Inhalt - humboldt · 2018. 11. 2. · Duchamps, einzuleiten. Duchamp, Avantgardist und...

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Inhalt Vorwort ............................................. 7 Einleitung ............................................ 10 Abkürzungen .......................................... 15 Historisches .......................................... 16 Arabischer Augenschmaus ................................ 16 Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle ........................ 20 Probleme ............................................ 29 Zauberhafte Zweizüger .................................. 29 Zukunftsweisende Zweizüger ............................. 43 Delikate Dreizüger ...................................... 53 Dekorative Dreizüger .................................... 75 Mächtige Mehrzüger .................................... 90 Moderne Mehrzüger .................................... 118 Studien .............................................. 144 Präzise Prinzipien ...................................... 146 Komplexe Kreationen ................................... 210 Friedliches Finale ....................................... 252 Hilfsmatt und Selbstmatt ............................. 281 Himmlische Hilfe ...................................... 282 Weiße Wunderblumen .................................. 300 5

Transcript of Inhalt - humboldt · 2018. 11. 2. · Duchamps, einzuleiten. Duchamp, Avantgardist und...

  • Inhalt

    Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

    Historisches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Arabischer Augenschmaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

    Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Zauberhafte Zweizüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Zukunftsweisende Zweizüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43Delikate Dreizüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Dekorative Dreizüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75Mächtige Mehrzüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90Moderne Mehrzüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

    Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144Präzise Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146Komplexe Kreationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210Friedliches Finale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

    Hilfsmatt und Selbstmatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281Himmlische Hilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282Weiße Wunderblumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

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  • Retroanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310Archäologische Ausgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311Vollkommene Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

    Spezialthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336Runderneuerte Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336Kühne Kuriositäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347Pralle Puzzleaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

    World Champions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388Spielerische Statistiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388Champion Challenges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

    Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398Großmeister für Schachkomposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398Großmeister im Lösen von Schachkompositionen . . . . . . . . . . . . 400Chronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431Bildverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458

    Bildtafeln 1–32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161Bildtafeln 33–64 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353

    Bildtafeln 1–16. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161Bildtafeln 17–32. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177Bildtafeln 33–48 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353Bildtafeln 49–64 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

    6 Inhalt

  • VorwortSchach hat die visuellen Möglichkeiten der Kunst. Es ist eine mechanische Skulptur, die aufregende plastische Werke vorlegt.

    (Marcel Duchamp)

    Wir erlauben uns, dieses Buch mit den Worten des wohl einflussreichs-ten Künstlers des 20. Jahrhunderts und passionierten Schachspielers, Marcel Duchamps, einzuleiten. Duchamp, Avantgardist und Schachmeister, zog sich bereits Anfang der zwanziger Jahre konsequent vom Kunstbetrieb zurück, um Schach zu spielen und sich jahrelang intensiv mit seltenen Formen von Endspielkompositionen auseinanderzusetzen, die er 1932 gemeinsam mit Vitaly Halberstadt in Buchform veröffentlichte. Inmitten einer immer hek-tischer werdenden Bild- und Sinnproduktion der Kulturindustrie war ihm das hermetische Schachspiel eine „Schule des Schweigens“, ein Fluchtort, ein Refugium, das er gern aufsuchte: „Die ganze Anstrengung der Zukunft wird es sein, gegen das, was jetzt passiert, das Schweigen, die Langsamkeit und die Einsamkeit zu erfinden.“ Duchamps Skepsis, die Suche nach Strategien der „Präzisionsmalerei“ und die Idee der „Reliterarisierung des Bildes“ fan-den im Schachspiel ihren konsequentesten Ausdruck. Dies gilt besonders für die unsterblichen Kompositionen auf dem Schachbrett, deren Bilder sich dem für immer einprägen, der sie mit der „Muse des Schweigens“ betrachtet.„Schachkompositionen“ ist eine Sammlung raffinierter ästhetischer Kunst-werke, die während der gesamten, mehr als tausend Jahre langen Ge-schichte des königlichen Spiels, unzählige Menschen faszinierten und zum Nachdenken anregten. Egal, welchem Kapitel Sie Ihre Aufmerksamkeit schenken, ob den klassischen Problemen, den verblüffenden Studien, den logischen Retros, den kooperativen Hilfsmatts, den zwingenden Selbstmatts oder den erstaunlichen Kuriositäten rund ums Schachbrett: Der Rätsel-charakter der Herausforderungen, der Zauber und Reiz der Kompositions-kunst wird für Sie ganz unmittelbar spürbar werden. Diese Reise durch die Ideengeschichte der schönsten Schachkompositionen wird dank der durch-gehenden chronologischen Darstellung aller Kompositionen in den einzel-nen Kapiteln wohltuend unterstützt.Dieses Buch ist allerdings weder ein systematisches enzyklopädisches Werk noch eine Anleitung zum Komponieren von Schachproblemen. Es wendet sich nicht an den Problemexperten, sondern vielmehr an den interessier-ten Amateur, der mehr über dieses faszinierende Thema erfahren möchte,

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  • für den der Problem-Jargon und die einschlägige Fachliteratur aber schwer verständlich sind. Daher wurde die fachspezifische Terminologie nur in der allernotwendigsten Dosis verwendet. Wer tiefer in die Materie eindrin-gen will, den können wir auf die weiterführende Fachliteratur im Anhang verweisen. Als Autoren hatten wir bei der Auswahl und Aufbereitung der Kompositionen drei Zielsetzungen vor Augen:1. Zum einen soll den Leserinnen und Lesern ein Einblick in die Vielschich-

    tigkeit der Kompositionskunst gegeben werden. Daher haben wir aus allen Bereichen repräsentative Beispiele gewählt, wobei erstmals darge-stellten Ideen bzw. Rekorden besonderes Augenmerk geschenkt wurde. Jedes Problem wird in eine zeitgeschichtliche Perspektive gerückt und in seiner Relevanz und Besonderheit kommentiert. Auch die in den letzten Jahrzehnten veranstalteten Löser-Weltmeisterschaften werden in einem eigenen Kapitel vorgestellt.

    2. Natürlich soll ein Buch zu diesem Thema die Leserinnen und Leser auch zum Lösen von Schachproblemen animieren. Wie neueste Forschungen bestätigen, bietet gerade dieser Zweig des königlichen Spiels eine gute Möglichkeit für nachhaltiges Gehirntraining, und zwar in jedem Alter! Auch Turnierspielern eröffnet das Lösen von Schachproblemen neue Per-spektiven zur Vertiefung und Verbesserung ihres Spiels. Um dies einer breiten Leserschaft zu ermöglichen, haben wir uns entschlossen, vor der Lösungspräsentation (durch das Symbol ▼ angezeigt) jeweils einen mit † markierten Tipp zu geben. Außerdem steht im Kopf einer Aufgabe, ob sie vom Diagramm her gut nachvollziehbar ist (+), am Schachbrett versucht werden sollte (++), schwer zu durchschauen ist (+++) oder als extrem schwierig, als fast unlösbar (++++) eingestuft werden muss. Diese Einschätzung hat nicht immer mit dem objektiven Schwierigkeits-grad zu tun, doch ist anzunehmen, dass viele Schachfreunde mit Hilfs-matt, Retroanalyse oder Selbstmatt weniger vertraut sind als mit ortho-doxen Problemen. Studien sehen wiederum bisweilen einfach aus, doch können diese präzisen Endspielzaubereien ohne genaues Durchspielen kaum in ihrer vollen Tiefe erfasst werden.

    3. Des Weiteren wollen wir mit unseren Ausführungen neben dieser klei-nen geistigen Anstrengung auch zum Genießen einladen. Hat man ein-mal die Raffinesse und Ästhetik eines Problems, einer Studie, einer Re-troaufgabe oder eines Schachrätsels von der Aufgabenstellung bis zur Lösung durchschaut und verstanden, wird sich die Idee aufgrund der Originalität und Einmaligkeit des Bildes nachhaltig ins Gedächtnis ein-prägen. Große Schachkompositionen wird man nie mehr ganz vergessen,

    8 Vorwort

  • und dieses Buch soll allen Leserinnen und Lesern viele solche Erlebnisse bescheren. In diesem Sinne fühlen wir uns ganz der Ansicht des Rätsel-königs Sam Loyd verpflichtet, der schon 1878 in seiner Aufgabensamm-lung Chess Strategy die Lösung stets mit folgender Begründung direkt unter das Diagramm setzte: „Da ich nicht den Wunsch hege, lediglich eine Sammlung schwieriger Aufgaben zu dem Zwecke zusammenzustellen, meinen Lesern Kopfschmerzen zu bereiten, werde ich jeder Aufgabe die Lösung beigeben.“

    Kompositionen auf dem Schachbrett sind letztlich eine Kunstform, die hohe Kunst, sich selbst und anderen mit ästhetischen Mitteln Probleme zu berei-ten. Tore zu einer idealen und rätselhaften Welt werden aufgestoßen, reale wie irreal wirkende Stellungsmuster aufs Brett gezaubert, gleichzeitig aber wird auch der ewig forschende Geist des Menschen zu Höchstleistungen getrieben. Wie sehr Schachkompositionen einst sogar den reichsten Mann Europas zu fesseln und ihn von seinen schwierigen Geschäften abzulen-ken vermochten, schildert plastisch der Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Schachzeitung, Georg Marco: „Albert Salomon Anselm Freiherr von Rothschild, der reichste Mann der Monarchie, (…) betrachtete das Schach nicht bloß als ein Mittel zur Zerstreuung in müßigen Stunden, sondern als eine Kunst, der ein eigener Kult gebührt. Daher auch seine Vorliebe für Schachprobleme. Sobald die neueste Nummer irgendeiner Schachzeitung erschien, vertiefte er sich in den Problemteil. Keine Aufgabe war ihm zu schwer und er ruhte nicht eher, bis er alle gelöst hatte. Darin konnte ihm niemand zuvorkommen, denn er studierte bis tief in die Nacht und – wie die Intimen wissen – bis in den grauenden Morgen hinein. Er packte die Idee und sie packte ihn, und beide rangen miteinander, oft bis zur Erschöpfung. Aus dem Kampfe ging er immer als Sieger hervor, widerstand ihm aber ausnahmsweise einmal ein Problem, so durfte man sicher sein, dass es verdruckt war oder der Autor einen feinen Gegenzug übersehen hatte.“ (Wiener Schachzeitung 1911, S. 67)

    Unser Dank gilt allen, die uns beim Zustandekommen dieses Buches gehol-fen haben, allen voran dem Großmeister der Schachkomposition Klaus Wenda sowie den Schachexperten Roland Schönauer und René Schwab. Dank auch an den Verlag, insbesondere Eckhard Schwettmann, dass dieses Projekt ins Programm aufgenommen wurde.

    Betrachten Sie dieses Buch, das versucht, Ihnen einen Pfad in das Univer-sum der Schachkomposition zu bahnen, als einen ersten Schritt auf Ihrem Weg zum Kenner und zur Kennerin der Materie. Viel Vergnügen!

    Michael Ehn und Hugo Kastner

    9Vorwort

  • EinleitungIch wusste wohl aus eigener Erfahrung um die geheimnisvolle Attraktion des „königlichen“ Spiels, dieses einzigen unter allen Spielen, die der Mensch ersonnen, das sich souverän jeder Tyrannis des Zufalls entzieht und seine Siegespalmen einzig dem Geist oder vielmehr einer bestimmten Form geis-tiger Begabung zuteilt. Aber macht man sich nicht bereits einer beleidigenden Einschränkung schuldig, indem man Schach ein Spiel nennt? Ist es nicht auch eine Wissenschaft, eine Kunst, schwebend zwischen diesen Kategorien wie der Sarg Mohammeds zwischen Himmel und Erde, eine einmalige Bindung aller Gegensatzpaare; uralt und doch ewig neu, mechanisch in der Anlage und doch nur wirksam durch Phantasie, begrenzt in geometrisch starrem Raum und dabei unbegrenzt in seinen Kombinationen, ständig sich entwickelnd und doch steril, ein Denken, das zu nichts führt, eine Mathematik, die nichts errechnet, eine Kunst ohne Werke, eine Architektur ohne Substanz und nichtsdestoweniger erwiese-nermaßen dauerhafter in seinem Sein und Dasein als alle Bücher und Werke, das einzige Spiel, das allen Völkern und allen Zeiten zugehört und von dem niemand weiß, welcher Gott es auf die Erde gebracht, um die Langeweile zu töten, die Sinne zu schärfen, die Seele zu spannen. Wo ist bei ihm Anfang und wo das Ende? (Stefan Zweig, Schriftsteller)

    Kein Zweig des Schachspiels ist älter als die Schachkomposition, die auch gern als Problemschach oder Kunstschach bezeichnet wird, wohl um auf die ästhetischen Aspekte eines Schachproblems bzw. einer Schach-aufgabe hinzuweisen. In den frühesten arabischen Manuskripten unseres Spiels knapp vor der Wende zum ersten Jahrtausend finden wir nur Spiel-anfänge und eine große Zahl von Schachaufgaben, so genannten Man suben (Q „Matt der Dilaram“/Historisches). Die Araber brachten das Schachspiel ab dem 10. Jahrhundert über Sizilien und die Iberische Halbinsel nach Europa. Im langen Zeitraum des europäischen Mittelalters wurde keine ein-zige gespielte Partie zur Gänze aufgezeichnet, jedoch unzählige Schachauf-gaben, die als Grundlage für Wetten damals überaus beliebt waren. Nach der „kopernikanischen Wende“ im Schach Ende des 15. Jahrhunderts mit der neuen mächtigen Figur der Dame und einer starken Dynamisierung des Spiels begann das gespielte Schach, die praktische Partie, zu domi-nieren und die Schachkomposition trat in den Hintergrund. Das erste uns bekannte gedruckte Buch über das Schachspiel von Luis Ramírez de Lucena

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  • (Salamanca 1497) enthält in seinem Aufgabenteil zur einen Hälfte noch arabische Mansuben, zur anderen Hälfte aber bereits Aufgaben nach den neuen Regeln des modernen Schachs, darunter das ewig junge Q „Matt des Lucena“. Erst mit dem Buch des in Paris lebenden Syrers Philipp Stamma aus dem Jahr 1737, dessen Probleme noch immer an die alte arabische Man-sube erinnern, begann sich ein vom praktischen Spiel völlig unabhängiger Zweig der Schachkunst zu entwickeln, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend komplexere Aufgaben schuf und eine für Laien immer schwe-rer verständliche Fachsprache entwickelte.

    Ein Schachproblem oder eine Schachaufgabe ist eine erdachte Stellung auf dem Schachbrett, der eine bestimmte Forderung (z. B. Weiß zieht und setzt in zwei Zügen matt oder Weiß zieht und hält remis) beigefügt ist. Anga-ben zum Urheber (dem Autor oder Komponisten der Aufgabe) sowie der Quelle der Erstveröffentlichung, bei neuen Kompositionen mit dem Ver-merk „Urdruck“ (oder „Original“) versehen, sowie etwaige Angaben zu gewonnenen Preisen, ergänzen meist das Stellungsdiagramm. Bisweilen wird in Klammer die Zahl der weißen und schwarzen Steine angegeben. Komplettiert wird die ganze Aufgabenstellung durch die Lösung, die auch mit Kommentaren des Autors oder Herausgebers versehen sein kann.

    Im Gegensatz zur Schachpartie zwischen zwei Personen ist bei der Kompo-sition das Material auf die zur Darstellung der Idee notwendigen Figuren beschränkt. Überflüssige Steine, die für die Lösung keine Rolle spielen oder vielleicht nur eine Nebenlösung verhindern helfen (so genannte „Nacht-wächter“), sind verpönt, gilt doch im Problemschach uneingeschränkt das „Prinzip der Ökonomie“. Dazu kommt, dass die Gegner in der Schachpar-tie gegensätzliche Ziele verfolgen, während Problemschach grundsätzlich als „Schach ohne Partner“ verstanden werden muss. Die Idee ist bereits von vornherein vorhanden und kunstvoll in die Stellung verpackt, sie muss „nur“ noch von Löserin und Löser gefunden werden. Die wichtigsten Arten der Komposition sind das direkte Matt, auch „orthodoxes Problem“ genannt, das Hilfsmatt, wo beide Seiten, Weiß und Schwarz, ihre Strategien auf ein gemeinsames Ziel hin ausrichten, das Selbstmatt, wo Weiß das Gegenüber zwingt, ihn Matt zu setzen, und die Studie, die ein Bindeglied zwischen Partie und Komposition darstellt. Bei ihr ist die Forderung normalerweise „Weiß zieht und gewinnt“ oder „Weiß zieht und hält remis“, ohne allerdings die Zahl der Züge zu begrenzen, denn hier geht es um die Realisierung eines Manövers oder einer Idee unabhängig von einer bestimmten Zuganzahl.

    11Einleitung

  • Erstmals wurde dieser Begriff in diesem Zusammenhang 1851 von Bernhard Horwitz und Josef Kling (Q „1. Preisträger 1862“/Studie) verwendet. Mit der Retroanalyse, die die Vergangenheit einer Stellung untersucht, oder etwa die Frage, wer gerade am Zug ist, sowie dem Märchenschach, in dem Figu-ren mit neuen Gangarten eingesetzt, Brettarten und -formen verändert und unterschiedlichste, bisweilen bizarr anmutende Bedingungen gestellt wer-den, wurde die Welt der Kompositionen in den letzten hundert Jahren um wichtige Elemente erweitert. Nicht zuletzt dürfen auch die Randgebiete bei der Darstellung dieser Kunst, wie mathematische Schachaufgaben, Kon-struktionsaufgaben sowie Schachpuzzles, nicht vergessen werden.

    Die orthodoxe Richtung der Schachkomposition ist die wohl am weitesten verbreitete. Mit der klaren Forderung „Matt in n Zügen“ muss von Weiß auch die härteste Gegenwehr des Schwarzen durchbrochen werden. Ent-sprechend der zum Matt führenden notwendigen Zugzahl unterscheiden wir zwischen Zweizügern, Dreizügern und Mehrzügern. Und wie die Leserin und der Leser in diesem Buch sehen werden, kann „Mehrzüger“ durchaus manchmal auch mehr als 100 Züge bedeuten.

    Generell muss bei allen Kompositionen eine legale Stellung auf dem Brett stehen, das heißt eine Stellung, die theoretisch durch regelkonforme, wenn vielleicht auch spieltechnisch unsinnige Züge aus der Grundstellung zustande gekommen ist. Stehen einer Seite drei Türme oder mehr als eine Dame zur Verfügung, müssen diese durch Bauernumwandlungen erklärbar sein. Für Rochade und En-passant-Schlagzüge gibt es spezielle Konventio-nen: So darf rochiert werden, wenn nicht nachweisbar ist, dass König oder Turm bereits gezogen haben. Der En-passant-Schlag hingegen ist nur dann erlaubt, wenn nachweisbar ist, dass der letzte Zug der Doppelschritt des betreffenden Bauern war. Der erste Lösungszug von Weiß trägt den spre-chenden Namen Q Schlüsselzug, denn damit wird, bildlich gesprochen, das Tor zur Lösung aufgesperrt. Dieser Schlüsselzug sollte kein Schlagzug sein (von Ausnahmen abgesehen) und sich auch nicht offensichtlich auf-drängen. So will es die Ästhetik des Problemschachs. Außerdem ist ein Schachgebot im ersten Zug nur in besonderen Fällen erwünscht. Gern gese-hen werden dagegen Schlüsselzüge, die dem Schwarzen Fluchtfelder einräu-men, oder solche, die weiträumig die Fläche des Brettes nutzen. Geschicktes schwarzes Gegenspiel kann verschiedene Varianten bewirken, wobei sich das Thema (die Idee) des Problems dem Löser/der Löserin in der Hauptva-riante erschließen sollte. Nebenvarianten können ein sinnvolles konstruk-

    12 Einleitung

  • tives Mittel sein oder aber auch der Vermeidung von Nebenlösungen die-nen, denn diese entwerten in der Regel eine Schachkomposition. Treten unbeabsichtige Abweichungen in wichtigen Varianten des Lösungsverlaufs auf, spricht man von Q Dualen. Diese sind – vor allem in der thematischen Hauptvariante – ebenso wenig erwünscht wie unlösbare Aufgaben, die an einem Hindernis scheitern, das der Autor einfach übersehen hat. Da heute mit Computerprogrammen Schachkompositionen sehr leicht auf ihre Kor-rektheit überprüft werden können, wird in so mancher alten „Perle“ der eine oder andere „Cook“ (Fehler) entdeckt. Manchmal ist eine Korrektur möglich (Q Loyd: „Die Sünde der Nonnen“/Hilfsmatt), oft jedoch muss die Komposition einfach als wertlos abgelegt werden.

    Die Veröffentlichung von Kompositionen erfolgt üblicherweise in Tages-zeitungen, Magazinen, Schachzeitschriften oder im Internet. Falls bei die-sen Aufgaben keine weiteren Angaben folgen, ist die Forderung immer an Weiß gestellt (Ausnahme sind Hilfsmatt-Aufgaben), also an die Seite, die gleichzeitig auch am Zug ist.

    Die Geschichte der modernen Problemkunst beginnt vor der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa, und hier vor allem in den deutschsprachigen Ländern. Die Forderung „Matt in n Zügen“ stand bald als Synonym für das Schachproblem schlechthin. Wichtige Vertreter dieser sich herausformen-den Altdeutschen Problemschule, deren Prinzipien Johann Nepomuk Berger in seiner 1884 erschienenen Schrift „Das Schachproblem und seine kunstgerechte Darstellung“ streng zusammenfasste, waren Klett, Schrüfer, Nowotny und Bayer. Zeitlich etwas später entstand auf dem Gebiet des heu-tigen Tschechien und der Slowakei die so genannte Böhmische Schule. Diese pflegte in erster Linie die Kultivierung des Mattbildes, unter spar-samster Verwendung von Figuren. Höchstes Ziel war das Q Mustermatt oder Q Modellmatt, bei dem alle weißen Figuren außer König und Bauern betei-ligt sein mussten und bei dem kein Feld um den König mehrmals ange-griffen oder geblockt sein durfte. Mindestens drei Modellmatts mussten es schon sein, um ein Problem lobenswert zu machen. Der Dreizüger war die bevorzugte Kompositionsrichtung dieser nach ästhetischen Kriterien und Konventionen ausgerichteten Schule.

    Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Problem- und Studienturniere ein willkommenes Begleitprogramm von Schachturnieren zu werden. Zur sel-ben Zeit begann die Komponistenkarriere des Amerikaners Sam Loyd, der

    13Einleitung

  • keiner Schule zuzuordnen ist. Mit seinen genialen Einfällen wurde er nicht nur zum „Rätselkönig“ des 19. Jahrhunderts, sondern zu einem der Größten der gesamten Problemgeschichte.

    Ein großer Schritt in die Moderne wurde durch das von Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn 1903 herausgegebene Werk „Das Indische Problem“ getan. Der Name geht auf ein schon mehr als 50 Jahre altes Problem des Reverend Henry Augustus Loveday (Q Loveday: „Das kritische Feld“) zu-rück, wo erstmals ein Schnittpunkt überschritten werden musste, um eine Verstellung zu ermöglichen. Diese Figurenbewegung wurde von Kohtz und Kockelkorn als „kritischer Zug“ bezeichnet. Mit der neuen Zielset-zung der klaren, möglichst zweckreinen Darstellung einer strategischen Idee wurde eine neue Kompositionsrichtung eingeschlagen, die Neudeut-sche oder Logische Schule. Ab den vierziger Jahren des vorigen Jahrhun-derts stand bei vielen Problemkomponisten, vor allem aus der Sowjetunion, Tschechien, Finnland und den Niederlanden, die „Wechselspielthematik“ im Vordergrund. Nicht das Mattsetzen und der möglichst spektakuläre Schlüsselzug waren das Ziel der Bemühungen, sondern der Dreiklang aus Q Satzspiel (eine in der Diagrammstellung enthaltene Variante mit Schwarz am Zug), Q Verführung (ein thematischer Fehlversuch, der nur an einem schwarzen Gegenzug scheitern sollte) und Lösung. Diese drei Bereiche wurden quasi zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen. Neue Themen wie „geschlossene Ketten“, „zyklische Problemstellungen“, „Mattwechsel“, „Paradenwechsel“ oder „Motivwechsel“ (Q Glossar) fanden Eingang in die immer komplexer werdende Welt der Kompositionskunst, die gegenwärtig wohl an die 1000 (!) verschiedene Grundthemen zur Verfügung hat.

    Heute werden sowohl eigene Kompositionswettkämpfe als auch Löserwett-bewerbe ausgetragen, letztere seit 1977 als „World Chess Solving Cham-pionship“, zunächst für Länderteams, ab 1983 auch für Einzellöser und -löserinnen. Wie im Turnierschach wurden die Titel „Großmeister“, „Inter-nationaler Meister“ und „FIDE-Meister“ für Löser wie für Komponisten (Q „Chess Challenges“) geschaffen. Zuständig für das Problemschach ist die 1956 von Q Nenad Petrović und anderen ins Leben gerufene PCCC (The Permanent Commission of the FIDE for Chess Compositions), deren Agen-den seit 2010 von der neu gegründeten WFCC (World Federation for Chess Composition) übernommen wurden. Für die Titelvergabe in der Komposi-tion ist die Anzahl der in die FIDE-Alben aufgenommenen Probleme und Studien entscheidend. Diese Kompilationswerke, die seit 1958 regelmä-

    14 Einleitung

  • ßig erscheinen, waren eine weitere Idee des Kroaten Nenad Petrović. Mit der 1924 in Essen gegründeten Zeitschrift „Die Schwalbe“ sowie der 1988 entstandenen Organisation „ARVES“ (Alexander Rueb-Vereinigung für Endspielstudien im Schach) und der von ihr vertriebenen Zeitschrift EG (Endgames) wurden dem Problemschach zwei weltweit anerkannte Doku-mentationsplattformen geschaffen.

    Den Freunden der edlen wie schwierigen Kunst der Schachkomposition bietet sich jedenfalls ein weites, international gut vernetztes und immer mehr ausuferndes Betätigungsfeld.

    AbkürzungenK KönigD DameT TurmL LäuferS SpringerB Bauer+ Schach++ Doppelschach# Mattx Schlagzeichen0-0 kurze Rochade0-0-0 lange Rochadee.p. en passant!! sehr starker Zug! starker Zug!? interessanter Zug?! zweifelhafter Zug? schwacher Zug,

    Fehler?? sehr schwacher

    Zug, grober Fehler

    ◻ Weiß am Zug◼ Schwarz am Zug◻◼ unklar, wer zieht† Tipp, Hinweis

    ▼ Achtung, Lösung~ beliebiger Zug* Satzspiel> Umwandlung einer Figur N. N. unbekannter Komponist#2 Problem, z. B. Matt in 2 St Studie Weiß gewinnt St= Studie Remis H#3 Hilfsmatt, z. B. Matt in 3 S#4 Selbstmatt, z. B. Matt in 4 R RetroaufgabeM Märchenschach Pz Schachpuzzleehr. Erw. ehrende Erwähnung+ im Diagramm gut nachvollziehbar++ am Brett gut nachvollziehbar+++ am Brett schwer nachvollziehbar++++ extrem schwer nachvollziehbar

    Q siehe … Q A Abbildung/Postkarte (siehe Bildtafeln)Q B Kurzbiografie (Komposition beigefügt)Q D Diagramm (Hinweis auf Komposition)Q F Foto (siehe Bildtafeln) Q M Manuskript (siehe Bildtafeln)Q T Thema (Infos siehe Glossar)

    15Abkürzungen

  • HistorischesWie merkwürdig! Ich, der ich die Welt von Indien bis nach Andalusien beherrsche, bin nicht mächtig, zweiunddreißig Schachfiguren auf einem Feld von zwei mal zwei Ellen unter Kontrolle zu halten! (Kalif al-Mamun)

    Um die folgenden Kompositionen voll genießen zu können, sei der Leser vorab mit den arabischen Zugregeln (wichtig: für Dame und Läufer) ver-traut gemacht: Der Läufer (Alfil, Notation: A) ist als arabische Figur ein Elefant, der diagonal auf das übernächste Feld zieht und dabei auch Figu-ren überspringen darf. Die Dame (Fers = Wesir, arab. firzan/firz, Nota-tion: F) darf nur diagonal einen Schritt auf Felder gleicher Farbe ziehen, ist also die schwächste Figur am Brett. Der Wesir kann daher ohne weiteres unmittelbar neben dem feindlichen König stehen. Der Bauer darf auch aus der Grundstellung nur ein Feld vorwärts ziehen. Erreicht er die gegneri-sche Grundreihe, verwandelt er sich ausschließlich in einen Fers. Die übri-gen Figuren ziehen wie im neuzeitlichen Schach. Rochade und En-passant-Schlag waren im arabischen Schach noch unbekannt.

    Arabischer Augenschmaus

    Alte Regeln

    Die älteste Mansube Abu Na’am Alfonsinischer Codex 1283, Nr. 58, ca. 840◼ # 3 + Vor uns liegt die vermutlich älteste arabische Q Mansube (wörtlich „Aufstellung“, „Anord-nung“), die erstmals im Buch des al-Adli vor-gestellt wurde. Schwarz ist es, der den weißen König matt setzen muss, obwohl ihm selbst ein zweifaches Matt droht. Im alfonsinischen Codex

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  • sind diesem interessanten Thema sogar vier Diagramme (Nr. 58, 63, 64 und 97) gewidmet. Von Abu Na’am wissen wir praktisch nur, dass er wäh-rend des Kalifats al-Mamuns in Bagdad gelebt hat, der als leidenschaftlicher Schachspieler diese Kunst gedeihlich förderte. Für heutige Begriffe wirkt dieses Problem einfach, doch bildet es so etwas wie einen Prototyp von Ästhetik. Im Laufe der mittelalterlichen Geschichte wurden zum Thema dieser Mansube immer wieder neue Varianten erdacht. † Eine Serie von Schachs führt zum edlen Mattbild. ▼ 1.Sa4+ Txa4 2.Txb3+ Kxb3 3.Td3# Zeitlose Ästhetik!

    Kreislauf des LebensN. N. Alfonsinischer Codex 1283, Nr.1, ca. 850 ◻ Weiß zieht und hält remis +++ Thema/Buch der Spiele: Ohne Frage handelt es sich bei diesem Problem Nr. 1 aus dem Buch der Spiele von Alfons dem Weisen um ein Kernstück des arabischen Kunstschachs, werden doch die ästhetischen wie schachlichen Forderungen des Mittelalters in eleganter Weise miteinander verquickt. In arabischen Quellen wird diese Mansube

    als „Wasserrad“ (arab. ‚addulabiya‘) bezeichnet, ein Name, der den ewigen Kreislauf des Lebens symbolisiert. Mit insgesamt 30 Figuren ist das Brett auch stärker überladen als bei jeder anderen der insgesamt 104 Aufgaben dieses monumentalen Werkes. In dieser sehr überladenen, kunstvoll wirkenden Stellung ist dem Schöpfer zumindest mit den Doppelbauern a2/a6 sowie h3/h7 ein „Fehler“ unter-laufen. Schwarz spielt mit 15 Figuren, daher ist ein zweimaliges Schlagen unmöglich und die Stellung streng genommen illegal. † Ein permanentes Schachbieten durch die Springer führt hier zum „ewi-gen“ Kreislauf. ▼ 1.Sh5+ Kf8 1…Kh8 Sg6#. 2.Sg6+ Ke8 3.Sg7+ Kd7 4.Sf8+ Kc7 5.Se8+ Kb6 5…Kb8 Sd7#. 6.Sd7+ Kb5 7.Sc7+ Kc4 7…Ka4 Sb6#. 8.Sb6+ Kc3 9.Sb5+ Kd2 10.Sc4+ Ke2 Achtung: Den arabischen Regeln zufolge werden die Felder d3 und e3 von den Alfils kontrolliert. 11.Sc3+ Kf3 12.Sd2+ Kg3 13.Se2+ Kh4 14.Sf3+ Kh5 15.Sg3+ Kg6 16.Sh4+ Kg7 Hiermit ist wieder die Ausgangsstellung erreicht. Historisch wertvoll!

    17Arabischer Augenschmaus

  • Aus einer arabischen Handschrift N. N. Manuskript As-ad Efendi Nr. 39, ca. 1050 ◻ # 5 ++Diese selbst heute noch wunderbar anmutende Mattkomposition wurde in einem nahezu tau-send Jahre alten handschriftlichen Manuskript des As-ad Efendi entdeckt. † Das Matt erfolgt durch einen Springer. ▼ 1.Th7+ Kg8 2.Sf6+ Kf8 3.e7+! Hinlenkung

    bei gleichzeitiger Freigabe des späteren Matt feldes. 3…Sxe7 4.Tf7+! Der zweite Springer wird abgelenkt. 4…Sxf7 5.Se6# Modellhaft!

    Die kluge Haremsdame Abu-Bakr Muhammad ben Yahya as-Suli Manuskript Abd ’al Hamid Nr. 96, Alfonsinischer Codex 1283, Nr. 90 (54, 57, 100 thematisch gleich), vor 946

    ◼ # 5 ++ Biografie: Das Kronjuwel der Problemkunst, eine märchenhaft anmutende Schachkombination, ist zweifellos das wunderbare „Matt der Dilaram“, im Manuskript der Bodleian Library in Oxford „alyariya“ („Problem der

    Edelfrau“) genannt. Dieses im „Manuskript Abd ’al Hamid Nr. 96“ (10. Jh.) von AbuBakr Muhammad ben Yahya asSuli (ca. 880–946) gezeigte Matt gehört zum wertvollen Kulturerbe der arabischen Völker. AsSuli, der im Jahr 946 starb und dessen Name auf den Ort Sul am Kaspischen Meer zurückgeht, darf ohne Übertreibung als die Lichtgestalt des arabischen Schachs gesehen werden. Seine zwei Fassungen des „Buches des Schachs“ (arab. Kitab ashshatranj) enthalten herausragende Mansuben, die zumindest fragmen tarisch erhalten blieben. In der arabischen Welt lebte sein Ruhm durch viele Jahrhunderte weiter. Wollte man die Kenntnisse eines Schachspielers rühmen, so pflegte man zu sagen: „Er spielt Schach wie asSuli.“ Der Legende nach stand bei dieser vielleicht berühmtesten Mansube des Morgenlands der leidenschaftlich dem Schach verfallene Großwesir Mur-wardi vor dem finanziellen Ruin. Als letzten Wetteinsatz – in damaligen Zeiten war Schach ein Wettspiel – bot er seine Lieblingsfrau Dilaram, ohne die er weder Ruhe noch Rast finden konnte. Der Name, den er ihr gegeben hatte, bedeutet ganz treffend „Ruhebett des Herzens“. † Die wunderschöne Prinzessin flüsterte – offensichtlich die Gefahr der Stellung erkennend (Weiß droht unabwendbar matt in einem Zug) – ihrem

    18 Historisches

  • Gemahl den rettenden Einfall ins Ohr: „Opfere deine Türme und rette dein Weib.“ Sehen Sie schon die Lösung? ▼ 1.Ta1+ Kxa1 2.Sb5+ Kb1 3.Ta1+ Kxa1 4.b2+ Kb1 5.Sa3# Frühestes BatterieProblem!

    Unsterbliche Königsjagd Abu-Bakr Muhammad ben Yahya as-Suli möglicherweise von Rabrab oder von Muhammad ben Azzayyat, vor 946. Alfonsinischer Codex 1283, Nr. 95 (38 thematisch gleich)

    ◼ # 15 +++Eine wahrlich unsterbliche Königsjagd über das ganze Brett wird hier gezeigt, und dies durch eine vollendete, geometrisch ausgefeilte Bewe-gung des Turms. Diese wunderbare Mansube

    er innert an die Nr. 1 des Codex Alfonso, das „unendliche“ Q Wasserrad/Histo-risches (arab. Mansuba adDulabiya). † Anmerkung: Es gelten die arabischen Regeln. Jeder Zug ist ein zwingen-des Schachgebot. ▼ 1…Fb2+ 2.Kb1 Ta1+ 3.Kc2 Tc1+ 4.Kd3 Tc3+ 5.Ke4 Te3+ 6.Kd5 Te5+ 7.Kc6 Tc5+ 8.Kd7 Tc7+ 9.Ke6 Ac8+ 10.Kd5 Tc5+ 11.Ke4 Te5+ 12.Kd3 Te3+ 13.Kc2 Tc3+ 14.Kb1 Tc1+ 15.Ka2 Ta1# Unsterblich!

    Wasserrad Abu-Bakr Muhammad ben Yahya as-SuliMansuba ad-Dulabiya, ca. 946◻ Weiß zieht und gewinnt ++Wie schon beim Problem 1 aus dem ehrwür-digen „Buch der Spiele“ des Alfonso el Sabio zu erkennen, waren die frühen arabischen Meister von der Idee des Kreislaufs im Universum ge-radezu besessen, auch bei der Komposition ihrer Schachaufgaben. As-Suli, der große Meister des

    frühen Mittelalters, wählte selbst den Namen „Wasserrad“, was beim zwei-maligen Kesseltreiben gegen den schwarzen König doppelt treffend ist. † Eine endlose Serie von Schachgeboten führt letztlich zum Erfolg, der schwarze König wird dabei mehrmals über das ganze Brett gejagt. Es gelten selbstverständlichen die arabischen Zugregeln.

    19Arabischer Augenschmaus

  • ▼ 1.Sa4+ Kb7 2.Sa5+ Kc8 3.Sb6+ Kd8 4.Sb7+ Ke7 5.Sc8+ Kf7 6.Sd8+ Kg6 7.Se7+ Kg5 8.Sf7+ Kf4 9.Sg6+ Kf3 10.Sg5+ Ke2 11.Sf4+ Kd2 12.Sf3+ Kc3 13.Se2+ Kb3 14.Sfxd4+ Ka4 15.Sc3+ Ka5 16.Sb3+ Kb6 17.Sa4+ Kb7 18.Sbxc5+ Kc8 19.Sb6+ Kd8 20.Sb7+ Ke7 21.Sc8+ Kf7 22.Sd8+ Kg6 23.Se7+ Kg5 24.Sf7+ Kf4 25.Sg6+ Kf3 26.Sg5+ Ke2 27.Sf4+ Kd2 28.Sf3+ Kc3 29.Se2+ Kb3 30.Sd2+ Ka4 31.Sc3+ Ka5 32.Sb3+ Kb6 33.Sa4+ Kb7 34.Sa5+ Kc8 35.Sb6+ Kd8 36.Sxc6# Klassisch!

    Mittelalterlich-neuzeitliche ModelleProbleme und Studien

    Suizidales UnterfangenN. N. Cotton Library, ca. 1273◻ S # 11 ++ Historische Bedeutung kommt dieser Aufgabe in jedem Fall zu, ist es doch vermutlich das erste Q Selbstmatt der Kompositionsgeschichte. Der Name für diese Art der Problemstellung war ur-sprünglich sehr treffend „Qui perd gagne“ (Wer verliert, gewinnt). Noch gelten die arabischen

    Zugregeln für Alfil (Läufer) und Fers (Dame). † Strategisch gesehen wird der schwarze König zum Pendeln zwischen a3 und a4 gezwungen. ▼ 1.Tb1+ Ka2 2.Fc2 Ka3 3.Tb2 Ka4 4.Kb1 Ka3 5.Ka1 Ka4 6.Fb1 Ka3 7.Ta6 Ka4 8.Ac6+ Ka3 9.Tc2 Kb3 10.Tb6+ Ka3 11.Tc3+ Axc3# Qui perd gagne!

    WendeltreppeN. N. Bonus-Socius-Manuskript, 13. Jh.◻ S # in genau 15 ++ Vor sich haben Sie die zweite Q Selbstmatt-Auf-gabe der Geschichte. William Lewis konnte 1827 selbiges Diagramm in „Chess Problems“ mit Matt in 13 vorlegen – allerdings hatte er die im 13. Jahrhundert durchaus übliche Bedingung „genau“ ausgelassen.

    20 Historisches

  • † Zunächst muss der König die b-Linie entlang getrieben werden. ▼ 1.Sc6 Kb6 2.Sa5 Kb5 3.Sc4 Kb4 4.Sa3 Kb3 5.Sc2 Kb2 6.Sa1 Kb1 7.Tcb8+ Szenenwechsel: Jetzt treibt der Turm den König auf der ersten Reihe wei-ter. 7…Kc1 8.Ta2 Kd1 9.Tc8 Ke1 10.Td8 Kf1 11.T~ (auf der jeweiligen Linie oder Reihe) 11…Ke1 12.Sb3 Kf1 13.Sd4 Ke1 14.Sf3+ Kf1 15.Tg2 hxg2# Die Lewis-Version: 9.Sb3 Ke1 10.Td2 Kf1 11.Tbd8 Ke1 12.Te8+ Kf1 13.Tg2 hxg2# Ehrwürdig!

    Im Wartesaal N. N.Bonus-Socius-Manuskript, 13. Jh.◻ # 2 +In manchem Abdruck dieser uralten Stellung wurde der weiße König auf d3 einfach wegge-lassen. In der Tat könnte er ja auch auf c2 oder e2 stehen, ohne durch ein lästiges Springerschach aus seiner Ruhestellung vertrieben zu werden. Es geht im Bonus Socius offensichtlich nur ums

    Prinzipielle. Doch auch das muss man in der nahezu symme trischen Aus-gangslage erst einmal sehen. † Schaffen Sie zunächst perfekte Symmetrie. ▼ 1.Tg7 Schon geschehen. 1…Sc8/Sf7 2.Tg8# oder 1…Se8/Sb7 2.Ta8# Altehrwürdig!

    Tristan und Isolde Georg Ernst Deutsches Wochenschach 1913 , Idee ca. 1290◼ # 3 ++Thema/„Rekonstruktion“: Das um 1210 entstandene Frag ment eines auf 30.000 Verse geplanten Romans von Gottfried von Straßburg ist eine wunderbare Bearbeitung des Tristan und IsoldeStoffs. Die unvollendete Fassung Gottfrieds wurde um 1290 von Heinrich von Freiberg fertiggestellt. Da in diesem Versepos scheinbar eine konkrete

    Stellung auf dem Schachbrett beschrieben wird (Königin Isolde spielt gegen König Marke), reizte es die Experten natürlich, sich an eine Rekonstruktion der Stellung zu wagen. Hierbei muss ein Schach mit dem Gegenschach eines Ritters (Springers), dieses dann wiederum mit einem Abzugsschach beantwortet werden können.

    21Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle

  • Der deutsche Problemkomponist Georg Ernst versuchte im „Deutschen Wochenschach“ 1913 als Erster, eine literarische Anmerkung aus dem Frag-ment Gottfrieds von Straßburg in eine brauchbare Problemstellung umzu-setzen. Allerdings stellte er Läufer und Dame um, womit sich nur der Lösungsweg zeigte, nicht jedoch das Matt in drei Zügen, wie in diesem Dia-gramm gefordert. † Es gelten die arabischen Zugregeln für Dame (Fers) und Läufer (Alfil). Damit darf sich der schwarze König einem nach heutigen Regeln unmög-lichen Doppelschach durch „Dame“ (Fers) und „Läufer“ (Alfil) aussetzen. ▼ König Marke (Schwarz) gibt mit 1…Th1+ Schach, Isolde erwidert mit 2.Sb1+ (Gegenschach des Ritters), worauf König Marke mit 2…Kb3+ und undeckbarem Abzugsschach fortsetzt. Es folgt noch 3.La4 Txa4# Rekonstruktion!

    Treuer GefährteNicholas de St. Nicholai Bonus-Socius-Manuskript, 13. Jh.◻ # 2 +Thema/Bonus Socius: Das bislang älteste bekannte europäische Werk über das Schach aus der Zeit des ausgehenden Mittelalters, eine wertvolle Handschrift auf Pergament, wurde erst 1854 in Florenz entdeckt. Bekannt wurde sie unter dem lateinischen Titel „Bonus Socius“ („treuer Gefährte“). Der Autor dieses Manuskripts aus der

    Lombardei aus dem 13. Jahrhundert ist anonym geblieben, doch nimmt man heute mit großer Wahrscheinlichkeit an, dass Nicholas de St. Nicholai, ein Universitätslehrer, der Verfasser ist. Er präsentierte seinen Lesern 194 Schachprobleme, wobei altes arabisches und junges europäisches Material bunt durcheinander gemischt wurden. Ein besonders gelungenes Problem darf Sie in längst vergangene Zeiten zurückführen.† Eines der fünf möglichen Schachgebote führt rasch zum Ziel. ▼ 1.Tf7+ Sxf7 2.Sg6# Wohlgefällig!

    22 Historisches

  • Bürger von BolognaN. N. Civis Bononiae, Ende 14. Jh.◻ # 5 ++ Die zweite bedeutende Problemsammlung des Spätmittelalters war der Civis Bononiae (wörtlich „Bürger von Bologna“), eine Sammlung von 288 Problemen; 191 davon wurden aus dem frühe-ren Bonus Socius übernommen. Die hier präsen-tierte Aufgabe ist eines der frühesten Zugzwang-probleme am Übergang zur Neuzeit.

    † Anmerkung: Noch gelten die arabischen Regeln für Läufer (Alfil) und Dame/Wesir (Fers). Der Springer muss das Feld d5 erreichen und damit einen Zugzwang auslösen.▼ 1.Se7+ Kh8 2.g7+ Kh7 3.g6+ Kh6 4.Sd5! Dieser elegante Springerzug leitet die geniale neue Idee ein: Schwarz ist in Zugzwang und muss den Wesir von der Grundlinie wegbewegen. 4…Fc2 5.Th1# Ohnmacht des Wesirs!

    Das verschollene Buch Francesch Vicent Cesena-Manuskript 1495, Nr. 51◻ # 5 – indem ein Bauer Schach bietet und der andere matt setzt +++Biografie: Es ist der Stoff zu einem kulturhistorischen Thriller. Im Jahr 1496 veröffentlichte Luis de Lucena in Salamanca sein später berühmt gewordenes Buch „Repetición de amores y arte de axedres“. Und bislang datierte man die Reform des Schachs fast ohne Widerspruch mit

    dem „Lucena“. Doch deuten Spuren auf ein noch älteres Werk hin. Schachdetektive von Antonius van der Linde bis Ricardo Calvo versuchten seit mehr als hundert Jahren vergeblich das sagenumwobene „Libre dels jochs partitis del schachs“ des Francesch Vicent (1450 bis c.1512) zu finden. Es erschien 1495 mit hundert Schachproblemen und wurde von Lope de Roca und Pere Trincher in Valencia gedruckt. Doch das Buch selbst ist verschollen. Ein Hinweis auf den Vicent findet sich im Katalog des Klosters von Montserrat bei Barcelona zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als das Kloster 1834 während eines Krieges in Brand gesteckt wurde, ging das letzte Exemplar des Vicent verloren. Und nun die Sensation: Der spanische Schachhistoriker José Garzón fand in Perugia und Cesena Manuskripte, die dem „spanischen Meister Francesco“, dem Schachlehrer der Lucrezia Borgia, zugeschrieben wurden. Und dieser ist niemand anders als der sephardische Jude Francesch Vicent, der nach der Vertrei

    23Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle

  • bung aus Spanien in Italien eine neue Heimat und Identität gefunden hatte. Das ergab eine genaue Analyse der Manuskripte, die offensichtlich eine komplette Abschrift des verschollenen Buches darstellen. Doch der Thriller geht weiter: Das CesenaManuskript ist nahezu ident mit dem Buch des Lucena. Daraus zog Garzón die erstaunliche Schlussfolgerung, dass Vicent niemand anderer war als Lucena selbst. Die Suche nach dem Ursprung des modernen Schachs führt mehr denn je nach Valencia. Im Spätmittelalter war die Q Bedingungsaufgabe, wie sie hier gestellt wird, ungemein beliebt, verschwand jedoch ab dem 19. Jahrhundert fast völlig. Dennoch bleibt diese historische Aufgabe bis heute eine schön anzusehende Schachperle. † Der Springer muss sich zum richtigen Zeitpunkt opfern. ▼ 1.Sb3 Kb8 2.Td8+ Ka7 3.Sa5 Mit Zugzwang wird nun der schwarze b-Bauer beseitigt. 3…bxa5 4.b6+ Ka6 Gemäß obiger Bedingung gibt der erste Bauer Schach und setzt der zweite matt. 5.b5# Ästhetisch!

    Obelisk Francesch Vicent Cesena-Manuskript 1495, Nr. 74◻ # 6 mit dem Bauern ++Der Läufer c1 hat lediglich eine dekorative Funk-tion. Das wäre dem heutigen Problemcode ent-sprechend nicht denkbar, hatte aber zu seiner Zeit zweifellos eine gewaltige Wirkung auf den Betrachter, da alle Steine auf der c-Linie aufge-fädelt sind.

    † Der König muss auf das Feld b4 gelockt werden.▼ 1.Td4! Kb8 2.Td8+ Ka7 Tempozüge, um den König auf der a-Linie nach unten zu treiben. 3.Sb5+ Ka6 4.Td3! Ka5 5.Ta3+ Kb4 6.c3# Dekorativ!

    Matt des Lucena Luis Ramirez de Lucena / Francesch Vicent (1495) Q ARepetición 1496◻ # 5 ++ Biografie: 1496 publizierte Luis de Lucena (c.1465 bis c.1530) die „Repetición de amores y arte de axedrez“, ein seltsames Lehrbuch über die Liebe und das Schachspiel, gewidmet Ferdinand und Isabella von Spanien. Dieses erste bekannte gedruckte Schachbuch – von dem heute nur noch

    24 Historisches

  • sechs vollständige Exemplare erhalten sind – enthält jene Regeln, nach denen wir heute noch spielen. Über den Autor weiß man wenig, mehr schon über seinen Vater, Don Juan Ramirez de Lucena, und zwar aus den Protokollen der Inquisition Torquemadas. Als Humanist trat Lucena senior für die Gleichberechtigung der Juden ein und entging nur knapp der Folter und dem Scheiterhaufen. Das Werk seines Sohnes enthält auch praktische Empfehlungen an den Schachspieler: „Spielst du während der Nacht mit nur einer Kerze, stell sie möglichst auf die linke Seite, denn dort stört sie weniger. Spielst du bei Tag, setze den Gegner gegen das Licht.“ Oder: „Spiel, wenn dein Gegner ausgiebig gegessen und getrunken hat.“ Obwohl das Werk des Lucena viele Druckfehler enthält und nach Antonius van der Linde geradezu die „kindlichste Stufe“ des Übergangs vom alten zum neuen Schach repräsentierte, hatte es bahnbrechende Wirkung und großen Einfluss auf Zeitgenossen und spätere Autoren. Die berühmteste Stellung aus dem Buch des Lucena ist über Jahrhunderte hinweg noch in jedem namhaften Lehrbuch aufgetaucht. Jüngere Forschun-gen scheinen zu bestätigen, dass diese Perle der Kombinationskunst, das erste „erstickte Matt“ der Kompositionsgeschichte, bereits im verschollenen Lehrbuch des Francesch Vicent zu finden gewesen sein musste. Ehre, wem Ehre gebührt! † Der berühmte Springerzug auf f7 „erstickt“ den König im Eckfeld. ▼ 1.De6+ Kh8 Falls 1…Kf8 2.Df7#. 2.Sf7+ Kg8 3.Sh6++ Kh8 4.Dg8+! Txg8 5.Sf7# Ersticktes Matt!

    Narrenmatt Gustavus SelenusDas Schach- oder Königsspiel 1616◻ H # 2 + Dieser Vorläufer zum modernen Hilfsmatt er-schien bereits früh im berühmten Werk Das Schach oder Königsspiel des Herzogs August II. zu Braunschweig und Lüneburg, der es unter dem Pseudonym Gustavus Selenus herausgab. Noch galt nicht die Hilfsmatt-Konvention mit Schwarz am Zug.

    † Wie der Name sagt, ist das Lösungsbild kinderleicht zu finden. ▼ 1.f3 e5 2.g4 Dh4# Insgesamt gibt es 8 Lösungswege, da der f- und der e-Bauer einen oder zwei Schritte vorwärts ziehen kann und zudem die Zugreihenfolge nicht starr sein muss. Kinderleicht!

    25Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle

  • OpferreigenPhilipp Stamma Traité sur le jeu des Echecs 1737◻ # 9 ++Biografie: Sein Schicksal ist kaum bekannt, und doch war der aus Aleppo in Syrien gebürtige Araber Philipp Stamma (1715–1808) eine der wichtigsten Persönlichkeiten für die Entwicklung des Schachspiels in Europa. Stamma hatte, vertraut man den wenigen erhaltenen Dokumenten, ein langes und entbehrungsreiches Leben. 1737 schrieb er,

    soeben über Nordafrika in Paris angekommen, seinen „Traité sur le jeux des échecs“, ein Lehrbuch des Schachspiels nebst 100 Problemen, das bis ins 20. Jahrhundert nachgedruckt wurde. Sein Schicksal ist mit dem noch strahlenderen Zeitgenossen André Danican Philidor verquickt, aus dessen Schatten sich Stamma nie lösen konnte. Bahnbrechend war seine Erfindung der StandardNotation, die die umständlichen alten Beschreibungen der Figurenbewegungen vergessen ließ. Eine Textprobe aus der ersten deutschen Ausgabe von Philidors Lehrbuch mag dies bestätigen: „ I. Weiß: Der Bauer des Königs thut zwey Schritt. Schwarz: Auf die nemliche Art. II. Weiß: Der Laufer des Königs gehet auf das vierte Feld des Läufers von seiner Dame. Schwarz: Auf die nemliche Art.“ Im Klartext: 1.e4 e5 2.Lc4 Lc5. Wichtig war Stamma vor allem für die Komposition, gelang es ihm doch, Morgen und Abendland im Schach endgültig zu versöhnen. Seine Probleme, die noch ganz der arabischen Tradition der Mansube verhaftet sind, nehmen schon vieles vom modernen europäischen Charakter der Problemkunst vorweg. Stamma strebte mit seinen opulent überladenen Aufgaben eine sichtbare Ähnlichkeit zur praktischen Partie an. In Fritz Hoffmanns Tausend Jahre Schachprobleme wird dies als „sterbendes Theater in musealer Aufbereitung“ beschrieben, das jedoch noch immer an die große Kunst der Mansuben erinnert. Tauchen Sie ein in die Geschichte der Kompositionskunst. † Der schwarze Monarch muss stets auf Trab gehalten werden, da Schwarz matt in einem Zug droht. ▼ 1.Lf4+! Ka8 2.Sb6+ axb6 3.Ta1+ Sa6 4.Txa6 bxa6 5.Lg2+ Ka7 6.Dxb6+ Kxb6 7.Sd7+ Ka5 oder 7…Ka7 8.Le3+ Tc5 9.Lxc5#. 8.Ld2# Opferbereitschaft!

    26 Historisches

  • Traité Nr. 71Philipp Stamma Traité sur le jeu des Echecs 1737, 71. Spiel◻ # 4 +Überraschend modern wirkt Philipp Stammas Vierzüger selbst für den heutigen Löser. Das Feld für das tödliche Matt muss erst einmal geräumt werden, danach folgt der Gnadenstoß. † Das Matt wird durch das Rössel erfolgen. ▼ 1.g6+ Kh8 2.g7+ Kh7 3.Txh6+! Txh6 4.Sg5# Wahrlich modern!

    DoppelopferErcole del Rio Sopra il giuoco degli scacchi 1750◻ # 5 ++Ercole del Rio war Stadtrat von Modena mit einer Leidenschaft für die praktische Seite des königlichen Spiels. Allgemein gilt Ercole del Rio als Begründer der italienischen Schachschule, die eine schnelle Figurenentwicklung als unab-dingbar ansah. In seinem anonym gedruckten

    Buch sind auch einige interessante Endspiele enthalten. Hier eines davon! † Der König muss zunächst auf die h-Linie gelockt werden. ▼ 1.Tf8+! Kg7 2.Lh6+! Kxh6 3.Tg8 ~ 4.Th5+ Lxh5 5.g5# Elementar!

    DemonstrationsobjektN. N. ca. 1780 ◼ Schwarz am Zug setzt matt oder gewinnt die Dame ++Thema/Der Schachtürke: Johann Wolfgang Ritter von Kempelen (1734–1804) war Staatsbeamter unter Maria Theresia. In die Annalen des königlichen Spiels eingegangen ist er jedoch als Erfinder des Schachtürken, der ersten Schachmaschine der Geschichte, die mit der Zauber

    hand eines geschickt im Gerät verborgenen Schachmeisters agierte. Den faszinierten Spielern gegenüber saß jedoch eine in türkischem Stil gekleidete Puppe, die scheinbar auf mechanischer Basis die Züge ausführte.

    27Mittelalterlich-neuzeitliche Modelle

  • Der Zufall wollte es, dass Kempelen auf Einladung der Kaiserin Zeuge einer Vorführung magnetischer Experimente wurde, die ein gewisser Jean Pelletier am Wiener Hof präsentierte. Er war sich danach gewiss, diese Darbietung durch eine noch bessere Erfindung überbieten zu können: Damit war der Weg zum Schachtürken frei. Europaweit begeisterte diese Schachmaschine in einer ersten Vorführwelle die Menschen. Sogar Napoleon wurde in einem Schaukampf bezwungen. (Apropos: das Wort „getürkt“ dürfte sich von diesem Automaten ableiten). Nach dem Tod Kempelens konnte Johann Nepomuk Maelzel den Schachtürken aus dem Nachlass erwerben und einen zweiten Begeisterungssturm entfachen. Leider fiel der Automat 1854 in den USA einem Feuer im Peale’s Museum in Philadelphia zum Opfer. Zu diesem Zeitpunkt war das Geheimnis der Maschine allerdings bereits gelüftet. Bei Demonstrationsvorführungen des „Türken“ wurde gerne das folgende Endspiel gezeigt. Die Verblüffung der Zuschauer über den ungewöhnlichen Zug war in der damaligen Zeit sicher gewaltig. Aber sehen Sie selbst. † Der Schlüsselzug erfolgt mit dem Läufer, doch reicht 1…Lb3 wegen 2.a3 De4 3.De5! Dh1+ 4.De1 nur zum Remis.▼ 1…Lb1! 2.a3 Nicht 2.Kxb1 Dd1#. 2…Dd1 3.Dd4 Am besten. 3…Ld3+! 4.Ka2 Db1+ 5.Kb3 Lc2+ 6.Kb4 a5+ 7.Kc4 Und nicht 7.Kb5 c6+ 8.Kc4 Da2+ 9.b3 Dxb3#. 7…Da2+ 8.Kb5 c6# Auch 2.Df7 Dd1! setzt matt oder verliert durch das Abzugsschach 3…Lg6+ zumindest die Dame. Verführerische Vor führung!

    Barock Louis Charles Mahé de Labourdonnais Le Palamède 1837◻ Weiß zieht und gewinnt ++ Louis Charles Mahé de Labourdonnais, der große Meister des praktischen Spiels und Sieger über den Iren Alexander McDonnell, war inof-fiziell der Weltmeister seiner Epoche. Im be-rühmten Café de la Régence stand ihm ein eige-ner Tisch zur Verfügung, wo Labourdonnais in

    seiner lebensfrohen Art jede Herausforderung annahm. Bisweilen konnte der große Meister aber auch auf dem Gebiet der Komposition überraschen. † Der Schlüsselzug erzwingt doppelten Turmverlust oder ein Endspiel Dame gegen Turm. ▼ 1.e7! Kxe7 Oder 1…Txb7 2.d8D+ Txd8 3.exd8D+. 2.d8D++ Kxd8 3.Txb8+ nebst 4.Txh8 mit Gewinn. Elementar!

    28 Historisches

  • ProblemeDas Komponieren von Schachproblemen gleicht dem Kartographieren gefährlicher Meere. (Wladimir Nabokov, Literat und Problemkomponist)

    Das Komponieren von Schachproblemen ist eine Kunstform, die gleicherma-ßen höchste Präzision wie spekulative Phantasie erfordert, ein wissenschaft-liches wie ästhetisches Ringen mit dem Material, mitunter über mehrere Jahre hinweg. Im diesem Reich zählen in erster Linie Kreativität, Ästhetik und perfekte Technik. Es wird verlangt, ein Matt in einer bestimmten Zahl von Zügen auf das Brett zu zaubern. Dazu besteht der Wunsch nach Klarheit, Ökonomie und Exaktheit. Und zuletzt sollte der Löser durch unerwartete Denkmuster zur Bewältigung der Aufgabe angeregt werden. Querdenken wäre also optimal! Kegelschach, Zwickmühlen, Einmauerungen, Symmet-rien, es gibt nahezu nichts, was nicht sein Ebenbild auf dem Schachbrett finden könnte. Vladimir Nabokov hat in seiner bildhaften Sprache das Kom-ponieren von Schachproblemen als „Kartographieren gefährlicher Meere“ bezeichnet. Monate, mitunter Jahre vergehen, bis nach einer zündenden Idee an der Wasseroberfläche die darunterliegende Landschaft einer Prob-lemwelt erforscht ist. Die Früchte dieser Arbeit dürfen Sie, geschätzte Lese-rinnen und Leser, in den folgenden Kapiteln genießen.

    Zauberhafte ZweizügerVielleicht am reinsten, ungetrübt von Nebenabsichten, von Erwägungen der Nützlichkeit wie von ehrgeizigem Streben, bietet sich der geistvolle Genuss des Schachs im Problem an: Der Verstand ist im Schach vollkommen autonom, ein souveräner Herr, ein kleiner Schöpfer; (…) Und dieser Genuss der unbedingten geistigen Freiheit ist das Geheimnis. (Arthur Gehlert, Problemkomponist und -theoretiker)

    Probleme bis 1945

    Älter als die älteste Partie ist die Problemkunst im Schachspiel: ein artisti-sches Solitaire, komponiert in monate-, oft jahrelangem Ringen mit einer eindeutigen Lösung. Meist steht ein einfaches Matt an der Tagesordnung,

    29

  • doch gilt es, den tückisch verborgenen Weg zum Ziel zu finden. Gerade im 20. Jahrhundert sprengte die Problemkomposition alle Grenzen der Vor-stellung und führte die alte Mechanik in ungeahnte neue Dimensionen, in „Präzisionsmalereien“, wie es Marcel Duchamp einmal ausdrückte. Wir präsentieren im Folgenden einige klassische Ideen im Zweizüger.

    „Orgelpfeifen“Sam Loyd Q F M Chess Monthly 1857◻ # 2 ++Im Idealfall gibt es für Weiß auf jeden schwar-zen Zug nur eine Antwort zum geforderten Gewinn. Bei diesem berühmten Loyd-Klassiker, einem „Verstellungswunder“, hat die Dame je-doch nach bestimmten Zügen des schwarzfeld-rigen schwarzen Läufers oder nach Blockierung

    durch den Turmzug auf e7 jeweils zwei Gewinnwege (in der Fachsprache: Q Dual). Im Jahr 2008 wurde dieses kleine Manko von Matthew van Eerde korrigiert, indem er einen zusätzlichen schwarzen Bauern auf a7 stellte und damit das Feld b6 kontrollierte. Hier das Original:† Der Schlüsselzug wird mit der Dame ausgeführt.▼ 1.Da5!! und nun 1…Lb7 2.Sf5# oder 1…Ld7 2.Dd5# oder 1…Le6 2.De5#; 1…Lf5 2.Sxf5# oder 1…Td7 2.Sf5# oder 1…Td6 2.Dxb4# oder 1…Td5 2.Dxd5# oder 1…Te7 2.Db6#/Dxb4# oder 1…Te5 2.Dxe5# oder 1…Lc5 2.Da1# oder 1…Ld6 2.Dd5# oder 1…Le7 2.De5# oder 1…Lg7 2.Db6#/Dxb4# oder 1…Lh6 2.Db6#/Dxb4# Irrwitz!

    Klassischer Wenigsteiner George Edward Carpenter Q FDubuque Chess Journal 1873◻ # 2 ++George Edward Carpenter, ein begnadeter Kom-ponist des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, schuf zahlreiche trickreiche Zweizüger, bisweilen mit minimalem Material. Ein Beispiel ist dieser Q „Wenigsteiner“, ein in Problemkreisen verwendeter Ausdruck für Stel-

    30 Probleme

  • lungen mit maximal 4 Figuren. Sollte für Löser ein Kinderspiel sein, mag man meinen. Doch stoppen Sie einmal, wie lange Sie für diese Aufgabe brauchen.† Der Schlüsselzug führt vom König weg.▼ 1.Dh3! Was für eine Raumausnutzung! 1…Ke4 2.Tc4# Geradlinig!

    KreuzbildHermann Feodor Lehner Österreichische Schachzeitung 1874◻ # 2 ++Bei offener Stellung darf Weiß aus einer große Zahl von Zügen wählen. Doch ganz entgegen dem Sprichwort führt hier nur ein Weg nach Rom. Geschaffen wurde diese frühe Q Miniatur vom Co-Autor des Turnierbuchs Der erste Wiener Schachkongreß 1873 und Herausgeber der Öster

    reichischen Schachzeitung (1872–1875) Hermann Lehner.† Der Schlüsselzug stellt eine Mattdrohung auf.▼ 1.De5 Droht 2.Dh2#. 1…Kg1 2.De1# oder 1…Lxe5 2.Td1# oder 1…Lg1 2.De4# Elegant!

    Mathematische PoesiePhilipp von Klett Q F Schachprobleme 1878◻ # 2 +Der hochdekorierte Berufsoffizier Philipp von Klett war einer der bedeutendsten Vertreter der altdeutschen Schule. Er selbst bezeichnete Schachprobleme als „mathematische Poesie“. Und ganz passend dazu verlangt dieser Zwei-züger nach formallogischem Denken, eigentlich sogar nach retrograder Analyse.

    † Welches war der letzte Zug von Schwarz? Das ist die entscheidende Frage.▼ 1.gxf6e.p. Denn f7-f5 war der letzte schwarze Zug. Damit droht 2.Df5#. 1…gxf6+ Oder 1…Kxg4 2.Dd1#. 2.Sxf6# Rückblickend betrachtet!

    31Zauberhafte Zweizüger

  • American IndianSam Loyd Q F M New York Sunday Herald 1889◻ # 2 ++Lassen Sie sich vom Namen dieses Problems nicht täuschen. Dies war die Originalbezeich-nung des Autors Samuel Loyd. Und er wollte damit wohl eine Anspielung auf den be-rühmten, zwanzig Jahre zuvor publizierten „Inder“ machen, mit dessen Schnittpunktüber-

    schreitung diese Aufgabe jedoch nichts zu tun hat. Möglicherweise spielt Loyd auch auf den damals noch wilden Wilden Westen an, mit „Cowboys and Indians“ als Hauptprotagonisten.† Ein langer Rückzug macht den ersten Schritt vorwärts.▼ 1.Lf8! Mit der Mattdrohung durch Dame nach a1. 1…Lxb2 2.Lxh6# oder 1…Kxb2 2.Da3# oder 1…Sc2 2.Dxc2# oder 1.~ 2.Da1# Schelmisch!

    Doppel-Modellmatt Hermann von GottschallDeutsche Schachzeitung 1892◻ # 2 +Rechtsanwalt, Schachmeister, Biograf Adolf An -derssens und Leiter der Deutschen Schachzeitung – das ist Hermann von Gottschalls Steckbrief in Kurzform.† Der Schlüsselzug hat hier Opfercharakter.▼ 1.Lf5! Mit der Drohung 2.Dxe6#. 1…Kxf5

    2.Df3# oder 1…exf5 g8S# Kleiner Schritt – große Wirkung!

    Blick in die Zukunft Arthur Ford Mackenzie Q FOtago Witness 1900, 2. ehr. Erw.◻ # 2 ++Geboren in Kingston, Jamaika, gestorben in Kingston, Jamaika! Arthur Ford Mackenzie, zweifellos einer der sesshaftesten Schachkünst-ler der Geschichte, war eigentlich englischer Ab -stammung. 1896 erblindete Mackenzie, was ihn jedoch nicht vom Schaffen weltweit publizier-

    32 Probleme

  • ter Meisterwerke („von Neuseeland bis Russland, von den USA bis Indien“) abhielt. Ein herausragendes Beispiel soll diese Behauptung bestätigen.† Ein Königszug macht den Auftakt.▼ 1.Kh1!! Wieso wird der König gerade in die Ecke gestellt? Auf 1.Kg1? folgt 1…Ld4 bzw. auf 1.Kh3? Lc8. 1…Ld4 2.e4# oder 1…Le5 2.Le6# oder 1…Lf6 2.Dg2# oder 1…Lc6/Lc8 2.L(x)c6# oder 1…c4 2.b6# oder 1…La8 2.Dxa8# Fesselungsfallen!

    Vergeblicher FluchtversuchMiroslav Havel Q F Deutsches Wochenschach 1900◻ # 2 ++Um die Jahrhundertwende war Miroslav Havel (eigentlich Miroslav Košťál) als Ingenieur bei den Österreichischen Staatsbahnen tätig. Tech-nisch ausgefeilt sind auch seine Kompositionen, deren besonderes Kennzeichen das Fehlen von weißen Bauern ist. Havel gilt als wichtiger Ver-treter der Böhmischen Schule.

    † Der Schlüsselzug erfolgt mit dem Turm.▼ 1.Tg4! Und schon ist Schwarz im Zugzwang. 1…Kc1 2.Tc4# oder 1…Kb3 2.Dxd1# oder 1…Kd3 De4# oder 1…L~ Db1# Mattbildzauber!

    Zweckreinheit gefragt! Walther von Holzhausen Q F MAkademische Schachblätter 1901◻ # 2 ++Biografie: Knapp vor der Wende zum 20. Jahrhundert wurde Walther Freiherr von Holzhausen (1876–1935) Reserveoffizier der k.u.k. Armee. Seine natürliche Begabung für mathematische Studien sollte ihm später sowohl als Lehrer an einer Kadettenschule als auch als Komponist wunderbarer Schachaufgaben eine gewaltige Hilfe sein.

    Schon sein Erstlingswerk „Brennpunktprobleme“ (1908) zeigte zeigte den bahnbrechenden Einfluss, den Holzhausen als Schüler von Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn ausüben sollte. 1928 folgte mit „Logik und Zweckreinheit im neudeutschen Schachproblem“ das für eine Generation prägende Standardwerk.Die Mattforderung in zwei Zügen scheint bei der weißen Übermacht fast nur Formsache zu sein. Doch ganz so einfach ist die Sache nun auch wieder

    33Zauberhafte Zweizüger

  • nicht. Das scheinbar offensichtliche Turmschach auf c8 wird mit Kxb7 und Befreiung des Königs beantwortet. Danach führt kein Zug mehr zwingend zum Matt. Wo also liegt des Pudels Kern?† Suchen Sie einen guten Springerzug, wenn dies auch gegen die Intuition zu sein scheint.▼ 1.Sa7!! Nur dieser Zug ermöglicht das geforderte Matt in zwei Zügen. 1…Kxa7 2.b8S# oder 1…Kxc7 2.bxa8S# oder 1…Txa7 2.Tc8# Ein echter „Holzhausen“!

    Springerrad Godfrey Heathcote Q F MHampstead and Highgate Express 1905◻ # 2 ++Mit dieser Aufgabe ist Godfrey Heathcote ein Q „Task“ gelungen, in diesem Fall der letztlich vergebliche „Abwehrsprung“ des schwarzen Rössels auf alle acht möglichen Zielfelder. Der sprechende Name dafür: Springerrad.† Eine Schwerfigur muss den Auftakt machen.

    ▼ 1.T1c7! Mit der Drohung 2.Sc3#. 1…Sc6 2.Tcd7# oder 1…Se6 2.Ted7# oder 1…Sb5 2.Tc5# oder 1…Sf5 2.Te5# oder 1…Sf3 2.De4# oder 1…Se2 2.Dxh5# oder 1…Sc2 2.b4# oder 1…Sxb3 2.Dd3# Achtender!

    Zum Dessert?Walter Pulitzer Chess Player’s Scrap Book 1907◻ # 2 ++Wilhelm Steinitz soll über den Zweizüger Wal-ter Pulitzers, der erst Jahre nach Steinitz’ Tod er-schien, folgendes gesagt haben: „Ich dachte, dass kein Zweizüger zu schwer sein könne, um während eines kurzen Desserts gelöst zu werden.“ Nun, nach einer Viertel-stunde war Steinitz mit seinem Schachlatein am

    Ende. Später musste er anerkennend zugeben, zum ersten Mal in 35 Jahren bei einem Zweizüger sein persönliches Limit von einer Viertelstunde überschrit-ten zu haben. Der Schlüsselzug darf schlichtweg als genial bezeichnet werden.† Nur die mächtige Dame kann die Mattvoraussetzung schaffen.

    34 Probleme

  • ▼ 1.Df6!! Schwarz hat nun 19 (!) Züge zur Wahl, doch alle führen zum sofortigen Matt. Die interessantesten Beispiele: 1…exd4 2.Dxd4#; 1…e4 2.Tb3#; 1…Lxc2 2.Df3#; 1…Le4 2.Df2#; 1…Lg6 2.Df3#; 1…Sg6 2.Sxf5#; 1…Sd5 2.Sxf5#; 1…Ke4 2.Dxe5# Zum Dessert!

    Endstation Modellmatt Leonid Iwanowitsch Kubbel Q FNárodni Listý 1909◻ # 2 ++Biografie: Leonid Iwanowitsch Kubbel (1892–1942; der eigentliche Name war Karl Arthur Leonid (Kubbel hatte deutsche Vorfahren) war einer der großen Meister der Komposition. Im bürgerlichen Beruf war Kubbel ChemieIngenieur. Leider starb dieser kreative Denker viel zu früh, während der Leningrader Blockade am schrecklichen Höhepunkt des

    Zweiten Weltkriegs. Kubbel konnte mehr als 120 erste Preise und über 500 Auszeichnungen für seine Studien und Probleme einheimsen. Auch seine beiden Brüder Arwid und Evgeni waren hervorragende Studienkomponisten und machen das Œvre dieser Familie zu einem gigantischen Fundus von über 1.000 Kompositionen. Leonid Kubbel wird unvergessen bleiben!Mit diesem frühen Zweizüger hinterließ Leonid Kubbel bereits als Sieb-zehnjähriger seine unverwechselbare Handschrift, die ihn im Kunstschach zu einem Giganten heranreifen ließ.† Ein Zugzwang muss erzwungen werden.▼ 1.Da2 Schwarz ist im Zugzwang. 1…Kc6 2.Dd5# oder 1…Kxa8/Sc6 2.c8D# oder 1…Sb5 2.c8D# oder 1.Sc8 2.d8S# Zugzwang!

    In FesselnJulius Zdeněk Mach Turnier des Deutschen Schachbundes 1910◻ #2 +Als Übersetzer von wissenschaftlicher und bel-letristischer Literatur aus dem Englischen war Zdeněk Mach vielseitig im öffentlichen Dienst tätig. Daneben schuf er ab 1894 mehr als 350 Kompositionen, die meisten im Geist der Böh-mischen Schule.

    † Der Schlüsselzug erfolgt mit einem Turm.▼ 1.Tg5! Der Zugzwang erlaubt drei Q Modellmatts. 1…L~ 2.Dg7# oder 1…Lf7 2.Db4# oder 1…Kg8 2.Txe8# Vielseitig!

    35Zauberhafte Zweizüger

  • Pickaninny-Thema Henry Wald Bettmann / Murray MarbleGazette Times 1915◻ # 2 ++Thema/Pickaninny: Das berühmte PickaninnyThema, mit vier Bauernzügen von der siebenten Reihe, die zu vier verschiedenen weißen Fortsetzungen führen, wird hier vom Autorenteam Bettmann/Marble in einer rekordverdächtigen Miniatur dargestellt.† Wie gesagt, nach dem Schlüsselzug bleiben

    Schwarz vier Bauernzüge – doch aller Abwehrkampf bleibt vergeblich!▼ 1.De8! Nun hat Schwarz vier Bauernzüge zur Verfügung. 1…cxb6 2.Db5# oder 1…c6 Dh5# oder 1…c5 2.De4# oder 1…cxd6 2.Th5# Bauernwiderlegung!

    Echomodellmatt Friedrich Martin Palitzsch Q FDeutsches Wochenschach 1917◻ #2 ++Friedrich Palitzsch war ein wichtiger Theo-retiker der Neudeutschen oder Logischen Schule, der ab 1918 systematisch die Möglich-keiten seiner „Dresdner Idee“ untersuchte. Hier ein reizvoller Zweizüger mit drei Q „Echo-modellmatts“.

    † Eine Figur nähert sich im Schlüsselzug dem schwarzen Monarchen.▼ 1.Te1! Kxe1 2.Lc3# oder 1…Kc2 Dd1# oder 1…Kd3 De2# Ähnliche Mattbilder!

    Kreuzschach Comins Mansfield Q F MGood Companion Chess Club 1917, 1. Preis◻ # 2 ++Alain White, der große amerikanische Sammler von Schachkompositionen, hat Comins Mans-fields Aufgabe überschwänglich als Q „Standard-Kreuzschachproblem des 20. Jahrhunderts“ be- zeichnet. Ado Kraemer und Erich Zepler wie-derholten dieses Urteil in ihrem Buch Problem

    36 Probleme

  • kunst im 20. Jahrhundert. Wenn auch fast schon schutzlos von weißen Figu-ren umringt, muss der schwarze Monarch doch erst kurzfristig zur Strecke gebracht werden. Mit Brachialgewalt lässt sich dieses preisgekrönte Pro-blem jedoch auf Anhieb lösen. Das Lebenswerk dieses großen Komponisten beläuft sich auf 980 Zweizüger, von denen mehr als 100 einen Preis gewin-nen konnten.† Eine weiße Figur muss mitten ins Getümmel gestellt werden, doch Ach-tung: Schwarz droht ein Abzugsschach mit dem Springer c4.▼ 1.Le4!! mit der Drohung 2.Sxc4#. 1…Se5+ 2.Td3# oder 1…Sxd6+ 2.Ld3# oder 1…Sxe3+ 2.Sb5# oder 1…Sd2+ 2.Sc4# Gewaltiger Schlüsselzug!

    Springerrad in SchwarzHarry Viggo Tuxen Q F The Fairy Chess Review 1918◻ # 2 +++Harry Viggo Tuxen fand spezielles Interesse am Zweizüger, wobei ihm bisweilen Stellungsbilder gelangen, deren Lösungsverlauf überaus befrie-digend für das Auge ist.† Hier muss zunächst eine Mattdrohung durch den Springer erfolgen.

    ▼ Mit 1.Sf3! wird die starke Drohung 2.Sd2# aufgestellt, die insgesamt durch acht Züge des Rappen, einem vollen Springerrad, gekontert wer-den kann, doch letztlich umsonst: 1…Sc2 2.Dd3# oder 1…Sb3 2.Dxb1# oder 1…Sb5 2.Lxb7# oder 1…Sc6 2.Dd5# oder 1…Se6 2.Te5# oder 1…Sf5 2.Tg4# oder 1…Sxf3 2.exf3# oder 1…Sxe2 2.Dxe2# Auch 1…Tb2 2.Dxd4# ist ein hoffnungsloses Unterfangen. Leichtfüßig!

    White for White Alain Campbell White Q F MGood Companion Chess Club 1920◻ # 2 ++Biografie: Kaum ein anderer Problemkomponist war derart aktiv um die Popularisierung der Problemkunst bemüht wie dieser große amerikanische Sammler Alain Campbell White (1880–1951). Nach einer Begegnung mit Sam Loyd 1891 war White, von Beruf Botaniker, mit dem Kompositionsbazillus angesteckt. Im Jahr 1914 gründete

    er den berühmten „Good Companions Club“, dem fast alle Schachkomponisten jener Tage

    37Zauberhafte Zweizüger

  • angehörten. Mit zwölf Jahren erbte Alain White eine Sammlung von circa 5.000 Dreizügern, die er bis Mitte der dreißiger Jahre auf eine Viertelmillion ausbaute. Legendär wurde Whites 44bändige „Christmas Series“ (1905–1944), die er mit dem Weihnachtsgruß „Wishing You a Merry Christmas“ in alle Welt versandte.Edward Winter schreibt in seinen exzellenten Chess Notes (frei übersetzt): „Obwohl der Schlüsselzug ein Abwartezug ist, ist er alles andere als inaktiv. Genau genommen kann er sogar als der erstaunlichste Schlüsselzug im gan-zen Reich des Problemschachs betrachtet werden.“ Alain Campbell White hat sich damit zweifellos ein Denkmal gesetzt.† Die stärkste Figur am Feld muss zunächst eine versteckte Drohung auf-bauen.▼ 1.Da1!! Ein verblüffendes Damenopfer, und es ist auch schon vorbei. 1…Dxa1+ 2.c3#; 1…Dxb3 2.Dxc1#; 1…Db2+ 2.Lc3#; 1…Dxc2 2.Dxc1#; 1…Lb2+ 2.c3#; 1…Lxd2 2.Dxb1# White for White!

    Letzte Zuflucht Thomas Rayner Dawson Q FThe Chess Amateur 1920◻ # 2 +Der „Märchenschach-König“  – ein Name, der Thomas Rayner Dawson wahrlich zur Ehre ge-reicht – ist hier auf „orthodoxem Territorium“ zu bewundern.† Schwarz muss zum Schlagen des Springers gezwungen werden. Denn im Q Satzspiel käme auf 1…Kxe8 sofort b8D#.

    ▼ Der Zugwechsel funktioniert wie folgt: 1.b8S! Damit wird das Feld d7 überdeckt. 1...Kxe8 2.Dg8# Mit Vorbereitung!

    Fesselungen à la HoudiniCharles William Sheppard Good Companion 1921, 1. Preis◻ # 2 ++Das Brett ist übervoll an Q Halbfesselungen, die bei Aufhebung sofort zum Matt führen. Dennoch muss der Schlüsselzug erst einmal gefunden wer-den. Ganz zu Recht konnte Sheppard mit diesem Zweizüger einen ersten Preis einheimsen.† Der Läufer eröffnet hier den Weg zum Matt.

    38 Probleme

  • ▼ 1.Lg6!! Damit droht der tödliche Bauernzug auf d4. Alle Abwehrversu-che sind vergeblich. 1…Scb5 2.Tc5# oder 1…Sdb5 2.Te6# oder 1…Se6 2.De4# oder 1…Sf5 2.Df4# oder 1…f5 2.Dd4# oder 1…Dxg4 2.Sxg4# oder 1…Lxc6+ Sxc6# Reichhaltigkeit!

    Böhmische MiniaturLadislav Knotek Prager Presse 1922◻ # 2 ++Äußerste Ökonomie zeichnet diesen vielschich-tigen Zweizüger des wichtigen Vertreters der Böhmischen Schule, Ladislav Knotek, aus. Mit nur sieben Steinen werden gleich drei Q Modell-matts aufs Brett geworfen, wobei dem schwar-zen Monarchen ganze fünf Fluchtfelder offen

    stehen. Allein, es gibt keinen Ausweg.† Ein kleiner Hüpfer leitet das Ende ein.▼ 1.Sh3! Kh5 2.Dd1# oder 1…Kf5 2.Se3# oder 1…Kxh3/Kf3/Kg3 2.Te3# Vergebliche Flucht!

    Feuer am BrettArnoldo Ellerman Q F Guidelli Memorial Turnier 1925, 1. Preis◻ # 2 ++Von manchen Kritikern wird dieses Problem aus der Hand des argentinischen Schachkünst-lers Arnoldo Ellerman als der beste Zweizüger der Geschichte gesehen. Durchaus verständ-lich, kommen doch hier alle weißen Figuren zur maximalen Wirkung, mit immens durch-

    schlagskräftigen Abzügen. Alles beginnt mit einer tödlichen Drohung.† Greifen Sie zunächst einmal zu einem der Türme.▼ 1.Td7!! Droht 2.Df4#. Nicht 1.Td6? Dd4 oder 1.Td8? Df2 oder 1.Td1? Dd2. 1…De5 2.Sc5# oder 1…Dd4 2.Sd6# oder 1…Dh8+ 2.Sd8# oder 1…Lf2 2.Dxh1# oder 1…Lf3 2.Dd3# oder 1…Td4 2.Te7# Bunte Vielfalt!

    39Zauberhafte Zweizüger

  • Falscher AnzugAxel Åkerblom Svenska Dagbladet 1925◻◼ # 2 ++Erst auf den zweiten Blick entpuppt sich dieses Minimal von Axel Åkerblom als kleine, ver-steckte Retroaufgabe. Schwarz hat keinen letzten Zug, also muss er selbst am Zug sein.† Alle vier Möglichkeiten, dreimal mit dem Bauer, einmal mit dem König, werden jedoch geschickt widerlegt.

    ▼ 0…fxe6 1.Sh3 e5 2.Le4# oder 0…f6 1.Sf3 f5 2.Th6# oder 0…f5 1.Kf2 ~ 2.Th6# oder 0…Kxg1 1.Tf6 Kh1 2.Tf1# Requiescat in pace!

    Fernräumung Ado Kraemer Q F MBochumer Anzeiger 1926◻ # 2 +Biografie: Ado Kraemer (1898–1972) wurde wegen seiner großen Verdienste um das Problemschach zum Ehrenmitglied der Zeitschrift „Die Schwalbe“ ernannt. Nach Abschluss des Gymnasiums 1915 mit der Kriegsreifeprüfung und nachfolgendem Studium arbeitete Kraemer überaus erfolgreich als Oberregierungsrat im Fränkischen

    Weinbauverband. Kraemer war Träger der Staatsmedaille des bayerischen Landwirtschaftsministers. Schachlich wird Ado Kraemer oft mit dem befreundeten Komponisten Erich Zepler in einem Zug genannt, vor allem wegen der zahlreichen Gemeinschaftswerke dieser herausragenden Schachdenker. Zepler lieferte die genialen Ideen und Kraemer konnte diese konstruktiv verwirklichen. Die kürzlich erschienene Biografie von Ralf Binnewirtz gestattet einen tieferen Einblick in das Leben und Wirken dieses Kompositionsgenies.Diese Komposition ist nicht wirklich schwer, dafür umso eleganter. Den-noch muss man den Schlüsselzug erst einmal sehen.† Der Dame sollte zunächst einmal mehr Bewegungsfreiheit gegeben werden.▼ 1.Tc8! Kxg3 2.Dc7# Fernräumung angesagt!

    40 Probleme

  • Schlüssel zum Matt Lew Iljitsch Loschinski Q FTijdschrift van de Koninklijke Nederlandse Schaakbond 1930

    ◻ # 2 ++Biografie: Erfindungsgeist und hohe Kompositionstechnik erlaubten es Lew Iljitsch Loschinski (1913–1976), dem 14fachen UdSSRMeister bei Zwei und Dreizügern, selbst schwierigste Ideen in künstlerisch ansprechender Form darzustellen. Seine 166 ersten Preise und mehr als

    400 Auszeichnungen zeugen davon. Loschinskis Arbeitsschwerpunkte lagen zeitlebens bei den logischen und strategischen Themen, außerdem war der gebürtige Warschauer stets offen für neue Ideen. Was immer an Auszeichnungen für hochklassige Kompositionen zu vergeben war, Lew Loschinski, einer der vier ersten Großmeister der Schachkomposition (Q Anhang), konnte niemals übersehen werden.Der Schlüsselzug ist kaum zu sehen, was bei der Vielzahl der Verteidigungs-strategien auch nicht wirklich erstaunt.† Es ist eine Leichtfigur, die hier den ersten kleinen Schritt unternimmt.▼ 1.Lb3! Trotz verschiedenster Abwehrversuche gibt es nun nichts mehr zu retten: 1…Tb7 2.Tc6# oder 1…Lb7/Ta6 2.Te7# oder 1…Tg7 2.De5# oder 1…Lg7 2.Dxf7# oder 1…Lf6 2.Dg4# und 1…f6 2.De4# Reichhaltiges Menü!

    Mit SpielwitzHans Wilhelm Klüver Q F Am Schachbrett 1934◻ # 2 +Hans Klüver war ein bedeutender deutscher Schachkomponist, der in jungen Jahren dem Zweizüger frönte, später dann vor allem von Retro-Aufgaben und Märchenschach angetan war. Klüver brachte auch zahlreiche neue theo-retische Ideen ins Problemschach ein. Zudem

    war er der Erfinder des Doppelzugschachs und des Dynamoschachs.† Der Schlüsselzug, zugleich ein Opfer, gibt dem schwarzen König ein wenig Freiraum.▼ 1.Td5! Kxd5 2.Sc3# oder 1… f5 2.Sc3# oder 1…exd5 2.Ld3# oder 1…Kf5 2.Ld3# Witzig!

    41Zauberhafte Zweizüger

  • DualvermeidungPaul Keres Q F Schackvärlden 1934◻ # 2 ++Paul Keres, der unvergessene Großmeister aus Estland, der vielleicht beste Spieler, dem nie ein Titelkampf um die Schachkrone vergönnt war, konnte auf praktisch allen Schachbühnen glän-zen, gleich ob Partie, Fernschach, Studie oder, wie hier, mit Problemaufgaben.

    † Ein „geradliniger“ Zug macht den Auftakt.▼ 1.Th4! Und schon droht 2.Tb4#. Die Abspiele 1…Te4 2.Db1# bzw. 1…Txe6+ Lxe6# und 1…c5 2.Lxa4# sind weniger spektakulär. Dafür bringen die Entfesselungsversuche 1…Le4 2.Sd4# (nicht 2…Sc5+? Kb4) sowie 1…Se7 2.Sc5# (nicht 2.Sd4+? Kb4) ein elegantes Ende. Unschöne Duale als Mattzug werden damit vermieden. Mit Meisterhand!

    Sperrläufer Ewgeni Iwanowitsch Umnow Q F MSchachmaty v SSSR 1945◻ # 2 ++Der vielseitige Autor Ewgeni Umnow begann seine Kompositionskarriere mit Zweizügern, um später ins Fach der Studie zu wechseln. In mehreren viel beachteten Büchern vergleicht Umnow Problem, Studie und Partie.† Eine Mattdrohung in einem Zug macht den Auftakt.

    ▼ 1.Sh6! Damit droht ganz einfach 2.Sg8#. Der Läufer auf e8 hat nun eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, doch auf alle diese Züge gibt es eine kongeniale Antwort. 1…Lb5 2.Lxb2# oder 1…Lc6 2.Te6# oder 1…Ld7 2.Le7# oder 1…Lf7 2.Dxg7# Nicht aber funktioniert 2.Dxh4+ g5. Oder 1…Lg6 2.Dxh4# oder 1…Lxh5 2.Sxh5# oder 1…gxh6 2.Dxh4# oder 1…~ 2.Sg8# Clever!

    42 Probleme