Insulineinstellung bei Typ 2 - bischof-hmc.de · Nebenwirkungen von Insulin ¾Hypoglykämie (bei...
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Insulineinstellung bei Typ 2
Dr. Friederike Bischof
Declaration von San Vincente 1989
IDF-/ WHO-Ziele für 5 Jahre:Verminderung...• ... der Erblindungen durch Diabetes um 1/3• ... der terminalen Niereninsuffizienz um 1/3• ... der Amputationen um die Hälfte• ... der KHK-Morbidität und -Mortalität• ... der Schwangerschaftskomplikationen
DiabetestypenTyp 1
jugendliches Alterim Schnitt 12 ½ Jahreakutes Auftretenschwere ErkrankungGewichtsverlustimmer insulinpflichtig
Typ 2
spätes Erwachsenenalterim Schnitt 65 Jahrelangsam, schleichend7-11 Jahre bis zur DSÜbergewichtmit Diät und Tabletten
behandelbar
Diabetes Prävalenz in Ostberlin
0
5
10
15
20
25
% d
er B
evöl
keru
ng
20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89
Altersgruppen (Jahre) Ratzmann, Akt Endokr Stoffwechel 12 (1991)
Exzeßmortalität bei Typ-2-Diabetikern10 Jahre nach Diagnosestellung
11,21,41,61,8
2
Exze
ßmor
talit
ät
40-49 50-59 60-69 70-79
Manifestationsalter (Jahre)
FrauenMänner
Panzram et al., Diabetologia 20 (1981)
* **
Therapieziele bei Diabetes mellitus
Prävention von Folgeschäden der Hyperglykämie durch nahe-normoglykämischeStoffwechseleinstellung
SymptomfreiheitPrävention von Koma und
Fußkomplikationen
Therapieziele
Stoffwechselentgleisung vermeidenAkutkomplikationen verhindernHypoglykämien vermeidenBeschwerden und Symptome bessernnormales Leben ermöglichenArteriosklerose bremsenOrganschäden bremsen
Indikationen für eine Insulinbehandlung
Diabetische KetoazidoseComa diabeticumDiabetes mellitus Typ 1Dm Typ 2 - PrimärversagenDm Typ 2 - Sekundärversagenpankreopriver Diabetes mellitus
Gründe für Tablettenversagen
echtes Sekundärversagen
CompliancefehlerDiätfehlererhöhter Insulinbedarfinterkurrente Infekte, Erkrankungen, Traumen oder Operationen
Sekundärversagen
Versagen der Tablettenbehandlungkonstant Nüchternwerte > 200 mg/dlca. 10% der Diabetiker pro Jahr betroffenIndikation zur InsulinbehandlungKombinationsbehandlung möglichSchulung unerläßlich
• Actrapid HM• Berlinsulin H• Huminsulin Normal• Insuman Rapid• Velasulin Human• Humalog (Lyspro)• Berlinsulin H Basal• Huminsulin Basal• Insulatard Human• Insulman Basal• Protaphan HM• Actraphane HM 30/70• Berlinsulin H 30/70• Huminsulin Profil III• Insuman Comb 25• Mixtard Human 30/70
Insulin und Proinsulin
1 Million
Wirkungen des Insulins
↓ Blutzucker↑ Glycogensynthese↓ Glycogenolyse↓ Gluconeogenese↑ Lipogenese↓ Lipolyse↑ Proteinsynthese↓ Proteolyse
Insulin ist ein anaboles Hormon
Nebenwirkungen von Insulin
Hypoglykämie (bei Überdosierung)Hyperglykämie (bei Unterdosierung)Allergische Erscheinungen, HautreaktionenLipodystrophie (Lipoatrophie, Lipohypertrophie)Ödem (meist vorübergehend)Sehstörungen (reversibel)Resistenz (selten, außer bei starkem Übergewicht)
Insulinarten und Wirkung
* Wirkung ist dosisabhängig: kleinere Dosen wirken kürzer, größere länger
Wirkungen von Insulin auf den Blutzucker
Normalinsulin morgens BZ nach dem FrühstückNormalinsulin abends BZ nach dem AbendessenBasalinsulin morgens BZ vor dem Abendessen
BZ nach dem MittagessenVerlauf über den Tag
Basalinsulin abends Nüchtern- BZVerlauf über die Nacht
Insulinwirkdauer
Normalinsulin
NPH-Insulin
Mischinsulin
Physiologische Insulinsekretion
Therapiestrategien
Insulintherapie
• Basal-unterstützte orale Therapie (BOT)• Prandiale Insulintherapie (SIT)• Basis-Bolus-Therapie (ICT)• Konventionelle Insulintherapie (CT)
– Ein-Spritzen-Schema– Zwei-Spritzen-Schema
• Pumpenbehandlung (CSII)
Ambulanter Beginn der konventionellen Insulintherapie• Beginn der Insulintherapie morgens
– Kombinationsinsulin (z.B. 30/70)– Start mit wenigen Einheiten (12-20 IE)– präprandiale BZ-Kontrollen
• bei anhaltend hohen Morgenwerten– Einführen einer abendlichen Dosis– Start mit wenigen Einheiten (ca. 8 IE)– Achtung: Morgendosis reduzieren!
Schulungsprogramm für Typ-2-Diabetiker, die Insulin spritzen
• Schulungsinhalteverteilt auf 5 Unterrichtseinheitenvon 90-120 Minuten Dauererste und zweite UE an aufeinander folgenden Tagen, die übrigen im Wochenabstand
• Teilnehmer: bis zu 4 Personen• Unterrichtende: Arzt und Helferin
Schwerpunkte der UE
• Insulin, Insulinwirkung, Injektion• Technik der BZ-Messung• blutglukosewirksame Kohlenhydrate• Ursache, Therapie und Prävention von
Hypoglykämien; Bewegung• Folgeschäden, Fußpflege,
Kontrolluntersuchungen
Regeln zur Insulinbehandlung
Eine Insulintherapie ersetzt nicht die DiätWer gespritzt hat, muss auch essenDie Insulinempfindlichkeit ist von der Tageszeit abhängig1 IU (Normal-)Insulin senkt den Blutzucker um 20-40 mg/dl (je nach Ausgangshöhe)Pro BE braucht man 1-2 IU Insulin
Regeln zur Insulinbehandlung
Ein (schlanker) Diabetiker braucht ca. 40 IU Insulin am TagMit wenigen IU anfangen: 20 - 8 IU/dieDie Insulinwirkung hängt von der Art des Insulins ab (Normal- vs. Verzögerungs-)Suspensionsinsuline sind sorgfältig zu vermischen, um Fehldosierungen zu vermeiden !!!
Aufziehen von Insulin
• Hände waschen• Rollen der Insulinflasche• Dosis als Luft in der Spritze aufziehen• Luft in Insulinflasche spritzen• Insulindosis aufziehen + 1-2 IE• Entfernen von Luftblasen• überschüssige Dosis herausspritzen
Aufziehen und Insulin mischen
• Hände waschen• jeweilige Dosis als
Luft aufziehen und in die entsprechende Flasche spritzen
• Aufziehen von Normalinsulin
• Luftblasen entfernen• überschüssiges
Insulin entfernen
• NPH-Flasche rollen• Aufziehen von NPH-
Insulin ohne Luft und ohne Drücken
• Entfernen der Luftblasen• Spritze rollen und
Insuline vermischen• Dosis kontrollieren• überschüssiges Insulin
entfernen
0 20 40 60 80 100 %
> 75
70-75
65-70
60-65
Alte
r in
Jahr
enAltersabhängigkeit des fehlerhaften
Aufziehens von Insulin
Insulinpen
Fehler bei Verwendung von Insulinpens
empfohlen: Pen 20x rollengemessen: NPH in der Patrone109 Patienten (39 Typ 1, 70 Typ 2)nur 9% rollten mehr als 10xNPH Variabilität 5% - 214%Variabilität von NPH > 20% bei 2/3 der Patienten
⇒ schwankende Blutzuckerwerte durch falsche Insulindosis
P. Jehle et al. The Lancet 354 (1999)
Mischen von NPH-Insulin
Regeln zur Insulinbehandlung
Die Insulinwirkdauer ist von der Spritzstelle abhängigVersehentliche i.m. Injektionen sind unbedingt zu vermeidenInsulin zu gleicher Tageszeit ins gleiche Körperareal
Insulininjektion? Injektionsstelle ?? Desinfizieren ?? Hautfalte bilden ?? Einstichwinkel 30° 45° senkrecht ?? Aspirieren ?? Injektionszeit ?? einmassieren ?
i.m. Injektionen vermeiden !!!
Spritzbezirke
Bauch morgensOberschenkel abends
Hüfte nur bei KindernGesäß nichtOberarm nicht
Regeln zur Insulinbehandlung
Werte unter 60 mg/dl sollen möglichst nicht vorkommen; Vorsicht bei < 100 mg/dlUnterzuckerungen im Alter sind lebens-gefährlich !!!Ein erhöhter Nüchternwert, Alpträume, Kopfschmerzen oder Nachtschweiß deuten auf nächtliche Unterzuckerungen
Akute Unterzuckerung
Blässe, Zittern, KaltschweißigkeitPuls- und Blutdruckanstieg
HeißhungerAngst, Aggressivitätneurologische Ausfälle, ParästhesienBewußtseinstrübung, Bewußtlosigkeitepileptische Krampfanfälle
Behandlung der Hypoglykämie
Drohende Hypoglykämie (BZ>60 mg%)Zusatz-BE in Form von Weißbrot, Joghurt, Obst
Leichte Hypoglykämie (Patient wach, ansprechbar, kann schlucken)orale Gabe von Zucker oder Traubenzucker oder zuckerhaltiger Getränke (1 BE = 3 Stk Würfelzucker oder 2 Plättchen Dextroenergen oder 1 Glas) anschließend Zusatz BE in Form von Weißbrot, Apfel, Joghurt
Behandlung der Hypoglykämie
Schwere Hypoglykämie (Verwirrung, neurologi-sche Ausfälle):orale Gabe von Saccharose oder Glukose wie oben (1-2 BE) oder: Glukagon i.m. (1 mg) oder: 10 - 50 ml Glukose 20% i.v. (gut nachspülen, Venenreizung)
Hypoglykämie mit Bewußtlosigkeit20%ige Glukoselösung i.v., Dauertropfinfusion mit 5-10%iger Glukose
Prinzipien der Koma-Behandlung
Engmaschige Kontrollen von BZ, Elektrolyten, insb. K, Hb, ZVD, Astrup, BilanzBlutzuckernormalisierung durch Normalinsulin als Bolus (6- 10 E) i.v. und anschließend über Perfusor (1-4 E/h)Flüssigkeitsersatz (ca. 4l in den ersten 12 Std)Kaliumsubstitution (initial 20 mmol, dann ca. 10 mmol/h)ggf. Korrektur der Azidose (bei pH < 7.1)Ergänzende Behandlung und Überwachung
Ernährung bei konventioneller Insulintherapie
• Verteilung der blutglukosewirksamen KH auf ca. 6 Mahlzeiten am Tag
• Vermeidung von Blutglukosespitzen durch Verzicht auf schnell resorbierbare KH
• Zusätzlich blutglukosewirksame Kohlen-hydrate vor außergewöhnlicher körperlicher Bewegung und Autofahren
• Fett, Alkohol und Kalorien beachten !!!
Schulung bei Insulintherapie
• Erkennen der KH in der täglichen Kost• Richtige BE- Schätzung pro Mahlzeit• Kenntnis der BZ- Effekte verschiedener KH• Verzicht auf Alkohol wegen „Unberechenbarkeit“• +BE- Korrektur bei körperlicher Aktivität oder
Autofahren• - BE- Korrektur bei erhöhten präprandialen Werten• +BE- Korrektur bei drohender Unterzuckerung• +BE- Korrektur bei der Spätmahlzeit
Stellungnahme zum praktischen Umgang mit KH-Austauscheinheiten
• Die Austauscheinheiten BE, KHE und KE sind nicht als Berechnungseinheiten, sondern als Schätzeinheiten zur praktischen Orientierung für insulinbehandelte Diabetiker anzusehen.
• Lebensmittelportionen, die 10 - 12 g verwertbare KH enthalten, können gegeneinander ausgetauscht werden.
• Nach praktischer Erfahrung entsprechen solche Lebensmittelportionen praktikablen Größen. Das Einschätzen der Portionen kann orientiert an Küchenmaßen erfolgen.
Diabetologie-Informationen, Ausschuß Ernährung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Heft 2 (1993)
Die Grundeinstellung
• Nüchternwert: 100 - 140 mg/dl• 17.00 Uhr Wert: 100 - 140 mg/dl
• 22.00 Uhr Wert: > 100 mg/dl
• pp-Wert möglichst < 160 mg/dl
Der Nüchternwert
bestimmt, wie der Tag verläuftzeigt, wie die Nacht verlaufen istist normnah anzustrebenbestimmt die morgendliche Insulindosisist die Entscheidungshilfe, das Regime zu überdenken
17.00 Uhr und 22.00 Uhr Wert
zeigen, wie der Tag verlaufen istbestimmen, wie die Nacht verlaufen wirdsind normnah anzustreben (nicht zu tief)17 bestimmt die abendliche Insulindosis22 bestimmt die Spätmahlzeitsind Entscheidungshilfen, das Regime zu überdenken
Der pp-Wert
zeigt die Blutzuckerspitzenbestimmt wesentlich das HbA1csollte nicht zu hoch seinzeigt die Wirkung der Altinsulindosiszeigt die Wirkung der KH
Problem
zu hoher Nüchternwert
? nächtliche Unterzuckerungen ?? Spätmahlzeit eingehalten ?? Spritzzeitpunkt abends ?? Körperliche Aktivität abends ?? Abenddosis ausreichend ?
Problem
zu niedriger Nüchternwert
? Meßfehler ?? nächtliche Unterzuckerungen ?? Nachts Insulin nachgespritzt ?? Körperliche Aktivität frühmorgens ?? Alkohol ?
Problem
zu hoher pp-Wert nach dem Frühstück
? zuwenig Normalinsulin morgens ?? zuviel gegessen morgens ?? Spritz-Eßabstand nicht eingehalten ?? zu schnelle KH morgens ?? Ausgangswert bereits zu hoch ?
Problem
Unterzuckerung am späten Vormittag
? zweites Frühstück ausreichend ?? zuviel Normalinsulin morgens ?? zuviel Basalinsulin morgens ?? körperliche Anstrengung am
Vormittag ?
Problem
zu hoher pp-Wert nach dem Mittagessen
? Basalinsulin ausreichend ?? zuviel / zu schnelle KH gegessen ?? Unterzuckerung am Vormittag ?
Problem
Unterzuckerung am Nachmittag
? Nachmittagsmahlzeit ausreichend ?? zuviel Basalinsulin morgens ?? körperliche Anstrengung am Nachmittag ?? Alkohol ?
Problem
17.00 Uhr Wert zu hoch
? zu üppiges Mittagessen ?? zu üppige Kaffeepause ?? zuwenig Basalinsulin morgens ?? zuwenig körperliche Bewegung ?
Problem
17.00 Uhr Wert zu niedrig
? zu kleines Mittagessen ?? Nachmittagsmahlzeit ausgefallen ?? zuviel Basalinsulin morgens ?? zuviel körperliche Bewegung ?
Problem
22.00 Uhr Wert zu niedrig
? zu kleines Abendessen ?? zuviel Normalinsulin abends ?? Basalinsulin zu früh gespritzt ?? zuviel körperliche Bewegung ?? Alkohol ?
Problem
nächtliche Unterzuckerung
? Spätmahlzeit nicht ausreichend?? zuviel Basalinsulin gespritzt ?? Basalinsulin zu früh gespritzt ?? zuviel körperliche Bewegung ?? Alkohol ?
HbA1c – das Blutzuckerlangzeitgedächtnis
Glykosilierung von Proteinen
Zucker + Eiweiß
Schiff‘sche Base (reversibel)
Glyko-silierung
AmadoriReaktion
Ketoamin(stabil)
AdvancedGlycosilation End Products (AGE)
Oxidation Vernetzung
HbA1cSenkung um 1%- Punkt halbiert das Risiko für Komplikationen! Anzustreben: HbA1c < 6,5%, dringend verbesserungsbedürftig bei > 7,5%
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !