständigen für Schallschutz begleitet
und überwacht werden.
V.10.1.10. In diesem Zusammenhang sind die Abschnitte 9 und 10 der Immissions-
prognose zu beachten.
V.10.1.11. Die in der Immissionsprognose für Geräusche und Erschütterungen der
Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29 Rev. 01) angegebe-
nen bewerteten Bau- Schalldämmmaße müssen im eingebauten funktions-
tüchtigen Zustand am Bau eingehalten werden. Da ein bei der Eignungsprü-
fung im Laborprüfstand ermitteltes Schalldämm-Maß am Bau meist nicht er-
reicht wird, muss das bewertete Schalldämm-Maß des Bauteils mindestens
2 dB über dem in der o.a. Prognose geforderten Wert liegen. Das bewerte-
te Schalldämm-Maß von Türen und Toren muss mindestens 5 dB über dem
in der o.a. Prognose geforderten Wert liegen. Zum Nachweis über die Ein-
haltung der bewerteten Schalldämm-Maße der Fassaden- und Dachkon-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 47 von 321
struktionen sowie für Tore, Türen und Fenster sind Prüfzeugnisse durch Her-
steller/Lieferanten vorzulegen.
V.10.1.12. Ins Freie führende Türen, Tore und Fenster (auch Oberlichter) der Betriebs-
gebäude, in denen lärmintensiver Betrieb vorherrscht (z.B. Maschinenhaus),
sind bei Betrieb geschlossen zu halten. Das Anlagenpersonal ist entspre-
chend anzuweisen.
V.10.1.13. In allen Bereichen, in denen Leitungen und Kanäle (Dampfleitungen, Roh-
gaskanal etc.) durch die Fassade geführt werden, sind die Öffnungen schall-
technisch abzudichten.
V.10.1.14. Konsolen und Fundamente für Ventilatoren, Pumpen und Motoren sind
entdröhnt und isoliert auszuführen, oder mit schwingungsdämpfendem Be-
ton auszufüllen.
V.10.1.15. In allen Gebäudeteilen ist eine Schwingungsübertragung auf die Fassaden
zu vermeiden. Rohrleitungen, Lüftungskanäle und ähnliches sind ggf. elas-
tisch an der Fassade und an Stahlgerüsten anzubringen.
V.10.1.16. Zur Nachtzeit (22.00 – 6.00 Uhr) und an Sonn- und Feiertagen ist der anla-
gebedingte Verkehr von LKW, Zügen und Schiffen, sowie die Be- und Entla-
dung dieser Verkehrsträger unzulässig. Abweichend davon sind ausnahms-
weise maximal vier Schiffsbewegungen auf dem Kanal innerhalb einer Nacht
zulässig, wenn dies aufgrund der Entladezeiten nicht anders möglich ist. Be-
und Entladevorgänge von Schiffen zur Nachtzeit sind jedoch unzulässig.
V.10.1.17. Zur Feststellung, ob die zulässigen Immissionswerte / Immissionswertanteile
im Einwirkungsbereich der Anlage eingehalten werden, gelten die Vor-
schriften der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom
26. August1998 (veröffentlicht im Gemeinsamen Ministerialblatt, GMBI. S.
503).
V.10.1.18. Der Betrieb der Kohleförderbänder zur Nachtzeit ist unzulässig.
V.10.2. Erschütterungsimmissionen
V.10.2.1. Maßgebendes Regelwerk für Erschütterungseinwirkungen sind die „Hinwei-
se zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungs- Immis-
sionen", die als Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom
10. Mai 2000 herausgegeben worden sind. Veröffentlicht von der Bund
/Länder Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz im Internet unter
http://lai.server.de/servlet/is/7147.
V.10.2.2. Die vom Betrieb der Anlage ausgehenden Erschütterungen dürfen die im
Regelwerk: „Hinweise zur Messung+ Beurteilung und Verminderung von Er-
schütterungs- Immissionen" genannten gebietsbezogenen Immissionswerte
für Einwirkungen auf Gebäude und für Einwirkungen auf Menschen in Ge-
bäuden nicht überschreiten (s. Anlage „Tabelle 1: Immissionswerte zur Beur-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 48 von 321
teilung von Erschütterungseinwirkungen auf Gebäude in mm/s“). Es gelten
für Einwirkungen auf Gebäude:
bei gewerblich genutzten Gebäuden die Immissionswerte nach Tabel-
le 1, Zeile 1 dieser Hinweise (= Immissionswerte für gewerblich ge-
nutzte Gebäude) und
bei Wohngebäuden die Immissionswerte nach Tabelle 1, Zeile 2 die-
ser Hinweise (= Immissionswerte für Wohngebäude).
Es gelten für Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden:
bei Einwirkungsorten innerhalb von Gewerbegebieten die Immissi-
onswerte nach Tabelle 2, Zeile 2 dieser Hinweise,
bei Einwirkorten innerhalb von Mischgebieten die Immissionswerte
nach Tabelle 2, Zeile 3 dieser Hinweise,
bei Einwirkorten in reinen und allgemeinen Wohngebieten die Immis-
sionswerte nach Tabelle 2, Zeile 4 dieser Hinweise.
V.10.2.3. Zur Vermeidung von Erschütterungen sind Aggregate und Anlagen körper-
schall entkoppelt bzw. schwingungstechnisch isoliert aufzustellen. Dazu wird
auch auf die lfd. Nrn. 9.5.1 und 14.2 der Immissionsprognose für Geräusche
und Erschütterungen der Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985
/29 Rev. 01) verwiesen; dies betrifft auch die Abstrahlung von Luftschall.
V.10.3. Lichtimmissionen
V.10.3.1. Bei der Anlagenbeleuchtung sind folgende Anforderungen zu erfüllen:
ausschließliche Verwendung nach unten abstrahlender Leuchten, ide-
alerweise mit planem Schutzglas,
Aufneigungswinkel gegenüber der Horizontalen maximal 10 %. Soweit
aus technischen Gründen Strahler mit größeren Aufneigungen einge-
setzt werden müssen (z.B. an Übergabestellen) ist der Strahler so aus-
zurichten, dass ein direkter Blickkontakt aus der Perspektive der
Wohnbebauung in die Reflektorfläche vermieden wird,
keine unnötig großen Lichtpunkthöhen, stattdessen dezentrale Aus-
leuchtung mit einer größeren Anzahl Leuchten,
Einsatz von insektenfreundlichen Natrium-Dampflampen bzw. LED-
Leuchten wo es möglich ist.
V.10.3.2. Folgende Immissionswerte für die mittlere Beleuchtungsstärke EF in der
Fensterebene von Wohnungen dürfen in der Nachbarschaft der Anlage, in
Abhängigkeit von der Gebietsart nicht überschritten werden:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 49 von 321
Tabelle 15: Einzuhaltende Immissionswerte für die mittlere Beleuchtungsstärke
Einwirkungsort
Gebietsart nach Baunutzungsverordnung
Mittlere Beleuchtungsstärke EF in
lux
6.00 – 22.00
Uhr
22.00 – 6.00
Uhr
Kurgebiete, Krankenhäuser, Pflegeanstalten 1 1
Reine, allgemeine und besondere Wohnge-
biete, Kleinsiedlungsgebiete, Erholungsgebie-
te
3 1
Dorfgebiete, Mischgebiete 5 1
Kerngebiete, Gewerbegebiete, Industriege-
biete
15 5
V.10.3.3. Für die Messung und Beurteilung der Lichtimmissionen sind die „ Hinweise
zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen ", die als Beschluss des
Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000 herausgegeben
worden sind, zu beachten (veröffentlicht von der Bund /Länder Arbeitsge-
meinschaft für Immissionsschutz im Internet unter
http://lai.server.de/servlet/is/7147).
V.11. Messungen während des Betriebs
V.11.1. Spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme von Block 6 sind Geräusch-
immissionsmessungen auf Kosten der Betreiberin von einer vom Hessischen
Landesamt für Umwelt und Geologie nach § 26 BlmSchG bekannt gemach-
ten Messstelle durchführen zu lassen. Bei der Ermittlung der Geräuschim-
missionen sind die Vorschriften A.1 und A.3 des Anhangs der TA Lärm zu
beachten.
V.11.1.1. Die Immissionsmessungen (Schallimmissionen) sind an folgenden maßgeb-
lichen Immissionsorten durchzuführen:
am Gebäude Angergasse 11, Hainburg-Hainstadt (Immissionsort IO
1.1),
am Gebäude Brown-Boveri-Str. 19, Hanau-Großauheim ( Immissions-
ort IO 2.0),
am Gebäude Hanauer Landstraße 71, Großkrotzenburg (Immissionsort
IO 3) und
am Karmeliterkloster in Hainburg-Hainstadt (Immissionsort IO 10).
Die Messstelle hat den Messumfang und die Messorte mit dem Regierungs-
präsidium Darmstadt+ Abteilung IV/F+ Dezernat 43.1 „Immissionsschutz-
Energie+ Lärmschutz“ abzustimmen. Über die Immissionsmessungen ist von
der Messstelle ein Messbericht erstellen zu lassen.
V.11.1.2. Die in diesem Bescheid genannte Anlagenkapazität ist mit allen ihren mög-
lichen Auswirkungen bei der Messung zu berücksichtigen. Die gesamte Be-
triebsweise ist konkret im Messbericht darzustellen. Der Messbericht muss
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 50 von 321
den Maßgaben unter Nr. A.3.5 des Anhangs zur TA Lärm entsprechen und
die für die Beurteilung der Messergebnisse erforderlichen sonstigen Rand-
bedingungen (z.B. Zustand von Schallschutzeinrichtungen, Auslastung der
Anlage während der Messungen) enthalten.
V.11.1.3. Die Messstelle ist zu verpflichten, den Messbericht spätestens 2 Monate
nach erfolgter Messung der nach § 52 BImSchG zuständigen Überwa-
chungsbehörde (Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat
43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“) in zweifacher Ausfertigung zu
übersenden.
V.11.1.4. Es ist nicht zulässig, die Stelle mit Messungen zu beauftragen, welche die
Lärmprognose im Genehmigungsverfahren erstellt hat.
V.11.1.5. Sind Immissionsmessungen nicht machbar, ist nach Ziffer A.3.4 der TA-Lärm
zu verfahren.
V.11.1.6. Für den Fall, dass entgegen den Ausführungen und Angaben im Genehmi-
gungsantrag, insbesondere in der Immissionsprognose für Geräusche und
Erschütterungen der Müller-BBM GmbH vom 12. Mai 2009 Nr. M65 985/29
Rev. 01) Erschütterungen auftreten sollten, sind Erschütterungsmessungen
von der Betreiberin durchzuführen.
V.12. Arbeitsschutz während des Betriebs
V.12.1. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat Schnitt-
stellen, die sich aus den Teilkonformitätsverfahren ergeben, zu bewerten.
Wechselwirkungen, die den sicheren Betrieb beeinflussen, sind dabei zu
berücksichtigen. Notwendige Maßnahmen sind in Abstimmung mit einem
Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle zu treffen und zu
dokumentieren.
V.12.2. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 Betriebssicherheits-
verordnung (BetrSichV) ist einem Sachverständigen einer zugelassenen
Überwachungsstelle bei Umschaltung auf die einsträngige Fahrweise nach-
zuweisen, dass dies zu keinen Druckschwankungen führt, die die Feuerung
beeinträchtigen.
V.12.3. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem
Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle nachzuweisen,
dass alle Sammler so entwässert sind, dass eine Reparaturschweißung mög-
lich ist.
V.12.4. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem
Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle nachzuweisen,
dass bei der Auslegung der drucktragenden Wandung des Mühlvorwär-
mers eine entsprechende Abrasion durch die Rauchgase berücksichtigt
worden ist.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 51 von 321
V.12.5. Vor Beginn der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV sind
alle Konformitätsbewertungsverfahren abzuschließen. Die Ergebnisdoku-
mentation ist einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungs-
stelle zur Bewertung vorzulegen. Dabei sind die geeigneten Unterlagen zur
Überprüfung der vom Betreiber ermittelten Prüffristen für
Auslegung und Konstruktion einschließlich Auslegungsberechnungen,
Werkstoffe, deren Eignungsnachweise und durchgeführte Werkstoff-
prüfungen und
Qualität der Fertigung einschließlich der begleitenden Prüfungen der
Dampfkesselanlage und der Anlagenteile
vorzulegen.
V.12.6. Von einem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle ist zu
prüfen, das Grenzwerte plausibel sind und nur in der Schutzeinrichtung ge-
bildet werden und eine Sicherheitsplanung nach Kapitel 3.2 des Sicher-
heitshandbuches der Schutzeinrichtung durchgeführt wurde.
V.12.7. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat bei der
Prüfung nach § 14 Abs. 1 BetrSichV die Sicherheitsstromkreise auf solche
Fehlermöglichkeiten, die sich aus der Funktionsprüfung nicht feststellen las-
sen, zu prüfen (u.a. Absicherung, Prüfung der richtigen Verdrahtung der
Wächter und Begrenzer, Sichtprüfung der ordnungsgemäßen Leitungsver-
legung und Verdrahtung, ob die Betriebsbedingungen mit den Annahmen
bei der Auslegung übereinstimmen). Hierbei ist bei der Komplexität des
Schutzsystems eine Prüfung der Schutzeinrichtung auf einem Prüfstand er-
forderlich.
V.12.8. Die Lage der Gasspürköpfe im Bereich der Ammoniakdosierung ist mit ei-
nem Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle einver-
nehmlich festzulegen.
V.12.9. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist einem
Sachverständigen einer zugelassenen Überwachungsstelle der ausreichen-
de Inertisierungsgrad über alle Betriebszustände und alle Mühlen ein-
schließlich des Schwarzfalls nachzuweisen.
V.12.10. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV ist das Ex-
plosionsschutzdokument durch mitgeltende Dokumente wie Gerätelisten,
Betriebsanweisungen für Wartung und Instandhaltung, Konformitätserklä-
rungen und Bedienungs-/Wartungsanleitungen der Hersteller zu ergänzen.
V.12.11. Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme nach § 14 Abs. 1 BetrSichV durch eine
zugelassenen Überwachungsstelle sind
das Explosionsschutzdokument der Dampfkesselanlage gemäß An-
hang 4 A, Ziffer 3.8 BetrSichV unter Berücksichtigung der örtlichen
Gegebenheiten,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 52 von 321
die Umsetzung der erforderlichen Explosionsschutzmaßnahmen und
Vorkehrungen für den ordnungsgemäßen Betrieb und vorhersehba-
ren Störungen und
die erforderlichen Eignungsnachweise von Geräten und Schutzsyste-
men im Sinne der Richtlinie 94/9/EG sowie die erforderlichen Prüf-
nachweise von befähigte Personen
durch eine befähigte Person mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet
des Explosionsschutzes zu prüfen.
V.12.12. Ein Sachverständiger einer zugelassenen Überwachungsstelle hat die Auf-
zeichnungen der befähigten Personen im Rahmen der Ordnungsprüfung
auf Plausibilität zu prüfen.
V.13. Brandschutz während des Betriebs
V.13.1. Eine Werkfeuerwehr gemäß § 14 HBKG ist in angemessener Stärke erfor-
derlich. Die Werkfeuerwehr muss angemessen ausgerüstet, aufgestellt und
ausgebildet sein. Die Stärke, Ausrüstung und Festlegungen über die erfor-
derlichen Qualifikationen werden im Werkfeuerwehrbescheid des Regie-
rungspräsidiums Darmstadt, Abteilung I, Dezernat 18 „Gefahrenabwehr und
Ordnungsrecht“, festgelegt.
V.13.2. Die Werkfeuerwehr muss geeignete Löschmittel in ausreichender Menge für
die vorhandenen Gefahren vorhalten.
V.13.3. Die im Brandschutzkonzept angesprochenen Zu- und Durchfahrten sowie
Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr sind in Bezug auf die Be-
lastbarkeit an die größte Masse der bei der Werkfeuerwehr vorhandenen
Fahrzeuge anzupassen.
V.14. Nebenbestimmungen und Hinweise zum anlagenbezogenen Gewässer-
schutz während des Betriebs:
V.14.1. Im Keller des Maschinenhauses sowie des Kesselhauses wird das auf der
Bodenplatte anfallende Schmutzwasser oder ggf. Löschwasser in einem
Pumpensumpf zusammengeführt. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die
Pumpen der Hebeanlage des Maschinen- bzw. Kesselhauses im Bedarfsfall
von der Warte und von geeigneter Stelle außerhalb der Gebäude des Ma-
schinen- bzw. Kesselhauses abgeschaltet werden können.
V.14.2. An den Zugängen der Vorräume der Treppentürme UMT und UHT sind auf
der jeweiligen Kellerebene und der 0m – Ebene mobile Löschwasserbarrie-
ren vorzusehen. An den Türen und Toren der 0m – Ebene des Kessel- und
Maschinenhauses sind mobile Löschwasserbarrieren vorzuhalten.
Für alle Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, die nach
Nr. 9.4 des Anhangs 1 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit was-
sergefährdenden Stoffen (VAwS) eine Löschwasserrückhaltung bedürfen, ist
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 53 von 321
eine ausreichende Rückhaltung des im Brandfall anfallenden Löschwassers
vor Ort vorzusehen. Entsprechende Nachweise sind in den Anzeige- und Zu-
lassungsverfahren für die Anlagen zu führen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 54 von 321
V.14.3. Hinweise
V.14.3.1. Die Anlagen zum Abfüllen von Ammoniakwasserlösung im Bereich ULD und
zum Lagern von Gipssuspension (REA), Slopöl (UHA) und Ammoniakwasser-
lösung (ULD) benötigen grundsätzlich eine Eignungsfeststellung, es sei
denn, es kann nachgewiesen werden, dass es sich um Anlagen einfacher
oder herkömmlicher Art handelt. Der entsprechende Antrag bzw. der
Nachweis ist im Rahmen einer späteren Teilgenehmigung nach BImSchG
vorzulegen.
V.14.3.2. Die Anlagen zum Abfüllen sowie zum Lagern von 96 %iger Schwefelsäure
(UGJ) ist unter der Berücksichtigung der Wassergefährdungsklasse 1 nach
VwVwS und des angegebenen Volumens der Gefährdungsstufe A zuzuord-
nen. Diese Anlagen unterliegen somit der Eigenverantwortung des Betrei-
bers und sind anzeigefrei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 VAwS.
V.14.3.3. Hinsichtlich der Lagerung des Slopöls ist bei Überschreitung der Lager-
mengenschwellen der Löschwasserrückhalterichtlinie das erforderliche
Löschwasser – Rückhaltevolumen für den Slopöllagerraum zu bemessen.
V.14.3.4. Maßgeblich für die Anforderungen an die in den Main einzuleitenden Ab-
wässer des Blocks sind die Anhänge 31 (Kühlwasser/ Dampferzeugung) und
47 (Rauchgasreinigung) der Abwasserverordnung sowie die Regelungen
der Hessischen Fischgewässerverordnung und der Wasserrahmenrichtlinie.
Hierbei sind neben den zitierten Abschnitten in Kapitel 3 der Antragsunter-
lagen auch die allgemeinen Anforderungen der Abwasserverordnung sowie
der Anhänge heranzuziehen.
V.14.3.5. Ein Vorlastabzug, wie in Kapitel 10 beschrieben, ist nur für Kühlwasser, wel-
ches unter den Anhang 31 der Abwasserverordnung fällt, möglich. Rege-
lungen hierzu werden in einem eigenständigen wasserrechtlichen Erlaub-
nisverfahren getroffen.
V.14.3.6. Mit der Richtlinie 2008/105/EG Des Europäischen Parlamentes und des Ra-
tes vom 16. Dezember 2008 über Qualitätsnormen im Bereich Wasserpolitik
ist eine Verschärfung der Norm für Quecksilber erfolgt. Es ist nicht auszu-
schließen, dass weitergehende Maßnahmen zur Minderung der Quecksil-
berfrachten aus Abwassereinleitungen erforderlich werden.
V.14.3.7. Darüber hinaus ist es Ziel der Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie
2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober
2000) die Emissionen von prioritär gefährlichen Stoffen wie Quecksilber bis
2028 einzustellen (sog. Phasing- Out- Verpflichtung). Dies erfordert ggf. die
Befristung oder den Widerruf der Einleiterlaubnis bis Ende des Jahres 2028.
V.15. Bodenschutz
Gemäß Zusage der Antragstellerin laut Wortprotokoll zum Erörterungster-
min am 19. November 2009 (S. 68) ist in der Betriebsphase des Blocks 6 alle
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 55 von 321
fünf Jahre ein Bodenmonitoring durchzuführen. Ein entsprechendes Moni-
toringkonzept ist dem Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, De-
zernat 41.1 „Grundwasser+ Bodenschutz Ost“ spätestens 3 Monate vor der
ersten Probenahme zur Zustimmung vorzulegen.
V.16. Abfallrechtliche Nebenbestimmungen
V.16.1. Der Abfall AV 1, Rechengut, Block 6 wird dem Abfallschlüssel 190801 Sieb-
und Rechenrückstände nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) zuge-
ordnet.
V.16.2. Der Abfall AV 4, Grobasche, Block 6 wird dem Abfallschlüssel 100101 Rost-
und Kesselasche, Schlacken und Kesselstaub mit Ausnahme von Kessel-
staub, der unter 100104 fällt nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV)
zugeordnet.
V.16.3. Der Abfall AV 25, Sonstige Abfälle (einschließlich Putzlappen und Revisions-
abfälle), Block 6 ist nach Inbetriebnahme der Anlage und bei erstmaligem
Anfall der einzelnen der unter AV 25 subsumierten Abfälle dem Regie-
rungspräsidium Darmstadt, Abteilung IV/F, Dezernat 42.1 „Abfallwirtschaft
Ost“ mitzuteilen.
V.16.4. Die aufgeführten Abfallschlüssel sind im abfallrechtlichen Nachweisverfah-
ren anzuwenden. Änderungen der Abfallschlüssel können nur in begründe-
ten Einzelfällen und mit schriftlicher Zustimmung der zuständigen Abfallbe-
hörde erfolgen. Diese Zustimmung muss vor Beginn der Entsorgung erteilt
werden.
V.16.5. Fallen beim Betrieb der Anlage, bei Reinigungs- und Wartungsarbeiten
oder bei Betriebsstilllegung nachweispflichtige Abfälle an, die noch nicht im
Rahmen der Genehmigung beurteilt wurden, sind diese der zuständigen
Abfallbehörde anzuzeigen.
V.17. Hinweis zum Fischereirecht
Im Vorgriff auf die Beantragung der das Kühlwasserentnahmebauwerk be-
inhaltenden Teilgenehmigung ist das Regierungspräsidium Darmstadt, Ab-
teilung V, Dezernat 51.1 „Landwirtschaft+ Landschaftspflege+ Fischerei“ zur
Abstimmung in die Konzeption und Planung der Fischschutzanlagenteile
mit einzubeziehen.
V.18. Luftfahrtrechtliche Nebenbestimmungen
Es ist eine Nachtkennzeichnung gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvor-
schrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV; NfL I – 143/07
vom 24. Mai 2007) anzubringen und eine Veröffentlichung als Luftfahrthin-
dernis zu veranlassen. Einzelheiten dazu sind mit dem Regierungspräsidium
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 56 von 321
Darmstadt+ Abteilung III+ Dezernat 33.3 „Luftverkehr+ Güterkraftverkehr“ ab-
zustimmen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 57 von 321
VI Sachverhalt / Inhaltsverzeichnis
VI.1. Beschreibung des Vorhabens 61
VI.1.1. Standort und verkehrliche Anbindung 61
VI.1.2. Antragsgegenstand 61
VI.1.3. Überblick über das Anlagenkonzept und die Anlagentechnik 62
VI.2. Verlauf des Genehmigungsverfahrens 63
VI.2.1. Raumordnungsverfahren 63
VI.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung 64
VI.2.3. Öffentliche Bekanntmachung, Auslegung 65
VI.2.4. Erörterungstermin 67
VI.2.5. Beteiligung der Fachbehörden 67
VI.3. Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen 69
VI.3.1. Flächeninanspruchnahme 69
VI.3.2. Betriebsbedingte Wirkungen über den Luftpfad 70
VI.3.2.1. Gas- und partikelförmige Emissionen (Luftschadstoffe) 70
VI.3.2.1.1. Haupt-Emissionsquelle: 70
VI.3.2.1.2. Hilfsdampferzeugeranlage 72
VI.3.2.1.3. Abluft Siloanlagen 73
VI.3.2.1.4. LKW-Verkehr / Schienen- und Schiffstransporte 73
VI.3.2.2. Schallemissionen 74
VI.3.2.3. Emissionen von Abwärme und Wasserdampf über den neuen Kühlturm 76
VI.3.2.4. Emissionen von Kohlendioxid und anderer klimarelevanter Gase 76
VI.3.2.5. Emissionen von elektromagnetischen Feldern 76
VI.3.2.6. Ionisierende Strahlung 77
VI.3.2.7. Lichtemissionen 77
VI.3.2.8. Erschütterungen 80
VI.3.3. Betriebsbedingte Wirkungen über den Wasserpfad 80
VI.3.3.1. Roh- / Kühlwasserentnahme 80
VI.3.3.2. Abwärme an den Vorflutern (Main) 80
VI.3.3.3. Abwasser 81
VI.3.3.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen 81
VI.3.3.5. Kraftwerksnebenprodukte und sonstige Abfälle 82
VI.3.3.6. Wirkfaktoren bei der Errichtung der Anlage (Bauphase) 82
VI.3.3.7. Wirkfaktoren bei Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb 83
VI.3.4. Schutzgutbezogene Darstellung des Ist- Zustandes und voraussichtliche
Veränderung infolge des geplanten Vorhabens 83
VI.3.4.1. Schutzgut Luft 83
VI.3.4.1.1. Vorbelastung 83
VI.3.4.1.1.1. Methodik 83
VI.3.4.1.1.2. Ergebnisse der Vorbelastungsmessung – Kurzzeitwerte 86
VI.3.4.1.1.2.1. Stickstoffdioxid 86
VI.3.4.1.1.2.2. Schwebstaub PM10 87
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 58 von 321
VI.3.4.1.2. Zusatzbelastung (Voraussichtliche Veränderung infolge des geplanten
Vorhabens) 87
VI.3.4.1.2.1. Ausbreitungsrechnung (mit Eingabedaten) zur Ermittlung des
Immissionsbeitrages des Blocks 6 87
VI.3.4.1.2.2. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Jahreswerte 90
VI.3.4.1.3. Gesamtbelastung (Jahreswerte) aus der Vorbelastung und dem
Immissionsbeitrag des Blocks 6 93
VI.3.4.1.4. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Kurzzeitwerte 96
VI.3.4.1.5. Ermittlung der Gesamtbelastung (Kurzzeitwerte) aus der
Vorbelastung und dem Immissionsbeitrag des Blocks 6 97
VI.3.4.1.5.1. Schwebstaub 97
VI.3.4.1.5.2. NO2 und SO2 98
VI.3.4.1.6. Anfahren der Anlage 98
VI.3.4.1.7. Abschätzung der Immissionsbelastung bei Ausfall der
Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungsanlage 98
VI.3.4.1.8. Verkehrsbedingte Luftschadstoffemissionen 99
VI.3.4.2. Schutzgut Klima 99
VI.3.4.2.1. Ist- Zustand 97
VI.3.4.2.1.1. Klimatische Situation und klimaökologische Funktionen im
Bereich / Umfeld des Standortes 99
VI.3.4.2.1.2. Wind- / Ausbreitungsverhältnisse 100
VI.3.4.2.2. Voraussichtliche Auswirkungen des Vorhabens 101
VI.3.4.2.2.1. Auswirkungen durch die Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von
Bauwerken 101
VI.3.4.2.2.2. Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms 103
VI.3.4.2.2.2.1. Sonnenscheindauer und Globalstrahlung 103
VI.3.4.2.2.2.2. Luftfeuchte 104
VI.3.4.2.2.2.3. Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“ 105
VI.3.4.2.2.2.4. Auswirkungen durch CO2- Emissionen 106
VI.3.4.3. Schutzgut Mensch 106
VI.3.4.3.1. Lufthygiene 106
VI.3.4.3.1.1. Ausgangssituation / Ist- Zustand 106
VI.3.4.3.1.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 106
VI.3.4.3.1.2.1. Luftschadstoffimmissionen 106
VI.3.4.3.1.2.2. Umweltmedizinische – humantoxikologische Bewertung 107
VI.3.4.3.1.2.3. Mikrobiologisch-hygienische Bewertung der Kühlturmemissionen 108
VI.3.4.3.2. Schallimmissionen 109
VI.3.4.3.2.1. Ist- Zustand 107
VI.3.4.3.2.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 110
VI.3.4.3.2.2.1. Bestimmungsgemäßer Anlagenbetrieb 110
VI.3.4.3.2.2.2. Vergleich der kraftwerksbedingten Schall- Immissionsbeiträge
im bisherigen und zukünftigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb 112
VI.3.4.3.2.2.3. Sonderbetriebszustände 112
VI.3.4.3.2.2.4. Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrswegen 113
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 59 von 321
VI.3.4.3.2.2.5. Bauphase 113
VI.3.4.3.3. Sonstige Immissionen 113
VI.3.4.3.3.1. Elektromagnetische Felder 113
VI.3.4.3.3.2. Ionisierende Strahlung 114
VI.3.4.3.3.3. Lichtimmissionen 114
VI.3.4.3.3.4. Erschütterungen 115
VI.3.4.3.4. Verschattung durch Schwaden der Kühltürme und durch Bauwerke 115
VI.3.4.3.4.1. Ist- Zustand 112
VI.3.4.3.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 116
VI.3.4.3.5. Anthropogene Nutzungsfunktionen (z.B. Erholungsfunktion) 118
VI.3.4.3.5.1. Ist- Zustand 118
VI.3.4.3.5.1.1. Kraftwerkstandort und Nahbereich 118
VI.3.4.3.5.1.2. Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) 119
VI.3.4.3.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen des Vorhabens 120
VI.3.4.4. Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt 120
VI.3.4.4.1. Ist- Zustand 120
VI.3.4.4.1.1. Anlagenstandort 120
VI.3.4.4.1.1.1. Biotop- und Nutzungstypen 120
VI.3.4.4.1.1.2. Fauna 121
VI.3.4.4.1.2. Weiterer Untersuchungsraum 122
VI.3.4.4.1.2.1. Flora und Fauna im Main 123
VI.3.4.4.1.2.2. Biologische Vielfalt 126
VI.3.4.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 126
VI.3.4.4.2.1. Flächeninanspruchnahme und Biotopverlust 126
VI.3.4.4.2.2. Auswirkungen auf die Fauna 127
VI.3.4.4.2.2.1. Vögel 127
VI.3.4.4.2.2.2. Fledermäuse 128
VI.3.4.4.2.2.3. Reptilien und Amphibien 128
VI.3.4.4.2.2.4. Insekten – Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken 128
VI.3.4.4.2.3. Immissionen von Luftschadstoffen – Konzentration 128
VI.3.4.4.2.4. Immissionen von Luftschadstoffen – Schwefeldeposition 129
VI.3.4.4.2.5. Immissionen von Luftschadstoffen – Gesamt-Stickstoffdeposition 130
VI.3.4.4.2.6. Immissionen von Schall 131
VI.3.4.4.2.7. Immissionen von Licht 131
VI.3.4.4.2.8. Individuenverluste durch Wasserentnahme 131
VI.3.4.4.2.9. Ökologische Auswirkungen der stofflichen und thermischen
Gewässerbeeinflussung durch die Kühlturmabflut und anderesAbwasser132
VI.3.4.5. Schutzgut Boden 132
VI.3.4.5.1. Ist- Zustand 132
VI.3.4.5.1.1. Anlagenstandort 132
VI.3.4.5.1.2. Bodenformen im Untersuchungsraum 132
VI.3.4.5.1.3. Vorbelastungssituation 133
VI.3.4.5.1.3.1. Ackerflächen 133
VI.3.4.5.1.3.2. Grünland 134
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 60 von 321
VI.3.4.5.1.3.3. Waldflächen 134
VI.3.4.5.1.4. Bodenfunktionen 134
VI.3.4.5.1.5. Altstandorte / Altablagerungen 134
VI.3.4.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 135
VI.3.4.5.2.1. Flächeninanspruchnahme 135
VI.3.4.5.2.2. Deposition / Eintrag luftgetragener Schadstoffe 135
VI.3.4.6. Wasser – Oberflächenwasser 136
VI.3.4.6.1. Ist- Zustand 136
VI.3.4.6.1.1. Main 136
VI.3.4.6.1.1.1. Hydromorphologie und Wasserhaushalt 137
VI.3.4.6.1.1.2. Chemische- physikalische Gewässerqualität 137
VI.3.4.6.1.1.3. Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne
(3D- Modellierung) 138
VI.3.4.6.1.1.4. Sedimentbeschaffenheit (chemische Parameter) 138
VI.3.4.6.1.2. Sonstige Gewässer 139
VI.3.4.6.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 139
VI.3.4.6.2.1. Veränderung der Abflussverhältnisse 139
VI.3.4.6.2.2. Veränderung der chemischen- physikalischen und biologischen
Zusammensetzung des Mains durch die Abwasser- und
Kühlwassereinleitung 140
VI.3.4.6.2.2.1. Wassertemperatur 140
VI.3.4.6.2.2.2. Chemisch- physikalische Parameter 140
VI.3.4.6.2.2.3. Veränderung der Strukturgüte 141
VI.3.4.6.2.2.4. Diffuse Belastungen durch Luftschadstoffe 141
VI.3.4.6.2.2.5. Baubedingte Auswirkungen 142
VI.3.4.7. Schutzgut Wasser – Grundwasser 142
VI.3.4.7.1. Ist- Zustand 142
VI.3.4.7.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 143
VI.3.4.7.2.1. Einträge von Luftschadstoffen 143
VI.3.4.7.2.2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen 143
VI.3.4.7.2.3. Veränderung der Grundwasserneubildungsrate durch
Flächenversiegelung 144
VI.3.4.7.2.4. Baubedingte Auswirkungen 144
VI.3.4.8. Landschaft 144
VI.3.4.8.1. Ist- Zustand 144
VI.3.4.8.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 145
VI.3.4.9. Kultur- und sonstige Sachgüter 146
VI.3.4.9.1. Ist- Zustand 143
VI.3.4.9.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen 146
VI.3.4.10. Wechselwirkungen 146
VI.3.4.10.1. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern 146
VI.3.4.10.2. Wechselwirkungen aufgrund von Schutzmaßnahmen 147
VI.3.4.10.3. Wechselwirkungen zwischen Stoffgruppen 147
VI.3.4.10.4. Kumulierende Wirkungen mit anderen Vorhaben 148
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 61 von 321
VI.1. Beschreibung des Vorhabens
VI.1.1. Standort und verkehrliche Anbindung
Der ca. 99 ha große Gesamt-Kraftwerkstandort befindet sich überwiegend
auf der Gemarkung der Gemeinde Großkrotzenburg, unmittelbar östlich
des Mains auf Höhe der Main-km 61,2 – 62,2 (Zählung flussaufwärts). Zu ei-
nem kleinen Teil befindet sich das Betriebsgelände in der Gemarkung
Groß-Auheim der Stadt Hanau.
Die mit den Kraftwerksanlagen bestückten Teile des GesamtKraftwerk-
standortes sind als „Fläche für Ver- und Entsorgung“ im Flächen-
nutzungsplan der Gemeinde Großkrotzenburg (2007) ausgewiesen. Ein Be-
bauungsplan liegt nicht vor.
Die neuen Anlagen des Blocks 6 werden überwiegend auf Flächenberei-
chen errichtet, auf denen sich das bisherige Kohlefreilager befand. Der Ab-
stand zu den nächstgelegenen Wohnbauflächen beträgt ca. 500m (Wohn-
bauflächen im Norden/ Hanau). Weitere Wohnbauflächen befinden sich öst-
lich des Kraftwerkstandortes (Großkrotzenburg, ca. 1.550m) sowie jenseits
des Mains (Hainburg und Hanau/ Klein-Auheim, > 1.275m). Die Entfernun-
gen stehen jeweils in Bezug zur Mitte des Kühlturms von Block 6. Die östlich
des Gesamt-Kraftwerkstandortes bzw. nordöstlich des Baufeldes für Bocks 6
vorhandene Einzelbebauung (Aussiedlerhof) wurde zwischenzeitlich von
der Antragstellerin erworben. Die dauerhafte Nutzung des Anwesens zum
Zwecke des Wohnens und Gewerbes wird in geeigneter Weise ausge-
schlossen.
Der Gesamt- Kraftwerkstandort befindet sich an der L 3309 und verfügt über
einen Bahnanschluss sowie einen Mainhafen.
Die prägnantesten neuen Bauwerke sind der Kühlturm mit einer Höhe von
180m und einem Beckendurchmesser von 120m an der Basis bzw. 71m an
der Mündung sowie das ca. 127m hohe Kesselhaus mit einer Grundfläche
von ca. 50m x 57m. Im Bestand wird die Kraftwerksanlage durch die 128m
und 141,5m hohen Kühltürme der Blöcke 4 und 5 sowie die 195m bis 250m
hohen Kamine der Blöcke 1 bis 4 geprägt. Die maximalen Gründungstiefen
der neuen Bauwerke des Blocks 6 reichen bis -8,60m (Maschinenhaus) unter
0,00m = 106,00m über Normal Null.
VI.1.2. Antragsgegenstand
Die Antragstellerin hat am 22. Mai 2008 in der Fassung vom 5. Juni 2009 mit
letzten Ergänzungen vom 15. Dezember 2010 einen Antrag auf Erteilung ei-
ner 1. immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigung zur Errichtung eines
steinkohlebefeuerten Kraftwerksblocks (Block 6) mit einer Feuerungswärme-
leistung von 2.350 MWth und einer elektrischen Nettoleistung von 1.055
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 62 von 321
MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis zu 300 MWth mit zugehörigen
Nebeneinrichtungen auf dem Gelände des Kraftwerks Staudinger, Gemar-
kung Großkrotzenburg, Flur 23, Flurstücke 42/1, 269/15, gestellt.
Die 1. Teilgenehmigung umfasst die bauvorbereitenden Maßnahmen (Räu-
men der Baufläche von vorhandenem technischem Gerät) und die Freima-
chung der Baustelleneinrichtungsflächen sowie die Errichtung der dazuge-
hörenden technischen Infrastruktur (Baustraßen, Büro- und Sanitärcontainer,
Montageflächen, Strom und Wasseranschlüsse) sowie die Errichtung der
UBE HS-EB-Trafos (nur Bautechnik), UBF Blocktrafos (nur Bautechnik), UBG
Reservetrafo (nur Bautechnik), UBM Kühlanlagen (nur Bautechnik), UBR Er-
regertrafo (nur Bautechnik), UCA Blockwartengebäude, UHA Kesselhaus
(Bau- und Maschinentechnik), UHF Kohletagesbunker (Bau- und Maschinen-
technik), UHQ Elektrofilter (Bau- und Maschinentechnik), UHT Treppenturm
Kesselhaus/Luvogebäude, UMA Maschinenhaus (Bau- und Maschinentech-
nik), UMT Treppenturm Maschinenhaus/Kesselhaus, URA Kühlturm (Bau-
und Maschinentechnik), URD Kühlwasserpumpenbauwerk (Bau- und Ma-
schinentechnik), UVA Luftvorwärmer-/DeNOx-Anlage (Bau- und Maschinen-
technik), UVB Saugzuggebläse (Bau und- Maschinentechnik).
Das Anlagenkonzept sieht vor, verschiedene vorhandene Nebenanlagen
des Kraftwerkstandortes mit zu benutzen (z.B. die beiden Kohlelager mit je
220.000 t, die Bekohlungsanlagen, die Einrichtungen der Heizöl-, Ammoni-
ak- und Erdgasversorgung sowie die Gipslagerhalle).
Der gültige wasserrechtliche Bescheid für den Betrieb der Blöcke 1-5 wird
im Rahmen eines eigenständigen wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens an
den künftigen Kraftwerksbetrieb angepasst.
Die Blöcke 1-3 sollen nach Inbetriebnahme des neuen Blocks 6 außer Be-
trieb genommen und rückgebaut werden. Eine 2,2 ha große Teilfläche der
Blöcke 1-3 ist als Erweiterungsfläche für eine CO2-Abscheidung vorgesehen.
VI.1.3. Überblick über das Anlagenkonzept und die Anlagentechnik
Der neue, mit Steinkohle befeuerte Block 6 verfügt über eine Feuerungs-
wärmeleistung von max. 2.350 MWth und dient der Erzeugung einer elektri-
schen Nettoleistung von 1.055 MWel sowie einer Fernwärmeleistung von bis
zu 300 MWth. Das Kraftwerk wird ganzjährig im Grund- und Mittelastbereich
betrieben. In besonders lastarmen Zeiten (z.B. Sommerwochenende,
nachts) ist sowohl ein Betrieb mit Minimallast als auch eine Abschaltung
denkbar. Block 6 lässt sich entsprechend der Verfahrenstechnik in folgende
Betriebseinheiten untergliedern:
Dampferzeuger (Kesselanlage mit Steinkohlenstaubfeuerung; 376 t/h
Steinkohle bei Volllast bezogen auf Hu = 22,50 MJ/kg) und Entsti-
ckungsanlage (SCR);
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 63 von 321
Rauchgasreinigung (Elektrofilter, Entschwefelung) und Rauchgasablei-
tung (über 180m-Kühlturm; Einleitung in der Mitte des Kühlturm in ca.
50-60m über Grund);
Abwasseraufbereitung aus Rauchgasreinigung (ca. 20 m³/h)
Strom- und Fernwärmeerzeugung
Hilfskesselanlage (5 Stück, max. Gesamtfeuerungswärmeleistung: 200
MWth; Erdgasbetrieb; Ableitung der Abgase über den vorhandenen
250m Kamin des Blocks 4);
Rückkühlanlage im Kreislaufbetrieb (mit 180m hohem Naturzug-
Nasskühlturm; Beckendurchmesser Basis: 120m, Mündung: 71m)
Nebenanlagen (Brennstoffversorgung (u.a. 5 Kohletagesbunker),
Hilfsmittelbereitstellung (u.a. Ammoniakverdampfung), Wasser- / Ab-
wasseraufbereitung, Einrichtungen zur Reststoffentsorgung; Bau zwei-
er Doppelgleise etc.).
Die vom Generator erzeugte elektrische Energie wird über eine Generator-
ableitung zu den beiden Maschinentransformatoren vor Ort geführt. Für die
Energieableitung in das 380 kV-Verbundnetz wird eine Freileitung mit einer
Länge von 1,4 km und vier neuen Masten (Höhen einschließlich Mastspitze
55 bis 85 m) von den Maschinentransformatoren bis zum Umspannwerk
Großkrotzenburg errichtet. Das Umspannwerk wird um ein neues 380 kV-
Feld erweitert. Für diese beiden Maßnahmen werden separate Genehmi-
gungsverfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz durchgeführt.
Die erzeugte Fernwärme wird in die Fernwärmenetze Hanau-Ost, Großkrot-
zenburg und Hanau-West sowie zukünftig in Richtung Untermain einge-
speist. Der Netto-Wirkungsgrad des Blocks 6 liegt bei reiner Stromerzeu-
gung bei 45,5%. Bei maximaler Fernwärmeauskopplung steigt der Nut-
zungsgrad des eingesetzten Brennstoffs auf 56,3%.
Das Anlagenkonzept entspricht hinsichtlich des Wasser-Dampf-Kreislaufes,
der Verbrennungstechnik, der Vermeidung von Emissionen sowie der Rück-
kühlanlage (Naturzug- Nasskühlturm in Verbindung mit Kreislaufbetrieb und
integrierter Ableitung der Rauchgase mit einer Bauhöhe von 180m) den
bestverfügbaren Techniken im Sinne des IVU-Referenzdokumentes (Merk-
blatt über die besten verfügbaren Techniken für Großfeuerungsanlagen,
http://www.bvt.umweltbundesamt.de/sevilla/ kurzue.htm).
VI.2. Verlauf des Genehmigungsverfahrens
VI.2.1. Raumordnungsverfahren
Mit landesplanerischer Beurteilung vom 29. Juni 2009 hat das Regierungs-
präsidium Darmstadt als obere Landesplanungsbehörde mit Zustimmung
der Regionalversammlung Südhessen festgestellt, dass das Vorhaben der
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 64 von 321
Antragstellerin bei Beachtung der nachfolgend wiedergegebenen Maßga-
ben mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung verein-
bar ist, und die erforderliche Abweichung vom RPS 2000 nach § 12 Hessi-
sches Landesplanungsgesetz (HLPG) zugelassen. Die Maßgaben lauten im
Einzelnen:
„Die Trägerin der Maßnahme hat durch einen entsprechenden Antrag
auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu ge-
währleisten, dass Block 6 die gesetzlichen Emissionsvorgaben deutlich
unterschreitet und das von der Trägerin der Maßnahme abgegebene
Emissionsversprechen, nämlich – ausgehend von einem Betrieb der
Blöcke 4 bis 6 – keine höheren jährlichen Frachten an Staub, Schwe-
feldioxid und Stickstoffdioxid als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis
2006 zu emittieren, sicher eingehalten wird.
Ferner ist zu gewährleisten, dass Block 6 zu keinem Zeitpunkt parallel
zu den Blöcken 1 bis 3 betrieben wird.
Die Trägerin der Maßnahme hat durch einen entsprechenden Antrag
auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu ge-
währleisten, dass ausschließlich Steinkohle als Brennstoff zum Einsatz
kommt.
Bei der Errichtung der geplanten Maßnahme ist die Möglichkeit der
Nachrüstung des Kraftwerks mit Technologien zur CO2- Abscheidung
vorzusehen.
Im Überschwemmungsgebiet ist ausschließlich die Errichtung der
Kühlturmzusatzwasseraufbereitungsanlage sowie – falls erforderlich –
eines Teils der Rauchgasentschwefelungsanlage zulässig.
Das mit den Raumordnungsunterlagen dargelegte Logistikkonzept –
Verlagerung von der Straße zur Schiene und Wasserweg – ist umzuset-
zen. Dem Regierungspräsidium Darmstadt, obere Landesplanungs-
behörde, sind jährlich Berichte vorzulegen, mit welchen Verkehrsmit-
teln der An- und Abtransport von Brenn-, Betriebs- und Abfallstoffen
erfolgt ist.
Die geplante Maßnahme ist – wie in den Raumordnungsunterlagen
beschrieben – mit der Möglichkeit bis zu 300 MWth Fernwärme auszu-
koppeln, zu errichten.
VI.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung
Am 12. Dezember 2006 fand zwischen der Antragstellerin und dem Regie-
rungspräsidium Darmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Umwelt Frankfurt,
eine Besprechung statt, in der Gegenstand, Umfang und Methode der Um-
weltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige für deren Durchführung erhebli-
che Fragen erörtert wurden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 65 von 321
Zu diesem Termin waren die zu beteiligenden Behörden, die betroffenen
Gemeinden, die zuständigen Behörden des Freistaates Bayern und die an-
erkannten Naturschutzverbänden eingeladen.
Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Besprechung und der schriftlichen
Stellungnahmen der Beteiligten wurde die Antragstellerin mit Schreiben
vom 10. Mai 2007 über die voraussichtlich beizubringenden Unterlagen un-
terrichtet.
VI.2.3. Öffentliche Bekanntmachung, Auslegung
Die Veröffentlichung der Einleitung des Genehmigungsverfahrens erfolgte
am 13. Juli 2009 im Staatsanzeiger des Landes Hessen Nr. 29, Seite 1615 ff.,
im Internet sowie in folgenden Tageszeitungen:
Offenbach-Post
Frankfurter Rundschau,
Hanauer Anzeiger,
Maintaler Tagesanzeiger
Gelnhäuser Neue Zeitung
Gelnhäuser Tageblatt
Main-Echo
Darmstädter Echo
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Frankfurter Neue Presse.
Die Auslegung der Antragsunterlagen erfolgte in der Zeit vom 21. Juli 2009
(erster Tag) bis zum 20. August 2009 (letzter Tag). Der Genehmigungsan-
trag wurde bei der Genehmigungsbehörde und in den nachfolgend aufge-
führten Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt,
ausgelegt:
Gemeindevorstand der Gemeinde Großkrotzenburg, Bahnhofsstra-
ße 4, 63538 Großkrotzenburg,
Magistrat der Stadt Hanau, Technisches Rathaus, Stadtplanungsamt /
Auslegungsstelle, 2. OG Zimmer 2.15, Hessen-Homburg-Platz 7,
63452 Hanau,
Magistrat der Stadt Bruchköbel, Rathaus, Zimmer 15, Hauptstraße 32,
63486 Bruchköbel,
Gemeindevorstand der Gemeinde Erlensee, Rathaus, Servicebüro,
Zimmer 210, Am Rathaus 3, 63526 Erlensee,
Gemeindevorstand der Gemeinde Freigericht, Bauamt, 1. OG Zimmer
26, Bahnhofstraße 13, 63579 Freigericht- Somborn,
Magistrat der Stadt Langenselbold, Schlosspark 2, Zimmer 10, 63505
Langenselbold,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 66 von 321
Magistrat der Stadt Maintal, Rathaus, Klosterhofstraße 4-6, Flur vor den
Zimmern A005 bis A008, 63477 Maintal- Hochstadt,
Gemeindevorstand der Gemeinde Rodenbach, 2. Stock, Zimmer
34/35, Buchbergstraße 2, 63517 Rodenbach,
Gemeindevorstand der Gemeinde Hasselroth, Bauverwaltung, Zim-
mer 2, Hauptstraße 66, 63594 Hasselroth,
Gemeindevorstand der Gemeinde Hainburg, Bauamt, Hauptstraße 46,
63512 Hainburg,
Magistrat der Stadt Heusenstamm, Bauamt, Flurbereich vor Zimmer
145, Fachdienst 3.1 Bauverwaltung / Stadtplanung, Im Herrngarten 1,
63150 Heusenstamm,
Gemeindevorstand der Gemeinde Mainhausen, Umweltamt, Zim-
mer 4, Rheinstraße 3, 63533 Mainhausen,
Magistrat der Stadt Mühlheim, Rathaus, Friedensstraße 20, 63165
Mühlheim am Main,
Magistrat der Stadt Obertshausen, Bauverwaltung, Zimmer 29, Schu-
bertstraße 11, 63179 Obertshausen,
Magistrat der Stadt Rodgau, Rechts- und Ordnungsamt, Zimmer 1.32,
Hintergasse 15, 63110 Rodgau,
Magistrat der Stadt Seligenstadt, Rathaus, Zimmer Nr. 212 (Vorzimmer
Bauamt), Marktplatz 1, 63500 Seligenstadt,
Magistrat der Stadt Offenbach, Telefonzentrale / Raum für öffentliche
Auslegungen (Erdgeschoss), Raum E 5 a, Berliner Straße 100, 63065
Offenbach am Main,
Magistrat der Stadt Babenhausen, Stadtverwaltung, Zimmer 214,
Marktplatz 2, 64832 Babenhausen,
Stadtverwaltung Alzenau, Abteilung Umwelt und Forsten, Brentano-
straße 3, 63755 Alzenau,
Gemeindeverwaltung Kahl, Rathaus, Zimmer 006, Aschaffenburger
Straße 1, 63796 Kahl am Main,
Gemeindeverwaltung Karlstein, Rathaus, Zimmer Nr. 14 (1. Stock), Am
Oberborn 1, 63791 Karlstein am Main,
Gemeindeverwaltung Kleinostheim, Rathaus, Zimmer 14, Kardinal-
Faulhaber-Straße 12, 63801 Kleinostheim.
Die Veröffentlichung der Antragsunterlagen auf der Internetseite des Regie-
rungspräsidiums Darmstadt (www.rp-darmstadt.hessen.de) erfolgte zu-
nächst unvollständig. Insbesondere einige Pläne ließen sich anfangs nicht
öffnen.
Innerhalb der Einwendungsfrist vom 21. Juli 2009 bis zum 3. September
2009 konnten Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben werden. Insge-
samt haben ca. 8500 Personen fristgerecht Einwendungen erhoben. Diese
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 67 von 321
Einwendungen wurden den betroffenen Fachbehörden zur Berücksichti-
gung bei der Überprüfung des Vorhabens zugeleitet. Außerdem wurde der
Inhalt der Einwendungen der Antragstellerin bekannt gegeben.
VI.2.4. Erörterungstermin
Der Termin zur Erörterung der erhobenen Einwendungen gegen den Ge-
nehmigungsantrag fand in der Zeit vom 10. bis 20. November 2009 im Bür-
gerhaus von Großkrotzenburg, Schulstraße 7, 63538 Großkrotzenburg statt.
Die mündliche Verhandlung wurde unter Leitung der Genehmigungsbe-
hörde durchgeführt. Nach der Begrüßung und der Einleitung durch die
Verhandlungsleiterin erläuterte die Antragstellerin ihr Vorhaben.
Die erhobenen Einwendungen wurden unter verschiedenen Hauptthemen-
punkten zusammengefasst. Die Einwendungen wurden von der Verhand-
lungsleitung vorgetragen und konnten von den Einwenderinnen und Ein-
wendern erläutert, präzisiert und verdeutlicht werden.
Am Ende der Verhandlung wurden die schriftlich erhobenen Einwendungen
weder zurückgenommen noch für erledigt erklärt, so dass über sie im Ge-
nehmigungsverfahren zu entscheiden war.
Über den Erörterungstermin wurde ein stenographisches Wortprotokoll er-
stellt. Die von der Verhandlungsleiterin und von den Schriftführern unter-
zeichnete Niederschrift wurde zum Verwaltungsvorgang der Genehmi-
gungsbehörde genommen. Das Wortprotokoll mit den im Erörterungster-
min vorgelegten Folien wurde den Einwendern, die dies beantragt hatten,
sowie der Antragstellerin übergeben.
VI.2.5. Beteiligung der Fachbehörden
Zur Prüfung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 6 BImSchG
vorliegen oder durch Nebenbestimmungen gemäß § 12 Abs. 1 BImSchG
herbeigeführt werden können, wurden folgende Behörden und Stellen, de-
ren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, beteiligt:
DB Services Immobilien GmbH, Frankfurt am Main,
WINGAS GmbH, Kassel,
Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Frankfurt am Main, der Landesbe-
vollmächtigte für technische Bahnaufsicht,
Planungsverband Ballungsraum Rhein/Main,
Regionaler Planungsverband Untermain,
Umweltbundesamt, Deutsche Emissionshandelsstelle,
Bayerisches Landesamt für Umwelt,
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft,
Amt für Landwirtschaft und Forsten Kitzingen,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 68 von 321
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege,
Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau,
Regierung von Unterfranken,
Bezirk Unterfranken, Fischereifachberatung,
Bezirk Unterfranken, Kultur- und Heimatpflege,
Wasser- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg,
Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg,
Stadtverwaltung Aschaffenburg,
Landratsamt Aschaffenburg, Abteilung Immissionsschutz,
Wehrbereichsverwaltung West, Außenstelle Wiesbaden,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Sachgebiet Hygiene und
Umweltmedizin,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Kreisbauamt,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz
und ländlichen Raum, Untere Wasserbehörde / Untere Naturschutz-
behörde,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Amt für Umwelt, Naturschutz
und ländlichen Raum, Immissionsschutz,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Gefahrenabwehrzentrum,
Kreisausschuss des Main-Kinzig-Kreises, Kreisplanung / Untere Denk-
malschutzbehörde,
Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Straßenverkehrsbehörde,
Kreisausschuss des Kreises Offenbach, Fachdienst Umwelt / Immissi-
onsschutz,
Amt für Straßen- und Verkehrswesen Gelnhausen,
Magistrat der Stadt Hanau, Bauaufsichts- und Umweltamt,
Magistrat der Stadt Hanau, Stadtplanungsamt,
Magistrat der Stadt Hanau, Technischer Umweltschutz,
Eigenbetrieb Hanau Verkehr und Entsorgung,
Stadtwerke Hanau GmbH,
Gemeindevorstand der Gemeinde Großkrotzenburg,
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Immissionsschutz,
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Gewässergüte,
Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Bodenschutz,
Die durch das Vorhaben betroffenen Fachdezernate des Regierungs-
präsidiums Darmstadt:
Dezernat I 18 „Gefahrenabwehr und Ordnungsrecht“,
Dezernat II 24 „Gesundheitswesen“,
Dezernat III 31.1 „Regionalversammlung+ Regionalplan+ Infra-
struktur+ Umwelt+ Wirtschaftsförderung“,
Dezernat III 31.2 „Regionale Siedlungs- und Bauleitplanung“,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 69 von 321
Dezernat III 33.1 „Straßen- und Schienenverkehr“+
Dezernat III 33.3 „Luft- und Güterkraftverkehr“+
Dezernat V 51.1 „Landwirtschaft+ Landschaftspflege+ Fischerei“+
Dezernat V 52 „Forsten“+
Dezernat V 53.1 „Eingriffsregelung/Planungsbeiträge“+
Dezernat IV/Da 43.1 „Immissionsschutz – Energie, Baustoffe,
Lärm-, Strahlenschutz –„,
Dezernat IV/F 41.1 „Grundwasser, Bodenschutz Ost“+
Dezernat IV/F 41.2 „Oberflächengewässer“+
Dezernat IV/F 41.4 „Anlagenbezogener Gewässerschutz“+
Dezernat IV/F 42.1 „Abfallwirtschaft Ost“+
Dezernat IV/F 43.1 „Immissionsschutz-Energie+ Lärmschutz“+
Dezernat IV/F 43.2 „Immissionsschutz - Chemie West, Chemika-
lienrecht -“+
Dezernat IV/F 43.3 „Immissionsschutz – Chemie Ost, Strahlen-
schutz –“,
Dezernat IV/F 45.3 „Arbeitsschutz [Informations- und Elektro-
technik+ Energie+ Bauwesen und Verkehr]“+
Dezernat IV/Wi 44 „Bergaufsicht“
VI.3. Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen
Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um eine genehmigungsbe-
dürftige Anlage nach Nr. 1.1 Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV. Für die
geplante Anlage ist entsprechend § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV in Verbindung
mit Nr. 1.1.1 der Anlage 1 zum UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung
durchzuführen. Diese Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbstständiger
Bestandteil des Genehmigungsverfahrens und beinhaltet eine zusammen-
fassende Darstellung der Umweltauswirkungen (§ 20 Abs. 1a 9. BImSchV).
Die nachfolgenden Ausführungen beinhalten auch diese zusammenfassen-
de Darstellung der Auswirkungen des Gegenstands der 1. Teilgenehmi-
gung sowie der Errichtung der restlichen Anlagenteile und des Betriebs der
insgesamt beantragten Anlage.
VI.3.1. Flächeninanspruchnahme
Der Planbereich des Blocks 6 umfasst eine Fläche von insgesamt
211.680m². Davon entfallen auf Frei- und Grünflächen derzeit 53.429m²,
nach der Verwirklichung des Vorhabens 48.421m². Auf Verkehrsflächen
(Asphalt / Beton / Pflaster) entfallen künftig 53.419m² und 43.325m² auf
Schotter, Sand und andere wasserdurchlässige Befestigungen. Gebäude
nehmen eine Fläche von 58.768m² ein.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 70 von 321
VI.3.2. Betriebsbedingte Wirkungen über den Luftpfad
VI.3.2.1. Gas- und partikelförmige Emissionen (Luftschadstoffe)
VI.3.2.1.1. Haupt-Emissionsquelle:
Das gereinigte Abgas aus der Feuerung des Blocks 6 (3.171.500 Nm³/h tro-
cken bei 6Vol.-% Sauerstoff; Volllastbetrieb) wird über den 180m hohen
neuen Kühlturm in die Atmosphäre abgeleitet. Die beantragten Emissions-
werte liegen bei den überwiegenden Parametern deutlich unterhalb der
maßgebenden Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV:
Tabelle 16: Beantragte Emissionswerte / Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV
Stoff Tagesmittelwert Halbstundenmittelwert
Mittelwerte in mg/m³ i. N., tr., 6 Vol.-% O2.
SOx angegeben als SO2 70 (200) 140 (400)
NOx angegeben als NO2 95 (200) 190 (400)
Staub 10 (20) 20 (40)
Quecksilber und seine
Verbindungen, angege-
ben als Hg
0,015 (0,03) 0,025 (0,05)
CO 200 (200) 400 (400)
Mittelwert über die Probenahmezeit in ng/m³ i. N., tr., 6 Vol.-% O2
PCDD/F 0,1
Die in Klammern gesetzten Werte geben die Emissionsgrenzwerte gemäß § 3 der 13. BImSchV an. Zu-
dem ist für den Parameter NO2 ein Jahresmittelwert von 100 mg/m³ gemäß § 3 Abs. 4 der 13. BImSchV
einzuhalten.)
Die beantragten Emissionswerte für SO2, NO2, Staub, Hg und PCDD/F wer-
den als Emissionsgrenzwerte festgesetzt. Für CO wird in Nebenbestimmung
V.3.1 die Emissionskonzentration für den Tagesmittelwert auf 100 mg/m³
begrenzt. Ergänzend werden zudem Emissionsgrenzwerte für anorganische
Chlor- und Fluorverbindungen und Ammoniak (siehe Nebenbestim-
mung V.3.1) sowie für Schwermetalle (Summenwerte und Einzelstoffe) und
Benzo(a)pyren (siehe Nebenbestimmungen V.3.3 und V.3.4) festgelegt.
Durch die ergänzenden Emissionsgrenzwerte und den Jahresmittelwert für
Staub von 5 mg/m³ wird sichergestellt, dass im Anlagenbetrieb keine höhe-
ren Emissionen freigesetzt werden, als in die Immissionsprognose einge-
stellt wurden.
Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von Quecksilber
im Rauchgas des Blockes 5 ergeben, dass die beantragten Quecksilberkon-
zentrationswerte sicher unterschritten werden können, bleiben Regelungen
zur Festsetzung niedrigerer Konzentrationswerte vorbehalten (siehe Ne-
benbestimmung V.3.2).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 71 von 321
Für die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd ist eine einmalige Emis-
sionsmessung durchzuführen (siehe Nebenbestimmung V.4.7). Nach den
mit Schreiben vom 24. Februar 2010 ergänzend vorgelegten Antragsunter-
lagen sind die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd bei Kohlkraft-
werken vernachlässigbar.
Antragsgegenstand ist der Kesselbetrieb des Blocks 6 mit folgenden Lastfäl-
len und entsprechenden Abluftvolumina:
Tabelle 17: Lastfälle
Lastfall 2)
Kessellast
[%] Fernwärme- auskopplung
[%]
Betriebsstunden/a Abgasvolumen [Nm³/h]
(tr., 6Vol.-% O2)
ML 30 70 30 2.200 2.220.050
VL 0 100 0 3.290 3.171.500
SL 0 110 0 210 3.488.650
VL 30 100 30 250 3.171.500
VL 70 100 70 2.000 3.171.500
VL 100 100 100 500 3.171.500
Zwischensumme 8.450 1)
AUS 0 0 310 0
Gesamtjahresstunden 8.760
1) = 96,5 % der Jahresstunden 2) ML: Mittellast, VL: Volllast, SL: Spitzenlast
Die Lastfälle wurden für die Ausbreitungsrechnung der Luftschadstoffe ei-
nem zeitlichen Verlauf im Jahresgang zugeordnet. Die Fernwärmeauskopp-
lung erfolgt demnach im Zeitfenster von September bis April. In die Aus-
breitungsrechnung wurden für den Block 6 folgende Emissionsfrachten (Pa-
rameter gemäß 13. BImSchV, gefasste Quellen) eingestellt:
SO2- Fracht: 1.734 t/a
NO2- Fracht: 2.353 t/a
Staub- Fracht: 248 t/a
CO- Fracht: 4.955 t/a
Hg- Fracht: 0,37 t/a
PCDD- Fracht: 2,5 g/a
Mit Nebenbestimmung V.3.1 ist die Emissionskonzentration für CO gegen-
über der beantragten Konzentration um 50 % reduziert. Im gleichen Maße
reduzieren sich die Emissionsfrachten und Immissionen für CO.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 72 von 321
Die jährlichen Luftschadstofffrachten der zukünftigen Gesamtkraftwerksan-
lage (Blöcke 4 bis 6, gefasste Quellen, ohne Kohlelager) werden gemäß
dem Schreiben der Antragstellerin vom 5. Juni 2009 wie folgt begrenzt (s.
Nebenbestimmung V.6.1):
SO2- Fracht: < 1.219 t/a
NO2- Fracht: < 3554 t/a
Staub- Fracht: < 221 t/a
Die Einhaltung der vorgenannten Selbstverpflichtungen ist durch Nebenbe-
stimmungen V.6 sichergestellt. Mit dieser Begrenzung werden die Emissio-
nen / Immissionen des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb gegenüber
den Emissionen / Immissionen für die Parameter SO2, NO2 und Staub des
Kraftwerksbetriebs aus dem langjährigen Mittel 1996 bis 2006 nicht anstei-
gen.
Nach den mit Schreiben vom 24. Februar 2010 ergänzend von der Antrag-
stellerin vorgelegten Antragsunterlagen wird zur Einhaltung der vorgenann-
ten jährlichen Staubfrachten des Gesamtkraftwerkes für den Block 6 eine
Staubkonzentration von 5 mg/m³ im Jahresmittel prognostiziert. Entspre-
chend wird die Emission in Nebenbestimmung V.3.5 begrenzt. Bei Einhal-
tung dieses Wertes im Anlagenbetrieb halbieren sich die berechneten Im-
missionsbeiträge des Blocks 6 für Staub sowie die Staubinhaltsstoffe und
partikelgebundenen Schadstoffe (Metalle, Benzo(a)pyren, Dioxine / Furane)
nahezu (Staubkonzentration für die Ausbreitungsrechnung: 10 mg/m³).
Unabhängig davon werden von der Antragstellerin beim NOx, beim SOx
beim Staub und beim Quecksilber Emissionskonzentrationen beantragt, die
deutlich unterhalb der Emissionsgrenzwerte der 13. BImSchV liegen.
Für Zeiten des Ausfalls der Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungs-
anlage (max. 120 h/a) werden für SOx, angegeben als SO2, 300 mg/m³ und
für NOx, angegeben als NO2, 600 mg/m³ beantragt.
VI.3.2.1.2. Hilfsdampferzeugeranlage
Die Abluft der erdgasbetriebenen Hilfsdampferzeugeranlage zur Stützung
der Fernwärmeerzeugung im Schwachlastbetrieb, zur Fernwärmeerzeugung
bei Stillstand des Kraftwerks und zur Produktion von Hilfsdampf für das
Kraftwerk (im Wesentlichen im Anfahrbetrieb) wird über den 250m hohen
vorhandenen Kamin des Blocks 4 in die Atmosphäre abgeleitet (Gesamt-
Abluftvolumen der fünf Kessel: 166.500 Nm³/h tr.; bei 3 Vol.-% Bezugssau-
erstoffgehalt). Die beantragte Betriebszeit der Hilfsdampferzeugeranlage
liegt bei 2.700 h/a (= 30,8% der Gesamtjahresstunden).
Die beantragten Emissionswerte (Emissionsgrenzwerte gemäß der 13.
BImSchV) sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 73 von 321
Tabelle 18: Emissionen Hilfsdampferzeugeranlage
Stoff Tagesmittelwert Halbstundenmittelwert
Mittelwerte in mg/m³ i. N., tr., 3 Vol.-% O2.
Rauchgasvolumenstrom 166.500 Nm3/h tr. (insges. für 5 Hilfskessel)
SOx angegeben als SO2 35 70
NOx angegeben als NO2 100 200
Staub 5 10
CO 50 100
In die Ausbreitungsrechnung wurden für die Hilfsdampferzeuger folgende
Emissionsfrachten eingestellt:
SO2- Fracht: 5,8 t/a
NO2- Fracht: 16,7 t/a
Staub- Fracht: 0,8 t/a
CO- Fracht: 8,3 t/a
Die Hilfskesselanlage wird nicht zeitparallel mit dem Block 4 betrieben (sie-
he Nebenbestimmung V.1.3).
VI.3.2.1.3. Abluft Siloanlagen
Die Verdrängungsabluft der Siloanlagen (Stäube von Steinkohle (Kohleta-
gesbunker) und Kalkstein sowie Flugasche) wird durch Aufsatzfilter abge-
reinigt und bei Quellenhöhen von 30m bis 71,2m (sechs Siloanlagen) frei-
gesetzt. Die Emissionen der Silos werden nach der Nebenbestimmung V.7.1
für den Kohletagesbunker, das Kalksteinmehlsilo und Branntkalkstaubsilo
jeweils auf 10 mg/m³, für die 3 Flugaschesilos jeweils auf 5 mg/m³ begrenzt
(zum Vergleich: in der Ausbreitungsrechnung wurde jeweils eine Konzentra-
tion von 10 mg/m³ angesetzt.). Bei Abluftvolumina der sechs Siloanlagen
zwischen 3.600 m³/h bis 45.000 m³/h werden im Gesamtjahresbetrieb nach
den Emissions-Antragswerten 8 t/a an Staub freigesetzt. Bei der Ausbrei-
tungsrechnung der Luftschadstoffe wurden die Staubinhaltsstoffe (Metalle)
mit berücksichtigt.
VI.3.2.1.4. LKW-Verkehr / Schienen- und Schiffstransporte
Im zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb ergibt sich ein LKW-Aufkommen
von bis zu 123 LKW/d (darunter 45 LKW/d Anlieferung Kalksteinmehl, 32
LKW/d Grobasche-Entsorgung) bei insgesamt 13.000 LKW/a. Damit redu-
ziert sich das LKW-Aufkommen gegenüber der Ist-Situation (20.800 LKW/a).
Die Anlieferung der Steinkohle erfolgt per Schiff oder Bahn. Im zukünftigen
Gesamtkraftwerksbetrieb ist von täglich 8 Zügen und 5 Schiffen auszuge-
hen.
Das LKW- Aufkommen während der Bauphase wird mit 52.000 LKW (Bau-
fahrzeuge) pro Jahr geschätzt. Bei einem Ansatz von 260 Bautagen pro Jahr
entspricht dies durchschnittlich 200 LKW pro Tag.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 74 von 321
Für die LKW-Emissionen (Abgasemissionen + Abrieb / Staub-Aufwirbelung)
wurde eine separate Ausbreitungsrechnung durchgeführt. Die Fahrstrecke
auf dem Werksgelände wurde mit 1.200m angesetzt, bei einer Staubemissi-
on (Abrieb / Aufwirbelung) von 0,8 g/km.
VI.3.2.2. Schallemissionen
In Zusammenhang mit dem Kraftwerksbetrieb entstehen Schallemissionen
durch stationäre, kontinuierliche Quellen (wie Gebäudeabstrahlungen, Be-
triebseinrichtungen / -vorgänge) sowie durch temporäre Vorgänge (Entla-
devorgänge, Fahrverkehre).
Der A-bewertete, ins Freie abgestrahlte Gesamt-Schallleistungspegel des
neuen Blocks 6 (einschließlich Materialstrom Kohle ab dem Eckturm 1) be-
trägt zusammengefasst für
stationäre, kontinuierliche Quellen: 111 dB(A)
alle Quellen (stationär / kontinuierlich und temporär): 114 dB(A).
An einigen Geräuschquellen wie Kühlturm, Blocktransformatoren und
Rauchgasreinigung geht der vorgesehene Schallschutz – teilweise deutlich –
über den derzeit praktizierten Stand der Technik zur Lärmminderung hinaus.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 75 von 321
Tabelle 19: A-bewertete, ins Freie abgestrahlte Gesamt- Schallleistungspegel der statio-nären und mobilen Geräuschquellen des Blocks 6, zusammengefasst in Funk-tionsgruppen
Schallquelle A- bewerteter
Schallleis-
tungspegel in
dB
Eckturm 1 und Kohlelagern ins Kesselhaus (Kohletagesbunker) 90
Kohletagesbunker (Schwerbau) 86
Kesselhaus, einschließlich Lüftungsöffnungen, Entrauchung,
Türen, Tore, Frischluftansaugung, Rohgaskanäle und Enta-
schungseinrichtungen im Freien
98
E-Filter inklusive Unterbau und Nebenaggregate 95
Rohgaskanäle vom E-Filter zum Saugzug 91
Saugzuggebläse inklusive Antrieb, Nebenaggregate und Schall-
dämpfer (im Gebäude)
96
Rohgaskanal vom Saugzug zum Wäscher 90
Rauchgasentschwefelung (Wäscher, etc.) einschließlich REA
Pumpenhaus mit Lüftungsöffnungen, Entrauchung, Türen, Tore
und Fenster
99
Reingaskanal vom Wäscher zum Schornstein 82
Maschinenhaus, einschließlich Lüftungsöffnungen, Türen, Tore
und Fenster
93
Transformatoren inklusive Kühleinrichtung 92
Blockwartengebäude 82
Kühlturm inklusive Kühlturmpumpenbauwerk 110
Kühlturmpumpenbauwerk 87
Gipsentwässerungs- und Lagerungsgebäude inklusive Neben-
aggregate wie Vakuumpumpenausblasöffnung, etc.
92
Kühlwasser-Entnahmebauwerk 92
Kühlturmwasserzusatzaufbereitung 87
Kondensatreinigungs- und Vollentsalzungsanlage 87
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 76 von 321
Flugaschesilo mit Unterbau (Abzug und Verladung) sowie För-
derleitungen
96
Lkw-Verkehr auf Werksgelände 111
Summe der stationären, kontinuierlich betriebenen Quellen
(ohne Werksverkehr, ohne Brennstoffentladung)
111
Summe aller Quellen 114
VI.3.2.3. Emissionen von Abwärme und Wasserdampf über den neuen Kühlturm
Über den neuen Kühlturm wird eine Wärmeleistung von 1.254 MW an die
Luft abgeführt. Der Volumenstrom (Schwaden: Gemisch aus Luft / Abgas
Kessel Block 6, Wasserdampf und Wassertropfen) am Austritt des Kühlturms
beträgt 18.738,8 m³ /s. Die Schwadentemperatur beträgt 26,9 °C. Die über
den Kühlturm freigesetzte Menge an Wasser in Form von Wasserdampf be-
trägt bis zu 1.500 m³/h. Bei den Daten handelt es sich um Auslegungsdaten.
Mit dem Schwaden können Keime in die Atmosphäre freigesetzt werden.
Beim vorgenannten Schwadenvolumen an der Kühlturmkrone wird ein Ge-
samtkeimgehalt von bis zu 1 KBE/m³ Schwaden in 180m Höhe erwartet.
VI.3.2.4. Emissionen von Kohlendioxid und anderer klimarelevanter Gase
Die Kohlendioxidemissionen des Gesamtkraftwerksbetriebs erhöhen sich
von derzeit 4.317.249 t/a (Kraftwerksbetrieb im Jahr 2009) bei einer erwar-
teten mittleren Jahresemissionskonzentration auf Basis der eingesetzten
Brennstoffmengen und dem Emissionsfaktor 96g CO2/MJ für Steinkohle
und 56g CO2/MJ für Erdgas für die Blöcke 4 bis 6 auf zukünftig 8.125.744
t/a.
Als weiteres klimarelevantes Gas werden zukünftig von den beiden Stein-
kohleblöcken (Blöcke 5 und 6) insgesamt 127 t/a an Distickstoffmonoxid
(N2O) emittiert. Unter Berücksichtigung des Äquivalenzfaktors von N2O zu
CO2 = 310 CO2-Äquivalente werden über den Block 5 damit weitere 11.780t
CO2/a und über den geplanten Block 6 weitere 27.590 t CO2/a freigesetzt.
VI.3.2.5. Emissionen von elektromagnetischen Feldern
Elektromagnetische Felder werden bei Kraftwerksanlagen u. a. durch die
Generatorableitung, den Maschinentransformator, die Mittelspannungsan-
lage, die Niederspannungsverteilung sowie die Ableitung vom Transforma-
tor ins elektrische Netz erzeugt. Die maximal berechneten Feldstärken lie-
gen bei folgenden Werten:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 77 von 321
Tabelle 20: Emissionen von elektromagnetischen Feldern
Magnetische Flussdichte B [ T] 37,0
Elektrische Feldstärke E [KV/m] 4,7
VI.3.2.6. Ionisierende Strahlung
Steinkohlen enthalten immer natürliche radioaktive Stoffe, die über Staub-
emissionen freigesetzt werden. Als Maximalwerte der Steinkohlen werden
Urangehalte von 3,1 g/t und Thoriumgehalte von 7,4 g/t angesetzt. Für den
Hilfskessel (Erdgasbetrieb) ist grundsätzlich die Freisetzung von Radon von
Bedeutung.
Für den Gesamtkraftwerkstandort kann die Aktivität mit 2,0 x 1011 Bq/a ab-
geschätzt werden. Die aus dem Beteiligungsverfahren veranlasste Untersu-
chung von kolumbianischer Steinkohle auf natürliche radioaktive Stoffe (er-
gänzend vorgelegte Unterlagen der Antragstellerin vom 25. Februar 2010)
ergab keine höheren Analysenwerte.
VI.3.2.7. Lichtemissionen
Umweltrelevante Lichtemissionen können durch die Außenbeleuchtungen
auf dem Betriebsgelände entstehen. Es werden üblicherweise nach oben
abgeschirmte, breit- oder rotationssymmetrisch abstrahlende Quecksilber-
dampf-Lampen (50 bis 400 Wel) und Natriumdampf-Lampen (70 bis 400 Wel)
eingesetzt. Für die Ausleuchtung von Arbeitsplätzen mit besonderen Anfor-
derungen (z.B. Übergabestellen) kommen auch symmetrische und asym-
metrische abstrahlende Flutlichtleuchten, bestückt mit Halogen-
Metalldampflampen bis 1000 Wel zum Einsatz.
Durch den Betrieb des Naturzugnusskühlturms des Blocks 6, das heißt
durch die aus ihm entweichenden Dampfschwaden und der Gebäude des
Blocks 6 ist mit Verschattungswirkungen im Bereich rund um das bestehen-
de Kraftwerk zu rechnen.
Die Auswirkungen der Verschattungswirkungen, sowohl die der Dampf-
schwaden während des Betriebs des Naturzugnasskühlturms, als auch der
Gebäude wurden im Gutachten „Auswirkungen des Kühlturmbetriebs“ der
argumet Bahmann und Schmonsees GbR, Brühl, in Kooperation mit
simuPLAN, Dorsten, vom 4. Juli 2008 quantitativ abgeschätzt. Dazu wurden
Verschattungssimulationen mit
den Gebäudedaten des bestehenden Kraftwerks, Blöcke 1 bis 3, 4 und
5 und der zugehörigen modellierten Kühlturmschwaden (IST-Zustand,
Nullvariante) und
den Gebäudedaten des Ausbauzustandes des Kraftwerks, Blöcke 4, 5
und 6 und der zugehörigen modellierten Kühlturmschwaden (Planzu-
stand, Vorhabensvariante)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 78 von 321
durchgeführt.
Grundlage für die Simulation der Verschattung ist die VDI-Richtline 3784,
Blatt 2. Das Simulationsverfahren der simuPLAN (SplaSh) entspricht dem
dort beschriebenen Rechenmodell und ist durch ein astronomisch / geo-
metrisches Modell ergänzt. Das seit einigen Jahren erprobte Modell wurde
auf der Fachtagung der Umweltmeteorologen der Deutschen meteorologi-
schen Gesellschaft im April 2007 in Garmisch- Partenkirchen vorgestellt.
Die Verschattungssimulation wurde auf Basis der standortspezifischen Kli-
madaten (Temperatur, Niederschlag, Bewölkung, Sonnenscheindauer,
Windverteilung) der DWD- Stationen Schaafheim-Schlierbach (Bewölkung,
Sonnenscheindauer) und Kahl am Main für den Zeitraum 2002 bis 2006
durchgeführt.
Die sich aus den berechneten Schwadendimensionen und den realen und
geplanten Kraftwerksbauten ergebenden Beschattungszeiten wurden im
Umkreis von 10km um den Kraftwerkstandort berechnet und für 11 reprä-
sentative Immissionsorte in ihrer Auswirkung auf die Strahlungsverhältnisse
und die Sonnenscheindauer untersucht:
IP 1 Hainstadt Mainufer Süd;
IP 2 Hainstadt Nord;
IP 3 Hainstadt Nord Hafen;
IP 4 Großauheim Süd;
IP 5 Aussiedlerhof;
IP 6 Großauheim Mitte;
IP 7 Klein-Auheim Süd;
IP 8 Klein-Auheim Mitte;
IP 9 Großauheim Nord;
IP 10 Großauheim Ost und
IP 11 Großkrotzenburg (Bild 18, Seite 37 des Gutachtens.
Durch die Gebäude des Kraftwerks und den Betrieb des Kühlturms ist
grundsätzlich mit einer Minderung der Sonnenscheindauer und der Global-
strahlung zu rechnen.
Ergebnis der Modellsimulation ist, dass die stärker abgeschatteten Flächen
sich vorwiegend im nördlichen Halbraum des Kraftwerks befinden. Die Ver-
schattungswirkungen durch die Kraftwerksgebäude sind dabei ausschließ-
lich auf dem Kraftwerksgelände zu beobachten. Die Verschattungswirkun-
gen der Dampfschwaden der Kühltürme sind in Tabelle 10a, Seite 40 des
Gutachtens als prozentuale Verminderung der Sonnenscheindauer be-
schrieben und in den Anhängen A-7 (IST- Zustand, Nullvariante) und A-8
(Ausbauzustand, Vorhabensvariante) des Gutachtens graphisch dargestellt.
Für den IST- Zustand des Kraftwerkes (Prognosenullfall im Gutachten) ist ei-
ne prozentuale Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von mehr
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 79 von 321
als 10 % auf Flächen nördlich des Kraftwerks zu erkennen. Die westliche
Grenze dieses Bereichs bildet der Main, die nördliche Grenze die Diesel-
straße (Hanau- Großauheim) und die östliche Grenze befindet sich maximal
250m östlich der L3309. Die bestehende prozentuale Verringerung der jähr-
lichen Sonnenscheindauer beträgt an den Immissionsorten IP 5 12,7 %, IP 4
7,1 %, IP 3 5,6 % und IP 6 4,0 %.
Für den Ausbauzustand des Kraftwerks (Vorhabensvariante im Gutachten)
verschiebt sich der stärker verschattete Bereich um bis zu ca. 200 m nach
Westen, 100 m nach Norden und 300 m nach Nordosten. Der Bereich der
stärker abgeschatteten Flächen erreicht den südlichen Stadtrand von Groß-
auheim. Die prognostizierte prozentuale Verringerung der jährlichen Son-
nenscheindauer wird sich an den Immissionsorten IP 5 um 7,2 %, IP 4 um
3,3 %, und IP 6 um 1,8 % erhöhen. An den Immissionsorten der Wohnbe-
bauung von Großauheim IP 4 und IP 6 erhöht sich der Rechenwert der pro-
zentualen jährlichen Sonnenscheinminderung auf 10,4 bzw. 5,8 %. am
stärksten wirkt sich die Verschattung im Ausbaufall am IP 5 aus, hier kann
sich, entsprechend der Prognose, die jährliche Sonnenscheindauer um
19,9 % im Ausbaufall verringern. Der IP 5 ist jedoch dem Werksgelände der
E.ON Kraftwerks Staudinger als zugehörig zuzuordnen, eine weitere Wohn-
nutzung ist dort nicht vorgesehen.
Im Bereich der südlich des Kraftwerks gelegenen Wohngebiete von Hain-
stadt und Großkrotzenburg verändert sich Ausdehnung der verschatteten
Bereiche nur wenig. Für den IST- Zustand des Kraftwerks ist eine prozentua-
le Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von 1,3 % (IP 10) bis
1,7 % (IP 11) berechnet. Im Ausbauzustand des Kraftwerks kann es hier, ent-
sprechend der Prognose, zu einem Anstieg der Verringerung der jährlichen
Sonnenscheindauer von max. bis zu 1,3 % auf dann rund 2,6 – 2,7 % (IP 9
und IP 10) kommen.
Um die Auswirkungen der planungsbedingten Verschattungen durch Kühl-
turmschwaden und Kraftwerksgebäude zu bewerten haben die Gutachter
die Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer von 2002 bis 2006 anhand
der angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an der meteorologi-
schen Station Schaafheim-Schlierbach (Entfernung zum Kraftwerkstandort
ca. 20 km Luftlinie noch Süden) bewertet. Die natürliche jährliche Schwan-
kungsbreite der Sonnenscheindauer beträgt im Betrachtungsraum 10,3 %.
Die prognostizierte Minderung der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4
als am wesentlich belasteten Immissionsort von 7,1 % im IST-Zustand des
Kraftwerks und 10, 4 % im Ausbauzustand des Kraftwerks liegt im, bzw.
knapp über dem Bereich der im Jahresgang zu erwartenden natürlichen
Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer.
Die relative jährliche Minderung der Globalstrahlung fällt deutlich geringer
aus, als die der Sonnenscheindauer, da nur ein Teil der direkten solaren
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 80 von 321
Strahlung durch die sichtbaren Wasserdampffahnen der Kühltürme absor-
biert bzw. reflektiert wird. Im Bereich der o. g. Immissionspunkte (außer IP 5)
ist eine Minderung von 2,1 % (IP 4) bis 0,2 % (IP 11) für den IST- Zustand er-
rechnet, die sich für den Ausbauzustand leicht um 1,5 % (IP 4) bis 0,1 %
(IP 11) erhöhen kann.
Die Globalstrahlung gibt an, wie viel Sonnenenergie auf der Erde zur Verfü-
gung steht. Sie setzt sich zusammen aus der sichtbaren Sonneneinstrahlung,
die sich durch klar erkennbaren Schattenwurf definieren lässt und der diffu-
sen Strahlung. Sie ist letztendlich in ihrer Gesamtheit als sichtbares und ver-
wertbares Tageslicht zu beschreiben.
VI.3.2.8. Erschütterungen
Erschütterungen können durch Turbinenanlagen und Nebenaggregate wie
Kohlemühlen, Kolbenverdichter, Kompressoren, Rüttelsiebe und Schwing-
förderer verursacht werden. Die Erschütterungsemissionen werden als Beur-
teilungswerte am Einwirkungsort betrachtet.
VI.3.3. Betriebsbedingte Wirkungen über den Wasserpfad
Die in den Antragsunterlagen enthaltenen Mengenangaben zum Abwasser
wurden im Rahmen des separaten wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens
zum Teil noch konkretisiert.
VI.3.3.1. Roh- / Kühlwasserentnahme
Die Rohwasserentnahme des Gesamtkraftwerksbetriebs aus dem Main re-
duziert sich von derzeit genehmigten 93.600 m³/h (Blöcke 1-5) auf zukünftig
rund 5.500 m³/h (Blöcke 4-6).
Die Kühlwasserentnahme aus dem Main wird bei Stilllegung der Blöcke 1-3
durch den Wegfall der Ablaufkühlung der Blöcke 1 und 2 und Betrieb des
Blocks in Kreislaufführung erheblich sinken.
Bezogen auf den Gesamtkraftwerksbetrieb ergibt sich eine Reduzierung des
Kühlwasserbedarfs von derzeit 81.000 m³/h (Blöcke 1-5, darunter Blöcke 1
und 2 im Ablaufbetrieb) auf zukünftig rund 5.200 m³/h (Blöcke 4-6 (Kreis-
laufbetrieb), ohne Blöcke 1-3).
VI.3.3.2. Abwärme an den Vorflutern (Main)
Die in den Main eingeleitete Wärmemenge wird von 532 MW (Blöcke 1 bis
3) auf 4 MW (Block 6) reduziert. Im zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb
(Blöcke 4 bis 6) ergibt sich eine Wärmemenge von 10 MW gegenüber der-
zeit genehmigten 814 MW. Das Abwärmereglement des einzuleitenden
Kühlwassers wird im separaten wasserrechtlichen Zulassungsverfahren fest-
gelegt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 81 von 321
VI.3.3.3. Abwasser
Häusliches Abwasser wird in die Schmutzwasserkanalisation abgeleitet und
der betriebseigenen biologischen Abwasserbehandlungsanlage (1.500
EGW) zugeführt.
Rückführung ammoniumfreier Abwässer aus der Vollentsalzung / Konden-
satreinigung in den Prozess, externe Entsorgung ammoniumhaltiger Ab-
wässer
Aufbereitung und Ableitung in den Main des Abwassers aus der Rauchgas-
reinigung unter Einhaltung der Anforderungen der Anhänge 33 und 47 der
AbwV sowie des Verschlechterungsverbotes der Wasserrahmenrichtlinie;
Hinweis: Ergänzung der Abwasseraufbereitung um einen Kiesfilter und ei-
nen Ionentauscher im Zuge des separaten wasserrechtlichen Genehmi-
gungsverfahrens; detaillierte Beschreibung in einem weiteren Teilgenehmi-
gungsantrag bzw. im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren
Niederschlagswasser von befestigten Flächen wird in einem neuen Regen-
klärbecken (Errichtung im Zuge des separaten wasserrechtlichen Genehmi-
gungsverfahrens; detaillierte Beschreibung in einem weiteren Teilgenehmi-
gungsantrag) behandelt und in den Main abgeleitet. Nicht belastetes Nie-
derschlagswasser des neuen Kohlelagers wird im neu geschaffenen Reten-
tionsraum versickert. Für die Niederschlagswässer der Straßenflächen sowie
sonstige Schmutzwässer ist die Installation neuer Ölabscheider vorgesehen
(siehe Nebenbestimmung IV.8.1).
Ableitung in den Main von Kühlturmabflutwasser unter Einhaltung der An-
forderungen des Anhangs 31 der AbwV; Abflutwasser ohne Biozide und
ohne relevante chemische Zusätze (Block 4: 600 m³/h, Block 5: 160 m³/h
und Block 6: 500 m³/h). Die Ableitmengen in den Main reduzieren sich
durch die Kreislaufführung gegenüber dem heutigen Zustand erheblich.
VI.3.3.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
Die Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sowie die Si-
cherungs- und Sofortmaßnahmen werden im Einzelnen erst in einer späte-
ren Teilgenehmigung beschrieben. Bei der Ausführungsplanung der Anla-
gen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (u. a. Abfüllanlagen, La-
geranlagen, Anlagen zur Verwendung von z. B. Hilfsstoffen, Schmiermitteln)
werden die einschlägigen fachgesetzlichen Vorschriften und Richtlinien ge-
nerell berücksichtigt.
Das Kraftwerks- Nullniveau befindet sich auf 106,00 m NN, sodass selbst bei
1,3- fachem Bemessungshochwasser kein Zufluss von Oberflächenwasser zu
besorgen ist. Die Keller sind grundwasserdicht ausgeführt, sodass auch der
Zufluss von Grundwasser ausgeschlossen ist.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 82 von 321
Beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (u.a. Anlieferung, Lagerung
und Verwendung von Hilfsstoffen und Schmiermitteln) werden alle ein-
schlägigen Vorschriften und Richtlinien berücksichtigt.
VI.3.3.5. Kraftwerksnebenprodukte und sonstige Abfälle
Im Kraftwerksbetrieb fallen im Wesentlichen folgende Nebenprodukte und
Abfälle an:
Tabelle 21: Abfälle und Nebenprodukte
Ein-
heit
Status
quo
Blöcke
1,3,4,5
geplanter Zustand Zunahme
gegen-
über
Status quo Block 4 Block 5 Block 6 Summe
Grobasche
(einschließ-
lich 50%
Restfeuchte)
t/a
83.030 0 30.007 66.920 96.927 + 16,7%
Flugasche t/a 123.285 0 135.032 297.913 432.945 + 251,2 %
Gips (ein-
schließlich
10% Rest-
feuchte)
t/a
72.768 0 27.653 62.455 90.108 + 23,8%
Filterkuchen
(KZA + REA-
Schlamm)
t/a
6.192 0 5.522 8.992 14.514 + 134,4%
VI.3.3.6. Wirkfaktoren bei der Errichtung der Anlage (Bauphase)
Während der ca. vierjährigen Bauphase sind im Wesentlichen folgende
Wirkfaktoren bestimmend:
Herrichtung der Baustelleneinrichtungsfläche und der Baustellenzu-
fahrt (temporäre Flächeninanspruchnahme)
Bautätigkeit zwischen 6 bis 22 Uhr (in Spitzenzeiten auch bis zu 24
Stunden am Tag) mit bis zu 10 Großkränen (Hakenhöhe bis zu 190m),
Ramm- / Spundungsarbeiten, Einsatz von Baumaschinen (mit Schall-,
Staub- / Abgasemissionen, ggf. Erschütterungen)
Schallleistungspegel während der Bauphasen (Taktmaximalpegelver-
fahren, 5-Sekunden-Takt; einschließlich Impulshaltigkeit):
Bauphase 1: Erdarbeiten, Aushub:
mit Vibrationsramme: LWAFTm5, Tag = ca. 127 dB(A)
ohne Vibrationsramme: LWAFTm5, Nacht = ca. 119 dB(A)
Bauphase 2: Betonarbeiten, Rohbau: LWAFTm5 = ca. 117 dB(A)
Bauphase 3: Stahlbau: LWAFTm5 = ca. 119 dB(A)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 83 von 321
Bauverkehre (max. 400 LkW / d und 720 PKW / d; alle LKW-Fahrten
und 95% der PKW-Fahrten innerhalb von 6.00 bis 22.00 Uhr)
zeitlich befristete Grundwasserhaltungsmaßnahmen (Ableitung des
Wassers in den Main); Gegenstand eines separaten Genehmigungsan-
trages
VI.3.3.7. Wirkfaktoren bei Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb
Der Gesamt- Kraftwerkstandort ist ein Betriebsbereich im Sinne des § 3 Abs.
5a BImSchG, der den Grundpflichten der 12. BImSchV unterliegt. In den
Kraftwerksblöcken 4 bis 6 selbst werden keine Stoffe gemäß Anhang I der
12. BImSchV gehandhabt, die die Mengenschwellen der Spalte 4 des An-
hangs I der 12. BImSchV überschreiten.
Ein sicherheitstechnisches Konzept zur Verhinderung von Störfällen unter
Einbeziehung des Blocks 6 wurde mit den Antragsunterlagen vorgelegt. Die
dort beschriebenen relevanten Störfallszenarien lassen keine besonderen
Gefahren für die Umgebung des Kraftwerks in nicht bestimmungsgemäßen
Betriebszuständen erwarten.
Die Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Brandereignissen
sind im Brandschutzkonzept beschrieben (Anlage 16-1).
Als Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Betrieb wurde zudem der
Ausfall der Rauchgasentschwefelung (mit erhöhten Freisetzungen von SO2
(300 mg/m³) und NO2 600 mg/m³)) betrachtet. Bei einem Ausfall des
Elektrofilters erfolgt eine Schnellabschaltung des Blocks 6, so dass der Still-
stand des Blocks 6 bereits nach 30 Sekunden erreicht wird. Innerhalb dieser
30 Sekunden liegt der Abscheidegrad des Elektrofilters zwischen 5% und
30%. Bei diesem Vorgang würde für maximal 5 min. eine Staubkonzentrati-
on von höchstens 20 mg/m³ im Reingas hinter der REA emittiert und höchs-
tens 5,3 kg Staub freigesetzt. Eine derart niedrige Staubkonzentration ist
nicht als Staubfahne sichtbar.
VI.3.4. Schutzgutbezogene Darstellung des Ist- Zustandes und voraussichtliche
Veränderung infolge des geplanten Vorhabens
VI.3.4.1. Schutzgut Luft
VI.3.4.1.1. Vorbelastung
VI.3.4.1.1.1. Methodik
Der Kraftwerkstandort befindet sich im südöstlichen Randbereich des ge-
mäß § 44 BImSchG festgelegten „Untersuchungsgebietes Untermain“. In-
nerhalb des vorhabensbezogenen Untersuchungsraumes (10km-Umkreis
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 84 von 321
um den Kraftwerkstandort) befindet sich die Messstation Hanau des Luft-
messnetzes des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG).
Zur Ermittlung der Vorbelastungssituation im Untersuchungsraum wurden
im Zeitraum vom 13. April 2007 bis zum 12. Juli 2008 in Abstimmung mit
den zuständigen Behörden und den Kommunen im Untersuchungsraum je-
weils einjährige Vorbelastungsmessungen zur Konzentration an Luftschad-
stoffen (Stickstoffdioxid, Schwebstaub, Schwermetalle im Schwebstaub,
Quecksilber und Dioxine / Furane) sowie zur Deposition an Luftschadstoffen
(Staubniederschlag, Schwermetalle und Dioxine / Furane im Staubnieder-
schlag) an zehn ausgewählten Mess- bzw. Monitorpunkten durchgeführt.
Die Messungen des Staubniederschlags (ohne Inhaltsstoffe) wurden bis De-
zember 2008 fortgeführt. Die in der Ergebnistabelle für die Depositionen
dargestellten Staubniederschlagsmesswerte beziehen sich auf den Mess-
zeitraum November 2007 bis Dezember 2008.
Der Messort MP 3 diente zur Dokumentation der großräumigen Hinter-
grundbelastung ohne direkten Einfluss der Immissionen aus dem Kraftwerk
Staudinger.
Auf die Ermittlung der SO2- Vorbelastung wurde aufgrund der geringen
lufthygienischen Relevanz von SO2 (bekanntes niedriges Belastungsniveau;
Jahresmittelwert an der HLUG-Station Hanau 2 bis 4 µg/m³ in den Jahren
2007 bis 2009) verzichtet.
Im Ergebnis ist zusammenfassend festzustellen, dass die Messwerte bei al-
len Parametern und an allen Messorten jeweils unterhalb der maßgebenden
Bewertungskriterien liegen. Die Messwerte für die Konzentrationen errei-
chen am Ort der höchsten Belastung überwiegend Anteile von < 25% an
den jeweiligen Beurteilungswerten. Konzentrationen mit einem Anteil an
den Beurteilungswerten von > 25% wurden für Schwebstaub (PM10; 57,5%)
und Stickstoffdioxid (75%) gemessen. An der HLUG-Messstation Hanau
wurde in den Jahren 2007 bis 2009 bei der Stickstoffdioxidkonzentration ein
Anteil am Immissionswert der TA Luft (Jahresmittel) von 92,5 bis 97,75 % er-
reicht (Lufthygienische Jahresberichte der HLUG).
In den Vorbelastungsmessungen sind die Emissionen von Staub und Staub-
niederschlag aus dem Kohleumschlag und der Kohlelagerung des seiner-
zeit noch offenen Kohlelagerplatzes enthalten. Zwischenzeitlich wurde auf
Grundlage eines separaten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-
fahrens ein neues geschlossenes Kohlekreislager errichtet. In der Immissi-
onsprognose des Genehmigungsverfahrens zum Kohlekreislager wurde
nachgewiesen, dass die neue Anlage zu geringeren Immissionen führt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 85 von 321
Tabelle 22: Ergebnisse der Vorbelastungsmessung von Luftschadstoffen - Konzentration
Sch
ad
sto
ff
Ein
he
it
Vorbelastung Bewertungskri-
terien
Prozentualer
Anteil [%] der
max. Vorbelas-
tung am jewei-
ligen Beurtei-
lungswert MP
1
MP
2
MP
3
MP
4
MP
5
MP
6
MP
7
MP
8
MP
9
MP
10
Ma
x.
vo
n 1
0
Me
ssp
un
kte
n
Konzentration %
NO2 g/m3
30 24 20 25 - 26 25 23 23 29 30 40 75,00
PM10 g/m3
22 17 16 20 - 20 20 17 23 19 23 40 57,50
As ng/m3
0,8 0,7 0,7 0,5 - 0,9 0,8 0,8 0,8 1,4 1,4 6 23,30
Cd ng/m3
0,23 0,2 0,21 0,18 - 0,24 0,19 0,18 0,2
3
0,1
9
0,24 5 4,80
Co ng/m3
0,3 0,1 0,1 0,1 - 0,2 0,1 0,1 0,2 0,2 0,3 20 1,50
Cr ng/m3
2,4 1,9 1,8 1,6 - 2,3 1,9 1,8 2,2 2,0 2,4 17 14,10
Cu ng/m3
15,4 9 7,5 8,2 - 12,3 11,3 7,0 11,
2
15,
1
15,4 1.000 1,50
Mn ng/m3
7,8 6,5 5,8 5,6 - 7,8 7,7 5,6 6,5 8,2 8,2 150 5,50
Ni ng/m3
1,7 1,5 1,3 1 - 1,2 1,2 1 1,1 1,3 1,7 20 8,50
Pb ng/m3
7,2 6,2 5,9 4,8 - 9,2 6,4 5,7 6,6 7,4 9,2 500 1,80
Sb ng/m3
2,9 1,8 1,4 1,6 - 2,4 2,3 1,5 2,9 2,8 2,9 5.000 <0,1
Sn ng/m3
3 2 1,9 1,8 - 2,7 2,5 1,7 2,9 3,6 3,6 20.000 <0,1
TI ng/m3
0,05 0,05 0,05 0,05 - 0,05 0,05 0,05 0,0
5
0,0
5
0,05 14 0,36
V ng/m3
0,6 0,5 0,5 0,3 - 0,5 0,6 0,6 0,6 0,4 0,6 20 3,00
Hg ng/m3
0,9 0,7 - - - 0,8 - - - - 0,9 50 1,80
PCD
D/F
fg/ m3
24 21 - - - 27 - - - - 27 150 1,80
Der Anteil der Fraktion PM2,5 am Schwebstaub der Fraktion PM10 kann nach
allgemeinen Messerfahrungen mit rd. 80% angesetzt werden. Unter diesem
Ansatz ergibt sich ein Maximalwert der PM2,5-Konzentration von rd. 18,4
µg/m³. Der Jahresmittelwert von 25 µg/m³ für PM2,5 gilt nach der Richtlinie
RL2008/50/EG vom 21. Mai 2008 und der 39. BImSchV ab 2010 als Zielwert,
ab 2015 als Grenzwert.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 86 von 321
Tabelle 23: Ergebnisse der Vorbelastungsmessung von Luftschadstoffen - Deposition
Sch
ad
sto
ff
Ein
he
it
Vorbelastung Bewertungskrite-
rien
Beurteilungswert
Prozentualer
Anteil [%] der
max. Vorbelas-
tung am jewei-
ligen Beurtei-
lungswert MP
1
MP
2
MP
3
MP
4
MP
5
MP
6
MP
7
MP
8
MP
9
MP
10
Ma
x.
vo
n 1
0
Me
ssp
un
kte
n
Deposition %
StN mg/
(m2d)
57 52 57 47 45 84 53 38 45 45 84 350 24,00
As g/
(m2d)
0,7 0,4 0,4 0,4 1,3 0,4 0,3 0,5 0,3 0,3 1,3 4 32,50
Cd g/
(m2d)
0,2 0,1 0,1 0,1 0,3 0,2 0,2 0,1 0,2 0,1 0,3 2 15,00
Co g/
(m2d)
0,5 0,2 0,8 0,2 0,3 0,3 0,4 0,2 0,7 0,2 0,8 5 16,00
Cr g/
(m2d)
2,4 1,6 1,7 1,8 2,1 2,2 1,8 1,2 2,1 1,7 2,4 82 2,93
Cu g/
(m2d)
9,5 5,9 8,0 6,4 6,0 7,4 6,7 5,8 7,9 7,0 9,5 99 9,60
Mn g/
(m2d)
12,
9
11,
3
13,
7
9,9 15,
9
12,8 11,
3
15,
1
12,
3
12,
5
15,9 10-30 53,00
Ni g/
(m2d)
5,8 1,1 1,5 1,5 1,8 1,7 1,5 1,1 1,6 1,2 5,8 15 38,67
Pb g/(m2
d) 2,7 2,8 3,2 2,8 3,3 3,4 2,1 7,9 2,5 2,5 7,9 100 7,90
Sb g/(m2
d)
1,3 0,5 0,4 0,4 0,3 0,4 0,3 0,3 0,4 0,5 1,3 10 13,00
Sn g/(m2
d)
2,3 1,7 1,4 1,1 1,4 1,5 1,5 1,2 1,7 1,5 2,3 15 15,33
TI g/
(m2d)
0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 2 5,00
V g/
(m2d)
1,1 0,9 1,2 1,1 2,4 1,6 1,1 0,9 1,1 0,8 2,4 100 2,40
Hg g/(m2
d)
0,0
6
0,2
5
0,1
2
0,1
0
0,0
9
0,08 0,0
5
0,3
1
0,0
9
0,0
4
0,31 1 31,00
PCDD/F pg/
(m2d)
1,9 1,9 - - - 1,7 - - - - 1,9 4 47,50
VI.3.4.1.1.2. Ergebnisse der Vorbelastungsmessung – Kurzzeitwerte
VI.3.4.1.1.2.1. Stickstoffdioxid
Der Stundenwert der TA Luft in Höhe von 200 µg/m³ (bei 18 zulässigen
Überschreitungen pro Jahr) wurde weder bei der vorhabensbezogenen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 87 von 321
Vorbelastungsmessung (2007/2008) noch an der HLUG-Messstation Hanau
(2007 bis 2009) erreicht.
VI.3.4.1.1.2.2. Schwebstaub PM10
Bei den Vorbelastungsmessungen im Zeitraum April 2007 bis Juli 2008
wurde an 9 Messstellen in einem einjährigen Messzeitraum zwischen vier bis
vierzehn Tagen eine Überschreitung des Schwebstaub-Tagesmittelwertes
von 50 µg/m³ ermittelt. An der HLUG-Messstation Hanau wurden in den
Jahren 2007 bis 2009 an max. 13 Tagen der Schwebstaub-Tagesmittelwert
von 50 µg/m³ überschritten. Die Kurzzeit-Immissionswerte der TA Luft für
Schwebstaub (PM10; zulässige Überschreitungshäufigkeit: 35 Tage pro Jahr)
werden demzufolge eingehalten bzw. unterschritten.
VI.3.4.1.2. Zusatzbelastung (Voraussichtliche Veränderung infolge des geplanten
Vorhabens)
VI.3.4.1.2.1. Ausbreitungsrechnung (mit Eingabedaten) zur Ermittlung des Immissions-
beitrages des Blocks 6
Die Antragstellerin hat Ausbreitungsrechnungen gemäß Anhang 3 der TA
Luft mit dem Modell TALdia / AUSTAL2000 (Version 2.3.6) unter Verwen-
dung der Winddaten der Messstation Kahl am Main (25 m ü. GOK) zur Er-
mittlung des Immissionsbeitrages des Blocks 6 durchgeführt.
Das Rechengebiet wurde mit einer Abmessung von 33 x 28,4 km so weit ge-
fasst, dass der Bereich des Spessarts ausreichend mit eingeschlossen ist.
Das Beurteilungsgebiet umfasst einen Radius von 10km um den neuen
Kühlturm und einen Radius von 12,5km um den 250m hohen vorhandenen
Schornstein des Blocks 4.
Als Emissionsquellen wurden berücksichtigt:
Steinkohle-Kessel mit Ableitung über den 180m hohen Kühlturm
Siloanlagen für Flugasche, Kalksteinmehl / Branntkalk, Kohletages-
bunker
5 Hilfskessel mit Ableitung über den vorhandenen 250m hohen Kamin
des Blocks 4
Die erforderliche Mindesthöhe des Kamins für die Ableitung der Abluft der
Hilfskessel wurde rechnerisch nachgewiesen. Die Bestimmung einer Min-
desthöhe des Kühlturms ist entsprechend VDI 3783 Blatt 13 nicht erforder-
lich. Für die Ermittlung des Immissionsbeitrages wurden insgesamt vier Re-
chenläufe durchgeführt (1 Rechenlauf Steinkohle-Kessel und Hilfskessel; je
ein Rechenlauf pro Siloanlage (Kohle, Kalkstein / Branntkalk, Flugasche)).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 88 von 321
Der Steinkohle- Kessel wird mit der erwarteten / beantragten Kombination
von Kessellast und Fernwärmeauskopplung (Lastfälle) sowie den beantrag-
ten Emissionsgrenzwerten berücksichtigt. Die Lastfälle wurden für die Aus-
breitungsrechnung der Luftschadstoffe einem zeitlichen Verlauf im Jahres-
gang zugeordnet.
In die Ausbreitungsrechnung wurden auch die Parameter Benzol mit einer
Emissions-Konzentration von 0,009 mg/m³ sowie HCl (20 mg/m³) und HF (1
mg/m³) einbezogen.
Bei den Siloanlagen und den Hilfskesseln wurden die beantragten Emissi-
onswerte und Betriebszeiten gemäß Formular 8/1 (Antragskapitel 8) sowie
die Inhaltsstoffe im Staub (Metalle) gemäß Anlage 8-2 berücksichtigt. In der
nachfolgenden Tabelle sind die beantragten, in die Ausbreitungsrechnung
eingestellten Emissionsfrachten des Blocks 6 für SO2, NO2 und Staub im
Vergleich mit den erwarteten mittleren Emissionsfrachten für Block 6 und
den beantragten zukünftigen Gesamtkraftwerksfrachten dargestellt. Wie die
Gegenüberstellung zeigt, wurde bei der Ausbreitungsrechnung des Blocks
6 beim SO2, NOx und beim Schwebstaub eine zum Teil deutlich höhere
Emissionsfracht angesetzt, als im zukünftigen Betrieb des Blocks 6 erwartet
wird. Die in die Ausbreitungsrechnung eingestellte Emissionsfracht über-
schreitet zudem bei den Parametern SO2 und Staub jeweils die für den zu-
künftigen Gesamtkraftwerksbetrieb beantragte Emissionsfracht. Dies be-
deutet, dass die errechneten Immissionsbeiträge für den Block 6 diesbezüg-
lich überschätzend sind.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 89 von 321
Tabelle 24: Emissionsfrachten der Ausbreitungsrechnung im Vergleich mit den erwarteten Emissionsfrachten des Blocks 6 und den beantragten Gesamtkraftwerksemis-sionen
Schad- stoff
Emissionsfrachten Kessel Block 6 Ausbreitungs- rechnung [t/a] gemäß Anlage 8-2 (I-Prognose)
Erwartete mittlere Emissions-frachten Block 6 gemäß Anlage 4.-1 (UVU)
Max. Emis-sionsfrachten Ge-samtkraftwerk-standort (Blöcke 4-6, Feuerung) [t/a]; gemäß Schreiben der Antragstellerin vom 05.06.2009
[t/a] %-Anteil an E-Fracht Ausbrei-tungs-rechnung
SO2 1.734 777 44,8 < 1.219
NOx als NO2
2.353 1.998 84,9 < 3.554
Staub 248 111 44,8 < 221
Der Einfluss von Gebäuden wurde mit dem Windfeldmodell TALdia be-
rechnet; bei der Kühlturmableitung wurden die Ergebnisse der VGB- For-
schungsvorhaben Nr. 262 und 279 berücksichtigt. Bei der Ausbreitungs-
rechnung wurde für die Stickstoffdioxid-Emissionen am Quellort (Abgasaus-
tritt) eine emissionsseitige Aufteilung von 90% NO und 10% NO2 ange-
nommen. Quecksilber wurde bei der Ausbreitungsrechnung zu 100% als
gasförmig (Hg(II)) angesetzt. Bei der Auswertung wurde eine Verteilung der
Quecksilberemissionen in 90% gasförmiger Emissionen und 10% in Form
von Emissionen als partikelgebundenes Quecksilber (Hg(p)) berücksichtigt.
Die in § 3 Abs.1 Satz 2 Nr. 3, lit. a) bis c) 13. BImSchV festgelegten Emis-
sionsgrenzwerte (Metalle, Benzo(a)pyren) gelten nicht für den Einsatz von
Kohle (§ 3 Abs.2 Satz 1 13. BImSchV). Bei der Ausbreitungsrechnung wur-
den dennoch ergänzend zu den Emissions-Antragswerten für das Reingas
aus der Kesselfeuerung des Blocks 6 sowie für die Abluft der Siloanlagen
die in § 3 Abs.1 13. BImSchV aufgeführten Schwermetalle mit betrachtet. Im
Rahmen der Ausbreitungsrechnung für das Raumordnungsverfahren wur-
den zudem die Parameter Ammoniak und Benzo(a)pyren eingestellt.
Für die Schwermetall-Emissionen des Reingases wurden plausible Schwer-
metallanalysen unter Berücksichtigung spezifischer Transferfaktoren vom
Brennstoff zum Rauchgas angesetzt. Die Schwermetall-Emissionen der Silo-
Anlagen entsprechen der Zusammensetzung des jeweiligen Staubes (Koh-
lestaub, Kalksteinstaub, Flugasche). Die Schwermetallkonzentrationen sind
nachfolgend zusammenfassend dargestellt:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 90 von 321
Tabelle 25: Emissionskonzentrationen Reingas Block 6 und Siloanlagen (Eingangsdaten)
Stoff Reingas Block 6 Emissionskon-
zentration (TMW) [mg/m³]
Siloanlagen
Emissionskonzentration [ g/m³]
Flugasche Kalkstein Kohlebun-ker
Cadmium (Cd) 0,008 0,025 0,004 0,03
Thallium (Tl) 0,0038 0,025 0 0,005
Quecksilber und seine Verbindun-gen (Hg)
0,015 0,025 0,00005 0,006
Antimon (Sb) 0,005 0,1 0,0004 0,01
Arsen (As) 0,015 0,3 0,0049 0,12
Blei (Pb) 0,05 1,2 0,02 1,5
Chrom (Cr) 0,014 1,2 0,022 0,45
Kobalt (Co) 0,002 0,88 0 0,05
Kupfer (Cu) 0,1 1,8 0 0,27
Mangan (Mn) 0,025 8,1 0 0,95
Nickel (Ni) 0,07 1,2 0,01 1
Vanadium (V) 0,036 2 0 0,34
Zinn (Sn) 0,013 0,1 0 0,02
Benzo(a)pyren 1) 0,005 - - -
Zink (Zn) 0,013 3,8 0 0,19
Ammoniak (NH3) 1) 2,0 - - -
1) Eingangsdaten Ausbreitungsrechnung ROV
Nach den am 24. Februar und 9. August 2010 ergänzend vorgelegten An-
tragsunterlagen liegen die im Reingas erwarteten Emissionskonzentrationen
bei den meisten Parametern niedriger als die in die Immissionsprognose
eingestellten Konzentrationen.
Als Grundlage für die FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde zudem eine er-
gänzende Ausbreitungsrechnung auf der Basis von erwarteten Jahresfrach-
ten durchgeführt. Im Zuge der Berechnungen wurde u.a. die Deposition an
Stickstoff und Schwefel ermittelt.
VI.3.4.1.2.2. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Jahreswerte
Die maximalen Immissionsbeiträge des Blocks 6 (einschließlich Siloanlagen
und Hilfskessel) an Luftschadstoffen im Beurteilungsgebiet (Radius von
10km um den neuen Kühlturm und von 12,5km um den Kamin des Blocks 4)
im Sinne einer worst-case-Betrachtung sind in den nachfolgenden Tabellen
12 und 13 für die Konzentration und die Deposition im Vergleich mit den
maßgebenden anerkannten Beurteilungswerten dargestellt. Die räumliche
Lage der aufpunktbezogenen Immissionsmaxima wurde in der Immissions-
prognose (Antragskapitel 8) und im Rahmen des Beteiligungsverfahrens in
ergänzend von der Antragsstellerin vorgelegten Unterlagen vom 9. Februar
2010 kartografisch dargestellt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 91 von 321
Die maximalen Immissionsbeiträge für die Stoffe, die ausschließlich aus den
hohen Quellen (Kühlturm, Kamin des Blocks 4) freigesetzt werden (SO2, HCl,
F) - mit Ausnahme des NO2 – sowie für die Konzentration an Cadmium, Thal-
lium und Quecksilber liegt rd. 2 Kilometer nordöstlich der Anlage.
Das Maximum der Deposition an Cadmium und Quecksilber befindet sich
rd. 10km nördlich des Kraftwerkes. Das NO2-Maximum befindet sich außer-
halb des Beurteilungsgebietes in einer Entfernung von ca. 12 bis 13km vom
Kraftwerk.
Beim Staub (einschließlich übrige Inhaltsstoffe, vorstehend nicht benannt)
liegt das Immissionsmaximum der Konzentration und der Deposition, be-
dingt durch die vergleichsweise niedrige Quellhöhe der Siloanlagen (30m
bis 71,2m), auf dem Kraftwerksgelände.
Maßgebende Beurteilungswerte finden sich in den bundesdeutschen fach-
gesetzlichen Regelwerken zum Immissionsschutz (TA Luft, 39. BImSchV),
Veröffentlichungen des Länderausschusses für Immissionsschutzes (LAI) so-
wie in sonstigen anerkannten Fachbeiträgen.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die maximalen Immissionsbeiträge des
Blocks 6 bei allen Parametern - mit Ausnahme der Quecksilberdeposition -
unterhalb der Irrelevanzgrenzen (Konzentration < 3% des jeweiligen Beur-
teilungswertes; Deposition < 5% des jeweilige Beurteilungswertes) liegen.
Durch den Betrieb des Blocks 6 wird bei der Konzentration der meisten Pa-
rameter als maximaler Immissionsbeitrag ein Anteil an den Beurteilungswer-
ten von überwiegend deutlich weniger als 1% erreicht. Bei den Parametern
Schwebstaub und den Inhaltsstoffen Arsen, Nickel und Vanadium im
Schwebstaub werden Anteile von max. 1,7% an den Beurteilungswerten er-
reicht.
Bei der Deposition liegt der maximale Immissionsbeitrag bei den meisten
Parametern bei einem Anteil an den jeweiligen Beurteilungswerten von we-
niger als 1,3%. Ein Anteil an den Beurteilungswerten von mehr als 1,3%
ergibt sich bei folgenden Parametern (Deposition): Arsen und Cadmium:
2,5%, Nickel: 3,2%, Quecksilber: 9,0% und Dioxine / Furane: 14,75% (Bezug:
Anteil am LAI-Zielwert für die langfristige Luftreinhaltung). Für Quecksilber
und Dioxine / Furane sowie für die übrigen Parameter wurde anhand der
Ermittlung der Gesamtbelastung nachgewiesen, dass auch bei einem rele-
vanten Immissionsbeitrag an Quecksilber bzw. Dioxinen / Furanen keine
schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Immissionen des Blocks 6 her-
vorgerufen werden können.
Beim Mangan liegt kein anerkannter Beurteilungsmaßstab für die Depositi-
on vor. Nach Kühlung / Peters (1994) liegt eine Manganbelastung von 10 bis
30 µg/(m² d) im mittleren Wertebereich für ein ländliches Gebiet / Reinluft-
gebiet.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 92 von 321
Bei den LAI- Werten für Dioxine / Furane für die Staubkonzentration (150
fg/m³) und die Staubdeposition (4 pg/m²xd) handelt es sich jeweils um
Zielwerte für die langfristige Luftreinhaltung, so dass diese Werte ausdrück-
lich nicht als Orientierungswert für die Sonderfallprüfung herangezogen
werden können (LAI, 2004). Eine Wertung unter Bezugnahme auf die Irrele-
vanzschwellen (3% Konzentration und 5% Deposition) ist hier nicht zulässig.
Tabelle 26: Immissionsbeitrag des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloanlagen) an Luftschadstoffen – Konzentration im Vergleich mit den maßgebenden Beurtei-lungswerten
Zusatzbelastung Block 6
Schadstoff
Maximale Zusatz-
belastung
Bewertungskriteri-
en (BW)
Anteil der max.
Zusatzbelastung
an BW in %
Gasförmige Komponenten [ g/m³]
Stickstoffdioxid (NO2) 0,17 40 (TA Luft) 0,43
Schwefeldioxid (SO2) 0,32 50 (TA Luft) 0,64
Schwebstaub [ g/m³]
Schwebstaub (PM-10) 2) 0,53 40 (TA Luft) 1,33
Inhaltsstoffe im Schwebstaub [ng/m³]
Arsen (As) 0,074 6 (39. BImSchV, TA
Luft))
1,23
Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,033 5 (39. BImSchV, TA
Luft)
0,66
Kobalt (Co) 0,048 20 (HLUG) 0,24
Chrom (Cr) 0,11 17 (LAI) 0,65
Kupfer (Cu) 0,48 1.000 (1/100 MAK) 0,05
Mangan (Mn) 0,47 150 (WHO) 0,31
Nickel (Ni) 0,34 20 (39. BImSchV, TA
Luft)
1,70
Blei u. s. Verb. (Pb) 0,26 500 (TA Luft) 0,05
Antimon (Sb) 0,025 5.000 (RK-Wert für
langf. Inh.)
<0,1
Zinn (Sn) 0,057 20.000 (1/100 MAK) <0,1
Thallium (TI) 0,016 14 (Eikmann, 2008;
unveröff.)
0,11
Vanadium (V) 0,24 20 (LAI) 1,20
Quecksilber und seine Ver-
bindungen (Hg)
0,062 50 (LAI) 0,12
Dioxine / Furane (PCDD/F)
[fg/m³]
0,43 fg/m³ 150 (LAI) (0,29)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 93 von 321
Tabelle 27: Immissionsbeitrag des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloanlagen) an Luftschadstoffen – Deposition im Vergleich mit den maßgebenden Beurtei-lungswerten
Zusatzbelastung Block 6
Schadstoff
Maximale Zusatz-belastung
Bewertungskriteri-en (BW)
Anteil max. Zusatzbelas-tung an BW
Staubniederschlag [mg/(m2d)]
Staubniederschlag (StN) 0,62 350 (TA Luft) 0,18
Inhaltsstoffe im Staubniederschlag [ g/(m2d)]
Arsen (As) 0,10 4 (TA Luft) 2,5
Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,05 2 (TA Luft) 2,5
Kobalt (Co) 0,06 5 (Vergleichswert HLUG))
1,2
Chrom (Cr) 0,15 82 (BBodSchV)) 0,18
Kupfer (Cu) 0,69 99 (BBodSchV) 0,7
Mangan (Mn) 0,58 10-30 (Messwerte ländl. Raum)
1,9-5,8
Nickel (Ni) 0,48 15 (TA Luft) 3,2
Blei u. s. Verb. (Pb) 0,36 100 (TA Luft) 0,36
Antimon (Sb) 0,03 10 (Vergleichswert HLUG)
0,3
Zinn (Sn) 0,08 15 (Anlage 22-4, ROV-Gutachten)
0,5
Thallium (TI) 0,02 2 (TA Luft) 1,0
Vanadium (V) 0,32 100 (Vergleichswert HLUG)
0,32
Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)
0,09 1 (TA Luft) 9,0
Dioxine / Furane (PCDD/F) 0,59 4 (LAI) (14,75)
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass beim SO2 sowie beim Staub für den
Betrieb des Blocks 6 höhere Emissionsfrachten angesetzt wurden, als im zu-
künftigen Gesamtkraftwerksbetrieb freigesetzt werden.
VI.3.4.1.3. Gesamtbelastung (Jahreswerte) aus der Vorbelastung und dem Immissi-
onsbeitrag des Blocks 6
Maßgebende Beurteilungswerte finden sich in den bundesdeutschen fach-
gesetzlichen Regelwerken zum Immissionsschutz (TA Luft, 39. BImSchV),
Veröffentlichungen des Länderausschusses für Immissionsschutzes (LAI) so-
wie in sonstigen anerkannten Fachbeiträgen.
Ungeachtet des Nachweises der Irrelevanz im Sinne der TA Luft bzw. der
sonstigen anerkannten Beurteilungswerte wurde von der Antragstellerin mit
den vorgelegten Antragsunterlagen nachgewiesen, dass die Immissions-
werte der TA Luft bzw. der sonstigen anerkannten Beurteilungswerte unter
Berücksichtigung des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetriebs in der Ge-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 94 von 321
samtbelastung eingehalten bzw. unterschritten werden. Die Regelungen
der TA Luft bei Überschreiten von Immissionswerten (z.B. Maßnahmen zur
Luftreinhaltung, die über den Stand der Technik hinausgehen) sind demzu-
folge hier nicht anzuwenden.
Zur Ermittlung der Gesamtbelastung wurde im Bereich der 10 Mess- bzw.
Monitorpunkte die jeweils gemessene Vorbelastung mit der berechneten
Zusatzbelastung (Immissionsbeitrag Block 6) überlagert (Vorbelastung + Zu-
satzbelastung = Gesamtbelastung). Die so errechnete Gesamtbelastung ist
insoweit überschätzend, als in der Vorbelastung der Kraftwerksbetrieb der
Blöcke 1 bis 3, 4 und 5 mit den tatsächlichen Betriebszeiten enthalten ist
und die Blöcke 1 bis 3 nach der Inbetriebnahme des neuen Blocks 6 stillge-
legt werden.
Ergänzend wurde in den Antragsunterlagen zudem - in weiterer Überschät-
zung - der maximal gemessene Wert der Vorbelastung mit dem maximalen
Immissionsbeitrag (Block 6) im gesamten Beurteilungsgebiet / Untersu-
chungsraum überlagert (worst-case-Betrachtung).
In der Gesamtbelastung (worst-case) werden die Beurteilungswerte bei al-
len Parametern deutlich unterschritten (vgl. Tabelle 28: Gesamtbelas-
tung an Luftschadstoffen – Überlagerung der Vorbelastungsmessungen mit
dem berechneten Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Konzentration und Ta-
belle 29: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung Vorbelas-
tungsmessungen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Block 6 –
Deposition).
Bei der Konzentration liegen die Anteile der max. worst-case-
Gesamtbelastung an den Beurteilungswerten bei den meisten Parametern
bei überwiegend deutlich weniger als 20%. Beim Arsen im Schwebstaub
werden Anteile an den Beurteilungswerten von 25% erreicht, beim Schweb-
staub 60% und beim Stickstoffdioxid 75,5%. Überlagert man beim
Stickstoffdioxid den maximalen worst-case Immissionsbeitrag des Blocks 6
mit dem maximalen Messwert der HLUG-Station Hanau (2009) ergibt sich
ein Anteil am Immissionswert der TA Luft von 98,2%.
Bei der Deposition liegen die Anteile an den Beurteilungswerten bei den
meisten Parametern bei überwiegend deutlich weniger als 50%. Bei der Di-
oxin / Furan-Deposition ergibt sich ein Anteil von 62%. Beim Mangan liegt
kein anerkannter Beurteilungsmaßstab für die Deposition vor. Nach Kühling
/ Peters (1994) liegt die Manganbelastung im mittleren Wertebereich für ein
ländliches Gebiet / Reinluftgebiet.
Bei Abschätzung des PM2,5-Anteils mit 80% des PM10-Wertes errechnet sich
damit im Sinne einer worst-case-Betrachtung eine PM2,5-Gesamtbelastung
von ca. 19,2 µg/m³. Die entspricht einem Anteil am EU-Grenzwert (25
µg/m³) von ca. 77%.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 95 von 321
Tabelle 28: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung der Vorbelastungsmes-sungen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Konzentration
Gesamtbelastung Maximale Gesamtbelastung
(worst-case)
Bewertungskriteri-en (BW)
Anteil der ma-ximalen Ge-
samtbelastung
an BW
Gasförmige Komponenten [ g/m³]
Stickstoffdioxid (NO2) 30,2 40 (TA Luft) 75,5
Schwebstaub [ g/m³]
Schwebstaub (PM-10) 2) 24 40 (TA Luft) 60,00
Inhaltsstoffe im Schwebstaub [ng/m³]
Arsen (As) 1,5 6 (39. BImSchV, TA Luft))
25,00
Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,27 5 (39. BImSchV, TA Luft)
5,40
Kobalt (Co) 0,35 20 (HLUG) 1,75
Chrom (Cr) 2,5 17 (LAI) 14,71
Kupfer (Cu) 16 1.000 (1/100 MAK) 1,60
Mangan (Mn) 8,7 150 (WHO) 5,80
Nickel (Ni) 2,0 20 (39. BImSchV, TA Luft)
10,00
Blei u. s. Verb. (Pb) 9,5 500 (TA Luft) 1,90
Antimon (Sb) 2,9 5.000 (RK-Wert für langf. Inh.)
0,06
Zinn (Sn) 3,7 20.000 (1/100 MAK) 0,02
Thallium (TI) 0,066 14 (Eikmann, 2008; unveröff.)
0,47
Vanadium (V) 0,84 20 (LAI) 4,20
Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)
0,96 50 (LAI) 1,92
Dioxine / Furane (PCDD/F)
(fg/m³)
27 150 (LAI) 18,00
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 96 von 321
Tabelle 29: Gesamtbelastung an Luftschadstoffen – Überlagerung Vorbelastungsmessun-gen mit dem berechneten Immissionsbeitrag des Block 6 – Deposition
Gesamtbelastung Maximale Gesamt-belastung
(worst-case)
Bewertungskriteri-en (BW)
Anteil der ma-ximalen Ge-
samtbelastung an BW
Staubniederschlag [mg/(m2d)]
Staubniederschlag (StN) 85 350 (TA Luft) 24,29
Inhaltsstoffe im Staubniederschlag [ g/(m2d)]
Arsen (As) 1,4 4 (TA Luft) 35,00
Cadmium u. s. Verb. (Cd) 0,35 2 (TA Luft) 17,50
Kobalt (Co) 0,86 5 (Vergleichswert HLUG))
17,20
Chrom (Cr) 2,5 82 (BBodSchV)) 3,05
Kupfer (Cu) 10 99 (BBodSchV) 10,10
Mangan (Mn) 16 10-30 (Messwerte ländl. Raum)
53,33
Nickel (Ni) 6,3 15 (TA Luft) 42,00
Blei u. s. Verb. (Pb) 8,3 100 (TA Luft) 8,30
Antimon (Sb) 1,3 10 (Vergleichswert HLUG)
13,00
Zinn (Sn) 2,4 15 (Anlage 22-4, ROV-Gutachten)
16,00
Thallium (TI) 0,12 2 (TA Luft) 6,00
Vanadium (V) 2,7 100 (Vergleichswert HLUG)
2,70
Quecksilber und seine Verbin-dungen (Hg)
0,4 1 (TA Luft) 40,00
Dioxine / Furane (PCDD/F)
(pg/m².d)
2,5 4 (LAI) 62,50
VI.3.4.1.4. Immissionsbeitrag des Blocks 6 – Kurzzeitwerte
Die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung für die Kurzzeitwerte (Immissi-
onsbeitrag des Blocks 6 an NO2, SO2 und Schwebstaub) sind nachfolgend
dargestellt:
Tabelle 30: Immissionsbeitrag des Blocks 6 an SO2 und Schwebstaub – Kurzzeitwerte
Maximum Tag (t00)
Zusatzbelas-tung Block 6 + Silos
MP1 MP2 MP3 MP4 MP5 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10
Max.
PM10 g/m3
0,50 0,86 0,42 0,27 0,47 0,51 0,28 0,64 0,61 0,35 6,5
SO2 g/m3
4,5 8,3 3,7 2,3 3,7 4,0 3,8 9,3 5,7 2,8 49
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 97 von 321
Tabelle 31: Immissionsbeitrag des Blocks 6 an NO2 und SO2 – Kurzzeitwerte
Maximum Stunde (s00)
Zusatzbelastung Block 6 + Silos
MP1 MP2 MP3 MP4 MP5 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10 Max.
NO2 g/m3 123 301 108 61 54 72 114 231 157 86 607
SO2 g/m3 89 174 80 51 87 72 92 203 137 68 1184
Als maximaler Tagesmittelwert an Schwebstaub (PM10) wurde an den 10
Monitorpunkten ein Wert von bis zu 0,86 µg/m³ (MP 2) errechnet. Der Ma-
ximalwert im gesamten Beurteilungsgebiet liegt bei 6,5 µg/m³. Im folgen-
den Kapitel ist ausgeführt, dass sich dieser Immissionsbeitrag nicht auf die
Immissionssituation auswirkt.
Beim SO2 werden Immissionskonzentrationen aus dem Anlagenbetrieb des
Blocks 6 an den 10 Monitorpunkten erreicht, die dem Wert nach die Kurz-
zeitkonzentrationswerte der Tabelle 1 der TA Luft für den Tag (125 µg/m³
mit 3 zulässigen Überschreitungen im Jahr) und die Stunde (350 µg/m³ mit
24 zulässigen Überschreitungen im Jahr) unterschreiten.
Auch beim NO2 liegt der Immissionsbeitrag des Blocks 6 an den 10 Moni-
torpunkten unterhalb der Konzentration der Tabelle 1 der TA Luft (200
µg/m³ mit 18 zulässigen Überschreitungen im Jahr).
Die in der letzten Spalte der Tabelle 31: Immissionsbeitrag des Blocks
6 an NO2 und SO2 – Kurzzeitwerte genannten Immissionsbeiträge des
Blocks 6 stellen Maximalwerte für Einzelereignisse mit einer geringen Auf-
trittswahrscheinlichkeit im Jahresverlauf dar. Zur Einhaltung der Immissi-
onswerte der Tabelle 1 der TA Luft sind die Überschreitungshäufigkeiten
der Immissionswerte der TA Luft (Stunden- bzw. Tagesmittel) maßgebend
(siehe nachfolgendes Kapitel VI.3.4.1.5).
VI.3.4.1.5. Ermittlung der Gesamtbelastung (Kurzzeitwerte) aus der Vorbelastung und
dem Immissionsbeitrag des Blocks 6
VI.3.4.1.5.1. Schwebstaub
Durch den Immissionsbeitrag des Blocks 6 erhöht sich die Anzahl der Tage
mit Überschreitung des TA Luft-Tagesmittelwertes für Schwebstaub von
50µg/m³ an den Vorbelastungs-Messstellen um max. einen Tag (siehe nach-
folgende Tabelle 32: Überschreitungshäufigkeit des Kurzzeitwertes der
TA Luft für Schwebstaub). Der Immissionswert der TA Luft (Überschrei-
tungshäufigkeit: 35 Tage) wird unverändert auch in der Gesamtbelastung
unterschritten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 98 von 321
Tabelle 32: Überschreitungshäufigkeit des Kurzzeitwertes der TA Luft für Schwebstaub
PM10- Überschreitungshäufigkeit von 50 g/m3
Tagesmittel (Grenzwert 35)
Messpunkte MP1 MP2 MP3 MP4 MP6 MP7 MP8 MP9 MP10
Messwerte 2007/2008
1/a 13 6 4 8 9 10 7 14 7
Beitrag von
Block 6 + Silos
1/a 0 1 0 1 1 0 0 0 1
Gesamtbelas-tung
1/a 13 7 4 9 10 10 7 14 8
% 37 20 11 26 29 29 20 40 23
VI.3.4.1.5.2. NO2 und SO2
Auch beim NO2 (Stundenmittel) und bei SO2 (Stunden- und Tagesmittel)
werden die nach der TA Luft zulässigen Überschreitungshäufigkeiten von 18
Überschreitungen für NO2 und 3 Überschreitungen für SO2 (Tageswert) bzw.
24 Überschreitungen (Stundenwert) in der Gesamtbelastung nach den Kri-
terien der TA Luft (Nr. 4.7.2 und 4.7.3) nicht überschritten.
VI.3.4.1.6. Anfahren der Anlage
Die beim Anfahren der Anlage entstehenden Emissionen / Immissionen aus
dem Betrieb der fünf Hilfskesselanlagen sind bei der oben genannten Aus-
breitungsrechnung (Betriebsstunden und Emissionsfrachten) enthalten.
VI.3.4.1.7. Abschätzung der Immissionsbelastung bei Ausfall der Rauchgasentschwe-
felungsanlage / Entstickungsanlage
Auf Basis der Antragswerte für die Schwefel- und Stickstoffoxidemissionen
bei Ausfall der Rauchgasentschwefelungsanlage / Entstickungsanlage (siehe
Kapitel VI.3.3.7) wurden die maximalen Tagesmittel anhand der Ergebnisse
der Ausbreitungsrechnung mit 115 µg/m³ (SO2) bzw. 78 µg/m³ (NO2) ge-
schätzt. In der nachfolgenden Tabelle sind die ermittelten Kurzzeitwerte ori-
entierend im Vergleich zu den für den bestimmungsgemäßen Betrieb gel-
tenden Kurzzeitwerten der TA Luft dargestellt.
Tabelle 33: Nicht bestimmungsgemäßer Betrieb
Stoff Ermittelte Kurz-
zeitwerte
Bewertungs-
maßstab
TA Luft
Mittelungszeit-
raum
TA Luft
Zulässige Über-
schreitungshäufigk
eit im Jahr
Schwefeldioxid
(SO2-S24)
150 µg/m3 350 µg/m3 1 h 24
Schwefeldioxid
(SO2-T03)
38 µg/m3 125 µg/m3 24 h 3
Stickstoffdioxid
(NO2-S18)
124 µg/m3 200 µg/m³ 1 h 18
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 99 von 321
VI.3.4.1.8. Verkehrsbedingte Luftschadstoffemissionen
In einer separaten Ausbreitungsrechnung wurde der Immissionsbeitrag des
kraftwerksbedingten Verkehrs für ein LKW- Aufkommen von 20.800 LKW / a
(Betriebsphase derzeitiger Anlagenbetrieb) und von 52.000 LKW / a (Bau-
phase) an drei ausgewählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerks be-
rechnet.
Im derzeitigen Anlagenbetrieb liegen die Immissionsbeiträge bei allen Pa-
rametern (Schwebstaub, NO2 und Benzol) deutlich unterhalb der Irrele-
vanzgrenze. Mit der Inbetriebnahme des Blocks 6 wird sich die Anzahl der
LKW um rd. 37,5% reduzieren und demzufolge auch die verkehrsbedingten
Immissionen.
Während der Bauphase liegen - mit den obigen LKW- Ansätzen – die Immis-
sionsbeiträge für Schwebstaub und Benzol an allen drei Immissionsorten
sowie für Stickstoffdioxid an zwei Immissionsorten unverändert deutlich un-
terhalb der 3%-Irrelevanzgrenzen. Beim Stickstoffdioxid erreicht der Immis-
sionsbeitrag (1,8 µg/m³) am Immissionsort MP 3 (Großauheim) einen Anteil
am Immissionswert der TA Luft von 4,5%.
Mit den seitens der Antragstellerin ergänzend mit Schreiben vom 24. Feb-
ruar 2010 vorgelegten Unterlagen wurde nachgewiesen, dass auch in der
Überlagerung der Betriebsphase des derzeitigen Anlagenbetriebs mit der
Bauphase für den Block 6 die Immissionswerte der TA Luft eingehalten bzw.
deutlich unterschritten werden.
VI.3.4.2. Schutzgut Klima
VI.3.4.2.1. Ist- Zustand
VI.3.4.2.1.1. Klimatische Situation und klimaökologische Funktionen im Bereich / Um-
feld des Standortes
Die bebauten Bereiche des Gesamtkraftwerkstandortes - einschließlich des
Baufelds des Blocks 6 - sind im Landschaftsplan der Gemeinde Großkrot-
zenburg als Industrie-Klimatop / Raum städtischer Überwärmung (Wärme-
speicherung / erhöhte nächtliche Abstrahlung / Barriere für Luftleitbahn“)
ausgewiesen.
Durch die vorhandene Überbauung kommt es am Kraftwerkstandort zu ei-
ner marginalen Erwärmung am Tage und einer erhöhten nächtlichen Aus-
strahlung. Des Weiteren wird durch die bodennahe Erwärmung und die
Baukörper das Windfeld auf dem Kraftwerksgelände verändert.
Dem Main, der unmittelbar westlich und weiter südlich des Kraftwerkstand-
ortes verläuft, kommt nach dem Landschaftsplan der Gemeinde Großkrot-
zenburg die Funktion einer Kaltluft- und Frischluftbahn zu. Die nicht über-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 100 von 321
bauten Freiflächen im Kraftwerksbereich / -umfeld sind im Landschaftsplan
als „potentiell hoch aktive Ventilationsbahn / Ventilationsfläche“ ausgewie-
sen. Als Gewässer-Klimatop ist der Main gegenüber der Umgebung durch
einen ausgleichenden thermischen Einfluss gekennzeichnet, der sich in den
schwach ausgeprägten Tages- und Jahresgängen der Temperatur wider-
spiegelt. Die Luftfeuchtigkeit ist zudem höher als im Umland.
Die im weiteren Umfeld des Kraftwerkstandortes vorhandenen Waldgebiete
stellen potentiell aktive Frischluftgebiete dar.
Im Rahmen eines behördlicherseits veranlassten Fachgutachtens wurde der
Ist- Zustand der Kaltluft- und Flurwindsituation mit dem Modell FITNAH für
ein großräumiges Rechengebiet, das die Randhöhen des Spessarts mit um-
fasst, berechnet. Simuliert wurde das Strömungsgeschehen für eine typi-
sche Sommer-Wetterlage, in der es zur Ausbildung von Kaltluftströmungen
und lokalen Flurwinden kommt.
Im Ergebnis der Berechnungen ist festzustellen, dass die nächtliche Kaltluft
aus süd-südöstlicher Richtung kommend den Kraftwerkstandort in Richtung
Nord-Nordwesten überstreicht. Einflüsse des Kraftwerks auf die Strömungs-
und Temperaturverhältnisse zeigen sich nur in Bodennähe und bleiben lokal
auf den Kraftwerkstandort und das unmittelbare Umfeld begrenzt.
VI.3.4.2.1.2. Wind- / Ausbreitungsverhältnisse
Für die Ausbreitungsrechnungen mit AUSTAL2000 ist nach TA Luft eine re-
präsentative Jahreszeitreihe der meteorologischen Ausbreitungsbedingun-
gen erforderlich. Für den Standortbereich wurde die Vergleichsstation Kahl
am Main vom Deutschen Wetterdienst empfohlen. Sie weist fünfjährige kon-
tinuierliche Windmessungen und Beobachtungsreihen auf, die für Ausbrei-
tungsklassenstatistiken eine ausreichende Datendichte mitbringen. Das im
Rechenprogramm der Immissionsprognose verwendete Grenzschicht- und
Windfeldmodell modelliert die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der
Höhe, die Winddrehung mit der Höhe, Turbulenzen durch Gebäude und
ggf. Kanalisierung durch Geländestrukturen. Der Einsatz von Daten aus Bo-
denstationen entspricht der nach TA Luft vorgeschriebenen Verfahrenswei-
se. Aus meteorologischer Sicht ist als repräsentative Jahreszeitreihe von
Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse die Jahreszeit-
reihe der DWD Messstation Kahl am Main des Jahres 2001 geeignet. Die
Verwendung der Daten einer nahegelegenen Messstation mit Überprüfung
der Übertragbarkeit bzw. Verwendbarkeit entspricht der erforderlichen
Vorgehensweise nach TA Luft. Die in der Windmessstation Kahl a. Main er-
mittelten meteorologischen Daten wurden nicht auf den Kraftwerkstandort
verschoben, sondern sind an Ort und Stelle der Messungen in die Ausbrei-
tungsberechnungen eingegangen. Positiv wirkt sich auf die Ausbreitungs-
rechnungen zudem aus, dass sich der Messort Kahl am Main nur etwa fünf
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 101 von 321
Kilometer südöstlich vom Kraftwerkstandort und damit deutlich innerhalb
des Beurteilungsgebietes der TA Luft befindet.
Aus der ca. 4,5 km südöstlich des Kraftwerks gelegenen Messstation Kahl
am Main ist eine Windrichtungsverteilung mit einem Maximum aus Südsüd-
ost und einem sekundärem Maximum aus Richtung Südwest bis Süd anzu-
treffen. Die mittlere Windgeschwindigkeit im Jahresmittel beträgt 2,9 m/s in
25m Höhe über Grund. Windschwache Wetterlagen mit Windgeschwindig-
keiten von weniger als 1,4 m/s treten an ca. 25,6% der Jahresstunden auf;
hohe Windgeschwindigkeiten mit mehr als 8,5 m/s an nur 0,7% der Jahres-
stunden. Windsituationen mit einer nur geringen atmosphärischen Durch-
mischung der bodennahen Luftschichten (Ausbreitungsklassen I und II) sind
in 39,4% der Jahresstunden zu erwarten.
VI.3.4.2.2. Voraussichtliche Auswirkungen des Vorhabens
Im Rahmen der Auswirkungsprognose sind die Auswirkungen durch die
Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von Bauwerken (dazu
VI.3.4.2.2.1), Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms
(dazu VI.3.4.2.2.2)+ Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“ (dazu
VI.3.4.2.2.2.3) sowie Auswirkungen durch CO2- Emissionen (dazu
VI.3.4.2.2.2.4) zu betrachten.
VI.3.4.2.2.1. Auswirkungen durch die Flächeninanspruchnahme und die Errichtung von
Bauwerken
Der Kraftwerkstandort ist bereits derzeit durch einen hohen Versiege-
lungsgrad (< 60 %) geprägt. Es ist nicht erkennbar, dass die weitere Über-
bauung / Versiegelung des ca. 99ha großen Gesamt-Kraftwerkstandortes in
einem Umfang von ca. 6,3ha die vorhandenen klimaökologischen Effekte in
erheblichem Umfang verstärkt. Die Standortfläche des Blocks 6 wurde in der
Vergangenheit überwiegend als Kohlelager genutzt, so dass hier anthropo-
gen überprägte Flächen ohne besondere lokalklimatische Funktionen
überbaut werden.
Durch die Errichtung von weiteren Bauwerken mit Höhen bis zu ca. 127m
(Kesselhaus) bzw. bis 180m (Kühlturm) kommt es zu zusätzlichen Verände-
rungen des bodennahen Windfeldes, die sich jedoch auf den unmittelbaren
Nahbereich der Maßnahmen, und damit lokal auf den Kraftwerkstandort
und das unmittelbare Umfeld, beschränken.
Mit den Antragsunterlagen wurde ein Fachgutachten vorgelegt, das den
Einfluss des Kraftwerks Staudinger auf den Kaltlufthaushalt untersucht. Im
Ergebnis des Fachgutachtens ist festzustellen, dass die geplante Bauwerks-
erweiterung nur einen unbedeutenden Einfluss auf die Strömungsverhält-
nisse hat. Eine erhebliche Verschlechterung der Belüftungssituation oder
eine Blockierung der Luftströmung ist nicht zu befürchten. Die Ventilations-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 102 von 321
bahn des Maines wird durch die Baumaßnahme nicht beeinflusst. Nachteili-
ge Auswirkungen auf die Frischluftzufuhr zu Siedlungsflächen sind nicht zu
befürchten.
Die ergänzend durchgeführten Berechnungen mit dem FITNAH- Modell
und dem ABC- Modell („Airflow around Buildings Clusters – hoch auflösen-
des Strömungsmodell) zum Einfluss des Blocks 6 auf das bodennahe Kalt-
luft- und Flurwindsystem haben die Einschätzungen des Fachgutachtens be-
stätigt.
Berechnungen der Kaltluftflurwinde mit dem Rechenprogramm FITNAH er-
geben, dass signifikante Kaltluftabflüsse im Bereich der markanten Gelän-
destrukturen (Berghänge wie Hänge des Spessarts) nur bis zu 2 km in die
vorgelagerte Ebene reichen, jedoch nicht das Umfeld des Kraftwerkstandor-
tes erreichen. Weiterhin weisen die großräumigen Berechnungen Kanalisie-
rungseffekte für Kaltluftströmungen nur in den Spessart-Tälern, zwischen
den Spessart-Hängen und den flachen Erhebungen des Schäferberges im
Bereich Michelbach-Alzenau nach. Im Umfeld des Kraftwerkes gibt es je-
doch keine Höhenunterschiede, die in der Lage wären, eine markante Strö-
mungskanalisierung in diesem Bereich herbei zu führen. Eingebettet ist das
Strömungsgeschehen im Umfeld des Kraftwerkes nach den Berechnungen
in eine nordwestlich gerichtete Strömung im gesamten Bereich der Main-
Niederung westlich des Spessarts von Aschaffenburg bis Hanau (Wind aus
etwa 140 bis 170 °). Grundsätzlich können lokal wärmere Bereiche wie In-
dustrie- und Siedlungsgebiete für geringfügige Änderungen der Strömun-
gen der Flurwinde sorgen. Diese bleiben jedoch aufgrund ihrer naturgemäß
hauptsächlich bodennahen Antriebsursache auf lokale Änderungen - zum
Beispiel der Windrichtung unmittelbar über dem Boden – beschränkt (Ein-
drehen Richtung Wärmequelle). Aber lokale Flurwinde-Effekte, die über das
unmittelbar benachbarte Gelände des Kraftwerkes hinaus reichen, wurden
nicht mit FITNAH berechnet. Insgesamt ergibt sich, dass das Kaltluft-
Flurwindsystem im Untersuchungsgebiet durch die zusätzliche Berücksichti-
gung des Blocks 6 nicht wesentlich verändert wird. Unterschiede sind ledig-
lich im Bereich des Kraftwerkstandortes selbst und seiner unmittelbaren
Nachbarschaft erkennbar. Aus diesem Grund wurde zusätzlich die Hinder-
niswirkung in dieser kleinräumigen Zone mit einem sehr viel höher auflö-
senden Simulationsmodell nochmals vertieft untersucht. Die Modellrech-
nungen mit Angaben zu den Bremswirkungen bzw. den flankierenden Be-
schleunigungswirkungen des Windes wurden für verschiedene Höhen über
Grund durchgeführt.
Im Ergebnis der Berechnungen zeigen sich nur geringe Veränderungen ge-
genüber dem Ist- Zustand, die sich auf das Kraftwerksgelände sowie das na-
he Umfeld begrenzen. Diese lokalklimatische Studie hat ergeben, dass eine
für die Bewohner spürbare Veränderung der Windverhältnisse (Belüftung
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 103 von 321
durch Kaltluft/ Flurwinde) sowohl im Jahresmittel als auch im Einzelfall nicht
zu erwarten ist.
Damit konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des Blocks 6
auf die Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet aufzeigen.
VI.3.4.2.2.2. Auswirkungen durch den Betrieb des Naturzug-Nasskühlturms
Die beim Kühlvorgang im Naturzug- Nasskühlturm entstehende warme,
wasserdampfreiche Luft tritt mit einem vertikal gerichteten Impuls aus dem
Kühlturm aus. Nach dem Austritt wird der Sättigungsdampfdruck in der sich
abkühlenden wasserdampfreichen Abluft in größeren Bereichen überschrit-
ten, so dass sich ein sichtbarer Schwaden ausbildet.
Wesentliche Veränderungen von meteorologischen Parametern wie Bewöl-
kung, Temperatur, Luftfeuchte, Nebelbildung, Niederschlag, Auslösung von
Gewittern, Eisbildung sind nicht zu erwarten.
VI.3.4.2.2.2.1. Sonnenscheindauer und Globalstrahlung
Gemäß dem Fachgutachten zu den Auswirkungen des Kühlturmbetriebs ist
nach den durchgeführten Modellrechnungen zu den Schwadenemissionen
und den Beschattungen durch die geplanten Kraftwerksbauten mit einer zu-
sätzlichen Verminderung der jährlichen Sonnenscheindauer von bis zu ma-
ximal 3,3% (IP 4, Großauheim) und der Globalstrahlung von bis zu maximal
1,5% (IP 4, Großauheim) im Bereich von 10 ausgewählten repräsentativen
Monitorpunkten (Bebauungen / Siedlungsflächen; ohne ehemaligen Aus-
siedlerhof) zu rechnen. Als meteorologische Vergleichsdaten wurden die
Daten der DWD-Station Schaafheim- Schlierbach (2002 bis 2006) zugrunde
gelegt.
Ein Einfluss auf das Pflanzenwachstum durch eine geringfügig verminderte
Globalstrahlung ist nicht zu befürchten, da in den meisten Fällen die für die
maximale Assimilation notwendige Globalstrahlung weit überschritten wird.
Die Globalstrahlung gibt an, wie viel Sonnenenergie auf der Erde zur Verfü-
gung steht. Sie setzt sich zusammen aus der sichtbaren Sonneneinstrahlung,
die sich durch klar erkennbaren Schattenwurf definieren lässt und der diffu-
sen Strahlung. Sie ist letztendlich in ihrer Gesamtheit als sichtbares und ver-
wertbares Tageslicht zu beschreiben. Nach Messungen unter Kühlturm-
schwaden erreicht selbst unter ungünstigen Bedingungen noch 1/3 der ein-
fallenden kurzwelligen Strahlung den Erdboden. Am Standort des Kraft-
werks Staudinger fällt die relative jährliche Minderung der Globalstrahlung
deutlich geringer aus als die der Sonnenscheindauer, da nur ein Teil der di-
rekten solaren Strahlung durch die sichtbaren Wasserdampffahnen der
Kühltürme absorbiert bzw. reflektiert wird. Im Bereich der o. g. Immissions-
punkte (außer IP_5) ist eine Minderung von 2,1 % (IP_4) bis 0,2 % (IP_11) für
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 104 von 321
den IST-Zustand errechnet, die sich für den Ausbauzustand leicht um 1,5 %
(IP_4) bis 0,1 % (IP_11) erhöhen kann.
Zudem wird eine wesentliche Minderung des Ertrags von Solaranlagen nicht
gesehen, da mögliche Minderung der Globalstrahlung durch die Kühlturm-
schwaden entsprechend der Prognose äußerst gering ausfällt.
Der Einfluss des Vorhabens auf die Verschattung durch Schwaden der Kühl-
türme und durch Bauwerke wird unter VI.3.4.3.4 beschrieben.
Die Beschattung der Erdoberfläche kann zu einer maximalen, kurzzeitigen
Verminderung der Lufttemperatur von etwa 1 Grad führen. Temperaturän-
derungen bzw. -erhöhungen am Erdboden infolge der Freisetzung der
Kühlturmabluft liegen unterhalb von 1 Grad. Infolge der natürlichen
Schwankungen der Monatsmitteltemperaturen am Erdboden ist ein Einfluss
auf langzeitige Mittelwerte der Lufttemperatur nicht nachweisbar.
Ergänzend wurden die Wirkungen des Blocks 6 auf die Temperaturverhält-
nisse mit dem Modell FITNAH für typische Sommer- und Wintersituationen
mit geringen Windgeschwindigkeiten berechnet. Im Ergebnis zeigt sich,
dass Temperaturunterschiede durch den Betrieb des Blocks 6 im Wesentli-
chen auf das Kraftwerksgelände begrenzt bleiben. Außerhalb des Kraft-
werksgeländes betragen die Unterschiede weniger als 0,4K und nehmen
rasch weiter ab. Eine für Bewohner benachbarter Siedlungsgebiete spürba-
re Veränderung der Temperaturverhältnisse ist nicht zu erwarten. Damit
konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des Blocks auf die
Temperaturverhältnisse im Untersuchungsgebiet aufzeigen.
VI.3.4.2.2.2.2. Luftfeuchte
In Bodennähe führt die Verdunstung von Sprüh- und Rekondensattröpfchen
in einem Umkreis von bis zu einem Kilometer zu einer Erhöhung der spezifi-
schen Feuchte (Masse des Wasserdampfes / Masse der feuchten Luft) bis zu
0,5 g/kg. Eine Erhöhung des Jahresmittelwertes der relativen Luftfeuchte ist
unter Berücksichtigung der natürlichen Schwankungsbreite nicht nachweis-
bar.
Bei einer Wettersituation mit schwachem, mit der Höhe aber stärker zuneh-
mendem Wind kann sich die geringfügige Erhöhung der relativen Luft-
feuchte dahingehend auswirken, dass bei bevorstehender natürlicher Ne-
belentstehung dieser etwas früher entsteht. Ebenso kann sich dann die Ne-
belauflösung geringfügig hinauszögern. An Tagen ohne natürlichen Nebel
ist nicht mit einer Bodennebelbildung durch den Betrieb der Kühltürme zu
rechnen. Die Verstärkung einer bestehenden Nebellage ist ebenfalls nicht
zu befürchten.
Der Tröpfchenanteil im Schwaden beträgt etwa 1 bis 3 g/m³ Abluft. Bei ei-
ner mittleren Schwadenausdehnung von etwa 2.000m Länge und 300m
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 105 von 321
Breite würde dies bei totalem Ausfall des gesamten Wassers eine Nieder-
schlagsmenge von nur etwa 0,3 bis 0,9 mm (= Liter/m²) verursachen. Diese
Niederschlagsmenge entspricht in der Größenordnung einem einstündigen
schwachen Regen. Ein derartiges vollständiges und alleiniges Abregnen
des Dampfschwadens (ohne sonstigen Niederschlag) ist bei realen Bedin-
gungen jedoch nicht möglich. Im Nahbereich kann der Kühlturmbetrieb ei-
ne maximale Erhöhung der durchschnittlichen Niederschlagshöhe von we-
nigen Prozent bewirken. Wegen der sehr großen räumlichen und zeitlichen
Variabilität des natürlichen Niederschlags ist die Herstellung eines Zusam-
menhangs zwischen einer Niederschlagserhöhung und dem Kühlturmbe-
trieb nicht möglich.
Die emittierte thermische Leistung aller Kühltürme entspricht in der Grö-
ßenordnung dem Leistungsbereich natürlicher schwacher Konvektion. Die
Erzeugung von Gewittern allein aufgrund der Kühlturmemissionen ist damit
bei den hier betrachteten Abwärmeleistungen auszuschließen. Diese Be-
trachtung ist theoretisch; ein Nachweis ist bisher nicht erbracht worden. Die
Freisetzung einer bereits in der Atmosphäre vorhandenen Labilitätsenergie
kann jedoch ausgelöst werden, d.h. in einer sowieso zu Wärmegewittern
neigenden Situation kann Gewitterbildung theoretisch begünstigt werden.
Diese Betrachtung ist theoretisch; ein Nachweis ist bisher nicht erbracht
worden.
Bei Auftreten der Ablagerung von Sprühtropfen auf gefrorenem Boden ist
Glatteisbildung denkbar. Hierfür ist jedoch eine Mindestregenmenge von
0,025 mm/h erforderlich. Niederschlagsintensitäten dieser Größenordnung,
hervorgerufen durch Sprühtropfenemissionen, können kurzzeitig bis in eine
Entfernung von ca. 1.000m von den Kühltürmen erreicht werden. Im Allge-
meinen reichen diese kurzzeitigen Niederschlagsmengen für eine Straßen-
benetzung jedoch nicht aus. Die bei hohen Windgeschwindigkeiten ggf. aus
dem Regenraum der Kühltürme heraus gewehten Tropfen werden durch
die vorgesehene Schallschutzwand abgeschirmt.
VI.3.4.2.2.2.3. Auswirkungen durch den „Prallhangeffekt“
Abgeleitet aus einem Fachgutachten zum Prallhangeffekt für den 141,5m
hohen Kühlturm des Blocks 5 aus dem Jahr 2003 können Prallhangeffekte
mit etwaigen erhöhten Immissionsbelastungen – auch in ungünstigen Situa-
tionen - im Bereich der in ca. 8km Entfernung beginnenden Hänge des
Spessarts ausgeschlossen werden. Das von der Antragstellerin eingesetzte
TA Luft – Modell ist bei den gegebenen standörtlichen Verhältnissen geeig-
net.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 106 von 321
VI.3.4.2.2.2.4. Auswirkungen durch CO2- Emissionen
Im Vergleich zur derzeitigen Situation werden sich im zukünftigen Gesamt-
kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) die CO2-Emissionen (ohne äquivalente
N2O- Emissionen) um 3.808.495 t/a auf 8.125.744 t/a erhöhen. Die Freiset-
zung der CO2- Emissionen erfolgt im Rahmen der Regelungen des Treib-
haus-Emissionshandelsgesetzes (TEHG), das die Belange der Klimarelevanz
der CO2- Emissionen und der Auswirkungen von TEHG-Emissionen auf den
Klimawandel für TEHG-Anlagen abschließend regelt. Eine Betrachtung der
Auswirkungen von CO2-Emissionen im Hinblick auf ihre Klimawirksamkeit ist
bei TEHG-Anlagen nicht Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Ge-
nehmigungsverfahrens.
VI.3.4.3. Schutzgut Mensch
VI.3.4.3.1. Lufthygiene
VI.3.4.3.1.1. Ausgangssituation / Ist- Zustand
Die Immissionssituation an Luftschadstoffen wurde durch Vorbelastungs-
messungen ermittelt (vgl. Kapitel VI.3.4.1.1.2). Die Messwerte liegen bei al-
len Parametern und an allen Messorten jeweils unterhalb der maßgebenden
Bewertungskriterien. Die Messwerte erreichen am Ort der höchsten Belas-
tung Anteile von bis zu maximal 75% (NO2) an den jeweiligen Bewertungs-
kriterien / Beurteilungswerten. An der HLUG-Messstation Hanau wurde
beim Stickstoffdioxid im Jahr 2009 ein Anteil am Immissionswert der TA Luft
von 97,75 % erreicht.
VI.3.4.3.1.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
VI.3.4.3.1.2.1. Luftschadstoffimmissionen
Immissionsbeiträge werden nach der TA Luft als irrelevant gewertet, wenn
sie so gering sind, dass sie nicht ursächlich zum Entstehen oder zur (qualita-
tiven) Erhöhung schädlicher Umwelteinwirkungen beitragen können.
Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 (einschließlich Hilfskessel und Siloan-
lagen) wurden durch eine Ausbreitungsrechnung ermittelt (vgl. Kapitel
VI.3.4.1.2.1). Weiterhin wurde aus der Addition / Überlagerung der gemes-
senen Vorbelastungswerte (Vorbelastungsmessungen) mit dem berechne-
ten Immissionsbeitrag des Blocks 6 an den zehn ausgewählten Mess- / Mo-
nitoringpunkten die Gesamtbelastung ermittelt. Ergänzend wurde zudem
die Gesamtbelastung ermittelt, die sich aus der Überlagerung des maximal
gemessenen Wertes der Vorbelastung mit dem maximalen Immissionsbei-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 107 von 321
trag des Blocks 6 im gesamten Beurteilungsgebiet ergibt (worst-case-
Betrachtung).
Wie dargelegt, sind die Immissionsbeiträge des Blocks 6 - auch im Bereich
des maximal beaufschlagten Immissionsortes - mit Ausnahme der Quecksil-
berdeposition als irrelevant gemäß den Regelungen der TA Luft und des
Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) sowie sonstiger anerkannten
Beurteilungsmaßstäbe zu werten.
Im Ergebnis werden bei den beiden Ansätzen zur Ermittlung der Gesamtbe-
lastung die Beurteilungswerte bei allen Parametern deutlich unterschritten.
VI.3.4.3.1.2.2. Umweltmedizinische – humantoxikologische Bewertung
Für das Raumordnungsverfahren wurde 2008 eine medizinisch- humantoxi-
kologische Bewertung der Immissionssituation im zukünftigen Kraftwerksbe-
trieb (Blöcke 4 bis 6) unter Berücksichtigung der Vorbelastungssituation er-
stellt. Die Aussagen dieses Fachgutachtens können für die meisten Parame-
ter unverändert auch für das vorliegende Verfahren verwandt werden, da
sich bei diesen die Emissionsdaten für den Block 6 nicht verändert haben.
Die Aussagen der medizinisch-humantoxikologische Bewertung sind inso-
weit - vorbehaltlich ggf. abweichender Eingangsdaten / Randbedingungen
der Ausbreitungsrechnung - überschätzend, als die für die Ausbreitungs-
rechnung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens angesetzten Emis-
sionsfrachten an SO2, NOx und Staub (und damit alle staubgebundenen
Schadstoffparametern wie Schwermetalle und Benzo(a)pyren) die im hier
vorliegenden Antrag beantragten Emissionsfrachten überschreiten.
Für einzelne Parameter sind die im Rahmen des BImSchG-Verfahrens er-
rechneten maximalen Zusatzbelastungen (Immissionsbeiträge des Blocks 6)
höher als die Immissionsbeiträge der für das Raumordnungsverfahren er-
stellten Immissionsprognose, auf deren Grundlage die medizinisch-
humantoxikologische Bewertung erfolgte. Für diese Parameter wurde eine
ergänzende Stellungnahme zur umweltmedizinisch-humantoxikologischen
Bewertung vorgelegt. Im Ergebnis der ergänzenden Stellungnahme ist fest-
zustellen, dass sich Bezug nehmend auf die Einzelstoffbeurteilungen keine
inhaltlichen Änderungen der Aussagen aus dem früheren Gutachten erge-
ben. Nach der medizinisch-humantoxikologischen Bewertung sind keine
gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des
Kraftwerks Staudinger wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorha-
ben anzunehmen. Die Zusatzbelastungen (Immissionsbeiträge des Blocks 6)
sind als vernachlässigbar einzustufen. Die jetzt schon vorhandenen Gesamt-
belastungen, die jeweils deutlich unterhalb der jeweiligen Beurteilungswer-
te liegen, werden sowohl während der Bauphase als auch während der Be-
triebsphase praktisch gleich bleiben.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 108 von 321
Die nachfolgende Tabelle zeigt, dass in der Gesamtbelastung die jeweiligen
Beurteilungswerte um weniger als 25% (Arsen, Cadmium, Chrom, Nickel,
Dioxine / Furane) bzw. weniger als 50% (Benzo(a)pyren) ausgeschöpft wer-
den.
Tabelle 34: Darstellung der Veränderung durch Block 6
Parame-
ter
Max. Vorbelas-tung (MP 1-10)
Zusatzbelas-tung
Gesamtbelastung Beurteilungs-maßstab
Anteil der Ge-samtbelastung am Beurteilungs-maßstab
ng/m³
Arsen 0,9 (1,4) 3)
0,11 (0,074) 2)
1,01 (1.474)
6 16,8% (24,6%)
Cadmium 0,24 0,059 (0,033) 2)
0,299 (0,273)
5 6,0% (5,5%)
Chrom 2,4 0,10 (0,11) 2)
2,50 (2,51)
17 14,7% (14,8%)
Nickel 1,7 0,5 (0,34) 2)
2,2 (2,04)
20 11,0% (10,2%)
Benzo(a)-
pyren
0,38 1) 0,036 0,416 1 41,6%
Dioxine /
Furane
27 fg/m³ 0,43 fg/m³ 27,43 fg/m³ 150 18,29%
1) Messwert HLUG-Station Raunheim
2) Immissionsbeitrag gemäß Immissionsprognose (Kapitel VI.3.4.1.2)
3) Vorbelastungsmesswert (Kapitel VI.3.4.1.1.2)
VI.3.4.3.1.2.3. Mikrobiologisch-hygienische Bewertung der Kühlturmemissionen
Nach dem Fachgutachten zu den mikrobiologisch-hygienischen Auswirkun-
gen des Kühlturmbetriebs sind keine nachteiligen Auswirkungen durch
gesundheitsschädliche Agentien (Legionellen, Kühlwasserbeimischungen)
in den Kühlturmschwaden zu erwarten. Die Angaben und Ausführungen im
Fachgutachten sind plausibel.
Bei einem Volumenstrom des Schwadens an der Kühlturmkrone von
18.738,8 m³/sec resultiert ein Gesamtkeimgehalt von lediglich 1 KBE / m³
Schwaden in 180m Höhe.
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VI.3.4.3.2. Schallimmissionen
VI.3.4.3.2.1. Ist- Zustand
Zur Ermittlung der Schallimmissionssituation wurden im Zeitraum April 2007
bis Juli 2008 verschiedene schalltechnische Untersuchungen (Emissions-
messungen, Ausbreitungsrechnungen, Immissionsmessung an 18 Immissi-
onsorten durchgeführt. Bei den Betrachtungen wurden die Kraftwerksanla-
gen (Blöcke 1 bis 5, mit Klärschlamm-Mitverbrennung, Freiluftschaltanlage,
Umspannwerk, neuer Bekohlungsanlage), das Gewerbegebiet nach dem
Bebauungsplan Nr. 915/1 sowie sonstige gewerbliche Einzelanlagen be-
rücksichtigt. Für den Betrieb des Blocks 6 haben die Immissionsorte IO1 bis
IO6 eine besondere Relevanz, so dass diese detailliert untersucht wurden.
Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, werden im derzeitigen Kraftwerks- /
Anlagenbetrieb die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Tagzeit an al-
len Immissionsorten und für die Nachtzeit unterschritten. Ergänzend durch-
geführte Berechnungen für die Immissionsorte IO 1.1 und IO 1.2 (vorgelegt
am 24. Februar 2010) haben zu keiner veränderten Bewertung geführt. Der
unter konservativen Ansätzen nachberechnete Immissionswert für die Im-
missionsorte IO 1.1 und IO 1.2 unterschreitet mit nun 40 dB(A) unverändert
die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für die Nachtzeit.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 110 von 321
Tabelle 35: Schallimmissionsbeiträge im derzeitigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb
Immissionsort
IRW
dB(A)
Berechneter Beurtei-
lungspegel Lr
Bestand Kraftwerk
dB(A)
Vorbelastung B-Plangebiet
Nr. 915.1
dB(A)
Sonstige Vorbelas-
tung
dB(A)
tags nachts tags nachts tags nachts nachts
IO1.1 Angergasse 11 55 40 45 39 34 23 10
IO1.2 Hüttengasse 21 55 40 43 39 33 22 8
IO2.0 Brown- Boveri Str. 19
60 45 47 43 49 38 38
IO3 Hanauer Landstr. 71
55 40 39 38 35 23 7
IO4 Kanalstraße 3 55 40 36 36 32 20 5
IO6.0 Uferstraße 16 55 40 39 38 33 21 6
IO6.1 Uferstraße 1 55 40 38 37 32 21 5
IO6.2 Schleusenstra-ße
55 40 37 36 32 20 5
VI.3.4.3.2.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
VI.3.4.3.2.2.1. Bestimmungsgemäßer Anlagenbetrieb
Zu Ermittlung des vorhabenbezogenen Schall-Immissionsbeitrages wurde
eine detaillierte Geräuschprognose gemäß TA Lärm mit einer Schallausbrei-
tungsrechnung nach E DIN ISO 9613-2 für den Block 6 einschließlich des
anlagenbezogenen Fahrverkehrs auf dem Betriebsgelände durchgeführt.
Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass der Immissionsbeitrag des Vorha-
bens die Immissionsrichtwerte für die Tagzeit (6.00 bis 22.00 Uhr) an den
Immissionsorten um mehr als 6 dB(A) unterschreitet.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 111 von 321
Tabelle 36: Schallimmissionsbeiträge des Blocks 6 im bestimmungsgemäßen Anlagenbe-trieb
Immissionsort
IRW
dB(A)
Beurteilungspegel Lr, die das Irrele-
vanzkriterium ein-
halten dB(A)
Berechneter Beur-teilungspegel Lr
Block 6
dB(A)
tags nachts tags nachts tags nachts
IO1.1 Angergasse 11 55 40 49 34 40 33
IO1.2 Hüttengasse 21 55 40 49 34 38 32
IO2.0 Brown- Boveri Str. 19
60 45 54 39 40 38
IO3 Hanauer Landstr. 71
55 40 49 34 32 25
IO4 Kanalstraße 3 55 40 49 34 30 24
IO6.0 Uferstraße 16 55 40 49 34 32 26
IO6.1 Uferstraße 1 55 40 49 34 31 24
IO6.2 Schleusenstraße 55 40 49 34 30 24
Gemäß Nr. 3.2.1 der TA Lärm sind vorhabenbezogene Immissionsbeiträge,
die die Immissionsrichtwerte der TA Lärm um mindestens 6 dB(A) unter-
schreiten, als nicht relevant zu werten. Die Ermittlung der Vorbelastung und
der Gesamtbelastung ist in diesem Falle nicht erforderlich.
Für die Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) werden die Immissionsrichtwerte der
TA Lärm an den Immissionsorten IO4, IO6 und IO6.2 um mindestens 6
dB(A) unterschritten. An den übrigen Immissionsorten liegt die Unterschrei-
tung bei lediglich 2 bis 5 dB(A). Für diese Immissionsorte wurde die Ge-
samtbelastung aus der Vorbelastung und dem zukünftigen Anlagenbetrieb
(Gesamtkraftwerk Staudinger mit Block 6) ermittelt. Wie die nachfolgende
Tabelle zeigt, werden in der Gesamtbelastung die Immissionsrichtwerte an
allen betrachteten Immissionsorten um mindestens 2 d(A) unterschritten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 112 von 321
Tabelle 37: Berechnete Geräusch- Gesamtbelastung – Überlagerung Schallvorbelastung mit dem Immissionsbeitrag des Blocks 6
Immissionsort
IRW
dB(A)
Berechneter Beurteilungspegel Lr
Geräuschgesamtbelastung
dB(A)
nachts nachts
IO1.1 Angergasse 11 40 38
IO1.2 Hüttengasse 21 40 38
IO2.0 Brown- Boveri Str. 19
45 43
IO3 Hanauer Landstr. 71
40 35
IO6.0 Uferstraße 16 40 35
Es werden keine Schalldruckpegel erreicht, die zu einer Überschreitung der
Immissionsrichtwerte für kurzzeitige Geräuschspitzen (Maximalpegelkriteri-
um) nach der TA Lärm führen könnten. Mit einer Überschreitung der An-
haltswerte der DIN 45680 durch tieffrequente Geräusche ist bei 31,5-Hz-
Oktave Schalldruckpegel von max. 64 dB (unbewerteter Schalldruckpegel)
nicht zu rechnen.
VI.3.4.3.2.2.2. Vergleich der kraftwerksbedingten Schall- Immissionsbeiträge im bisheri-
gen und zukünftigen Gesamt-Kraftwerksbetrieb
Der Vergleich der Schall-Immissionsbeiträge des Kraftwerks Staudinger im
bisherigen Kraftwerksbetriebs (Stand: 2007) mit dem zukünftigen Kraft-
werksbetrieb (Blöcke 4 bis 6, neue Bekohlungsanlage) zeigt, dass für die
Nachtzeit an fast allen maßgebenden Immissionsorten eine Verbesserung
der Immissionssituation eintritt. Am IO 2.0 bleibt der Immissionsbeitrag des
Kraftwerkes unverändert. Für die Tagzeit liegen die Immissionsbeiträge des
zukünftigen Kraftwerksbetriebs an den Immissionsorten um bis zu 1 bzw. 2
dB(A) höher als im Jahr 2007.
VI.3.4.3.2.2.3. Sonderbetriebszustände
Der Antragstellerin wird durch die Nebenbestimmung V.10.1 auferlegt die
Sicherheitsventile so mit Schalldämpfern auszustatten, dass an den nächst-
gelegenen Wohnhäusern in Hainstadt ein Schalldruckpegel von 60 dB(A)
nicht überschritten wird. Die durch Ausblasvorgänge hervorgerufenen Ge-
räusche werden durch Schallschutzmaßnahmen auf die gemäß TA Lärm ein-
zuhaltenden Werte reduziert.
Der Betrieb der gasbefeuerten Hilfskessel wurde bei den Ausbreitungs-
rechnungen zeitparallel zum Kesselbetrieb des Blocks 6 berücksichtigt.
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VI.3.4.3.2.2.4. Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrswegen
Im Ergebnis der schalltechnischen Berechnungen zu den Verkehrsgeräu-
schen auf öffentlichen Verkehrswegen (Straßenverkehr, Schienenverkehr
und Schiffsverkehr) ist festzustellen, dass gemäß den Regelungen der Nr.
7.4 der TA Lärm keine organisatorischen Schallschutzmaßnahmen erforder-
lich sind.
VI.3.4.3.2.2.5. Bauphase
Zur Abschätzung der vorhabenbedingten Geräuschimmissionen während
der Bauphase wurde eine separate Schallausbreitungsrechnung nach E DIN
ISO 9613-2 für folgende drei Bauphasen durchgeführt:
Bauphase 1: Erdarbeiten (Keller- und Fundamentaushub, Einbringen
von Spundwänden)
Bauphase 2: Schalungs- und Betonierarbeiten
Bauphase 3: Montage / Stahlbau
Die Berechnung wurde auf Basis konservativer Emissionsansätze durchge-
führt, die durch Messungen am Bau des Kraftwerks Datteln (Steinkohleblock
Datteln 4; 1.100 MWel) überprüft und bestätigt wurden. Die Immissions-
richtwerte der AVV Baulärm werden für die Tagzeit an allen Immissionsorten
während der gesamten Bauphase unterschritten.
Die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm für die Nachtzeit werden in der
Bauphase 1 und 3 bei dreistündiger nächtlicher Bautätigkeit an einem Im-
missionsort (IO 10) um maximal 2 dB(A) überschritten. Als organisatorische
Lärmminderungsmaßnahme erfolgte eine Begrenzung des Einsatzes von
Vibrationsrammen auf die Tagzeit (7.00 bis 20.00 Uhr).
In der Bauphase 2 errechnen sich Überschreitungen der Immissionsricht-
werte der AVV Baulärm von 1 bis 5 dB(A) an drei Immissionsorten (IO 1.1,
1.2 und 10). Weitere Lärmminderungsmaßnahmen sind nach den Regelun-
gen der AVV Baulärm nicht erforderlich, da die Richtwertüberschreitungen
tagsüber nicht mehr als 5 dB(A) betragen.
VI.3.4.3.3. Sonstige Immissionen
VI.3.4.3.3.1. Elektromagnetische Felder
Im Rahmen eines Fachgutachtens erfolgten Berechnungen der magneti-
schen Flussdichte und der elektrischen Feldstärken der relevanten Kraft-
werkeinrichtungen sowie eine 24-Stunden Messung der magnetischen
Flussdichte an drei ausgewählten Messpunkten (Siedlungsbereiche, Hain-
stadt, Großauheim, Großkrotzenburg) im unmittelbaren Umfeld des Kraft-
werkstandortes. Die gemessenen maximalen Feldstärken sind nachfolgend
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 114 von 321
im Vergleich mit den Richtwertempfehlungen der ICNIRP (International
Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) im Expositionsbereich 2
(> 8 h) dargestellt (jeweils Effektivwerte):
Tabelle 38: Vergleich Feldstärken mit den Richtwertempfehlungen
Max. berechnete Feldstärke
Max. gemessene Feldstärke
Richtwert E2 ICNIRP
Magnetische Flussdich-
te B [ T]
37,0 1,9 100
Elektrische Feldstärke E
[KV/m]
4,7 - 5
Die berechneten bzw. gemessenen maximalen Feldstärken liegen unterhalb
des auf den Personenschutz ausgerichteten ICNIRP-Richtwertes, der in
Deutschland als gesetzlich bindend eingeführt ist und Vorsorgeaspekte be-
rücksichtigt. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar eine Gefähr-
dung für Menschen ist nach heutigem Wissensstand auszuschließen.
VI.3.4.3.3.2. Ionisierende Strahlung
Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens wurde die mögliche Strahlenex-
position der Bevölkerung (von außen und durch Inhalation) infolge des
Kraftwerksbetriebs an 8 ausgewählten Beurteilungspunkten im Umfeld des
Kraftwerkes auf Grundlage der berechneten vorhabenbedingten Staubim-
missionen (Schwebstaub, Staubniederschlag) sowie der Radonfreisetzung
aus der Erdgasverbrennung nach Modellen und Parametern der Allgemei-
nen Verwaltungsvorschrift zu § 47 StrlSchV (Entwurf Stand: 30. Mai 2005)
ermittelt.
Die unter sehr konservativen Annahmen berechneten Werte für die effektive
Jahresdosis lagen bei allen betrachteten Varianten (einschließlich des hier
beantragten Anlagenkonzeptes) weit – um mehr als das Tausendfache – un-
ter den Werten für die jährliche mittlere effektive Dosis der deutschen Be-
völkerung. Der Maximalwert der Summe der effektiven Jahresdosis aus In-
halation und Bodenstrahlung (jeweilige Maximalwerte) für den hier bean-
tragten 1.100 MWel-Steinkohleblock beträgt 1,279 µSv. Der in Anlehnung an
§ 46 StrlSchV (Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölkerung) und
§ 101 StrlSchV (Entfernung von radioaktiven Verunreinigungen von Grund-
stücken) heranzuziehende Grenz- bzw. Richtwert von 1.000 µSv = 1 mSv
wird um mindestens das 780fache unterschritten.
VI.3.4.3.3.3. Lichtimmissionen
Im Zuge des Raumordnungsverfahrens wurde eine gutachtliche Stellung-
nahme zu möglichen Konfliktsituationen durch Lichtimmissionen hinsichtlich
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 115 von 321
Aufhellung und Blendwirkung erstellt. Zur Ermittlung der Ist-Situation wur-
den photometrische Messungen der Beleuchtungsstärke in Lux an ausge-
wählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerkstandortes bzw. des Mai-
nes durchgeführt. Dabei wurden Messwerte zwischen 0,03 bis 0,47 lx ermit-
telt. Ein Erreichen oder Überschreiten der Immissionswerte der Licht- Leitli-
nie des LAI (2001; strengster Wert: 1 lx) ist nicht zu besorgen.
Soweit ein direkter Blickkontakt von Wohnbebauungen in die Reflektorflä-
che vermieden bzw. wegen ausschließlich nach unten abstrahlender Leuch-
ten mit planem Schutzglas minimiert wird, sind bei den gegebenen Abstän-
den zu den nächstgelegenen Siedlungsflächen keine erheblichen Belästi-
gung durch Blendungen zu befürchten.
VI.3.4.3.3.4. Erschütterungen
Von Fachgutachterseite wurde abgeschätzt, ob in der Bauphase oder vom
Anlagenbetrieb Belästigungen von Anwohner im Umfeld des Kraftwerks
ausgehen können. Erschütterungsrelevante Aggregate werden so aufge-
stellt, dass die bewertete Schwingstärke (KB-Wert) weniger als 0,4 beträgt.
Bei derartigen Schwingstärken wird die Spürbarkeitsgrenze in einem Ab-
stand von 20 bis 40m von der emittierenden Anlage erreicht. Bei gegebe-
nen Abständen von mehr als 450m zu Wohnbebauungen können Belästi-
gungen von Anwohnern infolge des Betriebs des Blocks 6 mit Sicherheit
ausgeschlossen werden.
Die Erschütterungsimmissionen aus dem Baustellenbetrieb wurden nach
DIN 4150-1 bestimmt. Die Anhaltswerte der DIN 4150-2 werden nicht über-
schritten, so dass Belästigungen aus erschütterungsrelevanten Bautätigkei-
ten (z.B. Einsatz einer Vibrationsramme) im Bereich der relevanten Immissi-
onsorte im Kraftwerksumfeld nicht erwartet werden. Ferner sind gemäß den
Regelungen der DIN 4150-3 keine Gebäudeschäden an Wohnhäusern zu
erwarten.
VI.3.4.3.4. Verschattung durch Schwaden der Kühltürme und durch Bauwerke
VI.3.4.3.4.1. Ist- Zustand
Durch die Gebäude des Kraftwerks und den Betrieb der Kühltürme ist
grundsätzlich mit einer Minderung der Sonnenscheindauer zu rechnen.
Die Auswirkungen der Verschattungswirkungen, sowohl die der Dampf-
schwaden während des Betriebs der Kühltürme als auch der Gebäude wur-
den im Gutachten „Auswirkungen des Kühlturmbetriebs“ der argumet Bah-
mann und Schmonsees GbR, Brühl, in Kooperation mit simuPLAN, Dorsten,
vom 04.07.2008, Proj.-Nr. W0108/09/03, quantitativ abgeschätzt. Dazu wur-
den Verschattungssimulationen mit den Gebäudedaten des bestehenden
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 116 von 321
Kraftwerks, Blöcke 1 bis 3, 4 und 5 und der zugehörigen modellierten Kühl-
turmschwaden (IST-Zustand, Nullvariante) und den Gebäudedaten des Aus-
bauzustandes des Kraftwerks, Blöcke 4, 5 und 6 und der zugehörigen mo-
dellierten Kühlturmschwaden (Planzustand, Vorhabensvariante) durchge-
führt. Die sich aus den berechneten Schwadendimensionen und den realen
und geplanten Kraftwerksbauten ergebenden Beschattungszeiten wurden
im Umkreis von 10 km um den Kraftwerkstandort berechnet und für 11 re-
präsentative Immissionsorte in ihrer Auswirkung auf die Strahlungsverhält-
nisse und die Sonnenscheindauer untersucht.
Grundlage für die Simulation der Verschattung ist die VDI-Richtline 3784,
Blatt 2. Das Simulationsverfahren der simuPLAN, SplaSh, entspricht dem
dort beschriebenen Rechenmodell und ist durch ein astronomisch / geo-
metrisches Modell ergänzt. Die Verschattungssimulation wurde auf Basis der
standortspezifischen Klimadaten (Temperatur, Niederschlag, Bewölkung,
Sonnenscheindauer, Windverteilung) der DWD-Stationen Schaafheim-
Schlierbach (Bewölkung, Sonnenscheindauer) und Kahl am Main für den
Zeitraum 2002 bis 2006 durchgeführt.
Ergebnis der Modellsimulation ist, dass die stärker abgeschatteten Flächen
sich vorwiegend im nördlichen Halbraum des Kraftwerks befinden. Die Ver-
schattungswirkungen durch die Kraftwerksgebäude sind dabei ausschließ-
lich auf dem Kraftwerksgelände zu beobachten. Die Verschattungswirkun-
gen der Dampfschwaden der Kühltürme sind in Tabelle 10a, Seite 40 des
Gutachtens als prozentuale Verminderung der Sonnenscheindauer be-
schrieben und in den Anhängen A-7 (IST-Zustand, Nullvariante) und A-8
(Ausbauzustand, Vorhabensvariante) des Gutachtens grafisch dargestellt.
Für den IST-Zustand des Kraftwerkes (Prognosenullfall im Gutachten) ist eine
prozentuale Verringerung der jährlichen Sonnenscheindauer von mehr als
10% auf Flächen nördlich des Kraftwerks zu erkennen. Die westliche Grenze
dieses Bereichs bildet der Main, die nördliche Grenze die Dieselstraße (Ha-
nau-Großauheim) und die östliche Grenze befindet sich maximal 250m öst-
lich der L3309. Die bestehende prozentuale Verringerung der jährlichen
Sonnenscheindauer beträgt an den Immissionsorten IP_4 7,1%, IP_3 5,6 %
und IP_6 4,0 %.
VI.3.4.3.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
Für den Ausbauzustand des Kraftwerks (Vorhabensvariante im Gutachten)
verschiebt sich der stärker verschattete Bereich um bis zu ca. 200m nach
Westen, 100m nach Norden und 300m nach Nordosten. Der Bereich der
stärker abgeschatteten Flächen erreicht den südlichen Stadtrand von Groß-
auheim. Die prognostizierte prozentuale Verringerung der jährlichen Son-
nenscheindauer wird sich maximal um 3,3 % am Immissionsort IP_4 erhö-
hen. Damit erhöht sich der Rechenwert der prozentualen jährlichen Sonnen-
scheinminderung am IP_4 auf 10,4 %.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 117 von 321
Um die Auswirkungen der planungsbedingten Verschattungen durch Kühl-
turmschwaden und Kraftwerksgebäude zu bewerten, haben die Gutachter
die Schwankungsbreite der Sonnenscheindauer von 2002 bis 2006 anhand
der Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an der meteorologi-
schen Station Schaafheim-Schlierbach (Entfernung zum Kraftwerkstandort
ca. 20km Luftlinie noch Süden) bewertet. Die natürliche jährliche Schwan-
kungsbreite der Sonnenscheindauer beträgt im Betrachtungsraum 10,3 %.
Die prognostizierte Minderung der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4
als am wesentlich belasteten Immissionsort liegt im bzw. knapp über dem
Bereich der im Jahresgang zu erwartenden natürlichen Schwankungsbreite
der Sonnenscheindauer.
Die Verschattungswirkung von Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäuden
sind als Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG zu sehen und daher ist
nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu beurteilen, ob hier schädliche Umwelt-
einwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile, und erhebliche
Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft bestehen, bzw.
hervorgerufen werden können und der Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1
Nr. 2 BImSchG beachtet wird. Schädliche Umwelteinwirkungen, Gefahren
erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen setzen voraus, dass die
Immissionen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu negativen Effekten
führen, die als erheblich einzustufen wären. Anders als im Bereich des Lärm-
schutzes oder der Luftreinhaltung liegen zur Beurteilung der Verschat-
tungswirkungen durch Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäude keine
Richtwerte vor, an denen das Maß der Erheblichkeit abgeschätzt werden
könnte.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) hat sich im Januar 2007 in einer unver-
öffentlichten Studie mit dem möglichen nachteiligen gesundheitlichen Ef-
fekten und Belästigungen, die aufgrund von Kühlturmschwaden hervorge-
rufen werden könnten, befasst. Nach dieser Studie ist hinsichtlich der mög-
lichen Effekte durch verminderte Sonnenscheindauer bzw. Strahlungsstär-
ken zwischen nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen und bloßen Be-
lästigungen zu unterscheiden. Quantitative Beurteilungskriterien zur Bewer-
tung der Auswirkungen verminderter Sonnenscheindauer und Strahlungs-
stärke auf die menschliche Gesundheit (Vitamin-D-Mangel, Stimmungstrü-
bungen, Depressionen) liegen ihr zufolge nicht vor. Im Vergleich zu städti-
schen Wohnbedingungen, die durch Nachbarbebauung, Pflanzenbestand
vielfach zu einer stärkeren Verschattung von Grundstücken und Wohnräu-
men führen, ist die relative verschattende Beeinträchtigung durch Kühlturm-
schwaden als minder bedeutend einzustufen. Für einen kausalen Zusam-
menhang zwischen einer Verschattung durch Kühlturmschwaden und nega-
tiven gesundheitlichen Effekten gibt es laut der Studie keinen Zusammen-
hang. Die Studie sieht allerdings ein Potential für eine Belästigungswirkung
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 118 von 321
durch die sichtbaren Kühlturmschwaden. Nach allgemeinem Empfinden
dürfte der Schattenwurf durch Kühlturmschwaden nicht als erhebliche und
unzumutbare Belästigung angesehen werden, zumal er hier im Bereich der
natürlichen jährlichen Minderung der Sonnenscheindauer liegt.
Die weitere Umgebung des Kraftwerkstandortes ist industriell vorgeprägt.
Industrie- und Gewerbebetriebe, Verkehrswege, ein ehemaliges Kasernen-
gelände und das Kraftwerk mit seinen vorhanden Gebäuden, Kühltürmen
und Schornsteinen, dessen erste Genehmigungen in die Jahre 1964 / 1965
zurückreichen, prägen das Gebiet deutlich. Die prozentuale Minderung der
prognostiziert hinzukommenden Minderung der jährlichen Sonnenschein-
dauer von maximal 3,3 % und der entsprechend prognostizierten Gesamt-
minderung der jährlichen Sonnenscheindauer von maximal 10,4 % liegt im
Rahmen der prozentualen Schwankungsbreite der natürlichen jährlichen
Sonnenscheindauer.
Entsprechend der LANUV Studie zu möglichen nachteiligen gesundheitli-
chen Effekten und Belästigungen aufgrund Verschattung durch Kühlturm-
schwaden (2007) kann eine Einschätzung des Ausmaßes der Erheblichkeit
der Belästigung durch einen Vergleich der prozentualen Verminderung der
Sonnenscheindauer mit der Schwankungsbreite der jährlichen Sonnen-
scheindauer für den betreffenden Standort erfolgen. Bezugnehmend auf
den oben genannten Bewertungsansatz liegt die Verminderung der Son-
nenscheindauer auch nach Errichtung des Blocks 6 unverändert im Bereich
der natürlichen Schwankungsbreite. Nachteilige gesundheitliche Effekte
aufgrund von Verschattung durch Kühlturmschwaden sind nach derzeitigem
Kenntnisstand nicht zu erwarten. Ein quantitativer Bewertungsmaßstab für
eine Erheblichkeitsschwelle für etwaige Belästigungen durch Beschattungen
liegt nicht vor. Nach allgemeinem Empfinden dürften etwaige Belästigun-
gen infolge Verschattung durch Kühlturmschwaden nicht als erheblich ein-
zuschätzen sein (LANUV).
VI.3.4.3.5. Anthropogene Nutzungsfunktionen (z.B. Erholungsfunktion)
VI.3.4.3.5.1. Ist- Zustand
VI.3.4.3.5.1.1. Kraftwerkstandort und Nahbereich
Der ca. 99 ha umfassende Gesamt- Kraftwerkstandort ist im Fläche-
nnutzungsplan der Gemeinde Großkrotzenburg überwiegend als „Flächen
für die Ver- und Entsorgung“ ausgewiesen und wird in Teilbereichen bereits
seit den sechziger Jahren entsprechend genutzt. Der Anlagenstandort des
Blocks 6 liegt in zentraler Lage im westlichen Teil des allgemein nicht zu-
gänglichen Kraftwerksgeländes, im Nahbereich des Maines. Zum Kraft-
werksgelände gehören ein Hafenbecken sowie ein Kraftwerksteich.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 119 von 321
Das Kraftwerksgelände grenzt im Norden (jenseits der K 859) an Sonder-
bauflächen sowie Gemischte Bauflächen / Wohnbauflächen (Hanau), im Os-
ten an gewerbliche Bauflächen (Hanau / Großkrotzenburg), im Süden und
Westen an den Main (jenseits des Maines Wohnbauflächen / Gemischte
Bauflächen von Hainburg). Östlich des Kraftwerkstandortes bzw. nordöstlich
des Baufeldes für den Bock 6 befindet sich ein ehemaliger Aussiedlerhof,
der zwischenzeitlich von der Antragstellerin erworben wurde.
Teile des Kraftwerkstandortes befinden sich in der erweiterten Schutzzone
des Wasserwerkes I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH. Das Wasser-
werk IV wird tangiert.
Eine fischereiliche Nutzung / Bewirtschaftung des Mains im Bereich der
Stauhaltung Mühlheim wird nur noch als Nebenerwerb oder aus Traditions-
gründen ausgeführt. Angaben zu Fangzahlen / -mengen liegen nicht vor.
Gemäß der Stellungnahme des Fischereiverbandes Unterfranken e.V. dür-
fen Mainfische aufgrund der Belastung mit Dioxinen nicht mehr verkauft
bzw. abgegeben werden.
VI.3.4.3.5.1.2. Untersuchungsraum (10 km-Umkreis)
Der Untersuchungsraum wird durch eine Vielfalt unterschiedlicher Nut-
zungsstrukturen geprägt.
Siedlungsbereiche befinden sich bei einem Anteil im Untersuchungsraum
von ca. 22% schwerpunktmäßig entlang der vorwiegend in Nordwest- Süd-
ost- Richtung verlaufenden Mainachse sowie in den äußeren Randbereichen
des Untersuchungsraumes. Zwischen den Siedlungsbereichen befinden sich
insbesondere östlich von Hanau sowie westlich der Main- Siedlungsachse
großflächige Waldgebiete.
Im Bereich der Freiflächen sind zahlreiche naturschutzfachliche Gebietsaus-
weisungen vorhanden. Auf großen Teilen des Untersuchungsraums sind
Wasserschutzgebiete vorhanden, die sich im Bereich des Kraftwerkes Stau-
dinger bis auf das Kraftwerksgelände erstrecken.
Die Mainebene und die Ausläufer des Spessarts bieten vielfältige Möglich-
keiten einer landschaftsgebundenen Erholung. Im Untersuchungsraum gibt
es zahlreiche Freizeit- und Erholungseinrichtungen (u.a. Badeseen, Kleingar-
tenanlagen, Sportanlagen), weitläufige Wälder mit gut erschlossenem Wan-
derwegenetz und diverse historische und kulturelle Anziehungspunkte. Im
Untersuchungsraum verlaufen Fernradwege und Wanderwege von überre-
gionaler Bedeutung. Durch das bestehende Kraftwerk ist bereits eine Vor-
belastung des Naturerlebnisses im Untersuchungsraum vorhanden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 120 von 321
VI.3.4.3.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen des Vorhabens
Der Anlagenstandort befindet sich innerhalb des eingezäunten Kraftwerks-
geländes, so dass infolge der Flächeninanspruchnahme keine Flächen mit
anderweitigen anthropogenen Nutzungsfunktionen (z.B. Erholung / Freizeit-
funktion) entzogen werden.
Etwaige indirekte Auswirkungen durch die Immissionen des Blocks 6 bzw.
des Kraftwerksbetriebes wurden in den vorstehenden Kapiteln betrachtet.
Negative Auswirkungen auf Waldbestände und damit auf die Forstwirtschaft
können ausgeschlossen werden.
Auswirkungen auf die Belange der landschaftsgebundenen Erholung erge-
ben sich durch die optische Störwirkung des Blocks 6. Die Auswirkungen
auf das Landschaftsbild sind in Kapitel VI.3.4.8 beschrieben. Störwirkungen
durch die großvolumigen Bauwerke und die Bauwerkshöhen des Blocks 6
sind insbesondere im Umkreis bis zu 1.500 m gegeben. Besondere Erho-
lungseinrichtungen (wie z.B. Badeseen) sind in diesem Umkreis nicht vor-
handen. Für weiter entfernt liegende Objekte treten aufgrund der Entfer-
nung und der Vorbelastung durch das bestehende Kraftwerk keine erhebli-
chen visuellen Veränderungen ein.
Im zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) wird sich die thermische
Belastungssituation des Mains gegenüber der Ist- Situation verbessern, die
stoffliche Belastungssituation nicht wesentlich verändern. Die Fischverluste
durch die Kühlwasserentnahme (rechnerisch nach 2- monatigen Untersu-
chungen: 62,1 kg/a) dürften sich aufgrund der deutlich verminderten Kühl-
wasserentnahme deutlich verringern. Beim neu geplanten Kühlwasser- Ent-
nahmebauwerk sind hochwirksame Fischschutzmaßnahmen geplant. Vor
diesem Hintergrund sind keine erheblichen Auswirkungen auf fischereiliche
Belange zu besorgen.
VI.3.4.4. Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
VI.3.4.4.1. Ist- Zustand
Beim Ist- Zustand des Schutzgutes „Tiere+ Pflanzen und biologische Vielfalt“
erfolgt eine differenzierte Beschreibung der Anlagenstandortes, des weite-
ren Untersuchungsraumes (bis 10 km) sowie der Flora und Fauna des Mai-
nes.
VI.3.4.4.1.1. Anlagenstandort
VI.3.4.4.1.1.1. Biotop- und Nutzungstypen
Im Bereich des Anlagenstandortes wurden im Herbst 2007 sowie von April
bis September 2008 Kartierungsarbeiten zur Erfassung der Biotoptypen auf
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 121 von 321
einer Fläche von ca. 33 ha durchgeführt. Der Anlagenstandort wird wie folgt
begrenzt: im Norden durch die Gurtförderer des neuen Kohlelagers bzw.
durch den Kühlwasserauslaufkanal, im Osten durch die Umgehungsstraße
bzw. die Verlängerung der Bahntrasse, im Süden durch die so genannte
Hauptstraße (Werksgelände) und im Westen durch den Main.
Das Kartiergebiet umfasste weiterhin die Flächen der Baustelleneinrichtung
sowie die Wegstrecke der Energieableitung vom Block 6 über das Hafenbe-
cken bis zum Umspannwerk Großkrotzenburg.
Die Zuordnung / Einstufung der vorgefundenen Biotop- / Nutzungstypen
sowie die Bewertung der Biotop- / Nutzungstypen nach Wertepunkten (flä-
chenbezogen je m²) erfolgte nach den Vorgaben der Kompensationsver-
ordnung des Landes Hessen (2005). Die Beschreibung / Zuordnung zu den
Biotop- / Nutzungstypen erfolgte unter Berücksichtigung von grünordneri-
schen Vorgaben (Pflanzmaßnahmen) aus vorangegangenen Genehmi-
gungsverfahren.
Im Ergebnis der Kartierarbeiten ist festzustellen, dass mit 19,6 ha nahezu
60% des ca. 33 ha großen Kartiergebietes den Nutzungstypen „10.500: Ver-
siegelt und teilversiegelte Flächen“ bzw. „10.700: Überbaute Flächen“ zuzu-
ordnen sind. Von den verbleibenden 13,4 ha fallen ca. 5,2 ha unter den
Nutzungstyp „11.000: Äcker und Gärten“ und ca. 5+1 ha unter „02.000: Ge-
büsche+ Hecken+ Säume“.
Nach der Bewertung der Kartierergebnisse im Landschaftspflegerischen
Begleitplan sind die Vegetationsstrukturen im Baufeld von Block 6 überwie-
gend von geringer bis mittlerer ökologischer Bedeutung: Die Gehölzstruk-
turen sind für die Avifauna als Brut- und Nahrungshabitate interessant, blü-
tenreiche Wiesen(brachen) vor allem für Insekten und – in Verbindung mit
sonnenexponierten Schotterflächen – teilweise auch für Reptilien. Das Vor-
kommen seltener oder geschützter Tierarten in Teilbereichen der Biotopty-
pen kann zu einer standortbezogenen Aufwertung dieses Biotoptyps füh-
ren, wie es z.B. durch das Vorkommen der Zauneidechse in einer Sukzessi-
onsfläche / Wiesenbrache westlich der Erdgasreduzierstation der Fall ist
oder durch den Eisvogel am Kopf des Kühlwasserauslaufkanals. Generell
von hoher Bedeutung für den Arten- und Biotophaushalt sind die Flächen
rund um die Seen zum Main hin, der Saum aus Ufergehölzen sowie einige
Biotope im Umfeld. Geschützte Pflanzenarten wurden im Eingriffsbereich
nicht festgestellt.
VI.3.4.4.1.1.2. Fauna
Als Grundlage für die Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange wurden
von April bis Ende September 2008 in bis zu 7 Kartiergängen im Bereich
des Gesamt- Kraftwerkstandortes faunistische Erhebungen durchgeführt.
Betrachtet wurden:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 122 von 321
Europäische Vogelarten nach Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie;
Fledermäuse (Arten des Anhangs IV der FFH- Richtlinie);
Reptilien, Amphibien, Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken, unter
denen einzelne Arten teils nach Anhang IV der FFH-Richtlinie, teils
nach BNatSchG streng geschützt sind.
Bei den insgesamt vier Kartiergängen á sechs Stunden (Kombination aus Li-
nientaxierung und Revierkartierung) wurden 63 Vogelarten, darunter min-
destens 41 Brutvogelpaare erfasst. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 13 BNatSchG sind
alle europäischen Vogelarten als besonders geschützte Arten definiert. Die
Brutvögel Eisvogel, Flussregenpfeifern, Grünspecht und Teichhuhn sind
nach der BArtSchV streng geschützt. Die Brutvögel Eisvogel, Schwarzer Mi-
lan und Wanderfalke sowie der potenzielle Brutvogel Neuntöter sind Arten
nach Anhang I der Vogelschutz- Richtlinie.
Das relativ große Artenspektrum mit teilweise seltenen / gefährdeten Vo-
gelarten hängt mit dem kleinräumigen Wechsel unterschiedlicher Lebens-
räume und der weitgehend ungestörten Entwicklung der Lebensräume im
für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Kraftwerksgelände zusammen.
Bei vier Begehungen (Ultraschalldetektor, ergänzt durch Sichtbeobachtun-
gen) wurden fünf Fledermausarten (Großer Abendsegler, Kleiner Abend-
segler, Mückenfledermaus, Rauhautfledermaus, Zwergfledermaus) nachge-
wiesen, die jeweils nach der BArtSchV besonders geschützt sind und zu den
streng zu schützenden Arten nach Anhang IV der FFH- Richtlinie zählen.
Bei den Kartiergängen an ausgewählten Lebensräumen wurden insgesamt
drei Arten (Erdkröte, Teichfrosch, Zauneidechse) registriert, die jeweils nach
der BArtSchV besonders geschützt sind. Die an drei Fundorten erfasste
Zauneidechse gehört zudem zu den streng zu schützenden Arten nach An-
hang IV der FFH- Richtlinie.
Die Erfassung der Insekten erfolgte im Rahmen der Kartierung der anderen
Gruppen und an einer speziellen Begehung. Es wurden insgesamt 15 Tag-
falterarten und eine Widderchenart erfasst. Die Tagfalterarten Hauhechel-
bläuling, Kleiner Feuerfalter, Kleiner Heufalter und die Widderchenart Blut-
ströpfchen sind nach der BArtSchV besonders geschützt.
Von den neun festgestellten Heuschreckenarten ist die Blauflügelige Öd-
landschrecke nach der BArtSchV besonders geschützt.
VI.3.4.4.1.2. Weiterer Untersuchungsraum
Im Untersuchungsraum (10km- Umkreis, außerhalb des Anlagenstandortes)
sind eine Vielzahl von unterschiedlichen Biotoptypen vorhanden (Wald, He-
cken / Feldgehölze, Streuobstwiesen, Sandmagerrasen etc.), von denen ei-
nige selten und hochgradig schützenwert sind (z.B. Feuchtbiotope, Binnen-
dünen und Flugsandfelder).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 123 von 321
Innerhalb des Untersuchungsraums sind 32 Naturschutzgebiete, 14 FFH-
Gebiete, drei Europäische Vogelschutzgebiete und 13 Landschaftsschutz-
gebiete vorhanden, die sich zum Teil räumlich überlagern. Das nächstgele-
gene FFH- Gebiet befindet sich ca. 1,2 km östlich des Anlagenstandortes.
Der Abstand zum nächstgelegenen Europäischen Vogelschutzgebiet be-
trägt ca. 1+5 km. Das Landschaftsschutzgebiet „Hessische Mainauen“ grenzt
unmittelbar an den Kraftwerkstandort an.
Im näheren Umfeld des Kraftwerkstandortes sind zahlreiche, überwiegend
kleinflächige, schützenswerte und / oder wertvolle Biotope bzw. nach § 30
BNatSchG gesetzlich geschützte Biotope vorhanden.
Die FFH-Gebiete und die Europäischen Vogelschutzgebiete sind in der FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung u.a. hinsichtlich der Lebensraumtypen, ihres
Erhaltungszustandes und ihrer Erhaltungsziele sowie wesentlicher Arten be-
schrieben.
VI.3.4.4.1.2.1. Flora und Fauna im Main
Im Rahmen des gewässerökologischen Gutachtens wurden zwischen den
Staustufen Mühlheim (Main-km 53,05) und Krotzenburg (Main-km 63,75)
verschiedene Untersuchungen zur Flora und Fauna bzw. biologischen Was-
serqualität durchgeführt.
An je einer Untersuchungsstelle oberhalb bzw. unterhalb der Einleitstelle
des Kraftwerkes Staudinger wurden an beiden Uferseiten Untersuchungen
zur Bestandsituation nach den Methoden der Wasserrahmenrichtlinie
durchgeführt. Die Erhebungsdaten wurden mit bereits vorliegenden Daten
abgeglichen. Zusammenfassend kann der ökologische Zustand der Flora
wie folgt bewertet werden:
Main-km 62,25, unmittelbar oberhalb des Entnahmebauwerks, linkes
Ufer: mäßig
Main-km 62,25, unmittelbar oberhalb des Entnahmebauwerks, rechtes
Ufer: unbefriedigend bis schlecht
Main-km 61,55, unmittelbar unterhalb Einlaufbauwerk, linkes Ufer: un-
befriedigend bis schlecht
Main-km 61,55, unmittelbar unterhalb des Einlaufbauwerks, rechtes
Ufer: unbefriedigend bis schlecht
Im Juli 2007 wurden an drei Untersuchungsstellen (oberhalb (Main-km
62,25), am Standort (Main-km 61,45) und unterhalb (Main-km 58,85) der
Entnahme- / Einleitstelle des Kraftwerkes Staudinger) Proben mit einem
Seilzugbagger entnommen. Bei der Bestandserhebung wurden 31 ver-
schiedene Taxa bzw. 23 Arten des Makrozoobenthos registriert. Die Besied-
lungsdichte lag zwischen 3.000 Individuen/m² (Main-km 62,25) bis 7.500
Ind./m² (Main-km 58,85).
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Im Gewässerökologischen Gutachten wird die Makrozoobenthos- Besiede-
lung im untersuchten Mainabschnitt unter Auswertung weiterer Daten des
Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie zusammenfassend wie
folgt bewertet:
Die Lebensbedingungen der benthischen Makrozoen sind im Main im Be-
reich des Kraftwerkstandortes stark von Maßnahmen der Gewässerunterhal-
tung und des Gewässeraufstaus geprägt. Der Main hat seinen Charakter als
epi- bis metapotamales Fließgewässer verloren. Die niedrigen Strömungs-
geschwindigkeiten haben zur Folge, dass sich Schwebstoffe verstärkt am
Gewässergrund ablagern und die normalerweise in einem kiesgeprägten
Strom vorhandene Vielfalt an Sohlsubstrattypen überlagern. Feinsedimente
sind als Substrat für viele wirbellose Fließwasserorganismen nicht geeignet.
Für den Gewässertyp „kiesgeprägte Ströme“ typische Arten konnten im un-
tersuchten Abschnitt nur sporadisch und in geringen Besiedlungsdichten
nachgewiesen werden. Die Lebensgemeinschaften werden in qualitativer
und quantitativer Hinsicht von Neozoen geprägt. Die Bewertungsergebnisse
nach der Wasserrahmenrichtlinie zeigen, dass sich der untersuchte Mainab-
schnitt in einem hinsichtlich der Makrozoobenthos-Besiedlung unbefriedi-
genden bis schlechten ökologischen Zustand befindet. Arten der Hessi-
schen Roten Listen wurden im untersuchten Mainabschnitt nicht nachgewie-
sen.
Interpretierbare Unterschiede zwischen der benthischen Lebensgemein-
schaft oberhalb und unterhalb des Kraftwerks Staudinger konnten nicht
festgestellt werden. Der oberhalb des Kraftwerkes gelegene Untersu-
chungsbereich weist die geringste Arten- und Individuenabundanz auf. Die
Zunahme zönologischer Strukturmerkmale bis zum Main-km 58,85 ist nicht
ursächlich aus dem Kraftwerksbetrieb interpretierbar.
Das Phytoplankton wurde an sechs Messterminen von Mai bis September
2007 an vier Probenahmestellen untersucht. Die im Main festgestellten Ar-
ten indizieren in der Mehrheit eutrophe, also nährstoffreiche Verhältnisse.
Mögliche Auswirkungen des Ablaufs des Kraftwerkes auf die Planktonzöno-
se des Mains wurden nicht beobachtet. Durch den Charakter des Mainab-
schnitts (staureguliert, ausgebaut, starker Schiffsverkehr) kann das Bewer-
tungsverfahren „PhytoFluss" als Bewertungsgrundlage nach der Wasser-
rahmenrichtlinie nur eingeschränkt angewendet werden. Davon unabhän-
gig war jedoch eine allgemein ökologische Bewertung des Untersuchungs-
abschnittes möglich. Aufgrund der ermittelten Indices ist das Gewässer in
seinem ökologischen Zustand als „mäßig" zu klassifizieren.
Insgesamt ist die Phytoplankton- Besiedlung im Main Ausdruck für einen
mäßigen bis unbefriedigenden ökologischen Zustand, für eine gute Einstu-
fung ist die Artenvielfalt zu gering.
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Das Zooplankton wurde an sechs Messterminen von Mai bis September
2007 an vier Probenahmestellen untersucht. Im untersuchten Mainabschnitt
konnten 55 Taxa nachgewiesen werden. Das Zooplankton des untersuchten
Mainabschnittes war im Vergleich zu anderen großen Flüssen sowohl quali-
tativ als auch quantitativ sehr gering entwickelt, trotz verminderter Fließge-
schwindigkeit und erhöhter Verweilzeit des Wasserkörpers infolge Aufstaus.
Das Fehlen natürlicher Stillwasserzonen und buchtenreicher Uferstrukturen
mit Makrophytenbewuchs ist möglicherweise Ursache für das relativ geringe
Vorkommen von Zooplankton im Main. Ein weiterer limitierender Faktor für
das Zooplankton sind permanente Turbulenzen (z.B. infolge des Schiffsver-
kehrs) im Wasserkörper. Auf dieser Grundlage wird der ökologische Zu-
stand des Mainabschnittes mit Zustandsklasse IV – unbefriedigend – beur-
teilt.
Zur Ermittlung der Ist- Zustandes wurden im Juli / August 2007 Datenerhe-
bungen mittels Elektrofischerei, Fischerei mit Uferzugnetz und Stellnetz an
ausgewählten Stellen zwischen Main-km 54,0 und 63,6 durchgeführt und
ergänzend der Fischanfall in den bestehenden Kühlwasserreinigungs-
anlagen untersucht.
In den Untersuchungen wurden 26 Fischarten festgestellt, davon 15 euryto-
pe Arten (ohne spezifische Ansprüche an die Strömung im Fluss), neun
rheophile (strömungsliebende) und zwei stagnophile (strömungsmeidende)
Arten. Die Fischfauna des Mains wird von eurytopen Arten dominiert. Es
herrschen einige wenige, ökologisch anspruchslose Fischarten wie Rotauge,
Flussbarsch, Kaulbarsch und Zander vor. Der Großteil der Fische im unter-
suchten Mainabschnitt ist an die Lebensbedingungen in der Stauhaltung
angepasst. Strömungsliebende Arten wie Nase, Barbe oder Hasel be-
schränken sich auf die wenigen strömenden Abschnitte im Unterwasser der
Staustufen. Geeignete Laichplätze und Jungfischhabitate fehlen in der Re-
gel. Der Main und die dort vorkommende Fischfauna befinden sich hier in
einem strukturell stark degradierten Zustand. Für typische Auenarten wie
Schleie, Hecht, Bitterling, Rotfeder oder Karausche mangelt es an Altarmen
oder Altwässern mit Wasserpflanzen als Laichsubstrat und als Jungfischle-
bensraum. Die Kartierung fischökologisch wertvoller Strukturen zeigt, dass
der Main in diesem Abschnitt stark anthropogen überprägt ist. Es sind nur
sehr wenig fischökologisch wertvolle Gewässerstrukturen vorhanden.
Fischverluste durch die Kühlwasserentnahme werden durch die bauliche
Gestaltung des Entnahmebauwerks und die Wirksamkeit der Fischscheu-
chanlage minimiert.
Die Bewertung der Stauhaltung Mühlheim- Großkrotzenburg gemäß der
Wassersrahmenrichtlinie mit dem Bewertungstool fiBS erbrachte für diesen
Gewässerabschnitt des Mains die Einstufung „mäßig". Diese Bewertung ist
eine zu gute Bewertung, da keine Leitfischarten in ausreichender Anzahl ge-
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fangen wurden und damit nicht in die Bewertung mit einbezogen werden
konnten. Die deutlichen ökologischen Defizite des Mains sind dagegen viel-
fältig und klar an den Dominanzen der Arten ablesbar.
Bei den gewässerökologischen Untersuchungen wurden elf Fischarten
nachgewiesen, die in den Roten Listen aufgeführt werden; sechs Arten Rote
Liste Hessen und neun Arten Rote Liste BRD. Mit Groppe, Weißflossen-
gründling, Rapfen (Anhang II) und der Barbe (Anhang V) wurden vier Arten
erfasst, die im Anhang der FFH- Richtlinie aufgeführt sind. Arten des An-
hangs IV wurden nicht festgestellt.
VI.3.4.4.1.2.2. Biologische Vielfalt
Die biologische Vielfalt im Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) wird u.a.
dokumentiert durch die Vielzahl an unterschiedlichen Biotoptypen und Le-
bensräumen (u.a. Waldflächen und Auenlandschaften) sowie zahlreichen
naturschutzfachlichen Schutzgebieten mit verschiedenartigen Schutzzwe-
cken/Erhaltungszielen.
Die vielfältigen Biotopstrukturen erfüllen Habitatansprüche der unterschied-
lichsten Tier- und Pflanzenarten. Die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische
Vielfalt) wird im Wesentlichen vom Vorhandensein ausreichend großer Bio-
top- und Verbund-/Vernetzungsstrukturen bestimmt.
VI.3.4.4.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
VI.3.4.4.2.1. Flächeninanspruchnahme und Biotopverlust
Der Planbereich des Blocks 6 umfasst eine Fläche von 211.680m². Der ge-
plante Block 6 soll auf dem Gelände des ehemaligen Kohlelagers zwischen
dem Main und dem Kühlturm des Blocks 4 (Kessel- und Maschinenhaus),
der neue Kühlturm nördlich des Kühlturms von Block 4 errichtet werden. Die
Hilfskesselanlage soll im Südosten des Kühlturms von Block 4 platziert wer-
den. Die neuen Bauwerke des Blocks beanspruchen 42.120 m² Fläche; zu-
sammen mit den be-stehenden, für den Block 6 genutzten Bauwerken,
ergibt sich ein Be-darf von 58.768 m². Damit beträgt die Differenz zwischen
Bestand und Planung 32.598 m².
Zu Eingriffen in den Naturhaushalt kommt es dabei insbesondere durch den
Verlust von Trittstein- und Sekundärbiotopen innerhalb des Kraftwerksge-
ländes und der damit verbundenen Beeinträchtigung teilweise geschützter
Arten. Es werden lediglich ca. 5.000m² Frei- / Grünflächen (darunter Ge-
hölzstrukturen mit kleinflächigem Ufergehölzsaum aus alten Pappeln und
Weiden, Obstwiesen, Wiesenbrachen und innerbetriebliche Grünflächen)
zusätzlich überbaut / versiegelt.
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Im Rahmen des Landschaftspflegerischen Begleitplanes wurden Maßnah-
men vor Ort zur Vermeidung und Verminderung von Beeinträchtigungen,
Maßnahmen zum Artenschutz, sowie Ausgleichmaßnahmen (Pflanzung von
Baumgruppen sowie von Hecken aus Bäumen / Sträuchern, Wiederherstel-
len von Flächen, Zulassung der natürlichen Sukzession, Anlage von Extensiv-
rasen und Wiesen) entwickelt. Diese Maßnahmen wurden in die Eingriffs- /
Ausgleichsbilanz gemäß der Kompensationsverordnung des Landes Hessen
(2005) eingestellt.
Mit den vor Ort vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen können die Ein-
griffe bzw. die mit der Flächeninanspruchnahme verbunden Beeinträchti-
gung des Naturhaushalts sowie die mit der Überbauung verbundenen Be-
einträchtigungen des Landschaftsbildes nicht vollständig ausgeglichen
werden, so dass sich ein (externer) Kompensationsbedarf ergibt.
Unter Berücksichtigung der Anforderungen der Kompensationsverordnung
ist als Kompensationsmaßnahme die Verbesserung der ökologischen Situa-
tion am Main bei Rumpenheim im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie nach
den Vorgaben der Oberen Wasserbehörde vorgesehen. Damit kann eine
vollständige Kompensation des Eingriffs in absehbarer Zeit gewährleistet
werden.
Zum Ausgleich des im Landschaftspflegerischen Begleitplan vom 17. Mai
2010 in der mit Grüneintrag korrigierten Fassung verbleibenden Biotop-
wertdefizits kann die auf einem Ökokonto gebuchte Ersatzmaßnahme K2
„Entwicklung naturnaher Waldbestände im Naturschutzgebiet „Bulau“ her-
angezogen werden.
VI.3.4.4.2.2. Auswirkungen auf die Fauna
Nach dem Fachbeitrag zum Artenschutz werden folgende Konfliktpotenzia-
le für die Fauna aufgezeigt:
VI.3.4.4.2.2.1. Vögel
Konfliktpotenziale für Vögel treten auf durch
den Verlust von Bruthabitaten infolge der Flächeninanspruchnahmen
(Amsel, Blau- und Kohlmeise, Fituis, Gartengrasmücke, Girlitz, Grün-
ling, Heckenbraunelle, Bluthänfling, Mönchsgrasmücke, Nachtigall,
Rotkehlchen, Zilpzalp, Bachstelze, Hausrotschwanz)
potenzielle Beeinträchtigungen von Bruthabitaten durch Störwirkun-
gen aufgrund räumlicher Nähe (Saatkrähe, Blaumeise, Buntspecht,
Grünling, Grünspecht, Mönchsgrasmücke, Kohlmeise, Nachtigall, Ra-
benkrähe, Ringeltaube, Star, Zaunkönig, Zilpzalp, Gartengrasmücke,
Klappergrasmücke, Eisvogel) sowie durch
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erhöhte Kollisionsrisiken durch die Energieableitung durch Freileitun-
gen (Graureiher, Stockente, Lachmöwe, Schwarzer Milan, Turmfalke,
Wanderfalke).
VI.3.4.4.2.2.2. Fledermäuse
Konfliktpotenziale für Fledermäuse ergeben sich ausschließlich für die Arten
Großer Abendsegler und Zwergfledermaus durch Quartierverluste. Bei den
übrigen drei festgestellten Arten handelt es sich um Durchzügler und / oder
Einzelnachweise ohne Habitatbindung.
VI.3.4.4.2.2.3. Reptilien und Amphibien
Konfliktpotenziale für Reptilien ergeben sich ausschließlich für die Zaunei-
dechse (Flächeninanspruchnahme von Habitaten). Konfliktpotenziale für
Amphibien ergeben sich nicht.
VI.3.4.4.2.2.4. Insekten – Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken
Für Insekten werden keine negativen Auswirkungen auf die Populationen
erwartet.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass bei Umsetzung von Maßnahmen zur Kon-
fliktvermeidung und CEF- Maßnahmen für keine der o.g. Artengruppen ar-
tenschutzrechtliche Verbotstatbestände vorliegen.
VI.3.4.4.2.3. Immissionen von Luftschadstoffen - Konzentration
In der FFH- Vorprüfung wurden die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an SO2,
NOx als NO2, NH3 und F- Konzentration im Vergleich mit den Irrelevanzwer-
ten der TA Luft zum Schutz vor erheblichen Nachteilen, insbesondere Schutz
der Vegetation und von Ökosystemen (Nr. 4.4.3 und Anhang 1 der TA Luft)
dargestellt. Die Immissionsbeiträge liegen bei allen Parametern deutlich un-
terhalb der Irrelevanzwerte.
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Tabelle 39: Immissionsbeitrag an ausgewählten Luftschadstoffen im zukünftigen Gesamt- Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) im Vergleich mit den Irrelevanzgrenzen der TA Luft
Schadstoff Immissionsbeitrag zukünftiger Gesamt-Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4-6); ROV
[ g/m³]
Irrelevanzgrenzen gemäß TA Luft
[ g/m³]
SO2 0,85 2,0
NOx als NO2 1,0 3,0
NH3 0,0099
F 0,0067 0,04
Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde zudem auf Grund-
lage ergänzender Ausbreitungsrechnungen nachgewiesen, dass die Immis-
sionsbeiträge an Schwefeldioxid, Stickoxiden und Ammoniak im Bereich der
nächstgelegenen NATURA 2000-Gebiete bei jeweils weniger als 1% des
sog. Critical Level liegen:
Tabelle 40: Vergleich Immissionsbeitrag / Bagatellschwellen
Bagatellschwellen Maximalwert im gesam-
ten Rechengebiet
SO2 < 0,2 µg/m³ 0,16 µg/m³
NOx als NO2 < 0,3 µg/m³ 0,16 µg/m³)
NH3 < 0,08 µg/m³ 0,0037 µg/m³)
VI.3.4.4.2.4. Immissionen von Luftschadstoffen - Schwefeldeposition
In der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist dargestellt, dass die Schwe-
feldeposition (Jahresmittel) aus dem zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke
4 bis 6) aus dem Schwaden (Auswaschen von Schwadentropfen mit dem
Niederschlag) mit 4 bis 6 kg S/(ha*a) und aus der Rauchgasfahne (Auswa-
schen von gasförmigen SO2) mit 5 bis 6 kg S/(ha*a) angenommen werden
kann. Der Bereich des sichtbaren Schwadens ist 15 bis 20 Mal kleiner als die
gesamte Rauchgasfahne im Untersuchungsraum (9km- Umkreis) und er-
streckt sich weitgehend auf das Kraftwerksgelände, so dass eine Addition
der beiden Depositionswerte (theoretischer Gesamtwert: 12 kg S/(ha*a))
keine ökologische Rolle spielt.
Wegen der Drehung der Rauchfahne wird für den Bereich der Hauptwind-
richtung (in Richtung Nordost) nur noch eine mittlere zusätzliche Jahresbe-
lastung von maximal 2 kg S/(ha*a) bei einer Hintergrundbelastung von ins-
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gesamt 13 bis 19 kg S/(ha*a) erwartet, d.h. sie ist nicht signifikant und führt
zu keiner Zusatzbelastung mit nachweisbaren Beeinträchtigungen.
Im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde zudem auf Grund-
lage ergänzender Ausbreitungsrechnungen nachgewiesen, dass die Immis-
sionsbeiträge der Schwefeldeposition im Bereich der nächstgelegenen Na-
tura 2000-Gebiete jeweils weniger als 0,5 kg/ha*a liegen. Der höchste Wert
außerhalb des Werksgeländes wurde mit 2,9 kg/ha*a ermittelt. In die De-
tailbetrachtung der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung wurden alle Natura
2000-Gebiete einbezogen, bei denen eine Schwefeldeposition von mehr als
0,1 kg/ha*a errechnet wurde, da analog zur Beurteilung von Stickstoffdepo-
sitionen (KIfL 2008) unterhalb dieses Wertes keine belastbaren Ergebnisse
begründet und folglich Beeinträchtigungen sicher ausgeschlossen werden
können.
VI.3.4.4.2.5. Immissionen von Luftschadstoffen – Gesamt-Stickstoffdeposition
Nach der im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführten
Ausbreitungsrechnung liegt die Gesamt- Stickstoffdeposition (trockene und
nasse Deposition aus reduziertem und oxidiertem Stickstoff) aus dem Be-
trieb des geplanten Blocks 6 außerhalb des Werksgeländes bei maximal
0,61 kg/ha*a (nordwestlich, Bereich der L 3309). In den nördlich an den
Kraftwerkstandort angrenzenden Freiflächen / Siedlungsflächen werden
Stickstoffdepositionseinträge von 0,1 bis 0,5kg/ha*a berechnet. Im über-
wiegenden Teil des Rechengebietes liegt die Gesamt- Stickstoffdeposition
bei weniger als 0,1 kg/ha*a und damit unterhalb des Wertes, der nach den
Bewertungsvorschlägen des Kieler Instituts für Landschaftsökologie (KIFL
2008) aus Gründen der Rechengenauigkeit keine belastbaren Depositions-
ergebnisse liefert und auf dessen Grundlage demzufolge keine Beeinträch-
tigungen begründet werden können. In der FFH-
Verträglichkeitsuntersuchung wird ein Depositionswert von weniger als 0,1
kg/ha*a als sogenanntes Abschneidekriterium berücksichtigt.
Im Bereich der nächstgelegenen Natura 2000-Gebiete liegt die Gesamt-
Stickstoffdeposition bei weniger als 0,2 kg/ha*a. Nach der FFH- Verträglich-
keitsuntersuchung liegen die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Gesamt-
Stickstoffdeposition im Bereich der FFH-Gebiete bei jeweils weniger als 3%
der lebensraumtyp-spezifischen sog. Critical Loads. Dies bedeutet, dass sich
die Stickstoffbelastungssituation gegenüber der Vorbelastung nicht signifi-
kant verändert. Die Vorbelastung liegt nach den Datensätzen des Umwelt-
bundesamtes bei einzelnen Lebensraumtypen oberhalb des sog. Critical
Load.
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VI.3.4.4.2.6. Immissionen von Schall
Im Ergebnis einer überschlägigen Abschätzung der Schallimmissionen in
den nächstgelegenen lärmempfindlichen geschützten Lebensräumen (Eu-
ropäisches Vogelschutzgebiet 6019-401; ca. 1,7km vom Emissionsschwer-
punkt des Blocks 6 entfernt) wurde ein Immissionspegel von 39,5 dB(A) für
die Tagzeit und 31,5 dB(A) für die Nachtzeit ermittelt. Der Immissionsbeitrag
des Blocks 6 liegt damit deutlich unterhalb des Schallpegels von 47 dB(A),
bei dem Störwirkungen bei empfindlichen Vogelarten zu besorgen sind.
Die derzeit am Kraftwerkstandort vorhandenen Arten haben sich an die be-
stehenden Geräuschverhältnisse angepasst. Mit dem Betrieb des Blocks 6
ist keine relevante Erhöhung der Geräuschimmissionen verbunden.
VI.3.4.4.2.7. Immissionen von Licht
Soweit Leuchten eingesetzt werden, die das Licht in einem für Insekten unat-
traktiven Wellenlängenbereich ausstrahlen (z.B. Natriumdampf- Hoch- bzw.
Niederdrucklampen, LED- Leuchten), sind keine erheblichen Auswirkungen
auf Insekten zu erwarten.
VI.3.4.4.2.8. Individuenverluste durch Wasserentnahme
Die Kühlwasserentnahme ist so gestaltet, dass Individuenverluste minimiert
werden (geringe Strömungsgeschwindigkeit des Wassers im 300m langen
Entnahmekanal, Elektroscheuchanlage nach ca. 180 m von der Entnahmes-
telle). Im Rahmen des gewässerökologischen Gutachtens wurde nachge-
wiesen, dass die Elektroscheuchanlage sehr gut funktioniert und dass nur
wenige größere Individuen diese passieren und in die Kühlwasserreini-
gungsanlagen (Rechen-, Siebbandanlage) gelangen.
Während eines zweimonatigen Zeitraumes lag die tägliche Individuenzahl
an Fischen, die größer sind als 10cm und die zur Rechenanlage gelangten,
bei 1 bis 15 Fischen pro Tag (Median: 3,6 Fische pro Tag). Von diesen Fi-
schen waren 82% in gutem Zustand, 12% wiesen leichte und 6% wiesen
schwere Schädigungen auf.
Bei den an fünf Terminen durchgeführten 24- Stunden- Messungen von
Jungfischen in der Siebbandanlage wurden 18 Arten in Jungfischstadien
(Fischlarven und Jungfische) festgestellt. Die Kühlwasserentnahme aus dem
Main im Gesamtkraftwerksbetrieb wird sich gegenüber der derzeitigen Si-
tuation zukünftig um ca. 94% verringern. Die Individuenverluste dürften sich
demzufolge deutlich vermindern.
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VI.3.4.4.2.9. Ökologische Auswirkungen der stofflichen und thermischen Gewässerbe-
einflussung durch die Kühlturmabflut und anderes Abwasser
Die chemisch- physikalischen Parameter im Main werden sich im zukünfti-
gen Gesamt- Kraftwerksbetrieb nicht wesentlich verändern. Aufgrund des
zukünftig deutlich geringeren Wärmeeintrags (Reduzierung um ca. 98%)
wird sich die thermische Belastungssituation des Mains verbessern. Die
Temperaturen des Mains werden auch in Extremsituationen die geltenden
Grenzwerte sicher einhalten.
Vor diesem Hintergrund sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen
auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt durch thermische oder stoff-
liche Gewässerbeeinflussung zu erwarten. Zusätzliche nachteilige Auswir-
kungen auf die vorkommenden Arten nach Anhang II und V der FFH- Richt-
linie sind ebenfalls nicht zu erwarten.
VI.3.4.5. Schutzgut Boden
VI.3.4.5.1. Ist- Zustand
VI.3.4.5.1.1. Anlagenstandort
Im Bereich des Anlagenstandortes sind keine natürlich gewachsenen Böden
vorhanden. Der Anlagenstandort wird zum großen Teil der Kategorie
„Schotter+ Granulat+ Baufeld“ zugeordnet. Große Teile des Anlagenstandor-
tes wurden bisher als offenes Kohlelager genutzt.
Auch im Bereich der noch vorhandenen Frei- / Grünflächen (ca. 5.000 m²) ist
davon auszugehen, dass keine ungestörten Bodenverhältnisse vorliegen.
VI.3.4.5.1.2. Bodenformen im Untersuchungsraum
Der überwiegende Teil des Untersuchungsraums wird von der Mainniede-
rung eingenommen. Nördlich von Main und Kinzig schließen sich lößbe-
deckte Terrassenflächen an, im Osten erhebt sich der aus kristallinen Ge-
steinen aufgebaute Vorspessart über die Mainniederung.
Als Ausgangssubstrat für die Bodenbildung überwiegen Sande bis lehmige
Sande aus Terrassensanden und Flugsanden. Auf diesen Substraten entwi-
ckelten sich basenarme Braunerden, oft mit Bändern im Untergrund, sowie
Bänder- Parabraunerden und lokal Podsol- Braunerden. Aufgrund der ge-
ringen Speicherkapazität für Nährstoffe und Wasser werden diese Böden
überwiegend forstwirtschaftlich genutzt (z.B. Forst Wolfgang, Emmerichsho-
fer Wald).
In den Flussniederungen finden sich neben holozänen sandig- Iehmigen bis
tonigen Auenlehmen, auf denen sich braune Auenböden sowie Auengleye,
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auch weit verbreitet quartäre Hochflutlehme, entwickeln konnten. Diese
weisen im Unterboden häufig einen im Vergleich zum Oberboden höheren
Tongehalt auf. Diese Tongehaltsdifferenz ist teilweise auf Tonverlagerung
(Lessivierung) zurückzuführen, überwiegend jedoch sedimentationsbedingt.
Aus der Tongehaltsdifferenz resultiert als Bodentyp die Parabraunerde, die
auf den Hochflutlehmen vorherrscht.
Im Raum von Erlensee werden die Terrassensande von bis zu 150 cm mäch-
tigem Löß überdeckt, auf dem sich Para- Braunerden mit mittlerem bis ho-
hem Basengehalt entwickelt haben. Örtlich finden sich ebenfalls stauwas-
serbeeinflusste Pseudogleye sowie stellenweise Tschernoseme (Bruchkö-
bel). Diese Böden werden aufgrund ihres großen Nährstoffspeichervermö-
gens intensiv landwirtschaftlich genutzt.
Am östlichen Rand des Untersuchungsraums, nördlich und südöstlich Alze-
naus finden sich Para- Braunerden mit mittlerem Basengehalt und Pseudo-
gleye auf teilweise skeletthaltigen Lößlehmen (Fließerden). In der Umge-
bung Michelbachs herrschen Pseudogleye- Braunerden, Parabraunerden
und Pseudogleye auf skelettreichen Fließerdecken aus Löß und autochto-
nem Verwitterungsmaterial vor.
VI.3.4.5.1.3. Vorbelastungssituation
Zur Ermittlung der Vorbelastung der Böden wurden im Mai 2009 an ausge-
wählten und mit der Genehmigungsbehörde abgestimmten Stellen im
Untersuchungsgebiet (10 km-Umkreis; Bereiche mit der höchsten trockenen
und nassen Deposition gemäß der für das Raumordnungsverfahren erstell-
ten Immissionsprognose / ausgewählte Bodenformen) an fünf Ackerstan-
dorten, fünf Grünlandstandorten und zwei Waldstandorten Bodenproben
entnommen. Anhand der Bodenproben wurden labortechnisch chemisch-
physikalische Parameter bestimmt.
Weiterhin wurden die Ergebnisse der Bodenzustandserhebung im Wald II
(vier Probenstandorte mit insgesamt 18 Einzelproben) sowie zwei Analysen
zur Schwermetallbelastung von Waldböden der (ehemaligen) Hessischen
Forsteinrichtungsanstalt Gießen (acht Einzelproben) ausgewertet.
VI.3.4.5.1.3.1. Ackerflächen
Eine Überschreitung der bodenartspezifischen Vorsorgewerte gemäß An-
hang 2 der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV; Schwermetalle) lag
nur an einem der fünf Beprobungsstandorte vor und zwar für Quecksilber
und PCB. Für die PCB lässt sich kein kausaler Zusammenhang zum derzeiti-
gen bzw. zukünftigen Kraftwerksbetrieb herstellen. Die ermittelten Dioxine /
Furangehalte lagen im Bereich der Hintergrundbelastung.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 134 von 321
VI.3.4.5.1.3.2. Grünland
Eine Überschreitung der bodenartspezifischen Vorsorgewerte gemäß An-
hang 2 der BBodSchV (Schwermetalle) lag für einzelne Parameter an drei
der fünf Beprobungsstandorte vor. Der Abgleich mit den Frachten gemäß
BBodSchV zeigt, dass bei Blei, Cadmium, Chrom und Nickel, die Vorbelas-
tung deutlich unterhalb der Werte gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV
liegt. Bei Quecksilber wird die Fracht ebenfalls eingehalten.
Für Zink sind in der BBodSchV keine entsprechenden Frachten ausgewie-
sen. Zink gehört nicht zu den maßgebenden Schadstoffparametern der
13. BImSchV. Die ermittelten Dioxin / Furangehalte lagen unterhalb der Hin-
tergrundbelastung.
VI.3.4.5.1.3.3. Waldflächen
An den beiden Waldstandorten sowie den Proben der (ehemaligen) Hessi-
schen Forsteinrichtungsanstalt Gießen werden die bodenartspezifischen
Vorsorgewerte gemäß Anhang 2 der BBodSchV für alle Parameter unter-
schritten.
Bei der Bodenzustandserhebung im Wald II wurde nur in einer von 18 Pro-
ben eine Überschreitung der Vorsorgewerte der BBodSchV für Blei und
Quecksilber festgestellt. Da hier keine Angaben zum Humusgehalt vorlie-
gen, ist hier keine abschließende Bewertung möglich.
VI.3.4.5.1.4. Bodenfunktionen
Die Bodenfunktionen (Lebensraumfunktion, Funktion als Bestandteil des
Naturhaushaltes, Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium, Funktion als Ar-
chiv der Natur- und Kulturgeschichte), wurden im hessischen Teil des Unter-
suchungsraum (10 km-Umkreis; Bereiche außerhalb der Siedlungsflächen)
bewertet. Im Sinne eines Maximalwertprinzips war für die Gesamtbewertung
die jeweils höchste flächenbezogene Einzelkriteriumsbewertung der Boden-
funktionen maßgebend.
Der überwiegende Teil der Flächen ist in Bezug auf die Bodenfunktionen
der Bewertungskategorie „hoch“ zuzuordnen. Am zweithäufigsten ergibt
sich die Einstufung in „hoch bis sehr hoch“ bzw. „hoch“. Die unterste Bewer-
tungskategorie „mittel“ hat flächenmäßig den vergleichsweise geringsten
Anteil im Untersuchungsraum.
VI.3.4.5.1.5. Altstandorte / Altablagerungen
Im Bereich der neuen Kohlekreislager wird derzeit ein Altstandort, Altflä-
chennummer 435.011.000.001.001, mit schädlichen Bodenverunreinigun-
gen und Grundwasserbelastungen hauptsächlich durch Mineralöle, leicht-
flüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe und LHKW saniert. Weiterhin
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werden im Bereich des Kraftwerkes Staudinger und der näheren Umgebung
insgesamt sechs Altablagerungen im Altlasteninformationssystem Hessen
geführt.
Für den Bereich des Blocks 6 liegen in der Altflächendatei keine Eintragun-
gen vor. Aufgrund der Vornutzung als Kohlelagerplatz ist jedoch mit schäd-
lichen Bodenveränderungen zu rechnen.
VI.3.4.5.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
VI.3.4.5.2.1. Flächeninanspruchnahme
Aus der Überbauung anthropogen überprägter Kraftwerksflächen lassen
sich keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf das Schutzgut
„Boden“ ableiten. Die mit dem Flächenverbrauch verbundenen naturschutz-
rechtlichen Implikationen (vergleiche VI.3.4.4.2.1) bleiben unberührt.
VI.3.4.5.2.2. Deposition / Eintrag luftgetragener Schadstoffe
Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind - mit Aus-
nahme der Quecksilberdeposition - jeweils als irrelevant zu werten. Eine
Wertung der Immissionsbeiträge an Dioxinen / Furanen anhand des Irrele-
vanzkriteriums ist nicht zulässig (siehe VI.3.4.1.2.2). Auch im Gesamtkraft-
werkbetrieb werden die Immissionswerte der maßgebenden Beurteilungs-
kriterien unterschritten, so dass über den Luftpfad keine erheblichen Aus-
wirkungen auf den Boden zu besorgen sind.
In der Gesamtbelastung (Vorbelastung + Immissionsbeitrag Block 6) wer-
den die Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV für alle Parameter
überwiegend deutlich unterschritten.
Ergänzend wurde die Anreicherung von Schwermetallen aus dem Anlagen-
betrieb des Blocks 6 errechnet und anhand der Irrelevanzwerte der UVPVwV
bewertet.
Bei der Berechnung handelt es sich um eine „worst-case“-Abschätzung, da
als Immissionsbeitrag der maximale im Beurteilungsgebiet berechnete De-
positionswert für einen Betriebszeitraum von 40 Jahren angesetzt wurde,
ohne etwaige Austragsvorgänge (z.B. durch Auswaschungen / Materialab-
trag).
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Immissionsbeiträge des Blocks 6 bei
allen Schwermetall-Parametern deutlich unterhalb der Irrelevanzgrenzen
der UVPVwV liegen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 136 von 321
Tabelle 41: Berechnete Schwermetallanreicherung im Boden im Vergleich mit dem Irrele-vanzkriterium
Stoff Voraussichtli-
che Zusatzbe-
lastung durch
Block 6
[µg/m²]
Anreiche-
rung der
Schwermetal-
le im Boden
[µg/kg]
UVPVwV- Orien-
tierungswerte
[µg/kg]
Irrelevanz-
kriterium
(2% des
Orientie-
rungswerts
[µg/kg]
Blei 0,36 0,0125 100 2
Cadmium 0,05 0,0017 1,5 0,03
Chrom 0,15 0,0052 100 2
Kupfer 0,69 0,0240 60 1,2
Nickel 0,48 0,0167 50 1
Quecksilber 0,09 0,0031 1 0,02
Thallium 0,02 0,0007 1 0,02
Arsen 0,10 0,0035 40 0,8
VI.3.4.6. Wasser - Oberflächenwasser
VI.3.4.6.1. Ist- Zustand
VI.3.4.6.1.1. Main
Das Kraftwerk Staudinger liegt am rechten Ufer des unteren Mains etwa in
Höhe Main-km 62 (Zählung flussaufwärts) im Rückstaubereich der Main-
Staustufe Mühlheim (Main-km 53,05). Wenige Flusskilometer unterhalb des
Kraftwerks mündet die Kinzig bei Main-km 55 in den Main. Im Bereich des
Kraftwerks befindet sich ein Mainhafenbecken mit angrenzendem Kühlwas-
sereinlaufkanal. Nördlich des Mainhafenbeckens befindet sich jenseits der
Standortfläche für den Block 6 der Kühlwasserauslaufkanal. Am Main liegt
der ehemalige Nato- Ölhafen. Im südlichen Teil des Kraftwerkstandortes be-
findet sich ein Kraftwerkssee. Die Gewässergüte des Mains ist im betreffen-
den Streckenabschnitt in die Kategorie „mäßig belastet“ eingestuft.
Der Kraftwerkstandort befindet sich zum Teil innerhalb des Überschwem-
mungsgebietes des Mains. Dies gilt auch für kleinräumige Teile des Anla-
genstandortes des Blocks 6.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 137 von 321
Als Grundlage für die Beschreibung des Ist- Zustandes und der voraussicht-
lichen Veränderungen infolge des geplanten Vorhabens wurde ein Gewäs-
serökologisches Gutachten zu folgenden Aspekten erstellt:
Hydromorphologie und Wasserhaushalt (Auswertung vorhandener
Daten):
Chemisch- physikalische Gewässerqualität (sechsmalige Entnahme
von Wasserproben an je zwei Probenahmestellen oberhalb und un-
terhalb des Entnahme und Einleitbauwerkes im Zeitraum Mai bis Sep-
tember 2007; Analyse chemisch- physikalischer Parameter);
Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne (3D- Modellie-
rung verschiedener Betriebsszenarien mit abgeführter Wärmemenge
von max. 9,95 MW und einer eingeleiteten Kühlwassermenge von 0,35
m³/s; ausgewählte Zeiträume: 16. bis 30. April 2003 – durchschnittli-
che Randbedingungen – und 4. bis 18. August 2003 – Jahrhundert-
sommer –);
Sedimentbeschaffenheit (Entnahme von Sedimentproben an vier
Messstellen im August 2007; chemische Parameter);
Biologische Wasserqualität (Fische, Phyto- und Zooplankton, Makro-
zoobenthos, Phytobenthos);
Fischereiliche Nutzung (siehe VI.3.4.3.5.1.1 und VII.3.3.13.2.2.5).
VI.3.4.6.1.1.1. Hydromorphologie und Wasserhaushalt
Die Abflusscharakteristik des Mains ist von größeren Abflussschwankungen
geprägt. Der mittlere Abfluss des Mains beträgt am Pegel Krotzenburg
(Main-km 63,23) ca. 175 m³/s; der mittlere Niedrigwasserabfluss (MNQ) liegt
bei 52 m³/s.
Bei der Einstufung nach der Wasserrahmenrichtlinie wird der Main als er-
heblich verändertes Gewässer ausgewiesen. 99% der Gewässerstrecke sind
sehr stark bis vollständig verändert (Kriterien: Strukturbildungsvermögen,
Durchgängigkeit, Auendynamik, Gewässermorphologie, Rückstau).
VI.3.4.6.1.1.2. Chemische- physikalische Gewässerqualität
Bezüglich der Nährstoffverhältnisse und der Salzgehalte wurden im Gewäs-
serabschnitt weder in räumlicher noch in zeitlicher Hinsicht signifikante Ver-
änderungen nachgewiesen. Die Konzentrationen der einzelnen Parameter
schwankten nur sehr geringfügig, Erhöhungen der Stofffrachten des Mains
durch kraftwerksbedingte Einleitungen waren minimal.
Nach LAWA entsprach der Main im Untersuchungsgebiet 2007 der chemi-
schen Gewässergüteklasse II (mäßig belastet) mit Tendenz zu Güteklasse II –
III (deutlich belastet). Die für den vorhandenen Gewässertyp 10 (Kiesge-
prägte Ströme) vorgeschlagenen Orientierungswerte relevanter und geeig-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 138 von 321
neter physikalischer und chemischer Kenngrößen wurden meist deutlich un-
terschritten.
Schwermetalle im Mainwasser wurden nicht oder nur in minimalen Konzent-
rationen innerhalb des Schwankungsbereichs ihrer Hintergrundkonzentrati-
onen nachgewiesen. Vergleichsweise höhere Gehalte von Zink im Mainwas-
ser korrelierten mit erhöhten Zinkkonzentrationen im Sediment. Für
Schwermetallparameter festgelegte Umweltqualitätsnormen wurden zu je-
dem Zeitpunkt im Untersuchungszeitraum unterschritten. Auch die Zielvor-
gaben nach LAWA für die verschiedenen Schutzgüter (u.a. aquatische Le-
bensgemeinschaften, Schwebstoffe / Sedimente) wurden weitgehend er-
füllt.
Weitere Daten zu den Belastungen des Maines an Blei, Cadmium, Nickel
und Quecksilber wurden mit der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung sowie
im wasserrechtlichen Erlaubnisantrag vom 22. Oktober 2010 vorgelegt.
Demnach werden die derzeit geltenden Grenzwerte der Wasserrahmen-
richtlinie, der Fischgewässerrichtlinie sowie die Qualitätsnormen gemäß der
Richtlinie 2008/105/EG für die genannten Metalle in der Wasserphase ein-
gehalten. Bezüglich der mit Richtlinie 2008/105/EG eingeführten Biota-
Werte für Quecksilber liegen die Belastungen der bislang untersuchten Fi-
sche oberhalb des Grenzwertes. Es existiert jedoch bislang noch keine Fest-
legung, welcher Organismus für eine Biota- Bewertung herangezogen wird.
VI.3.4.6.1.1.3. Temperaturverhältnisse, Ausdehnung der Wärmefahne (3D- Modellierung)
Durch die Abwassereinleitung des Kraftwerks Staudinger im derzeitigen
Kraftwerksbetrieb kommt es entsprechend den Modellrechnungen bei mitt-
leren Verhältnissen zu einer Aufwärmung um max. 1 K (bzw. bis 2 K in unmit-
telbarer Nähe des Kühlwassereinlaufkanals) und für sommerliche Extrem-
verhältnisse um etwa 1,5 K (bzw. bis 2,5 K in unmittelbarer Nähe des Kühl-
wassereinlaufkanals). Die Aufwärmung beträgt zwischen einem Profil ober-
halb und unterhalb der Einleitung nach vollständiger Durchmischung des
Mains maximal 0,8 K (mittlere Verhältnisse) bzw. maximal 1,2 K (extreme
Verhältnisse). Bei extremen Verhältnissen wird die maximal zulässige Main-
temperatur von 28 °C rechnerisch erreicht bzw. kurzzeitig leicht überschrit-
ten (28,1 °C).
VI.3.4.6.1.1.4. Sedimentbeschaffenheit (chemische Parameter)
Die Qualitätsnormen der Parameter wurden nach Wasserrahmenrichtlinie
eingehalten, die gemessenen Konzentrationen unterschreiten die Konzent-
rationen für die Qualitätsnormen zum Teil sehr deutlich. Ursache für unter-
schiedliche Konzentrationen einiger Parameter ist die partikuläre Bindung
der Schadstoffe an die Kornfraktion < 20 µm.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 139 von 321
Entlang der Messstrecke wurde kein Trend zur Erhöhung der Konzentratio-
nen festgestellt, der eine Belastung der Sedimente durch Emissionen des
Kraftwerkes Staudinger belegen könnte. Stoffliche Emissionen des Kraftwer-
kes Staudinger (Abwasserpfad) lagen in allen relevanten Parametern im
Rahmen der Grenzwerte der wasserrechtlichen Erlaubnis.
VI.3.4.6.1.2. Sonstige Gewässer
Bei den Nebengewässern des Mains und den zahlreichen Stillgewässern im
Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) beschränkt sich der potenzielle Wir-
kungspfad auf den Eintrag von Luftschadstoffen. Aufgrund des irrelevanten
Immissionsbeitrages des Blocks 6 waren keine weiteren Untersuchungen zur
gewässerökologischen Situation erforderlich.
VI.3.4.6.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
Aufbauend auf den Ergebnissen der Erfassung des Ist- Zustandes erfolgt im
Rahmen des Gewässerökologischen Gutachtens eine Auswirkungsprognose
der stofflichen und thermischen Gewässerbeeinflussung für das geplante
Vorhaben.
Mit der Inbetriebnahme des mit Steinkohle befeuerten Blocks 6 wird sich
das Betriebsregime des Kraftwerkes durch die Stilllegung der Blöcke 1 bis 3
sowie der Granulier- und Granulatförderanlage des Kraftwerkes ändern. Da-
raus resultiert ein deutlich verminderter Kühlwasserbedarf des Kraftwerks,
mit Auswirkungen für die stoffliche und thermische Belastung des Mains.
VI.3.4.6.2.1. Veränderung der Abflussverhältnisse
Der Kühlwasserbedarf vermindert sich durch die reine Kreislaufkühlung der
Blöcke 4 bis 6 erheblich, wobei das entnommene Kühlwasser derzeit und
auch zukünftig abzüglich der Verdunstungsverluste wieder in den ausrei-
chend wasserführenden Main eingeleitet wird, so dass sich praktisch keine
Veränderungen der Abflussverhältnisse ergeben.
Die Gebäude und Anlagenteile des Blocks 6 werden - mit Ausnahme des
KZA- Gebäudes und eines kleinen Teils der Rauchgasentschwefelungsanla-
ge - ca. 0,5 m oberhalb der Linie des 200-jährigen Hochwassers errichtet, so
dass sich auch im Hochwasserfall keine Veränderungen der Abflussverhält-
nisse zu besorgen sind. Bei Extremhochwasser ist ein Austritt wassergefähr-
dender Stoffe auch ohne besondere Maßnahmen ausgeschlossen.
Im Zusammenhang mit der Errichtung des neuen Kohlelagers wurde Ersatz-
retentionsraum geschaffen, der den Retentionsraumverlust für die genann-
ten Bebauungen unterhalb der HQ100 ausgleicht.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 140 von 321
VI.3.4.6.2.2. Veränderung der chemischen- physikalischen Zusammensetzung des
Mains durch die Abwasser- und Kühlwassereinleitung
VI.3.4.6.2.2.1. Wassertemperatur
Im zukünftigen Kraftwerksbetrieb (Blöcke 4 bis 6) kommt es unter normalen
/ mittleren Abfluss- und Temperaturbedingungen nicht zu einer relevanten
Erwärmung des Mains. Selbst unter angenommenen klimatischen und
hydrologischen Extrembedingungen eines „Jahrhundertsommers“ käme es
aufgrund der geringen eingeleiteten Wärmemenge nur in unmittelbarer
Nähe des Kühlwasserauslaufkanals oberflächen- und ufernah auf kurzer
Fließstrecke zu einer geringen Aufwärmung von maximal 0,5 K.
Der Kreislaufbetrieb aller Blöcke (Blöcke 4 bis 6) mit den sehr geringen
Kühlwassereinleitmengen sorgt für eine rasche Durchmischung des einge-
leiteten Kühlwassers im Main. An der Wasseroberfläche sind Temperaturer-
höhungen von maximal 0,5 K über eine maximale Distanz von 150m unter-
strom der Kühlwassereinleitung ausschließlich in Ufernähe (bis ca. 20m Dis-
tanz vom Ufer) zu erwarten. Sohlnah hat die Kühlwassereinleitung auch di-
rekt an der Mündung des Kühlwasserauslaufkanals keinen Einfluss auf die
Temperatur des Mains.
Die zu erwartende thermische Belastung fällt aufgrund der im Vergleich zum
Ist- Zustand sehr geringen Wärmelast und Einleitmenge deutlich geringer
aus. Erwärmungen werden selbst bei hydrologisch- meteorologischen Ext-
rembedingungen in viel engerem Umkreis auf das rechte Ufer beschränkt
bleiben und sind bereits nach etwa 150m nicht mehr messbar.
VI.3.4.6.2.2.2. Chemisch- physikalische Parameter
Sauerstoffgehalt:
Aufgrund der deutlich verringerten Einleitemenge von erwärmtem Kühlwas-
ser, welches mit Sauerstoff durch den Kühlturmbetrieb übersättigt ist, wird
sich der Sauerstoffhaushalt des Mains durch die Einleitung eher positiv ver-
ändern.
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB):
Durch den Wegfall von potentiellen CSB-Erzeugern, der entsprechenden
Reinigung der Kühlturmzusatzwässer und der Verbesserung des CSB-
Abbaupotentials durch eine positive Auswirkung auf den Sauerstoffhaushalt
ist davon auszugehen, dass sich die CSB-Situation durch die geänderte Ein-
leitung nicht negativ verändern wird.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 141 von 321
Adsorbierbare organisch gebundene Halogene (AOX):
Mit dem gesteigerten Bedarf an Kühlturmzusatzwasser erhöht sich die Emis-
sion von AOX geringfügig. Im Vergleich zu den im Main gemessenen Frach-
ten ist dieses jedoch vernachlässigbar.
Chlorid:
Die emittierten Chloridfrachten erhöhen sich durch die im Vergleich gestei-
gerte Betriebsstundenzahl des Blocks deutlich. Ein Vergleich mit den Main-
frachten zeigt hier jedoch nur einen unerheblichen Anteil.
Ammonium und Sulfat:
Durch die Inbetriebnahme von Block 6 wird sich die Ammonium- wie auch
die Sulfatfracht geringfügig verringern, so dass sich keine Änderungen zu
der bisherigen Emissionssituation ergeben.
Schwermetalle:
Hinsichtlich der Schwermetalle wird durch eine erweiterte Anlagentechnik
sichergestellt, dass sich die abgegebenen Schwermetallfrachten, insbeson-
dere Quecksilber, gegenüber den bisherigen weiter verringern.
VI.3.4.6.2.2.3. Veränderung der Strukturgüte
Unabhängig vom Kraftwerk ist die Strukturgüte des Mains stark beeinträch-
tigt. Vor diesem Hintergrund werden durch die Errichtung neuer Einleit- und
Auslaufbauwerke keine erheblichen nachteiligen Veränderungen der Struk-
turgüte erwartet. Bauzeitliche Beeinflussungen werden durch geeignete
Maßnahmen minimiert.
VI.3.4.6.2.2.4. Diffuse Belastungen durch Luftschadstoffe
Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind jeweils als ir-
relevant zu werten. Zudem wurde im Rahmen der UVU anhand überschlägi-
ger Berechnung nachgewiesen, dass unter dem Gesichtspunkt der Wasser-
rahmenrichtlinie die Qualität der Oberflächengewässer durch atmosphäri-
sche Quecksilbereinträge nicht signifikant negativ beeinflusst wird.
Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissionswerte der maßge-
benden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass über den Luftpfad kei-
ne erheblichen Auswirkungen auf Gewässer zu besorgen sind. Ergänzend
wurde im Rahmen der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung mit dem Modell
MONERIS (Modelling Nutrient Emissions in River Systems) der aus den Wir-
kungspfaden Luft – Wasser und Luft – Boden – Wasser resultierende
Schwermetalleintrag (Blei, Cadmium, Nickel und Quecksilber) in den Main
rechentechnisch abgeschätzt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 142 von 321
Bei Blei, Nickel und Cadmium wurde ein kraftwerksbedingter Eintrag in ei-
nem Bereich von 0,005% bis 0,05% der Gesamtbelastung des Mains errech-
net. Beim Quecksilber wurden unter überschätzenden Ansätzen Einträge
aus dem Betrieb des Blocks 6 in Höhe eines Anteils von bis zu 1,4% an der
Gesamtvorbelastung des Mains abgeschätzt.
VI.3.4.6.2.2.5. Baubedingte Auswirkungen
Das Grundwasser aus bauzeitlicher Grundwasserhaltung wird in den Main
abgeleitet. Die Grundwasserhaltung bzw. die Ableitung in den Main wird in
separaten Genehmigungsverfahren beantragt.
VI.3.4.7. Schutzgut Wasser – Grundwasser
VI.3.4.7.1. Ist- Zustand
Der Untersuchungsbereich ist durch relativ geringmächtige (meist < 10m)
pleistozäne Porengrundwasserleiter, mächtige (bis 40m) pliozäne Poren-
grundwasserleiter, miozäne Kluft- und Karstgrundwasserleiter sowie
Kluftgrundwasserleiter des Rotliegenden gekennzeichnet. Bei der lokalen
Wasserversorgung spielen die quartären Porengrundwasserleiter trotz ihrer
geringen Mächtigkeit aufgrund der sehr guten Wasserwegsamkeit und der
hohen Speicherkapazität eine entscheidende Rolle. Der quartäre Aquifer ist
oft durch einen pliozänen Grundwasserhemmer bzw. Wassernichtleiter vom
pliozänen 2. Grundwasserleiter getrennt.
Die quartären Sande und Kiese stellen im Untersuchungsraum den oberen,
1. Grundwasserleiter dar. Sie sind Wasser führend und besonders in grob-
sandigen und kiesigen Bereichen sehr gut wasserwegsam.
Während das obere Grundwasserstockwerk in den quartären Schichten als
relativ homogen bezeichnet werden kann, ist das untere Grundwasser-
stockwerk in den pliozänen und miozänen Sedimenten durch ausgespro-
chen starke Inhomogenität und Anisotropie gekennzeichnet. Es muss davon
ausgegangen werden, dass die Grenze Quartär - Tertiär (Sande / Kiese –
Tone / Schluffe) nicht in allen Bereichen als Wasserstauer fungiert. Ein hyd-
raulischer Kontakt zwischen tertiären und quartären Grundwasserleitern
über hydraulische Fenster ist daher zumindest bereichsweise gegeben.
Auch an der Kontaktfläche zwischen den pliozänen und den älteren miozä-
nen Sedimenten besteht über weite Bereiche ein hydraulischer Anschluss.
Im oberen Grundwasserleiter erfolgt ein flächenhafter Zustrom zum Main
bzw. zum Unterlauf der Kinzig.
Der Grundwasserstand für den 1. Grundwasserleiter liegt im Bereich des
Blocks 6 bei ca. 4,2 bis 6,3m unter Geländeoberkante.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 143 von 321
Die Grundwasserneubildungsrate kann für den Anlagenstandort (hoher Ver-
siegelungsgrad, Kraftwerksfläche) als gering (0,5 l/s*km²) abgeschätzt wer-
den. Teile des Kraftwerkstandortes befinden sich in der erweiterten Schutz-
zone (Zone III) des Wasserwerks I Wallersee der Stadtwerke Hanau GmbH
(Schutzgebietsverordnung von 18. Juni 1962 (StAnz. 36 S. 1221). Das Was-
serwerk IV wird tangiert. Der konkrete Anlagenstandort (Block 6) liegt au-
ßerhalb von ausgewiesenen Wasserschutzgebieten. Der östliche Teil der
Standortfläche liegt nach der gutachterlichen Stellungnahme des Hessi-
schen Landesamtes für Bodenforschung HLfB (heute: Hessisches Landesamt
für Umwelt und Geologie HLUG) vom 9. Februar 1996 (Az.: 341- 204/96
Sch/Kl) innerhalb einer vorgeschlagenen Erweiterungsfläche der weiteren
Schutzzone (III) des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk I Wallersee.
Im Untersuchungsraum (10 km-Umkreis) sind zahlreiche Wasserschutzge-
biete vorhanden.
VI.3.4.7.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
VI.3.4.7.2.1. Einträge von Luftschadstoffen
Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind jeweils als ir-
relevant zu werten. Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissi-
onswerte der maßgebenden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass
über den Luftpfad keine erheblichen Auswirkungen auf die Grundwasser-
qualität zu besorgen sind. Dies gilt auch für die im Untersuchungsraum vor-
handenen Wasserschutzgebiete.
VI.3.4.7.2.2. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen erfolgt unter Beachtung der
einschlägigen fachgesetzlichen Regelungen und Regelwerke, so dass der
Schutz des Wassers vor schädlichen Verunreinigungen sichergestellt ist. Die
Löschwasserrückhaltung kann im Keller des Maschinenhauses und Kessel-
hauses erfolgen. Ein direkter Ablauf von Löschwasser in das Entwässerungs-
system des Kraftwerkes kann nicht erfolgen.
Im Einvernehmen mit der Antragstellerin wurde vereinbart, dass für alle
Maßnahmen im vom HLfB vorgeschlagenen Erweiterungsbereich des Was-
serschutzgebietes die gleichen Anforderungen einzuhalten sind, wie bei
Maßnahmen innerhalb der Zone III des bestehenden Wasserschutzgebietes.
Dies ist bei der späteren konkreten Planung von Anlagen zum Umgang mit
wassergefährdenden Stoffen zu berücksichtigen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 144 von 321
VI.3.4.7.2.3. Veränderung der Grundwasserneubildungsrate durch Flächenversiegelung
Der Anlagenstandort trägt bereits derzeit nur in geringem Umfang zur
Grundwasserneubildung bei. Es ist nicht von einer messbaren Veränderung
der regionalen Grundwasserneubildungsrate auszugehen.
VI.3.4.7.2.4. Baubedingte Auswirkungen
Für die tiefgründigen Bauwerke ist eine bauzeitliche Grundwasserhaltung
erforderlich. Für die Grundwasserhaltung bzw. die Ableitung in den Main
wurde ein separater Zulassungsantrag gestellt. Gemäß den Ausführungen
im Landschaftspflegerischen Begleitplan wird bei einem Baugrubenverbau
der 1. (oberste) und der 2. (tiefere) Grundwasserleiter abgesperrt. Im
1. Grundwasserleiter führt dies im ungünstigsten Fall zu einem Wasserspie-
gelanstieg im Grundwasseranstrombereich um + 6cm und zu einer Spiegel-
absenkung im Abstrombereich von - 6cm. Diese geringen Spiegeländerun-
gen bewegen sich im Rahmen natürlicher Schwankungen und stellen keinen
relevanten Eingriff in das Grundwasser dar. Aufgrund der Erfahrungen bei
den Grundwassserhaltungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Errich-
tung des Kohlelagers ist eine Gefährdung des Grundwassers nicht besor-
gen.
VI.3.4.8. Landschaft
VI.3.4.8.1. Ist- Zustand
Als Grundlage für die Beschreibung des Ist- Zustandes der Landschaft und
der voraussichtlichen Veränderungen infolge der Errichtung des Blocks 6
mit seinem 127m hohem Kesselhaus und dem 180m hohem Kühlturm wur-
de eine Landschaftsbildbewertung nach dem Leitfaden des Regierungsprä-
sidiums Darmstadt „Zusatzbewertung Landschaftsbild“ durchgeführt.
Der Untersuchungsraum von rund 327 km² umfasst einen Radius von ca.
10km um den Block 6, der sich in Wirkzonen (WZ) von 0 bis 200m (WZ I;
Nahbereich), 200 bis 1.500m (WZ II) und 1.500 bis 10.000 m (WZ III) unter-
teilt. Die Raumeinheiten innerhalb der Wirkzonen wurden textlich beschrie-
ben und gemäß den Regelungen des o.g. Leitfadens nach ihrer Empfind-
lichkeit unter Berücksichtigung von Vorbelastungen bewertet.
Der Kraftwerkstandort liegt in der intensiv genutzten Mainebene, am Rande
des Verdichtungsraumes Hanau. Hier finden sich sowohl großflächige
Wohn- und Gewerbegebiet als auch landwirtschaftlich genutzte Flächen mit
Getreide- und Obstanbau rund um die Ortslagen. Eingerahmt wird das
Maintal großräumig betrachtet von den Höhenzügen des Spessarts im Os-
ten, vom Taunus im Nordwesten, dem Vogelsberg im Norden und dem
Odenwald im Süden. In den Höhenlagen nimmt der Waldanteil zu. Das
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 145 von 321
Landschaftsbild im Untersuchungsraum ist sehr heterogen. _Es ist charakte-
risiert durch die Mainebene mit Wiesenflächen und dem gewässerbeglei-
tenden Gehölzsaum, durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und zusam-
menhängende Waldgebiete. Dort finden sich eingestreut z.B. in den ehe-
maligen Mainschlingen naturnahe Flächen wie Feuchtgebiete und Bruch-
wälder. Der Landschaftsraum im Untersuchungsraum ist insgesamt durch
die Verkehrstrassen und die Siedlungs- sowie Gewerbeflächen bereits stark
zerschnitten.
Die eigentliche Eingriffsfläche ist durch das vorhandene Kraftwerk mit den
bestehenden Blöcken 1 bis 3 sowie 4 und 5, mit den 128m und 141,5m ho-
hen Kühltürmen sowie den 195m bis 250m hohen Kaminen stark vorbelas-
tet. Siedlungsbereiche, Relief- und Waldflächen sorgen in weiten Teilen der
Wirkzonen für Sichtverschattung oder setzen die Wahrnehmbarkeit herab,
indem sie Teile der Bauwerke verdecken. So verbleiben vom 327 km² gro-
ßen Untersuchungsraum lediglich rd. 47 km², die als Sichtbereiche (für Kes-
selhaus und Kühlturm Block 6) in die nähere Betrachtung und die Land-
schaftsbildbewertung einbezogen wurden.
VI.3.4.8.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
Das zukünftige Erscheinungsbild des Kraftwerkstandortes mit dem Block 6
wurde auch in Fotomontagen aus unterschiedlichen Blickrichtungen simu-
liert.
Mit dem 127m hohen Kesselhaus und dem 180m hohen Kühlturm werden
Bauwerke errichtet, die teilweise deutlich über das Niveau der bestehenden
Gebäude herausragen. Dadurch führt der Neubau des Blocks 6 zu Beein-
trächtigungen des Landschaftsbildes. Die Störwirkung des Blocks 6 ist vor
allem in den Ortstrandlagen der Wirkzonen I (0 bis 200m) und II (200 bis
1.500m) bemerkbar. Innerhalb der Wirkzone III (1.500 bis 10.000m) erge-
ben sich Sichtbeziehungen vorrangig für die Ortschaften entlang des Mains,
da hier Verschattungseffekte durch Wald und Relief geringer sind. Betroffen
von den landschaftsbildrelevanten Bauwerken des Vorhabens sind vor allem
die Erholungsflächen und die Siedlungsrandbereiche in den nahgelegenen
Ortschaften Großauheim, Großkrotzenburg. Hainburg und Klein-Auheim.
Größere Flächen mit Sichtbeziehungen zum geplanten Block 6 befinden
sich darüber hinaus in der Wirkzone II nordwestlich von Rodgau oder rund
um Erlensee. Auch von den exponierten Höhenlagen am Spessartrand tre-
ten Sichtbeziehungen zum Kraftwerk auf. Für alle im Mittel- und Fernbereich
gelegenen Flächen werden die neuen Bauwerke wegen der Entfernung nur
noch als Veränderung der Hintergrundkulisse wahrgenommen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 146 von 321
VI.3.4.9. Kultur- und sonstige Sachgüter
VI.3.4.9.1. Ist- Zustand
Der Anlagenstandort wird bereits langjährig als Kraftwerkstandort genutzt,
so dass sich hier keine Kultur- und sonstige Sachgüter (wie Bau- und Bo-
dendenkmale, historische Landnutzungen) befinden.
VI.3.4.9.2. Voraussichtliche Veränderung / Auswirkungen
Betrachtungsrelevant sind mögliche indirekte Auswirkungen des Vorhabens
auf Kultur- und sonstige Sachgüter durch Luftschadstoffimmissionen (insbe-
sondere SO2) und Erschütterungen. Der Immissionsbeitrag des Blocks 6 an
SO2 und an allen weiteren Luftschadstoffparametern ist als irrelevant zu wer-
ten. Dies schließt auch saure Schadgase mit ein, die unter Einwirkung von
Feuchtigkeit die Substanz von Gebäuden angreifen könnten. Die Gesamt-
belastung an SO2 liegt im derzeitigen und zukünftigen Kraftwerksbetrieb
deutlich unterhalb der SO2- Konzentration von 10 bis 20 µg/m³, die Schäden
an Gebäuden und historischen Denkmälern hervorrufen könnten. Insofern
sind keine erheblichen Auswirkungen auf Kultur- und sonstige Sachgüter zu
besorgen.
Erschütterungsemissionen des Blocks 6 liegen bereits in einer Entfernung
von 20 bis 40m unterhalb der Spürbarkeitsgrenze.
VI.3.4.10. Wechselwirkungen
VI.3.4.10.1. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern
In den vorangegangenen Kapiteln VI.3.4.1 bis VI.3.4.9 sind die voraussichtli-
chen Auswirkungen infolge des geplanten Vorhabens auf die einzelnen
Schutzgüter beschrieben worden.
Die vorgenannten Umweltkompartimente / Schutzgüter stehen in vielfälti-
gen Wirkungsbeziehungen / Wechselwirkungen untereinander. Daraus
ergibt sich u.a., dass sich aus Einwirkungen auf ein Schutzgut Folgewirkun-
gen für andere Schutzgüter ergeben können.
Der Hauptwirkungspfad in Zusammenhang mit der Errichtung und dem Be-
trieb des geplanten Blocks 6 ist die Freisetzung von Luftschadstoffen über
den 180m hohen Kühlturm. Die Luftqualität (Schutzgut Luft) ist unmittelbar
bedeutsam für den Menschen (vgl. Kapitel VI.3.4.3). Zudem können sich
einzelne Luftschadstoffe nachteilig auf die Vegetation und Ökosysteme
(Schutzgut Tiere und Pflanzen, vgl. Kapitel VI.3.4.4) und auf Kultur- und sons-
tige Sachgüter (vgl. Kapitel VI.3.4.9) auswirken.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 147 von 321
Die Deposition von Luftschadstoffen ist insbesondere relevant für den Bo-
den bzw. die Bodennutzung (vgl. Kapitel VI.3.4.5.2.2) sowie für das Wasser
bzw. die Nutzung des Wassers zur Trinkwassergewinnung (vgl. Kapitel
VI.3.4.6.2).
Aufgrund der Vornutzung und der anthropogenen Überprägung des Anla-
genstandortes innerhalb des Kraftwerksgeländes sind Wechselwirkungen
zwischen den Schutzgütern infolge der Flächeninanspruchnahme (z.B. Bo-
den Wasser Tier und Pflanzen Klima) von nachrangiger Bedeutung.
Aufgrund der Vorbelastungssituation durch die vorhandenen baulichen Ein-
richtungen des Kraftwerkes Staudinger ist nicht erkennbar, dass durch die
Errichtung des geplanten Blocks 6 erhebliche nachteilige Auswirkungen auf
die Erholungs- und Freizeitfunktion ausgehen könnten (Schutzgüter Land-
schaft Mensch (anthropogene Nutzungsfunktionen) (vgl. Kapitel
VI.3.4.3.5).
VI.3.4.10.2. Wechselwirkungen aufgrund von Schutzmaßnahmen
Wechselwirkungen zwischen den Umweltschutzgütern im Sinne § 2 Abs. 1
Satz 2 UVPG können nach Nr. 1 der UVPVwV u.a. durch bestimmte Schutz-
maßnahmen verursacht werden, die zu Problemverschiebungen führen.
Relevanter Wirkungspfad ist hier die Entsorgung der im Zuge der Rauchgas-
reinigung (Schutzmaßnahme zur Luftreinhaltung) anfallenden Rückstände.
Belastungsverschiebungen ergeben sich hier wie folgt:
Abreinigung der Abgase (Schutzmaßnahme für den Luftpfad)
Anfall von Rückständen (bei der Entsorgung zu prüfende Schutzgüter:
Boden, Wasser)
Im Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass keine erheblichen nachteili-
gen Umweltauswirkungen durch die vorgenannten Belastungsverschiebun-
gen zu besorgen sind, da davon ausgegangen werden kann, dass umwelt-
verträgliche Entsorgungswege für die bei der Rauchgasreinigung anfallen-
den Rückstände zur Verfügung stehen.
VI.3.4.10.3. Wechselwirkungen zwischen Stoffgruppen
Die Immissionswerte der TA Luft gelten auch bei gleichzeitigem Auftreten
sowie chemischer oder physikalischer Umwandlung der Schadstoffe (Nr. 4.1
TA Luft).
Im Rahmen eines luftchemischen Gutachtens wurden Wechselwirkungen
zwischen dem gereinigten Rauchgas sowie den Kühllturmschwaden (feuch-
te Luft, Schwadentropfen) untersucht. Im Ergebnis wurde insbesondere die
Deposition an Schwefel abgeschätzt. Die Schwefeldeposition ist vorrangig
bedeutsam für Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 148 von 321
VI.3.4.10.4. Kumulierende Wirkungen mit anderen Vorhaben
Der Untersuchungsraum des Kraftwerks Staudinger überschneidet sich nicht
mit den Untersuchungsräumen anderer geplanter, betrachtungsrelevanter
Vorhaben im Rhein- Main- Gebiet (GuD- Kraftwerk in Frankfurt-Griesheim,
EBS-Anlage im Industriepark Frankfurt-Höchst und KHKW Mainz).
Flugzeuge, die den ca. 25km entfernt gelegenen Flughafen Frankfurt am
Main anfliegen, überqueren den Anlagenstandort bei einem 3o- Sinkflug in
einer Höhe von ca. 1.200 m, so dass auch diesbezüglich keine kumulieren-
den Wirkungen zu betrachten sind.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 149 von 321
VII Genehmigungsvoraussetzungen
VII Genehmigungsvoraussetzungen / Inhaltsverzeichnis 149
VII.1. Genehmigungsbedürftigkeit 155
VII.1.1. Genehmigungsbedürftigkeit (allgemein) 155
VII.1.2. Genehmigung nach § 4 oder 16 BImSchG 155
VII.1.2.1. Einwendungen 155
VII.1.2.2. Bewertung der Einwendungen 156
VII.1.2.2.1. Grundsätze der Abgrenzung 156
VII.1.2.2.2. Anwendung auf den vorliegenden Fall 157
VII.1.3. Entscheidung nicht erforderlich 158
VII.2. Ordnungsgemäße Durchführung des Genehmigungsverfahrens 158
VII.2.1. Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachbehörden 159
VII.2.1.1. Beteiligung der Öffentlichkeit (Auslegung der Antragsunterlagen) 159
VII.2.1.1.1. Einwendungen 159
VII.2.1.1.2. Würdigung der Einwendungen 160
VII.2.1.2. Antragsunterlagen 161
VII.2.1.2.1. Umfang und Inhalt 161
VII.2.1.2.1.1. Einwendungen 161
VII.2.1.2.1.2. Würdigung der Einwendungen 162
VII.2.1.2.2. Vollständigkeit der Unterlagen 165
VII.2.1.2.2.1. Wesentliche Einwendungen 165
VII.2.1.2.2.2. Würdigung der Einwendungen 167
VII.2.2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Methodik) 168
VII.2.2.1. Rechtsgrundlagen 168
VII.2.2.2. Wesentliche Einwendungen 169
VII.2.2.3. Würdigung der Einwendungen 169
VII.3. Anspruch auf Erteilung der beantragten Teilgenehmigung 170
VII.3.1. Berechtigtes Interesse, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG 171
VII.3.2. Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der
Anlage, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG 171
VII.3.2.1. Baurechtliche Zulässigkeit 172
VII.3.2.1.1. Bauordnungsrecht 172
VII.3.2.1.2. Bauplanungsrecht 172
VII.3.2.1.2.1. Einwendungen 172
VII.3.2.1.2.2. Würdigung der Einwendungen 173
VII.3.2.1.2.2.1. Abgrenzung Innenbereich / Außenbereich 173
VII.3.2.1.2.2.2. Eigenart der nähere Umgebung 173
VII.3.2.1.2.2.3. Einfügen 174
VII.3.2.1.2.2.4. Kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme 175
VII.3.2.1.2.2.5. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse / Ortsbild 176
VII.3.2.1.2.2.6. Zulässigkeit nach § 35 BauGB 177
VII.3.2.1.2.2.7. Gemeindliches Einvernehmen 179
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 150 von 321
VII.3.2.1.2.2.8. Anlagenstandort § 50 BImSchG 180
VII.3.2.1.2.2.9. Sonstiges Baurecht (konkrete Planungen) 181
VII.3.2.2. Umweltauswirkungen während der Errichtung der Anlage (Bauphase) 182
VII.3.2.2.1. Luftreinhaltung während der Bauphase 182
VII.3.2.2.1.1. Wesentliche Einwendungen 182
VII.3.2.2.1.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 183
VII.3.2.2.2. Lärmimmissionen während der Bauphase 183
VII.3.2.2.3. Arbeitsschutz während der Bauphase / Betriebssicherheit 184
VII.3.2.2.4. Grundwasserhaltung während der Bauphase 184
VII.3.2.2.4.1. Auswirkungen bauzeitlicher Grundwasserentnahme 184
VII.3.2.2.4.2. Wesentliche Einwendungen: 184
VII.3.2.2.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 185
VII.3.2.3. Anlagentechnik, Stand der Technik / Best verfügbare Technik (BVT) 185
VII.3.2.3.1. Wesentliche Einwendungen 185
VII.3.2.3.2. Bewertung der Einwendungen 186
VII.3.2.3.2.1. Wirkungsgrad 186
VII.3.2.3.2.2. Alternative Techniken 188
VII.3.2.3.2.3. Brennstoff- Vorbehandlung 190
VII.3.2.3.2.4. Schadstoffreduzierung / Filtertechnik 190
VII.3.2.4. Naturschutzrechtliche Zulässigkeit 191
VII.3.2.4.1. Zulassung des Eingriffs nach § 15 BNatSchG 191
VII.3.2.4.1.1. Bewertungsmaßstäbe/ Bewertungsgrundlagen 191
VII.3.2.4.1.2. Wesentliche Einwendungen 191
VII.3.2.4.1.3. Würdigung der Einwendungen 195
VII.3.2.4.1.4. Bewertung 199
VII.3.2.4.2. Artenschutzrechtliche Belange 199
VII.3.2.4.2.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 199
VII.3.2.4.2.2. Wesentliche Einwendungen 200
VII.3.2.4.2.3. Würdigung der Einwendungen 203
VII.3.2.4.2.4. Bewertung 207
VII.3.3. Vorläufige Beurteilung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG 207
VII.3.3.1. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren 208
VII.3.3.1.1. Luftreinhaltung / Immissionen 208
VII.3.3.1.1.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 208
VII.3.3.1.1.2. Vorbelastung 210
VII.3.3.1.1.2.1. Wesentliche Einwendungen 210
VII.3.3.1.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 210
VII.3.3.1.1.3. Immissionsprognose 214
VII.3.3.1.1.3.1. Wesentliche Einwendungen 214
VII.3.3.1.1.3.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 215
VII.3.3.1.1.4. Verkehrsimmissionen 225
VII.3.3.1.1.4.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen 225
VII.3.3.1.2. Radioaktivität 225
VII.3.3.1.2.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen 225
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 151 von 321
VII.3.3.1.2.1.1. Wesentliche Einwendungen 225
VII.3.3.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 226
VII.3.3.2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Luftreinhaltung /
Emissionen) (Vorsorge gegen schädliche Umweltauswirkungen) 229
VII.3.3.2.1. Wesentliche Einwendungen 229
VII.3.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 230
VII.3.3.2.2.1. Ableitung der Emissionen 230
VII.3.3.2.2.2. Höhe der Emissionen 231
VII.3.3.2.3. Quecksilberemissionen 231
VII.3.3.2.4. Selbstverpflichtung / Überwachung der Selbstverpflichtung 232
VII.3.3.3. Gesundheitlich / toxikologische Auswirkungen auf den Menschen 237
VII.3.3.3.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 237
VII.3.3.3.2. Wesentliche Einwendungen 237
VII.3.3.3.2.1. Legionellen 237
VII.3.3.3.2.2. Stäube, Feinstäube, Aerosole 238
VII.3.3.3.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 239
VII.3.3.3.3.1. Immissionssituation / -beiträge Luftschadstoffe / Humantoxikologie 240
VII.3.3.3.3.2. Stäube 241
VII.3.3.3.3.3. Stickstoffdioxid (NO2) 241
VII.3.3.3.3.4. Schwefeldioxid (SO2) 241
VII.3.3.3.3.5. Antimon (Sb) 241
VII.3.3.3.3.6. Arsen (As) 241
VII.3.3.3.3.7. Blei (Pb) 242
VII.3.3.3.3.8. Cadmium (Cd) 242
VII.3.3.3.3.9. Chrom (Cr) 242
VII.3.3.3.3.10. Cobalt (Co) 242
VII.3.3.3.3.11. Kupfer (Cu) 242
VII.3.3.3.3.12. Mangan (Mn) 243
VII.3.3.3.3.13. Nickel (Ni) 243
VII.3.3.3.3.14. Quecksilber (Hg) 243
VII.3.3.3.3.15. Thallium (Tl) 243
VII.3.3.3.3.16. Vanadium (V) / Zinn (Sn) 243
VII.3.3.3.3.17. Dioxine / Furane 244
VII.3.3.3.3.18. Benzo(a)pyren 244
VII.3.3.3.3.19. Mikrobiologie 245
VII.3.3.4. Schutzgut Klima / klimaschädliche Gase 245
VII.3.3.4.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen 245
VII.3.3.4.2. Wesentliche Einwendungen 246
VII.3.3.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 248
VII.3.3.4.3.1. Einsparpotentiale durch geringere Brennstoffmengen 248
VII.3.3.4.3.2. Berechnung der Treibhausgas-Emissionen 249
VII.3.3.4.3.3. Politische Ziele 249
VII.3.3.4.3.4. Alternativenvergleich in Bezug auf CO2- Emissionen 250
VII.3.3.4.3.5. Umsetzung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes 251
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 152 von 321
VII.3.3.4.3.6. Stilllegung alter Blöcke 252
VII.3.3.5. Schutzgut Klima / Verschattung 252
VII.3.3.5.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 252
VII.3.3.5.2. Wesentliche Einwendungen 253
VII.3.3.5.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 254
VII.3.3.6. Abfall (Vermeidung / Verwertung), § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG 255
VII.3.3.7. Energieeffizienz, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BImSchG 256
VII.3.3.7.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 256
VII.3.3.7.2. Wesentliche Einwendungen 256
VII.3.3.7.2.1. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 257
VII.3.3.7.2.1.1. Fehlender Energiebedarf 257
VII.3.3.7.2.1.2. Einsparpotentiale durch effizientere Nutzung 258
VII.3.3.7.2.1.3. Vergleich von Varianten der Energieerzeugung 258
VII.3.3.8. Lärm, Erschütterungen, Licht 262
VII.3.3.8.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen 262
VII.3.3.8.2. Wesentliche Einwendungen 262
VII.3.3.8.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 264
VII.3.3.9. Gerüche 269
VII.3.3.9.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 269
VII.3.3.9.2. Wesentliche Einwendungen 269
VII.3.3.9.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 269
VII.3.3.10. Anlagensicherheit, Störfallverordnung, Arbeitsschutz 270
VII.3.3.10.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 270
VII.3.3.10.2. Wesentliche Einwendungen 270
VII.3.3.10.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 271
VII.3.3.10.3.1. Störfallkonzept 271
VII.3.3.10.3.2. Betriebsgeheimnisse 272
VII.3.3.10.3.3. Achtungsgrenze 272
VII.3.3.10.3.4. Menge an Störfallstoffen 272
VII.3.3.10.3.5. Anlagensicherheit 273
VII.3.3.10.3.6. Ammoniak- und Stickoxidemission im Störungsfall 274
VII.3.3.11. Wasserwirtschaft 274
VII.3.3.11.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 274
VII.3.3.11.2. Auswirkungen auf Grundwasserqualität durch Stoffeinträge;
Auswirkungen auf Wasserschutzgebiete und auf die öffentliche
Trinkwasserversorgung 276
VII.3.3.11.2.1. Wesentliche Einwendungen 276
VII.3.3.11.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 276
VII.3.3.11.3. Auswirkungen auf das Oberflächengewässer 277
VII.3.3.11.3.1. Stoffeinträge 277
VII.3.3.11.3.1.1. Direkteinleitung 277
VII.3.3.11.3.1.2. Quecksilber 277
VII.3.3.11.3.2. Beeinträchtigung des Überschwemmungsgebiets 281
VII.3.3.11.3.2.1. Wesentliche Einwendungen 281
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 153 von 321
VII.3.3.11.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 282
VII.3.3.11.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen /
Löschwasserrückhaltung 283
VII.3.3.11.4.1.1. Auswirkungen von Schadstoffdepositionen auf die
Grundwasserqualität / Wasserschutzgebiet 284
VII.3.3.11.4.1.2. Auswirkungen auf die
Grundwasserneubildung / den Grundwasserkörper 285
VII.3.3.12. Schutzgut Boden 285
VII.3.3.12.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 285
VII.3.3.12.2. Wesentliche Einwendungen 286
VII.3.3.12.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 287
VII.3.3.13. Umweltverträglichkeit / Schutzgut
Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt 289
VII.3.3.13.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 289
VII.3.3.13.2. Bewertung 290
VII.3.3.13.2.1. Standort / Biotopverlust 290
VII.3.3.13.2.2. Standortumfeld: Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt 290
VII.3.3.13.2.2.1. Konzentrationen von Luftschadstoffen 291
VII.3.3.13.2.2.2. Lichtimmissionen 291
VII.3.3.13.2.2.3. Schallimmissionen 291
VII.3.3.13.2.2.4. Schadstoffdeposition / Stoffeinträge 291
VII.3.3.13.2.2.5. Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt im Main 292
VII.3.3.14. FFH- Verträglichkeitsprüfung 292
VII.3.3.14.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen 292
VII.3.3.14.1.1. FFH-Gebiet 5919-304 „NSG Schifflache bei Großauheim“ 293
VII.3.3.14.1.2. FFH-Gebiet 5819-309
„US-Militärgelände bei Großauheim“ 293
VII.3.3.14.1.3. FFH-Gebiet 5919-303
„NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei Seligenstadt“ 294
VII.3.3.14.1.4. FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau“ 295
VII.3.3.14.1.5. FFH-Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“ 297
VII.3.3.14.1.6. FFH-Gebiet 5820-302 „Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee“ 297
VII.3.3.14.1.7. FFH-Gebiet 5820-301
„Kinzigaue von Langenselbold“ 298
VII.3.3.14.1.8. FFH-Gebiet 5721-305
„Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“ 300
VII.3.3.14.1.9. FFH-Gebiet 5820-303
„Tongrube von Meerholz und Hardt bei Bernbach“ 301
VII.3.3.14.1.10. FFH-Gebiet 5821-303
„Hailerer Sonnenberg und angrenzende Magerrasenflächen“ 301
VII.3.3.14.1.11. Vogelschutzgebiet 6019-401
„Sandkiefernwälder in der östlichen Untermainebene“ 302
VII.3.3.14.1.12. Vogelschutzgebiet 5821-450
„Felswände bei Büdingen und Gelnhausen“ 304
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 154 von 321
VII.3.3.14.2. Wesentliche Einwendungen 304
VII.3.3.14.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 305
VII.3.3.14.3.1. Anwendung der Bagatellschwelle für die Stickstoff- Zusatzbelastung 305
VII.3.3.14.3.2. Prüfung charakteristischer Arten 306
VII.3.3.14.3.3. Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten 306
VII.3.3.14.3.4. Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 307
VII.3.3.14.3.5. Vollständigkeit der Prüfung relevanter oder potenzieller FFH- Gebiete 307
VII.3.3.14.3.6. Fehlerhafte Eingangsdaten in der Immissionsprogose der FFH-VU 308
VII.3.3.14.3.7. Nachvollziehbarkeit der ermittelten N- und S-Depositionen 309
VII.3.3.14.3.8. Nachvollziehbarkeit der Ausbreitungsfahne bei Stickstoffdeposition 310
VII.3.3.14.3.9. Schornsteinhöhe für die Ableitung der Emissionen der Hilfskessel 311
VII.3.3.14.3.10. Bewertung 312
VII.3.3.15. Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter 315
VII.3.3.15.1. Wesentliche Einwendungen 315
VII.3.3.15.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 315
VII.3.3.16. Raumordnung und Landesplanung 316
VII.3.3.16.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe 316
VII.3.3.16.2. Wesentliche Einwendungen 316
VII.3.3.16.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung 318
VII.3.4. (Intendiertes) Ermessen 320
VII.4. Sachbescheidungsinteresse 320
VII.4.1.1.1. Einwendungen 320
VII.4.1.1.2. Würdigung der Einwendungen 320
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 155 von 321
Das Vorhaben ist nach § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG in Verbindung mit der Vier-
ten Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes
(Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) ge-
nehmigungsbedürftig (dazu VII.1). Die Antragstellerin hat auf der Grundla-
ge des nach der 9. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissions-
schutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9.
BImSchV) ordnungsgemäß durchgeführten Genehmigungsverfahrens (dazu
VII.2) und der eingereichten Antragsunterlagen nach Maßgabe der beige-
fügten Auflagen und Bedingungen nach § 6 in Verbindung mit § 8 Satz 1
des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luft-
verunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, und ähnliche Vorgänge
(Bundes- Immissionsschutzgesetz – BImSchG) einen Anspruch auf Erteilung
der beantragten Teilgenehmigung (dazu VII.3). Der Antragstellerin fehlt
auch nicht das erforderliche Sachbescheidungsinteresse (dazu VII.4).
VII.1. Genehmigungsbedürftigkeit
Das Vorhaben ist insgesamt und daher auch im Hinblick auf die vorliegende
– die Errichtung der Anlage betreffende – Teilgenehmigung genehmi-
gungsbedürftig (dazu VII.1.1). Dabei spricht alles dafür, dass das Vorhaben
der Antragstellerin die wesentliche Änderung einer bestehenden Anlage
darstellt (dazuVII.1.2). Dies braucht jedoch nicht abschließend entschieden
zu werden (dazu VII.1.3).
VII.1.1. Genehmigungsbedürftigkeit (allgemein)
Das Vorhaben der Antragstellerin ist als Anlage zur Erzeugung von Strom,
Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Ein-
satz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung mit einer Feue-
rungswärmeleistung von mehr als 50 Megawatt nach § 4 Abs. 1 Satz 3
BImSchG in Verbindung mit Ziffer 1.1, Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV
genehmigungsbedürftig.
VII.1.2. Genehmigung nach § 4 oder 16 BImSchG
VII.1.2.1. Einwendungen
Mehrere Einwender sind der Auffassung, eine Änderungsgenehmigung sei
nicht ausreichend für die beantragte Zulassung (der Errichtung) des
Blocks 6. Das beantragte Vorhaben stelle kein Änderungsvorhaben im Sin-
ne von § 16 BImSchG dar, sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4
BImSchG. Es handele sich weder um die Erweiterung einer gemeinsamen
Anlage noch um die Errichtung eines Anlagenteils, der zu einer Gesamtan-
lage gehöre. Vielmehr werde die Errichtung eines für sich genehmigungs-
pflichtigen Kraftwerksblocks beantragt, der zukünftig die dann noch vor-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 156 von 321
handenen anderen Anlagen der Antragstellerin dominieren und prägen
werde. Die Genehmigungsbehörde gehe unzutreffend vom Vorliegen einer
nur wesentlichen Änderung der Anlage und nicht von einer Neugenehmi-
gung aus.
VII.1.2.2. Bewertung der Einwendungen
Die Anlage, deren Errichtung mit der vorliegenden Teilgenehmigung bean-
tragt wird, stellt entgegen der Auffassung einiger Einwender keine Neuan-
lage im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG dar. Durch die Errichtung der
Anlage wird vielmehr das bestehende Kraftwerk Staudinger im Sinne von
§ 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wesentlich geändert.
VII.1.2.2.1. Grundsätze der Abgrenzung
Für die Abgrenzung von dem Neugenehmigungserfordernis einerseits und
dem Änderungsgenehmigungserfordernis andererseits werden vor allem
folgende Kriterien genannt bzw. verwendet:
Von einer Neuerrichtung ist dann auszugehen, wenn sich der Charakter der
gesamten Anlage dahingehend ändert, dass sie als eine komplett neue An-
lage qualifiziert werden muss. Als Beurteilungsmaßstab wird der Umfang
der Gesamtanlage im ursprünglichen Zustand herangezogen. Wird die An-
lage um einen Teil erweitert, ist darauf zu achten, dass von einer Neuerrich-
tung gesprochen werden muss , wenn der Neubau zu einer erheblichen Er-
höhung der Gesamtkapazität der Anlage führt, der Neubau also den größ-
ten Anteil der Kapazität der Anlage auf sich vereint1. Maßgeblich für die
Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV.
Danach erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnot-
wendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf Nebeneinrichtungen,
die mit den betriebsnotwendigen Anlagenteilen und Verfahrensschritten in
einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie
auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen
räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demsel-
ben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen ver-
bunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Ein
neues Vorhaben stellt hiernach eine Änderung der genehmigten Anlage
dar, wenn es als Nebeneinrichtung der genehmigten Anlage zuzuordnen ist
oder mit ihr betriebstechnisch und organisatorisch in einer Weise verbun-
den ist, die es nach der Verkehrsanschauung rechtfertigt, eine einheitliche,
nach einem übergreifenden Konzept betriebene Anlage anzunehmen2.
1 Jarass, BImSchG, 7. A. 2007, § 15 RdNr. 5, 11 2 BVerwGE 69, 351, 355 ff.; BVerwG, Beschluss vom 9. April 2008 – 7 B 2.08
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 157 von 321
Eine Neuerrichtung liegt demgegenüber vor, wenn durch die Änderung der
Charakter der Gesamtanlage verändert wird3 bzw. wenn die Änderungen
derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifi-
ziert werden muss4. Weiter soll eine Neuerrichtung anzunehmen sein, wenn
der Betrieb um eine zusätzliche, selbständige und genehmigungsbedürftige
Anlage erweitert wird5.
Nach Sellner6 soll in Fällen, in denen mehrere Anlagen eine gemeinsame
Anlage im Sinne von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV bilden und eine weitere An-
lage hinzutritt, wie folgt zu unterscheiden sein:
Gehört eine hinzutretende Anlage ihrerseits dem Verbund der bestehen-
den gemeinsamen Anlage durch einen engen räumlichen und betriebli-
chen Zusammenhang an, so handelt es sich um die Änderung der vorhan-
denen (gemeinsamen) Anlage. Hierfür ist ein Änderungsgenehmigungsver-
fahren durchzuführen7. Ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusam-
menhang mit der vorhandenen gemeinsamen Anlage dagegen nicht gege-
ben, so ist für die hinzutretende Anlage § 4 BImSchG anzuwenden, eine
Neugenehmigung ist erforderlich.
Desweiteren wird für die Abgrenzung Änderung / Neuerrichtung die Frage
gestellt, ob der Kernbestand der Anlage vollständig oder überwiegend ver-
ändert wird. Wenn ja, soll eine Neuerrichtung vorliegen, wenn nein, eine
Änderung8. Außerdem wird noch eine Neuerrichtung angenommen, wenn
die Kapazität der bisherigen Anlage mehr als verdoppelt wird9.
VII.1.2.2.2. Anwendung auf den vorliegenden Fall
Nach den vorgenannten Abgrenzungskriterien handelt es sich im vorlie-
genden Fall des Kraftwerks Staudinger bei dem o.g. Vorhaben Errichtung
und Betrieb eines Blocks 6 unter Mitberücksichtigung der Stilllegung der
Blöcke 1 bis 3 aus den im folgenden genannten Gründen um eine Ände-
rung und nicht um eine Neuerrichtung. Der Charakter der Gesamtanlage
ändert sich nicht. Zwar kommt ein neuer Block 6 hinzu. Dafür werden aber
die Blöcke 1 bis 3 stillgelegt, und vor allem bleiben die Blöcke 4 und 5 be-
stehen. Außerdem handelt es sich sowohl bei den Blöcken 1 bis 3 als auch
3 Jarass, a.a.O., § 15 RdNr. 11; Czajka in: Feldhaus, Bundes- Immissionsschutzrecht, Bd. 1, Teil I, § 16 BImSchG, RdNr. 23 4 Führ, in: Koch / Scheuing, Gemeinschaftskommentar zum BImSchG, § 16 RdNr. 159 5 Jarass, a.a.O., § 15 RdNr. 11 6 Sellner in: Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. I, BImSchG, § 16 BImSchG RdNr. 45; § 8a BImSchG RdNr. 94 7 So im Ergebnis auch Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. II, § 1 der 4. BImSchV, RdNr. 22 8 Sellner, a.a.O., § 15, RdNr. 45 9 Jarass, a.a.O., § 15 Rn. 12
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 158 von 321
bei Block 6 im Wesentlichen um (Kohle-)Kraftwerksblöcke zur Stromerzeu-
gung.
Zwar könnte im Sinne des oben referierten Kriteriums von Jarass (siehe
Fußnote 1) hier hinsichtlich Block 6 von einer Erweiterung um eine zusätzli-
che, schon für sich genehmigungsbedürftige Anlage mit der Folge der An-
nahme einer Neuerrichtung ausgegangen werden. Insoweit ist aber zu be-
rücksichtigen, dass die bestehende Kraftwerksanlage Staudinger als eine
gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu behandeln
ist. Diesbezüglich ist nach Meinung der Genehmigungsbehörde dem diffe-
renzierenden Ansatz von Sellner zu folgen. Hierfür spricht, dass dieser An-
satz sachgerecht differenziert und die hier letztlich einschlägige Ziffer 1.1
des Anhangs der 4. BImSchV mit der Verwendung des Begriffs „Kraftwerk“
ebenfalls letztlich von einer Gesamtbetrachtung ausgeht. Die Anwendung
des differenzierenden Ansatzes von Sellner führt hier zu folgendem Ergeb-
nis: Die hinzutretende Anlage Block 6 gehört ihrerseits durch einen engen
räumlichen und betrieblichen Zusammenhang dem Verbund der bestehen-
den gemeinsamen Anlage des Kraftwerks Staudinger an. Demgemäß han-
delt es sich bezüglich des hinzutretenden Blocks 6 um eine Änderung der
vorhandenen (gemeinsamen) Anlage. Der Kernbestand der Anlage wird
weder vollständig noch überwiegend verändert; die Kapazität der bisheri-
gen Anlage wird nicht mehr als verdoppelt, sondern sie bleibt im Wesentli-
chen gleich: Der Ist- Zustand der Feuerungswärmeleistungen beträgt in der
Summe 5140 MW (im Einzelnen: Block 1: 639 MW, Block 2: 639 MW, Block
3: 881 MW, Block 4: 1.611 MW, Block 5: 1.370 MW). Der geplante Zustand
der Feuerungswärmeleistungen beträgt in der Summe 5381 MW (im Einzel-
nen: Block 4: 1.611 MW, Block 5: 1.370 MW, Block 6: 2.350 MW). Auch
nach diesem (Kapazitäts-)Kriterium ist daher nicht von einer Neuerrichtung
sondern von einer Änderung auszugehen. Im Ergebnis ist bei einer Ge-
samtbetrachtung im vorliegenden Fall bei dem Vorhaben der Antrag-
stellerin von einer Änderung und nicht von einer Neuerrichtung auszuge-
hen mit der Folge, dass ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16
BImSchG zutreffender Weise durchgeführt worden ist.
VII.1.3. Entscheidung nicht erforderlich
Letztlich kommt es jedoch auf diese Frage nicht an, da sich weder im Hin-
blick auf die anzuwendenden Verfahrensvorschriften noch im Hinblick auf
den Prüfungsumfang etwas ändert.
VII.2. Ordnungsgemäße Durchführung des Genehmigungsverfahrens
Das durchgeführte Genehmigungsverfahren entspricht den Anforderungen
der 9. BImSchV. Öffentlichkeit und Fachbehörden wurden ordnungsgemäß
beteiligt (dazu VII.2.1). Die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV in Verbin-
dung mit Ziffer 1.1.1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglich-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 159 von 321
keitsprüfung (UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsuntersuchung
wurde durchgeführt (dazu VII.2.2). Auf der Grundlage der in Kapitel VI ent-
haltenen zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des
Vorhabens auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tie-
re, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima und
Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie den Wechselwirkungen
zwischen den vorgenannten Schutzgütern nach § 20 Abs. 1a) der 9.
BImSchV ergibt sich die unter VII. vorgenommene Bewertung nach § 20
Abs. 1b) der 9. BImSchV.
VII.2.1. Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachbehörden
Die Beteiligung der Öffentlichkeit (dazu VII.2.1.1) ist in Übereinstimmung
mit § 10 BImSchG sowie den §§ 9 ff. der 9. BImSchV erfolgt. Der notwendi-
ge Erörterungstermin wurde verfahrensfehlerfrei durchgeführt. In sämtli-
chen Stadien der Öffentlichkeitsbeteiligung lagen im Sinne des § 10 Abs. 1
S. 3 BImSchG vollständige, den Antragsgegenstand erschöpfend beschrei-
bende Antragsunterlagen vor (dazu VII.2.1.2).
VII.2.1.1. Beteiligung der Öffentlichkeit (Auslegung der Antragsunterlagen)
Die nach § 16 Abs. 2 S. 1 BImSchG schon wegen des Fehlens eines anders-
lautenden Antrages der Antragstellerin erforderliche Öffentlichkeitsbeteili-
gung wurde durch die öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 S. 1
BImSchG in Verbindung mit den §§ 8 f. der 9. BImSchV eingeleitet ord-
nungsgemäß durchgeführt. Schließlich wurden die Antragsunterlagen in
Übereinstimmung mit § 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG in Verbindung mit § 10 der
9. BImSchV öffentlich ausgelegt.
VII.2.1.1.1. Einwendungen
Es wird von Einwenderseite bemängelt, die Genehmigungsbehörde habe
mit der Terminierung der öffentlichen Auslegung der Unterlagen während
der Sommerferien einseitig die wirtschaftlichen Interessen der Antrag-
stellerin bevorzugt und damit die verfassungsrechtlich geschützten Rechte
der Betroffenen auf Teilhabe am Verfahren verletzt.
Desweiteren wurde vorgetragen, dass die ausgelegten Unterlagen nicht mit
den im Internet veröffentlichten Unterlagen übereingestimmt hätten. So
wären etwa die Antragsschreiben vom 22. März 2008 und vom 1. Dezember
2008 nicht im Internet veröffentlicht worden. Zu Beginn der Auslegung sei-
en die Antragsunterlagen zunächst gar nicht und an den Folgetagen nur
unvollständig abrufbar gewesen. Bis zur Internet-Einstellung der Umwelt-
verträglichkeitsstudie habe es länger als eine Woche gedauert. Wenn ein
entsprechender Internetservice eingerichtet werde und das Regierungsprä-
sidium durch eine Pressemitteilung auf diese Möglichkeit zur Einsichtnah-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 160 von 321
me in die Unterlagen über die eigene Homepage verweise, müsse aller-
dings auch gewährleistet sein, dass die Unterlagen ab dem Zeitpunkt der
Auslegung vollständig, übersichtlich und klar strukturiert eingestellt seien.
Von einzelnen Naturschutzverbänden wurde gerügt, dass die Übersendung
eines vollständigen Antragssatzes mit Hinweis auf die gesetzlichen Vor-
schriften verwehrt worden sei. Die Bereitstellung der Antragsunterlagen
auf DVD-Datenträger habe mehrere Tage gedauert und eine fristgerechte
Erstellung einer Stellungnahme erschwert.
Des Weiteren wurde von Seiten der anerkannten Umweltverbände einge-
wandt, es sei eine weitere Auslegung der nachgeforderten und von der An-
tragstellerin ergänzten Antragsunterlagen (insbesondere FFH- Verträglich-
keitsprüfung) erforderlich gewesen.
VII.2.1.1.2. Würdigung der Einwendungen
Die Einwendung greift nicht durch, weil kein Rechtsanspruch auf eine Aus-
legung außerhalb der Ferien besteht. Aus dem Gesetzeswortlaut (§ 10
Abs. 3 BImSchG) ist eine entsprechende Beschränkung nicht ableitbar.
Vielmehr sprechen die kurzen gesetzlichen Verfahrensfristen (hier 6 Monate)
und der dahinterstehende Beschleunigungsgedanke gerade bei einem
hochkomplexen Verfahren wie dem vorliegenden dafür, dass die Behörde
nach Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen unverzüglich die Öf-
fentlichkeitsbeteiligung einzuleiten hat. Andernfalls kann sie sich gegen-
über dem Antragsteller wegen unnötiger Verzögerungen schadensersatz-
pflichtig machen (Amtspflichtverletzung). Es kann nicht der Wille des Ge-
setzgebers gewesen sein, aus Rücksicht auf die Urlaubsplanung Einzelner
den Zeitraum für die Durchführung eines Erörterungstermins noch mehr zu
verkürzen und eine ordnungsgemäße Bearbeitung zu erschweren. Der inte-
ressierte und betroffene Bürger muss selbst abwägen, ob ihm die frist- und
rechtewahrende Erhebung von Einwendungen oder der ungestörte Urlaub
über die Dauer von einem Monat gerade im fraglichen Zeitraum wichtiger
ist. Ferner besteht in besonders gelagerten Einzelfällen (lange geplanter,
unaufschiebbarer Urlaub) auch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand, wenn deswegen eine Überschreitung der Einwendungs-
frist nicht zu vermeiden war.
Die Einstellung von Unterlagen im Internet war ein zusätzlicher Service für
die interessierten Bürger und kein notwendiger Bestandteil der förmlichen
Öffentlichkeitsbeteiligung. Ein Verfahrensfehler ist daher zu verneinen.
Die geltenden Vorschriften sehen keine Pflicht zur Übersendung von An-
tragsunterlagen an die Naturschutzverbände vor. Deren Beteiligung wurde
wie für die Bürger und sonstige potentielle Einwender durch die Auslegung
der Unterlagen ermöglicht. Bei der Übersendung eines Datenträgers mit
den Antragsunterlagen handelt es sich um einen zusätzlichen, freiwilligen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 161 von 321
Service, auf den kein Anspruch besteht. Die (fristgerechte) Fertigung einer
Einwendung kann somit allenfalls erleichtert, keinesfalls aber erschwert
werden.
Eine erneute Auslegung der nachgereichten Unterlagen über die Untersu-
chung der FFH-Verträglichkeit war nicht erforderlich. Siehe VII.2.1.2.2.2.
VII.2.1.2. Antragsunterlagen
Der Antrag auf Erteilung einer Teilgenehmigung hat nur diejenigen Anla-
gen(teile) zu beschreiben, die neu errichtet oder geändert werden (da-
zu VII.2.1.2.1). Die ausgelegten Antragsunterlagen waren zu keinem Zeit-
punkt unvollständige im Sinne des § 10 Abs. 3 S. 1 BImSchG (da-
zu VII.2.1.2.2).
VII.2.1.2.1. Umfang und Inhalt
VII.2.1.2.1.1. Einwendungen
Von mehreren Einwendern wurde der Anlagen- bzw. Vorhabensbegriff, der
Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens ist, thematisiert und in Frage
gestellt. Es wurde kritisiert, dass in den Antragsunterlagen grundsätzlich
nicht das gesamte Großkraftwerk sondern nur der geplante Block 6 in sei-
nen Umweltauswirkungen untersucht und bewertet worden sei. Es sei keine
Gesamtbetrachtung sämtlicher Emissionen im Hinblick auf das Gesamt-
kraftwerk, sondern nur in Bezug auf den neu zu errichtenden Block 6 erfolgt.
Dies sei ein Verfahrensfehler, der die Genehmigungsfähigkeit ausschließe.
Nach Auffassung der Einwender sei es der Antragstellerin verwehrt, sich in
irgendeiner Weise auf Bestandschutz hinsichtlich der von den bisherigen
Anlagen ausgehenden Immissionen oder sonstigen Umweltauswirkungen
zu berufen. Die Genehmigungsfrage stelle sich vielmehr komplett neu, und
zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Änderungsgenehmigung oder
eine Neugenehmigung handele. Dem Genehmigungsantrag zur wesentli-
chen Änderung der Anlage lägen fehlerhafte Auswirkungsprognosen zu-
grunde, weil in den Antragsunterlagen – z-B. in der Immissionsprognose –
nur Block 6 betrachtet worden sei. Dies widerspreche § 1 Abs. 2 und 3 der
4. BlmSchV. Nach den Vorgaben der 4. BlmSchV sei in einem immissions-
schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Gesamtanlage (alle mitbe-
nutzte Anlagen und technische Einrichtungen) zu berücksichtigen. Wesent-
liche Teile des Projektes seien aus dem immissionsschutzrechtlichen Ge-
nehmigungsverfahren ausgeklammert worden. Insbesondere bei der Im-
missionsprognose und der Umweltverträglichkeitsuntersuchung sei das ge-
samte Großkraftwerk (bestehende Blöcke und geplanter Block 6) mit seinen
jeweiligen Immissionsbeiträgen zu untersuchen und zu bewerten gewesen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 162 von 321
Daher sei die vorgelegte Immissionsprognose entsprechend zu überarbei-
ten und auf die „Gesamtanlage“ auszurichten.
VII.2.1.2.1.2. Würdigung der Einwendungen
Bei der Entscheidung über eine Änderungsgenehmigung, die hier die
quantitative Änderung (Erweiterung) der bestehenden gemeinsamen Anla-
ge (Kraftwerk Staudinger) durch einen weiteren, selbständigen Kraftwerks-
block (Block 6) betrifft, sind in erster Linie die zu ändernden Teile und Ver-
fahrensschritte, zusätzlich aber auch die Anlagenteile bzw. Verfahrensschrit-
te, auf die sich die Änderung auswirken wird, in den Blick zu nehmen. Diese
Umschreibung enthält die einschlägige Vorschrift zum Prüfungsumfang
nach Nr. 3.5.3 TA Luft und entspricht wohl auch der überwiegenden Auffas-
sung in der Kommentarliteratur10. Auch in der oberverwaltungsgerichtli-
chen Rechtsprechung der letzten Jahre findet sich ganz überwiegend diese
Abgrenzung11. Des Weiteren versteht die TA Luft unter der Zusatzbelastung
den Immissionsbeitrag+ der „durch das beantragte Vorhaben“+ also hier Bau
(und Betrieb) von Block 6, voraussichtlich hervorgerufen wird (vgl. Nr. 2.2
Satz 3 TA Luft sowie die Definition gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2a UVPG).
Die Genehmigungsbehörde folgt mit dieser Auslegung der überwiegend
gängigen Genehmigungspraxis auch – soweit ersichtlich – der meisten Bun-
desländer. Zur Begründung wird auf den Wortlaut sowie die Entstehungs-
geschichte dieser Begriffsbestimmung verwiesen. Nach dem ursprüngli-
chen Entwurf der Bundesregierung war in Nr. 2.2 Abs. 1 Satz 3 TA Luft abzu-
stellen auf die „zu beurteilende Anlage“12. Auf Vorschlag des Bundesrates
wurde der Text dahingehend geändert, dass maßgebend sein solle das
„beantragte Vorhaben“13. Der Bundesrat habe mit dieser Änderung sicher-
stellen wollen, dass im Änderungsgenehmigungsverfahren für die Bestim-
mung der Zusatzbelastung nur auf das Änderungsvorhaben abzustellen ist.
Damit sollte auch an der früheren Rechtslage nach alter TA Luft (Fassung
1986, vgl. deren Nrn. 2.2.3.1 Abs. 2 und 2.6.1.1 Abs. 3) ausdrücklich festge-
halten werden. Dies gelte auch für die Fallgestaltung der Nr. 4.2.2 TA Luft.
Auch die EU-Richtlinie 2008/1/EG in ihrer zuletzt kodifizierten Fassung vom
15. Januar 2008 geht in Artikel 12 Abs. 2 Satz 2 davon aus, dass Prüfungs-
gegenstand einer Änderungsgenehmigung diejenigen Anlagenteile sein
sollen, die von der Änderung betroffen sein können.
10 Sellner in: Landmann/Rohmer, a.a.O. § 16 BImSchG, RdNr.. 150 ff., Czajka, a.a.O., § 16 BImSchG, RdNr. 84, 86 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen
11 OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 8 B 2477/06, RdNr. 60 ff; VGH Kassel, Urteil vom 24. September 2008 – 6 C 1600/07.T, unter B.2.a
12 Bundesratsdrucksache 1058/01 13 Bundesratsdrucksache 1058/1/01
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 163 von 321
Für ein Abstellen auf die Gesamtanlage könnte allerdings der Wortlaut der
Ziffer 4.2.2 Buchstabe a der TA Luft sprechen. Dort ist von der „Zusatzbelas-
tung durch die Emissionen der Anlage“ die Rede. Daraus leitet insbesonde-
re Hansmann14 ab+ dass grundsätzlich die „Emissionen der gesamten Anla-
ge“ der Immissionsprognose zu Grunde zu legen seien. Dieses Ausle-
gungsergebnis entspreche auch dem Regelungszweck und der zu konkreti-
sierenden gesetzlichen Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG,
wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben
sind, dass von ihnen (also der gesamten Anlage) keine schädlichen Umwelt-
auswirkungen hervorgerufen werden können. Nur auf diese Weise werde
ausgeschlossen, dass Anlagen in Gebieten mit Immissionswertüberschrei-
tungen stufenweise so erweitert werden können, dass zwar durch jede ein-
zelne Erweiterungsmaßnahme nur geringe zusätzliche Immissionsbeiträge
hervorgerufen werden, der Immissionsbeitrag der Gesamtanlage aber im
Laufe der Zeit die Irrelevanzgrenze (von 3 % z.B. nach Nr. 4.2.2 a TA Luft)
deutlich übersteigt. Damit sollte wohl einer Art „Salamitaktik“ der Betreiber
bei der Erweiterung von Anlagen vorgebeugt werden. Diese Auffassung
von Hansmann steht in auffälligem Widerspruch zur normativen Festlegung
des Prüfungsumfangs für die Änderungsgenehmigung, wie sie in den Nrn.
3.5.4 und 2.2 TA Luft zum Ausdruck kommt. Der Vorhaben- bzw. Anlagen-
begriff kann grundsätzlich in diesen Vorschriften gegenüber der Regelung
in Nr. 4.2.2 TA Luft, bei der es um die Voraussetzungen für die Genehmi-
gungsfähigkeit von beantragten Vorhaben geht, kein verschiedener sein.
Bezeichnenderweise zitiert Hansmann bei seinen Ausführungen zum Prü-
fungsumfang unter Nr. 3.5.3 Satz 2 TA Luft auch nur die Rechtsprechung
und die Äußerungen im Schrifttum, die dieser (einschränkenden) Definition
zustimmen und wirft lediglich noch die Zusatzfrage auf, in welchen Fällen
mit der Änderung Auswirkungen auf die unveränderten Anlagen(teile) her-
vorgerufen werden (z.B. bei Ableitung aller Emissionen über einen gemein-
samen Kamin).
Die Genehmigungsbehörde sieht von daher keinen zwingenden Grund, von
der bisherigen Rechtsauslegung und daraus folgenden Genehmigungspra-
xis abzuweichen, insbesondere auch bei einer typischen Fallgestaltung wie
vorliegend, bei der eine gemeinsame Anlage (Großkraftwerk) um einen
neuen Kraftwerksblock erweitert werden soll. Die Ableitung der Emissionen
von Block 6 erfolgt über einen eigenen Kühlturm, der in deutlichem Ab-
stand zu den übrigen Großkaminen der bestehenden Blöcke 1-4 stehen
wird und keine negativen Auswirkungen aufgrund von Überlagerungen von
Abgasfahnen erwarten lässt. Damit sind jedenfalls hinsichtlich der Emissio-
14 Hansmann in: Landmann/Rohmer, a.a.O., 3.2, zu Nr. 4.2 TA Luft, RdNr. 27
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 164 von 321
nen keine Auswirkungen auf die bestehende (gemeinsame) Anlage zu er-
warten.
Eine kritische Fallgestaltung im Sinne der abweichenden Auffassung von
Hansmann, bei der ein Betreiber in einem Gebiet, in dem bereits dessen
bestehende Anlage in relevantem Umfang zu einer Überschreitung von Im-
missionswerten beiträgt und möglicherweise nachträgliche Anordnungen
gemäß Nr. 6.1 TA Luft zu treffen wären, den vorhandenen Immissionsbei-
trag durch eine weitere (Teil-)Anlage deutlich erhöht und damit auch die
Schädlichkeit seiner Immissionen insgesamt, liegt hier ersichtlich nicht vor
und darf nach den regionalplanerischen Vorgaben auch nicht eintreten.
Auch scheidet eine „Salamitaktik“ der Antragstellerin, noch weitere Blöcke
jeweils unter der Relevanzgrenze der Vorschrift (4.2.2 a TA Luft) in absehba-
rer Zeit folgen zu lassen, offensichtlich aus.
Der Umfang der behördlichen Prüfung im Änderungsgenehmigungsverfah-
ren wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Die Beschränkung des Prüfungs-
umfangs ergibt sich aber aus dem Sinn des für die wesentliche Änderung
geltenden Genehmigungsvorbehalts, der es nicht gebietet, ohne sachliches
Erfordernis den gesamten bei der erstmaligen Errichtung und Inbetrieb-
nahme einer Anlage anfallenden Prüfungsaufwand erneut auszulösen. Es
geht vielmehr darum sicherzustellen, dass die geänderte Anlage bzw. ihr
geänderter Betrieb den Genehmigungsvoraussetzungen genügt. Bei einem
Änderungsvorhaben bezieht sich die Prüfung der Genehmigungsvorausset-
zungen dementsprechend zunächst auf die zu ändernden Anlagenteile oder
betrieblichen Verfahrensschritte. Darüber hinaus erstreckt sie sich auch auf
diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage,
auf die sich die Genehmigung auswirkt. Eine Einschränkung des Gegen-
stands der behördlichen Prüfung kann sich somit im Einzelfall daraus erge-
ben, dass die Änderung faktisch nicht notwendig die gesamte Anlage und
ihren Betrieb beeinflusst. Welche Anlagenteile und Verfahrensschritte im
Änderungsverfahren in den Blick zu nehmen sind, lässt sich abstrakt nicht
näher umschreiben, sondern richtet sich nach den konkreten Umständen
des Einzelfalls15. Dementsprechend kann ein Einwender mit seinen Einwen-
dungen gegen ein Änderungsvorhaben nicht die gesamte Anlage in ihrem
geänderten Zustand angreifen. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu be-
schränken, ob gerade die Änderung rechtmäßig genehmigt werden könn-
te16.
15 OVG NRW, Urteile vom 9. Dezember 2009 – 8 D 6/08.AK – S. 19 ff. und vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK - Juris RdNr. 116, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 8 B 2477/06 -, NWVBl. 2007, 439 = Juris RdNr. 55, jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. August 1996 - 11 C 9.95 -, BVerwGE 101, 347 = NVwZ 1997, 161 = Juris RdNr. 34 f. 16 OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK -, juris Rn. 121
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 165 von 321
Der Drittbetroffene kann sich also weder gegen das Änderungsvorhaben
wegen etwaiger Einwirkungen wenden, die auf der Erstgenehmigung beru-
hen, noch kann er die Änderung zum Anlass nehmen, die Erstgenehmigung
anzugreifen. Vielmehr kann sich ein Drittbetroffener allein auf solche Beein-
trächtigungen berufen, die entweder - im Sinne einer unmittelbaren Auswir-
kung des Änderungsvorhabens - auf den zu ändernden Anlagenteilen oder
betrieblichen Verfahrensschritten beruhen oder die - im Sinne einer mittel-
baren Auswirkung der Änderungsgenehmigung - auf diejenigen Anlagen-
teile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage zurückzuführen sind,
die zwar nicht Gegenstand des Änderungsverfahrens sind, auf die sich die-
ses aber auswirkt17. Eine auf die „Gesamtanlage“ bezogene Immissions-
prognose ist deshalb nicht notwendig.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass gerade bei Schadstoffauswirkun-
gen das Gesamtkraftwerk in Blick genommen wurde durch Vorbelastungs-
ermittlungen des gesamten Kraftwerks (Blöcke 1 bis 5), was zu einer Über-
schätzung der Auswirkungen bei einem gleichzeitigen Wegfall der Blöcke 1-
3 führt. Ferner wurden im Rahmen des Raumordnungsverfahrens auch die
Auswirkungen des Gesamtkraftwerks betrachtet und beurteilt.
Den Einwendungen hinsichtlich des Prüfgegenstands des Verfahrens konn-
te insoweit nicht entsprochen werden.
VII.2.1.2.2. Vollständigkeit der Unterlagen
VII.2.1.2.2.1. Wesentliche Einwendungen
Mehrfach wird von Einwenderseite gerügt, zahlreiche für die Genehmi-
gungsfähigkeit des Vorhabens erforderliche Unterlagen lägen bisher nicht
vor. Es werde davon ausgegangen, dass die Genehmigungsbehörde vor
einer Entscheidung über die beantragte Teilgenehmigung weitere Unterla-
gen und Untersuchungen nachfordern werde. Es wird gefordert, diese er-
gänzenden Unterlagen sodann erneut öffentlich auszulegen und erneut Ge-
legenheit zur Einwendung bzw. Stellungnahme zu geben. Da es sich bei
den fehlenden Unterlagen (insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden
Schadstofffrachten in Bezug auf Gewässer) um Unterlagen handele, bei de-
nen es um die mögliche Beeinträchtigung drittschützender Rechte gehe, sei
eine erneute Auslegung zwingend erforderlich. Auch hinsichtlich der nach-
gereichten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung wurde von mehreren Natur-
schutzverbänden die Forderung nach einer Auslegung dieser Unterlage er-
hoben.
17 OVG NRW, Urteile vom 9. Dezember 2009 S. 21 und vom 3. Dezember 2008 - 8 D 21/07.AK -, Juris RdNr. 125.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 166 von 321
Der Genehmigungsantrag sei noch nicht prüffähig, weil bislang erforderli-
che Genehmigungsverfahren noch nicht beantragt worden seien bzw. für
die Prüfung, ob gemäß § 6 Abs.1 Nr. 2 BImSchG und § 8 Satz 1 Nr. 2
BImSchG einer Genehmigung materiell-rechtliche Hindernisse entgegen-
stehen, die notwendigen Ermittlungen noch nicht in den Antragsunterlagen
enthalten seien. Für wesentliche Anlagenteile, die mit den zur Teilgeneh-
migung beantragten Anlagenteilen in einem engen Zusammenhang stün-
den, seien nicht ausreichend Unterlagen vorgelegt worden. Daher könne
nicht geprüft und beurteilt werden, ob der gesamten Anlage keine unüber-
windlichen Hindernisse entgegenstünden. Die Einhaltung der Vorschriften
sei zumindest für Schwefeldioxid nicht gesichert, da kein Genehmigungsan-
trag für die Rauchgasentschwefelungsanlage vorliege. Die Auswirkungen
des Vorhabens auf die Oberflächengewässer seien ebenfalls nicht ausrei-
chend ermittelt worden. Die für eine erste Teilgenehmigung nötige positive
Gesamtbewertung des Vorhabens sei nicht möglich, weil die wasserrechtli-
che Genehmigungsfähigkeit mangels Antragsunterlagen verneint werden
müsse. Es handele sich hierbei nicht um Genehmigungen, die nur am Ran-
de eine Rolle spielten. Die wasserrechtlichen Fragen seien vielmehr einer
der zentralen Punkte in dem Genehmigungsverfahren. Hinsichtlich der bis-
her nicht durchgeführten wasserrechtlichen Verfahren fehle es im Übrigen
an der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG.
Ferner wird von einzelnen Einwendern gerügt, die für eine erste Teilge-
nehmigung nötige positive Gesamtbewertung des Vorhabens sei ferner
nicht möglich, weil die gebotene Erschließung durch Anbindung an das
Hochspannungsnetz verneint werden müsse. Für die Ableitung des erzeug-
ten Stromes sei der Neubau einer 380 kV- Leitung zum Umspannwerk Groß-
krotzenburg erforderlich. Es sei vorgesehen, die neue Stromleitung im
Rahmen einer späteren Teilgenehmigung zu beantragen. Die 380 kV- Lei-
tung sei ein weiterer Eingriff in die Umwelt (z.B. hinsichtlich Landschaftsbild,
Elektrosmog, Vogelschlag), ohne dessen Einbeziehung die vorliegende
Umweltverträglichkeitsuntersuchung an maßgeblicher Stelle unvollständig
wäre. Die Antragsunterlagen müssten deshalb um diese Planungsunterla-
gen ergänzt werden. Hierbei handele es sich um ein wesentliches Detail der
Gesamtplanung mit potentiell erheblichen zusätzlichen Umwelteinwirkun-
gen, so dass nach Vervollständigung der Antragsunterlagen auch aus die-
sem Grund eine erneute Auslegung erforderlich werde.
Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG seien
gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BImSchG bei genehmigungsbedürftigen Anlagen,
die dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes
(TEHG) unterliegen, die Anforderungen der §§ 5 und 6 Abs. 1 TEHG einzu-
halten. Es fehlten in den Genehmigungsunterlagen die diesbezüglichen
Angaben. Gemäß § 4 TEHG bedürfe die Freisetzung von Treibhausgasen
durch eine Tätigkeit im Sinne des TEHG der Genehmigung. Es fehle in den
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 167 von 321
Antragsunterlagen ein Monitoring- Konzept zur Ermittlung der Treibhaus-
gasemissionen.
VII.2.1.2.2.2. Würdigung der Einwendungen
Nach § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV ist eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung
nur dann erforderlich, wenn in den nachgereichten Unterlagen Umstände
darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der nachgereichten Unterlagen
nicht vor. In den einzelnen Fachbereichen wurden im Anschluss an die Öf-
fentlichkeitsbeteiligung weitere Untersuchungen zur Prüfung der Genehmi-
gungsvoraussetzungen gefordert und nachgereicht. Von dieser Möglichkeit
ist Gebrauch gemacht worden, sofern hierzu Bedarf bestand. Aus diesen
Unterlagen ergeben sich aber keine neuen oder zusätzlichen nachteiligen
Auswirkungen des Vorhabens selbst. Sie tragen vielmehr zur vertieften
fachlichen und rechtlichen Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen bei.
Deren Offenlage war daher nicht erforderlich. Aus diesem Grund besteht
auch keine Verpflichtung zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung auf-
grund der zwischenzeitlich vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung.
Die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegten Unterlagen wa-
ren vollständig. Sie haben zum Zeitpunkt der Öffentlichkeitsbeteiligung den
an die sogenannte Anstoßwirkung zu stellenden Anforderungen genügt.
Die „Vollständigkeit“ des Antrags und der Unterlagen bedeutet in diesem
Zusammenhang nicht, dass bereits zwangsläufig alle Unterlagen vorliegen
müssten, auf deren Basis später über den Antrag entschieden wird.
Auch hinsichtlich der FFH-Thematik konnten aufgrund der vorgelegten Un-
terlagen vertiefte Einwendungen formuliert werden und eine fundierte Erör-
terung zu diesem Thema erfolgen.
Ferner bestand die Möglichkeit, sich im Wege der Akteneinsicht im Rahmen
der §§ 10 Abs.1 S. 3 der 9. BImSchV, 9 Abs. 1 b S. 2 UVPG über den Inhalt
nachträglich vorgelegter Unterlagen zu informieren.
Es ist charakteristisch für Teilgenehmigungsverfahren, dass nur ein Teil des
Gesamtvorhabens beantragt wird und für den Rest eine Beurteilung der
Frage möglich sein muss, dass keine von vornherein unüberwindlichen Ge-
nehmigungshindernisse entgegen stehen. Nach Auffassung der Genehmi-
gungsbehörde haben die vorgelegten Unterlagen in Verbindung mit den
später nachgereichten Unterlagen in einzelnen Fachbereichen jeweils die
vorläufige Beurteilung mit hinreichender Sicherheit ermöglicht, dass der Er-
richtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein un-
überwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvorausset-
zungen entgegenstehen. Hinsichtlich näherer Einzelheiten wird auf die Aus-
führungen in den einzelnen Fachkapiteln verwiesen. Ferner ist zu beachten,
dass zwischenzeitlich im Rahmen eines gesonderten wasserrechtlichen Er-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 168 von 321
laubnisantrags weitergehende wasserrechtliche Unterlagen vorgelegt wor-
den sind, die auf einer noch wesentlich vertiefteren Basis eine Prognose im
Sinne von § 8 BImSchG ermöglichen. Selbstverständlich sind in den noch
durchzuführenden eigenständigen Verfahren die Vorschriften über die Be-
teiligung der Öffentlichkeit zu beachten.
Hinsichtlich der erforderlichen Hochspannungstrasse liegt eine positive Ein-
schätzung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit durch die zuständige
Genehmigungsbehörde vor. Für die geplante Leitung ist eine selbstständi-
ge Planfeststellung / Plangenehmigung nach den §§ 43 ff. des Energiewirt-
schaftsgsetzes (EnWG) erforderlich. Die Hochspannungsleitung stellt weder
einen Anlagenbestandteil, noch eine Nebeneinrichtung des Kraftwerks dar.
Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Anlage, die (wie etwa auch
die Fernwärmeleitung) einem eigenständigen Genehmigungserfordernis
und – verfahren unterliegt.
Die Genehmigung nach TEHG muss und soll im Rahmen der 1. Teilgeneh-
migung noch nicht mit erteilt werden, weil sie einen Bezug zum Betrieb
aufweist, nicht aber zur Errichtung. Die erforderliche Prognose hinsichtlich
des Fehlens unüberwindlicher Zulassungshindernisse ist allerdings mög-
lich, weil Angaben zu den zu erwartenden Emissionen vorliegen und un-
überwindliche Hindernisse für eine Genehmigung nach TEHG nicht erkenn-
bar sind. Ein abschließendes Monitoring- Konzept muss für die Bejahung
eines vorläufigen positiven Gesamturteils noch nicht vorliegen.
VII.2.2. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Methodik)
VII.2.2.1. Rechtsgrundlagen
Bei Vorhaben, die der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglich-
keitsprüfung unterliegen, sind innerhalb des Genehmigungsverfahrens die
zu erwartenden bedeutsamen Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter,
d.h. auf Menschen, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Boden, Was-
ser, Luft, Klima, Landschaft sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter, des
Weiteren die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern
sowie die Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf
die Schutzgüter vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden, zu er-
mitteln, § 1a der 9. BImSchV. Die Genehmigungsbehörde hat die Ergebnis-
se dieser Ermittlung auf der Grundlage der Antragsunterlagen, der behörd-
lichen Stellungnahmen sowie ggf. der Äußerungen und Einwendungen Drit-
ter - auch als Ergebnis der öffentlichen Erörterung - und eigenen Erkennt-
nissen zusammenfassend darzustellen und zu bewerten, § 20 Abs.1a und 1b
der 9. BImSchV. Als Bewertungsmaßstäbe sind die für die Entscheidung
maßgeblichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 169 von 321
Die Auswirkungen der geplanten Änderung des Kraftwerks auf die Umwelt
in diesem Sinne wurden in Kapitel VI (Sachverhalt) zusammengefasst darge-
stellt.
VII.2.2.2. Wesentliche Einwendungen
Es wird gerügt, dass bei den Betrachtungen der Umweltauswirkungen nicht
von einer bei anderen Kraftwerksanträgen gewählten Worst- case- Betrach-
tung (8.760 Stunden Volllastbetrieb) ausgegangen worden sei.
Ferner wird gefordert, die Umweltauswirkungen mit einer Nullvariante zu
vergleichen, bei der nur noch die Blöcke 4 und 5 mit den Auswirkungen ei-
nes Betriebes der Blöcke 4, 5 und 6 verglichen werden.
VII.2.2.3. Würdigung der Einwendungen
Bei der vorgesehenen Fernwärmeauskopplung sind nicht 8.760 Stunden
Volllastbetrieb die geeignete Worst- case- Betrachtung, sondern ein realisti-
sches Auskopplungsszenario für Fernwärme mit konservativen Annahmen
hinsichtlich der Betriebslastfälle der Feuerungsanlage. Die dem Antrag zu-
grunde liegenden wechselnden Lastfälle mit einem realistischen Auskopp-
lungsszenario stellen eine geeignete Grundlage für die Berechnung der
Umweltauswirkungen dar. Im Rahmen der Prognose der Umweltauswirkun-
gen muss nicht von einem unrealistischen Betriebsszenario ausgegangen
werden, das im Rahmen des Anlagenbetriebs nicht erreicht wird. Dies wäre
etwa bei einem Volllastbetrieb von 8.760 Betriebsstunden bei permanenter
Ferwärmeauskoppelung der Fall. Daher ist das gewählte Betriebsszenario
mit wechselnden Lastzuständen und einem realistischen Zeitraum für die
Fernwärmeauskopplung geeignet und ausreichend für eine realistische
Prognose der betrieblichen Auswirkungen im Sinne von Ziffer 2 des An-
hangs 3 der TA Luft. Der Umfang der Genehmigung und damit der Umfang
der zu erwartenden Umweltauswirkungen wird maßgeblich bestimmt durch
den Umfang des beantragten Anlagenbetriebes und dem diesem zugrunde
liegenden Betriebskonzept. Daher sind bei der Prüfung der Plausibilität der
Umweltprognosen auch die beantragten und als auflösende Bedingung der
künftigen Betriebsgenehmigung vorgesehenen Frachtbeschränkungen für
die relevantesten Luftschadstoffe als zusätzliche Begrenzung zu berücksich-
tigen, mit denen sichergestellt wird, dass keine Unterschätzung der tatsäch-
lichen Auswirkungen des Anlagenbetriebes erfolgt. Die beantragten und in
diesem Bescheid festgesetzten Begrenzungen der maßgeblichen Emis-
sionsfrachten stellen eine zusätzliche Garantie dafür da, dass es nicht zur tat-
sächlichen Überschreitung der Annahmen kommt, die den Umweltprogno-
sen zugrunde liegen.
Die Kritik hinsichtlich der bemängelten Auswahl der Vergleichsfälle für die
Beurteilung der Umweltauswirkungen ist nicht berechtigt. Nach Nr. 0.5.1.2
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 170 von 321
der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum UVPG ist im Regelfall ein Ver-
gleich des Istzustands mit den Auswirkungen des Vorhabens vorzunehmen,
wenn bis zur Vorhabensverwirklichung nicht mit erheblichen Veränderun-
gen zu rechnen ist. Bis zur Vorhabensverwirklichung könnten sich Verände-
rungen dadurch ergeben, dass aufgrund von Verzichtserklärungen für die
Blöcke 1 bis 3 deren Betrieb nicht mehr erfolgen würde. Block 2 wurde
mangels aktuellen Betriebs bei der Vorbelastungsermittlung nicht berück-
sichtigt. Auch hinsichtlich des Blocks 1 ist ein übergangsweiser Weiterbe-
trieb beabsichtigt. Lediglich Block 3 wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum
Zeitpunkt der Realisierung des Vorhabens nicht mehr in Betrieb sein. Dies
gilt aber nur für den Fall dass es zur Vorhabensverwirklichung kommt. Ohne
Vorhabensverwirklichung würden sich voraussichtlich bis zum Zeitpunkt der
geplanten Inbetriebnahme von Block 6 keine erheblichen Veränderungen
ergeben. Bei einem fehlenden Bau und Betrieb eines neuen Blocks 6 käme
es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem rechtlich und technisch mögli-
chen vergleichbaren Weiterbetrieb der bestehenden Blöcke durch eine
Nachrüstung, um die bisher bereitgestellte Energiemenge beizubehalten.
Ferner ist es legitim und unter Berücksichtigung der konkreten Bewer-
tungsmaßstäbe des einschlägigen Fachrechts zulässig und geboten, einen
Vergleich mit dem Ist- Zustand vorzunehmen. Dieser Vergleich hat nach
dem Fachrecht auf der Grundlage einer Ermittlung der Vorbelastung, der
Zusatzbelastung und der nach der Verwirklichung des Vorhabens zu erwar-
tenden Gesamtbelastung zu erfolgen. Die Verpflichtung zur Vorbelastungs-
ermittlung beinhaltet zugleich die Notwendigkeit, den Istzustand bei Ver-
gleichsbetrachtungen heranzuziehen. Der status quo ist die Basis für die
Ermittlung der entscheidenden Gesamtbelastung. Diese wird an den gel-
tenden Grenzwerten gemessen. Vergleichsbetrachtungen spielen im Rah-
men der Umweltverträglichkeit und Genehmigungsprüfung sowohl bei Re-
levanzbetrachtung, als auch für Fragen der Genehmigungsfähigkeit keine
maßgebliche Rolle. Daher bestehen auch unter dem Aspekt der ausgewähl-
ten Vergleichsfälle gegen die methodische Vorgehensweise im Rahmen der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung keine durchgreifenden Bedenken.
Dies gilt sowohl für den Immissionsschutzteil, als auch für die Prüfung der
sonstigen Umweltschutzgüter. Auch aus diesem Grund bleibt es bei der
Notwendigkeit und Zulässigkeit des Vergleichs mit dem Istzustand.
VII.3. Anspruch auf Erteilung der beantragten Teilgenehmigung
Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Teil-
genehmigung. Sie hat ein berechtigtes Interesse an deren Erteilung (dazu
VII.3.1). Die Voraussetzungen für die Errichtung der verfahrensgegenständ-
lichen Anlage liegen vor (dazu VII.3.2). Eine vorläufige Beurteilung hat er-
geben, dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage im Hin-
blick auf die Genehmigungsvoraussetzungen voraussichtlich keine unüber-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 171 von 321
windlichen Hindernisse entgegenstehen (dazuVII.3.3). Die Ausübung des
(intendierten) Ermessens führt vorliegend zur Erteilung der beantragten
Teilgenehmigung (dazuVII.3.4). Soweit Einwendungen nachfolgend nicht
ausdrücklich behandelt werden, werden diese zurückgewiesen.
VII.3.1. Berechtigtes Interesse, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BImSchG
Die Antragstellerin hat ein berechtigtes Interesse an der Genehmigung ih-
res Vorhabens in mehreren Teilgenehmigungen. Sowohl das Genehmi-
gungsverfahren als auch die Errichtung des Blocks 6 erstrecken sich wegen
der Komplexität und des Umfangs über einen Zeitraum, der – bei einer Ge-
samtbetrachtung und –genehmigung zu erheblichen Verzögerungen bei
der Fertigstellung und Inbetriebnahme führen würde. Zwar wäre auch die
Zulassung des vorzeitigen Beginns ein mögliches Mittel um diesen Interes-
senkonflikt zu umgehen. Insoweit bietet die Teilgenehmigung jedoch grö-
ßere Rechtssicherheit für die Antragstellerin.
VII.3.2. Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der Anla-
ge, § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG
Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung der Anlage liegen
vor. Die Voraussetzungen für die Erteilung der erforderlichen Baugenehmi-
gung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit § 64 der Hessischen
Bauordnung (HBO) liegen vor (dazu VII.3.2.1). Auch die dampfkesselrechtli-
chen Anforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit § 13
Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der
Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über
Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die
Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverord-
nung – BetrSichV) sind erfüllt (dazuVII.3.2.2.3). Die Voraussetzungen für die
Zulassung der Eingriffe in Natur und Landschaft nach § 15 Bundesnatur-
schutzgesetz (BNatSchG) liegen vor (dazu VII.3.2.4). Die vorgelegten An-
tragsunterlagen enthalten die nach § 7 Abs. 1 und 2 der 12. Verordnung zur
Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Störfall- Verordnung
– 12. BImSchV) erforderlichen Angaben, sodass eine gesonderte Anzeige
gemäß § 7 Abs. 3 der 12. BImSchV entfallen kann. Die von der Antrag-
stellerin vorgesehene Anlagentechnik entspricht dem Stand der Technik im
Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG (dazu VII.3.2.3). Schließlich werden
auch während der Bauphase der verfahrensgegenständlichen Anlage
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nach-
teile und Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft im
Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG nicht hervorgerufen (dazu
VII.3.2.2).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 172 von 321
VII.3.2.1. Baurechtliche Zulässigkeit
Dem Vorhaben stehen keine öffentlich- rechtlichen Vorschriften entgegen,
die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Das Vorhaben ist sowohl
bauordnungsrechtlich (dazu VII.3.2.1.1) als auch bauplanungsrechtlich (dazu
VII.3.2.1.2) zulässig.
VII.3.2.1.1. Bauordnungsrecht
Es wurde gerügt, dass einzelne Anlagen zum Bauantrag fehlen würden
(Freiflächenplan, Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung, Standsi-
cherheitsnachweis).
Die Vollständigkeit der Bauunterlagen wurde von der Fachbehörde bejaht.
Hinsichtlich einzelner Nachweise (insbesondere der Standsicherheit) ist
durch die beigefügten Auflagen sichergestellt, dass die geltenden bauord-
nungsrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. So darf beispielswei-
se mit den Bauarbeiten erst nach Vorliegen des vom jeweiligen Prüfingeni-
eurs geprüften Standsicherheitsnachweises begonnen werden.
Bei Beachtung der unter IV.2 festgesetzten Nebenbestimmungen ist die
Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit
§ 64 HBO gegeben.
VII.3.2.1.2. Bauplanungsrecht
VII.3.2.1.2.1. Einwendungen
Es wurden Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines zusätz-
lichen Kraftwerksblocks erhoben. Das Bauvorhaben im baurechtlichen Au-
ßenbereich sei nicht zulässig und es bestünde die Notwendigkeit zur Auf-
stellung eines Bebauungsplans. Das „jeden Maßstab sprengende Bauvor-
haben“ füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung und in das
Landschaftsbild ein und verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Die Vo-
raussetzungen für eine Baugenehmigung nach § 35 BauGB lägen hier nicht
vor. Für den geplanten Standort existiere kein Bebauungsplan, so dass es
sich um ein nach § 35 BauGB zu beurteilendes Vorhaben im Außenbereich
handele. Als ein solches sei das konkrete Vorhaben indessen nicht zulässig,
da es keinem der sieben privilegierten Vorhabenstypen, auch nicht dem Ty-
pus nach § 35 Abs.1 Nr. 3 BauGB entspreche. Des Weiteren sei auch die
weitere Voraussetzung des § 35 Abs. 1 BauGB, dass dem Vorhaben keine
öffentlichen Belange entgegenstehen dürfen, vorliegend nicht erfüllt. Dem
Vorhaben stünden eine Vielzahl von gewichtigen öffentlichen Belangen (des
Immissionsschutzes, des Naturschutzes, des Landschaftsschutzes, des Kli-
maschutzes, des Gewässerschutzes, des Bodenschutzes, der Störfallsicher-
heit, etc.) entgegen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 173 von 321
Die Gemeinde Großkrotzenburg habe ferner durch das Unterlassen der
Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Fläche des geplanten Kraftwer-
kes ihre Pflicht zur interkommunalen Abstimmung verletzt. Die Entwicklung
eines Industriegebietes mit umweltbelastenden Immissionen (u.a. durch
Luftverunreinigung, Lärm, Verschattung und Lichtimmissionen), das an die
vorhandene und geplante Wohnbebauung der Nachbarkommunen heran-
rücke, erfordere wegen der dadurch aufgeworfenen Konflikte die Aufstel-
lung eines Bebauungsplanes.
VII.3.2.1.2.2. Würdigung der Einwendungen
Entgegen der Auffassung der benachbarten Kommunen und Anwohner
sind durch die Erweiterung keine städtebaulichen Spannungen in einem
Ausmaß zu besorgen, die dem planungsrechtlichen Einfügensgebot entge-
genstehen und die Notwendigkeit eines qualifizierten Bebauungsplanes
begründen könnten. Vorausgesetzt wird dabei insbesondere, dass alle im-
missionsschutzrechtlichen Anforderungen durch das Vorhaben erfüllt wer-
den und auch das Ortsbild nicht erheblich beeinträchtigt wird. Insofern wird
auf die Prüfungen in den zugehörigen Fachkapiteln verwiesen.
VII.3.2.1.2.2.1. Abgrenzung Innenbereich / Außenbereich
In Ermangelung eines Bebauungsplans ist die bauplanungsrechtliche Zuläs-
sigkeit des Vorhabens der Erweiterung des Kraftwerks Staudinger in Groß-
krotzenburg um einen neuen steinkohlebefeuerten Kraftwerksblock
(Block 6) entweder nach § 34 oder § 35 BauGB zu beurteilen. Liegt das
Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, scheidet
die Anwendung des § 35 BauGB aus.
Das Kraftwerksgelände ist als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil zu
bewerten. Die bisher unbebauten Flächen, auf denen die Anlagen des
Blocks 6 errichtet werden sollen, unterbrechen den Bebauungszusammen-
hang nicht. Ihre Bebaubarkeit richtet sich folglich nach § 34 BauGB.
VII.3.2.1.2.2.2. Eigenart der nähere Umgebung
Die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben insbesondere hinsichtlich
des Maßes der baulichen Nutzung einfügen muss, geht nicht über das
Kraftwerksgelände hinaus. Dieses ist eindeutig gegenüber der Bebauung in
der – weiteren – Umgebung durch große unbebaute Flächen, Wasserflächen
und Verkehrsflächen abgegrenzt.
Die Eigenart der näheren Umgebung wird nach den gemäß § 34 Abs.1
Satz 1 BauGB maßgeblichen Merkmalen, d.h. nach Art und Maß der bauli-
chen Nutzung, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche, ausschließ-
lich durch die auf dem Kraftwerksgelände vorhandene kraftwerkstypische
Bebauung geprägt. Hinsichtlich der Höhe der vorhandenen baulichen An-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 174 von 321
lagen reicht die Spannweite von weniger als 50m bis zu 99m bei den Kes-
selhäusern, 141m bei den Kühltürmen und 250m bei den Schornsteinen.
Beim Maß der baulichen Nutzung ist allerdings nicht nur die Höhe der bau-
lichen Anlagen, sondern auch deren Umfang in Beziehung zur Höhe (Bau-
masse) in Betracht zu ziehen.
VII.3.2.1.2.2.3. Einfügen
Bei bloßer Betrachtung der Höhe halten sich die höchsten baulichen Anla-
gen des Blocks 6, nämlich der Kühlturm mit 180m und das Kesselhaus mit
127m, innerhalb des durch die Schornsteine des Blocks 4 (250m) und der
Blöcke 1 bis 3 (195m) gesetzten Rahmens. Jedoch ist die Baumasse der
Schornsteine wegen des wesentlich geringeren Umfangs erheblich gerin-
ger. Ein Vergleich, der nur auf die Höhen der vorhandenen baulichen Anla-
gen einerseits und der beabsichtigten neuen baulichen Anlagen anderer-
seits abstellt, ist deshalb nicht zulässig. Geboten ist vielmehr eine wertende,
alle Umstände einbeziehende Betrachtung. Dabei kommt dem Umstand,
dass der „massige“ Kühlturm des Blocks 6 in der Höhe die auch „massigen“
Kühltürme der Blöcke 4 und 5 um 52m bzw. um knapp 40m, d.h. um 66 %
bzw. um knapp 30 %, überragt, deshalb weniger Gewicht zu, weil der –
wenn auch schlanke – Rauchgasschornstein des Blocks 4 seinerseits den
Kühlturm des Blocks 6 um 70m, d.h. um knapp 40 %, überragt. Allerdings
ist auch der so erweiterte mathematische Vergleich nicht allein ausschlag-
gebend. Er muss durch eine wertende Betrachtung, die die optische Wir-
kung in den Vordergrund stellt, ergänzt werden.
Diese Bewertung führt zu dem Ergebnis, dass der Rahmen der Umge-
bungsbebauung durch das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen
Nutzung nicht überschritten wird. Der zusätzliche Kraftwerksblock hält sich
innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens und führt
aufgrund seiner Höhe und Baumasse nicht zu bodenrechtlichen Spannun-
gen, die nur mittels einer Bauleitplanung zu bewältigen wären. Trotz einzel-
ner Differenzen zwischen den einzelnen Kraftwerksblöcken und fehlender
Uniformität bei der Schornsteinhöhe und der Baumasse dominiert auch bei
einem Hinzukommen des Blocks 6 die Einheitlichkeit des industriell gepräg-
ten Nutzungszwecks und die Vergleichbarkeit des äußeren Erscheinungs-
bildes innerhalb des Bebauungszusammenhangs. Block 6 ist kein Fremd-
körper inmitten andersartiger Anlagen und vermittelt nicht den Eindruck ei-
ner gesonderten Einheit innerhalb eines davon getrennten Gesamtkraft-
werks. Deshalb fügt sich der Block 6 in die Eigenart der näheren Umgebung
ein, es sei denn, er ließe es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sons-
tige, d.h. vor allem, auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Be-
bauung fehlen. Letzteres ist aber nicht der Fall.
Selbst wenn man im Rahmen der Einzelfallbewertung zu dem Ergebnis kä-
me, dass der Rahmen der Umgebungsbebauung überschritten wird, könnte
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 175 von 321
sich Block 6 gleichwohl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen,
wenn er trotz der Höhe und „Massigkeit“ von Kühlturm und Kesselhaus nicht
geeignet ist, im Verhältnis zu seiner Umgebung bodenrechtlich beachtliche
und bewältigungsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene
Spannungen solcher Art zu erhöhen. Hierbei ist die Betrachtung – wie beim
Einfügensgebot selbst allgemein – auf die nähere Umgebung, d.h. jeden-
falls nicht über den im Zusammenhang bebauten Ortsteil hinaus, zu be-
schränken. Besagte Eignung zur Begründung oder Verstärkung von Span-
nungen kommt dem Block 6 folglich nicht zu.
Block 6 verstößt auch nicht wegen einer „erdrückenden“ Wirkung von Kühl-
turm und Kesselhaus gegen das im Einfügensgebot des § 34 Abs.1 Satz 1
BauGB enthaltene baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Die räumliche
Reichweite eines solchen Rücksichtnahmegebotes ist nämlich in gleicher
Weise wie das Einfügensgebot auf die Eigenart der näheren Umgebung
begrenzt.
VII.3.2.1.2.2.4. Kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme
Von dem geplanten Block 6 geht auch keine optisch erdrückende Wirkung
im Hinblick auf die Grundstücke in der näheren Umgebung aus. Das Vor-
haben verstößt daher auch nicht aus diesem Grund gegen § 34 Abs. 1
BauGB in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme. Welche Anfor-
derungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von
den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die
Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusam-
menhang zugutekommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen.
Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Inte-
ressen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirkli-
chen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sach-
gerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwi-
schen dem an, was einerseits den Rücksichtnahmebegünstigten und ande-
rerseits dem Rücksichtnahme-pflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten
ist18. Eine gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßende optisch be-
drängende Wirkung ist in der Rechtsprechung angenommen worden, wenn
dem hinzutretenden Bauwerk wegen seiner Höhe und Breite gegenüber
dem Nachbargrundstück eine „erdrückende“ bzw. „erschlagende“ Wirkung
zukommt19. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die baulichen Dimensio-
nen des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Ein-
BVerwG, Urteile vom 25. Februar 1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122 = NJW 1978, 62 = Juris RdNr.. 22, vom 13. März 1981 - 4 C 1.78 – DÖV 1981, 672 = Juris RdNr. 33 und vom 28. Oktober 1993 – 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 = Juris RdNr. 17, BVerwG, Urteile vom 13. März 1981 – a.a.O. und vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – NVwZ 1987, 34 = Juris RdNr. 15
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 176 von 321
zelfalles derart übermächtig sind+ dass das „erdrückte“ Gebäude oder
Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Ge-
bäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrge-
nommen wird20, oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht
abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnis-
hofsituation hervorruft21.
Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der geplante Erweiterungsbau
nicht als gegenüber den benachbarten Grundstücken rücksichtslos, weil er
ihnen gegenüber keine erdrückende Wirkung in dem oben dargestellten
Sinne hat. Der Block 6 soll in so großer Entfernung von benachbarten
Grundstücken errichtet werden, dass er deren baurechtliche Charakteristik
unberührt lässt. Von einem „Eingemauertsein“ oder einer Gefängnishofsitu-
ation kann keine Rede sein. Diese Bewertung bleibt unverändert, wenn
man eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der von dem Kühlturm emit-
tierten Schwaden anstellt. Wie unter Punkt ausgeführt, verursacht diese
keine unzumutbare Verschattung der Grundstücke der Nachbarn. Die Kühl-
turmschwaden werden in einer Höhe von 180m emittiert und erreichen so-
dann wegen ihres starken Auftriebs große Höhen. Aufgrund dieses Effekts
kann von ihnen eine erdrückende Wirkung auch in einer Zusammenschau
mit dem Kühlturm in Bezug auf die benachbarten Grundstücke nicht ausge-
gangen werden.
VII.3.2.1.2.2.5. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse / Ortsbild
Die Gebote, die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse
zu wahren sowie das Ortsbild nicht zu beeinträchtigen (§ 34 Abs. 1 Satz 2
BauGB) sind in der räumlichen Reichweite zwar nicht auf die nähere Umge-
bung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beschränkt. Diese Zulässig-
keitsschranken werden jedoch durch Errichtung und Betrieb des Blocks 6
nicht überschritten. Das Gebot der Wahrung gesunder Wohn- und Arbeits-
verhältnisse setzt als städtebauliches Missstandskriterium eine hohe Belas-
tungsschwelle voraus, die nicht durch eine Verkürzung der jährlichen Son-
nenscheindauer infolge Verschattung durch Kühlturmschwaden erreicht
oder überschritten wird, die innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite
liegt.
Eine Beeinträchtigung des Ortsbildes setzt eine optische Wertigkeit voraus,
die dem betreffenden Ort oder Ortsteil eine aus dem Üblichen herausra-
gende Prägung verleiht. Dafür liegen keine konkreten Erkenntnisse vor.
20 OVG NRW, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 - Juris RdNr. 50 21 BVerwG, Urteil vom 11. Januar 1999 – 4 B 128.98 – NVwZ 1999, 879 = Juris RdNr. 3, OVG
Lüneburg, Urteil vom 2. Juli 1999 – 1 K 4234/97 – Juris RdNr. 22.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 177 von 321
VII.3.2.1.2.2.6. Zulässigkeit nach § 35 BauGB
Die beabsichtigte Erweiterung des Kraftwerks ist, wenn Block 6 – entgegen
der hier getroffenen Beurteilung – nicht innerhalb eines im Zusammenhang
bebauten Ortsteils liegen sollte, ein sog. privilegiertes Außenbereichsvor-
haben. Zwar ist § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB nicht einschlägig, weil die Recht-
sprechung auch für Vorhaben, die der Versorgung mit Elektrizität oder
Wärme dienen, Ortsgebundenheit verlangt, diese aber für ein Steinkohle-
kraftwerk nicht zu begründen ist. Einschlägig ist aber § 35 Abs. 1 Nr. 4
BauGB, weil das Steinkohlekraftwerk als Störfallbetrieb im Sinne der 12.
BImSchV wegen seiner nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung im Au-
ßenbereich verwirklicht werden „soll“. Ein anderer Standort im beplanten
Innenbereich der Gemeinde Großkrotzenburg ist bzw. war bei Errichtung
des ersten Kraftwerksblocks nicht vorhanden.
Kein Entgegenstehen öffentlicher Belange
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr.3
BauGB kann der Betrieb des Kraftwerks Staudinger nach Errichtung des
Blocks 6 nicht hervorrufen, wenn nach Prüfung und entsprechender Sicher-
stellung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren „schädli-
che Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und
erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht
hervorgerufen werden können“ (§§ 5 Abs.1 Satz 1 Nr.1+ 6 Abs.1 Nr.1
BImSchG). Das bebauungsrechtliche Anforderungsprofil zur Vermeidung
schädlicher Umwelteinwirkungen stimmt mit dem immissionsschutzrechtli-
chen überein.
Die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert werden durch
das Vorhaben Block 6 nicht beeinträchtigt, das Landschaftsbild nicht verun-
staltet (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Die für den Block 6 in Anspruch zu
nehmenden Flächen haben, da sie innerhalb des abgeschlossenen Be-
triebsgeländes liegen und zum Teil bereits intensiv betrieblich genutzt wur-
den (Kohlelagerplatz), keine nennenswerte landschaftliche und Erholungs-
funktion. Abgesehen davon könnte sich eine etwaige Wertigkeit dieser Art
nicht gegen das Interesse, das dem Vorhaben kraft seiner Privilegierung zur
Seite steht, nicht durchsetzen. Soweit es um den Eintrag von Luftschadstof-
fen in die Böden in der weiteren Umgebung geht, ist dem Schutzinteresse
der Fauna und Flora durch § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ausreichend
Rechnung getragen. Das Landschaftsbild ist durch das vorhandene Kraft-
werk bereits vorbelastet. Der hinzukommende Block 6 wird das Bild nicht
so gravierend verändern, dass eine Schwelle erreicht ist, ab der sich das
Vorhaben kraft seiner privilegierten Zulässigkeit im Außenbereich nicht
mehr durchsetzen könnte.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 178 von 321
Auch die Wasserwirtschaft wird nicht gefährdet, wenn eine Ausnahme von
den für das Wasserschutzgebiet angeordneten Verboten (§ 52 Abs. 1 Satz 2
WHG) erteilt werden kann und erteilt wird.
Dass dem Vorhaben Block 6 „sonstige“+ in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht
ausdrücklich benannte öffentliche Belang entgegenstehen, kann ausge-
schlossen werden. Das baurechtliche Rücksichtnahmegebot wegen etwai-
ger „Belastungen psychischer Art“ ist durch den Blick auf die „massige“
Kraftwerkskulisse nicht verletzt. Insofern wird auf die Ausführungen zur Be-
achtung des Rücksichtnahmegebotes im Rahmen des § 34 BauGB
(VII.3.2.1.2.2.4) verwiesen. Dass ein für ein interkommunales Abstimmungs-
gebot (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB) von der Rechtsprechung vorausgesetzter
„qualifizierter Abstimmungsbedarf“ gegeben wäre+ der dem Vorhaben
Block 6 als „sonstiger“ öffentlicher Belang entgegenstehen könnte+ ist zu
verneinen, auch weil keine Mehrbelastung mit Immissionen für die Nach-
bargemeinden zu erwarten ist.
Nach einer vertieften Würdigung des Vortrags der angrenzenden Kommu-
nen zum Bestehen eines qualifizierten Abstimmungsbedarfs aufgrund kon-
kreter Nutzungen oder Planungen in Rahmen der Einwendungen kann dem
zu errichtenden Block 6 nicht ein Planungsbedürfnis als öffentlicher Belang
entgegen gehalten werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil im Rah-
men der Beteiligung der Fachbehörden von Seiten der angrenzenden
Kommunen keinerlei Planungen vorgetragen worden sind, die auch nur an-
satzweise das Stadium des Planaufstellungsbeschlusses erreicht hätten. Ein
bebauungsrechtliches Planungserfordernis oder Planungsbedürfnis besteht
bei Innenbereichsvorhaben nur dann, wenn ein Vorhaben den Rahmen der
vorhandenen Umgebungsbebauung überschreitet und dies zu einer Situa-
tion führen würde, die Spannungen aufbaut, Unruhe stiftet, verschlechtert.
Die Umgebung müsste sich in einer Weise ändern, die mit Problemen ver-
bunden wäre, die nicht im Immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-
fahren gelöst werden können, sondern, wenn überhaupt, nur im Rahmen
eines Bebauungsplanverfahrens. Auch die umfangreichen Nebenbestim-
mungen zur Begrenzung der umweltrelevanten Auswirkungen auf die
Nachbarschaft dokumentieren, dass die Nutzung bestehender und beab-
sichtigter Planungen in den angrenzenden Kommunen im Rahmen des im-
missionsschutzrechtlichen Verfahrens hinreichend berücksichtigt und ge-
schützt werden können, ohne dass dieser Zweck in einem gesonderten Pla-
nungsverfahren sichergestellt werden müsste.
Bei Außenbereichsvorhaben gewinnt das Planungserfordernis nur dann als
Zulässigkeitsvoraussetzung Bedeutung, wenn es sich um ein größeres Vor-
haben handelt, das aus Gründen der geordneten städtebaulichen Entwick-
lung und wegen des Entstehens einer Konfliktlage mit hoher Intensität einer
planerischen „Binnenkoordination“ oder Außenkoordination bedarf (z.B.
wegen der inneren Erschließung, des Ausgleichs von Eingriffen in Natur und
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 179 von 321
Landschaft), die nicht im Baugenehmigungsverfahren geleistet werden
kann. Das damit angesprochene Planungserfordernis sieht das BVerwG als
einen – ungeschrieben – öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1
BauGB an. Die Ausführungen zu den einzelnen Fachteilen zeigen, dass auf-
grund der Auswirkungen des Vorhabens insbesondere der fehlenden Ver-
schlechterung der Schadstoffsituation die Voraussetzungen für ein Pla-
nungserfordernis nicht gegeben sind.
Auch das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 7
BauGB) als öffentlicher Belang steht dem Vorhaben Block 6 nicht entgegen.
Im vorliegenden Fall ist kein „qualifizierter Abstimmungsbedarf“ gegeben.
Ein solcher ist nicht gegeben, wenn es um die Berücksichtigung von Belan-
gen geht, die keine Auswirkungen gewichtiger Art darstellen, sondern le-
diglich im Rahmen des ‚einfachen’ Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 3
BauGB zu beachten sind. Die vorgetragenen Planungen der angrenzenden
Kommunen werden durch das Vorhaben nicht in einer solchen Intensität
beeinträchtigt, erschwert oder gar unmöglich gemacht, dass, ein qualifizier-
ter Abstimmungsbedarf im Vorfeld aufgrund konkurrierender Planungen
damit begründet werden könnte. Von entscheidender Bedeutung ist dabei,
dass es sich um ein vorhandenes Kraftwerk mit entsprechender Vorbelas-
tung handelt, das auch nach Errichtung des Blocks 6 keine erhebliche
Mehrbelastung für die benachbarten Gemeinden im Hinblick auf Immissio-
nen verursachen wird. Die betroffenen Planungen der Kommunen konnten
im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens umfassend vorge-
tragen werden und werden aus den bereits genannten Gründen nicht in ei-
ner Intensität tangiert, die eine interkommunale Abstimmung im Vorfeld
wegen eines qualifizierten Abstimmungsbedarfs erforderlich gemacht hät-
ten.
Die Einwendungen zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorha-
bens waren daher zurückzuweisen.
VII.3.2.1.2.2.7. Gemeindliches Einvernehmen
Die Gemeinde Großkrotzenburg hat das gemäß §§ 36, 34 BauGB erforder-
liche bauplanungsrechtliche gemeindliche Einvernehmen erteilt und dies
mit Schreiben vom 28. August 2009 der Genehmigungsbehörde mitgeteilt.
Durchgreifende Zweifel hinsichtlich einer wirksamen Einvernehmensertei-
lung bestehen nicht. Ein Verweigerungsgrund ergibt sich nur dann, wenn
das Vorhaben mit den §§ 31, 33-34 BauGB nicht vereinbar ist. Geht man
davon aus, dass sich das Vorhaben im Außenbereich befindet, d.h. § 35
BauGB anwendbar ist, so hat der Gemeindevorstand in seinem Schreiben
vom 26. August 2009 besonders darauf hingewiesen, dass bei dem geplan-
ten Vorhaben auf die Belange der Umwelt- und der Bevölkerung Rücksicht
zu nehmen sei und sich speziell auf den CO2- Ausstoß bezogen. Ob die
Gemeinde daraus eine Beeinträchtigung im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 3
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 180 von 321
BauGB schlussfolgert, ergibt sich im Hinblick auf die ausdrückliche Erteilung
in dem Schreiben vom 26. August 2009 nicht. Sollte in dem Schreiben vom
26. August 2009 eine Verweigerung ausgedrückt werden, so könnte man
eine genaue Begründung erwarten mit Bezug auf das Gesetz. Im Übrigen
befürwortet die Gemeinde in demselben Schreiben ausdrücklich die Mo-
dernisierung des Kraftwerks Staudinger. Im Ergebnis ist das gemeindliche
Schreiben als Zustimmung zu interpretieren+ allerdings mit einer Art „Forde-
rung“. Eine ausdrückliche Einvernehmensverweigerung ist aus den gesam-
ten Umständen nicht zu entnehmen.
Das Einvernehmen der Stadt Hanau war vorliegend – anders als im Rahmen
der Genehmigung der beiden Kreiskohlelager – nicht erforderlich. Zwar
liegt ein Teil des Kraftwerks Staudinger auf Hanauer Gemarkung. Dies gilt
jedoch nicht für das vorliegend allein zu betrachtende Vorhaben der Errich-
tung des Blocks 6. Nach § 36 BauGB ist nur das Einvernehmen derjenigen
Gemeinde erforderlich ist, auf dessen Gebiet das beantragte Vorhaben rea-
lisiert werden soll. Der beantragte Block 6 befindet sich aber ausschließlich
auf dem Gebiet der Gemeinde Groß-Krotzenburg.
VII.3.2.1.2.2.8. Anlagenstandort § 50 BImSchG
Es wurde eingewendet, durch den geplanten Bau des NH3-Lagers werde
die Planungshoheit der Stadt Hanau betroffen, da gemäß § 50 BImSchG ein
Achtungsabstand von 350 Metern einzuhalten sei.
Innerhalb dieses Radius befänden sich jedoch u.a. Bestandsflächen für Ge-
werbe , auf welchen die Stadt Hanau Gewerbe ansiedeln möchte. Dies wer-
de behindert, da insbesondere aufgrund der Seveso-Richtlinie dieses Ge-
werbegebiet nicht durch Störfallbetriebe gefährdet werden dürfe. Außer-
dem dürften auch Benutzer des Gewerbegebiets, die sich z.B. zum Einkau-
fen auf das Gelände begeben, nicht gefährdet werden. Dadurch werde die
Pflicht zur Abwägung des Grundsatzes des § 50 BlmSchG verletzt, wonach
Industrieflächen so anzuordnen seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen
auf die dem Wohnen dienenden Gebiete vermieden würden.
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zusammenfassend
Beschl. v. 3. Dezember 2009; 4 C 5/09 Juris Rn. 20) ist § 50 BImSchG auf
Entscheidungen über die bodenrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben nach
§ 34 BauGB weder direkt noch entsprechend anwendbar. § 50 BImSchG
enthält Anforderungen an die Zuordnung von für eine bestimmte Nutzung
vorgesehenen Flächen. Erforderlich für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist
eine, vom Abwägungsgebot gesteuerte planerische Entscheidung. Die Ent-
scheidung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-
fahrens beinhaltet jedoch eine gebundene Entscheidung. Beim Vorliegen
der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 34, 35 BauGB ist die baupla-
nungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens gegeben, ohne dass die
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 181 von 321
Möglichkeit einer planerischen Abwägung besteht. (Dies gilt auch dann,
wenn im Vorhabenbereich mit störfallrelevanten Stoffen umgegangen wird).
In der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. De-
zember 2009 wird allerdings angezweifelt, ob die nationale Regelung des
§ 50 BImSchG in vollem Umfang die Vorgaben der Richtlinie 82/96 EG um-
gesetzt hat und ob mittels einer richtlinienkonformen Auslegung angemes-
sene Abstände zu benachbarten Nutzungen auch bei gebundenen Geneh-
migungsentscheidungen im unbeplanten Bereich gefordert werden müss-
ten. Dies hat zu einer Vorlage der Frage beim EUGH geführt. Die Entschei-
dung des Gerichts liegt noch nicht vor.
Unabhängig davon ist jedoch im Kraftwerksbereich keine Veränderung des
Lagers für Stoffe beantragt worden, die unter die 12. BImSchV fallen. Die
gelagerten Störfallstoffe (Ammoniak) und die Lagermengen erhöhen sich
nicht. Selbst wenn § 50 aufgrund einer EUGH- Entscheidung grundsätzlich
anwendbar sein sollte, läge im konkreten Fall keine Erhöhung der Gefähr-
dung vor. Aufgrund der fehlenden sicherheitsrelevanten Veränderungen
ergeben sich keine zusätzlichen Anforderungen im Hinblick auf eine Ab-
standswahrung zu Nutzungen in der Nachbarschaft des Vorhabens. Die Er-
weiterung des Betriebs ist nicht mit einer Erhöhung des Störfallrisikos ver-
bunden (die Kapazität des Ammoniaklagers wird nicht erweitert), und für
das mit dem Betrieb verbundene Störfallrisiko reichen die vorhandenen Ab-
stände aus.
Nicht zutreffend ist ferner die Auffassung, aufgrund des § 50 BImSchG müs-
se eine Konfliktbewältigung bei größeren Vorhaben mittels Bebauungspla-
nung auf der planerischen Ebene erfolgen. Dies ist nur dann der Fall (vgl. LR
§ 50 Rn. 15), wenn eine sachgerechte Bewältigung und Lösung der vorhan-
denen Konflikte nicht auf der Ebene des immissionsschutzrechtlichen Ge-
nehmigungsverfahrens möglich ist. Aus den Ausführungen zu den einzelnen
Fachgebieten, insbesondere auch zu den zu erwartenden Immissionen
ergibt sich, dass aufgrund der Höhe der Auswirkungen und im Hinblick auf
explizit beantragte Emissionsbegrenzungen für die relevantesten Schadstof-
fe eine Verschlechterung der Umweltsituation nicht zu erwarten ist. Bei die-
ser Konstellation ist es in jedem Falle möglich, unabhängig von einer voran-
gegangenen einzelvorhabenbezogenen Bauleitplanung die verbleibenden
und zu erwartenden Nutzungskonflikte zu bewältigen.
VII.3.2.1.2.2.9. Sonstiges Baurecht (konkrete Planungen)
Es wurde eingewandt, das Vorhaben greife in die Planungshoheit sowie in
das Eigentum von benachbarten Kommunen an öffentlichen Einrichtungen
rechtswidrig ein. Die Immissionen des Vorhabens behinderten die Verwirk-
lichung von Darstellungen der Regionalplanung, der Flächennutzungspla-
nung, Festsetzungen von Bebauungsplänen, die Umsetzung von hinrei-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 182 von 321
chend konkretisierten Bauleitplanungen sowie der Landschaftsplanung und
der forstwirtschaftlichen Planung. Das Vorhaben gefährde den Gesund-
heitsschutz für den Nutzer öffentlicher Einrichtungen, insbesondere für Kin-
der und Ältere sowie von gesundheitlich Vorbelasteten.
Das Vorhaben gefährde die Nutzung öffentlicher kommunaler Einrichtun-
gen wie auch die Realisierung der Bauleitplanungen und in Hanau insbe-
sondere die Umnutzung der Konversionsflächen durch einzelne besonders
schädliche Inhaltsstoffe der Emissionen.
Wie sich aus den Prüfungen anhand der jeweiligen fachgesetzlichen Prüf-
programme ergibt, werden die Anforderungen hinsichtlich der Umweltaus-
wirkungen eingehalten. Daher ist davon auszugehen, dass gemeindliche
Einrichtungen nicht durch schädliche Umwelteinwirkungen beeinträchtigt
werden und die Auswirkungen als nicht erhebliche Beeinträchtigung der
Planungshoheit hinzunehmen sind.
Sofern die Auswirkungen des Vorhabens sich im Rahmen der gesetzlichen
Vorgaben halten und insbesondere die Pflichten des § 5 BImSchG erfüllt
werden, sind keine unzumutbaren Beeinträchtigungen kommunaler Pla-
nungen ersichtlich. Neben der bereits bejahten bauplanungsrechtlichen Zu-
lässigkeit bewirkt die Einhaltung der fachgesetzlichen Anforderungen auch,
dass die gemeindliche Planungshoheit nicht in schwerer und unzumutbarer
Weise tangiert wird
VII.3.2.2. Umweltauswirkungen während der Errichtung der Anlage (Bauphase)
VII.3.2.2.1. Luftreinhaltung während der Bauphase
VII.3.2.2.1.1. Wesentliche Einwendungen
Es wurde eingewandt, dass in die Betrachtung der Gesamtbelastung die
NO2- Emissionen, die durch den Lkw- Verkehr im Rahmen des Neubaus von
Block 6 verursacht würden, nicht einbezogen wurden, obwohl diese in ei-
nem gesonderten Gutachten ermittelt wurden. Im Gegensatz zur Gesamtbe-
lastung durch das Kraftwerk würden die Belastungen durch den LKW-
Verkehr lokal und am Boden, also in unmittelbarer Nähe zu Mensch und Na-
tur wirken. Die Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV auch in der
Bauphase, erschiene insbesondere im Hinblick auf die zulässigen Stunden-
und Alarmschwellenwert des § 3 Abs. 7 der 22. BImSchV fraglich.
Die Einwender argumentierten, dass in der Berechnung zur Gesamt- Fein-
staubbelastung die Zusatzbelastung durch den LKW- Verkehr in der Be-
triebs- und in der Bauphase nicht berücksichtigt worden sei. So ermittelte
Argumet, Bahmann und Schmonsees in einem separaten Gutachten eine
Zusatzbelastung in der Betriebsphase von 102,1 kg Feinstaub pro Jahr und
in der Bauphase eine Zusatzbelastung von 164,3 kg Feinstaub pro Jahr, die
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 183 von 321
ausschließlich durch die Baufahrzeuge verursacht würde. Dies sei gegen-
über dem Gesamtausstoß an Staub von 213 t im Jahr ein äußerst geringer
Anteil, aber auch hier sei zu besorgen, dass der Feinstaub aus dem LKW-
Verkehr lokal und am Boden, also in unmittelbarer Nähe zu Mensch und Na-
tur wirken würde.
Zudem wurde eingewandt, dass die Emissionen luftfremder Stoffe aus dem
LKW- Verkehr während der Bauphase Block 6 und dem normalen weiterlau-
fenden Kraftwerksbetrieb nicht gemeinsam betrachtet worden wären.
VII.3.2.2.1.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
In einer separaten Ausbreitungsrechnung wurde der Immissionsbeitrag des
kraftwerksbedingten Verkehrs für ein LKW- Aufkommen von 20.800 LKW/a
(Betriebsphase derzeitiger Anlagenbetrieb) und von 52.000 LKW / a (Bau-
phase) an drei ausgewählten Immissionsorten im Umfeld des Kraftwerks be-
rechnet.
Im derzeitigen Anlagenbetrieb liegen die Immissionsbeiträge bei allen Pa-
rametern (Schwebstaub, NO2 und Benzol) deutlich unterhalb der Irrele-
vanzgrenze.
Während der Bauphase liegen - mit den obigen LKW- Ansätzen – die Immis-
sionsbeiträge für Schwebstaub und Benzol an allen drei Immissionsorten
sowie für Stickstoffdioxid an zwei Immissionsorten unverändert deutlich un-
terhalb der 3%- Irrelevanzgrenzen. Beim Stickstoffdioxid erreicht der Immis-
sionsbeitrag (1+8 μg/m³) am Immissionsort MP 3 (Großauheim) einen Anteil
am Immissionswert der TA Luft von 4,5%.
Mit den seitens der Antragstellerin ergänzend mit Schreiben vom 24. Feb-
ruar 2010 vorgelegten Unterlagen wurde nachgewiesen, dass auch in der
Überlagerung der Betriebsphase des derzeitigen Anlagenbetriebs mit der
Bauphase für den Block 6 die Immissionswerte der TA Luft eingehalten bzw.
deutlich unterschritten werden.
Im Rahmen separater Ausbreitungsrechnungen wurde nachgewiesen, dass
die Immissionswerte der TA Luft für Stickstoffdioxid und PM10 auch unter Be-
rücksichtigung des LKW- Fahrverkehrs (derzeitiger Anlagenbetrieb bzw.
Bauphase von Block 6) deutlich unterschritten werden. Der Immissionsbei-
trag an Benzol liegt bei deutlich kleiner 3% des Immissionsgrenzwertes der
39. BImSchV.
VII.3.2.2.2. Lärmimmissionen während der Bauphase
Durch die Errichtung des geplanten Blocks 6 entstehen keine schädlichen
Umwelteinwirkungen durch Geräuschimmissionen; der Schutz vor schädli-
chen Umwelteinwirkungen durch Geräusche ist sichergestellt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 184 von 321
Zur Beurteilung der während der Bautätigkeit auftretenden Geräuschimmis-
sionen ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm
(AVV Baulärm) heranzuziehen.
Die Immissionsrichtwerte der AVV Baulärm werden für die Tagzeit an allen
Immissionsorten während der gesamten Bauphase unterschritten.
In der Bauphase 2 (Schalungs- und Betonierarbeiten) sind für die Nachtzeit
an einzelnen Immissionsorten Richtwertüberschreitungen von bis zu maxi-
mal 5 dB(A) zu erwarten. Nach den Regelungen der AVV Baulärm sind den-
noch keine weiteren Lärmminderungsmaßnahmen erforderlich, da die im
Einzelfall auftretenden Richtwertüberschreitungen nicht mehr als 5 dB(A)
betragen.
Organisatorische Schallschutzmaßnahmen für den An- und Abfahrverkehr
auf den Baustellen auf öffentlichen Verkehrsflächen sind nicht erforderlich.
Die Errichtung des Blocks 6 wird messtechnisch begleitet (siehe Nebenbe-
stimmung IV.4.1.4).
VII.3.2.2.3. Arbeitsschutz während der Bauphase / Betriebssicherheit
Durch die Auflagen des Kapitels IV.5 wird sichergestellt, dass die Antrag-
stellerin den Anforderungen des Arbeitsschutzes während der Bauphase
Genüge tut. Rechtsgrundlage für die entsprechenden Auflagen ist § 12
Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit den Vorschriften der Betriebssicher-
heitsverordnung.
VII.3.2.2.4. Grundwasserhaltung während der Bauphase
VII.3.2.2.4.1. Auswirkungen bauzeitlicher Grundwasserentnahme
Die bauzeitliche Grundwasserentnahme bedarf einer separaten wasser-
rechtlichen Zulassung. Die bislang durchgeführten Grundwasserhaltungs-
maßnahmen beim Bau des Kohlelagers haben keine negativen Auswirkun-
gen auf den Grundwasserhaushalt gezeigt, so dass von einer Erlaubnisfä-
higkeit auch der Grundwasserhaltungen für den Bau des Blocks 6 auszuge-
hen ist. Eine Grundwasserabsenkung, die bis zum benachbarten Natur-
schutzgebiet reicht, ist nicht zu erwarten.
VII.3.2.2.4.2. Wesentliche Einwendungen:
Hinsichtlich der vorgesehenen Baumaßnahmen wurde vorgebracht, dass
die Summenwirkung der Einzelmaßnahmen im Bezug auf den Grundwas-
serhaushalt nicht berücksichtigt worden sei. Weiterhin sei, aufgrund man-
gelnder Baugrundtragfähigkeit, mit Grundbruch zu rechnen. Bedingt durch
die Baumaßnahmen sei mit einer nachhaltigen Verunreinigung des Grund-
wassers zu rechnen und eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung der
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 185 von 321
Stadt Hanau zu befürchten. Es wurde beantragt, der Vorhabensträgerin ein
Strömungsmodell zur Untersuchung der Auswirkungen der Baumaßnahmen
und der bauzeitlichen Grundwasserentnahmen auf die örtlichen Grundwas-
serverhältnisse, aufzugeben.
Zudem wurde vorgebracht, dass es durch den Kraftwerksausbau zur Absen-
kung des Grundwasserspiegels komme und damit der Grundwasserkontakt
der Vegetation im benachbarten Naturschutzgebiet beeinträchtigt werde.
VII.3.2.2.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Die bauzeitliche Grundwasserentnahme bedarf – wie dargelegt – einer was-
serrechtlichen Zulassung. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens sind die
Auswirkungen der Grundwasserhaltungsmaßnahmen für die Einzelbauwer-
ke und die Summenwirkung bei gleichzeitiger Förderung aus mehreren
Baugruben detailliert zu untersuchen und darzulegen. Weiterhin ist darzu-
legen, durch welche Maßnahmen die Gefahr eines hydraulischen Grund-
bruchs, einer Kontamination des Grundwassers und einer Beeinträchtigung
des Wasserwerks Wallersee verhindert werden. Die geforderte Berechnung
über das Ausmaß der Auswirkungen der Grundwasserhaltungsmaßnahmen
auf die örtlichen Grundwasserverhältnisse wird ebenfalls im Rahmen des
wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens durchgeführt.
Die bislang durchgeführten Grundwasserhaltungsmaßnahmen beim Bau
des Kohlelagers haben keine negativen Auswirkungen auf den Grundwas-
serhaushalt gezeigt, so dass von einer Erlaubnisfähigkeit auch der Grund-
wasserhaltungen für den Bau von Block 6 auszugehen ist.
Die Reichweite der Grundwasserabsenkungen für bauzeitliche Grundwas-
serhaltungsmaßnahmen wird im Rahmen des wasserrechtlichen Zulas-
sungsverfahrens nachgewiesen. Eine Grundwasserabsenkung, die bis zum
benachbarten Naturschutzgebiet reicht, ist nicht zu erwarten.
VII.3.2.3. Anlagentechnik, Stand der Technik / Best verfügbare Technik (BVT)
VII.3.2.3.1. Wesentliche Einwendungen
Im Wesentlichen wurde eingewandt, Block 6 entspreche im Hinblick auf den
Wirkungsgrad (dazu VII.3.2.3.2.1), wegen der Verfügbarkeit besserer, alter-
nativer Techniken (dazu VII.3.2.3.2.2), der beantragten Brennstoff- Vorbe-
handlung (dazu VII.3.2.3.2.3) sowie den vorgesehenen Maßnahmen zur
Schadstoffreduzierung sowie der vorgesehenen Filtertechnik (dazu
VII.3.2.3.2.4) nicht den besten verfügbaren Techniken (BVT).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 186 von 321
VII.3.2.3.2. Bewertung der Einwendungen
VII.3.2.3.2.1. Wirkungsgrad
Im Block 6 kommt als regulärer Brennstoff ausschließlich Steinkohle zum
Einsatz. Block 6 hat bei reiner Stromerzeugung einen Nettowirkungsgrad
von 45,5 %. Die von Seiten der Einwender genannte Zahl eines Nettowir-
kungsgrades von 46,8 % für das Kraftwerk Westfalen ist in RWE Publikatio-
nen nicht nachvollziehbar, dort sind ca. 46 % genannt. Anders als im vorlie-
gend geplanten Block 6 werden im Kraftwerk Westfalen sowohl Steinkohle
als auch Petrolkoks eingesetzt, sodass es von vornherein an einer Ver-
gleichbarkeit fehlt. Der Brennstoffeinsatz je erzeugter MWhel (spezifischer
Brennstoffbedarf) hängt vom unteren Heizwert der eingesetzten Kohle ab.
Bei Petrolkoks handelt es sich um ein Abfallprodukt aus Raffinerien mit ei-
nem höheren Heizwert als Steinkohle (ca. 30,5 MJ/kg). Die vorliegend ein-
gesetzte Steinkohle hat eine Heizwertbandbreite von 22,5 bis 28,3 MJ/kg.
Die hier genannte Brennstoffmenge von 376 t/h ist die maximale Brenn-
stoffmenge mit minimalem Heizwert von 22,5 MJ/kg. Zudem sind die durch-
schnittlichen Umgebungstemperaturen des Rhein- Main Gebietes etwas hö-
her als die des Standortes des Kraftwerks Westfalen. Niedrigere Umge-
bungstemperaturen tragen über das erzielbare Vakuum im Kondensator zu
einem tendenziell höheren Wirkungsgrad bei. Die Wirkungsgrade der bei-
den modernen Kraftwerksprojekte unter Berücksichtigung der standortspe-
zifischen Gegebenheiten unterscheiden sich unwesentlich voneinander und
entsprechen den Anforderungen der BVT für Großfeuerungsanlagen.
Der BVT- Wirkungsgradbereich ist zutreffend mit 43 bis 47% wieder gege-
ben. Am weitesten entwickelte Kondensationskraftwerke konnten unter
Verwendung direkter Wasserkühlung, z.B. durch einen Standort an der
Meeresküste, Wirkungsgrade von 48% erreichen. Der Wirkungsgrad hängt
u. a. einerseits von hohen Kesseltemperaturen und -drücken, andererseits
von niedrigen Kühlwassertemperaturen ab. Die mit einem Naturzugkühl-
turm erreichbaren Kühlwassertemperaturen können allgemein nicht die
niedrigen Temperaturen von z. B. Meerwasser bei Anlagen im Küstenbe-
reich erreichen. Der Block 6 ist auf Basis der Kreislaufkühlung geplant, da
die Einleitung der Abwärme in den Main nur teilweise und ab gewissen
Umweltbedingungen nicht möglich ist. Mit Wirkungsgrad optimierenden
Maßnahmen und dem Einsatz des Standes der Technik entsprechender
Komponenten werden die folgenden Nettowirkungsgrade in Block 6 er-
reicht:
Nettowirkungsgrad beim Kondensationsbetrieb (ohne Fernwärmeer-
zeugung) von 45,5 %;
Brennstoffnutzungsgrad beim Betrieb mit 300 MW Fernwärmeerzeu-
gung von 56,3 %.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 187 von 321
Damit entspricht Block 6 in den Wirkungsgraden den Anforderungen des
aktuellen Merkblatts über beste verfügbare Techniken (BVT) für Großfeue-
rungsanlagen (zuletzt geändert 2006). Der Block 6 ist für die Strom- und
Fernwärmeversorgung im regionalen Umfeld geplant. Eine Verlegung z. B.
an die Nordsee (große Wärmeeinleitungsmenge möglich) würden zu gro-
ßen Leitungsverlusten beim Stromtransport und zum Wegfall der Fernwär-
meversorgung aus Kraftwärmekopplung (KWK) führen. Dieser neue Block
erzielt damit den höchstmöglichen Wirkungsgrad eines Steinkohlekraftwer-
kes für einen Binnenstandort (Kreislaufkühlung) und trägt mit der beantrag-
ten Wärmeauskopplung zur Schonung von Umwelt und Ressourcen bei.
Der Kesselwirkungsgrad des beantragten Blocks 6 beträgt 94,9 %. Dieser
Wirkungsgrad ist das Ergebnis der wärmetechnischen Berechnung des Her-
stellers und trägt zu dem hohen Wirkungsgrad der Gesamtanlage bei.
Entgegen der Auffassung einiger Einwender handelt es sich bei dem vorlie-
genden Kraftwerk auf Grund der beschränkten Nutzungsmöglichkeit von
Fernwärme um ein Kondensations- Kraftwerk und nicht um eine KWK- Anla-
ge. Nur für letztere gilt als Maß für die Energieeffizienz der Wärmever-
brauchswert (zugeführte Brennstoffenergie / abgegebene Energie an der
Kraftwerksgrenze) bzw. Brennstoffnutzungsgrad (Kehrwert des Wärmever-
brauchswertes) und der Kraftwerkswirkungsgrad (Nettostromerzeugung /
zugeführte Brennstoffenergie) in Prozent. Insoweit ist die Einwendung nur
bedingt zutreffend. Der im VGB- Gutachten zur Bewertung der Feuerungs-
anlage genannte Wirkungsgrad von 43,5 % - für den Kondensationsbetrieb -
bezieht sich auf die mittleren Wirkungsgrade von mit Kohle gefeuerten
Kraftwerken, die von 1955 bis 2008 erreicht worden sind. Der für den
Block 6 genannte Wirkungsgrad von ca. 46% für den Betrieb ohne Fern-
wärmeauskopplung stellt die erreichte Weiterentwicklung in der Kraftwerks-
technik dar. Bei einem Fernwärmebetrieb mit 300 MW beträgt der Anla-
gennutzungsgrad gemäß den Angaben im Genehmigungsantrag 56,3 %.
Dabei ist das Fernwärmenetz mit einer Vorlauftemperatur von 90° bis 130°C
und einer Rücklauftemperatur von 60° bis 80°C ausgelegt.
Die Fernwärmenutzung variiert dabei je nach Netzbedarf zu den jeweiligen
Jahreszeiten. Block 6 entspricht in den Wirkungsgraden den Anforderungen
des aktuellen Merkblatts über beste verfügbare Techniken (BVT) für Groß-
feuerungsanlagen. Der Nettowirkungsgrad bei reiner Stromerzeugung be-
trägt ca. 46 % (45,5 %) bei 1050 MW Nettostromerzeugung und bei 13 °C
Jahresdurchschnittstemperatur. Der Nettowirkungsgrad ist definiert als Net-
tostromerzeugung / Brennstoffwärmeleistung. Der Eigenverbrauch des
Blocks ist darin enthalten. Der Wirkungsgrad ist im Sommer etwas schlech-
ter, dafür aber im Winter etwas besser. Der Nutzungsgrad ist definiert als
die Summe der Nutzenergien (Nettostromerzeugung plus Fernwärmeaus-
kopplung) dividiert durch Brennstoffwärmeleistung. Die Fernwärmeaus-
kopplung hat somit keine Auswirkung auf den Nettowirkungsgrad aber sehr
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 188 von 321
wohl auf den Nutzungsgrad, der sich bei 300 MW Fernwärmeauskopplung
im Winter auf 56,3 % steigern kann.
Um die Wärmeverluste zu minimieren und einen hohen Wirkungsgrad zu
erzielen, sind sämtliche Komponenten mit Isolierungen ausgestattet. Dies
betrifft Komponenten der gesamten Kraftwerksanlage, wie z. B. den gesam-
ten Dampferzeuger, sämtliche Rohrleitungen und die Turbine. Bei der Er-
mittlung der Wirkungsgrade sind die noch verbleibenden Wärmeverluste
berücksichtigt worden. Insbesondere beim Dampferzeuger sind die Wär-
meverluste in die Wirkungsgrad- Bestimmung für den Dampferzeugerwir-
kungsgrad eingegangen.
Die Ausführungen zur Materialhaltbarkeit in dem VGB- Gutachten dienen
der Darlegung des Standes der Kesseltechnik in Bezug auf den derzeit
möglichen Wirkungsgrad von Dampfkesselanlagen und mögliche zukünfti-
ge Wirkungsgrad- Verbesserungen durch eine Erhöhung der Dampfpara-
meter. Inhalt der Bewertung war,
das Konzept an den bisherigen Erfahrungen – Bau und Betrieb von
kohlebefeuerten Anlagen – zu spiegeln;
den Stand der Technik zu bewerten;
einen Vergleich mit der besten verfügbaren Technik durchzuführen
und
einen Ausblick auf die künftige Kraftwerksentwicklung zu geben, wo-
bei diese sich sowohl auf den Wirkungsgrad als auch auf die Emissio-
nen bezieht.
Lediglich mit Hilfe der in diesem Kraftwerk zum Einsatz kommenden, hoch
entwickelten Werkstoffe können die höchsten Dampfparameter, die heutzu-
tage in einem Kraftwerksprozess realisierbar sind, erreicht werden. Solche
hohen Dampfparameter sind aus thermodynamischer Sicht Basis für einen
hohen Wirkungsgrad. Generell liegt die Begrenzung der hohen Dampfpa-
rameter allerdings in der Temperaturbeständigkeit der Werkstoffe. Die hier
zum Einsatz kommenden austenitischen Werkstoffe stellen aus heutiger
Sicht den Stand der Technik dar. Weiterentwicklungen in der Werkstoff-
technologie laufen zwar in unterschiedlichen Forschungsprojekten, aller-
dings haben solche Werkstoffe in Langzeitproben im großtechnischem Um-
fang solchen Anforderungen noch nicht Stand gehalten.
VII.3.2.3.2.2. Alternative Techniken
Im Referenzdokument über die Anwendung der besten verfügbaren Tech-
niken (BVT) bei industriellen Kühlsystemen wird in der Tabelle 3.2, Seite 69,
Kap. 3.2.2 – Indirekter Energieverbrauch -, der spezifische direkte und indi-
rekte Energiebedarf verschiedener Kühlsysteme dargestellt. Für den Block 6
als Binnenstandort kommt keine Durch- oder Ablaufkühlung in Frage, so
dass als kaltes Ende nur eine Kreislaufkühlung mit Rückkühlwerk Berücksich-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 189 von 321
tigung finden kann. Wie man der Tabelle im BVT- Dokument entnehmen
kann, weist der Nasskühlturm gegenüber einem Hybrid- oder Trockenkühl-
turm einen geringeren Energieeigenbedarf auf. Bei den Nasskühltürmen
unterscheidet man im Wesentlichen zwischen Naturzugkühltürmen, Ventila-
tor- Kühltürmen und Zellenkühlern. Bei den beiden letztgenannten Kühl-
techniken kommen immer Ventilatoren zum Einsatz. Zieht man den im BVT-
Dokument angesetzten direkten Energiebedarf von 15 kWel / MWth heran, so
weisen Kühltürme mit Ventilatoren einen höheren Energiebedarf als Natur-
zugkühltürme auf. Mit einem geringeren direkten und indirekten Energie-
bedarf ergibt sich ein höherer Wirkungsgrad für das Kraftwerk und damit
die optimierte CO2- Emission für den Block 6. Dementsprechend ist als BVT
für den Standort Staudinger ein Naturzugnasskühlturm zu berücksichtigen.
Durch Auslegung des Kühlturmes auf 180 Metern Höhe über Grund ist -
aufgrund der thermodynamischen Bedingungen der Rauchgase und Kühl-
turmschwaden sowie der Höhendifferenz zu anderen, eine Ausbreitung ggf.
störenden Gebäuden (hier Kesselhaus) - eine freie Ausbreitung der Rauch-
gase sichergestellt, wobei infolge des thermodynamischen Impulses der
Kühlturmschwaden eine wesentlich größere Überhöhung des Emissionsni-
veaus der vor der Kühlturmmündung eingeführten Rauchgase ermöglicht
wird, als bei einer Direktableitung der gereinigten Rauchgase mittels
Schornstein. Hierdurch kann die Wiederaufheizung der Rauchgase nach der
Rauchgasentschwefelungsanlage entfallen, welches eine Verbesserung des
Brennstoffnutzungsgrades und letztlich u. a. eine Minderung der Emission
des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid zur Folge hat.
Andere Kühlturmarten, wie Trockenkühlturm, Hybridkühlturm oder mehrere
Zellenkühltürme zeigen geringere Bauhöhen, jedoch einen größeren Flä-
chenbedarf und für den Standort weitere Nachteile. Zudem müsste das
Rauchgas durch einen separaten Schornstein abgeführt werden. So führt ein
Trockenkühlturm, der das physikalische Prinzip der Verdunstungskühlung
nicht nutzen kann, aufgrund nur geringer ausnutzbarer Temperaturdifferenz
und der erforderlichen, leistungsstarken Ventilatorbelüftung zu einer erheb-
lichen zusätzlichen Lärmbelastung und zu einer Verschlechterung des elekt-
rischen Wirkungsgrades. Bei einem Zellenkühlturm sind zusätzlich die aus
niedrigerer Höhe freigesetzten Kühlturmschwaden zu berücksichtigen, die
sich ggf. nicht vor einer möglichen Bodenberührung auflösen und z.B. bei
Frosttemperaturen vermehrt Eisregen zur Folge haben können. Ein Hybrid-
kühlturm verbindet die Eigenschaften des Trockenkühlturmes mit denen
der Zellenkühltürme.
Dagegen ist die gewählte Technik des Nasskühlturmes mit integrierter
Rauchgasableitung erprobt, betriebssicher und aufgrund gewonnener Er-
fahrungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt beurteilbar.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 190 von 321
VII.3.2.3.2.3. Brennstoff- Vorbehandlung
Die für Block 6 vorgesehenen Kohlequalitäten sind u.a. im Kapitel 3.2.5 und
im Kapitel 6.7.1 des Antrages angegeben. Die Emissionsgrenzwerte sowie
alle anderen technischen Vorgaben und Bedingungen für den sicheren und
effektiven Betrieb des Blocks 6 – insbesondere des Kraftwerkskessels und
der Verbrennung der Kohle in ihm – werden sicher eingehalten. Mit der Ein-
bindung des 2. Kohlelagers besteht die Möglichkeit, zukünftige Kohlesorten
jeweils durch Entnahme aus Lager 1 und 2 so zu mischen, dass eine günsti-
ge Betriebsweise und Betriebsführung des Blocks gewährleistet ist.
VII.3.2.3.2.4. Schadstoffreduzierung / Filtertechnik
Im BVT- Merkblatt wird sowohl die Kombination von Gewebefilter und
Nasswäscher als auch die Kombination von Elektrofilter und Nasswäscher
als beste verfügbare Technik genannt. Im Block 6 wird eine Kombination
von Elektrofilter und Nasswäscher eingesetzt und damit die bestverfügbare
Technik praktiziert. Eine hochwirksame Quecksilberabscheidung ist durch
die Kombination von DeNOx, Elektrofilter und Nass- REA gegeben. Sollte
der im Block 5 des Kraftwerks Staudinger erprobte spezielle Katalysator eine
erwartete zusätzliche Quecksilberabscheidung ermöglichen, bleibt nach
Nebenbestimmung V.3.2 jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit
dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten, dass die Festlegung von über den
Stand der Technik hinausgehenden Hg-Grenzwerten, die unterhalb der be-
antragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden. Die normale
Betriebstemperatur des Elektrofilters beträgt 120 bis 140°C, jedoch wird zur
Wirkungsgradoptimierung der Block mit möglichst niedrigen Temperaturen
(noch oberhalb des Säuretaupunktes), in der Regel unter 140 °C, betrieben.
Die Temperatur von 140 °C wird nur zum Ende der Reiselaufzeit und beim
Einsatz bestimmter Kohlen erreicht. Da der Anteil an partikelgebundenem
Quecksilber, welches im Elektrofilter abgeschieden wird, sehr viel niedriger
ist als der Anteil an anderen partikelgebundenen Schwermetallen, wird
grundsätzlich der Großteil der Abscheidung im nachgeschalteten Nasswä-
scher erfolgen. Er dient zur Abscheidung des Quecksilbers, das nach dem
Staubfilter noch im Rauchgas vorhanden ist. Für Block 6 wurde mit dem
Elektrofilter, welcher in die Rauchgasreinigung integriert ist, eine optimale
Lösung gewählt, mit der die Grenzwerte eingehalten und unterschritten
werden. Die in Betrieb befindlichen Gewebefilteranlagen dienen in der Re-
gel zur Abscheidung niedrig elektrisch leitfähiger Stäube, die im E-Filter
schlechter abgeschieden werden, oder haben Zusatzaufgaben in Anlagen
ohne REA. Diese Situation trifft für Block 6 nicht zu.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 191 von 321
VII.3.2.4. Naturschutzrechtliche Zulässigkeit
VII.3.2.4.1. Zulassung des Eingriffs nach § 15 BNatSchG
VII.3.2.4.1.1. Bewertungsmaßstäbe/ Bewertungsgrundlagen
Auf Basis des vorgelegten Landschaftspflegerischen Begleitplanes der Ar-
cadis Consult GmbH Darmstadt vom Mai 2009 einschließlich der Fort-
schreibung vom 17. Mai 2010 wurden die Zulassungsvoraussetzungen für
den mit dem Projekt verbundenen Eingriff in Natur und Landschaft nach
Maßgabe der Vorschriften des § 15 BNatSchG geprüft. Als Grundlage für
die Prüfung der Anerkennung und Bewertung der erforderlichen Kompen-
sationsmaßnahmen sowie für die Eingriffs-Ausgleichsbilanz diente die
Kompensationsverordnung vom 1. September 2005 (GVBl. I, S. 624 ff.). Für
die Bewertung des Landschaftsbildes wurde der im Auftrag der obersten
Naturschutzbehörde unter Federführung des Regierungspräsidiums Dar-
mstadt erarbeitete und zur landesweiten Anwendung empfohlene Leitfaden
„Zusatzbewertung Landschaftsbild“ verwendet.
VII.3.2.4.1.2. Wesentliche Einwendungen
Es wird angeführt, dass die Errichtung des Blocks 6 aufgrund der Beein-
trächtigungen als Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG einzustufen
sei. Da einzelne Aspekte nicht hinreichend im landschaftspflegerischen Be-
gleitplan dargestellt seien, müsse dieser überarbeitet werden, um die Zulas-
sungsvoraussetzungen des § 15 BNatSchG abschließend beurteilen zu kön-
nen: In den Bestands- und Konfliktplänen seien die Baustelleneinrichtungs-
flächen 2, 8, 9, 10, 13 und 15 nicht abgegrenzt. Es wird auch bemängelt,
dass das bezeichnete „Baufeld Errichtung Kohlekreislager“ fehlerhaft darge-
stellt sei.
Ferner wird vorgetragen, dass es einer Überarbeitung der Unterlagen zur
Landschaftsbildbewertung bedürfe, da die Ermittlung aufgrund des Leitfa-
dens „Zusatzbewertung Landschaftsbild“ nicht den gesetzlichen Anforde-
rungen entspreche. Die Eingriffsregelung setze eine fachlich- qualitative
Auseinandersetzung mit dem konkret vor Ort betroffenen Schutzgut Land-
schaftsbild voraus. Im Übrigen sei der Leitfaden „Zusatzbewertung Land-
schaftsbild“ nicht für so große Bauwerke geeignet. Der Kompensationsbe-
darf sei durch ein unabhängiges Landschaftsbildgutachten zu ermitteln. Da-
zu könnten z.B. die Rückbaukosten herangezogen werden. Der für die Be-
wertung des Landschaftsbildes herangezogene Leitfaden „Zusatzbewertung
Landschaftsbild“ sei auch deshalb nicht geeignet+ weil er auf der außer
Kraft getretenen AAV basiere.
In den Unterlagen fehle eine Herausarbeitung, welche Strukturen für die
Vielfalt, Eigenart und Schönheit betroffener Landschaftsräume verantwort-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 192 von 321
lich seien (Landschaftsbilderfassung) und wie sie durch die geplante Maß-
nahme qualitativ beeinträchtigt würden (Landschaftsbildbewertung). Im Üb-
rigen sei das Beurteilungsgebiet für das Schutzgut „Landschaftsbild’’ mit ei-
nem 10 km-Radius zu klein bemessen. Da der neue Kühlturm mit 180m
mindestens 40m höher sei als die beiden bestehenden Kühltürme (128m
und 141m), sei er deutlich großräumiger sichtbar. Damit würden zukünftig
weit entfernte Landschaftsbereiche optisch belastet, von denen bisher keine
Sichtbeziehungen zum Kraftwerk bestünden. Die geplanten Bauwerke wä-
ren aber auch von den Spessarthängen, von den ca. 20 bis 30km weit ent-
fernten Hängen des Odenwaldes und die Wolkentürme noch aus Entfer-
nungen von 70km einzusehen.
Im Hinblick auf die vorgenommene Bewertung der Landschaftsbildbeein-
trächtigung wird von den Naturschutzbehörden auch geltend gemacht,
dass zum Teil die Wertigkeiten der Landschaftsräume falsch berechnet wor-
den seien. Die Bewertung solle für alle Flächen nochmals überprüft werden.
Bei verschiedenen Landschaftsbildeinheiten (EM, EMB, LG, LSE, EH, LSK, LS,
NSE, LHF, NMF LDB, LRO3, LRO5, LD und LKOB) könne keine Abwertung
wegen interner Vorbelastungen geltend gemacht werden, da sich die stö-
renden Faktoren (Freileitung, Bahntrassen, Straßen) außerhalb der Teilflä-
chen befänden. Für die Landschaftsbildeinheiten SSK, SH, SMH2, SOF und
SG, die lediglich mit einem Punkt bewertet wurden, solle die Bewertung der
Fläche und deren Abgrenzung z.B. gegenüber den angrenzenden Land-
schaftsbildeinheiten nochmals überprüft werden. In der Einheit LRO2 solle
die Empfindlichkeit des Bereichs nordöstlich von Rembrücken mit „5“ be-
wertet werden, da dieser reicher strukturiert sei als die anderen Flächen in
der Einheit. Bei den Brachflächen in der Umgebung des Kraftwerkes sei ei-
ne höhere Bewertung mit dem Wert „7“ gerechtfertigt+ da diese gliedernde
Landschaftsstrukturen darstellten. Für die Landschaftsbildeinheiten US und
GAM solle die Empfindlichkeit höher bewertet werden, da es sich nicht um
innerörtliche Bereiche handele. Die Fläche US1 sei unterbewertet, da es sich
hierbei zum großen Teil um eine extensiv genutzte, zum Teil brach gefallene
Fläche mit großem Strukturreichtum handele. Für die Landschaftsbildeinheit
LGK1 müsse aufgrund der kleinen einzelnen höher zu bewertenden Flächen
die Gesamtfläche um einen Punkt höher eingestuft werden. Bei den Flächen
LKF2 in der Kinzigaue handele es sich um eine Landschaft mit großen Berei-
chen extensiver Grünlandbewirtschaftung, diese sei daher höher einzustu-
fen.
Ferner wird angemerkt, dass die Vorgaben der Verordnung über das Land-
schaftsschutzgebiet Hessische Mainauen einer Genehmigung entgegen
stünden, da das Landschaftsbild im Landschaftsschutzgebiet durch das Vor-
haben erheblich beeinträchtigt werde.
Bei den zur Kompensation geplanten Maßnahmen wird geltend gemacht,
dass in einzelnen Fällen Zweifel an der Eignung von Maßnahmen auf be-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 193 von 321
stimmten Flächen oder der Einstufung von Biotoptypen in der Eingriffs-
Ausgleichs- Eingriffs- / Ausgleichsbilanz bestünden. So müsse bei der Maß-
nahme A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaffung von Habi-
tatstrukturen“ im Rahmen der Pflege darauf geachtet werden, dass es nicht
zur massenhaften Ausbreitung von Neophyten komme. Außerdem mache
die Maßnahme für den Bereich des Mastes 4 keinen Sinn, da sich dort kein
Mosaik von Lebensräumen herstellen lasse und im Ausgleichsplan für Block
6 dort eine versiegelte Fläche dargestellt sei. Deshalb solle der Ausgleichs-
plan „Energieableitung“ an die Ausgleichspläne „Block 6“ und „Baustellen-
einrichtung“ angepasst werden und die Eingriffs- / Ausgleichsbilanz geän-
dert werden. Für A 4 sei außerdem die Bewertung der Fläche näher zu be-
gründen, da nicht deutlich werde, wie die einzelnen Biotoptypen in die In-
terpolation eingeflossen seien. Bei der Ermittlung des Durchschnittswertes
könne der Biotoptyp- Nr. 09.210 „ausdauernde Ruderalflur“ nicht berück-
sichtigt werden.
Als Maßnahme A 5 könne die „Anlage von Extensivrasen und Wiesen“ mit
dem Biotoptyp 6.9230 „Naturnahe Grünlandeinsaat“ nur anerkannt werden+
wenn wie am Kühlturm für Block 6 größere Flächen, angelegt würden. Die
übrigen Rasenflächen sollten mit der Biotoptyp- Nr. 11.221 „Gärtnerisch
gepflegte Anlagen im besiedelten Bereich“ bewertet werden. Außerdem sei
die Wiederherstellung einer Sportrasenfläche in der Eingriffs- / Ausgleichs-
bilanz mit der Biotoptyp- Nr. 11.224 „Intensivrasen“ zu bewerten.
Zur geplanten Ersatzmaßnahme K 1 „Verbesserung der ökologischen Situa-
tion am Main bei Rumpenheim“ weist das Wasser- und Schifffahrtsamt auf
die damit verbundene Inanspruchnahme von Flächen der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung hin. Vom Grundsatz her bestehe bei den Maßnahmen
Einverständnis. Bedingung hierfür sei aber die Übernahme der Unterhal-
tungs- und Verkehrssicherungspflicht der umgestalteten Bereiche durch die
Antragstellerin und der Abschluss eines entsprechenden Nutzungsvertra-
ges. Eine Detailplanung könne für die wasserrechtliche Genehmigung vor-
gelegt werden. Bezogen auf diese Maßnahme wird aber durch die Einwen-
der auch geltend gemacht, dass die Beschreibung der Maßnahme im land-
schaftspflegerischen Begleitplan unzureichend sei, da nicht erläutert sei,
welche ökologischen Ausgleichswirkungen mit der Maßnahme erzielt wer-
den könnten. Es müssten zumindest die wichtigsten ökologischen Funktio-
nen gutachterlich erläutert werden.
Außerdem wird gefordert, dass zusätzliche oder andere Vermeidungs-
Minimierungs- und Kompensationsmaßnahmen vorzusehen seien.
Im Bezug auf das Landschaftsbild wird geltend gemacht, wegen der erheb-
lichen Beeinträchtigungen müssten zusätzliche Minimierungs- und Aus-
gleichsmaßnahmen vorgesehen werden. So sei z. B. das Thema Farbge-
bung nicht geprüft worden. Die Fassaden der Kraftwerksbauten könnten
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 194 von 321
farblich an in der Natur dominierende Farbtöne der Umgebung während
der Vegetationsperiode angepasst werden. Im Übrigen sei auch nicht aus-
reichend geprüft worden, ob und welche Alternativen bestünden, ein op-
tisch verträglicheres Bauwerk zu errichten. Ferner könnten Beeinträchtigun-
gen auch durch Sichtschutzpflanzungen entlang eines Wander- und / oder
Fahrradweges oder Bepflanzungen in der Flur vermieden werden. Es müss-
ten als Ausgleichsmaßnahmen auch Erholungsprojekte im Nord- / Nord-
westspessart geplant werden.
Bisher fehle der Nachweis, dass keine weiteren Ausgleichsmaßnahmen
möglich seien. Unter anderem wird gefordert, dass die im Rahmen des
Neubaus des Blocks 6 notwendig werdenden Ausgleichsmaßnahmen (so-
weit möglich) auf dem Gebiet der Gemarkung der Gemeinde Großkrotzen-
burg umgesetzt würden.
Außerdem sei die lineare Durchgängigkeit an einer bzw. mehreren Staustu-
fen des Mains durch entsprechende Umgehungsgewässer oder zur Verbes-
serungen im Unterwasser Laichplätze für die im Main seltenen Kieslaicher
herzustellen. Es sei zu empfehlen, den Altmainarm Steinheim zu sanieren.
Die Stadt Hanau fordert im Rahmen der Genehmigung folgende Auflagen
aufzunehmen:
Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Kompensation der Beein-
trächtigungen von Natur und Landschaft, die durch die Baumaßnah-
men und die dazu notwendigen Erschließungsanlagen und –maß-
nahmen zu erwarten sind, sind von der Antragstellerin gemäß der
Fachplanung durchzuführen.
Die Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist durch eine
Ausführungsplanung zu konkretisieren. Die Ausführungsplanung ist
von qualifizierten Fachplanern zu erstellen und mit der zuständigen
Behörde abzustimmen.
Spätestens drei Monate nach Fertigstellung der Arbeiten zur Umset-
zung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist bei der zuständigen
Behörde die Abnahme der Maßnahme zu beantragen, mit der auch
die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten für die Kompensati-
onsmaßnahme nachzuweisen ist. Alternativ zur Maßnahmenabnahme
kann der Behörde eine Bestätigung des mit der Durchführungspla-
nung beauftragten Fachbüros vorgelegt werden, in der die einwand-
freie Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bestätigt
wird.
Die erforderlichen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zur Siche-
rung der in der Fachplanung aufgeführten Entwicklungsziele der Aus-
gleichs- und Ersatzmaßnahmen sind unverzüglich nach Fertigstellung
der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu beginnen. Die
Pflege ist dauerhaft fortzuführen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 195 von 321
Über die Durchführung der festgesetzten Pflegemaßnahmen ist der
zuständigen Behörde erstmalig zwei Jahre und im Anschluss daran
drei Mal wiederkehrend in Abständen von drei Jahren ein Bericht ei-
nes beauftragten Fachbüros vorzulegen, in dem eine Erfolgskontrolle
enthalten ist.
Während der Bauphase und im Betrieb sind alle außerhalb von Ge-
bäuden angebrachten Beleuchtungsanlagen mit Natriumdampflam-
pen auszustatten.
Die Kühlturmhöhe ist auf maximal 140 Meter über dem Erdboden zu
begrenzen.
VII.3.2.4.1.3. Würdigung der Einwendungen
Den vorstehend wiedergegebenen Einwendungen wurde insoweit Rech-
nung getragen, als die Antragstellerin am 17. September 2009 dazu aufge-
fordert wurde, den landschaftspflegerischen Begleitplan zu überarbeiten.
Mit der Vorlage des überarbeiteten landschaftspflegerischen Begleitplans
vom 17. Mai 2010 hat die Antragstellerin dem Nachforderungsschreiben
entsprochen.
Den Argumenten zu den Bestands- und Konfliktplänen wird dahingehend
gefolgt, dass bei der Überarbeitung die fehlenden Grenzen der Baustellen-
Einrichtungsflächen 2 und 15 nachgetragen wurden. Die geforderte Korrek-
tur des Baufelds für die Kohlekreislager ist dagegen nicht notwendig, da die
Darstellungen aus dem genehmigten Plan zur Errichtung der Kohlekreisla-
ger übernommen wurden.
Entgegen der Auffassung der Einwender ist aus Sicht der Genehmigungs-
behörde die von der Antragstellerin vorgelegte Landschaftsbildbewertung
grundsätzlich als geeignet anzusehen, um den Kompensationsbedarf für die
Landschaftsbildbeeinträchtigung durch den Neubau des Blocks 6 zu ermit-
teln. Die Methode des Leitfadens ist für diesen Fall uneingeschränkt an-
wendbar. Der zugrunde gelegte Leitfaden „Zusatzbewertung Landschafts-
bild“ basiert auf der Regelung der damaligen AAV+ eine Zusatzbewertung
im Hinblick auf unterschiedliche Beurteilungsgrößen in denjenigen Fällen
durchzuführen, in denen die Grundbewertung nach der Wertliste der Nut-
zungstypen zu unvollständigen oder falschen Bewertungen führt. Da diese
Regelung weiterhin auch für die Beurteilungsgröße Landschaftsbild in der
Anlage 2 Nr. 2.2.1 der KV enthalten ist, wird der o.g. Leitfaden zugunsten
einer einheitlichen Vorgehensweise in allen Fällen, in denen eine Zusatzbe-
wertung erforderlich wird, weiterhin angewandt. Der Eingriffstyp des
Blocks 6 zählt auch nicht zu den unter C.2.6 des Leitfadens genannten Son-
derfällen. Die Kritik der Einwender ist auch deshalb nicht zutreffend, da in
dem Bewertungsverfahren die angesprochenen Kriterien berücksichtigt
werden. Das Verfahren beinhaltet die Kriterien Empfindlichkeit der Land-
schaft, Intensität des Eingriffs, Sichtbarkeitsfaktor, Wirkzonen und Verschat-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 196 von 321
tungsbereiche. In die Bewertung der „Empfindlichkeit der Landschaft“ sind
die von den Einwendern geforderten Kriterien Vielfalt, Schönheit und Ei-
genart eingeflossen. Es kann nicht gefordert werden, die Bewertung über
die 10km- Zone auszudehnen. Eine über diesen Bereich hinausgehende
Bewertung sieht der Leitfaden nicht vor, da nach den Vorgaben der
Nr. 2.1.1 in Anlage 2 der KV jeweils eine erhebliche Beeinträchtigung des
Landschaftsbildes, die in der Umgebung des Eingriffs wahrnehmbar ist, zu
bewerten ist. Bei einer Entfernung von über 10 km kann zwar im Einzelfall
noch von einer Sicht- oder Wahrnehmbarkeit ausgegangen werden, nicht
aber von einer erheblichen Beeinträchtigung. Im Raumordnungsverfahren
wurde durch das Gutachten „Neubau Block 6+ Kraftwerk Staudinger: Zu-
satzbewertung Landschaftsbild auf ROV-Ebene. Juni 2008“ der Arcadis
Consult GmbH vom Juni 2008 bereits hinreichend nachgewiesen, dass für
weiter entfernte Bereiche wie die „Hohe Straße“ aufgrund der Entfernung
zum Eingriff und der Vorbelastung durch das bestehende Kraftwerk keine
erheblichen visuellen Beeinträchtigungen eintreten.
Der vorgetragenen Kritik zu der konkreten Bewertung wurde insofern Rech-
nung getragen, als eine Überprüfung der Bewertung für einzelne Land-
schaftsbildeinheiten der Antragstellerin mit Schreiben vom 17. September
2009 aufgegeben wurde.
Die Zusatzbewertung Landschaftsbild wurden entsprechend dem Nachfor-
derungsschreiben vom 17. September 2009 überprüft und teilweise geän-
dert. Die vorgelegte Neubewertung vom 15. Mai 2010 ist aus naturschutz-
fachlicher Sicht plausibel. Bei der Ermittlung des Biotopwertdefizits ist je-
doch ein Rechenfehler aufgetreten. Das Biotopwertdefizit für die Land-
schaftsbildbewertung in Hessen ist in Tabelle 7 mit 373.970,17 Wertpunkten
angegeben. Das Defizit der Landschaftsbildbewertung in Bayern beträgt
nach der Tabelle 12 54.005,847 Wertpunkte. Hieraus ergibt sich eine Sum-
me von 427.976 Wertpunkten. Dies wurde auf der Seite 18 des landschafts-
pflegerischen Begleitplanes mit Grüneintrag korrigiert.
Außerdem kann auch § 3 der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Hessi-
sche Mainauen“ einer immissionsrechtlichen Genehmigung nicht entgegen
gehalten werden, weil der Standort des Kraftwerkes nicht im Landschafts-
schutzgebiet „Hessisches Mainauen“ liegt und der Bau eines neuen Blocks
somit keiner landschaftsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf.
Der Forderung, grundsätzlich andere oder weitere Maßnahmen zur Ver-
meidung und Minimierung von Beeinträchtigungen vorzusehen, kann aus
folgenden Gründen nicht bzw. nur bedingt entsprochen werden: Dem Ver-
meidungsgebot nach § 15 Abs.1 BNatSchG hat die Antragstellerin entspro-
chen, da im landschaftspflegerischen Begleitplan im Kapitel 7.1 geeignete
Maßnahmen vorgesehen sind. Mit den Maßnahmen und den vorgeschlage-
nen Nebenbestimmungen unter IV.12.2 können aus hiesiger Sicht die Vor-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 197 von 321
gaben des § 15 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werden. Zur Minimierung von Land-
schaftsbildbeeinträchtigungen sind die Maßnahme M 5 „Begrünung von
Fassaden und Pflanzungen innerhalb des Kraftwerksgeländes und an den
Außengrenzen“ geplant. Durch diese Maßnahmen kann die beste Abschir-
mungswirkung für den am stärksten betroffenen Nahbereich erzielt werden.
Pflanzungen in der freien Landschaft können nicht verlangt werden, da die-
se meist nur punktuell wirksam und nicht geeignet sind, die Landschaftbild-
beeinträchtigung vollständig auszugleichen. Eine angepasste Farbgebung
ist im Gutachten zur Zusatzbewertung Landschaftsbild der Arcadis Consult
GmbH vom 25. Mai 2009 (Seite 23) ebenfalls geplant. Da diese jedoch nicht
als Minimierungsmaßnahme im landschaftspflegerischen Begleitplan be-
nannt ist, wird sie durch Nebenbestimmung IV.12.2.2 der Antragstellerin
verbindlich aufgegeben.
Den vorgetragenen Argumenten zur Ausgestaltung und Bewertung der ge-
planten Ausgleichsmaßnahmen wird gefolgt, da die Antragstellerin zuge-
sagt hat, bei der Überarbeitung des landschaftspflegerischen Begleitplanes
eine Anpassung der Eingriffs- / Ausgleichsbilanz vorzunehmen und die Be-
wertungsansätze ergänzend zu begründen.
In der mit dem überarbeiteten Landschaftspflegerischen Begleitplan vom
17. Mai 2010 vorgelegten Eingriffs- / Ausgleichsbilanz wurde die Bewertung
für den Sportrasen geändert. Nach der geänderten Eingriffs- / Ausgleichsbi-
lanz für Block 6 ergibt sich im Eingriffsbereich ein Biotopwertdefizit von
109.877 Biotopwertpunkten.
Bei den Maßnahmen A 4 „Zulassen der natürlichen Sukzession und Schaf-
fung von Habitatstrukturen“ und A 5 „Anlage von Extensivrasen und Wie-
sen“ wurde an der ursprünglichen Bewertung festgehalten, dies ist im Kapi-
tel 4.3 ergänzend erläutert. Die Bewertung für A 4 ist jetzt plausibel. Der Be-
kämpfung von Neophyten im Bereich der Sukzessionsflächen (A 4) hat die
Antragstellerin zugestimmt und dies wird mit der Nebenbestimmung
IV.12.3.2 des Genehmigungsbescheides verbindlich geregelt.
Die Bewertung für die Maßnahme A 5 kann akzeptiert werden, sofern Saat-
gut für Biotopentwicklungsflächen bzw. autochthonem Saatgut verwendet
und eine extensive Pflege vorgesehen wird. Dies wird in der Nebenbestim-
mung IV.12.3.5 festgelegt.
Durch die Maßnahmen auf dem Kraftwerksgelände werden die beeinträch-
tigten Funktionen des Naturhaushaltes in gleichartiger Weise wiederherge-
stellt. Damit wird auch der Forderung entsprochen, den Ausgleich in der
Gemarkung Groß- Krotzenburg zu realisieren. Mit den vor Ort vorgesehe-
nen Kompensationsmaßnahmen können die Eingriffe bzw. die mit der Flä-
cheninanspruchnahme verbunden Beeinträchtigung des Naturhaushalts
sowie die mit der Überbauung verbundenen Beeinträchtigungen des Land-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 198 von 321
schaftsbildes nicht vollständig ausgeglichen werden, so dass sich ein (exter-
ner) Kompensationsbedarf ergibt.
Außerdem ist die Ersatzmaßnahme K 1 „Verbesserung der ökologischen Si-
tuation am Main bei Rumpenheim“ vorgesehen. Sie ist geeignet, gemäß
§ 15 Abs. 2 BNatSchG die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes
in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise herzustellen und
entspricht den Vorgaben des § 2 der Kompensationsverordnung. Entgegen
der vorgetragenen Argumente sind ergänzende Ausführung zu der geplan-
ten Ersatzmaßnahme K 1 am Rumpenheimer Bogen nicht erforderlich, da
die Wirkungen im landschaftspflegerischen Begleitplan auf Seite 87 ff. hin-
reichend beschrieben sind. Mit der Maßnahme wird auch den Forderungen
der Einwender entsprochen, Ausgleich in der Mainaue zu realisieren. Sie
wurde aus der Konzeptplanung zur morphologischen Verbesserung des
Mains im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie
gemeinsam mit der oberen Wasserbehörde und der oberen Naturschutz-
behörde entwickelt. Die detaillierte Planung kann im Rahmen der Geneh-
migungsplanung nach § 68 WHG erfolgen. Dem Wasser- und Schifffahrts-
amt sichert die Antragstellerin zu, dass die Unterhaltungs- und ggfs. Ver-
kehrssicherungspflicht von ihr übernommen wird.
Damit kann eine nahezu vollständige Kompensation des Eingriffs in abseh-
barer Zeit gewährleistet werden. Nach der in der mit Grüneintrag korrigier-
ten Fassung des Landschaftspflegerischen Begleitplans vom 17. Mai 2010
verbleibt jedoch noch ein Biotopwertdefizit von 23.493 Biotopwertpunkten.
Für die Kompensation des ermittelten Biotopwertdefizits hat die Antrag-
stellerin in dem landschaftspflegerischen Begleitplan außerdem die Öko-
kontomaßnahme von Hessenforst „Entwicklung naturnaher Waldbestände
im Naturschutzgebiet Bulau“ als Maßnahme K 2 genannt. Diese kann her-
angezogen werden, um die Eingriffe in gleichwertiger Weise vollständig zu
ersetzen, da nach telefonischer Auskunft der unteren Naturschutzbehörde
der Stadt Hanau am 13. September 2010 dort noch ausreichend Maßnah-
men verfügbar sind.
Im vorliegenden Fall können sich im Zuge weiterer Teilgenehmigungen Än-
derungen z.B. beim Umfang des Eingriffes ergeben. Deshalb ist als Neben-
bestimmung IV.12.3.7 die Fortschreibung der Eingriffs- / Ausgleichsbilanz
bzw. eine Schlussbilanzierung vorbehalten. Weil sich der Umfang des ver-
bleibenden Biotopwertdefizits noch ändern kann und die Ersatzmaß-nahme
im Bereich des im Naturschutzgebiet Bulau noch nicht konkretisiert ist, wird
in der Nebenbestimmung IV.12.3.7 außerdem festgesetzt, dass eine genaue
Planung der Ersatzmaßnahme mit der Schlussbilanz vorzulegen ist. Die ab-
schließende Regelung der Kompensation durch die konkretisierte Ersatz-
maßnahme oder die Zahlung eines Ersatzgeldes wird ebenfalls vorbehalten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 199 von 321
Der Forderung nach weiteren Ausgleichsmaßnahmen muss darüber hinaus
nicht entsprochen werden, da die geplanten Ausgleichsmaßnahmen im
Eingriffsbereich und die Ersatzmaßnahmen geeignet sind, die Vorausset-
zungen des § 15 Abs. 2 BNatSchG zu erfüllen.
Darüber hinaus wird angesichts der Größe des Projektes und der Vielzahl
der betroffenen naturschutzfachlichen Belange die Einrichtung einer ökolo-
gischen Baubegleitung (Nebenbestimmungen IV.12.4.3) erforderlich. Nur
auf diese Weise kann eine Bauabwicklung unter Einhaltung der naturschutz-
rechtlichen Auflagen gewährleistet werden. Die ökologische Baubegleitung
ermöglicht es, aufgrund ihres Fachwissens auftretende Probleme schnell zu
erkennen und durch kurzfristige Abstimmung mit der Naturschutzbehörde
zeitnah zu lösen.
Die von der Stadt Hanau für den Genehmigungsbescheid vorgeschlagenen
Auflagen sind in den Nebenbestimmungen unter IV.12 weitestgehend ent-
halten. Die geforderte Beleuchtung muss hingegen nicht in einer gesonder-
ten Nebenbestimmung geregelt werden, da diese als Maßnahmen M 4 im
landschaftspflegerischen Begleitplan bereits benannt ist. Die geforderte
Beschränkung der Kühlturmhöhe kann ebenfalls nicht als Nebenbestim-
mung aufgenommen werden, da die Antragstellerin eine Höhe von 180m
beantragt hat.
VII.3.2.4.1.4. Bewertung
Im Ergebnis kann der Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 15
BNatSchG zugelassen werden, da die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1
BNatSchG (Vermeidungsgebot) und die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2
BNatSchG (Ausgleichs- und Ersatzgebot) durch die im landschaftspflegeri-
schen Begleitplan in der durch Grüneintrag korrigierten Fassung vorgese-
henen Maßnahmen und ergänzend durch die unter IV.12 festgesetzten Ne-
benbestimmungen erfüllt sind.
VII.3.2.4.2. Artenschutzrechtliche Belange
VII.3.2.4.2.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Auf Basis des vorgelegten Fachbeitrags Artenschutz der Arcadis Consult
GmbH Darmstadt vom Mai 2009 wurde geprüft, ob die artenschutzrechtli-
chen Verbotstatbestände gemäß § 44 BNatSchG bei der Umsetzung des
geplanten Projekts ggf. erfüllt werden bzw. durch welche Maßnahmen diese
vermieden werden können. Die artenschutzrechtliche Prüfung wurde nach
dem „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (HMUELV
2009) durchgeführt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 200 von 321
VII.3.2.4.2.2. Wesentliche Einwendungen
Im Bezug auf die artenschutzrechtliche Prüfung wird eingewandt, die vor-
genommenen Untersuchungen seien nicht ausreichend, um die Verbote
des § 44 Abs. 1 BNatSchG abprüfen zu können. Aufgrund der Mängel lasse
sich nicht abzuschätzen, wie sich Störungen aus dem Baubetrieb oder die
Entnahme der Vegetation im Baustellenbereich auswirkten.
Bei den Vögeln entspreche die Erfassung nicht dem Stand guter fachlicher
Methodik, da während maßgeblicher Zeiten gar keine Untersuchungen
stattgefunden hätten. Um auch Störungen währen der Mauser-, Überwinte-
rungs- und Wanderungszeiten beurteilen zu können, wäre es erforderlich
gewesen, in regelmäßigen Abständen (ca. 1 x pro Woche, mindestens aber
einmal pro Dekade) auch während der übrigen Zeit des Jahres die Vogel-
bestände im Wirkbereich zu erfassen. Solche Untersuchungen könnten nicht
von vornherein ausgeklammert werden, weil Störungen sowieso nicht zu
erwarten seien. Wie im landschaftspflegerische Begleitplan dargestellt, sei-
en die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Habitatstrukturen Gebü-
sche Gewässer und Röhricht sowie die offenen Wasserflächen des Mains
und auch der Hafenanlagen sowie anderer, im Nahbereich gelegenen Was-
serflächen Aufenthaltsräume für rastende und mausernde Singvögel. Au-
ßerdem sei das Vorgehen bei der Auswertung der Ergebnisse unklar. Dies
gelte insbesondere für die Vergabe des Status ''Brutvogel''. Überdies fehle
die fachlich übliche Differenzierung der einzelnen Vorkommen in Brutzeit-
feststellung, Brutverdacht und Brutnachweis. Die Bestandserfassungen gä-
ben keine Auskunft darüber, wo und in welchem Umfang die relevanten
Strukturen, insbesondere Nester, gelegen seien. Diese seien auch nicht er-
kennbar für die Arten, die ihre Nester mehrfach nutzen. Bei den Fledermäu-
sen wäre eine besonders gründliche Bestandserfassung erforderlich gewe-
sen, weil der Erhaltungszustand gleich mehrerer nachgewiesener Fleder-
mausarten ungünstig sei. Allerdings seien die angewandten Untersu-
chungsmethoden nicht geeignet, um Klarheit über das Artenspektrum und
den Status der im Gebiet auftretenden Fledermausarten zu erlangen. Eine
Zahl von 4 Begehungen und nur eine einzige Methode reichten nicht aus,
um das Artenspektrum sowie die saisonale und zahlenmäßige Streuung der
Raumnutzung im Eingriffsbereich zu ermitteln. Z.B. bei der Planung von
Windkraftanlagen empfehle der niedersächsische Landkreistag bis zu 16
flächendeckende Begehungen bei Kombination verschiedener Methoden.
Außerdem werde zur Untersuchungsintensität der Artengruppe Herpeto-
fauna nichts ausgesagt, sodass die Vollständigkeit der Ergebnisse nicht be-
urteilt werden könne. Der Untersuchungsaufwand scheine aber beschei-
den zu sein.
Auch die angewandte Methodik für die Untersuchungen zu den Schmetter-
lingen und den Heuschrecken seien für eine artenschutzrechtliche Prüfung
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 201 von 321
nicht tauglich, da lediglich eine Artenliste vorgelegt und nicht auf die Fut-
terpflanzen, Fraßplätze, Überwinterungsstellen abgestellt werde. Die natio-
nal geschützten Arten könnten einer artenschutzrechtlichen Prüfung nur
dann nicht unterzogen werden, wenn diese Arten im Rahmen der Eingriffs-
regelung qualifiziert und angemessen berücksichtigt würden. Da dies vor-
liegend nicht der Fall sei, müsste auch für Schmetterlinge im Sinne einer
Worst-Case-Betrachtung davon ausgegangen werden, dass die Verbote des
§ 44 Abs. 1 BNatSchG tangiert würden.
Die nach nationalem Recht besonders geschützten Arten würden nur unzu-
reichend berücksichtigt, Es fehlten Untersuchungen zu den anhand Biotop-
ausstattung der Eingriffsflächen zu erwartenden Arten der Gruppen der
Apoidea (Bienen und Grabwespen), der Bockkäfer und zu den besonders
geschützten Kleinsäugern, Libellen zu Mollusken und Pflanzen.
Außerdem wird eingewandt, dass für die im 25-km-Untersuchungsraum ge-
legenen Naturschutzgebiete (z.B. Alzenauer Sande) eine spezielle arten-
schutzrechtliche Untersuchung (saP) erforderlich wäre. Diese hätten eine
volle Vegetationsperiode untersucht werden müssen.
Im Fachbeitrag Artenschutz sei außerdem die Bezugsgröße der lokalen Po-
pulation nicht korrekt verwendet, da diese auf größere Flächen als das
Untersuchungsgebiet bezogen würden, ohne dass die räumliche Abgren-
zung konkretisiert würde oder Informationen über den Bestand des defi-
nierten Raumes vorlägen. Als lokale Population könne deshalb lediglich der
Bestand der aktuellen Untersuchung herangezogen werden. Die lokale Po-
pulation sei überdies genauer zu bestimmen, denn es sei ein deutlicher Un-
terschied, ob sich die Beeinträchtigungen auf vielleicht nur 2 oder vielleicht
doch 5 Brutpaare bezögen.
Ferner sei die Zusammenfassung der Vogelarten in den Datenblättern für
eine differenzierte Betrachtung artenschutzrechtlicher Sachverhalte nicht
geeignet, da in der Tabelle 3 fast alle nur denkbaren ökologischen Brutni-
schen zu einer einzigen Gruppe vermischt würden, obwohl die Arten unter-
schiedliche Ansprüche an die Lebensstätten hätten und einige davon dau-
erhaft geschützt seien, andere jedoch nur für die Zeit ihrer Nutzung. Die
Auswirkungen auf die Zugvogelstrecken über dem Standort Staudinger sei-
en nicht geprüft worden.
Das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung werde nach den Planunterla-
gen für mehrere Arten erfüllt, denn gerade für größere Vögel wie die hier
vorkommenden Kormorane, Graureiher, Möwen und Wasservögel des
Mains seien Anflüge an Leitungen belegt. Dieses Kollisionsrisiko bestehe
auch für die im Gebiet auftretenden Greifvögel. Die vorgesehene Markie-
rung der Leitungen stelle daher keine Vermeidungsmaßnahme dar, son-
dern allerhöchstens eine Minderungsmaßnahme.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 202 von 321
Bei der Behandlung der Beeinträchtigung von Lärm auf Vögel seien bereits
47 dB(A) als populationsbezogene, artspezifische Störgröße relevant. Der
Lärm in der Bauphase hätte zu näheren Ermittlungen Anlass gegeben, da
Schallleistungspegeln von 127 dB(A) mit Ramme und 119 dB(A) ohne Ram-
me angegeben werden. Deshalb müsse durch Nebenbestimmungen gesi-
chert werden, dass während der Balz- und Brutzeit keine Erdarbeiten vor-
genommen würden. Auch bei der Saatkrähe sei die Wahrscheinlichkeit
groß, dass gerade die baubedingten Störungen (Lärm, Emissionen, Auftre-
ten von Menschen) in Verbindung mit der Fällung von randlich stehenden
Bäumen zu einer Aufgabe der Kolonie führen würden. Auch für den Eisvo-
gel seien die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände realisiert, denn der
Brutplatz am Kopf` des Kanals könnte gemieden werden. Der Verlust einer
Brut bei einer lokalen Population von ungefähr 3 Brutpaaren und einer lan-
desweit so seltenen Art müsse auf Ebene der lokalen Population als erheb-
lich bewertet werden. Ob die vorgesehene Anbringung von Nisthilfen für
den Wanderfalken ausreichten, um eine störungsbedingte Aufgabe des jet-
zigen Brutplatzes und die Rückkehr an den alten Standort nach Errichtung
des neuen Kühlturms zu gewährleisten, sei keinesfalls sicher. Aber selbst
wenn die Brut einer Saison ausfalle, hätte man es mit einer erheblichen po-
pulationsrelevanten Störung der Art zu tun, für die eine Ausnahmeprüfung
erforderlich sei.
Auch bei der Zauneidechse klafften die Ergebnisse und Bewertung des Vor-
kommens deutlich auseinander. Die Beeinträchtigungen würden jedoch in
unzutreffender Weise den einzelnen Verbotstatbeständen zugeordnet. Fer-
ner müsste davon ausgegangen werden, dass die gesichteten acht Indivi-
duen die für verschiedene artenschutzrechtliche Bewertungen relevante lo-
kale Population stellten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass man im Daten-
blatt zur Einschätzung komme der Erhaltungszustand dieser lokalen Popula-
tion sei günstig, obgleich der Erhaltungszustand für die kontinentale Region
als "ungünstig -unzureichend" beschrieben werde. Es würde alle drei Ver-
botstatbestände erfüllt, da es aufgrund der Baumaßnahmen zwangsläufig
zur Tötung von Tieren komme. Angesichts der Ausdehnung des Eingriffs
und der geringen Größe des Bestandes stellten die Baumaßnahme erhebli-
che Störungen dar, die unmittelbar populationsrelevant würden. Schließlich
komme es auch zur Zerstörung von Lebensstätten, bei Arbeiten während
der Winterruhe. Die angedachten Umsiedlungsaktionen seien als ungeeig-
net abzulehnen, da es lediglich gelinge, einen Bruchteil der ansässigen Po-
pulation zu fangen. Insofern könne es als gesichert gelten, dass trotz aller
Maßnahmen alle artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände erfüllt blieben.
Die Obere Naturschutzbehörde legt dar, dass die im landschaftspflegeri-
schen Begleitplan vorgesehenen konfliktvermeidenden Maßnahmen und
CEF-Maßnahmen grundsätzlich als geeignet anzusehen seien. Zum Teil sei
damit bereits vorlaufend begonnen worden. Für die ordnungsgemäße
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 203 von 321
Durchführung sei eine ökologische Baubegleitung und ein Monitoring zur
Auflage zu machen.
VII.3.2.4.2.3. Würdigung der Einwendungen
Die vorgetragenen Einwendungen zu dem Fachbeitrag Artenschutz sind im
Wesentlichen nicht zutreffend.
Die Obere Naturschutzbehörde hat in der Stellungnahme vom 31. August
2009 bestätigt, dass die Einschätzungen im Fachbeitrag Artenschutz insge-
samt nachvollzogen werden können. Der Untersuchungsrahmen wurde am
25. März 2008 zwischen der Antragstellerin und der oberen Naturschutzbe-
hörde grundsätzlich abgestimmt.
Die Kritik an der Bestandserfassung kann nicht nachvollzogen werden. Ei-
nerseits kann entgegen der von den Einwendern vertretenen Meinung eine
Abschichtung der Arten erfolgen. Auch gibt es keine rechtverbindlichen
Vorgaben, ob und in welcher Tiefe für eine artenschutzrechtliche Prüfung
die relevanten Arten untersucht werden sollen. Nach einer Veröffentlichung
„Geschützte Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren“ (Trautner+
Lambrecht et al. 2006) ist es zulässig, den Umfang der Darstellung vom
Spektrum der betroffenen Arten sowie Art, Intensität und Schwere der be-
troffenen Auswirkungen zu bestimmen. Dies entspricht auch den Empfeh-
lungen des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung im Hessen vom
September 2009 (Hrsg. Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz). Dort ist vorgesehen, zunächst die vorlie-
genden Daten- und Informationsgrundlagen auszuwerten und dann in Ab-
hängigkeiten von der Biotopausstattung und den Auswirken den konkreten
Untersuchungsrahmen festzulegen. Eine Abschichtung von Arten ist dem-
nach möglich, wenn deren natürliches Verbreitungsgebiet nicht im Bereich
um das geplante Vorhaben liegt, dies nicht Wirkraum des geplanten Vorha-
bens vorkommen oder sie gegenüber den jeweiligen Wirkfaktoren des Vor-
habens nach gesicherten Kenntnissen keine Empfindlichkeit ausweisen bzw.
erwarten lassen. Eine solche Abschichtung wurde für die im Bereich des
NSG Alzenauer Sande vorkommenden Arten vorgenommen, bei denen sich
nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine messbare vorhabenbedingte
Änderung der Immissionssituation ergibt.
Da im Planungs- und Zulassungsverfahren die Maßgaben des § 44 Abs. 5
BNatSchG zu beachten sind, kann im Übrigen auch nicht beanstandet wer-
den, dass sich die Prüfung der Zugriffsverbote im Wesentlichen auf die die
Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten
beschränkt. Weitere Arten+ wie z. B. die nach nationalem Recht „besonders
geschützten Arten“+ das Vorkommen weiterer und nach nationalem Recht
besonders geschützter Arten wurde bei der Kartierung des Untersuchungs-
gebiets erfasst, dokumentiert und – falls nicht bereits Bestandteil des Fach-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 204 von 321
beitrags Artenschutz - in die Konfliktbetrachtung im Rahmen des Land-
schaftspflegerischen Begleitplans (LBP) einbezogen.
Es sind auch keine konkreten Defizite bei der Bestandserfassung erkennbar.
Die bei den Vögeln gewählte Methodik einer Kombination aus Liniein-
taxierung und Revierkartierung ist geeignet, um den Vogelbestand im Ein-
griffsgebiet vollständig zu erfassen, da sich diese nicht nur mit 4 Kartiergän-
gen begnügte, sondern zusätzlich auch 4 nächtliche Begehungen durchge-
führt und relevante Vogelarten auch im Rahmen der von Kartiergängen zu
Reptilien und zu Insekten und Reptilien notiert wurden. Zu den Zug- und
Rastvögeln wurden vorhandene Beobachtungen berücksichtigt. Nach den
Untersuchungsergebnissen und der Recherche zu Rast- und Gast-vögeln
bestand keine Notwendigkeit für weitere Untersuchungen. Die zur Darstel-
lung vorgetragene Kritik kann nicht nachvollzogen werden, da im Fachbei-
trag Artenschutz ab Seite 12 die Ergebnisse der Kartierung und die Vorge-
hensweise dargelegt sind und in der Kartendarstellung in der Anlage zum
Fachbeitrag Artenschutz sind die Standorte revieranzeigender Männchen,
Zentren der Brutreviere oder Neststandorte angegeben.
Die zur Fledermauserfassung geäußerten Bedenken sind ebenfalls nicht
nachvollziehbar, da die gewählte Methode wissenschaftlich als geeignetes
Verfahren zur bioakustischen Bestimmung von Fledermäusen anerkannt ist.
Die Erfassung ist zur Beurteilung der artenschutzrechtlichen Belange aus-
reichend, da die Kartiergänge in den für Fledermaus-Aktivitäten wichtigen
Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst vorgenommen und im übrigen
die ermittelten Daten in Verbindung mit den Habitatstrukturen verwendet
wurden. Hinweise auf besondere Fledermaushabitate (z.B. Quartiere) im
Eingriffsbereich haben sich weder durch die Erfassung ergeben, noch wur-
den durch die Einwender solche Daten vorgelegt.
Die Herpetofauna (Reptilien und Amphibien) ist ausreichend erfasst, da die-
se bei mehreren Begehungen schwerpunktmäßig in den potenziellen Habi-
taten sowie zusätzlich im Rahmen der Begehungen zur Avifauna kartiert
wurden.
Bei den Tagfaltern, Widderchen und Heuschrecken liegt mit den Artenlisten
und Angaben zu den Fundstellen und Habitaten eine ausreichende Daten-
grundlage vor und die potenziellen Konflikte sind dargestellt.
Auch die vorgenommene Abgrenzung der „lokalen Population“ kann nicht
grundsätzlich beanstandet werden. Unter dem Begriff der lokalen Populati-
on bzw. des lokalen Bestandes wird die Gesamtheit aller Individuen einer
Art verstanden, die eine räumlich abgrenzbare Fortpflanzungs- oder Über-
dauerungsgemeinschaft bilden. Die Abgrenzung ist artspezifisch in Abhän-
gigkeit von der Ökologie und dem Verbreitungsmuster der jeweiligen Art
vorzunehmen und macht nicht immer an der Grenze des Untersuchungsge-
bietes halt. Auch ist im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass im Fach-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 205 von 321
beitrag Artenschutz bei einzelnen Arten eine falsche Abgrenzung vorge-
nommen wurde. Bei den festgestellten Hecken-/Gehölzbrütern wurden die
jeweiligen lokalen Populationen auf größere Flächenbereiche als das Unter-
suchungsgebiet bezogen, da es sich um weit verbreitete Arten handelt, de-
ren Fortpflanzungsgemeinschaften ein großes Gebiet im gesamten Umkreis
des Untersuchungsgebietes besiedeln. Nach den Empfehlungen des Leit-
fadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen können in solchen
Fällen die aktuellen landesweit verfügbaren Informationen zu Vorkommen
und Verbreitung der Art in Hessen und ihren ökologischen Ansprüchen be-
rücksichtigt werden. Bei anderen Arten wie z. B. Saatkrähe oder der Zaunei-
dechse wurde dagegen das Untersuchungsgebiet als Flächenbezug der lo-
kalen Population angegeben, da die Fortpflanzungsgemeinschaften dieser
Arten auf diesem Areal gut abgrenzbar waren. Bei störungsempfindlichen
Arten wie z. B. dem Eisvogel, sind die ermittelten 3 Brutpaare das Minimum
der lokalen Population, das als worst case Betrachtung auch der Beurteilung
der Erheblichkeit zugrunde gelegt wurde.
Die von den Einwendern geäußerte Kritik an der Zusammenfassung von
Brutvogel aufgrund übereinstimmender ökologischer Lebensraum-
Ansprüche ist ebenfalls nicht gerechtfertigt. Dies ist auch nach dem Leitfa-
den für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen für euryöke / ubiquitäre
Arten grundsätzlich möglich, da diese Arten aufgrund Ihrer Lebensrauman-
sprüche andere Standorte zu besiedeln oder auf diese auszuweichen und
damit im Regelfall die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang
weiterhin erfüllt wird bzw. der Erhaltungszustand der lokalen Population
weiterhin gewahrt wird. Weniger häufige Arten oder dauerhaft geschützte
Lebensstätten wurden im Fachbeitrag Artenschutz differenziert betrachtet.
Bei den europäischen Vogelarten werden die artenschutzrechtlichen Verbo-
te des § 44 Abs. 1 BNatSchG durch das Vorhaben, entgegen der Auffassung
der Einwender nicht tangiert.
Bei den Hecken- und Gehölzbrütern werden durch die Baumaßnahme zwar
Bruthabitate verloren gehen und es kommt zu Beeinträchtigungen durch
die Bauarbeiten. Die ökologischen Funktionen der beeinträchtigten Lebens-
räume werden im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt und der Er-
haltungszustand der betroffenen lokalen Populationen verschlechtert sich
nicht, da im Bereich der Gehölze entlang des Mainufers und der L 3309 und
weitere Gehölzhabitate im Bereich des Kraftwerkgeländes sowie Streuobst-
wiesen, Grünland- und Brachflächen als Rückzugsflächen vorhanden sind.
Außerdem werden durch die im landschaftspflegerischen Begleitplan vor-
gesehenen Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen MF 1 „Rodungs-
arbeiten außerhalb der Brut- und Vegetationszeit“ Störungen vermieden
und durch die geplante Ausgleichsmaßnahme A1 „Pflanzung von Hecken
aus Bäumen und Sträuchern“ werden neue Bruthabitate geschaffen. Die
dauerhaft geschützten Lebensstätten, wie die Standorte der Brutkolonien
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 206 von 321
von Saatkrähe, Graureiher und Kormoran, sind nicht von einem Verlust be-
troffen. Zwar wurde für das Gehölz auf der Fläche 5a eine Beeinträchtigung
wegen einer randständig am Kühlwasserauslaufkanal vorgesehenen Ent-
nahme von Pappeln angegeben, da der Abstand zur Saatkrähenkolonie
mehr als 100m beträgt und konfliktvermeidende Maßnahmen vorgesehen
sind, werden die artenschutzrechtlichen Verbote hierdurch ebenfalls nicht
berührt.
Der Eisvogel wird an einem potenziellen Brutplatz durch die Errichtung des
Kühlwasserauslaufkanals gestört. Da nach dem Fachbeitrag Artenschutz für
den Eisvogel Ausweichhabitate am Kraftwerksee und den angrenzenden
Habitaten wie Belüftungsteich und Mainufer sowie am Kühlwassereinlaufka-
nal zur Verfügung stehen und als CEF-Maßnahme vorgesehen ist, am Kühl-
wassereinlaufkanal eine geeignete Nistmöglichkeit anzulegen, werden die
Artenschutzrechtlichen Verbote für die Arten jedoch nicht berührt.
Mit populationsrelevanten Störungen der Zug- und Rast-/ Gastvögeln ist
ebenfalls nicht zu rechnen. Dafür spricht, dass diese trotz Bauarbeiten oder
Betrieb des Kraftwerkes nachgewiesen wurden und dass entlang des Mains
und den angrenzenden Gewässern ausreichend Rückzugsräume vorhanden
sind. Im Hinblick auf die potenzielle Gefährdung der Vögel durch die Ener-
giefreileitung ist als Minimierungsmaßnahme MF 3 „Markierung der Leiter-
seile über dem Hafenbecken“ vorgesehen+ so dass sich die verbleibenden
Risiken für die Arten nicht deutlich gegenüber dem allgemeinen Lebensrisi-
ko erhöhen.
Bei der Zauneidechse ist die von den Einwendern vorgetragene Argumen-
tation ebenfalls nicht schlüssig. Die Konflikte durch den Verlust geeigneter
Habitate an der Erdgasreduzierstation sind im Fachbeitrag Artenschutz dar-
gestellt. Da als konfliktvermeidende Maßnahme die Umsetzung und die
CEF-Maßnahmen AF 4 „Herstellung von Trittsteinbiotopen für die Zaunei-
dechse“ vorgesehen ist, können die betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhe-
stätten Ihre Funktionen im räumlichen Zusammenhang weiter erfüllen und
der Erhaltungszustand der lokalen Population wird sich nicht verschlechtern.
Die konfliktvermeidenden und CEF-Maßnahmen wurden zur Gewährleis-
tung von Trittsteinbiotopen und zur Verbesserung des Erhaltungszustands
der Population zum Teil bereits vorlaufend umgesetzt, von einer ökologi-
schen Bauleitung begleitet und mit Abschlussbericht von Eva Gros Land-
schaftsplanung „Umsiedlung der nach § 42 BNatSchG streng geschützten
Zauneidechsen“ vom 29. September 2009 dokumentiert. Insofern werden
die artenschutzrechtlichen Verbote auch bei der Zauneidechse realisiert.
Durch die im Kapitel Eingriffsregelung formulierten Nebenbestimmungen
und die artenschutzrechtlichen Nebenbestimmungen unter IV.12.2.4 soll ei-
ne rechtzeitige Durchführung der Vermeidungs-, Minimierungs- und der
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 207 von 321
CEF-Maßnahmen und dem Nachweis über die Funktionsfähigkeit der Maß-
nahmen gegenüber der Genehmigungsbehörde gewährleistet werden.
VII.3.2.4.2.4. Bewertung
Im Ergebnis wird durch das beantragte Projekt aufgrund der im Fachbeitrag
Artenschutz vorgesehenen Schutzmaßnahmen bzw. vorgezogenen Aus-
gleichsmaßnahmen sowie ergänzend durch die unter IV .12 festgesetzten
Nebenbestimmungen sichergestellt, dass Verbotstatbestände nach § 44
Abs. 1 i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG nicht erfüllt werden.
VII.3.3. Vorläufige Beurteilung nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG
Nach derzeitigem Kenntnisstand der Genehmigungsbehörde stehen der Er-
teilung einer Genehmigung für die Errichtung der weiteren Anlagenteile
und den Betrieb der gesamten Anlage derzeit keine unüberwindlichen Hin-
dernisse entgegen. Ihrer Beurteilung nach § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG hat die
Genehmigungsbehörde die in Kapitel IV bereits verbindlich festgesetzten
Nebenbestimmungen für die später zu erteilende Betriebsgenehmigung
zugrundegelegt. Wesentlich für die zu treffende Prognoseentscheidung ist
insbesondere die sich aus der im Genehmigungsantrag enthaltenen Selbst-
verpflichtung der Antragstellerin resultierende Bedingung der Einhaltung
bestimmter Jahresfrachten für Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2)
und Staub. Auf dieser Grundlage ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen, dass die Genehmigungsvoraussetzungen für die Errich-
tung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen. Nach vorläufiger Be-
urteilung werden die Betreiberpflichten sowohl im Hinblick auf die zur Vor-
sorge nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG einzuhaltenden Emissionswerte
als auch im Hinblick auf die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG einzu-
haltenden Immissionswerte eingehalten bzw. weit unterschritten werden.
Auch hinsichtlich der Einhaltung der weiteren Grundpflichten nach § 5 Abs.
1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 BImSchG und anderer öffentlich- rechtlicher Vorschrif-
ten sowie den Belangen des Arbeitsschutzes sind keine von vornherein un-
überwindlichen Hindernisse erkennbar. Die erforderliche Bewertung der er-
kennbaren Auswirkungen der gesamten Anlage nach § 22 Abs. 3 der 9.
BImSchV wird ebenfalls im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen vor-
genommen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 208 von 321
VII.3.3.1. Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren
VII.3.3.1.1. Luftreinhaltung / Immissionen
VII.3.3.1.1.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Fachgesetzlicher Bewertungsmaßstab für den Schutz der Allgemeinheit und
der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverun-
reinigungen und für die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen
durch Luftverunreinigungen sind das Bundes- Immissionsschutzgesetz
(BImSchG) mit der dreizehnten Verordnung zur Durchführung des BImSchG
(Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen – 13. BImSchV),
der neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Ver-
ordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen –
39. BImSchV) sowie die Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA
Luft) vom 24. Juli 2002 (Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bun-
des- Immissionsschutzgesetz im Sinne des § 48 BImSchG).
Die 13. BImSchV enthält insbesondere Anforderungen an die Emissions-
begrenzung und die Messung / Überwachung von Luftschadstoffen. Mit der
39. BImSchV erfolgte die Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europä-
ischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und
saubere Luft für Europa (ABI. L 152 vom 11. Juni 2008, S. 1), der Richtlinie
2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezem-
ber 2004 über Arsen, Cadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABI. L 23 vom 26. Januar 2005,
S. 3) sowie der Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für
bestimmte Luftschadstoffe (ABI. L 309 vom 27. November 2001, S. 22) in
deutsches Recht. Die 22. BImSchV und die 33. BImSchV wurden mit In-
krafttreten der 39. BImSchV aufgehoben. In der 39. BImSchV sind Anforde-
rungen an die Luftqualität bzw. an Luftqualitätsstandards, insbesondere in
Form von Immissionsgrenzwerten und Zielwerten enthalten - darunter auch
Immissionsgrenzwerte für die Feinstaubfraktion PM2,5 -, um schädliche Aus-
wirkungen von Luftschadstoffen auf die menschliche Gesundheit und die
Umwelt zu vermeiden oder zu verringern.
Die TA Luft enthält Vorschriften zur Reinhaltung der Luft, die u.a. bei der
Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und
zum Betrieb einer Anlage (§ 6 Abs. 1 BImSchG) zu beachten sind.
Eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer genehmigungs-
bedürftigen Anlage ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG nur zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die
Anlage so errichtet und betrieben wird, dass
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 209 von 321
die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen keine schädli-
chen Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbar-
schaft hervorgerufen können und
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunrei-
nigungen dieser Anlage getroffen ist.
Für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen gelten die Nrn. 4 und 5
sowie Nr. 3.1 TA Luft.
Zur Prüfung der Schutzpflicht enthält die TA Luft gemäß Nr. 4.1
Immissionswerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit, zum
Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen
und Immissionswerte zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkun-
gen durch Deposition,
Anforderungen zur Ermittlung von Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung,
Festlegungen zur Bewertung von Immissionen durch Vergleich mit
den Immissionswerten und
Anforderungen für die Durchführung der Sonderfallprüfung.
Die Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Nr. 3.1 TA Luft werden konkre-
tisiert durch
die Einhaltung der Immissionswerte gemäß Nr. 4 TA Luft
die Prüfung von Schadstoffen, für die in Nr. 4 TA Luft keine Immissi-
onswerte festgelegt sind (Nr. 4.8 TA Luft),
die Begrenzung der Emissionen gemäß Nr. 5 TA Luft und eine Ablei-
tung der Abgase, gemäß Nr. 5.5 TA Luft, so dass ein ungestörter Ab-
transport mit der freien Luftströmung möglich wird (Nr. 5.5.1 TA Luft).
In der TA Luft und der 39. BImSchV sind nicht für alle relevanten Luftschad-
stoffe Bewertungsmaßstäbe enthalten, so dass ergänzend auf allgemein an-
erkannte Bewertungs- / Beurteilungsgrundlagen (z.B. Länderausschuss für
Immissionsschutz (LAI), WHO) zurückgegriffen wird.
Gemäß Nr. 4.1 der TA Luft hat die zuständige Behörde bei der Prüfung, ob
der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigun-
gen sichergestellt ist (Nr. 3.1 Abs. 1 a)), zunächst den Umfang der Ermitt-
lungspflichten festzustellen.
Bei Schadstoffen, für die Immissionswerte in den Nrn. 4.2 bis 4.5 festgelegt
sind, soll die Bestimmung von Immissionskenngrößen,
wegen geringer Emissionsmassenströme (siehe Nr. 4.6.1.1 TA Luft),
wegen geringer Vorbelastung (siehe Nr. 4.6.2.1 TA Luft) oder
wegen einer irrelevanten Zusatzbelastung (siehe Nrn. 4.2.2 lit. a), 4.3.2
lit. a), 4.4.1 Satz 3, 4.4.3 lit. a) und 4.5.2 lit. a) TA Luft) entfallen. In die-
sen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass schädliche Um-
welteinwirkungen durch die Anlage nicht hervorgerufen werden kön-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 210 von 321
nen, es sei denn, trotz geringer Massenströme oder geringer Vorbe-
lastung liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine Sonderfallprüfung
vor, Nr. 4.1 Abs. 4 TA Luft.
VII.3.3.1.1.2. Vorbelastung
VII.3.3.1.1.2.1. Wesentliche Einwendungen
Es wird eingewandt, die Vorbelastungen seien unter Berücksichtigung von
großräumigen Besonderheiten und Besonderheiten des Standortes sowie
meteorologischer Randbedingungen wegen unzureichender Auswahl der
Messstellen sowie fehlender oder ungeeigneter Messungen bezogen auf
einzelne Schadstoff- Parameter falsch ermittelt worden. Gefordert wurde da-
rüber hinaus eine Überwachung der Immissionen in der Betriebsphase von
Block 6.
VII.3.3.1.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Für das beantragte Vorhaben waren Vorbelastungsmessungen erforderlich
und wurden Vorbelastungsmessungen durchgeführt. Die Messungen liegen
- entsprechend Nr. 4.6.3.1 TA Luft – nicht länger als 5 Jahre zurück. Die für
die Beurteilung maßgeblichen Umstände haben sich nicht wesentlich geän-
dert. Bei der Auswahl der Messpunkte müssen gemäß TA Luft, Anhang 3 Nr.
1 Abs. 3, Ergebnisse einer Rechnung für ein Raster von Aufpunkten
zugrundegelegt werden. Hierfür wurde im Rahmen der Vorplanung für das
geplante Vorhaben Block 6 eine vorläufige Immissionsprognose vorgelegt.
Diese Ausbreitungsrechnung berücksichtigt Immissionen des Gesamtkraft-
kraftwerks (Blöcke 4, 5 und 6) unter Berücksichtigung der Daten des Jahres
2001, die der DWD als repräsentativ in Bezug auf die meteorologischen Da-
ten bezeichnet hat, der Jahresganglinie der Fahrweise von Block 5 im Jahr
2005 für Block 5 und 6 (Grundlastblöcke) und von 1000 Jahresbetriebs-
stunden (im Sommer) für Block 4 (Spitzenlastblock). Dieser Jahresverlauf der
Lastfälle wird auch in der Immissionsprognose des Antrags bei der Berech-
nung der vorhabensbezogenen Zusatzbelastungen berücksichtigt. Die für
die vorläufige Ausbreitungsrechnung zugrundegelegten Emissionskonzent-
rationen für SO2 (200 mg/m³), NOx (160 mg/m³) und Staub (20 mg/m³) lie-
gen wesentlich höher als die beantragten und die in der Ausbreitungsrech-
nung des Antrags zugrunde gelegten Konzentrationen (konservativer An-
satz bei der Berechnung der Zusatzbelastungen bzw. Festlegung der Beur-
teilungs-/ Aufpunkte). Neben den nach TA Luft erforderlichen Messpunkten
(MP 1/ Hanau, 2/ Rodenbach und 6/Hainburg) wurden auf freiwilliger Basis
der Vorhabensträgerin zusätzliche Messpunkte festgelegt. Bei der Festle-
gung, Ausführung der Messpunkte und Durchführung der Messungen wur-
den die Anforderungen der TA Luft, Nr. 4.6.2.3 bis 4.6.2.10, eingehalten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 211 von 321
Hinsichtlich B(a)P wurden bei Emissionsmessungen im Kraftwerk Heyden
und im Block 5 des Kraftwerks Staudinger eine B(a)P-Konzentration im Be-
reich zwischen 0,0004 und 0,2 µg/m³ ermittelt. Bei einem trockenen Rauch-
gasvolumen im Normzustand von 3171500 m3/h für Block 6 ergibt sich eine
Fracht von maximal 0,0006 kg/h. Diese Emissionsfracht unterschreitet den in
Ziffer 4.6.1.1 der TA Luft genannten Bagatellmassenstrom, so dass für die-
sen Parameter die Immissionskenngrößen nach TA Luft nicht zu ermitteln
sind. Auch nach Literaturangaben führt dieser Parameter nicht zu relevanten
Emissionen bei Großfeuerungsanlagen, die Kohle verfeuern. Für die
Schwermetalle als Staubinhaltsstoffe wurden im Rahmen der Vorbelas-
tungsmessungen Monatsmittelwerte (Ausnahme: Quecksilber; hierfür wur-
den pro Woche an drei Messstationen – MP 1, 2 und 6 – Tagesmittelwerte
ermittelt) bestimmt. Für die Berechnung der Zusatzbelastungen entspre-
chen die Schwermetall-Emissionen des Rauchgases, die in die Immissions-
prognose eingegangen sind, Schwermetallanalysen der Steinkohle unter
Berücksichtigung spezifischer Transferfaktoren Brennstoff/Rauchgas. Die
Verteilung der Schwermetall-Immissionen ist gleich der ermittelten Vertei-
lung der PM10 – Staubimmissionen (Ausnahme: Quecksilber und Cadmium,
da diese Schwermetalle höhere Gasanteile aufweisen), da der Großteil der
Schwermetall-Immissionen partikelgebunden ist. Die Immissionsmaxima für
Quecksilber und Cadmium liegen nördlich außerhalb des Kraftwerksgelän-
des, während die Maxima der anderen Schwermetalle auf dem Werksge-
lände des Kraftwerkes Staudinger liegen. Messungen, die die Überschrei-
tung der Grenzwerte für Staub in Alzenau ergeben hätten, sind nicht be-
kannt. An dem Messpunkt 8 der Vorbelastungsmessungen in Alzenau wur-
den die PM10- Grenzwerte der TA Luft und 39. BImSchV sicher eingehalten.
Der Jahresmittelwert wurde mit 17 µg/m³ (Grenzwert 40 µg/m³) ermittelt. Im
Messzeitraum von 1 Jahr traten 7 Überschreitungen des Tagesmittelwertes
auf (Grenzwert maximal 35 Überschreitungen). Andere Emittenten für Fein-
staub sind z. B. der Verkehr und Kleinfeuerungsanlagen.
Das Vorbelastungsmessprogramm wurde in der Zeit von April 2007 bis Juli
2008 abschließend durchgeführt. Mit den festgelegten Messpunkten und -
Komponenten ist eine hinreichende Beurteilung der lufthygienischen Situa-
tion im Beurteilungsgebiet gegeben. Bei der Auswahl der Stoffe sind die
kraftwerkstypischen Komponenten, für die in der 13. BImSchV Emis-
sionsgrenzwerte festgelegt sind, zu berücksichtigen. Auf Grund der Ergeb-
nisse der vorläufigen Immissionsprognose wäre für die Deposition formal
nur eine Vorbelastungsuntersuchung für die Parameter Schwefeldioxid,
Thallium und Quecksilber notwendig gewesen. Die Überschreitung des
Jahres-Immissionswertes für den Parameter Stickstoffdioxid an der Hanauer
Messstation „Am Freiheitsplatz“ machte zudem Vorbelastungsuntersuchun-
gen für NO2 erforderlich. Der Immissionswert für NO2 von 40 µg/m³ nach TA
Luft wurde allerdings an der Luftmessstation des Hessischen Landesamtes
für Umwelt und Geologie (HLUG) in Hanau seit 2006 nicht mehr überschrit-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 212 von 321
ten. Ähnliches gilt für PM10, welches in 2005 an dieser Station mehr als 15
Überschreitungen des Tagesmittelwertes von 50 µg/m³ aufwies (Nr. 4.6.2.1
TA Luft). Schwefeldioxid hat in Deutschland lufthygienisch mittlerweile eine
geringe Relevanz, da sich die Luftsituation diesbezüglich in den letzten 20
Jahren deutlich verbessert hat. Die SO2- Immissionskonzentrationen in
Deutschland liegen fast flächendeckend weit unterhalb der Immissionswerte
der TA Luft. So liegt das Jahresmittel aus 2005 für Schwefeldioxid an der
Hanauer Messstation mit 5 µg/m³ bei 10 % des Langzeit-Immissionswertes
der TA Luft, auch zukünftig ist eine Überschreitung des SO2- Immissionswer-
tes durch die SO2- Zusatzbelastung aus den Kraftwerksblöcken mit Sicher-
heit auszuschließen. Aus diesem Grund wurde auf die Ermittlung von
Schwefeldioxid verzichtet. Die im nachfolgenden aufgeführten Messkom-
ponenten wurden ausgewählt, um Informationen zur Vorbelastung dieser
Komponenten zu erheben, denen nach Einschätzung der Beteiligten im Ge-
nehmigungsverfahren eine besondere Bedeutung zukommen könnte, auch
wenn dieses im Einzelnen weder formal noch unter lufthygienischen Ge-
sichtspunkten notwendig gewesen wäre. Folgende Komponenten wurden
zur Untersuchung festgelegt: Staubniederschlag (Deposition), Metalle der
13. BImSchV in der Deposition (As, Cd, Cr, Co, Cu, Hg, Mn, Ni, Pb, Sb, Sn, Tl,
V), Feinstaub (PM10), Metalle der 13. BImSchV im Feinstaub (As, Cd, Cr, Co,
Cu, Mn, Ni, Pb, Sb, Sn, Tl, V), Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid
(NO2), Quecksilber (Hg) in der Außenluft, Dioxine und Furane (PCDD / F)
sowie dioxinähnliche PCB in der Außenluft sowie in der Deposition. Die
oben genannten Komponenten wurden vollständig an den Beurteilungs-
punkten 1 und 2 ermittelt, da hier die höchste Gesamtbelastung erwartet
wird. An den Messstellen 4 und 5 (im Nahbereich des Kraftwerkes) wurden
die vom Kraftwerk ausgehenden diffusen Emissionen (Kohleumschlag etc.)
erfasst. Erfasst wurden am Punkt 4 „Großauheim“ die Parameter Feinstaub
PM10, Staubniederschlag, die Schwermetallgehalte im Feinstaub und der
Deposition sowie Stickstoffdioxid; am Messpunkt 5 „Aussiedlerhof“ lediglich
der Staubniederschlag, sowie die Schwermetallgehalte in der Deposition.
Der Messumfang an der Hintergrundmessstelle „Hörstein“ (Messpunkt Nr. 3)
wurde ebenfalls reduziert. Aufgrund der lufthygienischen Bedeutung sind
hier die wichtigen Parameter Feinstaub (einschließlich eingebundene Metal-
le), Staubniederschlag (einschließlich eingebundene Metalle) sowie das
überwiegend durch den Verkehr emittierte Stickstoffdioxid gemessen wor-
den. Um den Messaufwand zu reduzieren, wurde für die Untersuchung des
Parameters NO2 an den Messstellen „Hintergrund“ und „Nahbereich“ ein
passives Messverfahren eingesetzt. Dieses Verfahren wurde mit dem konti-
nuierlichen Verfahren validiert+ indem parallel am Beurteilungspunkt „Ha-
nau“ Passivsammlermessungen zur Kalibrierung durchgeführt wurden. Da-
rüber hinaus wurde auf Wunsch verschiedener Kommunen innerhalb des
Beurteilungsgebietes weitere fünf Messstellen eingerichtet und betrieben
(in Hessen: Hainburg, Großkrotzenburg, Obertshausen; in Bayern: Kahl, Al-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 213 von 321
zenau). Da eine inhomogene Struktur der Vorbelastung (stark gegliedertes
Gelände oder meteorologische Verhältnisse) nicht vorliegt, waren weitere
Beurteilungspunkte nicht notwendig. Desgleichen entfällt ein Beurteilungs-
punkt zur Überprüfung von Immissionswerten nach Nr. 4.4.1 TA Luft (Schutz
von Vegetation und Ökosystemen), da die erforderlichen Randbedingun-
gen (Beurteilungspunkt mindestens 20 km von Ballungsräumen und min-
destens 5 km von bebauten Gebieten, Straßen oder Industrieanlagen ent-
fernt) hier nicht zutreffen.
Die TA Luft beschreibt die Festlegung der Beurteilungspunkte in Nr. 4.6.2.6
wie folgt: Innerhalb des Beurteilungsgebietes sind die Beurteilungspunkte
so festzulegen, dass eine Beurteilung der Gesamtbelastung an den Punkten
mit mutmaßlich höchster relevanter Belastung für dort nicht nur vorüberge-
hend exponierte Schutzgüter auch nach Einschätzung der zuständigen Be-
hörde ermöglicht wird. Bei der Auswahl der Beurteilungspunkte sind somit
die Belastungshöhe, ihre Relevanz für die Beurteilung der Genehmigungs-
fähigkeit und die Exposition zu prüfen. Die Messpunkte stellen nicht den Ort
der maximalen Zusatzbelastung dar, sondern die Orte der zu erwartenen
Maximalgesamtbelastung. Aus diesem Grund decken sich die Beurtei-
lungspunkte nicht mit den Orten der maximalen Zusatzbelastung.
Die verwendeten Messmethoden entsprechen dem allgemein anerkannten
Stand der Technik. Bei Immissionsmessungen ist immer mit einem Ausfall
von Messwerten zu rechnen. Die häufigste Ursache ist ein Ausfall der Strom-
versorgung. Bei einem Messzeitraum von 1 Jahr können auch Geräteausfäl-
le nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ein weiterer Grund für Mess-
wertausfälle sind - gerade bei Staubniederschlagsmessungen - Beeinflus-
sung durch große Fremdkörper, wie Blätter, Manipulation durch Passanten
sowie im Winter Frostbruch. Die 39. BImSchV und TA Luft sieht für die Ver-
wendbarkeit von Messreihen eine Mindestverfügbarkeit von 75 % vor. Bei
einer Verfügbarkeit von 90% und höher können die Messwerte - ohne Hoch-
rechnung - als repräsentativ für den Messzeitraum angesehen werden. Bei
den durchgeführten Vorbelastungsmessungen liegt die Verfügbarkeit bei
allen Messkomponenten und Messpunkten über 90%.
Eine Überwachung während des Betriebs von Anlagen ist nach TA Luft nicht
vorgesehen. Hinsichtlich des Bodenmonitorings hat im Nachgang zum
Raumordnungsverfahren eine bodenkundliche Kartierung auf den für die
Vorbelastungsuntersuchungen ausgewählten und beprobten Standorten
stattgefunden. Die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen sind in der Um-
weltverträglichkeitsuntersuchung, Kapitel 6.3, dokumentiert und lagen öf-
fentlich aus. Die Immissionsmessungen zur Ermittlung der Vorbelastung
wurden ordnungsgemäß durchgeführt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 214 von 321
VII.3.3.1.1.3. Immissionsprognose
VII.3.3.1.1.3.1. Wesentliche Einwendungen
Aus Sicht der Einwender würden durch die Realisierung des Vorhabens Im-
missionen und Depositionen erhöht werden. Die Immissionen und Deposi-
tionen seien unzureichend ermittelt worden. Dies wurde wie folgt begrün-
det:
Die Emissionen aus diffusen Quellen aus Ver- und Entsorgung sowie
die Emissionen der Blöcke 4 und 5 seien nicht berücksichtigt worden.
Das verwendete Rechenprogramm für die Ausbreitungsrechnung so-
wie die Anwendung der VDI-Richtlinie 3784 seien ungeeignet.
Durchgeführte Rechnungen in der Ausbreitungsrechnung seien nicht
nachvollziehbar.
Verwandte Daten wie für die Niederschlagsintensitäten, sonstige me-
teorologische Daten, die Depositionsgeschwindkeit für Quecksilber
oder Daten für die Ermittlung der Stickstoffdeposition und Deposition
saurer Schadstoffe seien unzureichend.
Die statistischen Prognoseunsicherheiten von AUSTAL2000 seien zu
hoch.
Zunahmen in der Verkehrsbelastung seien unberücksichtigt geblie-
ben.
Die Betriebszeiten mit Ausfall der Rauchgasreinigungseinrichtungen
(Elektrofilter etc.) im nicht bestimmungsgemäßen Betrieb seien in der
Immissionsprognose nicht berücksichtigt worden.
Die Gutachten zur Säureproblematik seien unzureichend.
Umwandlungsprozesse im Rahmen der Ausbreitung der Abgase seien
unzureichend berücksichtigt worden.
Die Kurzzeitbelastung im Nahbereich (Spitzenbelastungen) sei zu hoch
und unzureichend ermittelt worden.
Zudem wurde eingewendet, dass die Selbstverpflichtung der Antrag-
stellerin (Nicht- Erhöhung der Immissionen gegenüber dem Bezugszeitraum
1996 bis 2006) im Widerspruch zu prognostizierten Zusatzbelastungen für
die Parameter NOx, SOx und Staub stehe. Weiterhin wurde eingewandt,
dass die Lage der maximalen Zusatzbelastungen nicht nachvollziehbar sei,
die Lufthygiene durch die kraftwerksbedingte Emission von Wärme ver-
schlechtert werde, wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven einzelner Städ-
te verschlechtert würden, die Umweltverträglichkeitsprüfung unzureichend
durchgeführt worden sei und die für 2010 vorgesehenen EU-Richtwerte für
Feinstaub und PM10 anzuwenden seien (dazu VII.3.3.2.4).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 215 von 321
VII.3.3.1.1.3.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Mit Immissionsprognose des Antrags und Berechnung der Gesamtbelas-
tung wurde nachgewiesen, dass die Immissionswerte der TA Luft eingehal-
ten werden. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung enthält Nebenbestim-
mungen zur Festlegung von Grenzwerten für Emissionskonzentrationen, die
in die Immissionsprognose eingegangen sind, und deren Überwachung.
Auch die über den Stand der Technik hinausgehenden, beantragten Selbst-
verpflichtungen werden überwacht. Hierfür sind ebenfalls Nebenbestim-
mungen im Bescheid festgelegt.
In der Immissionsprognose sind nur die Emissionen und Immissionen des
Vorhabens Block 6 zu prognostizieren. Die vorhandenen Emissionen der
Blöcke 1 bis 5 und des (derzeitigen) Kohlelagers sind in der gemessenen
Immissionsvorbelastung bereits enthalten.
Höhe und der Ort der Zusatzbelastungen sind das Ergebnis der Ausbrei-
tungsrechnung und im Anhang zur Immissionsprognose dargestellt. Eine
prinzipielle Nachvollziehbarkeit ist bei Kenntnis des Ausbreitungsprozesses,
der Quellhöhe und der meteorologischen Bedingungen gegeben. Die nu-
merischen Werte sind das Ergebnis eines TA Luft konformen Rechenprozes-
ses. AUSTAL2000 wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) als ein
TA Luft-Programm entwickelt und entspricht laut UBA den Forderungen der
TA Luft. Die Überhöhungsrechnungen der VDI 3784 Blatt 2 sind laut Pro-
grammbeschreibung von AUSTAL2000 in Form des Programms VDISP in
AUSTAL2000 integriert. VDISP ist ein Programm zur Berechnung der Kühl-
turmüberhöhung und wurde sowohl in das alte Gauss-Modell der TA Luft 86
als auch in das neue TA Luft-Modell AUSTAL2000 integriert. Die TA Luft for-
dert explizit das Verfahren nach VDI 3784 Blatt 2.
Das im Rechenprogramm der Immissionsprognose verwendete Grenz-
schicht- und Windfeldmodell modelliert die Zunahme der Windgeschwin-
digkeit mit der Höhe, die Winddrehung mit der Höhe, Turbulenzen durch
Gebäude und ggf. Kanalisierung durch Geländestrukturen. Der Einsatz von
Daten aus Bodenstationen entspricht der nach TA Luft vorgeschriebenen
Verfahrensweise. Aus den meteorologischen Daten der Station Kahl am
Main wurde vom Deutschen Wetterdienst (DWD) eine meteorologische
Zeitreihe (AKTerm) des Jahres 2001 für die Ausbreitungsrechnungen emp-
fohlen. Die in der Windmessstation Kahl a. Main ermittelten meteorologi-
schen Daten wurden nicht auf den Kraftwerkstandort verschoben, sondern
sind an Ort und Stelle der Messungen in die Ausbreitungsberechnungen
eingegangen. Positiv wirkt sich auf die Ausbreitungsrechnungen zudem aus,
dass sich der Messort Kahl am Main nur etwa fünf Kilometer südöstlich vom
Kraftwerkstandort befindet und damit deutlich innerhalb des Beurteilungs-
gebietes der TA Luft liegt. Diese Voraussetzungen sind nur ín wenigen Ge-
nehmigungsverfahren gegeben. Darüber hinaus bestätigt der DWD in sei-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 216 von 321
nem Schreiben vom 10. Mai 2008, dass der Anemometerstandort Kahl am
Main ausreichend hoch über Störniveau liegt, um eine Ableitung des Wind-
profils im Rahmen von Ausbreitungsrechnungen mit AUSTAL2000 zu er-
möglichen. D. h. der DWD bestätigt, dass AUSTAL2000 in der Lage ist, die
höhenabhängige Variation der Windrichtung (Rechtsdrehung mit zuneh-
mender Höhe) und der Windgeschwindigkeit (Windgeschwindigkeitserhö-
hung mit zunehmender Höhe) sachgerecht zu modellieren. Durch die Ver-
wendung eines logarithmischen Windgeschwindigkeitsprofils werden die
tatsächlichen Windgeschwindigkeitsänderungen mit der Höhe hinreichend
genau berücksichtigt.
Die Anwendbarkeit der für die Immissionsprognose gewählten Berech-
nungsmethodik wurde geprüft. TALdia ist das in AUSTAL2000 integrierte
mesoskalige diagnostische Windfeldmodell. Dieses Modell kann nach Ziffer
11 des Anhangs 3 der TA Luft eingesetzt werden, wenn die Steigung des
Geländes den Wert 1 : 5 nicht übersteigt und wesentliche Einflüsse von lo-
kalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten aus-
geschlossen werden können. Das genannte Steigungskriterium wird inner-
halb des nach Ziffer 7 des Anhangs 3 der TA Luft erforderlichen Beurtei-
lungsgebietes für den Block 6 nicht überschritten. Das Rechengebiet wurde
allerdings insbesondere nach Norden und Osten wesentlich vergrößert. In-
nerhalb dieses vergrößerten Rechengebietes liegen zwei Flächen mit Stei-
gungen größer 1 : 5 vor. Die Gesamtfläche mit Steigungen größer 1 : 5 sind
im Vergleich zur Gesamtrechenfläche sehr gering. Darüber hinaus liegen
diese Flächen so weit weg von der Emissionsquelle und auch außerhalb der
Hauptwindrichtungen, dass eine Windfeldberechnung mit TALdia fachlich
belastbare Aussagen liefert. Außerdem sieht die TA Luft in Anhang 3, Nr.
10, die Berücksichtigung des Einflusses von Bebauung auf Immissionen bei
Höhenverhältnissen von Schornstein- zu Gebäudenhöhen zwischen 1,2 und
1,7 durch den Einsatz eines diagnostischen mikroskaligen Windfeldmodells
vor. Für eine Vielzahl von Großkraftwerken liegen Höhenverhältnisse von
Quell- zu Gebäudehöhen kleiner 1,2 vor, die eine Anwendung des diagnos-
tischen mikroskaligen Windfeldmodells formal nicht zulassen. Deshalb wur-
den in Genehmigungsverfahren häufig teure und zeitaufwändige Untersu-
chungen im Windkanal durchgeführt. Aus diesen Windkanalversuchen wur-
den Verstärkungsfaktoren abgeleitet, die im Rahmen von Ausbreitungs-
rechnungen Anwendung fanden. Auch Windkanaluntersuchungen bilden
die Realität nicht genau ab. Der VGB hat im Rahmen der Forschungsberich-
te 262 und 279 („Studie zur Anwendbarkeit des Ausbreitungsmodells
AUSTAL2000 mit Windfeldmodell TALdia im Hinblick auf die Gebäudeeffek-
te bei Ableitung von Rauchgasen über Kühltürme und Schornsteine“ und
Ergänzungen) untersuchen lassen, ob eine Anwendung von TALdia für die-
sen Anlagentyp auch außerhalb des Anwendungsbereichs der TA Luft, An-
hang 3, Nr. 10, fachlich zu begründen ist. Die vorgelegten VGB-Berichte wa-
ren Gegenstand ausführlicher Diskussionen innerhalb des Länderausschus-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 217 von 321
ses für Immissionsschutz (LAI). Der LAI hat die Anwendbarkeit von TALdia
als geeignetes Verfahren zur Bestimmung der Zusatzbelastung auf der
Grundlage dieser Ergebnisse und unter Berücksichtigung bestimmter
Randbedingungen für die Modellanwendung als Alternative zu Windkanal-
untersuchungen empfohlen. Diese Randbedingungen sind im vorliegenden
Fall eingehalten. Windkanaluntersuchungen sind alternativ auch eine Mög-
lichkeit, die Zusatzbelastungen zu bestimmen, aber nicht zwingend erfor-
derlich. Mit den VGB-Berichten wird nachgewiesen, dass der Unsicherheits-
bereich der beiden Untersuchungsmethoden (AUSTAL2000/TALdia und
Windkanaluntersuchungen) in etwa gleich ist. Durch die Berücksichtigung
des Geländereliefs innerhalb des Untersuchungsgebietes in Form eines
Höhenmodells werden die morphologischen Besonderheiten des Standor-
tes und seiner Umgebung ausreichend berücksichtigt. Das in dem Modell
AUSTAL2000 integrierte Windfeldmodell TALdia variiert das Windfeld ent-
sprechend dem Geländerelief und stellt es dem anschließenden Ausbrei-
tungsmodells zur Verfügung. Inplausible AUSTAL2000- Ergebnisse im Zu-
sammenhang mit Windfeldmodellierungen in gegliedertem Gelände sind -
soweit die Anwendungsgrenzen von TALdia nicht überschritten werden -
nicht bekannt. Ergänzende Windkanaluntersuchungen sind für die Beurtei-
lung der Genehmigungsfähigkeit von Block 6 nicht erforderlich.
Die VDI-Richtlinie 3784, Blatt 1, gilt für Nasskühltürme mit Abwärmeleistun-
gen zwischen 1000 und 2500 MW und Kühlturmhöhen zwischen 80 und
170m. Die Abwärmeleistung von Block 6 ist in den Antragsunterlagen mit
max. 1116 MW (Volllastbetrieb) angegeben und damit im unteren Anwen-
dungsbereich der VDI-Richtlinie 3784, Blatt 1. Als Kühlturmhöhe ist 180 m
beantragt. Die Richtlinie kann dennoch angewendet werden, da das Aus-
breitungsverhalten der Kühltumemissionen mit zunehmender Höhe besser
ist und bestehende Kühltürme sowie der geplante Kühlturm von Block 6 am
Standort des Kraftwerkes Staudinger Bauhöhen in diesem Bereich oder ge-
ringfügig höher aufweisen. Die in dieser Richtlinie getroffenen Aussagen zu
meteorologischen Auswirkungen können auch auf Kühltürme mit einer
Höhe bis zu 200m angewandt werden (siehe Gutachten vom 4. Juli 2008
der Fa. argumet Bahmann & Schmonsees GbR: Auswirkungen des Kühl-
turmbetriebs, Neuplanung Block 6 KW Staudinger, Einfluss auf Lokalklima
und Schwadenschatten, Variantenvergleich; Ordner 19 der Antragsunterla-
gen, Rev00). Darüber hinaus ist eher das Kühlverfahren sowie die Größen-
ordnung der Wasser- Emission maßgebend hinsichtlich der Auswirkungen.
Die Mischung mit gereinigten Rauchgasen des Kessels ändert nicht die
Wasserdampfemission. Die Luftchemie in Folge der Vermischung von Was-
serdampf und Rauchgas ist in den Gutachten von Professor Möller be-
schrieben. In diesem Rahmen haben auch Messungen stattgefunden.
Wie man Ergebnissen der landesweit durchgeführten Immissionserhebun-
gen entnehmen kann, sinken die Luftbelastungen auch in Hessen. Hiervon
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 218 von 321
ausgenommen sind Bereiche mit hoher Verkehrsbelastung. Zur Begrenzung
der verkehrsbedingten Immissionen sieht der Gesetzgeber eine stufenweise
Reduzierung der Emissionen für den Kfz- und Flugverkehr vor. Vorhaben-
bedingt kommt es nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Luftschadstoff-
Immissionen.
In der Immissionsprognose ausgewiesenen Gesamtbelastung sind für alle
betrachteten Luftschadstoffe die Immissionsbeiträge der Blöcke 1 bis 3 ent-
halten, da diese bei der Vorbelastungsmessungen mit gemessen wurden.
Aus diesem Grund weist die zukünftige rechnerische Gesamtbelastung für
Immissionen höhere Werte aus. Die tatsächlichen Immissionen werden zu-
künftig um die Beiträge der alten Blöcke geringer sein. Dies gilt für alle
Schadstoffe.
Es wurde an keiner Stelle im Gutachten behauptet, dass kein Brennstoff-
NOx gebildet würde. Im entsprechenden Abschnitt des Gutachtens von
Prof. Möller wird lediglich dargelegt, wie viel vom primär gebildeten NO in-
nerhalb des Rauchgaskanals in NO2 umgewandelt werden kann. Das Er-
gebnis (maximal 10%) deckt sich mit in der Literatur vorliegenden Erkennt-
nissen. Selbstverständlich erfolgt eine Bildung von Nitrit und Nitrat in der
Rauchgasfahne und im Schwaden. Das wurde im Modell berücksichtigt und
in den verschiedenen Tabellen des Gutachtens dargestellt. Entscheidend
für die Bewertung ist, dass nur vernachlässigbar wenig in der kurzen Trans-
port- und Reaktionszeit gebildet wird.
Das Logistikkonzept ist in den Unterlagen zum Raumordnungsverfahren un-
ter Band B II, Technische Daten, beschrieben.
Der Alternativenvergleich wurde im Raumordnungsverfahren durchgeführt
und bewertet. Maßgebend im BImSchG-Verfahren sind bei der Begrenzung
der Luftschadstoffe die Emissionsbegrenzungen der 13. BImSchV, die
Selbstverpflichtungen der Antragstellerin, die über den Stand der Technik
hinausgehen, sowie die Immissionsbegrenzungen der TA Luft.
Das von der Antragstellerin abgegebene Emissionsversprechen bezieht sich
nur auf die Schadstoffe SO2, NO2 und Staub. Die Überschreitung von Irre-
levanzschwellen der TA Luft ist maßgebend für die Entscheidung, ob Vorbe-
lastungsmessungen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erfolgen
müssen, sowie bedeutsam bei Überschreitungen von Immissionswerten der
TA Luft. Erforderliche Vorbelastungsmessungen sind erfolgt - auch für Thal-
lium und Quecksilber - und die ermittelten Gesamtbelastungen unterschrei-
ten alle die Grenzwerte für Immissionen der TA Luft.
An allen Messpunkten der Vorbelastungsmessungen - auch an den Mess-
punkten 4 (Großauheim), 6 (Hainburg) und 7 in Großkrotzenburg - lag auch
die Konzentration für NO2 im Jahresmittel unter dem Jahresmittelgrenzwert
der 39. BImSchV und TA Luft. Eine Überschreitung des Grenzwertes für die
Kurzzeitbelastung (mehr als 18 Überschreitungen eines Stundenwertes von
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 219 von 321
200 µg/m³) ist auszuschließen. Grundsätzlich sind jedoch nach TA Luft pa-
rameterbezogen Überschreitungen von Kurzzeitwerten zulässig. Für die
Kurzzeitwerte (TMW und STM) wurden – wie in 4.6.3.3 TA Luft gefordert - die
jeweiligen Immissionsmaxima angegeben. Die in der 22. BImSchV - 2010
durch die 39. BImSchV ersetzt – festgelegte Alarmschwelle beträgt für den
Kurzzeitwert von NO2 400 µg/m³, für den Kurzzeitwert von SO2 500 µg/m³.
Die Überschreitung der Alarmschwelle – gemessen in drei aufeinanderfol-
genden Stunden an einem Bezugspunkt – hat keine direkten Auswirkungen
auf die Genehmigungsfähigkeit von Anlagen. Vielmehr müssen in diesen
Fällen Aktionspläne aufgestellt werden. Der im Genehmigungsantrag für
den Block 6 für die Zusatzbelastung angegebene Kurzzeitwert von 607
µg/m³ für NO2 und Kurzzeitwert von 1.184 µg/m³ für SO2 sind errechnete
statistische Grenzwerte - mit jeweils einer im Genehmigungsantrag (Immis-
sionsprognose) angegebenen sehr hohen Unsicherheit bzw. geringen Ein-
trittswahrscheinlichkeit. Diese Werte dürfen nicht für die Bestimmung der
Immissionsbelastung verwandt werden. Die Immissionsgesamtbelastung für
die Kurzzeitbelastung ergibt sich aus der gemessenen Vorbelastung und
der mit dem TA Luft konformen Modell errechneten Zusatzbelastung, die
mit der Unsicherheit, die der nach TA Luft zugelassenen Überschreitungs-
häufigkeit für den Kurzzeit- Mittelwert entspricht, ermittelt wurde. Durch den
derzeitigen Betrieb des Kraftwerkes Staudinger werden die Alarmwerte der
39. BImSchV – auch im Nahbereich des Kraftwerkes - deutlich unterschritten.
Nach den Ergebnissen der Vorbelastungsmessungen und Immissionsprog-
nose im Genehmigungsverfahren für den Block 6 bestehen auch keine An-
haltspunkte dafür, dass künftig die Alarmschwellen überschritten werden.
Aus den vorliegenden Informationen zu den Messungen der Interessens-
gemeinschaft im Nahbereich des Kraftwerkes Staudinger kann nicht ge-
schlossenen werden, in wie weit die durchgeführten Messungen zur Bewer-
tung der Grenzwerte der 39. BImSchV und TA Luft geeignet sind. Es fehlen
z. B. Angaben zur Messmethode, der Auswertung der Messdaten wie Mitte-
lungszeiten. Andererseits ergeben die auf Grundlage der TA Luft durchge-
führten Vorbelastungsmessungen auch im Nahbereich keinen Hinweis auf
eine mögliche Überschreitung von Grenzwerten der TA Luft bzw. der 39.
BImSchV. Für alle ermittelten Messkomponenten liegen die Messergebnisse
deutlich unter den Grenzwerten.
Die Darstellung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf das
Lokalklima war Gegenstand in diversen Gutachten, u. a. auch in einem vom
Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag gegebenen Gutachten. Unter-
sucht wurden hierbei zum Beispiel, ob es lokale Kaltluft- bzw. Flurwindströ-
mungen im Untersuchungsgebiet gibt, und Änderungen der lokalen Kalt-
luft- bzw. Flurwindströmungen sowie Temperaturverhältnisse durch das
Vorhaben. Berechnungen der Kaltluftflurwinde mit dem Rechenprogramm
FITNAH ergeben, dass signifikante Kaltluftabflüsse im Bereich der markan-
ten Geländestrukturen (Berghänge wie Hänge des Spessarts) nur bis zu 2
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 220 von 321
km in die vorgelagerte Ebene reichen, jedoch nicht das Umfeld des Kraft-
werkstandortes erreichen. Weiterhin weisen die großräumigen Berechnun-
gen Kanalisierungseffekte für Kaltluftströmungen nur in den Spessart-Tälern,
zwischen den Spessart-Hängen und den flachen Erhebungen des Schäfer-
berges im Bereich Michelbach- Alzenau nach. Im Umfeld des Kraftwerkes
gibt es jedoch keine Höhenunterschiede, die in der Lage wären, eine mar-
kante Strömungskanalisierung in diesem Bereich herbei zu führen. Einge-
bettet ist das Strömungsgeschehen im Umfeld des Kraftwerkes nach den
Berechnungen in eine nordwestlich gerichtete Strömung im gesamten Be-
reich der Main- Niederung westlich des Spessarts von Aschaffenburg bis
Hanau (Wind aus etwa 140 bis 170 °). Grundsätzlich können lokal wärmere
Bereiche wie Industrie- und Siedlungsgebiete für geringfügige Änderungen
der Strömungen der Flurwinde sorgen. Diese bleiben jedoch aufgrund ihrer
naturgemäß hauptsächlich bodennahen Antriebsursache auf lokale Ände-
rungen - zum Beispiel der Windrichtung unmittelbar über dem Boden – be-
schränkt (Eindrehen Richtung Wärmequelle). Aber lokale Flurwinde-Effekte,
die über das unmittelbar benachbarte Gelände des Kraftwerkes hinaus rei-
chen, wurden nicht mit FITNAH berechnet. Insgesamt kommt das von dem
Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag gegebene Gutachten somit zu
dem Ergebnis, dass das Kaltluft-Flurwindsystem im Untersuchungsgebiet
durch die zusätzliche Berücksichtigung des Blocks nicht wesentlich verän-
dert wird. Unterschiede sind lediglich im Bereich des Kraftwerkstandortes
selbst und seiner unmittelbaren Nachbarschaft erkennbar. Aus diesem
Grund wurde in dem von dem Regierungspräsidium Darmstadt in Auftrag
gegebene Gutachten zusätzlich die Hinderniswirkung in dieser kleinräumi-
gen Zone mit einem sehr viel höher auflösenden Simulationsmodell noch-
mals vertieft untersucht. Diese lokalklimatische Studie hat ergeben, dass ei-
ne für die Bewohner spürbare Veränderung der Windverhältnisse (Belüf-
tung durch Kaltluft/ Flurwinde) sowohl im Jahresmittel als auch im Einzelfall
nicht zu erwarten ist. Ebenso ist eine für Bewohner benachbarter Siedlungs-
gebiete spürbare Veränderung der Temperaturverhältnisse nicht zu erwar-
ten. Damit konnte keine Untersuchung eine weitreichende Wirkung des
Blocks auf Temperatur- und Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet
aufzeigen.
Das Auftreten von Inversionen ist in Abhängigkeit der Zeit über die Ausbrei-
tungsklasse - wie von AUSTAL2000 vorgesehen - mit in die Berechnungen
der Immissionsprognose eingeflossen. Inversionen sind durch die verwen-
deten Meteorologiedaten mit etwa 39 % der Jahresstunden mit stabilen bis
sehr stabilen Austauschverhältnissen berücksichtigt worden. Dass es darü-
ber hinaus eine noch größere Häufigkeit von Inversionen geben soll, wird
vom Deutschen Wetterdienst nicht bestätigt. Darüber hinaus muss berück-
sichtigt werden, dass bei einer Hauptemissionsquelle mit 180m Höhe sowie
eines thermischen Auftriebs der Abgasfahne eine Inversionsschichthöhe
von deutlich über 200m erst als eine Sperrschicht wirken kann.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 221 von 321
Inversionschichthöhen von unter 200m bewirken keine Anreicherung der
Emissionen aus dem Kühlturm. Nach dem vom Regierungspräsidium Dar-
mstadt in Auftrag gegeben lokalklimatischen Gutachten werden Inversions-
schichthöhen berechnet, die maximal bis zu einer Höhe von 200m über
Grund reichen können. Die Freisetzung aus hohen Quellen macht sich in
solchen Situationen bei den Immissionen in Bodenniveau nur noch sehr ge-
ring bemerkbar. Hohe Werte während sehr austauscharmer Wetterlagen
sind deshalb nicht mit der besonderen Beteiligung der örtlichen hohen
Quellen wie Kraftwerkskaminen oder Kühltürmen mit Rauchgaseinleitung
begründbar.
Das Stadtgebiet von Alzenau liegt im Rechengebiet, so dass die dort er-
rechneten Belastungen der Immissionsprognose entnommen werden kön-
nen. Mit der durchgeführten Immissionsprognose ist gezeigt worden, dass
das geplante Vorhaben geringe Immissionszusatzbelastungen verursacht.
Bei den maximalen Gesamtimmissionen werden für das Vorhaben alle gel-
tenden Beurteilungswerte unterschritten. Die anteiligen Immissionsbelas-
tungen liegen in Alzenau weit unter den maximalen Belastungen im Re-
chengebiet, die die Grundlage für die Bewertung darstellen. Eine nachteili-
ge Beeinträchtigung des Tourismus, der Solarenergienutzung und des
Weinbaus ist daher auch im Bereich der Stadt Alzenau auszuschließen.
Die Größe des Rechengebietes entspricht den Forderungen der TA Luft. In
der Ziffer 7 des Anhangs 3 der TA Luft ist definiert, wie groß das Rechenge-
biet sein muss. Demnach ist das Rechengebiet das Innere eines Kreises um
den Ort der Quelle, dessen Radius das 50 fache der Schornsteinbauhöhe
ist. Tragen mehrere Quellen zur Zusatzbelastung bei, dann besteht das Re-
chengebiet aus der Vereinigung der Rechengebiete der einzelnen Quellen.
Im vorliegenden Fall wird die horizontale Ausdehnung des Rechengebietes
von dem 250 m hohen Schornstein des Blocks 4 bestimmt. Das Rechenge-
biet wurde nach Osten (bis zu den Spessartausläufern) vergrößert. Eine da-
rüber hinaus gehende Vergrößerung des Rechengebietes ist unverhältnis-
mäßig und bringt gegenüber den vorliegenden Ergebnissen keinen Er-
kenntnisgewinn.
Die angenommenen Abgastemperaturen liegen zwischen 20 °C und 30 °C.
Daraus resultiert bei einer angenommenen Umgebungstemperatur von z. B.
15°C eine Temperaturdifferenz von 5°C bis 15°C. Eine fehlerhafte Einstel-
lung dieses Parameters in die Immissionsprognose liegt nicht vor.
Das Modell AUSTAL2000 sieht die Bestimmung der Stickstoff-Deposition
nicht direkt vor. Eine Abschätzung der trockenen Deposition lässt sich über
die berechnete Konzentration in Verbindung mit der Depositionsgeschwin-
digkeit vornehmen. Eine Modellierung der trockenen und nassen Depositi-
on (Auswaschen) wurde hier mit dem (AUSTAL2000 zugrunde liegenden)
Modell LASAT vorgenommen. In dieses Modell lässt sich eine Regenzeitrei-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 222 von 321
he einbinden. LASAT ist das Muttermodell von AUSTAL2000 und entspricht
ebenfalls den Qualitätsanforderungen der TA Luft. In den Gutachten von
Professor Möller sind darüber hinaus in Bezug auf die Versauerung detail-
lierte Ausführungen zur Luftchemie bei Kühlturmableitung zu finden. Es ist
richtig, dass die Niederschlagsintensität regional hoch variabel ist. Als Ab-
schätzung der nassen Stickstoffdeposition ist die verwendete Vorgehens-
weise jedoch hinreichend genau.
Ausbreitungsrechnungen sind nach Nr. 4.6.4.1 der TA Luft auf Basis einer
mittleren jährlichen Häufigkeitsverteilung meteorologischer Parameter oder
einer repräsentativen Jahreszeitreihe von Windrichtung, -geschwindigkeit
und Ausbreitungsklasse (Zeitreihenberechnung) sowie auf Basis des
Partikelmodells nach VDI 3945 Blatt 3 unter Berücksichtigung meteorologi-
scher Grenzschichtprofile (VDI 3783 Blatt 8) zu bilden (TA Luft, Anhang 3,
Nr. 8). Als meteorologische Daten sind nach Überprüfung der Übertragbar-
keit Daten einer geeigneten Station des Deutschen Wetterdienstes oder ei-
ner anderen entsprechend ausgerüsteten Station zu verwenden, wenn keine
geeigneten Messdaten am Standort der Anlage vorliegen. In der Qualifizier-
ten Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungszeitreihe
(AKTerm) nach TA Luft 2002 auf dem Standort Kraftwerk Staudinger in
Großkrotzenburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD) werden Messungen
empfohlen, um genauere Angaben zur möglichen Änderung des Richtungs-
feld des Windes und in seiner Geschwindigkeit durch die Orografie der
nächsten Umgebung, durch Bewuchs und durch Bebauung zu erhalten. Der
DWD bestätigt aber gleichzeitig, dass die verwendete Jahreszeitreihe der
DWD-Messstation Kahl am Main des Jahres 2001 als repräsentative Zeitrei-
he geeignet ist und in das Rechengebiet einbezogen werden soll. Dies ist
die nach TA Luft übliche Vorgehensweise. Zur Überprüfung der Übertrag-
barkeit einer Ausbreitungszeitreihe (AKTerm) nach TA Luft auf den Standort
Kraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg zieht die QPR die Windstatistiken
der Windmessstationen vom Frankfurt-Flughafen und Kahl a. Main zum Ver-
gleich heran. Nach der QPR wird die Windverteilung der Vergleichsmesssta-
tion Frankfurt-Flughafen nicht auf den Standort übertragen, weil das am
Standort dem Verlauf der Flussrichtung des Mains entsprechende Südsüd-
ostmaximum bei den Daten vom Flughafen Frankfurt fehlt. Dagegen stellt
die QPR für die Messstation Kahl a. Main fest, dass bzgl. der Richtungsstruk-
turen diese Station die Erwartungswerte am Standort erfüllt und die Zeitrei-
he einer nahe gelegenen Station durch AUSTAL2000 modelliert werden
kann, wenn im Rechengebiet Punkte mit ähnlicher Orografie vorliegen. An-
dere im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erstellte Gutachten bele-
gen, dass am Kraftwerkstandort keine besondere Orografie, die wesentlich
von der am Standort Kahl a. Main abweicht, vorliegt. Die Auswahl des Jah-
res 2001 als repräsentatives Jahr der meteorologischen Ausbreitungsbe-
dingungen in der QPR verifiziert die Stellungnahme der Fa. argumet Bah-
mann & Schmonsees GbR vom 16. März 2009 (Proj. W0202/09/06) zum
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 223 von 321
Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 13. Februar 2009 (Az.:
IV/F 43.1 539/12 Gen 38/06). Nach dieser Stellungnahme wurden für die
Station Kahl a. Main die Jahre 1994 bis 2003 und für Frankfurt-Flughafen die
Jahre 1997 bis 2006 in einer 12- teiligen Windrichtungsstatistik mit je drei
Windgeschwindigkeitsbereichen ausgewertet und das Mittel des jeweiligen
Gesamtzeitraums betrachtet. Nach der Auswertung der Häufigkeiten der
Windrichtungssektoren nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate in
Bezug auf das Mittel des 10-Jahreszeitraumes stellt der Gutachter fest, dass
die Auswahl des repräsentativen Jahres sachgerecht ausgeführt wurde.
Die Kombination einer Zeitreihe der meteorologischen Ausbreitungsbedin-
gungen mit einer Regenzeitreihe einer nahe gelegenen Station (ohne we-
sentliche Luv-/Lee-Effekte) ist eine übliche, dem Stand der Technik entspre-
chende Vorgehensweise.
In der Protokolldatei der Immissionsprognose wird die modellbedingte sta-
tistische Unsicherheit, berechnet als statistische Streuung des jeweils be-
rechneten Wertes, angegeben. Dieser Wert der relativen Unsicherheit darf
nicht direkt mit dem Kriterium der Ziffer 9 des Anhangs der TA Luft vergli-
chen werden. Der in der Protokolldatei ausgegebene Wert der statistischen
Unsicherheit, z. B. 17% für den Jahresmittelwert für NO2, bezieht sich auf
die berechnete Zusatzbelastung von hier 0,174 µg/m³. Dies entspricht einer
absoluten Unsicherheit von 0,03 µg/m³. Das in der Ziffer 9 des Anhangs der
TA Luft genannte Kriterium von 3% für die Jahreskenngröße bezieht sich auf
den entsprechenden Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³. Dieser Wert von
0,03 µg/m³ entspricht einer statistischen Unsicherheit von 0,07% bezogen
auf den Jahresgrenzwert. Damit ist das Kriterium der Ziffer 9 des Anhangs
der TA Luft erfüllt. Auch alle weiteren statistischen Unsicherheiten erfüllen
die Qualitätskriterien der TA Luft. Für die Kenngrößen der Stundenwerte
sind in der TA Luft keine Qualitätsanforderungen definiert. Auch für die ma-
ximalen Tageswerte können keine statistischen Unsicherheiten berechnet
werden, da es für diese Kenngrößen keine Immissionsgrenzwerte gibt. Ent-
sprechende Hinweise zur Berechnung der statistischen Unsicherheit sind in
der VDI-Richtlinie 3783 Blatt 13 (Qualitätssicherung in der Immissionsprog-
nose) zu finden.
Für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass sämtliche Sektionen des E-
Filters ausfallen, wird der Stillstand der Feuerung bereits nach 30 Sekunden
erreicht. Bei diesem Vorgang würde für maximal 5 Minuten eine Staubkon-
zentration von höchstens 20 mg/m³ im Reingas hinter der Rauchgasent-
schwefelungsanlage emittiert. Eine derart niedrige Staubkonzentration ist
nicht als Staubfahne sichtbar. Die bei diesem Vorgang freigesetzte Staub-
menge beträgt höchstens 5,3 kg. Von einem Ausfall des Elektrofilters gehen
daher keine schädlichen Umweltwirkungen aus. Der Betrieb mit höheren
Emissionswerten, als in Kapitel 8 Formblatt 8/1 angegeben, ist nicht bean-
tragt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 224 von 321
Die im Antrag genannten 120 Betriebsstunden pro Jahr mit erhöhten Emis-
sionskonzentrationen beziehen sich auf § 12 der 13. BImSchV (Störungen an
Abgasreinigungseinrichtungen). An- und Abfahrvorgänge sind von der 120
Stundenregelung der 13. BImSchV nicht erfasst.
Für die Depositionsgeschwindigkeit wurde der nach TA Luft für gasförmiges
Quecksilber Hg(II) vorgegebene Wert, der so auch in der entsprechenden
VDI-Richtlinie ausgewiesen ist, verwendet. Dies entspricht dem Stand der
Technik. Die Auswertung für Quecksilber ist zu 90 % als gasförmiges Hg(II)
mit der Depositionsgeschwindigkeit nach TA Luft und 10% als partikelge-
bundenes Hg(p) vorgenommen worden (vgl. Immissionsprognose Anhang
A0).
Der Bericht Flugasche-Analysen, Wessling, Beratende Ingenieure GmbH,
vom Juli 2007, wurde dem Regierungspräsidium Darmstadt mit Schreiben
vom 30. September 2009 übersandt.
Die 39. BImSchV stellt ebenso wie die 33. BImSchV (Verordnung zur Ver-
minderung von Sommersmog, Versauerung und Nähstoffeinträgen) Anfor-
derungen in Bezug auf den gebietsbezogenen Immissionsschutz, nicht in
Bezug auf den anlagen- und betriebsbezogenen Immissionsschutz. Zur
Überwachung der in diesen Verordnungen festgelegten Immissionswerte
(Immissionskonzentrationen) werden an Landesmessstellen die Immissions-
konzentrationen entsprechender Parameter gemessen. In diesem Zusam-
menhang sind in § 7 der 33. BImSchV auch Emissionsfrachthöchstmengen
für SO2, NO2, NMVOC und NH3 pro Kalenderjahr für die Bundesrepublik
festgelegt. Die Zielwerte gelten für die Zukunft (Frist 31. Dezember 2010).
Zur Überwachung dieser Frachten erstellt das Umweltbundesamt nach § 7
Abs. 3 der 33. BImSchV für diese Stoffe jährlich Emissionsinventare und
Emissionsprognosen. Die 33. und 39. BImSchV sehen Programme zur
Schadstoffreduzierung bei Überschreitung dieser Zielwerte vor. Diese Pro-
gramme werden jährlich überprüft und soweit erforderlich fortgeschrieben.
Die Verbrennungsabgase von Block 6 und den Hilfskesselanlagen werden
einer komplexen Rauchgasreinigungsanlage zugeführt. Dort werden staub-
und gasförmige Luftschadstoffe aus dem Rauchgas weitgehend entfernt, so
dass Grenzwerte der 13. BImSchV und Grenzwerte, die im Bescheid zur 1.
Teilgenehmigung festgelegt sind, auf der Emissionsseite und Grenzwerte
der TA Luft auf der Immissionsseite eingehalten werden. Weitergehende
vorhabenbezogene, emissionsbegrenzende Maßnahmen sind nicht erfor-
derlich.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 225 von 321
VII.3.3.1.1.4. Verkehrsimmissionen
VII.3.3.1.1.4.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen
Im Rahmen separater Ausbreitungsrechnungen wurde nachgewiesen, dass
die Immissionswerte der TA Luft für Stickstoffdioxid und PM10 auch unter Be-
rücksichtigung des LKW- Fahrverkehrs (derzeitiger Anlagenbetrieb bzw.
Bauphase von Block 6) deutlich unterschritten werden. Der Immissionsbei-
trag an Benzol liegt bei deutlich kleiner 3% des Immissionsgrenzwertes der
39. BImSchV.
VII.3.3.1.2. Radioaktivität
VII.3.3.1.2.1. Beurteilungsmaßstäbe / Beurteilungsgrundlagen
Im Rahmen dieses Verfahrens wurde geprüft, ob durch den Betrieb des
Kraftwerkes eine wesentliche Erhöhung der Strahlenexposition durch die
natürlichen radioaktiven Stoffe in der Kohle zu erwarten ist. Im Ergebnis ist
keine wesentliche Erhöhung zu erwarten. Die Genehmigungsvoraussetzun-
gen nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen
der Strahlenschutzverordnung sind erfüllt.
VII.3.3.1.2.1.1. Wesentliche Einwendungen
Der Gehalt der natürlichen Radioaktivität in der zu verfeuernden Steinkohle
sei im vorgelegten Gutachten der Antragstellerin als zu niedrig angenom-
men worden. Verschiedene Herkunftsorte von Kohlen seien nicht berück-
sichtigt worden, vor allem Kolumbien.
Es hätte keine Vorbelastungsmessungen gegeben. Diese wären aufgrund
der im Spessart bestehenden starken Radonvorbelastung erforderlich. Da-
durch würde diese nicht berücksichtigt. Radon wäre die zweithäufigste Ur-
sache für Lungenkrebs und ein unkalkulierbares Risiko.
Ein Zusatzgutachten zur Kohlenstoff- 14- Belastung sei erforderlich. Ferner
wird ein Sachverständigen-Gutachten zur atmosphärischen Ausbreitung von
Schwebstaub und Radon gefordert. Die in Tab. 2-1 des TÜV Gutachtens für
die Staubniederschlagsraten und Feinstaubkonzentrationen angegebenen
Werte sind nicht nachvollziehbar. Die Ermittlung der zu erwartenden Strah-
lenbelastung im Gutachten des TÜV habe zudem deswegen Defizite, da sie
auf veralteten Literaturwerten basierte.
Des Weiteren wird kritisiert, die AVV sei fehlerhaft und unvollständig umge-
setzt worden. Neben einer Berechnung, die sich genau nach den Vorgaben
der AVV richtet, sei noch eine Berechnung der direkten Ingestion von Stäu-
ben etc., insbesondere bei Kleinkindern erforderlich. Nicht nachvollziehbar
seien auch einige Werte für Staubniederschlagsraten und Feinstaubkon-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 226 von 321
zentrationen sowie bestimmte ermittelte Jahresdosen innerhalb dieses Gut-
achtens.
Das vorliegende Gutachten gebe keinen Hinweis darauf, dass durch die
verbrannte Kohle sich die Radioaktivität im Umkreis nennenswert erhöht. Es
würde Grundwasserkontaminationen durch Auslaugung von niederge-
schlagenen Stäuben geben. Die Gesundheit von Menschen würde durch
diese radioaktiven Staub- Emissionen gefährdet.
Zudem wird gefordert, die Belastung der Staubimmissionen nach der Be-
rechnungsgrundlage Bergbau, nicht aber nach der StrlSchV zu bewerten.
Die Berechnungsgrundlage Bergbau basiere auf folgenden zwei Vorschrif-
ten
VOAS (Verordnung über die Gewährleistung von Atomsicherheit und
Strahlenschutz vom 11. Oktober 1984, DDR) und
HaldAO (Anordnung zur Gewährleistung des Strahlenschutzes bei
Halden und industriellen Absetzanlagen und bei der Verwendung da-
rin abgelagerter Materialien vom 17. November 1980, DDR).
Ihre Fortgeltung begründe sich aus der Unzulänglichkeit der Strahlen-
schutzverordnung für die hier zu bewertende Deposition von radioaktiv be-
lasteten Stäuben.
VII.3.3.1.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Die in dem genannten Gutachten verwendeten Mittelwerte entstammen
ebenso wie die von den Einwendern aufgeführten Bandbreitenwerte der im
Quellenverzeichnis des Gutachtens genannten Veröffentlichung des United
Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR
1988) und wurden unverändert übernommen. Die Verwendung eines Mit-
telwertes entspricht dem Stand von Wissenschaft und Technik. Die Annah-
me, es würde nur Kohle aus Polen verbrannt, die von den beispielhaft an-
gegebenen Ländern im Mittel am höchsten belastet ist, deckt die Forderung
einer konservativen Berechnung ab.
Im Ergänzungsschreiben der Antragstellerin vom 24. Februar 2010 wurden
aktuelle Analysewerte für kolumbianische Kohle (Norte D) vorgelegt. Diese
Analysewerte unterschreiten die im Gutachten verwandten Werte der polni-
schen Kohle für U-238, Th-232 und K-40.
Nach den Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (Radonkarte
Deutschland, Datenbasis September 2003,
(http://www.bfs.de/de/ion/radon/radon_boden/bodenluft.html)
fällt der Spessart nicht durch erheblich erhöhte Radon- Bodenluftkonzentra-
tionen in Deutschland auf.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 227 von 321
Das Nuklid C-14 (Kohlenstoff 14) ist zu Recht nicht berücksichtigt worden:
Die Halbwertszeit von C-14 ist 5730 Jahre. Selbst bei Braunkohle, die we-
sentlich jünger ist als Steinkohle, dürfte der C-14-Gehalt gegen null gehen:
Mehrere hundert Halbwertszeiten sind seit Beginn der Umsetzung von
Pflanzenmaterial zu Kohle verstrichen.
Ein Sachverständigengutachten, das u. a. Schwebstaub behandelt, ist als
„Immissionsprognose Kraftwerk Staudinger Vorhaben 1100 MW Steinkoh-
leblock (Block 6)“ (Kapitel 8 in Ordner 9) bereits Bestandteil der Antragsun-
terlagen. Es ist eine der Grundlagen für die radiologische Berechnung, in
der die Ausbreitung von Radon behandelt wird.
Der Sachverhalt im Hinblick auf die Tabelle 21 des TÜV- Gutachtens trifft zu.
Ein Vergleich der Staubniederschlagswerte und Feinstaubkonzentrationen
zwischen radiologischem Gutachten und Immissionsprognose ergab, dass
die Werte aus dem radiologischen Gutachten größer sind. Somit wurde die
Berechnung konservativ durchgeführt.
Es besteht kein begründeter Anlass anzunehmen, dass neuere Analysen zu
wesentlich anderen Werten führen.
Eine exakte Berechnung nach der AVV zu § 47 wird für unverhältnismäßig
gehalten. Kohlekraftwerke fallen nicht – wie bereits erwähnt – unter den Re-
gelungsbereich der StrlSchV.
Der maximale Eintrag von Kohlestaub beträgt mit den Angaben aus dem
TÜV-Gutachten im Jahr am ungünstigsten Aufpunkt maximal 1,5 Promille
des natürlichen Gehaltes im Boden (für das Nuklid Uran-238). Somit ist der
Beitrag für den Pfad der Ingestion vernachlässigbar. Entsprechend kann die
Belastung des Trinkwassers vernachlässigt werden. Diese Einschätzung wird
durch UNSCEAR 1988 bestätigt: Auch dort wird nur die atmosphärische Be-
lastung betrachtet und die Grundwasserbelastung weitestgehend als ver-
nachlässigbar angesehen (UNSCEAR 1988, paragraph 187, S. 83).
Nach § 118 Abs. 1 StrlSchV gelten die beiden Vorschriften auf dem in Artikel
3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (nur für Brandenburg, Meck-
lenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Berlin
(Ost)) für die Sanierung von Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus fort.
Im Übrigen treten an die Stelle dieser beiden Regelungen die Bestimmun-
gen der Strahlenschutzverordnung.
Die Berechnungsgrundlage Bergbau gilt explizit für Interventionssituationen
aufgrund bergbaulicher Hinterlassenschaften in den neuen Bundesländern
(I. Teil, Abschnitt 1, Anwendungsbereich). Interventionssituation bedeutet,
dass sowohl die 'radioaktive Quelle' als auch die exponierten Personen und
die Expositionspfade schon existieren, wenn über Strahlenschutzmaßnah-
men nachgedacht wird. Die Strahlenexposition ist nur noch durch nachträg-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 228 von 321
liche Interventionen (Sanierung oder Nutzungseinschränkung) zu beeinflus-
sen
(http://www.bfs.de/de/ion/anthropg/altlasten/fachinfo/faqs/faq_anthropg.ht
ml/#2
Die Strahlenschutzverordnung befasst sich in Teil 3, Kapitel 3 (§§ 97 – 103)
mit dem Schutz der Bevölkerung bei natürlich vorkommenden radioaktiven
Stoffen. Die dort erwähnten überwachungsbedürftigen Rückstände sind in
Anlage XII, Teil A aufgeführt. In dieser Positivliste sind die Emissionen und
Verbrennungsrückstände von Kohlekraftwerken nicht enthalten.
Im Übrigen gibt es für überwachungsbedürftige Rückstände den Grenzwert
von 1 mSv/Jahr.
Nach Inbetriebnahme von Block 6 wird aufgrund des Risikos der radioakti-
ven Belastung der Bevölkerung ein Gutachten zur bestehenden und künfti-
gen Belastung gefordert. Ebenso sei die radioaktive Belastung der verwen-
deten Kohle zu überwachen, zu dokumentieren und Depositionsmessungen
durchzuführen.
Die zu erwartende Radioaktivität wurde im Gutachten des TÜV ermittelt. Für
eine Ermittlung der bestehenden radioaktiven Belastung besteht kein An-
lass: Im Raum Hanau liegen bis 2005 durch die Umgebungsüberwachung
der kerntechnischen Anlagen Werte zum Radioaktivitätsgehalt der Böden
vor. Eine kontinuierliche Erhöhung wurde nach Aussage des Hessischen
Landesamtes für Umwelt und Geologie dort nicht beobachtet.
Aufgrund der Einstellung des Betriebs der kerntechnischen Anlagen wurde
die Umgebungsüberwachung in 2005 eingestellt.
Eine Überwachung des radioaktiven Inventars der Kohle ist nicht gerechtfer-
tigt: Das Gutachten bildet realistisch die zu erwartende Situation ab.
In der mündlichen Erörterung wurde die KiKK- Studie (Kinderkrebs in der
Umgebung von Kernkraftwerken, 2007) angesprochen. Zentrale Aussage
der Studie sei, dass es aufgrund von Statistiken im Umkreis um die Standor-
te von Atomkraftwerken (AKW) ein erhöhtes Leukämierisiko für Kinder unter
fünf Jahren gibt. Wenn dies schon bei Atomkraftwerken der Fall sei, wurde
eingewendet, dann erst recht bei Kohlekraftwerken.
Nach Auffassung der Strahlenschutzkommission gibt es keine wissenschaft-
lich nachvollziehbare Ursache für die Beobachtung: Die Strahlenexposition
der AKW sei viel zu gering, um Leukämie auslösen zu können. Das Bundes-
umweltministerium sieht daher keinen Anlass, weitere Maßnahmen im
Strahlenschutz zu veranlassen. (Presseerklärung Bundesumweltministerium
9. Oktober 2008)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 229 von 321
Ein weiterer Einwand war eine Angabe aus „UNSCEAR 1998 Report to the
General Assembly“: In Einzelfällen könne die lokale Bevölkerung effektiven
Dosen von bis zu 100 µSv ausgesetzt sein.
Dieses Zitat ließ sich nicht verifizieren. Eine gleich formulierte Angabe ist in
dem UNSCEAR 2000 Report zu finden. Im Zusammenhang bezieht sich die
Angabe von in Einzelfällen erhöhten Dosen nicht explizit auf Kohlekraftwer-
ke, sondern generell auf großtechnische Anlagen. (UNSCEAR 2000, Nr. 188,
S. 111). Insgesamt wird hier die effektive Jahresdosis aus allen natürlichen
Quellen als vernachlässigbar betrachtet.
Im Raumordnungsverfahren wurde auch die Belastung für die Arbeitnehmer
durch Radioaktivität angesprochen. Diese Frage zum Komplex Arbeits-
schutz wurde auf das BImSchG-Verfahren vertagt und wird hiermit betrach-
tet:
Im Teil 3 der StrlSchV werden im Kapitel 2 Anforderungen bei terrestrischer
Strahlung an Arbeitsplätzen in den §§ 95, 96 behandelt.
Der § 95 StrlSchV verweist auf die in der Anlage XI aufgeführten Arbeitsfel-
der, bei denen erheblich erhöhte Expositionen durch natürliche Strahlungs-
quellen auftreten können und bei denen Handlungsbedarf besteht bezüg-
lich einer Abschätzung der radioaktiven Belastung. Die hier betrachteten
Arbeitsfelder sind nicht in der Anlage XI aufgelistet. Somit fallen die hier be-
trachteten Arbeitsfelder nicht unter den Regelungsbereich der Strahlen-
schutzverordnung.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass mit dem geplanten Vorhaben keine we-
sentliche Erhöhung der Strahlenexposition zu erwarten ist. Der in Anleh-
nung an § 46 StrlSchV (Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölke-
rung) und § 101 StrlSchV (Entfernung von radioaktiven Verunreinigungen
von Grundstücken) heranzuziehende Grenz- bzw. Richtwert von 1 mSv wird
bezugnehmend auf den Betrieb des Blocks um mindestens das 780- fache
unterschritten. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch ioni-
sierende Strahlung ist sichergestellt.
VII.3.3.2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen (Luftreinhaltung / Emis-
sionen) (Vorsorge gegen schädliche Umweltauswirkungen)
VII.3.3.2.1. Wesentliche Einwendungen
Eingewandt wurde im Wesentlichen, dass die Ableitung der Emissionen
über den Kühlturm von Block 6 wegen Umweltbelastungen - insbesondere
bei für die Ableitung von Rauchgasen ungünstigen Wetterverhältnissen –
unzulässig sei (dazu VII.3.3.2.2.1).
Weiterhin sei die Höhe der Emissionen über das beantragte Maß hinaus
wegen Verstoßes gegen Reduktionsziele in Bezug auf die Absicherung von
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 230 von 321
Luftqualitätsanforderungen, Überschreitung des Grenzwertes für Stickoxid
bei Ausfall der Entstickungsanlage, erforderlicher Quecksilber- Reduzierung
(Vermeidung von Mehrbelastung – dazu gesondert VII.3.3.2.3) und unzurei-
chender Selbstverpflichtung der Antragstellerin über den Stand der Technik
hinaus zu begrenzen (dazu VII.3.3.2.2.2).
Fehlerhaft, unzureichend und nicht nachvollziehbar seien zudem die Ein-
gangsdaten der Immissionsprognose sowie die vorgesehene Überwachung
der Emissionen und Umsetzung der Emissionsmessungen. „Best Verfügba-
rer Technik“ sei zur Verringerung der Emissionen auch in den Blöcken 4 und
5 umzusetzen. Die Erhöhung der für die Verbrennung vorgesehenen Koh-
lemenge führe zu mehr Emissionen, was zu vermeiden sei. Gefordert wurde
darüber hinaus eine Frachtbegrenzung für Stickoxide in der Größenord-
nung, wie sie für Stickstoffdioxid beantragt wurde, sowie ein verbesserter
Alternativenvergleich.
VII.3.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
VII.3.3.2.2.1. Ableitung der Emissionen
Die Ableitung der Rauchgase mit dem Kühlturmschwaden erfolgt in
Deutschland bereits seit Mitte der 80er Jahre, im Kraftwerk Staudinger,
Block 5 seit 1992. In diesem Zusammenhang durchgeführte Messungen und
Beobachtungen haben gezeigt, dass der Mischschwaden durch seinen gro-
ßen Massenstrom und die ausgeprägte Struktur seiner inneren Bewegung
(Wärmeinventar) in der Lage ist, wesentlich höher in der Atmosphäre aufzu-
steigen als der Rauchgasschwaden aus einem Schornstein. Der Misch-
schwaden kann vor allem höher in Inversionsschichten eindringen. Dadurch
breitet sich der Mischschwaden in größerer Höhe als eine Schornsteinemis-
sion aus. Die Rauchgasableitung über Kühltürme führt zu niedrigeren Im-
missionen als die Schornsteinlösung, wenn die Bauhöhen von Kühlturm und
Schornstein einander entsprechen. Im Nahbereich der Emissionsquellen
stellt die Kühlturmlösung für die Ableitung der Rauchgase im gesamten Be-
reich der stabilen Wetterlagen die eindeutig günstigere Lösung im Ver-
gleich mit einer Schornsteinlösung dar. Bei einer besonders austauschar-
men und deshalb kritischen Wetterlage ist es die beste Lösung im Hinblick
auf einen wirksamen Schutz der unteren Atmosphäre. Erhöhte Immissions-
belastungen im Bereich von Großauheim / Hanau können bei einer Rauch-
gasableitung des Blocks 6 über den Kühlturm ausgeschlossen werden
(Quelle: VDI- Fortschrittsbericht Reihe 15, Nr. 45 1986, Seite 5, 6, 296). Zu
Beginn des Genehmigungsverfahrens Staudinger Block 6 wurde mit Datum
6. Januar 2007 eine vergleichende Immissionsprognose zwischen der
Schornsteinableitung und der Kühlturmableitung der Rauchgase durchge-
führt. Die vergleichende Prognose kommt zu dem Ergebnis, dass hinsicht-
lich der betrachteten Luftschadstoffparameter NO2, SO2, PM10 und Staub-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 231 von 321
niederschlag die Ableitung über Kühlturm zu erheblich niedrigeren Immis-
sionen als bei Ableitung über einen Schornstein führt.
Die Modellierung der Konversion von NO und NO2 ist im Modell
AUSTAL2000 fest vorgegeben. Sie repräsentiert den Stand der Technik und
ist außerdem Konvention für die im Genehmigungsverfahren dargelegten
Betrachtungen.
VII.3.3.2.2.2. Höhe der Emissionen
Die Vorgaben der 37. BImSchV sind in die 13. und 17. BImSchV übergegan-
gen. Die Verordnungen des Bundes- Immissionsschutzgesetzes – wie die
13. BImSchV – setzen europäisches Recht in nationales Recht um. Block 6 er-
füllt Anforderungen, die über das Maß der 13. BImSchV hinausgehen. Ent-
sprechende Nebenbestimmungen zur Überwachung der Anforderungen
werden bereits im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung (zur Absicherung der
Prognoseentscheidung) festgelegt. Weitergehende anlagenbezogene An-
forderungen sind an den Block 6 zur Gewährleistung seiner Genehmigungs-
fähigkeit nicht zu stellen.
In immissionsschutzrechtlichen Verfahren sind die Stickoxidemissionen im-
mer als NO2- Werte anzugeben. Diese setzen sich aus den tatsächlichen
NO- und NO2- Anteilen zusammen und werden in der Summe als NOx be-
zeichnet. Das Emissionsversprechen beinhaltet beide Stickstoffparameter.
Dem Anhang A0-2 „Emissionsrelevante Kenndaten des Blocks 6“ der Immis-
sionsprognose sind die beantragten Emissionskonzentrationen zu entneh-
men. So ist für NH3 beispielsweise eine Emissionskonzentration von 2mg/m³
im Reingas angegeben.
VII.3.3.2.3. Quecksilberemissionen
Die in der Immissionsprognose angegebene Quecksilberkonzentration und
-fracht sind richtig wiedergegeben. Die Angaben in der Umweltverträglich-
keitsuntersuchung, Kapitel 4.4.1.2, Seite 11, sind identisch zu den Angaben
in der Immissionsprognose. Die niedrigere Emissionsbegrenzung ist bean-
tragt und als Grenzwert und dessen Überwachung im Bescheid zur 1. Teil-
genehmigung festgelegt. Die zukünftigen zulässigen Quecksilber- Emissio-
nen des Kraftwerks Staudinger in Luft und Wasser werden in der FFH- Ver-
träglichkeitsuntersuchung berücksichtigt und bewertet. Die Abscheidung
von Quecksilber aus dem Rauchgas erfolgt vornehmlich in der nassen
Rauchgasentschwefelungsanlage (REA). Dort wird oxidiertes Quecksilber
(Hgox) gut abgeschieden. Elementares Quecksilber (Hgel) kann nicht oder
nur schwer abgeschieden werden. Ziel ist also, einen möglichst hohen pro-
zentualen Anteil von oxidiertem Quecksilber im Rauchgas vor Eintritt in die
REA zu erreichen. Dazu bedient man sich der vorgeschalteten SCR- Denox-
Anlage des Kraftwerks. In der SCR- Denox- Anlage wird das im Rauchgas
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 232 von 321
enthaltene Stickoxid unter Zugabe von Ammoniak an einem Katalysator in
Stickstoff und Wasser umgewandelt. Gleichzeitig wird in einer Nebenreakti-
on elementares Quecksilber zu oxidiertem Quecksilber umgewandelt. Nach
Durchströmen des Katalysators liegt der Großteil des Quecksilbers im
Rauchgas in oxidierter Form vor und kann in der REA abgeschieden wer-
den. Das Quecksilber wird dann mit dem Abwasser aus der REA ausge-
schleust und der REA Abwasser Aufbereitungsanlage (RAA) zugeführt. Zur
Optimierung der Hg-Abscheidung wird zurzeit im bestehenden Block 5 des
Kraftwerkes Staudinger ein Langzeitversuch (über drei Jahre) zum Einsatz
eines neuen Katalysators mit dem Handelsnamen TRAC durchgeführt. Die
Verbesserung der Quecksilber- Abscheidung basiert damit zukünftig auf
speziell für die Quecksilberoxidation ausgelegten Katalysatormaterialien un-
ter Beibehaltung der gleichzeitig erforderlichen Entstickungsreaktion. Hier-
durch soll der Anteil von Hgox im Rauchgas erhöht werden. Die Quecksilber-
Emissionen von Block 6 werden kontinuierlich überwacht. Im Bescheid zur
1. Teilgenehmigung sind die beantragten Grenzwerte für Quecksilber, die
über den in der 13. BImSchV festgelegten Stand der Technik hinaus gehen,
und deren Überwachung festgelegt. Ergebnisse der Langzeitversuche in
der Entstickungsanlage von Block 5 in Bezug auf weitergehende, potentiell
realisierbare Anforderungen zur Quecksilber- Minimierung sind nicht vor-
hersehbar. Für den Fall, dass die Langzeitversuche zur Abscheidung von
Quecksilber im Rauchgas des Blocks 5 ergeben sollten, dass geringere Hg-
Emissionskonzentrationen und -frachten als beantragt künftig sicher einge-
halten werden können, legt der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung in einer
Nebenbestimmung fest, dass jeweils die Hinzufügung weiterer Auflagen mit
dem Inhalt ausdrücklich vorbehalten bleibt, dass die Festlegung von über
den Stand der Technik hinausgehenden Hg- Grenzwerten, die noch unter-
halb der beantragten Hg-Konzentrationen liegen, vorgeschrieben werden.
VII.3.3.2.4. Selbstverpflichtung / Überwachung der Selbstverpflichtung
Die Blöcke 4, 5 und 6 werden nicht das ganze Jahr über in Volllast betrie-
ben. Maßgebend sind die Selbstverpflichtungen der Antragstellerin in Be-
zug auf die Jahres-Emissionsfrachten der Blöcke 4, 5 und 6 für Staub, SO2
und NOx, die die im VGB-Gutachten angegebenen Emissionsfrachten nicht
überschreiten und deren Einhaltung überwacht wird. Die Antragstellerin
verpflichtet sich selbst, dass nach Inbetriebnahme von Block 6 und Stillle-
gung der Blöcke 1 bis 3 die Emissionen an Staub, SO2 und NO2 niedriger
als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2006 sein werden. Hierzu enthält Ta-
belle 1 auf S. 9/16 und 10/16 des Anschreibens sowie Kap. 3 Ziffer 3.1, Seite
20, der Antragsunterlagen i. V. m. der Landesplanerischen Beurteilung, 2.
Teil, III e) die Selbstverpflichtungen der Antragsstellerin in Bezug auf Mas-
senkonzentrationen für NO2 (Halbstundenmittelwert von 190 mg/m³, Ta-
gesmittelwert von 95 mg/m³), SO2 (Halbstundenmittelwert von 140 mg/m³,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 233 von 321
Tagesmittelwert von 70 mg/m³) und Staub (Halbstundenmittelwert von 20
mg/m³, Tagesmittelwert von 10 mg/m³) - jeweils bezogen auf den Bezugs-
sauerstoffgehalt im Normzustand, trocken, von 6% O2 - sowie in Bezug auf
jährliche Emissionsfrachten für SO2 (weniger als 1219 t/a), NO2 (weniger als
3554 t/a) und Staub (weniger als 221 t/a) unabhängig von der Stromproduk-
tion, die künftig etwa doppelt so groß sein wird (verschärfte Selbstverpflich-
tung). Die Selbstverpflichtung der Antragstellerin impliziert die Aussage,
dass kein Anstieg der kraftwerkseitigen Immissionen für SO2, NO2 und Staub
nach Inbetriebnahme von Block 6 gegenüber dem langjährigen Mittel der
zurückliegenden Jahre 1996 bis 2006 eintritt (vgl. Anschreiben S. 10/16 und
Kap. 3, S. 20/87).
Block 2 wurde bis 2001 betrieben. Dies hat die Vorhabensträgerin berück-
sichtigt (die Selbstverpflichtung bezieht sich explizit auf den Zeitraum 1996
bis 2006, in dem der Block 2 noch zeitweise betrieben wurde, nicht auf die
derzeitige Emissionssituation ohne Block 2). Die Festlegung solcher Grenz-
werte für Frachten ist rechtlich nicht opportun. Eine solche Selbstverpflich-
tung ist zulässig und geht über den Stand der Technik hinaus. Obwohl die
Antragstellerin als Status- Quo den Zeitraum 1996 bis 2006 und nicht einen
Zeitraum der letzten Jahre definiert, ist die Selbstverpflichtung insofern eine
strenge Maßgabe für die Vorhabensträgerin, zumal sie unabhängig von der
Stromproduktion beantragt ist.
Die Überwachung der Selbstverpflichtungen der Antragstellerin wird durch
Nebenbestimmungen im Bescheid für die 1. Teilgenehmigung sicherge-
stellt. Zudem verpflichtet sich die Antragstellerin über die Anforderungen
der 13. BImSchV hinaus zur Einhaltung geringerer Emissionsgrenzwerte für
Quecksilber (Halbstundenmittelwert von 0,025 mg/m³, Tagesmittelwert von
0,015 mg/m³; entspricht jeweils 50 % der Grenzwerte der 13. BImSchV). Für
die anderen Schwermetalle legt die 13. BImSchV für mit Kohle betriebene
Kraftwerke keine Emissionsgrenzwerte fest. Über den Stand der Technik
hinaus werden für diese Schwermetalle die Emissionskonzentrationen, die in
die Immissionsprognose eingegangen sind, als Grenzwerte und deren
Überwachung im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung festgelegt. Die Queck-
silberkonzentrationen werden wie die SO2-, NO2- und Staubkonzentratio-
nen von Block 6 kontinuierlich überwacht. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmi-
gung enthält hierzu Nebenbestimmungen.
Basis für die Berechnung der übrigen Schwermetallimmissionen sind die
Elementaranalysen eingesetzter Kraftwerkskohlen unterschiedlicher Prove-
nienzen. Die Steinkohle durchläuft einen Inkohlungsprozeß von 250 bis 300
Mio. Jahre. Die zukünftige Betriebszeit des Blocks 6 von ca. 40 Jahre wird an
der Zusammensetzung der Steinkohlen nichts ändern. Die am Block 5 be-
stimmten Transferfaktoren hinsichtlich der Abscheidung, der Einbindung in
Reststoffe als auch der Ableitung über den Luft- und Wasserpfad wurden
bei reinem Kohlebetrieb ermittelt und sind auf Block 6 anwendbar. Die im
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 234 von 321
Kapitel 7.1 „Stoffe“ aufgeführten Schwermetalle entsprechen den in der 13.
BImSchV unter § 3 Abs. 1 Nr. 3 genannten Elementen. Entscheidend ist,
dass die Überwachung der in die Immissionsprognose eingegangenen
Schwermetall-Emissionen in Nebenbestimmungen des Bescheides zur 1.
Teilgenehmigung festgelegt ist. Darüber hinaus wird der überwiegende An-
teil der in der 13. BImSchV genannten Schwermetalle – wie in der von dem
Deutsch-Französischen Institut für Umweltforschung (DFIU) und der Univer-
sität Karlsruhe zwischen 1996 und 1998 im Rahmen des Projekts „Europäi-
sches Forschungszentrum für Maßnahmen zur Luftreinhaltung“ (PEF) durch-
geführten Studie „Analyse der Schwermetallströme in Steinkohlefeuerun-
gen, Einfluss der Kohlesorte und des Lastzustandes“ und in der Stellung-
nahme des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, Ludwig-
Mond-Straße 33, 34121 Kassel, vom 5. August 2010, dargelegt - im glei-
chem Umfang wie Staub abgeschieden (Ausnahme Quecksilber – hierzu
enthält der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung, wie bereits dargelegt – ge-
sonderte Regelungen). Damit die Antragstellerin ihre Selbstverpflichtung
einhalten kann, muss Block 6 im Jahresmittel für Staub eine Konzentration
von 5 mg/m3 einhalten. Dieser Wert entspricht 50 % der Emissionskonzent-
ration, die in die Immissionsprognose eingegangen ist. Insofern stellt die
Immissionsprognose auch eine konservative Abschätzung der Zusatzbelas-
tungen für die überwiegend an partikelgebundenen Schwermetallemissio-
nen dar. Die kontinuierliche Überwachung der Selbstverpflichtungen der
Antragstellerin ist in Nebenbestimmungen des Bescheides zur 1. Teilge-
nehmigung festgelegt. Weiterhin wird sich in einer Nebenbestimmung des
Bescheides zur 1. Teilgenehmigung vorbehalten, dass - sobald ein eig-
nungsfestgestelltes Langzeitprobenahmesystem für die quasikontinuierliche
Überwachung von Schwermetallkonzentrationen auf dem Markt verfügbar
ist - dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Hessischen Landesamt
für Umwelt und Geologie (HLUG), Außenstelle Kassel, Ludwig-Mond-Straße
33, 34121 Kassel, ein Konzept für die Nachrüstung von Block 6 mit einem
solchen Langzeitprobenahmesystem zur Abstimmung vorzulegen ist und
das Regierungspräsidium Darmstadt sich nach Vorlage und Prüfung eines
solchen Konzeptes vorbehält, nachträglich zu fordern, dass Block 6 mit ei-
nem solchen System nachzurüsten ist und die Konzentrationen der Schwer-
metalle quasikontinuierlich zu überwachen sind. Diese Anforderungen ge-
hen weit über die Maßgaben der 13. BImSchV, die den Stand der Technik
festlegt und für Steinkohlekraftwerke keine Überwachung der Schwerme-
tallemissionen fordert, hinaus.
Bei ausschließlich mit Steinkohle befeuerten Kraftwerken sieht die 13.
BImSchV keine Begrenzung der Schwermetalle und B(a)P und keine mess-
technischen Anforderungen zur Überwachung dieser Emissionen vor (§ 3
Abs.2). Dennoch sind im Bescheid für die 1. Teilgenehmigung - über den
Stand der Technik hinaus – Grenzwerte für Schwermetall- und B(a)P- Emis-
sionskonzentrationen und Anforderungen bezüglich deren Überwachung
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 235 von 321
festgelegt. Ebenso regelt der Bescheid die Begrenzung und Überwachung
des Summenparameters PCDD/F gemäß den Anforderungen der 13.
BImSchV. Der Block 4 ist ein mit Erdgas befeuerter Kraftwerksblock, bei
dem die Festsetzung von Dioxin-Grenzwerten nicht erforderlich ist. Für den
Block 5 ist bereits ein Dioxin-Grenzwert gemäß der 13. BImSchV festgelegt.
Nebenbestimmungen zur Überwachung der Dioxin-Emissionen im Block 6
sind im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung festgelegt.
Die 13. BImSchV fordert auch keine Messungen der NH3- Emissionen. Der
Bescheid zur 1. Teilgenehmigung legt über den Stand der Technik hinaus
2mg/m³ – entsprechend den Eingangsdaten der Immissionsprognose - als
Grenzwert für diesen Parameter fest. Der NH3- Schlupf wird zum Einen indi-
rekt über die NH3- Konzentration in der Flugasche, zum Anderen im REA-
Abwasser überwacht. Obwohl eine kontinuierliche Messung der NH3- Emis-
sionen nach rechtlichen Vorgaben nicht erforderlich ist, regelt der Bescheid
zur 1. Teilgenehmigung, dass o.a. Grenzwert durch kontinuierliche Messun-
gen emissionsseitig überwacht wird. Mit der in 2004 vorgenommenen No-
vellierung der 13. BImSchV ist die Grenzwertfestsetzung hinsichtlich HCl
und HF entfallen, weil für Kohlekraftwerke diese Parameter keine Bedeu-
tung mehr besitzen. Dennoch regelt der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung
über den Stand der Technik hinaus die kontinuierliche Überwachung dieser
Parameter. Als Grenzwerte werden die Emissionskonzentrationen festge-
legt, die als Eingangsdaten in die Immissionsprognose eingegangen sind.
In Block 5 wird das Rauchgas auch über einen Kühlturm emittiert. Von der
Antragstellerin werden – gemessen am tatsächlichen Betrieb von Block 5 –
unterschiedliche Lastfälle in der Immissionsprognose berücksichtigt. Der in
der Immissionsprognose zugrunde gelegte zeitliche Verlauf der Lastfälle für
den Steinkohlekessel wie auch die Hilfskessel entspricht eher dem tatsäch-
lich zu erwartenden Betrieb als die Annahme eines Volllastbetriebes mit
maximaler Wärmeauskopplung. Entscheidend ist die Überwachung der in
der Immissionsprognose zugrunde gelegten Emissionen der in der
13. BImSchV festgelegten Parameter sowie die Überwachung der Selbst-
verpflichtungen der Antragstellerin – wie in Nebenbestimmung des Be-
scheides zur 1. Teilgenehmigung festgelegt. Die in Formular 8/1 genannten
Betriebszustände und zugehörenden Betriebszeiten sind identisch zu denen
in der Immissionsprognose aufgeführten. Zutreffend ist, dass beim Anfahren
des Blocks aus dem kalten Zustand und bei Lastwechseln Änderungen im
Emissionsverhalten der Anlage auftreten. Anfahrvorgänge aus dem kalten
Zustand kommen allerdings während der Reisezeit der Anlage relativ wenig
vor, z. B. nach einer Revision. In diesen Fällen wird die Anlage vor dem Ein-
satz von Kohle mit Heizöl vorgeheizt. Bei allen genannten Betriebszuständen
sind die Abluftreinigungsanlagen in Betrieb. Die Emissionen, insbesondere
die Staubemissionen, bewegen sich daher grundsätzlich im zulässigen Be-
reich. Die in den Zeitdiagrammen ohne Übergang dargestellten Lastsprün-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 236 von 321
ge erfolgen in der betrieblichen Realität gleitend. Diese gleitenden Über-
gänge lassen sich jedoch praktisch zeichnerisch nicht darstellen und in den
Eingangsdaten der Immissionsprognose nicht abbilden. Die Emissionen
werden auch bei diesen Lastwechseln kontinuierlich messend überwacht.
Im Bescheid zur 1. Teilgenehmigung ist die Art und Weise der kontinuierli-
chen Emissionsmessungen, die dem Stand der Technik entspricht, geregelt.
Bei einem Ausfall der Entstickungsanlage darf gemäß § 12 der 13. BImSchV
ein Kraftwerk während eines Jahres höchstens 120 Stunden mit den Roh-
gaskonzentrationen 600 mg/m³ betrieben werden.
Technische Alternativen wurden im Rahmen des Raumordnungsverfahrens
geprüft. Die Ergebnisse aus dem Raumordnungsverfahren hierzu werden im
BImSchG-Verfahren berücksichtigt. Geprüfte Alternativen und Ergebnisse
aus der Bewertung der Alternativen werden im Antrag, Kap. 3, S. 68/87 und
69/87, dargestellt.
Bei den Parametern NOx, SOx, Staub und Quecksilber werden Emissions-
konzentrationen beantragt, die deutlich unterhalb der Emissionsgrenzwerte
der 13. BImSchV liegen.
Die im Bescheid festgelegten Emissionsgrenzwerte sind im Anlagenbetrieb
einzuhalten (siehe Nebenbestimmungen V.3). Die Einhaltung der Emis-
sionsgrenzwerte ist durch kontinuierliche Messungen und Einzelmessungen
nachzuweisen (vgl. 13. BImSchV bzw. Nebenbestimmungen V.4).
In das Messkonzept werden zusätzlich zu den maßgebenden Parametern
der 13. BImSchV Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Ammoniak (jeweils kon-
tinuierliche Messung) sowie die Metalle gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 a) bis c) der
13. BImSchV (jeweils diskontinuierliche Messung) einbezogen.
Die Emissionsfracht an Benzo(a)pyren unterschreitet den Bagatellmassen-
strom gemäß Nr. 4.6.1.1 der TA Luft deutlich, so dass hier kein Regelungs-
bedarf im Hinblick auf die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten besteht.
Dennoch werden die Emissionen an Benzo(a)pyren in den Nebenbestim-
mungen V.3 begrenzt und überwacht. Die Parameter Ameisensäure und
Formaldehyd sind ebenfalls nicht von Emissionsrelevanz. Vorsorglich wer-
den die Parameter Ameisensäure und Formaldehyd nach Inbetriebnahme
des Blocks 6 einmalig messtechnisch überwacht (siehe Nebenbestimmung
V.4).
Die Einhaltung der Selbstverpflichtung der Antragstellerin zur Begrenzung
der Emissionsfrachten für NOx, SOx und Staub im Gesamtkraftwerksbetrieb
ist durch die Nebenbestimmungen V.6 sichergestellt.
Die eingesetzte Rauchgasreinigungstechnik ist geeignet, die Emissionswer-
te der 13. BImSchV bzw. die im Bescheid festgelegten Emissionswerte ein-
zuhalten bzw. zu unterschreiten.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 237 von 321
Zur Optimierung der Quecksilber-Abscheidung wird ein spezieller Katalysa-
tor in einem Langzeitversuch im Block 5 des Kraftwerk Staudinger einge-
setzt, dessen Wirksamkeit die Antragstellerin im Rahmen dieses Versuchs-
betriebes über 3 Jahre nachweisen will.
Bei Ausfall des E-Filters erfolgt eine Schnellabschaltung des Blocks 6 inner-
halb von 30 Sekunden, so dass auch in diesem Betriebsfall keine schädli-
chen Umwelteinwirkungen zu besorgen sind. Die Anlage verfügt über kei-
nen Bypass für die Abgasableitung.
VII.3.3.3. Gesundheitlich / toxikologische Auswirkungen auf den Menschen
VII.3.3.3.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Zur Bewertung von Luftschadstoffen liegen Bewertungsmaßstäbe mit der
TA Luft, der 39. BImSchV sowie sonstigen anerkannten Beurteilungswerten
(u.a. LAI) vor. Zur Beurteilung der Immissionssituation / -beiträge krebser-
zeugender Stoffe (Arsen, Cadmium, Chrom, Nickel, Benzo(a)pyren, Dioxine
/ Furane) wird der Bericht des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI)
„Bewertung von Schadstoffen+ für die keine Immissionswerte festgelegt
sind“ (September 2004) zugrunde gelegt.
Grundlage für die Bewertung der Keimbelastung ist der Gesamtkeimgehalt
im Abluftschwaden bzw. im Betriebswasser. Bezugnehmend auf die VDI
4250 Blatt 1 (2009, Entwurf) ist in Hinsicht auf die umweltmedizinische Be-
wertung von Bioaerosolen eine Ableitung von wirkungsbezogenen Grenz-
und Schwellenwerten auf der Basis von Erkenntnissen aus toxikologischen
und umweltepidemiologischen Untersuchungen nicht möglich.
Die Bewertung der Keime im Abluftschwaden kann unter Bezugnahme auf
die Keimbelastung unbelasteter Außenluft erfolgen.
VII.3.3.3.2. Wesentliche Einwendungen
VII.3.3.3.2.1. Legionellen
Es wird eingewandt, dass durch den Betrieb des geplanten Kühlturms hohe
Emissionen an Keimen und Legionellen die Gesundheit der Bevölkerung
beeinträchtigen könnten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen werden auch
durch die Bildung von Bakterien und deren Freisetzung sowie durch die
Freisetzung von Bioziden befürchtet.
Es lägen zwar bislang keine Publikationen über Epidemien aus Kühlanlagen
von Kraftwerken vor, jedoch gäbe es Warnungen der staatlichen französi-
schen Aufsichtsbehörde vor hohen Legionellen- Konzentrationen in Kühl-
türmen von Kraftwerken. Auch die Kommission der Europäischen Union ge-
he davon aus+ dass viele Kühltürme („cooling towers“) mit einer hohen Zahl
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 238 von 321
an Legionellen verseucht seien. Für die in der Nähe wohnenden Menschen
könnten die über den entweichenden Wasserdampf aus ihren Brutstätten im
Kühlturm gelangenden Legionellen ein unmittelbares Gesundheitsrisiko
darstellen. Studien im schottischen Glasgow würden belegen, dass die im
Umkreis von 0,5 km eines jeden Kühlturms lebende Bevölkerung im Ver-
gleich zur Bevölkerung in 1 km Entfernung ein mehr als dreifach höheres Ri-
siko habe, an einer Legionellose zu erkranken.
Der Nachweis, dass die Bevölkerung der Region im Umfeld des Kraftwerk-
standortes Staudinger in ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden durch
den Bau des Blocks gefährdet würden, wäre nicht erbracht worden.
Die Gesamtheit aller Belastungen der Luft durch den Ausstoß luftfremder
Emissionen aus Flugabgasen, Industrieansiedlungen, Verkehr sei nicht ge-
meinsam betrachtet worden.
Die Planung des neuen Kraftwerks würde das Grundrecht auf Gesundheit
und körperliche Unversehrtheit beeinträchtigen, denn die Gesamtimmissio-
nen des Kohlekraftwerkes würden mit schädlichen Verunreinigungen der
Luft, des Wassers und des Bodens sowie mit erheblichen Lärmbelastungen
verbunden sein. Im Rahmen des Verfahrens wären umfangreiche medizini-
sche Untersuchungen der Vor- und Zusatzbelastungen auf die Gesundheit
der Anwohner des Kraftwerks durchzuführen gewesen.
Es wurde eingewandt, dass die Auswirkungen der Gesamtimmissionen der
Kraftwerksänderungsplanung auf den Gesundheitszustand eines 75 kg
schweren Mannes betrachtet würden. Die Bevölkerung bestünde jedoch
auch aus leichteren Frauen, empfindlicheren älteren Menschen und Kin-
dern. Die Bewertung der Gesundheitsgefahren und Schadstoffbelastung
der im Block 6 zu verbrennenden Stoffe (radioaktive Kohle, Petrolkoks,
Tiermehl und Klärschlamm) auf Basis des Körpergewichts eines Kleinkindes
wäre daher notwendig. Spitzenbelastungen wären nicht in den Bewer-
tungsmaßstab einbezogen.
Die Einwender argumentierten, dass eine "objektive" umweltmedizinische
Bewertung der Folgeerkrankungen fehlen würde, die durch die Multiplika-
tionswirkung der Schadstoffe schon jetzt die Menschen erkranken ließe. Es
fehle eine interdisziplinäre Bewertung der ansteigenden Krankenzahlen in
der Umgebung um das Kraftwerk Staudinger.
VII.3.3.3.2.2. Stäube, Feinstäube, Aerosole
Es wird befürchtet, dass durch die Bodenberührung der Kühlturmschwaden
(bei sehr hohen Windgeschwindigkeiten) ein Einatmen / Inhalation des
Schwadens und damit seiner luftfremden Inhaltsstoffe möglich sei.
Es wurde vorgetragen, die Feinstaubwerte seien im Dezember 2007 bei
Messungen über mehrere Tage hinweg so hoch gewesen, dass eine erheb-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 239 von 321
liche Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung im Raum Hanau / Aschaf-
fenburg bestanden habe. An der Messstelle Kahl sei die höchste Feinstaub-
konzentration ermittelt worden.
Feinstaub verkürze die Lebenserwartung der Anwohner des bestehenden
Kraftwerkes Staudinger und dies würde durch den Block 6 noch verschärft.
Trotzdem würde diesem Risiko in den Unterlagen zum Vorhaben nicht die
ihm zukommende Beachtung bei der Gefahrenabwehr geschenkt. Die
Staubemission durch Auswehungen aus dem Umschlag der Kohle führt trotz
teilweiser Einhausung des Kohlebunkers zu erheblichen Gesundheitsgefah-
ren für die Anwohner. Das Problem der Feinstäube, speziell der kontami-
nierten, blieb unberücksichtigt.
Auch wenn das Humantoxikologische Gutachten zu dem Ergebnis kommt,
dass es sich dabei um Belastungen handelt, wie sie "üblicherweise in städti-
schen Gebieten in Deutschland anzutreffen sind", wird darauf hingewiesen,
dass aus präventivmedizinischer Sicht dafür Sorge getragen werden sollte,
dass die aus dem Hausbrand und Verkehr stammende PM10- und PM2,5-
Vorbelastung reduziert. Es wird befürchtet, dass die Bürger im Umkreis des
Kraftwerkes ihre Hausheizungen drosseln und den Verkehr reduzieren
müssten, damit die zusätzlichen Belastungen des Blocks kompensiert wür-
den.
Säuglinge und Kleinkinder nähmen Umweltgifte wie zum Beispiel Feinstäu-
be oral auf. Die Auswirkungen wären nicht annähernd bekannt und es lägen
noch keine Langzeitstudien über mögliche Gefährdungen vor.
VII.3.3.3.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
In dem Gutachten „Mikrobiologisch-hygienische Auswirkungen durch den
Betrieb des geplanten Naturzug- Nasskühlturmes von Block 6 im Kraftwerk
Staudinger+ Großkrotzenburg (Rev.01)“ vom 15. Mai 2009 wurden ausführ-
lich die mikrobiologisch- hygienischen Auswirkungen durch den Betrieb des
Naturzug- Nasskühlturms von Block 6 im Kraftwerk Staudinger Großkrot-
zenburg beschrieben.
Das Gutachten stellt fest, dass keine relevanten mikrobiologischen Emissio-
nen über den Schwaden freigesetzt werden und nachhaltige gesundheitli-
che Auswirkungen nicht zu erwarten sind (siehe Seiten 22 und 23 von 24 im
Gutachten).
Die Antragstellerin hat sowohl in vorliegenden Genehmigungsunterlagen
und im oben genannten Gutachten (Bestandteil der Genehmigungsunterla-
gen) darauf hingewiesen, dass im Kühlwassersystem des Kühlturms Block 6
der Einsatz von Bioziden und anderen möglichen Hilfsstoffen zur Aufberei-
tung des Kühlwassers nicht vorgesehen sind, die Antragstellerin hat dies
nicht beantragt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 240 von 321
Die Bildung von Biofilmen (mit Keimvermehrung) in den Kühlwasserleitun-
gen ist nicht zu befürchten und wird durch spezifische Reinigungsmethoden
mit Schaumstoffkugeln schon aus thermodynamischen Gründen verhindert.
Es sind bislang keine Publikation über Epidemien aus derartigen Kühlanla-
gen, Naturzugnasskühltürmen, von Kraftwerken bekannt. Die Kühltechnik
mittels Naturzugnasskühltürmen ist nicht zu verwechseln mit den Emissio-
nen aus kleinen Rückkühlanlagen (zum Beispiel Glasgow), die in Publikatio-
nen missverständlich als „cooling towers“ bezeichnet werden (Seite 16 von
24 im Gutachten). Ebenso viele Fehlinterpretationen hat ein Bericht der
„Agence Française de Securité Sanitaire de l’Environnement et du Travail“
(AFSSET) vom 21. Juni 2006 ausgelöst. Aufgrund dieses Berichtes stellte die
Europaabgeordnete Frau Hiltrud Breyer Fragen an die EU- Kommission und
erhielt am 21. September 2006 die Antwort P-3694/06 De von Herrn
Kyprianou im Namen der Kommission. Auf die kleine Anfrage der Abge-
ordneten N. Maisch, C. Behm, H.-J. Fell und weiteren Abgeordneten und
der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN wurde in der Drucksache 16/7689
vom 8. Januar 2008 aus dem Deutschen Bundestag geantwortet.
Wie aus der Drucksache ersichtlich, wurde weder durch die Experten in der
EU- Kommission, noch im Deutschen Bundestag die Besorgnis geteilt, dass
Gesundheitsgefahren durch Legionellen in der Nähe von Kraftwerks- Kühl-
türmen (Naturzugnasskühltürmen) bestünden.
In den Jahren 2007 und 2008 fand ein umfangreiches Messprogramm statt,
das im Anhang des o.g. Gutachtens dokumentiert ist. Diese Messungen zei-
gen, dass keine bzw. (in Einzelfällen) irrelevante Mengen an Legionella
pneumophilia im Kühlwasserkreislauf des Blocks 5 vorhanden sind. Somit
kann eine Gefährdung durch den Austrag von Legionellen auch aus dem
Naturzug- Nasskühlturm des Blocks 6 ausgeschlossen werden.
VII.3.3.3.3.1. Immissionssituation / -beiträge Luftschadstoffe / Humantoxikologie
Bereits im Raumordnungsverfahren wurde eine umweltmedizinisch-
humantoxikologische Bewertung der Immissionssituation in der Umgebung
des Kraftwerks unter Einbezug der Erweiterungsplanung in Form eines
Fachgutachtens (GUK, 2008, Anlage 22-4) vorgelegt. In die Bewertung wur-
den alle betrachtungsrelevanten Schadstoffparameter (cancerogene und
nicht cancerogene Parameter) einbezogen.
Im Ergebnis der gutachtlichen Bewertung sind keine gesundheitlichen Be-
einträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerkes Staudinger
wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorhaben anzunehmen (GUK,
2008).
Die Zusatzbelastungen liegen bis auf wenige Ausnahmen (Quecksilber und
Dioxin-/Furandeposition; s. Kapitel I. 2.4.1.2) unterhalb der Irrelevanz-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 241 von 321
schwellen der TA Luft, sie sind damit praktisch nicht nachweisbar und daher
als vernachlässigbar einzustufen.
Die Gesamtbelastungen an allen Messpunkten liegen für alle bewerteten
Substanzen (einschließlich Quecksilber und Dioxin-/Furandeposition) deut-
lich unterhalb der jeweiligen Beurteilungswerte. Eine nachteilige Wirkung
auf die Gesundheit der Bevölkerung durch sie kann ausgeschlossen werden
(GUK, 2008).
Die umweltmedizinisch-humantoxikologische Einzelstoffbewertung stellt
sich zusammenfassend wie folgt dar (GUK, 2008 und ergänzende Stellung-
nahme vom 16. Juli 2010) (vgl. im Weiteren Zusammenfassende Darstel-
lung, Kapitel 4.3.1.2.2):
VII.3.3.3.3.2. Stäube
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht verändern die zusätzli-
chen PM10- bzw. PM2,5-Konzentrationen und Staubniederschläge das vor-
handene Gesundheitsrisiko der Bevölkerung praktisch nicht.
VII.3.3.3.3.3. Stickstoffdioxid (NO2)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht verändert sich das vor-
handene gesundheitliche Risiko durch die NO2-Konzentrationen praktisch
nicht.
VII.3.3.3.3.4. Schwefeldioxid (SO2)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht sind die SO2-
Immissionskonzentrationen des geplanten Vorhabens als vernachlässigbar
einzustufen.
VII.3.3.3.3.5. Antimon (Sb)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung in der PM10-Fraktion und im Staubniederschlag an Antimon als uner-
heblich zu beurteilen; der Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht
nachweisbar und damit als bedeutungslos einzustufen.
VII.3.3.3.3.6. Arsen (As)
Die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks Staudinger
durch Arsen in der PM10- Fraktion sowie im Staubniederschlag liegt im Hin-
blick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich,
der eine über das üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende
Gefährdung der Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 242 von 321
VII.3.3.3.3.7. Blei (Pb)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Blei sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag als
heutzutage üblicherweise vorkommend einzustufen, sie ist als unerheblich
zu beurteilen. Der Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht nach-
weisbar und damit für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks wohnende
Bevölkerung als vernachlässigbar einzustufen.
VII.3.3.3.3.8. Cadmium (Cd)
Die Gesamtbelastung von Cadmium ist sowohl in der PM10- Fraktion als
auch im Staubniederschlag an allen hier betrachteten Messpunkten aus
umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht als unerheblich zu beurtei-
len.
VII.3.3.3.3.9. Chrom (Cr)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung von Chrom sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag
an allen hier betrachteten Messpunkten als unerheblich zu beurteilen; der
Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch nicht nachweisbar und damit
als vernachlässigbar einzustufen.
VII.3.3.3.3.10. Cobalt (Co)
Die Gesamtbelastung im Einzugsbereich des Kraftwerks durch Cobalt in der
PM10- Fraktion sowie im Staubniederschlag liegt im Hinblick auf die vorlie-
genden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich, der eine über das
üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung der
Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt.
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Cobalt sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag
für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks wohnende Bevölkerung als
unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch
nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.
VII.3.3.3.3.11. Kupfer (Cu)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Kupfer sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag
als unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch
nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 243 von 321
VII.3.3.3.3.12. Mangan (Mn)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Mangan sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag
als unerheblich; der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks 6 ist praktisch
nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustufen.
VII.3.3.3.3.13. Nickel (Ni)
Die Gesamtbelastung durch Nickel liegt in der PM10-Fraktion sowie im
Staubniederschlag im Hinblick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten in ei-
nem Konzentrationsbereich, der eine über das üblicherweise vorhandene
(Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung der Bevölkerung mit großer Si-
cherheit ausschließt.
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Nickel sowohl in der PM10- Fraktion als auch im Staubniederschlag
für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerks Staudinger wohnende Bevöl-
kerung als üblicherweise vorkommend einzustufen.
VII.3.3.3.3.14. Quecksilber (Hg)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Zusatzbelastung
an Quecksilber im Schwebstaub (PM10) als vernachlässigbar einzustufen; die
gesundheitliche Situation wird sich durch die zusätzlichen Quecksilber-
Immissionen nicht verändern.
Die Gesamtbelastung der Quecksilberdeposition ist als üblicherweise vor-
kommend bzw. als niedrig zu bewerten, aus umweltmedizinisch-
humantoxikologischer Sicht ist sie als unerheblich einzustufen.
VII.3.3.3.3.15. Thallium (Tl)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Thallium sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staubniederschlag
als unerheblich zu beurteilen.
VII.3.3.3.3.16. Vanadium (V) / Zinn (Sn)
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Vanadium und Zinn sowohl in der PM10-Fraktion als auch im Staub-
niederschlag als unerheblich, der errechnete Immissionsbeitrag des Blocks
6 ist praktisch nicht nachweisbar und daher als vernachlässigbar einzustu-
fen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 244 von 321
VII.3.3.3.3.17. Dioxine / Furane
Die Gesamt-Immissionsbelastung im Einzugsbereich des Kraftwerks durch
PCDD/F (max. 27 fg/m³) liegt sowohl bezogen auf die sonst üblicherweise
anzutreffenden Immissionskonzentrationen als auch im Hinblick auf die vor-
liegenden Toxizitätsdaten in einem Konzentrationsbereich, der eine über
das üblicherweise vorhandene (Krebs)-Risiko hinausgehende Gefährdung
der Bevölkerung mit großer Sicherheit ausschließt. Das zusätzliche Krebsri-
siko mit 1 bis 2 Krebsfällen auf 1 Milliarde Menschen ist als sehr niedrig ein-
zustufen.
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Dioxinen und Furanen (inklusive coplanare PCB) in der PM10-
Fraktion als üblicherweise vorkommend und als unerheblich, der Immissi-
onsbeitrag des Blocks 6 ist als praktisch nicht nachweisbar und damit als
vernachlässigbar einzustufen.
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an Dioxinen / Furanen einschließlich PCB im Staubniederschlag als un-
erheblich und nicht wirkungsrelevant einzustufen.
VII.3.3.3.3.18. Benzo(a)pyren
Das durch den Immissionsbeitrag des Blocks 6 entstehende (geschätzte) zu-
sätzliche gesundheitliche Risiko für die Bevölkerung ist gering, es liegt im
Bereich der „virtually safe dose“ (Hintergrundexposition).
Im Hinblick auf die vorliegenden Toxizitätsdaten kann eine über das übli-
cherweise vorhandene (Krebs)-Risiko (übliche Hintergrundexposition) hin-
ausgehende Gefährdung der Bevölkerung durch die Gesamtbelastung an
Benzo(a)pyren mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden.
Aus umweltmedizinisch-humantoxikologischer Sicht ist die Gesamtbelas-
tung an PAH bzw. Benzo(a)pyren in der PM10-Fraktion für die anwohnende
Bevölkerung im Beurteilungsgebiet als unerheblich, der Immissionsbeitrag
des Blocks 6 ist als hinnehmbar zu beurteilen.
Zusammenfassend ist anzunehmen, dass nach den Beurteilungsmaßstäben
der 39. BImSchV, der TA Luft, des LAI und der sonstigen ergänzend heran-
gezogenen anerkannten Beurteilungswerte vom Betrieb des geplanten
Block 6 bzw. des zukünftigen Gesamtkraftwerksbetrieb (Blöcke 4-6) nach
den umweltmedizinisch-humantoxikologischen Gutachten (GUK, 2008 und
ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2010) keine gesundheitlichen Be-
einträchtigungen für die im Beurteilungsgebiet des Kraftwerkes Staudinger
wohnende Bevölkerung durch das geplante Vorhaben ausgehen.
Mit der im umweltmedizinisch-humantoxikologischen Gutachten durchge-
führten Ermittlung der Gesamtbelastung wurde faktisch eine Sonderfallprü-
fung gemäß LAI 2004 durchgeführt, so dass den diesbezüglichen Anforde-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 245 von 321
rungen des LAI Rechnung getragen ist. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei den
krebserzeugenden Stoffen die Gesamtbelastung bei allen betrachtungsre-
levanten Parametern bei kleiner 50% des jeweiligen Beurteilungsmaßstabes
liegt (s. Zusammenfassende Darstellung, Kapitel 4.3.1.2.2).
VII.3.3.3.3.19. Mikrobiologie
Zu den mikrobiologisch- hygienischen Auswirkungen des Kühlturmbetriebs
wurde ein Fachgutachten (Anlage 19-3) vorgelegt, das u.a. mikrobiologi-
sche Untersuchungen des Mainwassers (Einlauf ins Kraftwerk) und des
Kühlwassers des Blocks 5 des Kraftwerkes Staudinger berücksichtigt.
Im Ergebnis des Fachgutachtens sind bei zu erwartenden Gesamtkeimge-
halten von 1 KBE / m³ Schwaden in 180m Höhe keine nachteiligen Auswir-
kungen durch gesundheitsschädliche Agentien (Legionellen, Kühlwasser-
beimischungen) in den Kühlturmschwaden zu erwarten. Die Hintergrundbe-
lastung an Keimen in der Außenluft von ländlichen, staubarmen Gebieten
kann nach Angaben in einer Veröffentlichung des österreichischen Umwelt-
bundesamtes mit bis zu 100 KBE/m³ abgeschätzt werden.
Die Angaben und Ausführungen im Fachgutachten sind plausibel. Auch
nach Anhörungen von Experten in der EU-Kommission und im Deutschen
Bundestag werden keine Gesundheitsgefahren durch Legionellen in der
Nähe von Naturzugnasskühltürmen von Kraftwerken gesehen. Mikrobiozide
werden im Kühlwassersystem des Blocks 6 nicht eingesetzt. Im Übrigen wird
durch die Nebenbestimmungen V.9 sichergestellt, das vom Kraftwerksbe-
trieb keine Gesundheitsgefahren durch mikrobielle Belastungen ausgehen.
VII.3.3.4. Schutzgut Klima / klimaschädliche Gase
VII.3.3.4.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen
Nach den im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankerten Zielen des
Naturschutzes und der Landschaftspflege gilt gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4
BNatSchG das zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfä-
higkeit des Naturhaushaltes: „Luft und Klima durch Maßnahmen des Natur-
schutzes und der Landschaftspflege zu schützen [sind]; dies gilt insbesonde-
re für Flächen mit günstiger lufthygienischer oder klimatischer Wirkung wie
Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete oder Luftaustauschbahnen; dem
Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zuneh-
mende Nutzung erneuerbarer Energien kommt eine besondere Bedeutung
zu.“
In Anhang 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ge-
setzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV) werden unter Zif-
fer 1.1 als Orientierungshilfen für die Bewertung der Ausgleichbarkeit eines
Eingriffes in Natur und Landschaft und für die Beeinträchtigung von Funkti-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 246 von 321
onen des Naturhaushaltes u.a. der „Verlust oder erhebliche Minderung von
Klimaschutzfunktionen
durch großflächigen Verlust von frischluftproduzierenden Flächen
oder luftverbessernden Flächen (z.B. Staubfilterung, Klimaausgleich),
durch Unterbrechung oder Beseitigung örtlich bedeutsamer Luftaus-
tauschbahnen,
in Klimaschutzwald im Sinne der Waldfunktionenkartierung,
in nach Landesrecht erklärten Wäldern mit außergewöhnlicher Bedeu-
tung für das Klima+ die Luftreinhaltung oder den Wasserhaushalt“
genannt.
Nach den nationalen und internationalen Zielvorgaben wird eine Verminde-
rung der Treibhausgasemissionen (u.a. Kohlendioxid) angestrebt.
VII.3.3.4.2. Wesentliche Einwendungen
Im Wesentlichen wurde eingewandt, dass europäische und nationale Ziele
des Klimaschutzes nur einhaltbar seien, wenn Maßnahmen wie Verringe-
rung der zur Verbrennung vorgesehenen Brennstoffjahresmenge (dazu
VII.3.3.4.3.1), Einhaltung der Agenda 21, Vermeidung der Genehmigung
neuer, mit Steinkohle befeuerter Kraftwerke oder Entschädigung durch Ver-
ursacher globaler Schäden durch CO2- Emissionen (dazu VII.3.3.4.3.2) be-
rücksichtigt würden.
Weiterhin besteht nach Ansicht der Einwender eine Relevanz der Lachgas-
emissionen, fehlten Angaben der CO2- Emissionen im Formular 8.1 und sei
die Berechnung der CO2- Emissionen fehlerhaft (dazu VII.3.3.4.3.3). Zudem
verhindere die Realisierung des Vorhabens die Realisierung alternativer
Technologien mit gleichem Nutzen, aber geringerer oder fehlender CO2-
Emissionen und verursachten schon die derzeitigen Emissionen klimaschäd-
licher Gase hohe Klimaschäden und damit verbundene Klimaschadenskos-
ten sowie Terror und Gewalt in von Armut betroffenen Regionen, die nicht
durch den Bau neuer Kraftwerke gesteigert werden dürften (dazu
VII.3.3.4.3.4).
In Bezug auf das Treibhausgas- Emissionshandelsgesetz wurde eingewandt,
dass hierzu in den Antragsunterlagen Angaben fehlten (dazu VII.3.3.4.3.5).
Die Verdrängung älterer, weniger effizienterer Kohlekraftwerke bleibe ohne
eine konkrete Verpflichtungserklärung zur Stilllegung solcher Altanlagen
unbeachtlich (dazu VII.3.3.4.3.6).
Im Gutachten des Deutschen Wetterdienstes geforderte Messungen von
Wetterdaten auf dem geplanten Baugelände seien nicht durchgeführt wor-
den. Die Dauer der häufigen Inversionswetterlagen und die dann erhöhten
Schadstoffkonzentrationen in der Region seien nicht ermittelt worden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 247 von 321
Es wäre zwingend notwendig, durch ein Standortgutachten, das auch die
Häufigkeit von Inversionswetterlagen mit berücksichtigt, die tatsächlichen
Windverhältnisse in Höhe der Abluftführungen (Kamine, Kühltürme) zu er-
mitteln. Sofern sich daraus die Notwendigkeit ergäbe, die den Genehmi-
gungsunterlagen zugrunde liegenden Unterlagen zu ergänzen bzw. zu kor-
rigieren, wäre eine erneute Prüfung der raumordnerischen Auswirkungen
unter Beteiligung öffentlicher Stellen durchzuführen.
Die Antragstellerin habe es unterlassen, Messungen durchzuführen, die die
Häufigkeit von Inversionswetterlagen belegen. So würden die Dauer der
häufigen Inversionswetterlagen und die dann erhöhten Schadstoffkonzent-
rationen in der Region nicht ermittelt.
Der besonderen geographischen Lage des Frankfurter Beckens und der da-
raus resultierenden meteorologischen Situation (geringer Luftaustausch füh-
re zu einem Anstau der Schadstoffmengen) werde in den Gutachten der
Trägerin der Maßnahme in keiner Weise Rechnung getragen. Die geplante
Abgasentsorgung über riesige Kühltürme würde zu einer starken Verände-
rung des lokalen Klimas führen. Schon jetzt würden die im Frankfurter Raum
häufig auftretenden Inversionswetterlagen sauren Regen und angesäuerte
Atemluft mit sich bringen. Die vom Deutschen Wetterdienst geforderten
Messungen von Wetterdaten auf dem geplanten Baugelände seien nicht
durchgeführt worden.
Die Kaltluftflüsse nach Hainburg und Hanau seinen nicht berücksichtigt
worden. Hier sei die Erstellung eines neuen Gutachtens zu dem Einfluss des
geplanten Blocks 6 auf den Kaltlufthaushalt zu fordern. Es seien sowohl
Messungen durch Fesselballonsondierungen und Fernerkundungsverfahren
sowie Tracerexperimente vorzunehmen als auch die Auswirkungen regiona-
ler Windsysteme mit einzubeziehen.
Der Bau des neuen Kraftwerkes widerspräche dem Grundsatz der Landes-
planung: „Beim Erhalt der Freiflächen ist die Größe und Lage dieser Freiflä-
chen in Abhängigkeit vom Belastungsgrad und den geländeklimatisch be-
dingten Austauschverhältnissen zu berücksichtigen“ (8.3 LEP). Die Bebau-
ung der durch den Kohlebunker gewonnenen Freifläche durch einen 180m
hohen Kühlturm und hohe Nachbargebäude berücksichtige seine Funktion
als Freifläche zur Weiterleitung der Kaltluft in die Wohngebiete nicht und
würde die nächtlichen Kaltluftströme und die Zuführung der Frischluft in die
Wohngebiete von Hanau, Hainburg, Offenbach und Frankfurt blockieren
und eine neue Wärmeinsel für Kaltluftströme bilden. Die Feststellung dieser
Auswirkungen auf den Luftaustausch würde eine Windkanaluntersuchung
zeigen. Dieser Zustrom von Kaltluft ist insbesondere deshalb von hoher Be-
deutung, da das Rhein-Main-Gebiet durch seine geographische Lage dazu
neigt, sich tagsüber stark aufzuheizen. Eine Abkühlung in der Nacht ist des-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 248 von 321
halb von hoher Bedeutung, auch im Hinblick auf die Gesundheit der An-
wohner.
Räume für Kalt- und Frischluftentstehung gingen durch den Bau des Blocks
und seiner Nebenanlagen verloren.
Die mangelnde Berücksichtigung der Abwärme des Kühlturmes wird ge-
rügt, eine Berücksichtigung dieses Aspektes im Rahmen der zu ermittelnden
Auswirkungen des Kraftwerkes auf den Kaltlufthaushalt wird gefordert.
Das Kohlekraftwerk Block 6 gefährde die bestehenden Regenerations- und
Schutzleistungen von Klima und Luft (8.3 LEP) in der Mainaue und schädige
deren Funktion als Kalt- und Frischluftsammelgebiet und Luftleitbahn mit
besonderer Bedeutung für Klimaschutz und Luftreinhaltung (8.3 LEP). Der
Transport von frischer Luft in die Wohngebiete würde durch Schadstoffe
und eine neue Wärmeinsel Block 6 blockiert.
Die Bebauung durch einen 180m hohen Kühlturm und hohe Nachbarge-
bäude würde eine neue Wärmeinsel für Kaltluftströme bilden.
Über die Kühltürme erfolge eine Verdunstung großer Wassermengen, die
zu einer Veränderung des Wasserhaushaltes und des lokalen und regiona-
len Klimas führe.
Für die vorgesehene spezielle Kühlturmtechnik sei darzulegen, in welcher
Weise sich die dort freigesetzten Schadstoffe in die Kühlturmschwaden
vermischen würden oder in die Wassertröpfchen diffundieren. Es wären
vielfältige Auswirkungen von Kühlturmschwaden zu beobachten - lokale
Klima- und Wetterveränderungen, insbesondere Kleinklima, lokale Verände-
rungen der Niederschläge, Industrieschnee, Gewittereffekte und Verschat-
tungen. Diese Auswirkungen würden nur unzureichend untersucht und be-
trachtet.
VII.3.3.4.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
VII.3.3.4.3.1. Einsparpotentiale durch geringere Brennstoffmengen
Mit der Erhöhung des Einsatzes von Steinkohle erhöhen sich die CO2- Emis-
sionen, da die CO2- Emissionen nicht durch Maßnahmen zur Abluftreini-
gung vermindert werden. Der Betrieb des Kraftwerkes unterliegt hinsichtlich
der Emission von Treibhausgasen den Anforderungen des Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetzes (TEHG). Vor Inbetriebnahme des Blocks 6 muss
die Betreiberin im Besitz entsprechender Berechtigungen nach dem TEHG
sein.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 249 von 321
VII.3.3.4.3.2. Berechnung der Treibhausgas-Emissionen
Die Lachgasemissionen sind im Vergleich zu den CO2- Emissionen nicht re-
levant. In Formular 8.1 sind nur Luftschadstoffe aufzuführen, für die Emis-
sionsgrenzwerte existieren. Für CO2 existieren keine Emissionsgrenzwerte,
da es sich im technischen Sinne auch nicht um einen Luftschadstoff handelt.
Die CO2- Emissionsfrachten sind in Kapitel 19.1 (Angaben zur Freisetzung
von Treibhausgasemissionen - Formular 19/1) und in der Umweltverträg-
lichkeitsuntersuchung (UVU), Kap 4, Anlage 4-1 angegeben.
In Kap. 20 der Antragsunterlagen sind in der Umweltverträglichkeitsunter-
suchung (Kap.4, Anlage 4-1) die CO2- Emissionsfrachten angegeben. In der
Fußnote zu der Tabelle ist ausgeführt, dass für Steinkohle die Emis-
sionsfrachten auf Basis der eingesetzten Brennstoffmengen (2.338.000 t/a;
Hu= 24,91 MJ/kg; 58.240 TJ/a) und eines Emissionsfaktors von 93g CO2/MJ
ermittelt wurden. Daraus ergibt sich für den Brennstoff Steinkohle eine CO2-
Gesamtemission von 5.416.320 t CO2/a. Demgegenüber werden in Kapitel
19.1 (Angaben zur Freisetzung von Treibhausgasemissionen) der Antrags-
unterlagen CO2- Emissionen angegeben, die auf Basis der eingesetzten
Brennstoffmengen (2.338.000 t/a; Hu= 24,91 MJ/kg; 58.240 TJ/a) und des
Emissionsfaktors von 96g CO2/MJ ermittelt wurden. Daraus ergibt sich für
den Brennstoff Steinkohle eine CO2- Gesamtemission von 5.591.000 t
CO2/a. Nach den vom Umweltbundesamt (UBA) bzw. der Deutschen Emis-
sionshandelsstelle (DEHSt) im BGBl I Nr. 40 vom 17. August 2007 veröffent-
lichten Stoffwerten - u. a. für die Emissionsfaktoren von Vollwertkohlen un-
terschiedlicher Provenienzen - liegen die Emissionsfaktoren je nach Her-
kunftsbereich der Kohlen in einer Bandbreite von 93 bis 96g CO2/MJ. In den
Ergänzungsunterlagen der Antragstellerin vom 24. Februar 2010 sind die
für das Kraftwerk Staudinger im Jahr 2009 ermittelten Emissionsfaktoren der
tatsächlich zum Einsatz gelangten Kohlen zusammen getragen. Der Ver-
gleich mit den Werten aus der Veröffentlichung des UBA bzw. der DEHSt
verdeutlicht, dass die CO2- Emissionsfaktoren sämtlich kleiner als 96g
CO2/MJ sind. Im Sinne einer für den Klimaschutz konservativen Abschät-
zung ist der Emissionsfaktor 96g CO2/MJ neben den eingesetzten Brenn-
stoffmengen in die Berechnung der CO2- Emissionsfrachten für den Block 6
eingegangen.
VII.3.3.4.3.3. Politische Ziele
Die Antragstellerin hat im Band A der Raumordnungsunterlagen (Kap. VI)
bereits auf Grundlage von Fachgutachten (Raumordnungsverfahren: Bände
C bis E) dargelegt, dass die Umwelt- und Raumverträglichkeit des Vorha-
bens gegeben ist. Die Agenda 21 zielt auf ein Gleichgewicht zwischen sozia-
len, wirtschaftlichen und ökologischen Belangen ab. Sie hat damit keines-
wegs ausschließlich die ökologischen Belange im Fokus. Das Vorhaben ver-
sorgt die Bevölkerung sicher, kostengünstig und umweltverträglich mit
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 250 von 321
elektrischer Energie. Insofern stehen dem Vorhaben weder entsprechende
Belange der Raumordnung und Landesplanung noch die Grundsätze der
Agenda 21 entgegen.
Die ökologischen Auswirkungen des Baus eines neuen Kohlekraftwerks
werden im energiewirtschaftlichen Fachgutachten „Auswirkungen eines
Kraftwerksneubaus am Standort Staudinger auf die CO2- Bilanz der Stromer-
zeugung in Deutschland“ (Raumordnungsverfahren: Band D I-4) untersucht.
Darin wird dargelegt, dass moderne Steinkohlekraftwerke aufgrund ihrer
höheren Wirkungsgrade Strom zu deutlich geringeren arbeitsabhängigen
Erzeugungskosten produzieren und damit entsprechende Altanlagen vom
Markt verdrängen. Dieser marktwirtschaftliche Effekt führt dazu, dass mit ei-
nem neuen Steinkohlekraftwerk jährlich über 1.000.000t CO2 eingespart
werden, was gegenüber der Erzeugung mit Altanlagen einer Ersparnis von
deutlich über 20% entspricht. Neue Kohlekraftwerke liefern damit ihren Bei-
trag, die politisch geforderten CO2- Einsparziele zu übertreffen. Der Neubau
des Blocks 6 gefährdet nicht, sondern unterstützt die Klimaschutzziele - na-
tional und international.
VII.3.3.4.3.4. Alternativenvergleich in Bezug auf CO2- Emissionen
Vor den Hintergrund der möglichen Schäden durch die CO2- Emissionen
haben sich die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland in
internationalen Abkommen verpflichtet, ihre CO2- Emissionen langfristig zu
senken. Als Instrument wurde hierfür der Zertifikatehandel auf der Basis von
Emissionsobergrenzen gewählt, der die Verteilung der noch zulässigen
Emissionen auf die einzelnen Emittenten markwirtschaftlich regelt. Durch
den Bau von Staudinger Block 6 werden trotz der großen Emissionen am
Standort bundesweit CO2- Emissionen vermieden.
In dem im Rahmen des Raumordnungsverfahrens erstellten Gutachten
„Auswirkungen eines Kraftwerkes auf die CO2- Bilanz der Stromerzeugung
in Deutschland“ wird u.a. untersucht+ wie sich ein Neubau eines Steinkohle-
kraftwerks einerseits und wie sich der Neubau eines GUD- Kraftwerks ande-
rerseits auf die CO2- Bilanz auswirkt. Das Gutachten kommt zu dem Schluss,
dass, aufgrund der günstigeren Kostensituation, ein Steinkohlekraftwerk äl-
tere Steinkohlekraftwerke verdrängt, wogegen dies einem GUD -Kraftwerk
nicht gelingt. Diese Sachlage ergibt sich dadurch, dass ein Steinkohlekraft-
werk öfter (im Grund und Mittellastbereich) angefordert werden wird. Ein
GUD- Block hingegen wird im Mittel und Spitzenlastbereich eingesetzt. Die
zugrunde liegende Methodik geht über eine rein auf den Brennstoff fokus-
sierte, spezifische Betrachtung der CO2- Entstehung hinaus.
Eine Benennung der langfristig verdrängten Kraftwerke im Rahmen des Ge-
nehmigungsverfahrens für die 1. Teilgenehmigung ist nicht möglich, da es
nicht nur die Kraftwerke der Antragstellerin betrifft, sondern die Kraftwerke
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aller Betreiber. Die nun zur Abschaltung anstehenden Blöcke 1 bis 3 muss-
ten in den letzten Jahren ebenfalls eine Reduzierung ihrer Einsatzhäufigkeit
erfahren, da Ihre Energieerzeugungskosten im Vergleich zu neueren Kraft-
werken gleichen Typs zu hoch waren. Der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung
wird unter der Bedingung erteilt, dass ab der Inbetriebnahme des Blocks 6
die Blöcke 1 bis 3 des Kraftwerkes nicht mehr betrieben werden. Weiterhin
wird in diesem Bescheid geregelt, dass für diese Blöcke nach der Inbetrieb-
nahme des Blocks 6 dem Regierungspräsidium Darmstadt jeweils ein Rück-
bauplan zur Abstimmung vorzulegen ist.
Die in Relation zur erzeugten Strommenge am Standort Staudinger emittier-
te CO2- Menge nimmt ab. Dem prognostizierten Ausstoß von Kohlendioxid
(insgesamt rund 8.000.000 – bezogen auf die Blöcke 4 bis 6 - statt bisher
5.000.000t CO2 pro Jahr) am Standort Staudinger steht eine Verdoppelung
der erzeugten Strommenge gegenüber, so dass sich je erzeugter Kilowatt-
stunde Strom eine deutlich verringerte CO2- Emission ergibt. Da diese hö-
here Stromproduktion an anderen Erzeugungsstandorten eingespart wird,
ergibt sich Deutschland weit eine Verringerung der Umweltbelastung.
VII.3.3.4.3.5. Umsetzung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes
Der Betrieb des Blocks 6 wird hinsichtlich der Emission von Treibhausgasen
den Anforderungen des Treibhausgas- Emissionshandelsgesetzes (TEHG)
unterstellt. Gemäß § 4 Abs. 6 TEHG wird die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung durch die Genehmigung nach § 4 Abs. 1 TEHG ersetzt. In ei-
nem solchen Fall sind die §§ 5 und 6 Abs. 1 TEHG einzuhalten, § 5 Abs. 1
Satz 2 BImSchG. Weitergehende Vorsorgeanforderungen können nicht
festgelegt werden22. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 TEHG finden die Absätze 2 bis
5 des § 4 TEHG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
nur Anwendung, soweit sie zusätzliche Anforderungen enthalten.
Im Übrigen wurde im Hinblick auf das Monitoringkonzept bereits ausge-
führt, dass es für den Standort bereits ein solches gibt, das für den geplan-
ten Block 6 angepasst wird. Gemäß § 6 TEHG hat die Betreiberin einer An-
lage bis zum 30. April eines Jahres eine Anzahl von Berechtigungen an die
zuständige Behörde abzugeben, die den durch seine Tätigkeit im vorange-
gangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht. Diese Pflicht ist
für die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme einzuhalten. Ent-
sprechende Vorgaben enthält der Bescheid zur 1. Teilgenehmigung.
22 Jarass, Kommentar zum Bundes- Immissionsschutzgesetz, 7. Auflage, Verlag C. H. Beck München, S. 209
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 252 von 321
VII.3.3.4.3.6. Stilllegung alter Blöcke
Die Gültigkeit des Bescheides für die 1. Teilgenehmigung ist an die Bedin-
gung geknüpft, dass ab der Inbetriebnahme des Blocks die Blöcke 1 bis 3
des Kraftwerkes nicht mehr betrieben werden.
VII.3.3.5. Schutzgut Klima / Verschattung
VII.3.3.5.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Die Verschattungswirkung von Kühlturmschwaden und Kraftwerksgebäude
sind als Immission im Sinne des § 3 Abs. 2 BImSchG zu sehen und daher ist
nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu beurteilen, ob hier schädliche Umwelt-
einwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche
Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft bestehen, bzw.
hervorgerufen werden können und der Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1
Nr. 2 BImSchG beachtet wird. Schädliche Umwelteinwirkungen, Gefahren,
erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen setzen voraus, dass die
Immissionen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu negativen Effekten
führen, die als erheblich einzustufen wären.
Anders als im Bereich des Lärmschutzes oder der Luftreinhaltung liegen zur
Beurteilung der Verschattungswirkungen durch Kühlturmschwaden und
Kraftwerksgebäude keine Richtwerte vor, an denen das Maß der Erheblich-
keit abgeschätzt werden könnte.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein- Westfalen (LANUV NRW) hat sich im Januar 2007 in einer unver-
öffentlichten Studie mit dem möglichen nachteiligen gesundheitlichen Ef-
fekten und Belästigungen, die aufgrund von Kühlturmschwaden hervorge-
rufen werden könnten, befasst. Nach dieser Studie ist hinsichtlich der mög-
lichen Effekte durch verminderte Sonnenscheindauer bzw. Strahlungsstär-
ken zwischen nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen und bloßen Be-
lästigungen zu unterscheiden. Quantitative Beurteilungskriterien zur Bewer-
tung der Auswirkungen verminderter Sonnenscheindauer und Strahlungs-
stärke auf die menschliche Gesundheit (Vitamin- D- Mangel, Stimmungstrü-
bungen, Depressionen) liegen ihr zufolge nicht vor. Entsprechend der
LANUV-Studie falle eine zeitliche Minderung des direkten Lichteinfalls von
ein bis zwei Stunden pro Tag an Tagen mit heiterem Himmel gegenüber
dem Aufenthalt in Innenräumen kaum ins Gewicht. Im Vergleich zu städti-
schen Wohnbedingungen, die durch Nachbarbebauung, Pflanzenbestand
vielfach zu einer stärkeren Verschattung von Grundstücken und Wohnräu-
men führten, sei die relative verschattende Beeinträchtigung durch Kühl-
turmschwaden als minder bedeutend einzustufen. Für einen kausalen Zu-
sammenhang zwischen einer Verschattung durch Kühlturmschwaden und
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 253 von 321
negativen gesundheitlichen Effekten gibt es laut der Studie keinen Zusam-
menhang.
Die Studie sieht allerdings ein Potential für eine Belästigungswirkung durch
die sichtbaren Kühlturmschwaden. Nach allgemeinem Empfinden dürfte der
Schattenwurf durch Kühlturmschwaden nicht als erhebliche und unzumutba-
re Belästigung angesehen werden, zumal er hier im Bereich der natürlichen
jährlichen Minderung der Sonnenscheindauer liegt.
VII.3.3.5.2. Wesentliche Einwendungen
Es wird eingewandt, dass die Emissionen des zusätzlichen Kühlturms eine
weitere, die Lebensqualität erheblich mindernde und als gesundheitsschäd-
lich (Vitamin-D- Bildung und -Mangel, Depressionen) empfundene Verschat-
tung der umliegenden Städte und Gemeinden bedingen würde. Bedingt
durch die dampfförmigen Emissionen der Schornsteine und Kühltürme sei-
en Grundstücke, selbst bei an sich wolkenlosem Himmel, oft stundenlang
oder sogar ganztägig beschattet. Dieser als unerträglich empfundene Zu-
stand würde durch die geplante Maßnahme weiter verschärft. Dies stelle ei-
ne massive Beeinträchtigung der Wohn- und Lebensqualität dar.
Im Ergebnisbericht (Seite 109 der UVP) würde von der Antragstellerin be-
schrieben, dass dem Nutzungsanspruch „Wohnen und Wohnumfeld im
Untersuchungsraum“ eine mittlere Bedeutung beigemessen würde und die
derzeitige Verminderung der Sonnenscheindauer auf Grund der Verschat-
tung als nicht erheblich zu bezeichnen sei. Die Berechnungen des Deut-
schen Wetterdienstes würden für heitere Tage im Winter eine mittlere ma-
ximale Beschattungsdauer von 100 Minuten je Tag in einer Entfernung von
1.200m nordwestlich des Kraftwerks ergeben. Dies sei für Bewohner Gro-
ßauheims keinesfalls unerheblich. Gerade bei geringer natürlicher durch-
schnittlicher Sonnenscheindauer (in den Wintermonaten) würde sich eine
weitere Beeinträchtigung besonders negativ auf die Gesundheit des Men-
schen auswirken. Im Winter sei Licht und insbesondere der Sonnenschein
für den Menschen enorm wichtig für sein uneingeschränktes körperliches
Wohlempfinden. Der Bevollmächtigte angrenzender Kommunen hat für die
Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze für Verschattungen auf ein Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Oktober 1974 – IV OG 24/74 -
verwiesen. Weitere Verschattungen, wie sie durch den Bau eines 180m ho-
hen Kühlturms, weiterer Kühlturmschwaden und auch durch das 120m hohe
Kesselhaus entstünden, würden die Lebensqualität der Bürgerinnen und
Bürger (hier Beispiel Hanau und Umgebung) erheblich beeinträchtigen.
Es wird eingewandt, die Radien (in den Gutachten), innerhalb derer die
Auswirkungen auf das Lokalklima und die Schattenbildung durch Dampf-
schwaden untersucht wurden, seien zu gering angenommen. Auch in einer
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 254 von 321
Entfernung von 3,5 km von dem geplanten Block 6 sei mit einer erheblichen
Minderung der Sonnenscheindauer zu rechnen.
VII.3.3.5.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Entsprechend der LANUV Studie zu möglichen nachteiligen gesundheitli-
chen Effekten und Belästigungen aufgrund Verschattung durch Kühlturm-
schwaden (2007) kann eine Einschätzung des Ausmaßes der Erheblichkeit
der Belästigung durch einen Vergleich der prozentualen Verminderung der
Sonnenscheindauer mit der Schwankungsbreite der jährlichen Sonnen-
scheindauer für den betreffenden Standort erfolgen. Die Genehmigungs-
behörde teilt diesen Ansatz und mach ihn zur Grundlage ihrer Entschei-
dung.
Bezugnehmend auf den oben genannten Bewertungsansatz liegt die Ver-
minderung der Sonnenscheindauer auch nach Errichtung des Blocks 6 un-
verändert im Bereich der natürlichen Schwankungsbreite.
Nachteilige gesundheitliche Effekte aufgrund von Verschattung durch Kühl-
turmschwaden sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten. Ein
quantitativer Bewertungsmaßstab für eine Erheblichkeitsschwelle für etwai-
ge Belästigungen durch Beschattungen liegt nicht vor. Nach allgemeinem
Empfinden dürften etwaige Belästigungen infolge Verschattung durch Kühl-
turmschwaden nicht als erheblich einzuschätzen sein (LANUV).
Eine wesentliche Minderung des Ertrags von Solaranlagen wird nicht gese-
hen, da mögliche Minderung der Globalstrahlung durch die Kühlturm-
schwaden entsprechend der Prognose äußerst gering ausfällt.
Die weitere Umgebung des Kraftwerkstandortes ist industriell vorgeprägt.
Industrie- und Gewerbebetriebe, Verkehrswege, ein ehemaliges Kasernen-
gelände und das Kraftwerk mit seinen vorhanden Gebäuden, Kühltürmen
und Schornsteinen, dessen erste Genehmigungen in die Jahre 1964 / 1965
zurückreichen, prägen das Gebiet deutlich. Die vorhandenen Kühlturm-
schwaden tragen entsprechend des Gutachtens mit einer Minderung von
7,1 % der jährlichen Sonnenscheindauer am IP_4 zur entsprechenden Prä-
gung des Gebietes bei. Der Betrieb des Kraftwerks im Ausbaufall wird, ent-
sprechend dem Gutachten zu einer Minderung der jährlichen Sonnen-
scheindauer von 10,4 %, also eines jährlichen prozentualen Minderungsan-
teils von 3,3 % führen. Die natürliche jährliche Schwankungsbreite der Son-
nenscheindauer liegt im Gebiet des Kraftwerkstandortes bei 10,3 %. Von ei-
ner als erheblich einzustufenden Belästigungswirkung durch die Kühlturm-
schwaden kann hier nicht ausgegangen werden. Die prozentuale Minde-
rung der prognostiziert hinzukommenden Minderung der jährlichen Son-
nenscheindauer von 3,3 % und der entsprechend prognostizierten Ge-
samtminderung der jährlichen Sonnenscheindauer von 10,4 % liegt im
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 255 von 321
Rahmen der prozentualen Schwankungsbreite der natürlichen jährlichen
Sonnenscheindauer.
VII.3.3.6. Abfall (Vermeidung / Verwertung), § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind Anlagen so zu errichten und zu betrei-
ben+ dass „Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und
nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allge-
meinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Ver-
meidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung
ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die
Verwertung ....“
Im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blocks 6 entstehen Abfälle, insbe-
sondere als Flugasche (aus Dampferzeuger/Elektrofilter: 297.913 t/a) und
als Grobasche (aus Nassentschlacker des Dampferzeugers: 66.920 t/a). Wei-
tere/sonstige Abfälle fallen demgegenüber in deutlich geringerem Umfang
an.
Es ist vorgesehen, die Flugasche und Grobasche einer externen
Klassieranlage zuzuführen. Die Flugasche wird als Betonzuschlagsstoff ver-
marktet/verwertet. Die Grobasche wird nach Aufbereitung im Straßen-,
Damm- und Wegebau eingesetzt.
Die weiteren/sonstigen Abfälle (z.B. Filterkuchen aus Abwasser- und Kühl-
turmzusatzwasseraufbereitung) werden getrennt einer Verwertung bzw. er-
forderlichenfalls einer Beseitigung zugeführt.
Der als Nebenprodukt anfallende Gips (62.455 t/a) hat eine vermarktungs-
fähige Qualität und wird als Baustoff verwendet.
Sofern die vorgesehene Verwertung der Abfälle technisch nicht möglich ist
oder wirtschaftlich unzumutbar ist, sind die Abfälle unter Wahrung des
Wohls der Allgemeinheit einer Beseitigung zuzuführen.
Nicht Prüfgegenstand des anlagenbezogenen Genehmigungsverfahrens
sind die Auswirkungen des Verwertungs- bzw. Beseitigungsweges. Für die
Art und Weise der Verwertung oder Beseitigung gelten die abfallrechtlichen
Vorschriften (vgl. Allgemeine Musterverwaltungsvorschrift des Länderaus-
schusses für Immissionsschutz (LAI) zur Vermeidung, Verwertung und Besei-
tigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG“+ Stand: 28. Septem-
ber 2005).
Unter Beachtung der in den Nebenbestimmungen festgelegten Anforde-
rungen werden die Betreiberpflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG erfüllt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 256 von 321
VII.3.3.7. Energieeffizienz, § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BImSchG
VII.3.3.7.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BImSchG ist Energie sparsam und effizient zu
verwenden. Ziel des Anlagenbetriebes des Blocks 6 ist die Erzeugung von
Strom und Fernwärme. Der Gesamtwirkungsgrad (netto) liegt im Jahresmit-
tel bei 45,5 % (ohne Fernwärmeauskopplung) bzw. der Brennstoffausnut-
zungsgrad bei 56,3% (mit Fernwärmeauskopplung).
VII.3.3.7.2. Wesentliche Einwendungen
Eingewandt wurde, dass der Energiebedarf (für Strom und Fernwärme) für
die Realisierung eines neuen Kohlekraftwerkes fehle, da selbst bei tiefsten
Außentemperaturen nicht alle Blöcke des Kraftwerks Staudinger in Betrieb
seien, das Kraftwerk in Konkurrenz zu Anlagen, die Erneuerbare Energien
einsetzen, stünde und äußere Randbedingungen wie Mainwassertempera-
turen den Kraftwerksbetrieb einschränken. Andererseits wurde eingewandt,
dass das Kraftwerk so auszurüsten sei, dass eine Wärmeauskopplung von
300 MW unter Anschluss an vorhandene Fernwärmesysteme ermöglicht
werde (dazu VII.3.3.7.2.1.1).
Zudem sei die vorgesehene Stromproduktion durch effizientere Nutzung
von Strom, Senkung der Stromverschwendung, Senkung der Abwärmepro-
duktion durch Kraft- Wärme- Kopplung, bessere Energiedienstleistungen,
erhöhte Nutzung und Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien,
und damit der Gesamtnutzen dieser Stromproduktion mit geringeren CO2-
Emissionen erzielbar (dazu VII.3.3.7.2.1.2).
Bei der Alternativenprüfung fehle die Prüfung geeigneter Alternativen zum
Standort, zum vorgesehenen Brennstoff und zur Blockgröße sowie eine ge-
eignete Energiebedarfsprognose mit einem entsprechenden Raumbezug.
Unzureichend berücksichtigt worden seien hierbei die Potentiale alternati-
ver Technologien. Bezweifelt wurde darüber hinaus, dass eine Abstimmung
raumbedeutsamer Kraftwerksplanungen erfolgt sei. Weiterhin wurde ein-
gewandt, dass die Verfügbarkeit und niedrige Preise der Steinkohle mit
dem Einsatz hochbelasteter Billigkohle aus dem Ausland erreicht werde und
der Bau neuer Kohlekraftwerke die Investitionssicherheit für Technologien
mit Erneuerbare Energien beeinträchtige. Zudem seien Megakraftwerke ein
Sicherheitsrisiko für eine zuverlässige Stromversorgung (dazu
VII.3.3.7.2.1.3).
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 257 von 321
VII.3.3.7.2.1. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
VII.3.3.7.2.1.1. Fehlender Energiebedarf
Der Bedarf wurde im Rahmen energiewirtschaftlicher Fachgutachten im
Raumordnungsverfahren geprüft (s. Raumordnungsverfahren: Band D I).
Dabei weist das Fachgutachten „Strombilanz für Hessen bis zum Jahr 2030“
(s. Raumordnungsverfahren: Band D I-5) den Bedarf von Block 6 mit Bezug
auf das Bilanzgebiet Hessens detailliert nach. Demnach ist für Hessen bis
zum Jahr 2030 maximal mit einem Rückgang des Strombedarfs um 16,5%
zwischen den Jahren 2007 und 2030 zu rechnen. Darüber hinaus wurde im
Rahmen eines weiteren Fachgutachtens „Auswirkungen auf die CO2-Bilanz
der Stromerzeugung (s. Raumordnungsverfahren: Band D I-4)“ die altersbe-
dingte Entwicklung des gesamtdeutschen Kraftwerksparks bis 2030 ohne
Ersatzbaumaßnahmen dargelegt (s. Raumordnungsverfahren: Abb. 3) und
mit der prognostizierten installierten Bruttoleistung verglichen (s. Raumord-
nungsverfahren: Abb. 10). Im Ergebnis besteht in der Bundesrepublik
Deutschland und in Hessen ein erheblicher Ersatzbedarf an grundlastfähi-
gen Erzeugungseinheiten. Auf Basis der vorhandenen Altersstruktur wird
derzeit installierte Steinkohleleistung auch bei einem weiter steigenden An-
gebot an EEG-Anlagen zu einem Großteil durch moderne Neuanlagen zu
ersetzen sein. Am Ende dieses Jahrhunderts könnten die Erneuerbaren
Energien andere Formen der Energieerzeugung weitgehend abgelöst ha-
ben. So ergibt sich für Deutschland nach dem aktuellen Ausbauszenario für
erneuerbare Energien des BMU „Leitszenario 2009“ für die Stromerzeugung
aus fossilen Energieträgern im Jahr 2030 ein Anteil von rund 59%, für das
Jahr 2050 bleiben den Fossilen immerhin noch rund 15% - trotz des ge-
nannten Imports einer sehr großen Menge erneuerbar erzeugten Stroms
aus anderen Ländern Europas (z. B. DESERTEC). Das auf den Ausbau von
erneuerbarer Stromerzeugung und Steigerung der Energieeffizienz ausge-
legte Szenario der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006
„Combined high renewables and efficiency case“ berechnet für das Jahr
2030 in der Europäischen Union einen möglichen Anteil Erneuerbarer an
der Stromproduktion in Höhe von 36,8%, weitere 17,2% entfallen auf Kern-
energie, weitere 28,0% auf Gas und Öl, der verbleibende Rest von 18,1%
werde durch Kohle erzeugt. Die „Energy Technology Perspectives 2008
Szenario ACT Map“ (Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA)) zur
globalen Energieeinsparung und Emissionsreduzierung geht für das Jahr
2050 von folgendem Brennstoffmix in der weltweiten Stromerzeugung aus:
Die erneuerbaren Energieträger haben an der weltweiten Stromerzeugung
einen Anteil in Höhe von 35,5%, weitere 18,6% werden mit Kernenergie er-
zeugt, Gas und Öl tragen zusammen 31,2% zur Erzeugung bei und auf Koh-
le entfallen 14,7%.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 258 von 321
Grundlage für das Fernwärmekonzept sind die im Raumordnungsverfahren
für die Metropolregion Rhein/Main ausgewiesenen Potenziale. Da die An-
tragstellerin auf Grund bestehender Strukturen keine Endkunden mit Fern-
wärme versorgen kann, müssen Vertriebspartner gefunden werden, die Ih-
rerseits die in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Fernwärme in Ihrem Versor-
gungsgebiet vermarkten. Die hierfür erforderliche Fernwärmeinfrastruktur
ist demnach von diesen Vertriebspartnern zu errichten und zu betreiben.
Zur Gewinnung dieser Vertriebspartnerschaften werden seitens der Antrag-
stellerin Gespräche geführt.
VII.3.3.7.2.1.2. Einsparpotentiale durch effizientere Nutzung
Unstrittig ist, dass im Zeitraum zwischen den Jahren 2030 und 2050 durch
die steigende Energieeffizienz und demografische Veränderungen weitere
Reduzierungen des Endenergiebedarfs zu erwarten sind. Gleichzeitig wir-
ken jedoch noch andere Faktoren, wie beispielsweise eine zunehmende
Elektrifizierung der Produktionsprozesse oder höhere Ausstattungsraten mit
Elektrogeräten und elektrischen Anlagen. In der Folge geht der Strombe-
darf in Deutschland nicht mehr in dem gleichen Maße zurück wie der End-
energiebedarf insgesamt. Der Stromanteil am Endenergiebedarf erhöht sich
kontinuierlich. Aus diesem Grund erwartet das aktuelle Ausbauszenario für
erneuerbare Energien des BMU „Leitszenario 2009“ für den Strombedarf in
Deutschland lediglich einen Rückgang von 445,6 TWh im Jahr 2030 auf
442,8 TWh im Jahr 2050. Aus diesem, mit einem Rückgang in Höhe von
0,6% in 20 Jahren nahezu konstanten, Stromverbrauch lassen sich keine
weiteren Reduzierungen für Hessen ableiten.
VII.3.3.7.2.1.3. Vergleich von Varianten der Energieerzeugung
Die Prüfung der Alternativen zum Standort, zum Brennstoff sowie zur Block-
größe fand im Raumordnungsverfahren statt, das im Vorfeld des Genehmi-
gungsverfahrens nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz durchgeführt
wurde und ist daher nicht mehr Teil dieses Antrags.
Das Fachgutachten „Rationelle Energieverwendung und erneuerbare Ener-
gien“ (Band D I-3) basiert einerseits auf Potenzialabschätzungen (für Bio-
masse und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung), die eine rechnerische
Obergrenze darstellen und andererseits auf Szenarien zur zukünftigen Ent-
wicklung (für Photovoltaik, Geothermie, Windkraft, Wasserkraft), die zusätz-
lich noch die Umsetzungsgeschwindigkeit berücksichtigen. Ein Szenario
oder eine Prognose skizziert eine erwartete Zukunft. Dabei werden im Be-
reich der erneuerbaren Energien neben den technischen und wirtschaftli-
chen Potenzialen ebenso die Hemmnisse und realen Systemträgheiten be-
rücksichtigt. Für eine reine Potenzialbetrachtung stellt sich beispielsweise
folgende Frage: „Wie viel Photovoltaikstrom kann man produzieren, wenn
alle geeigneten Dachflächen mit PV- Modulen versehen werden?“ Die Po-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 259 von 321
tenzialbetrachtung kommt deshalb zu anderen (höheren) Ergebnissen als
ein Szenario. Zur realistischen Einschätzung, wie viel dieses Potenzials in ei-
nem bestimmten Zeitraum umgesetzt wird (Szenario), sind weitere Überle-
gungen wie folgt notwendig: Wie viel Dachfläche wird unter den gegebe-
nen Rahmenbedingungen (Finanzierung, Lieferzeiten etc.) mit PV-Modulen
ausgestattet und wie viel Strom ergibt dies zu einem bestimmten Zeitpunkt?
Die Abschätzung der zukünftigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Ener-
gien in Hessen erfolgte für jeden Energieträger separat. Für den Ausbau
von Wind- und Wasserkraft wurde auf Szenarien der hessischen Energie-
agentur zurückgegriffen. Für die Bruttostromerzeugung aus Photovoltaik
und Geothermie wurden die Ergebnisse des deutschlandweiten Leitszena-
rios des Bundesumweltministeriums anhand geeigneter Indikatoren auf
Hessen übertragen. Gemäß dieser Auswertung ergibt sich für Hessen eine
Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windenergie von etwa 2,35 TWh im
Jahr 2030. Zusammen mit Wasserkraft, Geothermie und der vollständigen
Erschließung der Biomassepotenziale können erneuerbare Energien im Jahr
2030 insgesamt etwa 8,3 TWh Strom in Hessen erzeugen. Im Prognos Fach-
gutachten „Rationelle Energieverwendung und erneuerbare Energien“ (D I-
3, Abschnitt 3) wurde für Hessen keine eigene Prognose für die zukünftige
Stromerzeugung aus Windenergie erstellt. Die im Gutachten dargestellte
Windenergieeinspeisung basiert auf der Einschätzung der hessischen Ener-
gieagentur aus dem Jahr 2007. Nach den Regionalplänen von Nordhessen,
Mittelhessen und Südhessen aus den Jahren 2006 und 2007 wurden für Ge-
samthessen neue (zusätzliche) Vorranggebiete für die Windenergienutzung
mit einer Fläche von etwa 9.300 ha (davon Südhessen: 7.420 ha) ausgewie-
sen. Gemäß der Einschätzung der hessischen Energieagentur könnten auf
dieser Fläche 620 neue Windanlagen mit 2 bis 2,5 MW Nennleistung errich-
tet werden. Die potenzielle Stromerzeugung aus diesen Anlagen beträgt
maximal etwa 2,5 TWh Strom pro Jahr. Zusammen mit den bestehenden
Windenergieanlagen liegt das Stromerzeugungspotenzial (entsprechend
der Flächenrestriktionen) bei etwa 3,2 TWh/a. Nach den Widersprüchen vie-
ler Kommunen in Südhessen bezüglich der Ausweisung von Windenergie-
vorrangflächen auf ihren Gemarkungen werden die entsprechenden Flä-
chen reduziert -, von 7420 ha auf 2.452 ha. Damit reduziert sich gegenüber
den Regionalplänen von 2006 und 2007 die Fläche für den Windenergie-
ausbau von 9.300 ha auf etwa 4.330 ha. Das maximale Windstromerzeu-
gungspotenzial sinkt damit auf etwa 1,8 TWh/a (1,1 TWh/a Neuanlagen +
0,7 TWh/a Bestandsanlagen). Diese Entwicklung zeigt, dass die im Prognos
Gutachten angenommene Steigerung der Windenergieeinspeisung in Hes-
sen von etwa 0,56 TWh im Jahr 2007 auf 1,32 TWh bis zum Jahr 2020 als re-
alistisch einzuschätzen ist. Im Zeitraum 2020 bis 2030 ist im Binnenland nur
noch mit einem langsamen Ausbau der Windenergie zu rechnen, der Er-
tragssteigerung durch Repowering stehen eine insgesamt abnehmende An-
lagenzahl gegenüber. In der aktuellen Leitstudie zum Ausbau der erneuer-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 260 von 321
baren Energien wird zwischen 2020 und 2030 die Windstromproduktion
(Onshore) in Gesamtdeutschland nur um etwa 9% gesteigert. Da Hessen im
Vergleich zu windreicheren Bundesländern tendenziell schlechtere Stand-
ortbedingungen für den Windenergieausbau bietet, ist der im Fachgutach-
ten von Prognose unterstellte Anstieg der hessischen Windstromerzeugung
von nur 3% im Zeitraum 2020 bis 2030 ebenfalls realistisch.
Den Block 4 des Kraftwerks Staudinger als Grundlastkraftwerk zu betreiben,
macht energiewirtschaftlich keinen Sinn bzw. wäre unmöglich. Aufgrund
seines im Vergleich zu Gaskraftwerken neuerer Bauart geringeren Wir-
kungsgrades, könnte sich Block 4 in der Einsatzreihenfolge der Kraftwerke
(Merit Order) nicht durchsetzen. Außerdem wird Block 4 – gerade vor dem
Hintergrund des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und deren schwan-
kender Stromeinspeisung – vermehrt als Spitzen- und Regelkraftwerk benö-
tigt.
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern wird bis über das
Jahr 2030 hinaus nicht ausreichen, den Strombedarf zu decken. Fossile
Energieträger bleiben daher auch mittel- bis langfristig unverzichtbar. Mit
Zunahme der Erneuerbaren Energien werden automatisch Kohlekraftwerke
in der Erzeugung verdrängt, da Erneuerbare Energien in Deutschland be-
vorzugt eingespeist werden. Dies regelt das Erneuerbare Energien Gesetz
(EEG). Die Untersuchung der ökologischen Vorteilhaftigkeit enthält auch ei-
nen Vergleich zu neuen GUD-Anlagen. Entscheidend ist, dass der Kraft-
werkseinsatz von den variablen Einsatzkosten bestimmt wird; diese sind
trotz Wirkungsgrad-Unterschieden zugunsten von GUD-Anlagen und güns-
tigerer Zertifikate-Kosten höher als bei Kohlekraftwerken. Resultat ist, dass
Kohlekraftwerke deutlich höher ausgelastet werden als Gaskraftwerke. Im
Ergebnis dieser marktwirtschaftlichen Realität werden neue Kohlekraftwerke
alte Kohlekraftwerke ersetzen, entsprechend verdrängen GUD-Anlagen alte
Gaskraftwerke. Der Einsatz von dezentralen Kraftwerken mit Kraft-Wärme-
Kopplung als Alternative zum Bauvorhaben wurde im Raumordnungsverfah-
ren untersucht. Auf der Grundlage eines breiten und ausgewogenen Ener-
gie- Mixes (fossile Energieträger wie Kohle und Gas, Kernenergie, erneuer-
bare Energie) lassen sich die mit jedem einzelnen Energieträger verbunde-
nen Vor- und Nachteile am besten ausgleichen. Steinkohle hat von allen fos-
silen Brennstoffen die höchste Reichweite und die längste Verfügbarkeit. Sie
steht in vielen verschiedenen Ländern auf der Erde in ausreichendem Maß
zur Verfügung, so dass das von Einwenderinnen befürchtete Risiko von Lie-
ferengpässen relativ gering ist. Die Erneuerbaren Energien werden erst in
der Energieversorgung der Zukunft eine Schlüsselrolle einnehmen. Die
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern wird bis über das Jahr
2030 hinaus nicht ausreichen, den Strombedarf im jeweiligen Untersu-
chungsraum zu decken. Fossile Energieträger bleiben daher auch mittel- bis
langfristig unverzichtbar.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 261 von 321
Geothermiekraftwerke wären nicht in der Lage, den in Hessen benötigten
Strom zur Verfügung zu stellen. Im den Fachgutachten zum Raumordnungs-
verfahren wird detailliert aufgezeigt, wie sich der künftige Einsatz von er-
neuerbaren Energieträger bzw. dezentralen Heizkraftwerken auf die Strom-
bilanz auswirkt. Demnach verbleibt selbst unter optimistischen Annahmen
zur Nutzung dieser Ernergieerzeugungsformen und der Einsparpotentiale
künftig ein erhebliches Deckungsdefizit in Deutschland und in Hessen, das
den Block 6 in der geplanten Größenordnung erforderlich macht. Die Tech-
nologie der Kohlevergasung ist derzeit noch nicht technisch ausgereift. Sie
wurde bisher nur in vier Anlagen weltweit im Demonstrationsmaßstab von
ca. 250 bis 300 MWel. umgesetzt. Die Anlagen sind noch mit großen tech-
nisch bedingten Problemen behaftet und auch der Wirkungsgrad liegt unter
dem von modernen Kohlekraftwerken. Heute stehen solche Anlagen noch
nicht als eine realisierbare wirtschaftlich und technische Alternative zur Ver-
fügung.
Hessen ist Stromimporteur, d.h. die in Hessen produzierte Strommenge
deckt nicht den Bedarf. Daher sorgt die räumliche Nähe der Erzeugungs-
einheiten zu Verbrauchern für eine optimale Netzauslastung bzw. leistet ei-
nen Beitrag dazu, Netzausbauten im Sinne von Kapazitätserweiterungen zu
vermeiden bzw. auf ein Minimum zu reduzieren. Das bedeutet jedoch kei-
nesfalls, dass Windenergie aus Norddeutschland in der Durchleitung be-
hindert wird. Aufgrund der gesetzlich geregelten Vorrangschaltung von
EEG-Strom werden bei entsprechendem Windaufkommen die Übertra-
gungsnetze zur Durchleitung von Windstrom von Norden nach Süden bis an
ihre Leistungsfähigkeit genutzt, notfalls auch unter Inkaufnahme der
Herunterregelung konventioneller Kraftwerke. Die Grenzen des Windstrom-
exports von Norden nach Süden werden somit weder vom Bestand noch
Neubau konventioneller Kraftwerke bestimmt, sondern von den verfügba-
ren Netzkapazitäten. Physikalische Stromflüsse in Übertragungs- und Vertei-
lernetzen sind ausschließlich als Gleichgewicht aus dem verbraucherabhän-
gigen Abnahmeverhalten und den diesen Bedarf deckenden einspeisenden
Erzeugungseinheiten gegeben.
Im Übrigen ergibt sich die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare Energie-
Anlagen nicht aus Marktmechanismen, sondern aus dem jeweiligen gesetz-
lichen Fördermechanismus. EEG-Strom wird vorrangig in das Versorgungs-
netz eingespeist. Für den Betrieb konventioneller Kraftwerke bedeutet das,
dass diese in Zeiten hoher EEG-Einspeisungen (i. d. R. verursacht durch
temporär hohe Windstromerzeugung) zugunsten der EEG-Anlagen in der
Last zurückgefahren werden müssen, der Windkraft somit Vorrang bei der
Einspeisung eingeräumt wird. Es ist daher aus gesetzlichen und technischen
Gründen ausgeschlossen, dass konventionelle Kraftwerke die Wirtschaft-
lichkeit von EEG- Anlagen negativ beeinflussen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 262 von 321
VII.3.3.8. Lärm, Erschütterungen, Licht
VII.3.3.8.1. Bewertungsmaßstäbe / -grundlagen
Die maßgebende Vorschrift zur Prüfung, ob von dem geplanten Vorhaben
schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche ausgehen bzw. ob Vor-
sorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche getroffen
ist, ist die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm vom 26.
August 1998 (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes- Im-
missionsschutzgesetz nach § 48 BImSchG).
Zur Beurteilung der während der Bautätigkeit auftretenden Geräuschimmis-
sionen ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm
(AVwV Baulärm) heranzuziehen.
Die Bewertung der Geräuschimmissionen durch den anlagenbedingten
Verkehr im Bereich öffentlicher Straßen erfolgt hilfsweise anhand der sechs-
zehnten Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verkehrslärmschutz-
verordnung - 16. BImSchV), die für den Bau oder die wesentliche Änderung
von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und
Straßenbahnen (Straßen und Schienenwege) gilt. Die 16. BImSchV legt Im-
missionsgrenzwerte fest, bei deren Einhaltung der Schutz der Nachbarschaft
vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche sicherge-
stellt ist.
Aufgrund der Unterschreitung des prognostizierten Immissionspegels um
mindestens 6 dB(A) ist der Immissionsbeitrag des Blocks 6 gemäß Nr. 3.2.1
TA Lärm als nicht relevant zu werten.
VII.3.3.8.2. Wesentliche Einwendungen
Es wurde eingewandt, dass die Lärmauswirkungen nicht ordnungsgemäß
ermittelt worden seien, so dass weder die Betroffenheit der angrenzenden
Wohn- und Arbeitsbevölkerung noch die Auswirkungen im Hinblick auf den
Artenschutz bewertet werden könne.
Ferner wird eingewandt, die tatsächlich zur Ermittlung des Beurteilungspe-
gels nach TA Lärm verwandten meteorologischen Korrekturen seien dem
Gutachten nicht zu entnehmen, da die entsprechende Konstante C0 nicht
explizit angegeben sei.
Es sei kein separater Betrieb an Sonn- und Feiertagen betrachtet worden,
wie dies nach TA-Lärm erforderlich sei. Tagsüber lägen sonn- und feiertags
die Beurteilungspegel an den Immissionsorten im Bereich von allgemeinen
und reinen Wohngebieten 1,7 dB höher als an Werktagen.
Es wird außerdem bemängelt, dem Gutachten sei nicht zu entnehmen, wel-
che Betriebe bei der Bestimmung der Vorbelastung berücksichtigt worden
seien, und ob ausschließlich die vorhandene Belastung erfasst worden sei
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 263 von 321
oder auch eine mögliche Erweiterung der Betriebe berücksichtigt worden
sei. Die Gutachten zur Bestimmung der Vorbelastungen seien deshalb vor-
zulegen.
Beim Schiffsverkehr sei nicht dargestellt, weshalb eine Anlieferung nachts
erforderlich sei, die Entladung der Schiffe jedoch nur tags stattfände.
Wie im Gutachten ausgeführt, seien die berechneten Beurteilungspegel nur
erreichbar, wenn die Blöcke 1 bis 3 stillgelegt würden.
Sonderbetriebszustände (Tests Sicherheitsventile) seien auf Werktage in der
Zeit zwischen 7 und 20 Uhr zu beschränken.
Im Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 seien keine Angaben zu
Ton- und Impulshaltigkeit der der Schallquellen der Blöcke 4 und 5 ge-
macht.
Es wurde weiterhin eingewandt, dass die im Prognosegutachten Müller
BBM Nr. M65 985/29 an den Immissionsorten IO 1.1 und 1.2 in Hainburg
die Betriebsgeräusche des Kraftwerkblocks 5 mit 35 dB(A) angesetzt wor-
den seien, obwohl der Gutachter der Antragstellerin selbst in seinem Prüf-
bericht Nr. M65 985/23 an diesen Immissionsorten in Hainburg für diesen
Block beim Betriebszustand B des Kraftwerks, d.h. beim Alleinbetrieb des
Blocks 5, Werte von 38,5 und 39,1 dB(A) gemessen habe.
Es wurde ferner eingewandt, dass im Prognosegutachten Müller BBM Nr.
M65 985/29 der verbleibende Block 4 nicht mit Immissionsmesswerten,
sondern ausschließlich mit Rechenwerten berücksichtigt worden sei. Im
Erörterungstermin wurde gefordert, den Block 4 an den Immissionspunkten
in Hainburg und Groß- Auheim bei Volllastbetrieb nochmals messtechnisch
zu erfassen.
Es wurde außerdem eingewandt, dass für das Prognosegutachten Müller
BBM Nr. M65 985/29 nicht die am ungünstigsten für das Vorhaben der An-
tragstellerin gelegenen Immissionspunkte ausgewählt worden seien.
Von der Stadt Hanau wurde weiterhin eingewandt, dass der Stand der
Technik bei der Lärmminderung der Kohletransportbänder und der Trans-
formatoren nicht eingehalten werde.
Von der Stadt Hanau wurde eingewandt, dass der Kraftwerksbeitrag zu den
Lärmimmissionen zu hoch sei und dadurch im Genehmigungsfall die Ent-
wicklungsmöglichkeiten von anderen Gewerbegebieten eingeschränkt
würden.
Von der Stadt Hanau wurde im Erörterungstermin gefordert, am Immissi-
onsort 2.0 (Brown-Boveri-Straße 19) den Immissionswert zur Nachtzeit ana-
log zu Festlegungen in anderen Genehmigungsverfahren auf 40 dB(A) zu
beschränken.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 264 von 321
Es wurde ferner eingewandt, dass die Lärmvorbelastung für das Wohnge-
biet an der Straße „Zum Glockenzehnten“ im Westen von Großkrotzenburg
vom Gutachter der Antragstellerin nicht untersucht worden sei.
Des Weiteren wurde eingewandt, dass der Abstand des Kraftwerks Staudin-
ger insgesamt bzw. des geplanten Vorhabens zum nächsten Wohngebiet
mit etwa 400 bis 450m sehr gering sei im Vergleich zu anderen Kraftwerk-
standorten in Deutschland. Hieraus würden starke Belastungen für die hie-
sige Bevölkerung durch Geräuschimmissionen resultieren. Es sei insbeson-
dere auf die Festlegung im Abstandserlass zu verweisen, dass für ein sol-
ches Vorhaben ein Abstand von mindestens 1000m zur nächsten Wohnbe-
bauung vorliegen müsse.
VII.3.3.8.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Die Lärmauswirkungen sind nach den geltenden Regularien durchgeführt
worden. So bestätigt auch der von der Stadt Hanau mit der Prüfung des
Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 beauftragte Gutachter
deBAKOM in seiner Stellungnahme die Auswahl der Immissionsorte als TA-
Lärm konform und nicht zu beanstanden. Die Betroffenheit der Anwohner
ist im Gutachten von Müller BBM auch anhand von Lärmrasterkarten darge-
stellt. Der Einwand wird aus diesen Gründen zurückgewiesen.
Der Gutachter der Antragstellerin erwiderte auf den Einwand, dass der Fak-
tor C0 mit dem verwandten Schallausbreitungsprogramm CadnaA 3.7.123
unter Zugrundelegung von Windstatistikdaten berechnet worden sei. Der
Gutachter gibt an, dass für die Berechnungssoftware CadnaA 3.7.123 eine
Normkonformitätsbescheinigung für die DIN 45687 – Qualitätsanforderun-
gen und Prüfbestimmungen Mai 2006 – vorläge und die Übertragbarkeit
der verwandten Windstatistikdaten auf den Kraftwerkstandort vom Deut-
schen Wetterdienst geprüft und bestätigt worden sei. Mit Schreiben vom 8.
Oktober 2009 wurde dem Vertreter der Stadt Hanau eine von der Antrag-
stellerin aufgrund einer Nachforderung des Regierungspräsidiums Dar-
mstadt nachgelieferte CD mit den Rohdaten der Schallausbreitungsberech-
nung des Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 übersandt. In
dem dortigen Datenmaterial ist die mit C0 berechnete Meteorologische Kor-
rektur Cmet für jede Schallquelle angegeben. Der Erwiderung des Gutachters
Müller BBM wird gefolgt und der Einwand zurückgewiesen.
Zum Einwand unzutreffender Grundannahmen erwidert der Gutachter der
Antragstellerin , dass er im Sinne einer Worst- Case- Betrachtung den maß-
geblichen Lastfall des Kraftwerkes betrachtet habe und dieser sei werktags
gegeben, da an Sonn- und Feiertagen kein betriebsbedingter Verkehr statt-
finde. An Werktagen seien zudem im Sinne einer Worst- Case- Betrachtung
maximale Annahmen für alle drei Verkehrsmittel gemacht worden, die nie-
mals gemeinsam an einem Tag vorliegen würden. Die werktäglichen Beur-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 265 von 321
teilungspegel dürften deshalb nicht, mit Ruhezeitenzuschlägen versehen,
als sonntäglich gegebene Pegel angesetzt werden. Eine in der Notiz Nr.
M65 985/33 des Gutachters Müller BBM durchgeführte Berechnung belegt,
dass die Beurteilungspegel für Werktage den maßgeblichen Lastfall des
Kraftwerks abbilden. Die Notiz lag während des Erörterungstermins zur Ein-
sichtnahme aus. Der Erwiderung des Gutachters Müller BBM wird gefolgt
und der Einwand zurückgewiesen.
Die dem Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 zugrundeliegen-
den Gutachten wurden von der Antragstellerin nachgeliefert und der Stadt
Hanau, die Auftraggeber der deBAKOM-Prüfung war, per Email vom 31.
August 2009 und als CD per Post am 9. September 2009 übersandt. Es
handelte sich dabei um die Prüfberichte des Gutachters Müller BBM mit den
Nummern: M71 962/1, M65 985/20, M65 985/23, M65 985/25, M65 985/27
und M65 985/28. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 wurde dem Vertreter
der Stadt Hanau außerdem eine von der Antragstellerin aufgrund einer
Nachforderung des Regierungspräsidiums Darmstadt nachgelieferte CD mit
den Rohdaten der Schallausbreitungsberechnung des Prognosegutachtens
Müller BBM Nr. M65 985/29 zugeschickt. Der Einwendung wurde somit
noch vor dem Erörterungstermin nachgekommen. Im Erörterungstermin
wurden die genannten Unterlagen zur Einsicht ausgelegt.
Die Darstellung im Zusammenhang mit dem Schiffsverkehr ist nicht erfor-
derlich. Notwendig ist allein der Nachweis, dass die zur Nachtzeit geltenden
Immissionswerte eingehalten werden. Dieser Nachweis wurde im Progno-
segutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 geführt. Beantragt ist dort die
ausnahmsweise Anfahrt von Schiffen zur Entladung vor 6:00 Uhr und die
ausnahmsweise Abfahrt von Schiffen von der Entladung nach 22:00 Uhr,
keine Be- oder Entladung der Schiffe. Durch Nebenbestimmung wird fest-
gelegt, dass Be- und Entladetätigkeiten aller betrieblichen Verkehrsträger
zur Nachtzeit nicht stattfinden dürfen. Der Einwand wurde insoweit berück-
sichtigt.
Die Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 vor der Inbetriebnahme des beantragten
Blocks ist bereits als Maßgabe der landesplanerischen Beurteilung vom 29.
Juni 2009 enthalten und wird entsprechend durch Nebenbestimmung der
Betriebsgenehmigung festgelegt. Dem Einwand wird somit entsprochen.
Die Tests der Sicherheitsventile werden durch Nebenbestimmung auf die
Tagzeit beschränkt. Aus Vorsorgegründen ist es außerdem opportun, durch
Nebenbestimmung festzulegen, dass diese Tests nicht zu Tageszeiten mit
erhöhter Empfindlichkeit im Sinne der Ziffer 6.5 der TA Lärm durchgeführt
werden. Die Antragstellerin hat keine Gründe genannt, die es erfordern, die
Tests auch zu diesen Zeiten durchzuführen. Der Einwendung wird somit ent-
sprochen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 266 von 321
Zur Ton- und Impulshaltigkeit der von den Blöcken 4 und 5 ausgehenden
Emissionen wird vom Gutachter Müller BBM auf diesen Einwand erwidert,
dass in den entsprechenden Prüfberichten mit den Nummern M65 985/20,
M65 985/25, M65 985/27 und M65 985/28 ausgewiesen sei, dass aufgrund
der Messergebnisse an den Schallquellen der Blöcke 4 und 5 Zuschläge für
Ton- und Impulshaltigkeit nicht gerechtfertigt seien. Geräuschimmissions-
messungen die in der Vergangenheit vom Hessischen Landesamt für Um-
welt und Geologie und dem Regierungspräsidium Darmstadt durchgeführt
wurden, bestätigen die Aussage des Gutachters von Müller BBM. Der Ein-
wand wird zurückgewiesen.
Im Hinblick auf den Immissionsbeitrag des Blockes 5 erwidert der Gutachter
der Antragstellerin, dass diese Messwerte immer noch einen nicht be-
stimmbaren Anteil an Fremdgeräuschen enthalten würden, und er deshalb
den aus Emissionsmessungen resultierenden Wert von 35 dB(A) im Gutach-
ten angesetzt habe. Die entsprechende Tabelle im Prüfbericht sei nachzu-
bessern+ da dort in der Überschrift nur „Kraftwerk“ und nicht „Kraftwerk und
Fremdgeräusche“ stünde. Den im Erörterungstermin gestellten Anträgen
auf ergänzende Messungen –auch Langzeitmessungen- und Spektralanaly-
sen wurde nicht entsprochen, da das vorhandene Datenmaterial der Immis-
sionsmessungen von Müller BBM ausreicht, die Fragestellung zu beantwor-
ten. Deshalb hat die Genehmigungsbehörde von der Antragstellerin eine
Ergänzung des Prognosegutachtens Müller BBM Nr. M65 985/29 um Be-
rechnungen für die Immissionsorte 1.1 und 1.2 mit dem durch Messung am
1. August 2007 für Block 5 ermittelten LAeq 95 Gesamtgeräusch von 37,9
dB(A) abzüglich der meteorologischen Korrektur eingefordert.
Im Hinblick auf die nur rechnerische Berücksichtigung des Immissionsbei-
trages von Block 4 ist zu festzuhalten, dass dieser ein Spitzenlastblock ist,
der nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragstellerin und Erfahrun-
gen bei anderen Kraftwerken weit überwiegend tagsüber betrieben wird.
Das Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 ist aus Sicht der Ge-
nehmigungsbehörde zu diesem Punkt ausreichend. Der dort für den Block
4 berechnete Wert geht auf Emissionspegelwerte zurück, die bei durch-
schnittlich 88 % Volllastbetrieb gemessen wurden. Trotzdem wurde dieser
Wert (32 dB(A)) für die Prognose der Immissionen des Gesamtstandortes
zur Nachtzeit nach Inbetriebnahme von Block 6 eingesetzt. Dieser Progno-
seansatz ist als konservativ zu bewerten. Ergänzende Immissionsmessungen
sind deshalb nicht erforderlich.
Die Immissionsorte waren mit der Genehmigungsbehörde abgestimmt. Au-
ßerdem wurden auf Veranlassung der Genehmigungsbehörde die Berech-
nungsergebnisse im Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 durch
sogenannte Lärmrasterkarten für das gesamte Umfeld des Vorhabens visua-
lisiert. Dadurch ist es möglich, für jeden beliebigen Immissionsort eine Aus-
sage zu treffen. Zudem hat der von der Stadt Hanau mit der Prüfung des
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 267 von 321
Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65 985/29 beauftragte Gutachter de-
BAKOM in seiner Stellungnahme die Auswahl der Immissionsorte als TA-
Lärm konform bewertet und nicht beanstandet. Von der deBAKOM wurden
auch die Emissionsansätze und Immissionsberechnungen für plausibel er-
achtet und nicht beanstandet. Es wurde bereits ausgeführt, dass beim be-
triebsbedingten Schiffs- und Zugverkehr der Gutachter der Antragstellerin
Worst- Case- Ansätze zugrundegelegt hat.
Bezüglich der Kohletransportbänder und Transformatoren erwidert die An-
tragstellerin, dass die Kohletransportbänder zur Nachtzeit nicht betrieben
werden sollen, da die Kohlevorratshaltung das entbehrlich mache. Dies
wird durch eine Nebenbestimmung entsprechend festgelegt. Hinsichtlich
der nach Meinung der Einwender mangelhaften Einhausung der Transfor-
matoren (Teilkapselung anstatt Vollkapselung) erwidert die Antragstellerin,
dass die Maßnahme Vollkapselung sich immissionsseitig gegenüber einer
Teilkapselung nicht auswirke. Der Argumentation der Antragstellerin wird
aufgrund der großen Entfernung des Antragsgegenstandes (Block 6) >>
300 m zu den Immissionsorten und der Abschirmungseffekte auf dem
Schallausbreitungsweg gefolgt. Zudem ist die Forderung des Standes der
Lärmminderungstechnik im Sinne einer Vollkapselung unverhältnismäßig,
wenn diese Maßnahme keinen verbesserten Schutz vor schädlichen Um-
welteinwirkungen durch Geräusche bewirkt. Im Übrigen hat der von der
Stadt Hanau mit der Prüfung des Prognosegutachten Müller BBM Nr. M65
985/29 beauftragte Gutachter deBAKOM in seiner Stellungnahme die Emis-
sionsansätze als plausibel bewertet. Insbesondere bestätigt deBAKOM den
vom Gutachter für den Kühlturm – eine der Hauptschallquellen – angesetz-
ten Schallleistungspegel mit dem Hinweis auf eigene Messungen.
Im Hinblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten von Gewerbegebieten in
den angrenzenden Kommunen wurde von der Antragstellerin im Prognose-
gutachten Müller BBM Nr. M65 985/25 nachgewiesen, dass an allen dort be-
trachteten Immissionsorten die für die Gesamtlärmbelastung jeweils zuläs-
sigen Immissionswerte eingehalten werden. Weiterhin wird im Gutachten
nachgewiesen, dass sich die Lärm- Immissionssituation an allen Immissi-
onsorten, mit einer Ausnahme, verbessert. Die Ausnahme ist der Immissi-
onsort 5.0, Hergerswiesenweg 31, Groß- Auheim (Aussiedlerhof). Dieser
Immissionsort fällt jedoch weg, da die Antragstellerin das Anwesen gekauft
hat und erklärt hat, dass dort spätestens mit Inbetriebnahme des Blocks 6
keine Wohn- oder Gewerbenutzung erfolgen wird. Entsprechend der Ziffer
3.2.1 ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche
deshalb als sichergestellt zu bewerten, da die Gesamtbelastung an den
maßgeblichen Immissionsorten die jeweils anzusetzenden Geräuschimmis-
sionswerte nicht überschreitet. Unabhängig davon ergeben sich im Vorha-
benfall durch die Reduzierung der Geräuscheinwirkungen des Kraftwerks
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 268 von 321
und den Wegfall des IO 5.0 entgegen den Befürchtungen der Stadt Hanau
erweiterte Entwicklungsmöglichkeiten der Gewerbegebiete vor Ort.
Hinsichtlich der Forderung der Stadt Hanau, den Immissionswert für den
Immissionsort 2.0 auf 40 dB(A) zu beschränken, ist Folgendes festzustellen:
Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet südlich der Depotstraße“ wurde am
20. Juli 2006 rechtskräftig. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens wur-
de das TÜV Gutachten Nr. L 5459 vom 22. Februar 2005 vorgelegt. Dort
wurde vom Gutachter für die Lage Brown-Boveri-Straße auf Gemengelage
erkannt und MI-Werte (60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts) festgelegt. Bis
dahin waren in Bescheiden für die Brown-Boveri-Straße WA-Werte (55 dB(A)
tags und 40 dB(A) nachts) für die Gesamtbelastung festgesetzt worden,
auch für den Standort Staudinger. Erstmals wurden deshalb für Staudinger
im Kohlelagerbescheid vom 1. November 2007 die Immissionswerte für
Mischgebiete festgelegt. Zumindest einer der von der Stadt Hanau zur Be-
gründung des Antrages genannten Bescheide wurde erteilt, als der Be-
bauungsplan „Gewerbegebiet südlich der Depotstraße“ noch nicht rechts-
kräftig war. Außerdem erwächst der Stadt Hanau aus einer verwaltungs-
rechtlichen Einzelfallentscheidung kein zwangsläufiger Anspruch im laufen-
den Verfahren. Unabhängig davon handelt es sich bei den Werten von 40
bzw. 45 dB(A) um den Immissionswert für die Gesamtbelastung. Der Kraft-
werksbeitrag zur Gesamtbelastung am Immissionsort 2.0 wird von der Ge-
nehmigungsbehörde durch Nebenbestimmung auf 40 dB(A) beschränkt.
Da, wie ausgeführt, die Stadt Hanau selbst den Nacht-Immissionswert für die
Gesamtbelastung am Immissionsort 2.0 von 40 auf 45 dB(A) erhöht hat, ist
im jetzigen und zukünftigen Verfahren dieser Wert zugrundezulegen.
Der Einwand+ die Vorbelastung im Wohngebiet an der Straße „Zum Glo-
ckenzehnten“ sei nicht ermittelt worden+ ist inhaltlich richtig. Allerdings
wurde auf Veranlassung der Genehmigungsbehörde das Prognosegutach-
ten Müller BBM Nr. M65 985/29 mit Datum vom 7. Juli 2009 um die Notiz
Nr. M65 985/31 ergänzt. Diese Notiz beinhaltet u.a. eine Berechnung des
Beurteilungspegels für den Immissionspunkt Taunusstraße Nr. 56 (Wohn-
hochhaus). Das Gebäude liegt vom Kraftwerk Staudinger aus gesehen to-
pographisch vor dem o.a. Wohngebiet an der Straße „Zum Glockenzehn-
ten“. Für die Nachtzeit wurde dort ein Immissionspegel von <34 dB(A) be-
rechnet, d.h. der dort anzusetzende Immissionswert von 40 dB(A) wird vom
Kraftwerksbeitrag um mindestens 6 dB(A) unterschritten. Damit ist der Bei-
trag im Sinne der TA-Lärm irrelevant, und auf die Ermittlung der Vorbelas-
tung kann verzichtet werden. Dieses Ergebnis ist auf das Wohngebiet öst-
lich des Immissionspunktes Taunusstraße Nr. 56 übertragbar und die Ermitt-
lung der Lärmvorbelastung dort ist nicht erforderlich. Die Notiz Nr. M65
985/31 lag während des Erörterungstermins zur Einsichtnahme aus.
Zum Einwand eines zu geringen Abstandes zur Wohnbebauung ist festzu-
stellen, dass der Abstandserlass für das immissionsschutzrechtliche Geneh-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 269 von 321
migungsverfahren nicht einschlägig ist. So wird in Satz 4 des Vorspanns des
Erlasses ausgeführt, dass die in der Abstandsliste aufgeführten Abstände
nicht in Genehmigungsverfahren gelten. Ziffer 3.3 des zitierten Abstandser-
lasses präzisiert, dass die Anwendung der Abstandsliste dem Grundsatz der
Einzelfallprüfung in diesen Verfahren nicht gerecht wird. Unabhängig da-
von sieht Ziffer 3.3.2 des Abstandserlasses bei der Überplanung von beste-
henden Anlagen, die planungsrechtlichen Vorschriften widersprechen – z.B.
einem Bebauungsplan - vor, dass eine Erweiterung oder Änderung einer
solchen Anlage möglich ist, wenn sich die Immissionsverhältnisse durch die
Erweiterung oder Änderung nicht verschlechtern (Verschlechterungsver-
bot). Bezogen auf den vorgetragenen Einwand geht aus dem Prognosegu-
tachten Müller BBM Nr. M65 985/29 hervor, dass die Beurteilungspegel im
Vorhabenfall an allen maßgeblichen Immissionsorten (IO 5.0 ist nicht länger
maßgeblich, siehe oben) geringer sind als im Prognose- Nullfall, d.h. beim
unverändertem Weiterbetrieb der Anlage.
VII.3.3.9. Gerüche
VII.3.3.9.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe
Den Bewertungsmaßstab für Geruchsimmissionen bildet § 5 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 BImSchG in Verbindung mit der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL).
VII.3.3.9.2. Wesentliche Einwendungen
Vom Betrieb des Kraftwerkes werden erhebliche Belästigungen für die
Nachbarschaft durch Geruchsimmissionen, insbesondere im Winter be-
fürchtet. Die Verbrennung von Kohlestaub im Block 5 führe derzeit schon zu
Geruchsbelästigungen. Entsprechende Geruchsmessungen werden gefor-
dert. Es wird befürchtet, dass durch Verbrennung von Petrolkoks, Klär-
schlamm, Tiermehl und Altlasten Geruchbelästigungen entstehen könnten.
VII.3.3.9.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blocks 6 werden keine relevanten
Geruchsemissionen freigesetzt, so dass der Schutz vor schädlichen Umwelt-
einwirkungen durch Gerüche gewährleistet ist.
Für den Block 6 sind ausschließlich Steinkohle (Regelbetrieb) und Heizöl
(Zünd- und Stützfeuerung)als Brennstoffe vorgesehen und durch entspre-
chende Nebenbestimmungen gesichert. Die für das Vorhaben eingesetzten
Brennstoffe (Steinkohle sowie Heizöl und Erdgas für die Hilfskessel) und
sonstigen Betriebsmittel enthalten keine geruchsintensiven Bestandteile.
Die Verbrennungsabgase werden einer komplexen Rauchgasreinigungsan-
lage zugeführt. Dort werden im Wesentlichen staub- und gasförmige Luft-
schadstoffe aus dem Rauchgas entfernt. Nach der Rauchgasreinigung ver-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 270 von 321
bleiben in den Abgasen Stickstoffverbindungen, die sich nicht von den Ge-
rüchen aus anderen Feuerungsanlagen in der Umgebung unterscheiden.
Sie besitzen entsprechend den Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie
keine immissionsseitige Relevanz, da sie nur im unmittelbaren Nahbereich
zur Quelle wahrnehmbar sind.
VII.3.3.10. Anlagensicherheit, Störfallverordnung, Arbeitsschutz
VII.3.3.10.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe
Das Gelände des Kraftwerkes Staudinger ist ein Betriebsbereich im Sinne
des § 3 Abs. 5a BImSchG. Das wesentliche Gefährdungspotenzial ergibt
sich durch die Lagerung von druckverflüssigtem Ammoniak und von leich-
tem Heizöl.
In den Kraftwerksblöcken 4 bis 6 selbst werden keine Stoffe gemäß An-
hang I StörfallV gehandhabt, die die Mengenschwellen der Spalte 4 des
Anhangs I der StörfallV überschreiten.
Für den Betriebsbereich wurde gemäß § 8 der 12 BImSchV (StörfallV) ein
Konzept zur Verhinderung von Störfällen und ein Sicherheitsmanagement-
system erarbeitet. Es wurden die Risiken von Störfallen ermittelt und analy-
siert und Maßnahmen zur Verhinderung von Störfällen abgeleitet.
Die 1. Teilgenehmigung berechtigt nicht zur Inbetriebnahme der Anlage
oder von Anlagenteilen. Eine Bewertung des Sicherheitskonzeptes und der
Anlagensicherheit erfolgt in einem späteren Teilgenehmigungsverfahren.
VII.3.3.10.2. Wesentliche Einwendungen
Risiken von Störfällen seien unzureichend wegen fehlender Sachverständi-
gengutachten, insbesondere zu Gefahren durch Brände, Explosionen oder
Flugzeugabstürze, untersucht worden. Ebenso fehlten Angaben zur Zertifi-
zierung nach der EMAS- Verordnung (dazu VII.3.3.10.3.1). Darüber hinaus
seien betriebsgeheime Unterlagen durch die TÜV Technische Überwachung
Hessen GmbH nicht geprüft (dazu VII.3.3.10.3.2) und Auswirkungen des
Vorhabens unter Berücksichtigung von Achtungsgrenzen nicht untersucht
worden (dazuVII.3.3.10.3.3).
Eingewandt wurde zudem, dass sich mit dem Betrieb von Block 6 die Stör-
fall- Stoffmengen erhöhen und diese unzureichend angegeben worden sei-
en (dazuVII.3.3.10.3.4).
In Bezug auf die Beurteilung der Anlagensicherheit sei die Standsicherheit,
die Risiken durch die auf dem Kraftwerksgelände verlegte Ferngasleitung,
Gefahr durch terroristische Anschläge oder Flugzeugabstürze, Risiken durch
hohe Dampfdrücke und -temperaturen sowie die Notabschaltung im Störfall
ohne das Auftreten unzulässiger Materialtemperaturen und die Auslegung
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 271 von 321
der drucktragenden Wandung des Mühlenluftvorwärmers in Hinblick auf ei-
ne entsprechende Abrasion durch die Rauchgase nicht berücksichtigt wor-
den. Ungeprüft sei zudem, ob es für die geplante Technologie eine Bauart-
zulassung gebe (dazu VII.3.3.10.3.5).
Darüber hinaus seien die Ammoniak- und Stickoxidemissionen, die im Stö-
rungsfall freigesetzt würden, unzureichend untersucht (dazu VII.3.3.10.3.6).
VII.3.3.10.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
VII.3.3.10.3.1. Störfallkonzept
Das Risiko von Störfällen wird im Konzept zur Verhinderung von Störfällen
unter Kapitel 14, Anlage 14-1, betrachtet und bewertet. Wie dem Konzept
zur Verhinderung von Störfällen auf Seite 3 unter Punkt 2 entnommen wer-
den kann, stellt das gesamte Betriebsgelände des Kraftwerkes Staudinger
ein Betriebsbereich mit mehreren sicherheitsrelevanten Teilen dar. Unter
Punkt 4 des Störfallkonzepts sind alle zu betrachtenden Anlagen und Tätig-
keiten aufgeführt, bei denen die Gefahr eines Störfalls bestehen kann. Das
Konzept entspricht den Anforderungen nach § 8 der 12. BlmSchV in Ver-
bindung mit Anhang III der 12. BImSchV.
Das Gutachten zur Bewertung des nicht bestimmungsgemäßen Betriebes
im Block 6 ist Bestandteil des immissionsschutzrechtlichen Antrags auf Ertei-
lung der 1. Teilgenehmigung (Kapitel 8, Anlage 8-6). Das Ammoniaklager
und das neue Kohlelager sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Be-
triebsstörungen in der Ammoniakversorgungsanlage wurden im Konzept
zur Verhinderung von Störfällen betrachtet (Kapitel 14, Anlage 14-1).
Der Verkehr durch Flugzeuge des Frankfurter Flughafens kann gemäß BAM-
Forschungsbericht Nr. 231 (Festlegung von Ausschlußflächen in Start- und
Einflugschneisen von Flughäfen und Landeplätzen gemäß Störfallverord-
nung) als umgebungsbedingte Gefahrenquelle außer Betracht bleiben, weil
die Betriebsbereiche außerhalb der Sicherheitsflächen und der Anflugsek-
toren des (kontrollierten) Frankfurter Flughafens sowie außerhalb von in der
Luftverkehrskarte festgelegten Platzrunden sonstiger, unkontrollierter Flug-
oder Landeplätze liegen und der Abstand zum nächstgelegenen Landeplatz
mehr als 1,5 km beträgt. Der Verkehr von schnellfliegenden Flugzeugen des
militärischen Luftverkehrs kann ebenfalls außer Betracht bleiben, da die Be-
triebsbereiche nicht innerhalb eines Umkreises mit dem Radius 10 km vom
Mittelpunkt eines militärisch genutzten Flugplatzes liegen. Die Auswirkun-
gen des Kühlturmbetriebs auf den öffentlichen Flugverkehr sind ohne Be-
lang, da im Bereich des Kraftwerks Staudinger die Mindestflughöhe 4.000 ft
(1.300m) betragen muss und die Breite des Kühlturmschwadens mit etwa
150 m abgeschätzt werden kann, was bei einer Fluggeschwindigkeit von
etwa 400 km/h eine Überflugdauer von weniger als 2 Sekunden bedeutet.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 272 von 321
Das Konzept wurde an die mit dem Vorhaben verbundenen Veränderungen
angepasst. Weiter umfasst es die Gesamtziele und die allgemeinen Grund-
sätze des Vorgehens der Betreiberin zur Begrenzung der Gefahren von Stör-
fällen. Hinsichtlich der nicht vorhandenen Zertifizierung nach der EMAS-
Verordnung wird auf die Angaben unter Kapitel 1, Seite 4, Ziffer 3.1, verwie-
sen. Weitere Anforderungen werden nach Anhang III der 12. BImSchV an
das Konzept nicht gestellt.
VII.3.3.10.3.2. Betriebsgeheimnisse
Wie der gutachterlichen Äußerung der TÜH vom 2. Juni 2006 auf Seite 9
(Kapitel 15, Anlage 15-24) zu entnehmen ist, haben die als Betriebsgeheim-
nis (Anlage 15-20) gekennzeichneten Antragsunterlagen dem Gutachter
vorgelegen.
VII.3.3.10.3.3. Achtungsgrenze
In dem Leitfaden der Störfall- Kommission und des Technischen Ausschus-
ses für Anlagensicherheit (SFK/TAA-GS-1) wurden Empfehlungen für Ab-
stände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und
schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung dargelegt. Auf
Grundlage dieses Leitfadens wurden in Zusammenarbeit und im Einver-
nehmen zwischen dem HMWVL und dem HMULV sowie dem Regierungs-
präsidium Darmstadt sogenannte Achtungsabstände um Störfall-Betriebe
ermittelt. Für das Kraftwerk Staudinger wurde bezogen auf den Rechtswert
3496626 und den Hochwert 5550510 ein Achtungsabstand von 350m er-
mittelt.
Das Ammoniaklager und mithin auch der Antransport sowie Umschlag von
Ammoniak auf dem Kraftwerk-Gelände ist bereits genehmigt und muss kei-
ner erneuten sicherheitstechnischen Prüfung unterzogen werden. Der
Transport von Ammoniak in einem sicheren Eisenbahnkesselwagen auf den
öffentlichen Gleisen der Bahn und dem betriebseigenen Gleis der Antrag-
stellerin stellt kein sicherheitstechnisches Risiko dar. Bei einem Entleerungs-
vorgang eines NH3-Kesselwagens wird die Auftauanlage der Kohle- Entla-
destation außer Betrieb genommen.
VII.3.3.10.3.4. Menge an Störfallstoffen
In der Anlage 2 des Konzepts zur Verhinderung von Störfällen sind keine
jährlichen Umsatzmengen an Ammoniak genannt. In Spalte 5 der Anlage 2
des Störfallkonzepts sind die jeweiligen stoffbezogenen Mengenschwellen
der Spalte 4 und 5 des Anhangs I der 12. BImSchV aufgeführt, die zur Be-
rechnung der Quotientenregel relevant sind. Die jährliche Ammoniakbe-
darfsmenge für die Blöcke 5 und 6 beträgt 6.719 t.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 273 von 321
Die unter der Stoff-Nr. 2 (NH3) genannte Störfallmenge (100 kg) entstammt
dem sicherheitstechnischen Bericht des TÜV Nord, Bericht-Nr. SEP-343/08
vom Juni 2008. Die unter den Stoff-Nr. 9a (Ammoniakwasser 65 kg) und 11
(Wasserstoff 18 kg) genannten Stoffmengen sind die gesamten Inventar-
mengen.
Das in Kap. 14 der Antragsunterlagen (Anlage 14-1) enthaltene Konzept zur
Verhinderung von Störfällen weist auf Seite 3 aus, dass es sich bei den
5.500.000 kg Heizöl um die max. eingelagerte Ölmenge einschließlich der
in den Rohrleitungen befindlichen Stoffmenge handelt. Die max. Lager-
menge beträgt 5.250.000 kg; die in den Rohrleitungen befindliche Menge
beträgt 250.000 kg. Das Heizölinventar beträgt somit in der Summe
5.500.000 kg.
VII.3.3.10.3.5. Anlagensicherheit
Die Dampfkesselanlage ist kein Betriebsbereich in dem mit gefährlichen
Stoffen und Mengen nach Anhang I der 12. BImSchV umgegangen wird. Die
Frage der Standsicherheit der Dampfkesselanlage ist im Rahmen des Er-
laubnisverfahrens nach § 13 der Betriebssicherheitsverordnung von der ZÜS
geprüft worden. Die zur Ausführung der Anlagenbauteile erforderlichen sta-
tischen Nachweise werden vor der Bauausführung vorgelegt (siehe hierzu
Ausführungen unter Kapitel 18, Punkt 18.9, Seite 40 der Antragsunterlagen).
Von der von der Fa. Wingas auf dem Betriebsgelände unterirdisch verlegten
Ferngasleitung gehen keine Gefahren für das Kraftwerk Staudinger aus.
Der Mühlenluftwärmetauscher hat als Wirkungsgrad steigernde Maßnahme
die Aufgabe, überschüssige Wärme aus der Luft, die im Vorfeld durch den
Rauchgas-Luftvorwärmer vom Rauchgas an die Luft übertragen wurde, an
das Speisewasser zu übertragen und somit das Speisewasser zusätzlich vor-
zuwärmen. D. h. der Mühlenluftwärmetauscher wird nicht mit Rauchgas
sondern mit nahezu staubfreier Luft beaufschlagt. Die Luftgeschwindigkeit
im Luftkanal beträgt an dieser Stelle ca. 12 - 13 m/s. Aufgrund dieser beiden
Aspekte, sowohl durch die annähernde Staubfreiheit als auch aufgrund der
geringen Geschwindigkeit der Luft, kann eine Abrasion der Rohre im Müh-
lenluftwärmetauscher vernachlässigt werden. Bei einer Notabschaltung des
Dampferzeugers erlischt das Feuer innerhalb von 30 s, so dass eine weitere
Wärmezufuhr in das System sofort unterbunden wird. Eine Speicherung der
vorhandenen Wärme ist nicht möglich. Wasserseitg ist das System bei einer
Notabschaltung gefüllt, so dass die vorhandene Wärme der Luft in das Was-
ser übertragen wird und somit unzulässig hohe Materialtemperaturen nicht
auftreten können.
Eine Bauartzulassung gibt es lediglich für einzelne Komponenten der Ge-
samtanlage. Die Gesamtanlage unterliegt jedoch der Prüfung einer zugelas-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 274 von 321
senen Überwachungsstelle (ZÜS). Damit wird sichergestellt, dass Vorgaben
z. B. aus der BetrSichV eingehalten werden.
Das gesamte Kraftwerksgelände ist von Zäunen umgeben. Der Werkschutz
begeht das Werk regelmäßig. Die Berechtigung zum Betreten des Werks-
geländes wird durch den Werkschutz überprüft. Der Zutritt zur Anlage ist
nur befugtem Personal gestattet. Dieses ist durch Hinweisschilder kenntlich
gemacht. Alle Schalt- und Elektroräume sind unter Verschluss. Sie sind nur
dem eingewiesenen Fachpersonal zugänglich. Eingriffe Unbefugter können
praktisch nur unter Anwendung von massiver Gewalt erfolgen. Solche mas-
siven Eingriffe können vernünftigerweise ausgeschlossen werden.
Im Kraftwerk Staudinger (alle Blöcke) wird kein Hydrazin zur Speisewasser-
konditionierung eingesetzt.
VII.3.3.10.3.6. Ammoniak- und Stickoxidemission im Störungsfall
Bei einem Ausfall der Entstickungsanlage wird die Zufuhr von gasförmigem
Ammoniak (NH3) unmittelbar unterbunden. In Nebenbestimmungen des
Bescheides zur 1. Teilgenehmigung ist die NH3- Emission begrenzt und de-
ren Überwachung geregelt. Mit der festgelegten kontinuierlichen Überwa-
chung von NH3 werden auch Emissionen bei Ausfall der Rauchgasreini-
gungseinrichtung über den Emissionswerterechner überwacht. Die maxima-
le NO2-Emission ohne SCR-Betrieb beträgt 600 mg/m³.
VII.3.3.11. Wasserwirtschaft
VII.3.3.11.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Nach § 1 WHG sind die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als
Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen
sowie als nutzbares Gut durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung
zu schützen. Die allgemeinen Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung
sind in § 6 Abs. 1 WHG aufgeführt. Danach sind Gewässer nachhaltig zu
bewirtschaften, insbesondere mit dem Ziel,
ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des Naturhaus-
halts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten und zu
verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen Veränderun-
gen von Gewässereigenschaften,
Beeinträchtigungen auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der di-
rekt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feucht-
gebiete zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige Be-
einträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,
sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Inte-
resse Einzelner zu nutzen,
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 275 von 321
bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere für
die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu schaffen,
möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,
an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und
schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten und insbesondere
durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von
nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,
zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.
Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für
die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerun-
gen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie
die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Des Weiteren ist
jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein
Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche
Sorgfalt anzuwenden, um
eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermei-
den,
eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Ver-
wendung des Wassers sicherzustellen,
die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu ver-
meiden.“ (§ 5 Abs. 1 WHG)
Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beein-
trächtigt wird, § 55 WHG. Eine Erlaubnis zur Abwassereinleitung kann erteilt
werden, wenn jene die Anforderungen nach dem Stand der Technik ent-
sprechend § 57 WHG i.V. mit der Abwasserverordnung erfüllt (Emis-
sionsprinzip).
Nach § 62 WHG sind „Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stof-
fen so zu errichten und zu betreiben, dass eine nachteilige Veränderung der
Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das
Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz
2 bis 4 gilt entsprechend.“
Nach § 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) sind die Gewässer als Be-
standteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Le-
bensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut durch eine nach-
haltige Gewässerbewirtschaftung zu schützen. Die allgemeinen Grundsätze
der Gewässerbewirtschaftung sind in § 6 Abs. 1 WHG aufgeführt.
Die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung hat ein hohes Schutzniveau für
die Umwelt insgesamt zu gewährleisten; dabei sind mögliche Verlagerun-
gen nachteiliger Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes sowie
die Erfordernisse des Klimaschutzes zu berücksichtigen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 276 von 321
Bezüglich der Lage von Teilen der Betriebsfläche in einem Wasserschutz-
gebiet sind die besonderen Anforderungen des § 52 WHG bzw. die Fest-
setzungen in der Schutzgebietsverordnung zu beachten.
Im Hinblick auf die Lage des Kühlwasserentnahmebauwerkes sowie von ein-
zelnen weiteren Gebäudeteilen in einem festgesetzten Überschwem-
mungsgebiet sind die besonderen Schutzvorschriften des § 78 WHG, u.a. an
den geforderten Ausgleich von verloren gehendem Rückhalteraum, rele-
vant. Der Schutz von Gewässerrandstreifen ist in § 38 geregelt.
Auf europäischer Ebene bildet die Wasserrahmenrichtlinie die Basis für ei-
nen umfassenden Gewässerschutz.
VII.3.3.11.2. Auswirkungen auf Grundwasserqualität durch Stoffeinträge; Auswirkungen
auf Wasserschutzgebiete und auf die öffentliche Trinkwasserversorgung
VII.3.3.11.2.1. Wesentliche Einwendungen
Es wurde vorgetragen, im Hinblick auf das in der Wasserrahmenrichtlinie
enthaltene Verschlechterungsverbot dürfe die Anlage Quecksilber über-
haupt nicht emittieren.
Es wurde vorgetragen, dass Schadstoffeinträge über Luft und Boden zu ei-
ner Belastung des Grundwassers und somit des Trinkwassers führen. Die
Trinkwasserschutzgebiete des Wasserwerks I Wallersee der Stadtwerke Ha-
nau, der Stadt Alzenau und andere in sensiblen Buntsandsteinböden des
Spessarts seien gefährdet. Dieses Risiko sei in den Antragsunterlagen nicht
hinreichend untersucht worden. Es wurde gefordert, ein begleitendes
Grundwasserqualitätsmonitoring im Hinblick auf eventuelle Schadstoffein-
träge durchzuführen.
Weiterhin wurde auf die Vorgaben der Trinkwasserschutzgebietsverord-
nung des Wasserwerks I Wallersee hingewiesen und vorgebracht, dass die-
se das Einbringen von schädlichen Stoffen in den Boden verbiete. Es wurde
darauf hingewiesen, dass jegliche Maßnahmen, die den Vorgaben der
Schutzgebietsverordnung widerlaufen, einer Ausnahmegenehmigung be-
dürfen.
Bezüglich der bestehenden Wasserrechte wurde vorgebracht, dass die Be-
wirtschaftung der genehmigten Wasserrechte zur Sicherstellung der Trink-
wasserversorgung der Stadt Hanau uneingeschränkt zu erhalten sei.
VII.3.3.11.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Aus den ermittelten Depositionen können für das Grundwasser keine Zu-
satzbelastungen über den Wirkungspfad Luft- Boden- Grundwasser abgelei-
tet werden, deren Fracht und Konzentration relevante negative Auswirkun-
gen erwarten lassen. Ein gesondertes Qualitätsmonitoring ist für das
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 277 von 321
Grundwasser nicht erforderlich, da aufgrund der Vorgaben der Rohwasser-
untersuchungsverordnung das Grundwasser aus jeder Gewinnungsanlage
jährlich auf die in der Verordnung definierten Parameter untersucht wird
und durch das begleitende Bodenmonitoring mögliche Vorhabenbedingte
Änderungen im Boden, die auch negativ auf das Grundwasser wirken könn-
ten, detektiert werden.
Innerhalb des festgesetzten Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk I
Wallersee werden keine Bauwerke errichtet. Daher ist eine Ausnahmezulas-
sung von Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung nicht erforderlich.
Der Standort für das Vorhaben liegt teilweise in der geplanten Erweiterung
der Zone III des Wasserschutzgebietes. Hier sind für alle Maßnahmen die
gleichen Anforderungen einzuhalten, wie bei Maßnahmen innerhalb der
Zone III des bestehenden Wasserschutzgebietes.
VII.3.3.11.3. Auswirkungen auf das Oberflächengewässer
VII.3.3.11.3.1. Stoffeinträge
VII.3.3.11.3.1.1. Direkteinleitung
Die Ableitung von Schmutzwasser und von Niederschlagswasser erfolgt un-
ter Beachtung der Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung. Die Auswir-
kungen des Vorhabens auf die Abflussverhältnisse und die Wasserqualität
des Maines durch die Entnahme und Wiedereinleitung von Kühlwasser sind
Gegenstand eines separaten wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens
mit UVP. Die Mengenangaben zum Abwasser werden im Rahmen dieses
separaten Erlaubnisverfahrens zum Teil noch konkretisiert.
Gemäß den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren
werden sich die chemisch-physikalischen Parameter im Vergleich zum der-
zeitigen Zustand nicht wesentlich verändern, teilweise sogar verbessern. Un-
ter Berücksichtigung der Vorbelastung des Mains werden keine erheblichen
negativen Auswirkungen erwartet. Das Vorhaben widerspricht nicht dem
Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie. Die zu erwartende
thermische Belastung des Mains fällt zukünftig deutlich geringer aus.
VII.3.3.11.3.1.2. Quecksilber
Die geänderten Einleitungsverhältnisse durch Errichtung des Blocks 6 als
Ersatz für die Blöcke 1 bis 3 des Kraftwerks stellen eine wesentliche Ände-
rung der bestehenden Benutzung dar. Diese Änderung bedarf einer was-
serrechtlichen Erlaubnis nach § 8 WHG. Im Rahmen des vorliegenden Ver-
fahrens ist mithin eine Prognoseentscheidung der zuständigen Wasserbe-
hörde erforderlich, ob die mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmi-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 278 von 321
gungsverfahren verbundene Änderung der Einleiteverhältnisse grundsätz-
lich erlaubnisfähig ist. Somit bedarf es einer wasserbehördlichen Einschät-
zung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis
eingehalten werden oder die Einhaltung durch entsprechende Nebenbe-
stimmungen im Erlaubnisverfahren sichergestellt werden kann.
Entsprechend dem Koordinierungsgrundsatz nach § 10 Abs. 5 BImSchG
wurde die Stellungnahme des zuständigen Dezernats IV/F 41.4 – „Anlagen-
bezogener Gewässerschutz“ – eingeholt. Dieses teilte am 10. Dezem-
ber 2010 mit:
„Da die von § 57 Abs. 1 WHG aufgestellten Vorgaben bei der Gewässerbe-
nutzung nach dem Stand der Technik bzw. durch entsprechende Nebenbe-
stimmung eingehalten werden, steht das vorsorgeorientierte abwasser-
rechtliche Emissionsregime der Erlaubniserteilung nicht entgegen.
Im Weiteren ist für die Beurteilung der Erlaubnisfähigkeit zu klären, ob aus
wasserwirtschaftlicher Sicht auf der Grundlage von § 12 WHG Versagungs-
gründe gegen eine Erlaubnis für die geänderten Einleitungsverhältnisse be-
stehen.
Nach § 12 WHG gilt es zu prüfen, ob eine schädliche, auch durch Nebenbe-
stimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerverände-
rung zu erwarten ist. Als schädliche Verunreinigungen gelten nach § 3
Nr. 10 WHG Veränderungen der Gewässereigenschaft, die das Wohl der
Allgemeinheit beeinträchtigen oder Anforderungen, die sich insbesondere
aus § 27 WHG in Form der Bewirtschaftungsziele für Oberflächengewässer
ergeben, entgegenstehen.
Dabei ist im vorliegenden Fall insbesondere zu beachten, dass mit der
Richtlinie 2008/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
16. Dezember 2008 über Qualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik ei-
ne Verschärfung der Norm für Quecksilber erfolgt ist. Aufgrund der Er-
kenntnisse, die der Behörde derzeit vorliegen, bestehen erhebliche Zweifel,
dass die verschärfte Qualitätsnorm für den Parameter Quecksilber im Main
eingehalten werden kann.“
Es stellen sich somit insbesondere folgende Fragen:
Die Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG enthält das durch die derzeit
noch nicht in deutsches Recht umgesetzte Richtlinie 2008/105/EG
(ABl.EU Nr. L 348 S. 84) konkretisierte Konzept der schrittweise zu be-
treibenden Reduktion prioritärer Stoffe. Steht dieses Konzept der Er-
teilung einer wasserrechtlichen Zulassung für die Einleitung quecksil-
berhaltigen Abwassers in ein Gewässer entgegen?
Steht der Erteilung der vorgenannten wasserrechtlichen Zulassung das
Verschlechterungsverbot des § 27 WHG entgegen, weil sich das be-
troffene Gewässer u. a. mit Blick auf die Belastung mit Quecksilber
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 279 von 321
zurzeit nicht in dem danach zu erreichenden guten chemischen Zu-
stand befindet?
Zur Klärung dieser Fragen wurde ein Rechtsgutachten vergeben, das die
Grundlage der vorliegenden Entscheidung über die Erlaubnisfähigkeit bil-
det. Danach stellen sich die Rahmenbedingungen des europäischen Ge-
wässerschutzrechts für quecksilberhaltige Abwassereinleitungen wie folgt
dar:
Bis zum 22. Dezember 2015 ist ein guter Zustand des Vorfluters zu er-
reichen. Für den guten chemischen Zustand bedeutet dies, dass zu
diesem Zeitpunkt die Umweltqualitätsnormen der Richtlinie
2008/105/EG für Quecksilber nicht überschritten werden dürfen. Da-
bei ist nach den allgemeinen Bestimmungen der Wasserrahmen-
richtlinie zwar grundsätzlich eine Fristverlängerung für die Erreichung
dieses Zustands zulässig, doch unterliegt der Eintrag von Quecksilber
den verschärften Anforderungen des Regimes der prioritären Stoffe
nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) iv) WRRL, der bewusst auf die Bezugnahme auf
die Relativierungsklauseln des Art. 4 Abs. 4 bis 7 WRRL verzichtet.
Die Verschmutzung durch prioritäre Stoffe ist schrittweise zu reduzie-
ren; für Quecksilber als prioritärer gefährlicher Stoff gilt darüber hin-
aus die Phasing- Out- Verpflichtung, d. h. die Pflicht zur Beendigung
oder schrittweisen Einstellung von Einleitungen, Emissionen und Ver-
lusten.
Die vollständige Einstellung des Quecksilbereintrags in oberirdische
Gewässer ist spätestens bis zum 16. Dezember 2028 zu bewirken.
Es ist unstrittig, dass auch vor Umsetzung der Richtlinie 2008/105/EG in das
nationale Recht die Wasserbehörde bei ihrer Entscheidung die zu erwar-
tenden Anforderungen zu berücksichtigen hat. Das Rechtsgutachten be-
antwortet die Frage wie folgt:
„Der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für die Einleitung quecksil-
berhaltigen Abwassers in ein Gewässer steht das richtlinienrechtliche Kon-
zept der schrittweise zu betreibenden Reduktion prioritärer Stoffe und das
Ziel der vollständigen Einstellung der Einleitungen, Emissionen und Verluste
prioritärer, gefährlicher Stoffe derzeit nicht entgegen. Die Richtlinie
2008/105/EG konkretisiert die Anforderungen an den guten chemischen
Zustand eines Gewässers, der grundsätzlich zum 22. Dezember 2015 er-
reicht werden muss. Die vollständige Einstellung des Eintrags prioritärer ge-
fährlicher Stoffe hat nach den europarechtlichen Vorgaben bis zum 16. De-
zember 2028 zu erfolgen. Eine zum jetzigen Zeitpunkt erfolgende Ersetzung
bestehender wasserrechtlicher Einleiteerlaubnisse durch eine neue Erlaub-
nis mit der Folge, dass im Ergebnis keine Frachterhöhung, sondern mögli-
cherweise sogar eine Verringerung der Schadstoffbelastung durch die Ein-
leitung bewirkt werden würde, ist rechtlich zulässig, soweit sie den gelten-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 280 von 321
den Grenzwertfestsetzungen des deutschen Rechts nicht widerspricht. Ka-
tegorische Verbote der Erteilung neuer Erlaubnisse lassen sich aus dem eu-
ropäischen Gewässerschutzrecht derzeit nicht herleiten. Die Erlaubnis wird
indes nach Maßgabe des zu erwartenden Transformationsrechts im Sinne
der gemeinschaftsrechtlichen Strategie des Phasing- Out künftig sukzessive
anzupassen sein.
Das Verschlechterungsverbot des § 27 WHG steht der Erteilung einer was-
serrechtlichen Erlaubnis nicht entgegen, wenn diese bestehende Erlaubnis-
se ersetzt und im Ergebnis feststeht, dass hierdurch keine Erhöhung, son-
dern möglicherweise eine Verringerung der Quecksilberbelastung erzielt
werden wird. Vielmehr steht die ggf. zu erwartende Reduzierung der Schad-
stofffracht im Einklang mit dem gleichfalls in § 27 WHG enthaltenden Ver-
besserungsgebot.“
Die Ausführungen des Rechtsgutachtens macht sich die Behörde im vollen
Umfang zu Eigen. Mithin bestehen aus wasserbehördlicher Sicht gegen den
vorgelegten Erlaubnisantrag keine Versagungsgründe. Im Weiteren wird
der Antragsteller bereits in der anstehenden Entscheidung darauf hinge-
wiesen, dass weitergehende Anforderungen an die Einleitung gestellt wer-
den können, da die Einleitung der Antragstellerin eine nicht unbedeuten-
den Fracht an Quecksilber enthält.
Mit der Verabschiedung der Richtlinie 2008/105/EG am 16. Dezember 2008
ist zudem die Frist in Lauf gesetzt worden, innerhalb der die vollständige
Einstellung der Quecksilbereinträge (sog. Phasing- Out) spätestens zum
16. Dezember 2028 abgeschlossen sein muss. Zu der Frage, ob im Lichte
der Phasing- out- Verpflichtung eine Einleitung von Quecksilber zulässig ist,
führt das beauftragte Rechtsgutachten aus:
„Ein kategorisches Verbot der Erteilung neuer Einleiteerlaubnisse ist jedoch
europarechtlich nicht begründbar. Zweckmäßigerweise wird aber im Er-
laubnisbescheid ausdrücklich auf das Phasing- Out- Szenario hinzuweisen
sein, um der Begründung schutzwürdigen Vertrauens in die auch künftig
unverändert fortbestehende Berechtigung des Benutzers zur Schadstoffein-
leitung entgegenzuwirken.“
Die Behörde macht sich auch diese Einschätzung des Gutachters zu Eigen.
Mit dem Hinweis zu den Regelungen über die Umweltqualitätsnorm des Pa-
rameters Quecksilber soll demzufolge die Antragstellerin darüber in Kennt-
nis gesetzt werden, dass spätestens im Jahre 2028 jedwede Einleitung von
Quecksilber einzustellen ist und daraus die Befristung oder der Widerruf
der Einleiterlaubnis folgen kann.
Im Rahmen des Erörterungstermins wurden darüberhinausgehend einge-
wandt, dass der Eintrag von Schadstoffen über den Luftpfad erlaubnispflich-
tig wäre. Wie die Vertreter der Wasserbehörde bereits im Erörterungstermin
dargelegt haben, ist diese Auffassung aus rechtssystematischen Gründen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 281 von 321
abzulehnen. Die diesbezüglichen nachstehenden Ausführungen des beauf-
tragten Rechtsgutachtens werden vollinhaltlich seitens der Behörde geteilt.
„Der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis kann nicht entgegengehal-
ten werden, dass mit Verringerung des Schadstoffeintrags über die Abwas-
sereinleitung eine erhöhte Belastung der Gewässer über den Luftpfad zu
befürchten ist. Die Emission von Schadstoffen in die Luft erfüllt regelmäßig
keinen Benutzungstatbestand im Sinne des § 9 WHG und bedarf daher nicht
der wasserrechtlichen Gestattung, sondern allein der immissionsschutz-
rechtlichen Genehmigung. Erweist sich allerdings, dass die bestehenden
immissionsschutzrechtlichen Emissionsgrenzwerte der Erreichung der euro-
parechtlich vorgegebenen Umweltqualitätsnormen für Gewässer entgegen-
stehen, sind diese durch die für die Normgebung jeweils zuständigen Or-
gane anzupassen. Nicht hingegen sind Vollzugsbehörden oder Verwal-
tungsgerichte verpflichtet oder berechtigt, durch systemwidrig extensivie-
rende Auslegung der wasserrechtlichen Benutzungstatbestände oder durch
ein entsprechendes Verständnis des wasserbehördlichen Bewirtschaftungs-
ermessens in den Transformationsprozess einzugreifen.“
Ein weiterer Einwand des Erörterungstermins bezog sich auf den Schad-
stoffeintrag in das Kühlwasser über den Kühlturm.
Es wurde hierzu im März und April 2010 weitere Messkampagnen am Kühl-
turm des Blockes 5 bei unterschiedlicher Kohlezusammensetzung durchge-
führt. Es haben sich hierbei keine Hinweise auf einen relevanten Übergang
von Schadstoffen, insbesondere Schwermetallen, in das Kühlwasser erge-
ben, was auch durch das ergänzend beauftragte Fachgutachten bestätigt
wurde.
Die weiteren Einwendungen hinsichtlich der fehlenden Beschreibung der
Abwasservorbehandlungen und der Einsatzstoffe können aufgrund der Aus-
führungen in den vorliegenden wasserrechtlichen Antragsunterlagen wie
auch des technischen Gutachtens, welche auch in Kürze öffentlich ausgelegt
werden, als erledigt angesehen werden.
VII.3.3.11.3.2. Beeinträchtigung des Überschwemmungsgebiets
VII.3.3.11.3.2.1. Wesentliche Einwendungen
Zu den geplanten Eingriffen des Vorhabens in das Überschwemmungsge-
biet des Mains wird eingewandt, dass hinsichtlich des für den Main enorm
wichtigen Hochwasserschutzes, das Vorhaben auch mit ausreichend Ersatz-
retentionsraum nicht akzeptabel wäre. Es schränke den Überschwem-
mungsraum des Mains ein und verschärfe damit die Risiken von Hochwas-
serereignissen für die stromabwärts gelegenen Siedlungsgebiete. Die An-
lage müsse so geplant sein, dass sie vollständig außerhalb des Retentions-
raumes errichtet werden könnte.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 282 von 321
Die Abweichungsentscheidung in der landesplanerischen Beurteilung sei
rechtswidrig. Eher wäre es erforderlich und zugunsten der Umwelt möglich,
den bisher für die Kohlehalden genutzten Bereich, als Überschwemmungs-
und Retentionsgebiet wieder frei zu geben. Der Bau des Blocks 6 schaffe
damit im Verhältnis zu einer sonst möglichen Erweiterung des Über-
schwemmungsgebietes eine deutliche ökologische Verschlechterung.
Weiterhin wird eingewandt, dass die im immissionsschutzrechtlichen Ge-
nehmigungsverfahren vorgelegte Kompensationsmaßnahme K 1 „Verbesse-
rung der ökologischen Situation am Main bei Rumpenheim“ der Entschei-
dung der Regionalversammlung Südhessen: „Der Verlust an Retentions-
raum ist durch die Bereitstellung gleichwertiger Kompensationsmaßnahmen
auszugleichen“ widerspreche. Diese Einwendung ist aufgrund eines Miss-
verständnisses entstanden. Die Kompensationsmaßnahme K 1 ist eine na-
turschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme und hat mit dem Retentions-
raumausgleich nichts zu tun.
Des Weiteren wird bemängelt, dass die Auswirkungen des Kohletransports
vom Hafen zu den Kohlelagern durch das Überschwemmungsgebiet nicht
untersucht seien.
VII.3.3.11.3.2.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Aus dem Landschaftspflegerischen Begleitplan geht hervor, dass die Zufahrt
zum Wasserentnahmebauwerk im Endverlauf den Hochwasserabflussbe-
reich des Mains queren muss. Außerdem sind im Hochwasserabflussbereich
des Mains Flächen für Nachpflanzung von Pappeln (AF2) und Hecken aus
Bäumen und Sträuchern (A1) vorgesehen. Um zu verhindern, dass die auf-
geführten Maßnahmen nachteilige Auswirkungen auf den Hochwasserab-
fluss des Mains hervorrufen, wurden die in Kapitel IV.9 stehenden Neben-
bestimmungen in den Bescheid aufgenommen. Eine wasserrechtliche Ge-
nehmigung ist für die Nachpflanzungen gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 7 WHG nicht
erforderlich. Die Zufahrt zum Entnahmebauwerk wird im Rahmen der ent-
sprechenden Teilgenehmigung mit behandelt.
Im Hinblick auf die Belange des Hochwasserschutzes kann die sichere Prog-
nose getroffen werden, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BImSchG
in Verbindung mit § 78 Abs. 3 WHG (Ersatzretentionsraum, keine Beein-
trächtigung des Hochwasserabflusses, des Wasserstandes, des Hochwas-
serschutzes sowie hochwasserangepasstes Bauen) erfüllt bzw. sichergestellt
werden.
Die Antragstellerin begründet, dass die im Überschwemmungsgebiet ge-
planten Anlagenteile aus Platzgründen, technologischen Zusammenhängen
sowie Zweckmäßigkeitsgründen nicht an anderer Stelle errichtet werden
können. Der Abflussbereich des Mains wird von dem Vorhaben nicht betrof-
fen. Der in Anspruch genommene Retentionsraum des Mains (circa
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 283 von 321
8.000m³) kann durch den in unmittelbarer Nähe errichteten Hochwasser-
polder, in dem noch ein Überschuss an Ersatzvolumen von rund 26.000m³
besteht, ausgeglichen werden. Da der Eingriff relativ klein ist, und der Aus-
gleich in unmittelbarer Nähe möglich ist, sind keine Auswirkungen auf die
Wasserspiegellagen und den Hochwasserabfluss des Mains zu erwarten.
Dementsprechend ist nicht mit einer Verschärfung der Hochwassersituation
der stromabwärts gelegenen Siedlungsgebiete zu rechnen. Die Fürsorge
gegen die Verschärfung der Hochwassersituation der Unterlieger findet in
den unter Kapitel IV.9 festgesetzten Nebenbestimmungen Berücksichti-
gung.
Der Vorschlag der Einwender, das Überschwemmungsgebiet des Mains
nach der Räumung der Kohlehalde um deren Fläche zu erweitern, wird nicht
berücksichtigt, weil er weder rechtlich noch fachlich zu begründen ist. Als
Überschwemmungsgebiete werden gemäß § 76 WHG Gebiete an Gewäs-
sern festgestellt, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen
werden. Von der Topographie her wird bei einem 100-jährlichen Hochwas-
serereignis die gesamte Fläche nördlich des Hafens bis zu den Bahngleisen
weder überschwemmt noch durchflossen. Durch das Vorhaben findet ledig-
lich eine Nutzungsänderung auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin
statt, die keine Auswirkung auf die Überschwemmungsgebietsgrenze hat.
Der Forderung, den Kohletransport im Überschwemmungsgebiet des Mains
zu verbieten, kann nicht nachgekommen werden. Der Kohletransport er-
folgt in gekapselten Bändern, die eine Freisetzung der Kohle verhindern.
Die Kohle ist kein wassergefährdender Stoff im Sinne der Verwaltungsvor-
schrift über wassergefährdende Stoffe – VwVwS. Deshalb besteht bei einer
möglichen Störung der Kohletransportbänder während eines Hochwasser-
ereignisses kein ökologisches Schadenspotential für den Main.
VII.3.3.11.4. Umgang mit wassergefährdenden Stoffen / Löschwasserrückhaltung
Weder bei den Bauarbeiten noch während des Kraftwerksbetriebs sind Be-
lastungen des Oberflächenwassers und Grundwassers durch den Umgang
mit wassergefährdenden Stoffen zu erwarten, da im bestimmungsgemäßen
Betrieb keine wassergefährdenden Stoffe aus den Anlagen austreten.
Für den Fall, dass im Schadensfall tatsächlich wassergefährdende Stoffe aus-
treten, sind hinreichende Sicherungs- und Sofortmaßnahmen festzulegen,
die ein Eindringen wassergefährdender Stoffe in das Oberflächenwasser,
den Boden und das Grundwasser verhindern. Die Beschreibung der Anla-
gen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und der Sicherungs-
und Sofortmaßnahmen erfolgt erst in einer noch zu beantragenden späte-
ren Teilgenehmigung. Nach Prüfung der noch vorzulegenden Unterlagen
werden die im Einzelfall konkret erforderlichen Nebenbestimmungen für
den Bau und Betrieb der Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 284 von 321
Stoffen in einer späteren Teilgenehmigung festgelegt. Bereits in den Unter-
lagen zur 1. Teilgenehmigung werden erste Sicherungsmaßnahmen be-
schrieben wie zum Beispiel die Festlegung des Kraftwerks - Nullniveaus auf
106,00 NN und die grundwasserdichte Ausführung der Keller. Daraus resul-
tiert, dass selbst ein Austritt von wassergefährdenden Stoffen aus den Anla-
gen innerhalb des Blocks 6 nicht zu einer Schädigung von Oberflächenwas-
ser, Boden oder Grundwasser führen kann.
Die Ableitung von Löschwasser aus den Auffangräumen in das Kanalnetz
wird durch die Regelungen der Nebenbestimmungen V.14 verhindert.
Durch den Bau und Betrieb der Anlagen zum Umgang mit wassergefähr-
denden Stoffen und in Bezug auf die Löschwasserrückhaltung sind grund-
sätzlich keine negativen Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser zu besor-
gen.
Durch die Beachtung der einschlägigen fachgesetzlichen Regelungen und
Regelwerke zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen wird Vorsorge
gegen nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser getroffen.
VII.3.3.11.4.1.1. Auswirkungen von Schadstoffdepositionen auf die Grundwasserqualität /
Wasserschutzgebiet
Aus den ermittelten geringen Schadstoff- Depositionen können für das
Grundwasser keine Zusatzbelastungen über den Wirkungspfad Luft-Boden-
Grundwasser abgeleitet werden, deren Fracht und Konzentration relevant
negative Auswirkungen erwarten lassen.
Im Übrigen werden durch das Bodenmonitoring mögliche vorhabenbeding-
te Änderungen im Boden, die sich auch negativ auf das Grundwasser aus-
wirken könnten, detektiert.
Der Anlagenstandort liegt innerhalb der Zone III sowie innerhalb der vorge-
schlagenen Erweiterung des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk
Wallersee. Die Regelungen unter der Nebenbestimmung IV.10 stellen si-
cher, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wasserschutzgebiet
bzw. die öffentliche Trinkwasserversorgung ausgehen können.
Nach den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Genehmigungsverfah-
ren werden die auf den Grundwasserschutz gerichteten Ziele der Wasser-
rahmenrichtlinie (u.a. guter quantitativer und chemischer Zustand in 15 Jah-
ren, Umkehr von signifikanten Belastungstrend) durch die separat beantrag-
te Erlaubnis nicht in Frage gestellt. Bei den Abwassereinleitungen treten
keine Verschlechterungen bei den vorgegebenen Schwellenparametern
ein, bei einigen wesentlichen Parametern deutliche Verbesserungen.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 285 von 321
VII.3.3.11.4.1.2. Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung / den Grundwasserkörper
Der Anlagenstandort trägt bereits derzeit nur in geringem Umfang zur
Grundwasserneubildung bei. Es ist nicht von einer messbaren Veränderung
der regionalen Grundwasserneubildungsrate auszugehen. Erhebliche nach-
teilige Auswirkungen auf den Grundwasserkörper bzw. die Grundwasser-
hydraulik durch die Einbindung von Baukörper in das Grundwasser sind
nicht zu erwarten.
Mit dem geplanten Vorhaben sind keine nachteiligen Auswirkungen auf den
Hochwasserschutz verbunden. Der in Anspruch genommene Retentions-
raum kann durch einen vorhandenen Überschuss an Ersatzvolumen in ei-
nem in unmittelbarer Nähe errichteten Hochwasserpolder ausgeglichen
werden.
VII.3.3.12. Schutzgut Boden
VII.3.3.12.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Gemäß § 1a Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) soll mit Grund und Bo-
den sparsam und schonend umgegangen werden, dabei sind zur Verringe-
rung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzun-
gen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch
Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maß-
nahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf
das notwendige Maß zu begrenzen.
Nach § 1 BBodSchG sind u.a. schädliche Bodenveränderungen abzuwehren
und es ist Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen auf den Boden zu tref-
fen. Nach § 3 Abs. 3 des BBodSchG gelten im Hinblick auf das Schutzgut
Boden schädliche Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 dieses Ge-
setzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen,
soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelt-
einwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG, im übrigen als sonstige Gefahren,
erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 S. 1
Nr. 1 BImSchG. Zur näheren Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen
Vorsorgepflichten sind die in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2
BBodSchG festgelegten Werte heranzuziehen, sobald in einer Rechtsver-
ordnung oder in einer Verwaltungsvorschrift des Bundes bestimmt worden
ist, welche Zusatzbelastungen durch den Betrieb einer Anlage nicht als ur-
sächlicher Beitrag zum Entstehen schädlicher Bodenveränderungen anzu-
sehen sind. In der Rechtsverordnung oder der Verwaltungsvorschrift soll
gleichzeitig geregelt werden, dass bei Unterschreitung bestimmter Emis-
sionsmassenströme auch ohne Ermittlung der Zusatzbelastung davon aus-
zugehen ist, dass die Anlage nicht zu schädlichen Bodenveränderungen
beiträgt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 286 von 321
Bislang wurde noch keine Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift auf
Grundlage des BBodSchG erlassen, die die immissionsschutzrechtlichen
Vorsorgepflichten zum Schutz des Bodens näher bestimmen.
Die in Anhang 2 Nr. 5 BBodSchV festgesetzten Frachten bestimmen aus-
drücklich nicht im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 BBodSchG, welche Zusatzbe-
lastungen durch den Betrieb einer Anlage nicht als ursächlicher Beitrag zum
Entstehen schädlicher Bodenveränderungen anzusehen sind, § 11 Abs. 3
BBodSchV. Die zulässigen Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 BBodSchV kön-
nen für die Bewertung von Schadstofffrachten in den Boden über alle Wir-
kungspfade herangezogen werden.
In der TA Luft (Nr. 4.5) sind Immissionswerte für Schadstoffdepositionen
festgelegt, die den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch die
Deposition luftverunreinigender Stoffe, einschließlich dem Schutz vor
schädlichen Bodenveränderungen, sicherstellen.
Als Bewertungsmaßstäbe für die Bewertung der Auswirkungen auf die stoff-
liche Bodenbeschaffenheit werden daher der Anhang 1 Nr. 1.3 der UVPVwV
(„Orientierungshilfe für die Bewertung der Auswirkungen auf die stoffliche
Bodenbeschaffenheit“) sowie die in Anhang 2 der BBodSchV genannten
Vorsorgewerte zugrunde gelegt.
Für die Bewertung der Einträge von Dioxinen in den Boden werden auf die
Handlungsempfehlungen der Bund / Länder- Arbeitsgruppe Dioxine zu-
rückgegriffen.
VII.3.3.12.2. Wesentliche Einwendungen
Es wurde eingewandt, dass durch die geplante Maßnahme die Menge an
emittierten Schadstoffen zunehmen werde und somit auch mit einer erhöh-
ten Schadstoffanreicherung im Boden zu rechnen sei. Es sei eine naturwis-
senschaftliche Modellrechnung für die folgenden 50 Jahre erforderlich.
Zu den Schwermetallen wurde vorgetragen, dass deren Beurteilung anhand
der zulässigen Frachten nach der Bundes- Bodenschutzverordnung
(BBodSchV) missverständlich sei, da diese für Frachten aus allen Quellen
gelten. Weiterhin läge Quecksilber im Abgas auch ionisch vor und sei damit
sehr gut wasserlöslich.
Die Zusatzbelastungen an Schwefel- und Stickstoffverbindungen und deren
Auswirkungen auf den Boden, wie z.B. Versauerung oder Überdüngung der
Böden, seien nicht ausreichend bzw. falsch bewertet worden. Auch seien
die Auswirkungen von Nebenprodukten, Abfällen sowie Stoffumwandlun-
gen auf dem Luftpfad nicht berücksichtigt worden. Bei der Beurteilung der
Auswirkungen der Luftschadstoffe auf den Boden seien das Filter-, Puffer-
und Speichervermögen der Böden und eine Verminderung des Retentions-
vermögens nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 287 von 321
Im Hinblick auf die durchgeführten Bodenuntersuchungen wurden die Grö-
ße des Untersuchungsraumes, das Fehlen weiterer Messpunkte sowie die
Auswahlkriterien für die Bodenprobenstandorte bemängelt. Zudem wurde
die Lage der Messstelle „Grünland G5“ kritisiert.
Weiterhin wurden die Art und Dokumentation der Probenahme kritisiert,
dabei wurde insbesondere die Beprobungstiefe bemängelt. Zudem seien
Beprobungsergebnisse aus dem Jahr 1994 verwendet worden, die nicht
den Anforderungen der Bundes- Bodenschutzverordnung (BBodSchV) ent-
sprächen. Bei landwirtschaftlichen Flächen sei die Gesundheitsgefährdung
für die Nahrungskette nicht ausreichend untersucht worden. Hinsichtlich des
Untersuchungsumfanges würden die polyzyklischen aromatischen Kohlen-
wasserstoffe (PAK) sowie Bodenkenngrößen wie Bodenart, pH- Wert und
Gehalt an organischer Substanz fehlen. Zur Bodenfunktionsbewertung wur-
de auf den Methodenkatalog der LABO hingewiesen. Zu den Ergebnissen
der Bodenuntersuchungen wurde eingewandt, dass bei einigen Flächen die
Vorsorgewerte bereits überschritten seien. Außerdem wurde eine Wieder-
holung der Bodenuntersuchungen nach Inbetriebnahme angeregt.
Es wurde ferner kritisiert, dass durch die Flächeninanspruchnahme von rund
0,5 ha ein erheblicher Verlust der natürlichen Bodenfunktion zu verzeichnen
sei. Im Bezug auf die Altlasten wurde darauf hingewiesen, dass auf dem Be-
triebsgelände der Antragstellerin in der Vergangenheit zahlreiche Chemika-
lien und Munitionsreste abgelagert worden seien. Für das Kraftwerksgelän-
de wurde eine engmaschige und flächendeckende Bodenuntersuchung auf
alle relevanten Schadstoffparameter mit anschließender unverzüglicher Sa-
nierung der durch Bodenbelastungen bzw. Altablagerungen betroffenen
Betriebsbereiche gefordert.
VII.3.3.12.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Die Immissionsbeiträge des Blocks 6 an Luftschadstoffen sind überwiegend
als irrelevant im Sinne der TA Luft (Ausnahme Quecksilberdeposition) zu
bewerten. Auch im Gesamtkraftwerkbetrieb werden die Immissionswerte
der maßgebenden Beurteilungskriterien unterschritten, so dass über den
Luftpfad keine erheblichen Auswirkungen auf den Boden zu besorgen sind
(sieheVII.3.3.1.1.3).
In der Gesamtbelastung (Vorbelastung + Immissionsbeitrag Block 6) wer-
den die Frachten gemäß Anhang 2 Nr. 5 der BBodSchV für alle Parameter
deutlich unterschritten.
Auch ein Vergleich der prognostizierten Zusatzbelastungen mit den Orien-
tierungswerten des Gesetzes über Umweltverträglichkeitsprüfungen zeigt in
einer worst-case-Betrachtung für die nächsten 40 Jahre keine relevanten
Schadstoffanreicherungen in den oberen 30 Bodenzentimetern.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 288 von 321
Zur Ermittlung der Vorbelastungen wurden 2009 entsprechend der Immis-
sionsprognose in einem Umkreis von 10 km um den Kraftwerkstandort so-
wie in den Bereichen mit der höchsten trockenen und nassen Deposition
Bodenproben entnommen. Die Auswahl der Standorte erfolgte in Abstim-
mung mit dem Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG). Die
Probenahmestelle „Grünland G5“ befindet sich entsprechend den Maßga-
ben der landesplanerischen Beurteilung im Bereich der Maxima der nassen
Deposition. Da bezüglich der zusätzlichen Immissionsbelastungen die An-
forderungen des BBodSchG und der BBodSchV eingehalten werden, be-
steht derzeit kein Anlass für eine Ausweitung des Untersuchungsraums oder
weitere Messstellen.
Die Probenahme erfolgte gemäß den Vorgaben in Anhang 1 der
BBodSchV. Als nutzungsorientierte Beprobungstiefe sind in Tabelle 1, An-
hang 1 der BBodSchV für Ackerflächen 0 bis 30 bzw. 30 bis 60cm und für
Grünland 0 bis 10 bzw. 10 bis 30cm angegeben. Maßgeblich ist jedoch,
dass die Böden gemäß BBodSchV möglichst horizontweise zu beproben
sind. Die tatsächlichen Beprobungstiefen entsprechen weitestgehend den
Angaben der Tabelle 1 und die Abweichungen davon sind entsprechend
der Vorgaben der BBodSchV durch geringere Horizontmächtigkeiten des
Oberbodens bedingt.
Die Beprobung nach der BBodSchV erfolgte nutzungsorientiert und ermög-
licht damit auch die Bewertung für den Wirkungspfad Boden – Mensch, d.h.
auch die Nahrungskette. Bei den Untersuchungen wurden auch die PAK
analysiert und die genannten Bodenkenngrößen erfasst. Die Bodenfunkti-
onsbewertung erfolgte gemäß den Vorgaben der LABO.
Bei der durchgeführten Nullbeprobung wurden auf einigen Flächen Über-
schreitungen der Vorsorgewerte festgestellt. Dies ist gemäß § 11 BBodSchV
zulässig, wenn die Zusatzbelastung die in Anhang 2 der BBodSchV festge-
legten Frachten nicht überschreitet. Da dies der Fall ist, besteht hier kein
weiterer Handlungsbedarf. Eine Wiederholung der Bodenuntersuchung
wird in der Betriebsphase des Blocks 6 alle fünf Jahre durchgeführt werden.
Die Flächeninanspruchnahme in Höhe von 0,5 ha ist aufgrund der Größe
und der bisherigen industriellen Nutzung im Hinblick auf die natürliche Bo-
denfunktion nicht als relevant zu bewerten. Im Rahmen der Bautätigkeit
wurden und werden umfangreiche Bodenuntersuchungen durchgeführt.
Anhand der Ergebnisse ist durch die Bodenschutzbehörde zu entscheiden,
ob Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen gemäß BBodSchG und
BBodSchV durchzuführen sind.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 289 von 321
VII.3.3.13. Umweltverträglichkeit / Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
VII.3.3.13.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Fachgesetzliche Bewertungsgrundlage zum Schutz von Tieren, Pflanzen und
der biologischen Vielfalt ist das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).
Nach den Zielen des BNatSchG sind Natur und Landschaft u.a. so zu schüt-
zen, dass die biologische Vielfalt und die Leistungs- und Funktionsfähigkeit
des Naturhaushaltes einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhal-
tigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter auf Dauer gesichert sind (§ 1 Abs. 1
Nr. 1 und 2 BNatSchG).
„Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind entsprechend
dem jeweiligen Gefährdungsgrad insbesondere
lebensfähige Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen ein-
schließlich ihrer Lebensstätten zu erhalten und der Austausch zwi-
schen den Populationen sowie Wanderungen und Wiederbesiedelun-
gen zu ermöglichen,
Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen
und Arten entgegenzuwirken,
Lebensgemeinschaften und Biotope mit ihren strukturellen und geo-
grafischen Eigenheiten in einer repräsentativen Verteilung zu erhalten;
bestimmte Landschaftsteile sollen der natürlichen Dynamik überlassen
bleiben.“ (§ 1 Abs. 2 BNatSchG)
Zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Na-
turhaushalts sind insbesondere u.a. wild lebende Tiere und Pflanzen, ihre
Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hin-
blick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3
Nr. 6 BNatSchG).
Konkretisierungen der vorgenannten Ziele sind u.a. in § 33 BNatSchG (All-
gemeine Schutzvorschriften für Natura 2000-Gebiete), § 44 BNatSchG (Vor-
schriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflan-
zenarten) und in Kapitel 4, Abschnitt 1 (Biotopverbund und Biotopvernet-
zung; geschützte Teile von Natur und Landschaft) des BNatSchG enthalten.
In Nr. 4.4.1 der TA Luft sind Immissionswerte für Schwefeldioxid und Stick-
stoffoxide zum Schutz vor erheblichen Nachteilen, insbesondere Schutz der
Vegetation und von Ökosystemen festgelegt. Die Immissionswerte sind im
vorliegenden Fall bezugnehmend auf Nr. 4.6.2.6 Abs. 6 der TA Luft eigent-
lich nicht anwendbar, da die relevanten Beurteilungspunkte nicht mehr als
20km von Ballungsräumen oder 5km von anderen bebauten Gebieten, In-
dustrieanlagen oder Straßen entfernt sind.
Anwendbar sind hingegen die Immissionswerte für Fluorwasserstoff und
Ammoniak gemäß Nr. 4.4.2 der TA Luft.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 290 von 321
Die Deposition von Luftschadstoffen und die Einwirkung von Schallimmissi-
onen werden schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit der Prüfung der
Verträglichkeit des Vorhabens im Sinne des § 34 BNatSchG betrachtet (sie-
he Kapitel VII.3.3.14).
VII.3.3.13.2. Bewertung
VII.3.3.13.2.1. Standort / Biotopverlust
Maßgeblicher Wirkungspfad ist die Flächeninanspruchnahme / Überbauung
von Biotoptypen. Der überwiegende Teil des Baufeldes von Block 6 ist be-
reits derzeit befestigt bzw. versiegelt. Die Flächeninanspruchnahme von 0,5
ha mittel- und hochwertiger Biotope (u.a. standortgerechte Hecken- / Ge-
büschpflanzungen, Wiesenbrache / ruderale Wiesen) und des Lebensraums
geschützter Tierarten (u.a. Zauneidechse, blauflügelige Ödlandschrecke)
am Standort stellt eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 14
BNatSchG dar.
Durch die von der Antragstellerin vorgesehenen bzw. in den unter IV.12
enthaltenen Nebenbestimmungen festgesetzten Minderungs-, Ausgleichs-
und Ersatzmaßnahmen wird den Verursacherpflichten des § 15 BNatSchG
entsprochen.
Durch die vor Ort vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen und die im
gleichen Naturraum geplanten Kompensationsmaßnahmen zur Verbesse-
rung der ökologischen Situation am Main bei Rumpenheim sowie zur Ent-
wicklung naturnaher Waldbestände im Naturschutzgebiet „Bulau“ als Be-
standteil des FFH-Gebietes 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei
Hanau“ kann eine vollständige Kompensation des Eingriffs in absehbarer
Zeit gewährleistet werden.
Durch die von der Antragstellerin geplanten konfliktvermeidenden Minde-
rungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen liegen keine artenschutzrechtli-
chen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG vor. Die Umsetzung
der Maßnahmen, zum Teil bereits vor Baubeginn, ist durch die Nebenbe-
stimmungen unter IV.12.3 sichergestellt.
VII.3.3.13.2.2. Standortumfeld: Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt
Maßgebliche Wirkungspfade für Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt
im Standortumfeld sind indirekte Einwirkungen durch vorhabenbedingte
Emissionen / Immissionen. Wie nachfolgend begründet, gehen von derarti-
gen Immissionen im vorliegenden Fall keine erheblichen Beeinträchtigun-
gen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt aus. Eine biotoptypen-
spezifische oder weiter räumlich differenzierte Betrachtung - über die
durchgeführte FFH- Verträglichkeitsprüfung hinausgehend - erübrigt sich
daher.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 291 von 321
VII.3.3.13.2.2.1. Konzentrationen von Luftschadstoffen
In Kapitel VI.3.4.1.2.2 ist erläutert, dass der Immissionsbeitrag des zukünfti-
gen Gesamtkraftwerkes an Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, Fluorwasser-
stoff und Ammoniak deutlich unterhalb der Irrelevanzgrenzen der TA Luft
liegt.
Der Schutz der Vegetation und von Ökosystemen vor erheblichen Nachtei-
len durch Schwefeldioxid-, Stickstoffoxid-, Fluorwasserstoff- und Ammoniak-
immissionen ist damit sichergestellt. Auch aus den Immissionsbeiträgen der
übrigen Luftschadstoffparameter lassen sich keine Anhaltspunkte für schäd-
liche Umwelteinwirkungen auf Tiere und Pflanzen ableiten, da die Immissi-
onsbeiträge des Block 6 gering sind bzw. die maßgebenden Immissions-
werte eingehalten werden.
VII.3.3.13.2.2.2. Lichtimmissionen
Gemäß der Nebenbestimmung IV.4.3.3 ist sichergestellt, dass ausschließlich
Leuchten eingesetzt werden, die das Licht in einem für Insekten unattrakti-
ven Wellenlängenbereich ausstrahlen, so dass keine erheblichen Auswir-
kungen auf Insekten zu erwarten sind.
VII.3.3.13.2.2.3. Schallimmissionen
Auswirkungen durch Schallimmissionen auf lärmempfindliche Tierarten
werden ausgeschlossen. Der kritische Schallpegel für empfindliche Brutvo-
gelarten von > 47 dB(A) wird selbst in den nächstgelegenen Schutzgebieten
vorhabenbedingt nicht erreicht.
VII.3.3.13.2.2.4. Schadstoffdeposition / Stoffeinträge
Etwaige Auswirkungen durch Schadstoffdeposition / Stoffeinträge (eutro-
phierende Stickstoffverbindungen, versauernd wirkende Luftschadstoffe,
Schwermetalle) auf Natura- 2000- Gebiete werden im Zusammenhang mit
der Prüfung der FFH- Verträglichkeit bewertet.
Die Bewertung der Stoffeinträge erfolgt insbesondere auf Grundlage von
Critical Levels und Critial Loads, sonstiger anerkannter Handlungsempfeh-
lungen zur Beurteilung von Stoffeinträgen in Natura- 2000- Gebieten und
der einschlägigen Rechtsprechung zur Prüfung der FFH- Verträglichkeit.
Im Ergebnis der FFH- Verträglichkeitsprüfung ist festzustellen, dass erhebli-
che Beeinträchtigungen von Natura- 2000- Gebieten durch Schadstoffde-
position / Stoffeinträge oder sonstige Wirkungspfade ausgeschlossen wer-
den können.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 292 von 321
VII.3.3.13.2.2.5. Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt im Main
Belange von Individuenverlusten durch die Wasserentnahme sowie von et-
waigen ökologischen Auswirkungen der stofflichen und thermischen Ge-
wässerbeeinflussung durch die Kühlturmabflut und anderes Abwasser wer-
den im Rahmen des separaten wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens
betrachtet.
Nach den Antragsunterlagen zum wasserrechtlichen Genehmigungsverfah-
ren kann eine nachhaltige Schädigung der aktuellen, an die stofflichen und
thermischen Vorbelastungen angepassten Gewässerflora und -fauna aus-
geschlossen werden. Die thermische Belastung und der Individuenverlust
von Fischen / Biomasse werden sich verringern.
VII.3.3.14. FFH- Verträglichkeitsprüfung
VII.3.3.14.1. Bewertungsmaßstäbe / Bewertungsgrundlagen
Auf Basis der vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung des Kieler In-
stituts für Landschaftsökologie und des TÜV NORD Umweltschutz GmbH &
Co KG vom 25. August 2010 (FFH-VU) wurde das Vorhaben auf seine Ver-
träglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000- Gebieten nach Maß-
gabe der Regelungen gemäß § 34 BNatSchG geprüft. In die Prüfung wur-
den alle Natura 2000-Gebiete einbezogen, in denen stoffspezifisch relevan-
te Projektwirkungen über den Luft- oder Wasserpfad nicht von vornherein
ausgeschlossen werden konnten. Innerhalb dieses Betrachtungsraumes
wurde die Verträglichkeit mit folgenden zwölf Natura 2000-Gebiete vertie-
fend geprüft:
FFH- Gebiet 5919-304 NSG Schifflache bei Großauheim (Anhang A
o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5819-309 US-Militärgelände bei Großauheim (Anhang B
o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5919-303 NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei
Seligenstadt (Anhang C o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5819-308 Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau
(Anhang D o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5819-304 Bruchköbel (Anhang E o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5820-302 Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee (Anhang
F o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5821-303 Hailerer Sonnenberg und angrenzende Mager-
rasenflächen (Anhang G o.g. FFH-VU)
Vogelschutzgebiet 6019-401 Sandkiefernwälder in der östlichen Un-
termainebene (Anhang H o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5820-301 Kinzigaue von Langenselbold (Anhang I o.g.
FFH-VU)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 293 von 321
FFH-Gebiet 5721-305 Kinzig zwischen Langenselbold und Wächters-
bach (Anhang J o.g. FFH-VU)
FFH-Gebiet 5820-303 Tongrube von Meerholz und Hardt bei
Bernbach (Anhang K o.g. FFH-VU)
Vogelschutzgebiet 5821-450 Felswände bei Büdingen und Gelnhau-
sen (Anhang L o.g. FFH-VU)
Als Bewertungsmaßstäbe dienten die in der Verordnung über die Natura
2000- Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000- Verordnung)
für die einzelnen Gebiete festgelegten Erhaltungsziele, die im Folgenden
dargestellt werden..
VII.3.3.14.1.1. FFH-Gebiet 5919-304 „NSG Schifflache bei Großauheim“
Das FFH- Gebiet umfasst eine verlandete und vermoorte Altarmschlinge des
Mains mit an hoch anstehendes Grundwasser gebundenen Pflanzengesell-
schaften wie Erlenbruchwäldern, Seggenrieden, Röhrichten sowie Feucht-
und Nasswiesen. Die Bedeutung des Gebietes ist insbesondere an das re-
gional bedeutsame Vorkommen des Kammmolches gebunden. Nach Maß-
gabe der Verordnung über die Natura 2000- Gebiete in Hessen vom 16. Ja-
nuar 2008 (Natura 2000- Verordnung) bestehen für das FFH- Gebiet folgen-
de Erhaltungsziele für den Kammmolch als eine Art nach Anhang II sowie für
einen weiteren Lebensraumtyp nach Anhang I FFH-Richtlinie:
6510 Magere Flachland- Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-
ficinalis)
Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes
Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung
Triturus cristatus (Kammmolch)
Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-
mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-
sern
Erhaltung der Hauptwanderkorridore
Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer
Erhaltung strukturreicher Laub- und Laubmischwaldgebiete und/oder
strukturreicher Offenlandbereiche in den zentralen Lebensraumkom-
plexen
VII.3.3.14.1.2. FFH-Gebiet 5819-309 „US-Militärgelände bei Großauheim“
Das FFH-Gebiet umfasst ein großflächiges, regional bedeutsames Sandtro-
ckenrasengebiet mit einem Biotopkomplex aus gefährdeten Sandtrockenra-
sen, Silbergrasfluren, mageren Rotschwingel-Straußgrasrasen und einge-
streuten Gebüschen sowie Kiefernbeständen. Nach Maßgabe der Verord-
nung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 294 von 321
2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele
für folgenden Lebensraumtyp nach Anhang I FFH-RL:
2330 Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis
Erhaltung des Offenlandcharakters der Standorte
Erhaltung einer bestandsprägenden, die Nährstoffarmut begünsti-
genden Bewirtschaftung
VII.3.3.14.1.3. FFH-Gebiet 5919-303 „NSG Schwarzbruch und NSG Pechgraben bei
Seligenstadt“
Das Gebiet umfasst ein Mosaik aus Feuchtgrünland, Auwaldgesellschaften
und Stillgewässern in der östlichen Untermainebene im Bereich ehemaliger
Altmainarme. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-
Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) beste-
hen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT)
nach Anhang I und Arten nach Anhang II FFH-Richtlinie:
3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions
oder Hydrocharitions
Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität
Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-
getation und der Verlandungszonen
Magere Flachland- Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officina-
lis)
Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes
Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung
91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,
Alnion incanae, Salicion albae)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-
schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen
Kontaktlebensräumen
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-
Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-
sen
Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 295 von 321
Triturus cristatus (Kammmolch)
Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-
mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-
sern
Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer
Vertigo angustior (Schmale Windelschnecke)
Erhaltung von nassen, basenreichen Biotopen, wie Feucht- und Nass-
wiesen, Seggenriede, Flachmoore und Erlensumpfwälder mit einem
lichten Pflanzenwuchs
Minimierung von Nährstoffeinträgen
Vertigo moulinsiana (Bauchige Windelschnecke)
Erhaltung von nassen, basen- und kalkreichen Biotopen, wie Feucht-
und Nasswiesen, Seggenriede, Flachmoore und Erlensumpfwälder mit
einem lichten Pflanzenwuchs
Minimierung von Nährstoffeinträgen
VII.3.3.14.1.4. FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau“
Das FFH-Gebiet umfasst die untere Kinzig zwischen Hanau und Rückingen,
die zu den natürlichsten Flusssystemen Hessens zählt. In der ausgedehnten
bewaldeten Aue ist die Morphologie eines mäandrierenden Flachlandflus-
ses noch weitgehend vorhanden, ebenso ist die Flussdynamik zum Teil noch
erhalten. Die biotische Ausstattung ist entsprechend vielfältig mit auentypi-
schen Pflanzengesellschaften und den zugehörigen Pflanzen- und Tierarten.
Die angrenzenden kleinflächigen Weich- und Hartholzauenwäldern, ausge-
dehnte Laubwaldgesellschaften, Grünlandflächen sowie ein Stillgewässer
dienen als Trittstein für ziehende bzw. überwinternde Vogelarten. Nach
Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16.
Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet fol-
gende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und Arten
nach Anhang II FFH-Richtlinie:
3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions
oder Hydrocharitions
Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität
Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-
getation und der Verlandungszonen
Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit den Landlebensräu-
men der für den LRT typischen Tierarten
3270 Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri
p.p. und des Bidention p.p.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 296 von 321
Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität und Gewässerdy-
namik
Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen
Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-
taktlebensräumen
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-
ficinalis)
Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes
Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung
91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,
Alnion incanae, Salicion albae)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-
schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen
Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen
Kontaktlebensräumen
9130 Waldmeister- Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-
gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in
ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-
Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-
sen
Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts
Dicranum viride (Grünes Besenmoos)
Erhaltung von Laubbaumbeständen mit luftfeuchtem Innenklima und alten,
auch krummschäftigen oder schräg stehenden Trägerbäumen (v. a. Buche,
Eiche, Linde)
Lucanus cervus (Hirschkäfer)
Erhaltung von alten eichenreichen Laub- oder Laubmischwäldern in ihren
verschiedenen Entwicklungsphasen mit Totholz
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 297 von 321
VII.3.3.14.1.5. FFH-Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“
Das FFH-Gebiet wird durch starkholzreiche Stieleichen-Hainbuchen-
Buchenwäldern auf Grundwasserstandorten charakterisiert. Es handelt sich
dabei um naturnahe Laubwälder mit geringer Nadelholzbeimischung auf
Hochflutablagerungen. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura
2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung)
bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen
(LRT) nach Anhang I und eine Arte nach Anhang II FFH-Richtlinie:
9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-
gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in
ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-
Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-
sen
Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts
Bombina variegata (Gelbbauchunke)
Erhaltung von Brachen oder von Flächen im Umfeld der Gewässerha-
bitate, deren Bewirtschaftung artverträglich ist
Erhaltung von Lebensraumkomplexen mit besonnten, flachen, mög-
lichst fischfreien Kleingewässern
VII.3.3.14.1.6. FFH-Gebiet 5820-302 „Weideswiesen-Oberwald bei Erlensee“
Das FFH-Gebiet umfasst einen charakteristischen Ausschnitt aus der unteren
Kinzigaue mit naturnahem Gewässerlauf, ausgedehnten Grünlandflächen
und naturnahen Auenwäldern. Nach Maßgabe der Verordnung über die Na-
tura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-
Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Le-
bensraumtypen (LRT) nach Anhang I FFH-Richtlinie:
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-
lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-
hen Fließgewässerdynamik
Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-
taktlebensräumen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 298 von 321
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-
ficinalis)
Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes
Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung
91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,
Alnion incanae, Salicion albae)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-
schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen
Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen
Kontaktlebensräumen
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-
gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in
ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-
Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-
sen
Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts
VII.3.3.14.1.7. FFH-Gebiet 5820-301 „Kinzigaue von Langenselbold“
Das zum natürlichen Überschwemmungsbereich der Kinzig gehörende
129,4 ha große FFH-Gebiet besteht neben dem noch weitgehend mäand-
rierenden Kinziglauf im Wesentlichen aus zwei Abgrabungsgewässern,
großflächigen Grünländereien und Laubmischwäldern. Nach Maßgabe der
Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008
(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhal-
tungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und eine Art nach An-
hang II FFH-Richtlinie:
3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions
oder Hydrocharitions
Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität
Erhaltung der für den Lebensraumtyp charakteristischen Gewässerve-
getation und der Verlandungszonen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 299 von 321
Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit den Landlebensräu-
men der für den LRT typischen Tierarten
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-
lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-
hen Fließgewässerdynamik
Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-
taktlebensräumen
3270 Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri
p.p. und des Bidention p.p.
Erhaltung der biotopprägenden Gewässerqualität und Gewässerdy-
namik
Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen
Erhaltung des funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-
taktlebensräumen
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba of-
ficinalis)
Erhaltung eines für den LRT günstigen Nährstoffhaushaltes
Erhaltung einer bestandsprägenden Bewirtschaftung
91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,
Alnion incanae, Salicion albae)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-
schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen
Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen
Kontaktlebensräumen
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-
Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Alterspha-
sen
Erhaltung eines bestandsprägenden Grundwasserhaushalts
Castor fiber (Biber)
Erhaltung großräumiger Auen-Lebensraumkomplexe mit Auwald,
Fließ- und Stillgewässern einschließlich teilweise ungenutzter Auwald-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 300 von 321
und Auenbereiche sowie teilweise ungenutzten Uferstreifen mit Stau-
den- und Gehölzvegetation
Sicherung der biologischen Durchgängigkeit von Fließgewässern
VII.3.3.14.1.8. FFH-Gebiet 5721-305 „Kinzig zwischen Langenselbold und Wächters-
bach“
Das FFH-Gebiet umfasst naturnahe Gewässerabschnitte der Kinzig und des
Unterlaufs der Bieber inklusive deren Uferbereiche (10 m) mit charakteristi-
schen Strukturen (u.a. Stillwasserzonen, Kiesbänke, Kolke) und flussbeglei-
tenden Röhrichten, Hochstauden und Ufergehölzen. Nach Maßgabe der
Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008
(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-Gebiet folgende Erhal-
tungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I und Arten nach An-
hang II FFH-Richtlinie:
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranuncu-
lion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
Erhaltung der Gewässerqualität und einer natürlichen oder naturna-
hen Fließgewässerdynamik
Erhaltung der Durchgängigkeit für Gewässerorganismen
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit auetypischen Kon-
taktlebensräumen
91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion,
Alnion incanae, Salicion albae)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem
und liegendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen
Baumarten mit einem einzelbaum- oder gruppenweisen Mosaik ver-
schiedener Entwicklungsstufen und Altersphasen
Erhaltung einer bestandsprägenden Gewässerdynamik
Erhaltung eines funktionalen Zusammenhangs mit den auetypischen
Kontaktlebensräumen
Coenagrion mercuriale (Helm-Azurjungfer)
Erhaltung gehölzfreier, besonnter, basenreicher Quell- und/oder Wie-
senbäche und -gräben mit emerser Gewässervegetation
Gewährleistung einer den ökologischen Ansprüchen der Art förderli-
chen Form der Graben- und Gewässerpflege
Erhaltung von Uferrandstreifen, deren Bewirtschaftungsintensität und -
rhythmus den ökologischen Ansprüchen der Art angepasst ist
Maculinea nausithous (Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling)
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 301 von 321
Erhaltung von nährstoffarmen bis mesotrophen Wiesen mit Beständen
des Großen Wiesenknopfs (Sanguisorba officinalis) und Kolonien der
Wirtsameise Myrmica rubra
Beibehaltung oder Wiedereinführung einer den ökologischen An-
sprüchen der Art förderlichen Bewirtschaftung der Wiesen, die sich an
traditionellen Nutzungsformen orientiert und zur Erhaltung eines für
die Habitate günstigen Nährstoffhaushaltes beiträgt
Erhaltung von Säumen und Brachen als Vernetzungsflächen
VII.3.3.14.1.9. FFH-Gebiet 5820-303 „Tongrube von Meerholz und Hardt bei Bernbach“
Das FFH-Gebiet umfasst eine Tonabbaugrube vorwiegend mit Waldbestän-
den und kleinflächigen Magerrasen-, Streuobst- und Grünlandbereichen
sowie zwei Weihern als bedeutendem Lebensraum bedrohter Amphibienar-
ten. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hes-
sen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das FFH-
Gebiet folgende Erhaltungsziele für zwei nach Anhang II FFH-Richtlinie ge-
schützten Amphibienarten:
Bombina variegata (Gelbbauchunke)
Erhaltung von Brachen oder von Flächen im Umfeld der Gewässerhabitate,
deren Bewirtschaftung artverträglich ist
Erhaltung von Lebensraumkomplexen mit besonnten, flachen, möglichst
fischfreien Kleingewässern
Triturus cristatus (Kammmolch)
Erhaltung von zentralen Lebensraumkomplexen mit besonnten, zu-
mindest teilweise dauerhaft wasserführenden, krautreichen Stillgewäs-
sern
Erhaltung der Hauptwanderkorridore
Erhaltung fischfreier oder fischarmer Laichgewässer
Erhaltung strukturreicher Laub- und Laubmischwaldgebiete und/oder
strukturreiche Offenlandbereiche in den zentralen Lebensraumkom-
plexen
VII.3.3.14.1.10. FFH-Gebiet 5821-303 „Hailerer Sonnenberg und angrenzende Magerra-
senflächen“
Das Gebiet umfasst kleinflächige Kalkhalbtrockenrasen und deren
Brachestadien auf Zechsteinkalken im Verbund mit Grünland, Gehölzen und
einem Waldmeister-Buchen-waldbestand auf Kalk an einem südexponierten
Steilhang. Nach Maßgabe der Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in
Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura 2000-Verordnung) bestehen für das
FFH-Gebiet folgende Erhaltungsziele für Lebensraumtypen (LRT) nach An-
hang I FFH-Richtlinie:
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 302 von 321
6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien
(Festuco-Brometalia)
Erhaltung des Offenlandcharakters der Standorte
Erhaltung einer bestandserhaltenden, die Nährstoffarmut begünsti-
genden Bewirtschaftung
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
Erhaltung naturnaher und strukturreicher Bestände mit stehendem und lie-
gendem Totholz, Höhlenbäumen und lebensraumtypischen Baumarten in
ihren verschiedenen Entwicklungsstufen und Altersphasen
VII.3.3.14.1.11. Vogelschutzgebiet 6019-401 „Sandkiefernwälder in der östlichen Unter-
mainebene“
Das Vogelschutzgebiet umfasst lichte, warmtrockene Kiefern- und Kiefern-
mischwälder auf Sand (Quarz- und Kalksande) und stellt das beste hessi-
sche Brutgebiet für den Ziegenmelker und eins der fünf besten Gebiete für
die Heidelerche dar. Nur die nördlichste der insgesamt drei Teilflächen des
Gebietes liegt im Wirkbereich des Vorhabens. Hier herrschen großflächig
kieferndominierte Nadelwälder sowie Mischwälder vor. Nach Maßgabe der
Verordnung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008
(Natura 2000-Verordnung) bestehen für das Vogelschutzgebiet folgende
Erhaltungsziele für Brutvogelarten nach Anhang I sowie nach Art. 4 Abs. 2
VS-Richtlinie:
Grauspecht (Picus canus)
Erhaltung von strukturreichen Laub- und Laubmischwäldern in ver-
schiedenen Entwicklungsphasen mit Alt- und Totholzanwärtern, ste-
hendem und liegendem Totholz und Höhlenbäumen im Rahmen einer
natürlichen Dynamik
Erhaltung von strukturreichen, gestuften Waldaußen- und Waldinnen-
rändern sowie von offenen Lichtungen und Blößen im Rahmen einer
natürlichen Dynamik
Heidelerche (Lullula arborea)
Erhaltung großflächiger Magerrasen mit einem für die Art günstigen
Nährstoffhaushalt, und einer die Nährstoffarmut begünstigenden Be-
wirtschaftung, die einer Verbrachung und Verbuschung entgegenwirkt
Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit eingestreu-
ten alten Obstbäumen, Sträuchern und Gebüschgruppen
Neuntöter (Lanius collurio)
Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Hecken, Feldgehölzen,
Streuobstwiesen, Rainen, Ackersäumen, Brachen und Graswegen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 303 von 321
Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit Sträuchern
und Gebüschgruppen
Erhaltung von naturnahen, gestuften Wald- und Waldinnenrändern
Schwarzmilan (Milvus migrans)
Erhaltung von naturnahen und strukturreichen Laub- und Laubmischwäldern
und Auwäldern in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen mit Horstbäu-
men in einem zumindest störungsarmen Umfeld während der Fortpflan-
zungszeit
Schwarzspecht (Dryocopus martius)
Erhaltung von strukturreichen Laub- und Laubmischwälden in ver-
schiedenen Entwicklungsphasen mit Alt- und Totholzanwärtern, Tot-
holz und Höhlenbäumen
Erhaltung von Ameisenlebensräumen im Wald mit Lichtungen, lichten
Waldstrukturen und Schneisen
Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus)
Erhaltung großflächiger lichter Kieferbestände mit Altholz und ohne
flächenhaften Unterstand mit Schattholzarten
Erhaltung von offenen Stellen im Wald sowie naturnahen, gestuften
Waldrändern
Erhaltung von waldnahen Magerrasen-, Ödland-, Heide- und Brachflä-
chen, insbesondere auf trocken-sandigen Standorten der Niederun-
gen
Baumfalke (Falco subbuteo)
Erhaltung strukturreicher Waldbestände mit Altholz, Totholz sowie Pi-
oniergehölzen
Erhaltung strukturreicher, großlibellenreicher Gewässer und Feucht-
gebiete in der Nähe der Bruthabitate
Erhaltung zumindest störungsarmer Bruthabitate
Graureiher (Ardea cinerea)
Erhaltung der Brutkolonien
Erhaltung zumindest störungsarmer Brut- und Nahrungshabitate, ins-
besondere in fischereilich sowie jagdlich genutzten Bereichen
Schwarzkehlchen (Saxicola torquata)
Erhaltung der strukturreichen Agarlandschaft mit Hecken, Feldgehöl-
zen, Streuobstwiesen, Rainen, Ackersäumen, Brachen und Graswegen
Erhaltung von Grünlandhabitaten mit einem für die Art günstigen
Nährstoffhaushalt
Erhaltung von trockenen Sandrasen, Ödland-, Heide- und Brachflä-
chen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 304 von 321
Wendehals (Jynx torquilla)
Erhaltung großflächiger Magerrasenflächen mit einer die Nährstoffar-
mut begünstigenden Bewirtschaftung
Erhaltung trockener Ödland-, Heide- und Brachflächen mit eingestreu-
ten alten Obstbäumen, Sträuchern und Gebüschgruppen
Erhaltung von Streuobstwiesen
Erhaltung lichter Wälder in ihren verschiedenen Entwicklungsphasen
mit Altholz, Totholz, Höhlenbäumen, Pioniergehölzen, Schneisen und
Lichtungen
VII.3.3.14.1.12. Vogelschutzgebiet 5821-450 „Felswände bei Büdingen und Gelnhausen“
Das Vogelschutzgebiet umfasst drei nicht mehr im Abbau befindliche Groß-
steinbrüche mit Felswänden und umgebendem Wald über Talebenen und
stellt eines der fünf bedeutendsten Brutgebiete des Wanderfalken in Hes-
sen mit regelmäßig besetzten Brutfelsen dar. Nach Maßgabe der Verord-
nung über die Natura 2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (Natura
2000-Verordnung) bestehen für das Vogelschutzgebiet folgende Erhal-
tungsziele für folgende Brutvogelart nach Anhang I der VS-Richtlinie:
Wanderfalke (Falco peregrinus)
Erhaltung von Brutplätzen in Felsen und Blockhalden
Erhaltung zumindest störungsarmer Bruthabitate
VII.3.3.14.2. Wesentliche Einwendungen
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April
2010 – 9 A 5.08 – wurde eingewandt, es sei nicht gerechtfertigt, für die
Stickstoff- Zusatzbelastung die Bagatellschwelle von 3 % der Critical loads
(CL) anzuwenden (dazu VII.3.3.14.3.1). Zudem fehle die Prüfung charakteris-
tischer Arten, insbesondere im Hinblick auf die zu erwartende Quecksilber-
deposition (dazu VII.3.3.14.3.2). Des Weiteren fehle eine Betrachtung des
Zusammenwirkens des Blocks 6 mit anderen Plänen und Projekten (dazu
VII.3.3.14.3.3). Die Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3 sei
unzulässig (dazu VII.3.3.14.3.4). Schließlich fehle die Prüfung relevanter oder
potenzieller FFH- Gebiete (dazu VII.3.3.14.3.5). Eingewendet wurde zudem,
dass in der Immissionsprognose der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung fal-
sche Eingangsdaten verwendet worden seien, da die Emissionseingangsda-
ten der Immissionsprognose zur FFH- Verträglichkeitsuntersuchung gerin-
ger angesetzt worden seien als dies durch das BImSchG oder beantragte
Emissionsgrenzwerte vorgeschrieben sei (dazu VII.3.3.14.3.5). Auch seien
die ermittelten Depositionen für Stickstoff und Schwefel nicht nachvollzieh-
bar (dazu VII.3.3.14.3.5) und sei die ermittelte sternenförmige Ausbreitungs-
fahne für die N-Depositionen nicht nachvollziehbar (dazu VII.3.3.14.3.5).
Weiterhin sei eine Erhöhung des Schornsteins über die fachlich erforderli-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 305 von 321
che Schornsteinhöhe hinaus – wie aus Sicht von Einwendern am Schornstein
von Block 4 (hierüber werden die Emissionen der Hilfskessel von Block 6
abgeleitet) erfolgt - kein geeignetes Mittel, Immissionen zu verringern (dazu
VII.3.3.14.3.5).
VII.3.3.14.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
VII.3.3.14.3.1. Anwendung der Bagatellschwelle für die Stickstoff- Zusatzbelastung
In der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung ist dem aktuellen Stand von Wis-
senschaft und Forschung entsprechend für die Stickstoff- Zusatzbelastung
eine Bagatellschwelle von 3 % der Critical loads – unabhängig von der Höhe
der Vorbelastung und auch unabhängig vom Erhaltungszustand der betrof-
fenen Lebensraumtypen – angewandt worden. Diese Methode resultiert aus
dem Fachkonventionsvorschlag von KIfL (2008), der im Urteil des Bundes-
verwaltungsgerichts vom 14. April 2010 (a.a.O.) als naturschutzfachlich fun-
dierte Ausarbeitung anerkannt wurde. In der mündlichen Verhandlung wur-
de von den konsultierten Experten bestätigt, dass Zusatzbelastungen von
nicht mehr als 3% des CL außerstande seien, signifikante Veränderungen
des Ist- Zustands auszulösen oder die Wiederherstellung des günstigen Zu-
stands signifikant einzuschränken. Die im o.g. Urteil ebenfalls getroffene
Aussage, dass dies jedenfalls dann zutreffe, wenn schon die Vorbelastung
den CL um mehr als das Doppelte übersteigt, steht einer Anwendung der
Bagatellschwelle von 3% des CL im vorliegenden Fall einer geringeren
Überschreitung des CL durch die Vorbelastung nicht entgegen: Das Gericht
hatte einerseits nur über den konkreten Fall, in dem der CL durch die Vor-
belastung bereits um mehr als das Doppelte überschritten war, zu entschei-
den. Andererseits hat das Gericht die Anwendung der Bagatellschwelle aus
o.g. Fachkonventionsvorschlag als derzeitigen fachwissenschaftlichen Kon-
sens nicht in Frage gestellt.
Auch im Hinblick auf die zu erwartende Stickstoffdeposition im FFH- Gebiet
5819-305 US- Militärgelände bei Großauheim (in Höhe von 0,13 bzw.
0,11 kg/ha*a in Bezug auf die Lebensraumtypen LRT 2330 bzw. LRT 3132)
ist die Bagatellschwelle anwendbar. Die Vorbelastungswerte überschreiten
im vorliegenden Fall jedenfalls die Critical loads. Dies gilt unabhängig da-
von, dass sich die Angaben vom BUND dazu von denen der vorgelegten
FFH- Verträglichkeitsuntersuchung unterscheiden und dass tatsächlich nach
nochmaliger Überprüfung der Vorbelastungswert 2004 im Bereich des LRT
2330 bei 16 kg/ha*a statt bei 12 kg/ha*a – wie bisher in der vorgelegten
FFH- Verträglichkeitsuntersuchung angegeben – lag.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 306 von 321
VII.3.3.14.3.2. Prüfung charakteristischer Arten
Die Anwendung der o.g. 3%- Bagatellschwelle führt in der vorliegenden
FFH- Verträglichkeitsuntersuchung für den Block 6 zu dem Ergebnis, dass
diese in keinem Fall überschritten wird und somit die vorhabenbedingte Zu-
satzbelastung geringer ist als der Umfang der verschiedenen natürlichen
Prozesse, die einen Entzug von anfallenden Stickstoffverbindungen bewir-
ken (z.B. Abgabe von Stickstoff in die Atmosphäre durch bakteriellen Abbau
u.a., vgl. KIfL 2008). Im Ergebnis können daher (erhebliche) Beeinträchti-
gungen der betroffenen Lebensraumtypen durch das Vorhaben ausge-
schlossen werden.
Grundsätzlich dient die Prüfung von Auswirkungen auf charakteristische Ar-
ten der Ermittlung und Bewertung derjenigen vorhabenbedingten Beein-
trächtigungen, die nicht allein anhand des Lebensraumes und seiner Vege-
tationsstrukturen zu erfassen sind. Demzufolge sind – wie in der FFH- Ver-
träglichkeitsuntersuchung zutreffend ausgeführt – nicht alle charakteristi-
schen Arten eines Lebensraumtyps zu untersuchen, sondern nur diejenigen,
die sich unter besonderer Berücksichtigung ihrer Empfindlichkeit gegen-
über potenziellen Auswirkungen des Vorhabens sowie hinsichtlich ihrer
Verbreitung in den Lebensräumen als Indikatorart eignen.
Auch im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung für das FFH- Gebiet 5721-305
„Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“ konnte im Hinblick auf
die zu erwartenden Quecksilberdepositionen auf die Prüfung der Auswir-
kungen auf Fische als ggf. charakteristische Arten verzichtet werden, da
schon die Auswirkungen auf den Lebensraumtyp 3260 „Fluss der planaren
und montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis“ unterhalb
der Bagatellschwelle liegen und da sich die Depositionen in einem Fließ-
gewässer kaum akkumulieren können. Erhebliche Beeinträchtigungen auf
Fische konnten aus diesen Gründen bereits ausgeschlossen werden.
VII.3.3.14.3.3. Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten
Aufgrund der in der vorliegenden FFH- Verträglichkeitsuntersuchung fest-
gestellten vorhabenbedingten Auswirkungen unterhalb der Bagatellschwel-
le und der damit verbundenen fehlenden Beeinträchtigungen von Natura
2000- Gebieten ist eine Prüfung, ob ggf. im Zusammenwirken mit anderen
Plänen und Projekten erhebliche Beeinträchtigungen dieser Gebiete zu er-
warten sind, grundsätzlich nicht erforderlich. Entgegen der Ausführung ei-
niger Einwender sind auch in der von diesen zitierten Vollzugshilfe des Lan-
des Brandenburg erst dann Summationswirkungen im Rahmen einer FFH-
Verträglichkeitsprüfung zu betrachten, wenn die vorhabenbedingten Zu-
satzbelastungen zur Überschreitung der Irrelevanz- bzw. Bagatellschwellen
führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 307 von 321
Selbst wenn die für das von den Einwendern angesprochene Projekt Kam-
merofen 5 der Heraeus GmbH in Hanau prognostizierte Zusatzbelastung
ergänzend berücksichtigt werden würde, ist kein anderes Ergebnis zu er-
warten. Denn in der FFH- Vorstudie zu o.g. Projekt wurde für das angespro-
chene FFH- Gebiet 5819-309 „US-Militärgelände Groß- Auheim“ nur eine
maximale Zusatzbelastung in vernachlässigbarer Höhe von 0,01 kg/ha*a
Stickstoffdeposition ermittelt. Nur im FFH-Gebiet 5819-308 „Erlensee bei Er-
lensee und Bulau bei Hanau“ wurde die erwähnte maximale Zusatzbelas-
tung in Höhe von 0,22 kg/ha*a Stickstoffdeposition ermittelt, wobei diese
auch nur in einem kleinen Bereich am nordwestlichen Rand des Gebietes
ermittelt wurde, in dem keine geschützten Lebensraumtypen vorkommen.
In diesem FFH-Gebiet ist durch Block 6 bedingt eine irrelevante Stickstoff-
Zusatzbelastung von lediglich 0,06 kg/ha*a zu erwarten. In beiden o.g. FFH-
Gebieten können also auch bei einer Addition der Zusatzbelastungswerte
für die Stickstoffdepositionen erhebliche Beeinträchtigungen infolge des
Zusammenwirkens der o.g. Projekte sicher ausgeschlossen werden.
VII.3.3.14.3.4. Berücksichtigung der Stilllegung der Blöcke 1 bis 3
Der Behauptung einiger Einwender, dass die Verfasser der FFH- Verträg-
lichkeitsuntersuchung insbesondere im Hinblick auf die wasserseitigen
Auswirkungen von der falschen rechtlichen Annahme ausgegangen seien,
dass mit der Inbetriebnahme des Blocks 6 die Kohleblöcke 1 bis 3 stillgelegt
werden, ist entgegenzuhalten, dass die Stilllegung dieser Blöcke Bedingung
für die 1. Teilgenehmigung ist.
VII.3.3.14.3.5. Vollständigkeit der Prüfung relevanter oder potenzieller FFH- Gebiete
Das bayerische FFH- Gebiet 5920-301 „Alzenauer Sande“ konnte aufgrund
der irrelevanten Stickstoff- Zusatzbelastung von weniger als 0,1 kg/ha*a von
der Verträglichkeitsprüfung ausgenommen werden. Zudem läge die irrele-
vante Zusatzbelastung jedenfalls auch unterhalb der Bagatellschwelle von
0,3 bis 0,6 kg/ha*a für den in diesem Gebiet geschützten LRT 2330.
Das Vogelschutzgebiet 5818-401 „Main bei Mühlheim“ und das Natur-
schutzgebiet „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben“ konnte auch in Be-
zug auf mögliche Beeinträchtigungen durch Quecksilber von der Verträg-
lichkeitsprüfung ausgenommen werden, da wie bei allen im Betrachtungs-
raum liegenden Natura 2000- Gebieten die zu erwartende zusätzliche De-
position weit unterhalb der Nachweisgrenze (von 0+05 μg/(m²*d) im Jah-
resmittel) liegt, und da infolge der Lage des Gebietes in ca. 7km Entfernung
stromabwärts auch indirekte Beeinträchtigungen durch die Abwassereinlei-
tung bzw. über den Wasserpfad und damit verbunden über die Nahrungs-
kette für die im Gebiet geschützten Vogelarten (u.a. Kormoran) auszuschlie-
ßen sind.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 308 von 321
Soweit im Zusammenhang mit dem Argument, dass die Fischarten des An-
hangs II der FFH- Richtlinie unzureichend gewürdigt wurden, vorgetragen
wird, dass die FFH- Gebietsmeldung Hessens im Hinblick auf die Fischart
Rapfen unzureichend bzw. die Abgrenzung des FFH-Gebietes 5819-308 Er-
lensee bei Erlensee und Bulau bei Hanau in Bezug auf den Rapfen fehlerhaft
sei, ist dem entgegenzuhalten, dass für den Rapfen keine FFH- Gebiete ge-
meldet wurden, da es sich nicht um eine heimische Art in Hessen handelt.
Die EU- Kommission hat die Gebietsmeldung nicht beanstandet. Insoweit ist
diese Fischart nicht relevant für die FFH-Verträglichkeitsprüfung.
VII.3.3.14.3.6. Fehlerhafte Eingangsdaten in der Immissionsprogose der FFH-VU
Die Eingangsdaten zur Immissionsprognose wären nur dann falsch, wenn
diese Daten nicht nachvollziehbar oder nicht konservativ abgeschätzt wur-
den. Dies ist aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht der Fall.
Die Verwendung von mittleren Jahresfrachten und mittleren Tagesmittel-
werten ist zulässig, da Veränderungen der betrachteten Natura 2000- Ge-
biete allenfalls durch langfristige Stoffeinträge zu besorgen sein könnten
und in der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung deshalb keine akuten
Toxizitäten, sondern Langzeitwirkungen/Akkumulationen untersucht wer-
den. Im Eingang der Immissionsprognose wurden die erwarteten Jahresmit-
telwerte nach Tabelle 9 auf Seite 56 im allgemeinen Teil der FFH-VU be-
rücksichtigt. In der Tabelle 9 sind nicht die erwarteten Jahresfrachten, son-
dern die erwarteten Konzentrationen im Jahresmittel angegeben.
Die Ermittlung der im Eingang der Immissionsprognose verwendeten Daten
ist im Vergleich zu Messdaten im tatsächlichen Betrieb der bestehenden
Blöcke und der beantragten Selbstverpflichtungen nachvollziehbar. Die An-
gaben der Antragstellerin zu den Eingangsdaten der Immissionsprognose
sind auch plausibel. Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht können nur Da-
ten, die auch Grundlagen der Immissionsprognosen sind, Grundlage für ei-
ne Genehmigung sein. Insofern entspricht die Verwendung der Eingangs-
daten einer konservativen Betrachtungsweise, wenn die gegenüber der
Immissionsprognose im Genehmigungsverfahren reduzierten Emissions-
werte für NO2, SO2, Staub und NH3 im Sinne einer zusätzlichen Selbstver-
pflichtung der Antragstellerin Grundlage der Untersuchungen sind und in
Nebenbestimmungen des Bescheides als Emissionsbegrenzung aufge-
nommen werden. Dies ist hier der Fall, auch für die partikelgebundenen
Schwermetalle, die mit der im Bescheid festgelegten Emissionsbegrenzung
für Staub begrenzt sind, sowie für Ammoniak, für das im Bescheid der Jah-
resmittelwert auf 1 mg/m³ begrenzt wird. Die Einhaltung der im Bescheid
festgelegten Emissionsbegrenzungen wird durch kontinuierliche Messun-
gen überwacht.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 309 von 321
VII.3.3.14.3.7. Nachvollziehbarkeit der ermittelten N- und S-Depositionen
Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens wurde nur eine überschlägige
Bestimmung der Depositionen für SO2, NOx und Staub zur Berechnung der
nassen und trockenen Deposition vorgenommen. In dieser überschlägigen
Berechnung von 2007 wurde ebenes Gelände, kein Gebäudeeinfluss, ein
kontinuierlicher Volllastbetrieb und die Zusammenfassung der Emissionen
der Blocke 4 bis 6 aus einer Quelle zugrunde gelegt. Vereinfachungen für
eine überschlägige Berechnung zur Bestimmung der Größenordnung des
Bodeneintrags sind zulässig. Mit der Vorlage des Gutachtens vom 21. Okt.
2009 der Fa. Argumet wurde die Berechnung der Depositionen von Stick-
stoff und Schwefel auf Basis des Modells LASAT verfeinert. Das Modell
LASAT ist zur Bestimmung der nassen Deposition geeignet. In diese Be-
rechnung ist der Gebäudeeinfluss, das Gelände als auch die Zeitreihe der
meteorologischen Ausbreitungsbedingungen für die Kühlturmquelle von
Block 6 eingegangen. Zudem berücksichtigt die Depositionsberechnung
vom 21. Okt. 2009 im Gegensatz zur Abschätzung aus dem Jahre 2007 die
von der Antragstellerin beantragte NH3-Emissionskonzentration von 2
mg/m³. Die Berücksichtigung von Ammoniak hat auf die Größe der Belas-
tung einen deutlichen Einfluss.
Die wesentlichen Rahmenbedingungen zur Berechnung der Deposition von
Stickstoff und Schwefel in der Immissionsprognose zur FFH-VU werden mit
der Vorlage des Gutachtens vom 21. Oktober 2009 erläutert. Der einzige
Unterschied zwischen der Immissionsprognose der FFH-VU und dem Gut-
achten vom 21. Oktober 2009 liegt darin, dass im Gutachten vom 21. Okto-
ber 2009 noch nicht die halbierten Emissionskonzentrationen, wie sie in der
Immissionsprognose zur FFH-VU dokumentiert sind, eingegangen sind. Für
die FFH-VU wurden die Ergebnisse des Gutachtens vom 21. Oktober 2009
entsprechend der Emissionsreduzierung halbiert. Die in Einwendungen
dargelegten Widersprüche zwischen den berechneten Zusatzbelastungen
der Abschätzung von 2007 und der Immissionsprognose zur FFH-VU sind
offensichtlich, aber für die Bewertung nicht relevant, da die Abschätzung
von 2007 durch das Gutachten vom 21. Oktober 2009 präzisiert und ersetzt
wurde.
Laut den Ergebnisdarstellungen im Gutachten vom 21. Oktober 2009 liegen
die Kenngrößen für die Stickstoffdeposition im nahen Wohngebiet außer-
halb des Werksgeländes bis maximal etwa 2 kg N/ha*a. Dieser Wert korres-
pondiert mit den Angaben der Immissionsprognose zur FFH-VU. Dort wird
eine N-Deposition von 0,61 kg N/ha*a ausgewiesen. Das Gleiche gilt auf ei-
nem etwas anderen Niveau auch für die Schwefeldeposition. Die Kenngröße
aus dem Gutachten vom 21. Oktober 2009 liegt außerhalb des Werksge-
ländes bis maximal etwa 7 kg S/ha*a. In der Immissionsprognose zur FFH-
VU wird eine Schwefeldeposition von 2,9 kg S/ha*a ausgewiesen. Die Er-
gebnisse des Gutachtes vom 21. Oktober 2009 finden sich unter Berück-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 310 von 321
sichtigung der Halbierung der Emissionsansätze somit in der Immissions-
prognose zur FFH-VU wieder, so dass kein Widerspruch erkennbar ist.
Auch ist ein in Einwendungen beschriebener vermeintlicher Widerspruch
hinsichtlich der Lage der Immissionsmaximma von trockener und nasser
Deposition nicht gegeben. Der Anteil der trockenen Deposition von NO2
liegt laut Abschätzung von 2007 etwa um den Faktor 5 über dem Anteil der
nassen Deposition. Dies liegt an der Tatsache, dass NO2 im Vergleich zu
NH3 und SO2 relativ schlechter wasserlöslich ist und somit eine deutlich ge-
ringere Auswaschrate aufweist als z. B. NH3 oder SO2. Daher ist das Verhält-
nis von trockener Deposition zu nasser Deposition für NO2 kleiner als eins
und für SO2 größer als eins. In der Abschätzung von 2007 wurden darüber
hinaus lediglich die Anteile des NO und NO2 zur Stickstoffdeposition be-
rücksichtigt. In dem Gutachten vom 21. Oktober 2009 und damit auch in
der Immissionsprognose zur FFH-VU wird zusätzlich auch noch der Beitrag
der NH3-Emissionen an den Stickstoffeinträgen berücksichtigt. NH3 ist relativ
gut wasserlöslich und hat gegenüber NO2 eine etwa 1.000fach höhere Aus-
waschrate. Daher dominiert in diesem Fall NH3 das Maximum der nassen
Stickstoffdeposition deutlich stärker als NO2. Unter Berücksichtigung der
Ergebnisse des Gutachtens vom 21 Oktober 2009 ist daher in diesen Er-
gebnissen kein Widerspruch zu den Ergebnissen der Immissionsprognose
zur FFH-VU erkennbar. Bei hohen Quellen gibt es quellnah aufgrund des
Auswaschens (nasse Deposition) ein Maximum, da die Größe der Depositi-
on von der Konzentration abhängt und die Regentropfen quellnah aufgrund
einer höheren Konzentration relativ viel NH3 und NO2 aufnehmen. Dies führt
zu der ermittelten erhöhten Stickstoff-Deposition im Nahbereich des Kühl-
turms.
VII.3.3.14.3.8. Nachvollziehbarkeit der Ausbreitungsfahne bei Stickstoffdeposition
Die von Einwenderseite richtig erkannte strahlenförmige Immissionsstruktur
sieht zunächst ungewöhnlich aus, ist aber zu erklären. Sie resultiert aus der
Berechnungsmethode und der Tatsache, dass Regenereignisse im Ver-
gleich zu den Jahresstunden relativ selten bzw. mit einer deutlich höheren
Variabilität gegenüber z. B. Windgeschwindigkeitsänderungen auftreten.
Windrichtungsänderungen sind weitgehend fließend. Eine Windrichtung -
in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit - ist fast immer messbar. D.
h. die Emissionen aus einer Quelle verteilen sich windrichtungsabhängig
durchgängig über das Jahr, während Regenereignisse dadurch geprägt
sind, dass entweder Regen fällt oder nicht. D. h. es gibt hier nicht die flie-
ßenden Übergänge wie bei Windrichtungsänderungen, z. B. von Starkregen
zu keinem Regen. Vielmehr verhält es sich mit dem Regen vergleichsweise
„digital“. Bei Regenereignissen sind nasse Depositionen zu verzeichnen,
ohne Regen sind keine nassen Depositionen zu verzeichnen. Durch dieses
„entweder oder“ verteilen sich die resultierenden nassen Depositionen
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 311 von 321
vermehrt strahlenförmig und nicht wie bei den Immissionskonzentrationen,
die u. a. durch Windrichtung und Windgeschwindigkeit geprägt sind, flä-
chig.
Die strahlenförmige Immissionsstruktur ist durch die Aufteilung des Rechen-
vorgangs in 2-Grad-Schritte entstanden. Die Vorgehensweise ist zulässig, da
die Art der Modellierung der TA Luft entspricht. Die Ergebnisse wurden auf
die Eingangsdaten bezogen. 2001 ist hierbei als repräsentatives Jahr selek-
tiert worden. Aus diesem wurden auch die Regendaten verwendet, damit
eine synchrone Zeitreihe entsteht.
VII.3.3.14.3.9. Schornsteinhöhe für die Ableitung der Emissionen der Hilfskessel
Die Abgase der Hilfskessel sollen über den vorhandenen Kamin des Blocks
4 abgeleitet werden. Die Ableithöhe dieses Schornsteins beträgt 250m und
liegt damit 53,5m oberhalb der nach TA Luft erforderlichen Schornstein-
höhe von 196,5m. Grundsätzlich ist es richtig, dass eine Erhöhung des
Schornsteins über die fachlich erforderliche Schornsteinhöhe hinaus kein
geeignetes Mittel ist, Immissionen zu verringern. Diese Grundsatzhaltung ist
allerdings zu differenzieren.
Wenn bei Neuplanungen die fachlich erforderliche Schornsteinhöhe über
das erforderliche Maß hinaus erhöht werden soll, ist dies möglich. Der
Nachweis der Genehmigungsfähigkeit in Form einer Immissionsprognose
muss aber auf der Grundlage der fachlich erforderlichen Schornsteinhöhe
erfolgen. Bei Anlagenänderungen oder –erweiterungen, bei denen über ei-
nen vorhanden Schornstein, der höher ist als erforderlich, abgeleitet wer-
den soll, wird dieser o. g. Nachweis mit der erforderlichen Schornsteinhöhe
nach der derzeitigen Praxis nicht mehr gefordert.
In dem von Einwenderseite genannten Genehmigungsverfahren zur EBS-
Verbrennungsanlage in Witzenhausen wurde eine solche Immissionsprog-
nose mit der erforderlichen Schornsteinhöhe erstmalig verlangt, da über
den vorhandenen Schornstein, der deutlich höher ist als erforderlich, abge-
leitet werden sollte. Dieses Genehmigungsverfahren hat aufgrund dieser
Forderung bundesweit für Diskussionen in den entsprechenden Fachkrei-
sen gesorgt. Um eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise in dieser
Frage zu gewährleisten, hat man sich auf der Ebene der Fachbehörden da-
rauf verständigt, die ergänzende Immissionsprognose mit der erforderli-
chen Schornsteinhöhe nur für Neuplanungen zu fordern und bei vorhande-
nen Schornsteinen, die höher sind als erforderlich, darauf zu verzichten.
Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus zu bedenken, dass die Hauptemis-
sionsquelle der Kühlturm des Blocks 6 ist und die Hilfskessel verhältnismä-
ßig wenig zu den Gesamtemissionen und damit auch zu den Immissionen
des Vorhabens beitragen. Die Emissionsanteile des Hilfskessels betragen
bezogen auf die Emissionen des Blocks 6 (Kühlturmableitung) für NO2 we-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 312 von 321
niger als 1 % und für Staub weniger als 0,5 %. Eine geringere Ableithöhe
hätte somit keine Auswirkungen auf die Bewertung der zu erwartenden Im-
missionszusatzbelastungen.
Aus diesen Gründen wurde im vorliegenden Fall keine Immissionsprognose
mit der reduzierten Schornsteinhöhe verlangt
VII.3.3.14.3.10. Bewertung
Im Ergebnis der FFH- Verträglichkeitsprüfung ist festzustellen, dass unter
Berücksichtigung aller potenziellen Projektwirkungen erhebliche Beein-
trächtigungen auf Natura 2000- Gebiete in ihren für die Erhaltungsziele
maßgeblichen Bestandteilen ausgeschlossen werden können. Daher ist das
Projekt nach den Vorschriften des § 34 BNatSchG zulässig. Dies wird im
Folgenden näher begründet.
Die Errichtung des Blocks 6 ist außerhalb von FFH- oder Vogelschutzgebie-
ten geplant. Die Entfernung zum nächst gelegenen Gebiet Nr. 5919-304
„NSG Schifflache bei Großauheim“ beträgt ca. 1.200m.
Insofern ist nachvollziehbar, dass in der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung
Auswirkungen durch die Faktoren „Direkte Flächennutzung“+ „Direkte Ver-
änderung der Habitatstruktur / Veränderung der Nutzung“+ „Veränderung
abiotischer Standortfaktoren“+ „Barriere oder Fallenwirkung / Individuenver-
lust“+ nichtstoffliche Einwirkungen“ und „gezielte Beeinflussung von Arten
und Organismen“ ausgeschlossen werden.
Es wird in der vorgelegten Untersuchung außerdem plausibel begründet,
warum die Einleitung von Kühl- und Abwasser, die Schwermetalleinträge
über die Wirkpfade Luft-Wasser und Luft-Boden-Wasser, olfaktorische Reize
oder Strahlung ebenfalls nicht zu relevanten Auswirkungen auf die Gebiete
führen werden.
Nicht auszuschließen sind jedoch stoffliche Einwirkungen, da die geplante
Anlage über den Kühlturm die Luftschadstoffe SO2, NO2 und Staub emit-
tiert, die auch in weiter entfernt gelegenen Natura 2000– Gebieten zu einer
erhöhten Deposition von Stickstoff und Schwefel dadurch ggf. zu Beein-
trächtigungen führen können.
Die Beurteilung der Auswirkungen von Emissionen auf die Natura 2000-
Gebiete stützt sich auf die Immissionsprognose von ArguMet vom 19. Mai
2010. Dabei ist es aus naturschutzrechtlicher Sicht plausibel, dass in der
Prognose für die FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen auf die tatsächlich zu
erwartenden jährlichen Luftschadstofffrachten gemäß dem Emissions-
versprechen der der EON Kraftwerke GmbH abgestellt wird, da die Einhal-
tung dieses Versprechens in dem Genehmigungsbescheid zur Bedingung
gemacht werden soll.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 313 von 321
Der Betrachtungsraum für die vertiefende FFH- Verträglichkeitsuntersu-
chung wurde anhand von stoffspezifischen Abschneidekriterien, die sich an
wissenschaftlich begründeten Irrelevanzkriterien oder an Nachweisgrenzen
von Immissionsmessungen orientieren, abgegrenzt. Bei der Prognose der
Auswirkungen wurden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und
die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigt.
Die Abgrenzung des Betrachtungsraumes und die Auswirkungen auf die
Natura 2000- Gebiete sind im Einzelnen wie folgt zu beurteilen:
Bei der Ermittlung des Betrachtungsraumes für die Stickstoffeinträge orien-
tiert sich die vorgelegte Untersuchung an der Handlungsempfehlung des
Kieler Instituts für Landschaftsökologie KIfL 2008, wonach bei Stickstoffde-
positionen< 0,1 kg/ ha*a keine belastbaren Ergebnisse und folglich keine
Beeinträchtigungen begründet werden können. Nach der Immissionsprog-
nose des Büros ArguMet vom 19. Mai 2010 ist mit einer Stickstoffdeposition
> 0,1 kg/ ha*a in den Natura 2000-Gebieten Nr. 5919-304 „NSG Schifflache
bei Großauheim“+ Nr. 5819-309 „US-Militärgelände bei Großauheim“ sowie
Nr. 6019-401 „Sandkiefernwälder in der östlichen Untermainebene“ zu
rechnen.
Bei der Ermittlung des Betrachtungsraumes für Schwefeldepositionen wur-
de ebenfalls als Abschneidekriterium eine Schwefeldeposition von 0,1 kg/
ha*a definiert, unterhalb derer keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
Nach der Immissionsprognose von ArguMet vom 19. Mai 2010 ist mit einer
Schwefeldeposition > 0,1 kg/ ha*a zusätzlich zu den o.g. von Stickstoffein-
trägen betroffenen Natura 2000-Gebieten auch in folgenden Natura 2000-
Gebieten zu rechnen:
Nr. 5721-305 „Kinzig zwischen Langenselbold und Wächtersbach“+ Nr.
5819-304 „Bruchköbel“+ Nr.5819-308 „Erlensee bei Erlensee und Bulau bei
Hanau“+ Nr. 5820-301 „Kinzigaue von Langenselbold“+ Nr. 5820-302 „Wei-
deswiesen-Oberwald bei Erlensee“+ Nr.5820-303 „Tongrube von Meerholz
und Hardt bei Bernbach“+ Nr. 5821-303 „Hailerer Sonnenberg und angren-
zende Magerrasenflächen“+ Nr. 5919-303 „NSG Schwarzbruch und Natur-
schutzgebiet Pechgraben bei Seligenstadt“+ und Nr. 5821-450 „Felswände
bei Büdingen und Gelnhausen“.
Die o.g., innerhalb des jeweiligen Betrachtungsraumes für Stickstoffeinträge
sowie für Schwefeldepositionen liegenden Natura 2000- Gebiete wurden
einer Verträglichkeitsuntersuchung unterzogen.
In den FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen wird bei der lebensraumspezi-
fischen Bewertung der Auswirkungen der zusätzlichen Stickstoffdepositio-
nen das dem derzeitigen besten Stand des Wissens entsprechende und ge-
richtlich anerkannte Konzept der Critical Loads ein-schließlich der zuletzt mit
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2010 anerkannten Ba-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 314 von 321
gatellschwellen (Zusatzbelastungen von <3% der Critical Loads) zu Grunde
gelegt.
Die Bewertung der Deposition versauernd wirkender Luftschadstoffe erfolgt
auf Grundlage des Massenbilanz-Ansatzes („Simple Mass Balance“). In dem
Gutachten der Firma Öko-Data Strausberg vom 21. September 2010 wird
das Konzept der Critical Loads für den konkreten (standortbezogenen) Ein-
zelfall u.a. aufgrund des Puffervermögens der jeweils vorkommenden Bö-
den für die vorkommenden terrestrischen Lebensraumtypen (LRT) präzisiert.
Die hierfür vorgenommene Auswahl von Beurteilungspunkten ist fachlich
nachvollziehbar und umfasst alle relevanten, d.h. von den vorhabensbe-
dingten Stoffeinträgen betroffenen terrestrischen Lebensraumtypen. Bei der
Beurteilung der Auswirkungen wird dem aktuellen Stand der wissenschaftli-
chen Diskussion folgend ebenfalls eine Bagatellschwelle von 3 % des Criti-
cal Loads für die Säureeinträge zu Grunde gelegt, bei deren Unterschrei-
tung unabhängig von der bestehenden Vorbelastung nicht mit Beeinträch-
tigungen der Lebensraumtypen zu rechnen ist und somit auch aus hiesiger
Sicht die Verträglichkeit der Planung sichergestellt ist.
Die Auswirkungen auf die aquatischen Lebensraumtypen werden ebenfalls
aus fachlicher Sicht nachvollziehbar anhand der Vegetationszusammenset-
zung und des Artenvorkommens bzw. deren Empfindlichkeit gegenüber
Stoffeinträgen sowie anhand der Pufferkapazität der Wasserkörper beurteilt.
Die Beurteilung der Auswirkungen auf die Arten des Anhangs II der FFH-
Richtlinie und die Arten der Vogelschutzrichtlinie erfolgt über die Auswir-
kungen auf deren Lebensräume.
Die FFH- Verträglichkeitsprüfung ergibt in Bezug auf die Stickstoffeinträge,
dass auch, wenn für einzelne Lebensraumtypen die Critical Loads für die
Stickstoffdeposition durch die Vorbelastungen bereits überschritten sind, in
keinem der o.g. Natura 2000-Gebiete infolge der vorhabensbedingten Zu-
satzbelastung die Bagatellschwelle von 3% der Critical Loads erreicht wird.
Daher können den Ergebnissen der FFH- Verträglichkeitsuntersuchungen
folgend Beeinträchtigungen der o.g. Natura 2000- Gebiete durch Stick-
stoffdepositionen ausgeschlossen werden.
Dieses Ergebnis gilt ebenso für die Säureeinträge. Die standortbezogenen
Critical Loads in Bezug auf die Versauerung werden durch die Vorbelastung
und die vorhabenbezogene Zusatzbelastung für einen Großteil der Lebens-
raumtypen in den betrachteten FFH- oder Vogelschutzgebieten nicht über-
schritten. Für den LRT 9110 „Hainsimsen- Buchenwald (Luzulo- Fagetum)“
im FFH- Gebiet 5819-304 „Bruchköbel“ und für den Vogellebensraum der
lichten Kiefernwälder im Vogelschutzgebiet Nr. 6019-401 „Sandkiefernwäl-
der in der östlichen Untermainebene“ übersteigen zwar bereits die versau-
ernd wirkenden Stickstoff- und Schwefel- Vorbelastungen die Critical Loads
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 315 von 321
deutlich. Die prognostizierte Zusatzbelastung bleibt jedoch unterhalb der
Bagatellschwelle von 3 % der Critical Loads.
Für die Gewässer- Lebensraumtypen wird anhand der vorkommenden Ve-
getation nachvollziehbar dargestellt, dass diese entweder eine ausreichen-
de Pufferkapazität oder eine geringe Empfindlichkeit gegenüber den relativ
geringen Säurebelastungen durch das Vorhaben haben und es daher nicht
zu Auswirkungen durch das Vorhaben kommt.
Auch für die Arten nach Anhang II der FFH- Richtlinie und die Arten der Vo-
gelschutzrichtlinie können im Ergebnis Beeinträchtigungen ausgeschlossen
werden, da nach den skizzierten Ergebnissen der Untersuchungen für deren
Lebensräume die Bagatellschwellen weder für die Stickstoffdepositionen
noch für die Säureeinträge überschritten werden.
VII.3.3.15. Schutzgut Kultur- und sonstige Sachgüter
VII.3.3.15.1. Wesentliche Einwendungen
Die historische Kulturlandschaften, Bau- und Bodendenkmäler sei unzurei-
chend berücksichtigt worden. Eine wichtige Grundlage für die Untersu-
chung wäre beispielsweise das Kulturlandschaftskataster des Planungsver-
bands Ballungsraum Frankfurt/Rhein -Main gewesen.
VII.3.3.15.2. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Der Anlagenstandort wird bereits langjährig als Kraftwerkstandort genutzt,
so dass sich hier keine Kultur- und sonstige Sachgüter (wie Bau- und Bo-
dendenkmale, historische Landnutzungen) befinden.
Indirekte Auswirkungen durch Luftschadstoffimmissionen sind aufgrund der
überwiegenden Irrelevanz (Ausnahme: Quecksilber- Deposition) der Zu-
satzbelastung des Blocks 6 (siehe VI.3.4.1.2.2) ebenfalls nicht zu besorgen.
Hg-Depositionen sind in Bezug auf das Schutzgut Kultur- und sonstige
Sachgüter nicht relevant. Alle Immissionswerte werden in der Gesamtbelas-
tung eingehalten.
Kapitel 3, S. 44/87 und S. 66/87 der Antragsunterlagen, S. 4/43 der Immissi-
onsprognose sowie die Umweltverträglichkeitsuntersuchung vom 4. Juni
2009 des TÜV Nord (Ordner 21 und 22 der Antragsunterlagen, Rev01) ent-
halten Angaben zur Siedlungsstruktur bzw. zu Nutzungen in der Umgebung
des Kraftwerks. Im Untersuchungsraum befindet sich eine große Anzahl von
denkmalgeschützten und schutzwürdigen Objekten (Schutzgut Kulturgüter -
insbesondere Überreste römischer Besiedlung sowie Schloss Philippsruhe -
und sonstige Sachgüter) zum Teil in sehr gutem Erhaltungszustand. Die luft-
chemischen Vorgänge in Bezug auf Versauerungen sind in den Gutachten
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 316 von 321
von Professor Möller detailliert beschrieben und bewertet. Der Erhalt dieser
Schutzgüter ist durch das Vorhaben Block 6 nicht gefährdet.
VII.3.3.16. Raumordnung und Landesplanung
VII.3.3.16.1. Bewertungsgrundlagen / Bewertungsmaßstäbe
Gemäß § 4 Abs. 2 Raumordnungsgesetz (ROG) sind die Erfordernisse der
Raumordnung bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit
von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von Personen des Pri-
vatrechts nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu be-
rücksichtigen. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Erfordernissen der
Raumordnung nicht um sonstiges öffentliches Recht im Sinne des § 6 Abs. 1
Nr. 2 BImSchG handelt. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit sog. quali-
fizierten Raumordnungsklauseln, wie sie beispielsweise in § 35 Abs. 3 S. 2
BauGB oder § 10 Abs. 4 S. 2 Nr. 5 KrW-/ AbfG enthalten sind.
Anders als im Rahmen von Planfeststellungsverfahren können die Erforder-
nisse der Raumordnung auch nicht im Rahmen einer Abwägungsentschei-
dung berücksichtigt werden, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6
BImSchG ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der immissionsschutzrechtli-
chen Genehmigung besteht. Das immissionsschutzrechtliche Genehmi-
gungsverfahren kennt keine Planrechtfertigung. Daran ändert auch die Tat-
sache nichts, dass die Erteilung einer Teilgenehmigung ins Ermessen der
Genehmigungsbehörde gestellt ist. Das in § 8 BImSchG eröffnete Ermessen
betrifft nicht die Frage der Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung,
sondern lediglich die Frage, ob Gründe gegen die Erteilung einer Teilge-
nehmigung sprechen. Nichts desto trotz wurde die Übereinstimmung der
Anlage mit den Erfordernissen der Raumordnung überprüft und sicherge-
stellt.
VII.3.3.16.2. Wesentliche Einwendungen
Zum Themenfeld Raumordnung und Landesplanung wurde vorgetragen,
dass das Vorhaben gegen Ziele und Grundsätze des Regionalplans Südhes-
sen 2000 (RPS 2000) verstoße. Im Einzelnen wurden die Grundsätze
8-5: Bei Bedarf an überörtlicher Stromerzeugung ist Kraftwärme ge-
koppelten Anlagen grundsätzlich der Vorzug zu geben;
8-6: Großkraftwerke (mehr als 200 MW) sollen nur erweitert oder an
einen neuen Standort errichtet werden, wenn sich aus dieser Maß-
nahme in der Gesamtbetrachtung ökologische Vorteile ergeben;
5.1-1: Die Verunreinigung der Luft soll vor allem im Verdichtungsraum
verringert werden“;
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 317 von 321
5.1-2: Die Frischluftversorgung von Siedlungsgebieten ist sicherzustel-
len und zu optimieren. Kaltluftschneisen sind offenzuhalten. Wärmein-
seln zu verhindern“ und
6-1: Abfallvermeidung steht vor Abfallverwertung
benannt. Darüber hinaus wurde vorgetragen, dass im RPS 2000 für den
Kraftwerkstandort Staudinger in Großkrotzenburg kein geplantes Kraftwerk
dargestellt sei, sondern nur ein bestehendes Kraftwerk.
Das Vorhaben verstoße auch gegen die Ziele und Grundsätze des Regio-
nalplans Region Bayerischer Untermain. Diese besagten, dass für den baye-
risch / hessischen Grenzraum darauf hingewirkt werden solle, keine neuen
Standorte für weitere große Wärmekraftwerke auszuweisen. Des Weiteren,
dass in der gesamten Region nach Möglichkeit schadstoffarme und schad-
stofffreie Energieträger eingesetzt werden sollten und in den lufthygienisch
besonders schutzwürdigen Gebieten Naturpark Spessart oder Naturpark
Bayerischer Odenwald Luftverunreinigungen weitgehend vermieden wer-
den sollten.
Das geplante Vorhaben verstoße auch gegen Ziele und Grundsätze des
Landesentwicklungsplans Hessen 2000 (LEP). Danach sollen zwischen zu-
sammenwachsenden Gebieten mit erhöhter Immissionsbelastung ausrei-
chende Freiflächen als Produktionsgebiete für nächtliche Kaltluft und als
Luftaustauschgebiete erhalten und gesichert werden (Kap. 8.3 LEP). In Ver-
dichtungsräumen sowie den zugehörigen oder zuliefernden Kalt- bzw.
Frischluftsammelgebieten solle auf eine Minderung der Überwärmung und
Emissionsbelastungen sowie eine Verbesserung der Luftaustauschprozesse
hingewirkt werden (Kap. 8.3 LEP). In Kaltluftschneisen, die der Frischluftver-
sorgung von Siedlungsgebieten dienen, hätten alle Maßnahmen zu unter-
bleiben, die sie in dieser Funktion beeinträchtigen würden. Insbesondere
sei die Ansiedlung luftverunreinigender Industriebetriebe unzulässig. Kalt-
luftschneisen seien offenzuhalten (8.3 LEP). Die Summe der Emissionen solle
in Untersuchungsgebieten nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz
durch geplante Maßnahmen nicht ansteigen. Zusätzliche Emissionen sollten
durch Emissionsminderung in im Untersuchungsgebiet ausgeglichen wer-
den. (8.3 LEP). Lufthygienisch-bioklimatische Unverträglichkeiten seien be-
reits in der Planungsphase zu erkennen. Planungsalternativen seien aufzu-
zeigen und Auswirkungen der Planung mit der angemessenen Gewichtung
zu bewerten (8.3 LEP). Bereiche für Industrie- und Gewerbe seien grundsätz-
lich so auszuweisen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die aus-
schließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete vermieden
werden (8.3 LEP).
Das Vorhaben verstoße schließlich gegen Grundsätze des Raumordnungs-
gesetzes (ROG), wonach den Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung
zu tragen sei.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 318 von 321
Weiter wurde vorgetragen, dass die Landesplanerische Beurteilung vom 29.
Juni 2009 nicht korrekt umgesetzt worden sei. Es seien keine strukturellen
Verbesserungen am Main vorgesehen. Die Darstellung und Bewertung der
Erholungsfunktion über den Untersuchungsraum hinaus, zum Beispiel in
den Randlagen des Spessarts und in Alzenau sei unzureichend. Die Ver-
rechnung von Ausgleichsmaßnahmen eines anderen BImSchG- Vorhabens
(Schaffung von Retentionsraum beim Kohlelager) sei nicht zulässig. Die Ab-
weichungszulassung sei wegen der Missachtung der Erfordernisse des
Hochwasserschutzes und der Interessen anderer Mainanlieger rechtwidrig.
Zu den Maßgaben der landesplanerischen Beurteilung vom 29. Juni 2009
wurde vorgetragen, dass das verkehrliche Logistikkonzept nicht umgesetzt
sei. Der Genehmigungsantrag enthalte hierzu keine Angaben. Ebenso fehle
ein tragfähiges Konzept zur Fernwärmeauskopplung. Es sei zu gewährleis-
ten, dass Block 6 die gesetzlichen Emissionsvorgaben deutlich unterschreite
und keine höheren jährlichen Frachten an Staub, Schwefeldioxid und
Stickstoffdioxid als im Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2006memittiert wür-
den. Es bestünden Zweifel, ob diese Frachtbegrenzungen als Beschränkung
der Betriebsführung wirksam beantragt worden sein. Die Stilllegung der
Blöcke 1 bis 3 sei nicht im Genehmigungsantrag enthalten. Es sei erforder-
lich, dass die C02- Abscheidung sowohl in den Plänen als auch in der Anla-
gen- und Verfahrensbeschreibung bereits als zukünftiger Anlagenteil auf-
genommen und beschrieben werde und eine sichere Endlagerung von CO2
nachgewiesen werde. Es sei zu gewährleisten, dass ausschließlich Steinkoh-
le als Brennstoff zum Einsatz komme. Der Genehmigungsantrag enthalte
keine Festlegung zur Qualität der Steinkohle.
VII.3.3.16.3. Würdigung der Einwendungen / Bewertung
Für den geplanten Block 6 wurde von Amts wegen gemäß § 18 Hessisches
Landesplanungsgesetz (HLPG) ein Raumordnungsverfahren mit integrierter
Abweichungszulassung durchgeführt. In der landesplanerischen Beurtei-
lung vom 29. Juni 2009 wurde die Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens
mit den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung festgestellt.
Insbesondere im 6. Teil der landesplanerischen Beurteilung wurde die Wir-
kung des geplanten Vorhabens auf die Raumordnungsfaktoren „Raum- und
Siedlungsstruktur“+ „Wirtschaft“+ „Energie“+ „Verkehr“+ „Abfallentsorgung“+
„Freiraumsicherung und Freiraumentwicklung“ sowie „Land- und Forstwirt-
schaft“ betrachtet und bewertet. Bewertungsmaßstab waren dabei die Ziele
und Grundsätze des Landesentwicklungsplans Hessen 2000, des Regional-
plans Südhessen 2000, des Entwurfs des Regionalplans Südhessen / Regio-
nalen Flächennutzungsplans Ballungsraum Frankfurt / Rhein-Main 2007, des
Landesentwicklungsprogramms Bayern 2006 sowie des Regionalplans Re-
gion Bayerischer Untermain (vgl. Landesplanerische Beurteilung vom
29.06.2009, Seite 157 - 205). Die Grundsätze des Raumordnungsgesetzes
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 319 von 321
wurden mitberücksichtigt, da sie in den vorgenannten Plänen konkretisiert
sind.
In der landesplanerischen Beurteilung vom 29. Juni 2009 wurde die Verein-
barkeit des geplanten Vorhabens mit den Erfordernissen der Raumordnung
und Landesplanung bei Beachtung der im 1. Teil Kapitel B genannten Maß-
gaben festgestellt.
Die 1. Maßgabe sieht vor, dass die Vorhabensträgerin im immissionsschutz-
rechtlichen Genehmigungsverfahren durch Antrag sicher stellt, dass die
jährlichen Emissionsfrachten für die Stoffe SO2, NOx und Staub unter den
durchschnittlichen jährlichen Frachten der Jahre 1996 bis 2006 für diese
Stoffe liegen. Die mit Antrag vom 5. Juni 2009 beantragten Jahresemis-
sionsfrachten für diese Stoffe sind verbindliche Antragswerte und bereits in
dieser ersten Teilgenehmigung verbindlich festgesetzt. In den Formularen
8/1 des Antrags sind hingegen die beantragten Tagesmittelwerte und den
daraus berechneten Tages-Emissionsfrachten anzugeben. Die Angabe von
Jahresfrachten ist in dem Formular nicht vorgesehen. Eine kontinuierliche
Überwachung (tagesscharf) ist durch den Emissionsrechner gegeben.
Die 2. Maßgabe sieht vor, dass die bestehenden Blöcke 1 bis 3 nicht mehr
betrieben werden, wenn der geplante Block 6 ans Netz geht. Die Antrag-
stellerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 eine Stilllegungserklä-
rung für die Blöcke 1 bis 3 zum 31. Dezember 2012 vorgelegt. Die Einhal-
tung der Stilllegung wurde zudem durch eine Bedingung gesichert.
Die 3. Maßgabe sieht vor, dass ausschließlich Steinkohle als Brennstoff zum
Einsatz kommt. Dies ist laut Antragsunterlagen gewährleistet.
Die 4. Maßgabe sieht vor, dass die Möglichkeiten der Nachrüstung mit
Technologien zur CO2- Abscheidung vorzusehen sind. Die Antragstellerin
hat eine Bestätigung des TÜV NORD vorgelegt, dass der Block 6 des Kraft-
werks Staudinger hinsichtlich der Nachrüstung von Carbon Capture Syste-
men geeignet ist. Dazu wird u. a. eine ca. 22.000 m² große Erweiterungsflä-
che östlich des Kühlturms des Blocks 4 freigehalten.
Die 5. Maßgabe sieht vor, dass im festgestellten Überschwemmungsgebiet
ausschließlich die Errichtung der Kühlturmzusatzwasseraufbereitungsanlage
sowie – falls erforderlich – ein Teil der Rauchgasentschwefelungsanlage zu-
lässig ist. Der vorgelegt Antrag entspricht dieser Maßgabe. Der verlorenge-
hende Retentionsraum wird ausgeglichen.
Die 6. Maßgabe sieht vor, dass die Vorhabensträgerin ein Logistikkonzept
zur Verlagerung des Verkehrs zum An- und Abtransport von Brenn-, Be-
triebs- und Abfallstoffen von der Straße zur Schiene beziehungsweise auf
den Wasserweg jährlich dem Regierungspräsidium Darmstadt vorzulegen
hat. In der Nebenbestimmung IV.15.1wird sichergestellt, dass vor Inbetrieb-
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 320 von 321
nahme des beantragten Blocks das Logistikkonzept erstmalig vorzulegen
ist.
Die 7. Maßgabe sieht vor, dass am Block 6 die Möglichkeit der Fernwärme-
auskopplung bis zu 300 MWth einzurichten ist. Dies wird durch den einen
entsprechenden Fernwärmetauscher umgesetzt. Im Raumordnungsverfah-
ren hat die Vorhabensträgerin in der Fernwärmestudie dargelegt, dass im
35km- Radius um den Kraftwerkstandort Staudinger ein theoretisches Po-
tenzial für die Fernwärmeversorgung vorhanden ist. Sie hat auch dargelegt,
dass für die Erschließung des Wärmesenkenpotenzials die Mitwirkung der
regionalen Akteure in Politik und Energiewirtschaft erforderlich ist. Eine ent-
sprechende Konzeption ist noch in der Bearbeitung.
VII.3.4. (Intendiertes) Ermessen
Gemäß § 8 BImSchG soll die Teilgenehmigung erteilt werden, wenn die
dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach hat die Genehmi-
gungsbehörde zu prüfen, ob ein atypischer – vom Regelfall abweichender
Ausnahmefall vorliegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen atypi-
schen Ausnahmenfalls sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
VII.4. Sachbescheidungsinteresse
VII.4.1.1.1. Einwendungen
Nachdem von einem führenden Mitarbeiter der Antragstellerin im Vorfeld
des Erörterungstermins in einem Presseinterview geäußert wurde, dass die
Verwirklichung des Blocks 6 „under review“ sei+ haben mehrere Einwender
die Auffassung vertreten, es fehle an einem Sachbescheidungsinteresse
hinsichtlich der beantragten Teilgenehmigung.
VII.4.1.1.2. Würdigung der Einwendungen
Das Sachbescheidungsinteresse entfällt in Zulassungsverfahren dann, wenn
unter keinerlei Gesichtspunkten eine Entscheidung über den Antrag sinnvoll
wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn der Antragsteller endgültig die Absicht
hätte, das Vorhaben nicht mehr zu realisieren oder wenn unüberwindliche
tatsächliche Hindernisse bezüglich der Umsetzbarkeit einer positiven Zulas-
sungsentscheidung eindeutig erkennbar wären. Dies ist vorliegend nicht
der Fall. Aus der Sicht der Vorhabensträgerin ist es legitim, die Verwirkli-
chung des Vorhabens einer internen Überprüfung unter wirtschaftlichen
oder unternehmenspolitischen Gesichtspunkten zu unterziehen. Dadurch
entfällt aber nicht das Sachbescheidungsinteresse. Auch im Rahmen der
verkündeten Neuausrichtung des Gesamtkonzern E.ON AG im November
2010 wurde kein ausdrücklicher Verzicht auf die beabsichtigte Realisierung
des beantragten Kraftwerksprojektes erklärt.
Regierungspräsidium Darmstadt – Bescheid vom 28. Dezember 2010 Seite 321 von 321
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof Kassel, Brüder- Grimm- Platz 1, 34117 Kassel, erhoben werden.
gez.
Johannes Baron
Regierungspräsident