INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014
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Transcript of INDIEKINO BERLIN Magazin #07, September 2014
indiekinoBERLINMAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER
LIKE FATHER, LIKE SON Vom Vatersein D THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE Restauriert und der Zensur entrissen D PHOENIX Mit geschlossenen Augen D HELI Im Blickfeld der Drogenmafia D SCHÖNEFELD BOULEVARD Erste Flieger und erste Liebe D MAPS TO THE STARS Boulevard der Durchgeknallten D ABRIR PUERTAS Y VENTANAS Offene Türen und Fenster D UNDER THE SKIN Killermaschine, Gnade und Entfremdung D SONG FROM THE FOREST Zweierlei Dschungel D DER ANSTÄNDIGE Psychologie der Gewalt D MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEIT Einsamer Thunfisch im Regen D MIT GANZER KRAFT Im Rollstuhl zum „Iron Man“ D DER JUNGE SIYAR Auf dem Weg nach Europa
D 07 D SEPTEMBER 2014
PHOENIX - START AM 25.9.2014
EIN FILM VON ubErtO PasOLINI
»Einer jener Filme, die sich uns ins Herz einprägen wie ein Lächeln!« TAGESWOCHE
»Ein grandioser Film, berührend und bittersüß, mit subtilem Humor … Eddie Marsan ist fantastisch!« SENTIERI DEL CINEMA
»Ein Geschenk, ein Glücksfall fürs Kino ... Wunderschön!« KINO.DE
»Eddie Marsan Performance ist unwiderstehlich!« SCREEN INTERNATIONAL
IPREMIO ORIZZONTBESTE REGIE
www.mister-may.de
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SEPTEMBER 2014 D 3 D
EDITORIALVor einigen Monaten gründete sich eine Facebook-Gruppe mit dem
Namen „UNDER THE SKIN im deutschen Kino, jetzt“. Was zunächst
wie eine Fan-Aktion aussah, wurde bald zu einem Rundumschlag gegen
die deutsche Filmproduktions-, Kino-, Festival- und Verleihbranche. Die
deutschen Filme seien zu Tode gefördert, die Verleiher trauten sich
nichts mehr, die Festivals zerstörten die Verleihlandschaft, die Kinos
spielten alle das gleiche. Vor allem bringe Senator Film den vielgelobten
Science-Fiction-Film UNDER THE SKIN nicht ins Kino, sondern nur auf
BluRay und DVD heraus. Nun kommt der Film doch ins Kino, fast gleich-
zeitig mit dem BluRay-Start. Zunächst ohne deutsche Synchro und Unter-
titel. In Berlin gibt es den ersten Filmstart, der auf eine Zuschauerinitia-
tive zurückgeht im b-ware! ladenkino und im fsk-Kino am Oranienplatz zu
sehen. Die Debatten über Kinos, Festivals, Verleiher und Filmproduktio-
nen werden weiter gehen. Für die Diversität der Kinolandschaft kann es
nur von Vorteil sein, wenn mehr gestritten wird. Unser September-Heft
ist jedenfalls so divers, wie es eben geht. Die Wiederaufführung von THE
TEXAS CHAINSAW MASSACRE ist uns so wichtig wie Hirokazu Kore-edas
sensible Familiengeschichte LIKE FATHER, LIKE SON und Christian Pet-
zolds Abrechnung mit dem deutschen Vergangenheitsbewältigungskino
PHOENIX. LIKE FATHER, LIKE SON zeigen wir übrigens auch in unserer
zweiten INDIEKINO-Preview, die am 10.9. im fsk-Kino am Oranienplatz
stattfindet. Es gibt wieder Freikarten zu gewinnen (Näheres auf Seite 4).
Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino,
Ihre/Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion
04 MAGAZIN
08 VOM VATERSEIN: LIKE FATHER, LIKE SON
12 RESTAURIERT UND DER ZENSUR ENTRISSEN: THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE
14 „DAS ALTE BEKOMMT MAN NIE WIEDER SO GANZ HIN“: PHOENIX
24 INDIEKINOS: FSK-KINO AM ORANIENPLATZ
34 KINDERFILME
36 KINOHIGHLIGHTS
44 KINOADRESSEN, IMPRESSUM ABONNEMENT
46 NACHBILD
23 Abrir puertas y ventanas
16 Amma & Appa
20 Der Anständige
31 At Home – Sto Spiti
31 Gemma Bovery
18 Heli
21 I Origins - Im Auge des
Ursprungs
18 Der Junge Siyar
28 Kings of Kallstadt
08 Like Father, Like Son
17 Maps to the Stars
30 Mit ganzer Kraft
28 A Most Wanted Man
NEU IM KINO27 Mr. May oder das Flüstern
der Ewigkeit
14 Phoenix
19 Schönefeld Boulevard
30 Shirley – Visionen der
Realität
16 Song from the Forest
21 Spirit Berlin
27 Supermensch – wer ist
Shep Gordon?
12 The Texas Chainsaw
Massacre
22 Töchter
29 Under the Skin
22 A World Not Ours
32 Feuerwerk am hellichten
Tage
32 Jimmy’s Hall
32 Die Karte meiner Träume
33 Kathedralen der Kultur
33 Welcome Goodbye
32 Wie der Wind sich hebt
33 Wir sind die Neuen
WEITER IM KINOEIN FILM VON ubErtO PasOLINI
»Einer jener Filme, die sich uns ins Herz einprägen wie ein Lächeln!« TAGESWOCHE
»Ein grandioser Film, berührend und bittersüß, mit subtilem Humor … Eddie Marsan ist fantastisch!« SENTIERI DEL CINEMA
»Ein Geschenk, ein Glücksfall fürs Kino ... Wunderschön!« KINO.DE
»Eddie Marsan Performance ist unwiderstehlich!« SCREEN INTERNATIONAL
IPREMIO ORIZZONTBESTE REGIE
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30 Shirley – Visionen der Realität
DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D BUNDES-PLATZ KINO D EISZEIT KINO D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILM-RAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN D TILSITER LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI D FLK „UMSONST & DRAUSSEN“ IM FILMRAUSCHPALAST
D 4 D SEPTEMBER 2014
INDIEMAGAZIN
INDIEKINO PREVIEW #2: LIKE FATHER, LIKE SONNiemand dreht so schöne Erwachsenenfilme mit Kindern wie Hirokazu Kore-eda. Wir freuen uns außerordentlich, dass
wir den zärtlichen, nachdenklichen, bezaubernden LIKE FATHER, LIKE SON in unserer zweiten INDIEKINO-Preview vor
Kinostart präsentieren können. Die beiden Jungen Keita und Ryusei wurden bei der Geburt vertauscht. Sechs Jahre
später fliegt der Irrtum auf und die beiden Familien stehen vor der Frage, ob sie ihre Kinder zurück tauschen sollen, ob
es wichtiger ist, biologisch verwandt zu sein, oder sechs Lebensjahre miteinander geteilt zu haben. „100% der Eltern
entschließen sich zum Tausch“ sagt der betreuende Arzt. Aber ist es wirklich so einfach? Soll Keita auf einmal ohne
Klavierstunden aufwachsen und Ryusei ohne Geschwister und beide ohne die geliebten und vertrauten Erwachsenen?
Und wie steht es um die Eltern? Was bedeutet es, wenn ein Vater sagt und denkt „mein Sohn“?
Die Preview LIKE FATHER, LIKE SON findet am 10.9. um 20 Uhr in Kooperation mit dem Film Kino Text Verleih und dem
fsk-Kino im fsk-Kino am Oranienplatz statt. Wer eine Freikarte ergattern möchte, schreibt uns bis Montag, den 8.9. eine
Mail an [email protected]. Stichwort: LIKE FATHER, LIKE SON
HOCHWERTIGE FILMFACHBÜCHER, VERFASST VON SACHKUNDIGEN AUTOREN verspricht der neu gegründete Mühlbeyer Filmbuchverlag, hinter dem selbst
ein sachkundiger Autor steckt: der Filmjournalist Harald Mühlbeyer schreibt unter anderem für epd Film, ray, cinefacts.de, Titanic und
demnächst auch für INDIEKINO. Mühlbeyer hat es sich zur Aufgabe
gemacht, Cineasten mit Hintergrundwissen zu versorgen. In den
ersten Veröffentlichungen des Verlages befragt Henriette Nagel
Zeitreisefilme auf ihre zugrundeliegenden physiktheoretischen
Modelle hin, Moritz Rosenthal stellt kompakt Gendertheorien zum
Horrorfilm vor, und Andreas Köhnemann untersucht die ästheti-
schen und dramaturgischen »Verqueerungen«, die sich ergeben,
wenn sich im Film nicht ein Liebespaar, sondern ein Liebestrio
findet. Weiterhin sind in Arbeit: Jonas Manuel Cußler über mögli-
che rassistische Implikationen in Walt-Disney-Animationsfilmen,
Julius Pöhnert über Inhalte und Ästhetik der Filme von Rosa von
Praunheim und Franz Stadler und Manfred Hobsch über „Die Kunst
der Filmkomödie“. www.muehlbeyer-verlag.blogspot.de
SEPTEMBER 2014 D 5 D
INDIEMAGAZIN
„ICH BIN HYPOCHONDER“, gibt Rosa von Praunheim freimütig zu. In seinem neuen Doku-
mentarfilm begleitet der unerschrockene Filmemacher sich
selbst bei seinen Besuchen bei Geistheilern, Gesundbetern
und Schamanen, die ihn von Asthma,
Kopfschmerzen, Reizblase, grünem
Star und Polypen befreien sollen. Er
besucht ein Seminar von Dr. Zhi Gang
Sha, berühmt für seine Seelenopera-
tionen, ist begeistert vom Pflanzen-
kundler Wolf-Dieter Storl, und sucht
Rosina Sonnenschmidt auf, die eine
Humortherapie anbietet. Er macht eine
Rückführung in seine früheren Leben und findet heraus, dass er
einst ein großer starker Baum war. Am 20. September um 15.30
Uhr stellt von Praunheim seinen Film AUF DER SUCHE NACH
HEILERN – ICH BIN EIN HYPOCHONDER im Bundesplatzkino
persönlich vor. Nach dem Screening lädt der Verleih zu „einem
kleinen Schlagabtausch zwischen dem Regisseur und einigen
Protagonisten“ ein.
ROCKABILLY PARTY + FILMVORFÜHRUNGIn Friedrichshagen findet am 12. September um
22.30 Uhr die nächste Rockabilly Party statt. Zur
Einstimmung läuft um 20 Uhr die Musical-Verfil-
mung JERSEY BOYS von Clint Eastwood. Der Film
erzählt die Geschichte der Band „Four Seasons“
von denen Hits wie Walk Like a Man und Rag Doll
stammen. In den 50ern gründen die Teenager
Frankie Casteluccio, der sich später Frankie Vallie
nennt, Tommy DeVito, Nick Massi und Bob Gau-
dio eine Band und stürmen in Kürze die Charts.
Doch innere Streitigkeiten, Mafiaverbindungen
und Geldsorgen sorgen für Schwierigkeiten, die
aus den vier verschiedenen Perspektiven der
Bandmitglieder erzählt werden.
D 6 D SEPTEMBER 2014
INDIEMAGAZIN
DER BAUHAUS-FOTOGRAF: LUCIEN HERVÉ Geboren wurde der
Fotograf und Kommunist Lucien Hervé als László Elkán 1910
in Ungarn, seit den frühen 30er Jahren lebte er in Paris und
arbeitete in der Modebranche. Im zweiten Weltkrieg kämpfte
er in der französischen Armee. 1949 erhielt Hervé den Auf-
trag, Le Corbusiers „Cité Radieuse“ in Marseille zu dokumen-
tieren. Er schickte Le Corbusier die 650 Fotos und bekam
folgende Antwort: „Sie haben die Seele eines Architekten,
und Sie verstehen etwas davon, Architektur zu betrach-
ten. Werden Sie mein Fotograf.“ Neben den Gebäuden Le
Corbusiers hat Hervé auch Werke von Alvar Aalto, Marcel
Breuer, Oscar Niemeyer oder Jean Prouvé fotografiert. Gerrit
Messiaens Dokumentarfilm LUCIEN HERVÉ – FOTOGRAF
WIDER WILLEN ist am 28. September um 15.30 Uhr einmalig
im Bundesplatz Kino zu sehen
DAS CITY WEDDING ERWACHT ZU NEUEM LEBENIn den 60er Jahren wurde das jetzige City-Kino Wedding zunächst
als Mehrzwecksaal des deutsch-französischen Jugend- und Kultur-
zentrums „Centre Français de Berlin“ gebaut. Bis 1992 hatten nur
französische Soldaten und deren Angehörige Zutritt. 1996 wurde eine
feste Leinwand eingebaut und 10 Jahre lang führte das City Wedding
ein normales Kinoleben, bis es der Konkurrenz von Alhambra und
Cinestar Tegel unterlag und schließen musste. Jetzt wird ein zarter
Neuanfang gestartet. Ab Oktober soll das Retro-Design-Schmuck-
stück jedes zweite Wochenende bespielt werden. Die feierliche
Wiedereröffnung findet am 13. und 14. September statt.
www.facebook.com/citykinowedding
SEPTEMBER 2014 D 7 D
INDIEMAGAZIN
LIEBESTRIOS BEI KREUZBERG LIEST Am Mittwoch, den 3. September um 20.30 Uhr trifft man sich
im Sputnik Kino in Kreuzberg nach der Sommerpause wieder zum monatli-
chen Lesetermin. Unter dem Motto „Nicht immer der Anfang vom Ende“ geht
es um Chaos, Eifersucht, Machtspiele, wenige Gewinner und viele Verlierer.
Katharina Florian und Jana Kühn stellen außergewöhnliche Dreiecksgeschich-
ten von Simone de Beauvoir, Madeleine Bourdouxhe, Romain Gary und Olga
Grjasnowa vor. Die Lieblingsentdeckungen der beiden werden für die Gäste
live vertont von Alexandra Maria Johannknecht und Matthias Scheliga.
WHISKY & EVIL MUSICÜber den Dächern Kreuzbergs, in der Kinobar des
Sputnik Kinos, lädt “Slowlands” am 26. September
ab 21 Uhr erneut zu gutem Whisky und böser Musik
ein: „We kindly invite you to another splendid night
of good whisky and evil music at Sputnik Kino Bar –
Berlin’s highest cinema. More than 30 different kinds
of liquid gold await you – most of which you won’t find
anywhere else in Berlin – accompanied by slow-deep-
complex music in chatting-friendly volume that sets
just the right atmosphere.” Es gibt natürlich auch
alkoholfreie Getränke.
ShirleyvisionEn DER REalitÄt
ab 18. september im b-ware!ladenkino, Eva, Filmkunst 66, FsK und neues Babylon
Der Maler Edward Hopper in 13 Bildern
Regie: Gustav Deutsch
Mehr Information unter:www.rendezvous-filmverleih.de
D 8 D SEPTEMBER 2014
Der japanische Regisseur Hirokazu KORE-EDA (*1962 in Tokyo) arbeitet wir kaum ein anderer mit Kinderdarstellern. In NOBODY KNOWS
(2004) erzählte er nach einer wahren Begebenheit von vier Kindern, die eines Tages von ihrer Mutter verlassen werden und ganz alleine versu-
chen, ein normales Leben weiter zu leben. Yūya Yagira, der den zwölfjährigen Akira spielt und im Film die Elternrolle für seine jungen Geschwis-
ter übernimmt, wurde als jüngster Schauspieler in der Geschichte von Cannes ausgezeichnet. STILL WALKING (2008) fängt zartfühlend die
Beziehungen in einer Familie ein, die einmal im Jahr zusammen kommt, um den Tod des ältesten Sohnes, der vor 15 Jahren bei einem Badeunfall ums
Leben kam, zu begehen und in I WISH (2011) träumen zwei Brüder, die bei ihren geschiedenen Eltern in verschiedenen Städten aufwachsen, von einer
Wiedervereinigung der Familie. Um die komplexen Bindungen innerhalb von Familien geht es auch in Kore-edas neuestem Film LIKE FATHER. LIKE SON
(Besprechung auf der nächsten Seite). Thomas Abeltshauser hat in Cannes mit dem freundlichen Regisseur über seine Arbeit mit Kindern und seine
Gefühle als Vater gesprochen.
INDIEFEATURE
LIKE FATHER, LIKE SONInterview mit Hirokazu Kore-eda
SEPTEMBER 2014 D 9 D
INDIEKINO BERLIN: Herr Kore-eda, würden Sie widersprechen, wenn man
Ihren neuen Film LIKE FATHER, LIKE SON als eine Kritik an der japani-
schen Klassengesellschaft und ihrem Männerbild sieht?
Hirokazu Kore-eda: So denke ich nicht über meine Filme nach und so
konzipiere ich sie auch nicht. Aber wenn Sie so wollen, repräsentiert die
Hauptfigur Ryota die männliche Dominanz in der Gesellschaft, er trifft die
Entscheidungen und seine Frau hat sich seiner Meinung zu fügen. Warum
verhält er sich so? Weil es sein Vater auch schon so getan hat. Zugleich
will er sich der Autorität seines eigenen Vaters entziehen und seine eige-
nen Entscheidungen treffen, doch dabei wiederholt er nur dessen Verhal-
ten, vor allem gegenüber seiner Frau und seinem Kind.
Sie zeigen zwei sehr unterschiedliche Familien, eine aus der oberen Mit-
telschicht, eine aus der Arbeiterklasse ...
Es gibt sicher ökonomische Unterschiede zwischen ihnen, aber mir ging
es bei der Gegenüberstellung um etwas anderes. Die weniger wohlha-
bende Familie lebt in einem traditionellen japanischen Haus mit Garten,
hat fünf Kinder, sie sind alle sehr eingebunden in ihr Umfeld, während das
reichere Ehepaar ein Einzelkind hat und viel isolierter lebt, auch wenn
sie eine schöne Wohnung in einem teuren Viertel haben. Diesen sozialen
Unterschied wollte ich zeigen.
Geht es Ihnen dabei auch um den Unterschied zwischen einer eher tradi-
tionell japanischen Lebensweise und der modernen, westlich orientierten?
Die Lebensräume der beiden Familien spielen eine wichtige Rolle, das
Haus auf dem Land und die Stadtwohnung, und wir haben sie mit gro-
ßem Aufwand gesucht und ausgestattet. Das Landhaus stammt aus der
Shōwa-Zeit, der „Ära des erleuchteten Friedens“ als Kaiser Hirohito im
D 10 D SEPTEMBER 2014
INDIEFEATURE
20. Jahrhundert regierte, deren zweite Hälfte nach Ende des Zweiten Welt-
kriegs eine Blütezeit Japans war. Die Architektur des Hauses und auch die
Familienstrukturen sollten diese Phase widerspiegeln. Hier existiert noch
eine Großfamilie, in der mehrere Generationen ein sehr enges Verhältnis
zueinander haben. Die andere Familie repräsentiert die moderne japani-
sche Kleinfamilie, die lediglich aus Vater, Mutter und Einzelkind besteht
und in einer schönen Wohnung lebt, dabei aber sehr isoliert ist. Mein
Leben entspricht dem der zweiten Familie. Ich wohne mit meiner Frau
und unserer Tochter ganz ähnlich. Wenn man in einer der Großstädte wie
Tokyo lebt, ist ein anderes Leben auch kaum möglich, weil schlicht der
Platz fehlt. Aber mir geht es um keinen sozialen Kommentar, ich habe
mir von meinem eigenen Leben ausgehend, die Frage gestellt, was einen
eigentlich zum Vater macht.
Können Sie das genauer erläutern? Was hat Sie daran interessiert?
Seit vor sechs Jahren unsere Tochter zur Welt kam, stelle ich mir die
Frage: was verbindet mich als Vater mit meinem Kind? Die Blutsbande
oder die Zeit, die wir zusammen verbringen? Biologie oder Erziehung?
Werde ich durch die Erkenntnis, dass ich mein Blut weitergegeben habe,
zum Vater? Oder sehe ich mich nicht als richtiger Vater, weil ich aufgrund
meines Berufs so eingebunden bin, dass ich nicht genug Zeit mit ihr ver-
bringe? Mütter würden sich diese Fragen nie stellen, weil sie von Anfang
an ein viel engeres Verhältnis haben. Das Kind wächst im Leib der Mutter,
sie bringt es zur Welt. Väter sind automatisch ein bisschen abseits. Ich
konnte das auch bei meiner Frau beobachten, die sich wie von selbst
unserer Tochter annahm, während ich mich an meine neue Rolle als Vater
erst langsam gewöhnen musste. Dieses Dilemma, auch die Vorwürfe an
mich selbst, wollte ich zum Thema eines Films machen.
Warum haben Sie aus dem Kind im Film einen Jungen gemacht?
Weil mich genau diese Vater-Sohn-Beziehung interessiert hat, die noch
einmal ganz anders funktioniert. Es geht zwar um zwei Familien, aber
mein Fokus liegt auf dem Mann und wie er zum Vater wird.
Ryota ist nicht nur Vater, sondern auch selbst Sohn, der zu seinem Vater
eine sehr distanzierte Beziehung hat. Reflektieren Sie damit auch ihre
eigenen Familienverhältnisse?
Es fällt mir schwer, meinen Vater zu kritisieren, aber ich will meiner Toch-
ter ein besserer Vater sein als er mir gegenüber war. Er war nicht in der
Lage, mit Kindern nett umzugehen, er war immer irgendwie abwesend.
Ich habe kaum wirkliche Erinnerungen an ihn in meiner Kindheit. Das
Erschreckende ist, dass ich ihm heute doch manchmal sehr ähnlich bin
und ich Dinge tue, die ich an ihm nicht mochte. Aber zu meiner Verteidi-
gung muss ich sagen, dass ich es zumindest reflektiere.
Wie entstand die Idee der bei der Geburt vertauschten Kinder? Basiert die
Geschichte auf einem realen Fall, ist sie ein Märchen? Sie erinnert auch
an Salman Rushdies Roman „Mitternachtskinder“...
Die Handlung selbst ist erfunden, aber sie basiert auf keiner Fiktion. Diese
Verwechslungen passierten in den Siebzigern, den Babyboomjahren in
Japan, gar nicht so selten. Das Interessante war, dass die Eltern, wenn sie
es nach Jahren herausgefunden haben, sich fast alle für die Blutsverwandt-
schaft entschieden haben und nicht für das Kind, das sie jahrelang als ihr
eigenes großgezogen haben. Ich fand nur einen Fall, bei dem beide Familien
ihre Kinder nicht zurückgetauscht haben, sondern sich stattdessen dazu
entschieden, die Kinder nicht aus dem Umfeld zu reißen, in dem sie auf-
wuchsen, und dafür einander regelmäßig zu besuchen. Das erschien mir
sehr viel humaner und weniger egoistisch. Sie sagen nicht einfach: das ist
nicht mehr mein Kind, weil es nicht meine DNA hat. Und ich bin mir nicht
sicher, wie Eltern heute reagieren würden. Die Blutsverwandtschaft ist noch
immer sehr wichtig in Japan, Adoptionen sind kaum verbreitet.
Haben Sie sich auch gefragt, wie Sie selbst reagieren würden?
Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen und sie hat gesagt: ‚Wenn
man sechs Jahre lang ein Kind großgezogen hat, wie kann man es dann
aufgeben? Das ist unmöglich!’ Aber ich habe mich als Vater umgekehrt
gefragt: wenn man weiß, dass das biologische Kind in einer anderen Fami-
lie aufwächst, kann man das einfach ignorieren? Ich habe darauf nicht
wirklich eine Antwort.
Sie arbeiten in Ihren Filmen immer wieder mit Kindern zusammen, die
herausragende Darstellungen liefern. Yûya Yagira etwa, der 12-jährige
Hauptdarsteller von NOBODY KNOWS, wurde 2004 in Cannes als jüngster
Schauspieler aller Zeiten mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet. Haben
Sie eine bestimmte Methode, was ist Ihr Geheimnis?
Seit NOBODY KNOWS gebe ich den Kindern keine Drehbücher mehr. Ich
erkläre ihnen einfach eine Szene, etwa worüber sie sich mit ihrem Film-
vater unterhalten sollen und lasse sie dann spielen. So gehe ich schon
SEPTEMBER 2014 D 11 D
INDIEFEATURE
When Keito is six years old, his parents are informed that he was switched at birth with another baby whose name is Ryusei. Both families now are con-fronted with the question if they want to swap their children.
Start am 25.09.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Eiszeit Kino DF ¢ filmkunst 66 DF ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Originaltitel: Soshite chichi ni naru D Japan 2013 D 120 min D R: Hirokazu Kore-eda D B: Hirokazu Kore-eda D K: Mikiya Takimoto D S: Hirokazu Kore-eda D D: Yôko Maki, Masaharu Fukuyama, Machiko Ono, Lily Franky D V: Film Kino Text
LIKE FATHER, LIKE SONVom Vatersein
Als Keito sechs Jahre alt ist, erfahren seine Mittelschichts-Eltern, dass er
bei der Geburt vertauscht wurde. Ihr „richtiger“ Sohn ist bislang in der
Familie eines kleinen Ladenbesitzers zusammen mit vier Geschwistern
aufgewachsen. Beide Familien stehen auf einmal vor der Frage, ob sie
die Kinder, die sie bislang für Ihre Kinder hielten, weiter aufziehen oder
austauschen sollen. Die Familien beschließen, einander kennen zu lernen
und gemeinsame Zeit zu verbringen, damit die Jungen, denen die Eltern
die Wahrheit zunächst verschweigen, sich langsam an die neue Familie
gewöhnen können. Präzise und mitfühlend beschreibt und beobachtet
LIKE FATHER, LIKE SON diesen herzzerreißenden Annäherungsprozess, in
dem es keine richtigen und keine falschen Entscheidungen gibt. Während
LIKE FATHER, LIKE SON alle Personen, besonders auch die Kinder, die
in fast allen Kore-eda Filmen eine wichtige Rolle spielen, im Blick hat,
ist er letzten Endes vor allem ein Film über das Vatersein. Zentrum der
Erzählung ist Ryota, Keitos Vater, ein hart arbeitender und erfolgreicher
Architekt, und der genaue Gegensatz des unambitionierten aber auch
sehr liebevollen Elektrohändlers Yudai. Ryota hat Pläne für seinen Sohn,
in denen Klavierstunden und die richtige Schule eine wichtige Rolle spie-
len. Als er erfährt, dass der verträumte Keito gar nicht sein leibliches Kind
ist, scheint auf einmal Vieles Sinn zu machen. Es ist vor allem Ryota, der
sich mit seinen Ideen vom Vatersein und seinen tatsächlichen Vatergefüh-
len auseinandersetzen muss. D Hendrike Bake
beim Casting vor. Und Kinder lieben diese Art des Schauspielens. Meine
andere Methode ist etwas komplizierter. Es ist gar nicht so einfach, Kin-
dern natürliche Gesten und Gesichtsausdrücke zu entlocken. Dazu nutze
ich die erwachsenen Schauspieler, etwa die Mutter im Film, die vor der
Kamera etwas tut, auf das die Kinder dann spontan reagieren. Sie wird
dann in dem Moment wie zu einer zweiten Regisseurin innerhalb der
Szene, sie kontrolliert die Emotionen der Kinder. Diesmal war die Situ-
ation etwas anders, denn die Hauptfigur hat ja eine gewisse Distanz zu
seinem Sohn, deswegen habe ich sie auch außerhalb des Drehs voneinan-
der ferngehalten. Der Vater der Großfamilie dagegen spielte auch in den
Drehpausen mit den Jungen. Das sind so meine Tricks, um vor der Kamera
möglichst natürliche und wahrhaftige Emotionen zu erreichen.
Wenn Sie in LIKE FATHER, LIKE SON eher eine persönliche Auseinander-
setzung, als eine kulturelle oder spezifisch japanische sehen, glauben Sie,
dass der Film auch in anderen Gesellschaften räsoniert? Welche Reaktio-
nen hatten Sie in anderen Ländern?
Ich habe überall sehr positive Reaktionen erlebt. Der Film wirkt wie ein
Auslöser, nach dem Film über die eigene Familie zu sprechen. All diese
Menschen kommen aus ganz unterschiedlichen Kulturen und Religio-
nen, aber überall löst der Film Gesprächsbedarf aus. Das freut mich
sehr.
Welches Verhältnis haben Sie zu Ihren Filmkindern nach den Dreharbei-
ten? Fühlen Sie eine gewisse Verantwortung?
Wir telefonieren und treffen uns auch regelmäßig. Und mit einigen trinke
ich auch, denn sie sind inzwischen erwachsen. Mir ist es wichtig, dass sie
die Dreharbeiten als gute Erfahrung in Erinnerung behalten. Für einige
war es ein einmaliges Abenteuer, andere wollen ernsthaft Schauspieler
werden. Das unterstütze ich gerne und stehe mit Hilfe und Rat zur Seite.
Sind Ihre Filme so etwas wie Ihre Kinder?
Manche sind mir näher als andere. Dieser hier ist sicher mein persönlichs-
ter. Aber auch STILL WALKING ist mir sehr wichtig, nicht nur weil ich mich
stark in die Hauptfigur hineinprojiziert hatte und es um das Leben meiner
Mutter ging, sondern auch weil er in einer Zeit entstand, als meine Mutter
verstarb und ich selbst Vater wurde. Das sind mir die wichtigsten Filme,
aber man soll ja keins seiner Kinder bevorzugen ...
D Das Gespräch führte Thomas Abeltshauser
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Dunkelheit. Scharren. Aufblitzende Bilder zeigen verweste Körperteile.
August 1973. Das Radio berichtet von Grabschändungen in Texas. Die
Toten werden zu bizarren Figuren arrangiert. In einem alten Bus fahren
fünf junge Leute aufs Land. Sally und ihr Bruder Franklin, der im Rollstuhl
sitzt, Sallys Freund Jerry und das Pärchen Kirk und Pam. Nachdem sie
überprüft haben, ob das Grab ihres Großvaters unversehrt ist, suchen sie
dessen altes Haus. Unterwegs nehmen sie einen seltsamen Anhalter mit,
der ihnen von Entlassungen beim nahegelegenen Schlachthof erzählt,
schließlich sich selbst und Franklin verletzt und aus dem Bus geworfen
wird. An einer Tankstelle gibt es kein Benzin mehr und der Tankwart rät
ihnen davon ab, zum Haus weiter zu fahren – die Leute in der Umgebung
seien nicht freundlich zu Fremden. Kirk und Pam versuchen dennoch, im
Nachbarhaus der verfallenen Villa nach Benzin zu fragen. Auf Kirks Klop-
fen antwortet niemand. Er geht langsam den Flur hinunter. Eine Tür wird
aufgerissen. Ein riesiger Mann mit einer scheußlichen Maske und einer
Schlachterschürze erschlägt Kirk mit einem Schlachterhammer. Kirks
Beine zucken. Leatherface zieht die Leiche hinter die Tür. Die Tür schlägt
zu. Das Massaker beginnt.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist eigentlich eindeu-
tig: “Eine Zensur findet nicht statt”. Das heißt natürlich nicht, dass keine
Zensur stattfindet. Über 30 Jahre lang war THE TEXAS CHAINSAW MAS-
SACRE, einer der wichtigsten Klassiker des Horrorfilms, in Deutschland
verboten. Ob das New Yorker Museum of Modern Art den Film schon in
den 80er Jahren ankaufte, ob Kritiker flammende Verteidigungen des Films
schrieben, nichts konnte die strenge deutsche Zensur erweichen. Denn
Tobe Hoopers Klassiker war nicht nur indiziert, sondern nach §131 StGB
beschlagnahmt, wegen „Gewaltverherrlichung“. Der Paragraf ist seit der
massenhaften Verbreitung von VHS-Video - dem ersten demokratischen
Medium, bei dem Zuschauer selbst bestimmen konnten, was sie sehen
wollten - zur Hauptwaffe der Moralwächter im Kampf gegen sogenannte
„Gewaltvideos“ geworden. Der letzte beschlagnahmte Film in diesem Jahr
war MANIAC, das Remake eines ebenfalls beschlagnahmten Klassikers
aus den frühen 80er Jahren. Der Wortlaut des Paragrafen wurde je nach
Bedarf des Zensors angepasst. Zunächst erlaubte er, Schriften zu verbie-
ten, „die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen
Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlo-
sung solcher Gewalttätigkeiten“ darstellten. Der Paragraf, zuerst 1973 vor
allem zum Schutz gegen neonazistische Propaganda eingeführt, wurde
1985 zum ersten Mal verschärft. Seitdem sind auch Filme verboten, die
Gewalt in einer Art zeigen, „die das Grausame oder Unmenschliche des
Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt“. Das
bezog sich auf Horrorfilme und war so dehnbar, dass sich beinahe jede
INDIEFEATURE
THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974)Restauriert und der Zensur entrissen
SEPTEMBER 2014 D 13 D
This classic horror film has been banned from German screens for dec-ades. Now Leatherface is back from his exile to clandestine screenings, smuggled DVDs and torrent-down-loads in a glorious, restored 4k-digital cinema print.
Gewaltdarstellung damit verbieten ließ. Schließlich verletzt Grausamkeit
an Menschen immer die Menschenwürde. Der Artikel erklärt also eigent-
lich, dass jede fiktionale Darstellung von Grausamkeit in Deutschland ver-
boten ist, es sei denn, der Zensor findet sie geschmackvoll genug oder
hat gerade Urlaub.
Ganz reichte es immer noch nicht, denn nicht alle Filmverleiher ließen
sich diese Bevormundung bieten. Eine Beschlagnahmung kann nur durch
eine aufwendige, kosten- und zeitintensive Zivilklage wieder aufgeho-
ben werden, wobei jederzeit das Risiko einer erneuten Beschlagnahme
durch ein anderes Gericht besteht, wie der Prokino-Filmverleih erfahren
musste, der seit 1984 versuchte, Sam Raimis THE EVIL DEAD (dt. TANZ
DER TEUFEL) aus den Fängen der Justiz zu befreien. 1992 bekam der
Verleih vorläufig recht, und auch noch bei ein paar späteren Prozessen,
aber beschlagnahmt ist Raimis Film trotz Spezialeffekten, die offensicht-
lich auf Knetgummi-Animationen beruhen, immer noch. Weil die Proki-
no-Anwälte argumentierten, in EVIL DEAD gäbe es keine Grausamkeit
gegen Menschen, schließlich würden nur Dämonen getötet, wurde der
Paragraf noch einmal erweitert. Seit 2002 ist auch die Darstellung von
Gewalt gegenüber „menschenähnlichen Wesen“ verboten. Eigentlich sind
die Anwendungen des Paragrafen aber längst schon keine Farce mehr,
sondern ein Skandal. Die Zeit wäre eigentlich reif für eine umfassende
Studie der politischen und ästhetisch-philosophischen Implikationen der
Zensurpraxis, aber bisher ist mir keine bekannt.
Immerhin gibt es immer noch Firmen, die sich gegen die Zensur wehren.
Für Rettung des TEXAS CHAINSAW MASSACRE ist der kleine Vertrieb
Turbine Medien verantwortlich, der seit 2008 gegen die Beschlagnahme
gekämpft hat, und endlich Erfolg hatte. Der im letzten Jahr gegründete
genossenschaftliche Filmverleih Drop-Out Cinema bringt nun die restau-
rierte digitale 4k-Fassung in die Kinos, und zwar eben nicht in die großen
Multiplexe, die mit Horror-Franchises wie der reaktionären SAW-Reihe
ihr Geld verdienen, sondern in kleinere Independent-Kinos, kommunale
Programmkinos und Filmclubs, die Partner und zum Teil Genossen von
Drop-Out sind.
THE TEXAS CHAINSAW MASSCRE gilt als einer der ersten sogenannten
„Splatter“-Filme – ein dummer Begriff, der Filme mit blutigen Spezial-
effekten aus der Genretradition ausgrenzen soll. Im TEXAS CHAINSAW
MASSACRE sind tatsächlich nicht mehr Splatterszenen zu sehen als in
irgendeinem HARRY POTTER-Film oder in den HERR DER RINGE-Verfil-
mungen von Peter Jackson. Einmal schneidet sich Leatherface mit der
Kettensäge ins Bein, und ein Effekt zeigt die Wunde, das war´s. Aber
Tobe Hooper erweckt durch seine Schnitttechnik, durch originelle Kame-
raeinstellungen, eine grandios-bizarre Ausstattung, ein immer wieder
rasant beschleunigtes und dann wieder psychedelisch verlangsamtes
Erzähltempo, den Eindruck, als würde man mehr brachiale Gewalt sehen,
als es wirklich der Fall ist. In der restaurierten Fassung ist besonders die
Tonmischung beeindruckend. Tobe Hooper und Wayne Bell mischten die-
getische und nicht-diegetische Klänge, um ein Gefühl entsetzlicher Bedro-
hung zu schaffen. Die Basis sind pochende, stampfende, analoge Synthe-
sizer, ähnlich dem, was die Industrial-Pioniere Throbbing Gristle später
produzieren sollten: kaum noch tonal gebundener Krach mit einem bru-
talen Rhythmus. In einer Szene, in der Pam und Kirk sich dem Haus der
mörderischen Sawyer-Familie nähern, geht das Wummern eines Strom-
generators in den Mix ein, das Kreischen der Kettensäge, Knochen knir-
schen, man meint Schreie zu hören, Blechdosen klappern. Purer, immer
lauter werdender Terror, der in alptraumhaften Szenen gipfeln wird. Einer
der besten Horrorfilme aller Zeiten ist endlich wieder da zu sehen, wo das
Genre erfunden wurde, und wo es auch hingehört. D Tom Dorow
Start am 04.09.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU
¢ Filmrauschpalast OMU
INDIEFEATURE
USA 1974 D 81 min D R: Tobe Hooper D B: Tobe Hooper D K: Daniel Pearl D D: Marilyn Burns, Paul A. Partain, Edwin Neal D V: Drop-Out Cinema
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D 14 D SEPTEMBER 2014
„Das Alte bekommt man nie wieder so ganz hin“
Deutschland 2014 D 98 min. D R: Christian Petzold D B: Christian Petzold D K: Hans Fromm
D D: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Michael Maertens D V: Piffl Medien GmbH
In Christian Petzolds neuem Film PHOENIX sind Nina Hoss und Ronald
Zehrfeld wie schon in BARBARA ein Liebespaar, diesmal ein ehemaliges.
Der Film spielt in Deutschland, Berlin, unmittelbar nach dem zweiten
Weltkrieg. Die Jüdin Nelly kehrt schwer verletzt aus dem Konzentrations-
lager zurück. Ihre Freundin Lene, die als Vertreterin der Jewish Agency
arbeitet, betreut sie, bringt sie, fast komplett in Verbandszeug verhüllt,
ins Krankenhaus, besorgt eine gemeinsame Wohnung und arbeitet an der
Wiederbeschaffung von Nellys Vermögen. Nur wenn Nelly sie nach ihrem
Ehemann Johnny fragt, blockt sie ab. „Über Johnny rede ich nicht.“ Für
Lene ist klar, dass Johnny Nelly verraten hat. Die Vergangenheit ist ver-
brannt, deutsche Lieder will Lene nie wieder hören. Für Lene gibt es nur
den Weg in eine andere Zukunft, im Ausland, in Palästina.
An diesem Punkt ist Nelly noch lange nicht. Christian Petzold zeigt sie
als eine Frau, die langsam ins Leben zurücktaumelt, und die verzwei-
felt möchte, das alles so ist, wie sie es verlassen hat, das irgendetwas
Bestand hat. Als allererstes muss sie ihr Gesicht wiederbekommen, das
völlig zerstört ist. Der Schönheitschirurg möchte ihr lieber ein anderes
Gesicht geben, denn „das alte bekommt man nie wieder so ganz hin“.
Aber Nelly besteht darauf. Das alte Gesicht. Das alte Leben. Sobald sie
wieder laufen kann, macht sie sich auf die Suche nach Johnny. Wie eine
Wiedergängerin von Jack Nicholson in Polanskis Farb-Noir CHINATOWN
stolpert sie mit einem entstellenden Nasenverband durch die Schlag-
schatten der Trümmerhaufen und die Nachtclubs der Stadt.
Als sie Johnny, von Zehrfeld als sichtlich gut ernährter, windiger kleiner
Schieber gespielt, tatsächlich in einem amerikanischen Club als Kellner
findet, erkennt der sie nicht wieder. Aber er sieht eine Ähnlichkeit zu sei-
ner Frau und schlägt Nelly einen Deal vor: sie gibt sich als seine aus den
Lagern zurück gekehrte Frau aus und zusammen kassieren sie die Erb-
schaft. Nelly lässt sich auf den Deal ein. Mit Johnny übt sie, wie Nelly zu
schreiben, wie Nelly zu laufen und wie Nelly auszusehen. Doch egal, wie
nahe sie sich dabei kommen und wie offensichtlich die Anzeichen sind,
das Nelly diejenige ist, die sie darstellen soll, Johnny erkennt sie nicht.
Christian Petzold hat erzählt, dass er sich im Vorfeld von PHOENIX viel
mit dem kürzlich verstorbenen Harun Farocki, der auch am Drehbuch
INDIEFEATURE
SEPTEMBER 2014 D 15 D
PHOENIX
mitarbeitete, über das deutsche Nachkriegskino und das Fehlen von
Genre im deutschen Film unterhalten hat. PHOENIX sieht sich tatsäch-
lich wie der Versuch einen solchen deutschen Nachkriegs-Genre-Film
nun doch zu drehen. Der Film ist altmodisches, metaphorisches Kino.
Die Anfangsszenen, in denen Nelly mit Gesichtsverband durchs Kran-
kenhaus wandert, erinnern an Georges Franjus‘ Albtraum-Klassiker LES
YEUX SANS VISAGE, die Straßenszenen, durch die sie später stolpert,
scheinen geradezu absichtlich bühnenhaft konstruiert und kontrastreich
ausgeleuchtet. Die Geschichte, eine Noir-Geschichte, die vom Roman „Le
retour des cendres“ von Hubert Monteilhet inspiriert wurde, der auch
die Vorlage für Hitchcocks VERTIGO lieferte, ist bestes B-Movie Material.
Eine Frau und ein Mann erkennen einander nicht, weil sie einander im
Grunde nicht erkennen wollen. Weil die Wahrheit, wenn man ihr in die
Augen sehen würde, die Kraft hätte, alles zu ändern und zu zerstören. Weil
Nelly ihre Liebe aufgeben müsste und Johnny sein bequemes, opportunis-
tisches Leben nicht weiterführen könnte.
Das ist der Punkt, an dem Petzolds Film interessanterweise hakt. Dass
Johnny Nelly tatsächlich nicht erkennt, ist psychologisch kaum glaubhaft. Die
Geschichte, die Petzold erzählen will, funktioniert aber nur, wenn man akzep-
tiert, dass Johnny Nelly nicht erkennt, was, anders gesagt natürlich bedeutet,
dass sie nicht so richtig funktioniert. Noch anders betrachtet, passt es aller-
dings wieder ganz gut, dass der Zuschauer den Film als in sich brüchig erlebt.
Ursprünglich sollte die erste Szene von PHOENIX auf einer Kreuzung im
Wald spielen und ein Foto der Shoa Foundation nachstellen. Die Szene
wurde gedreht aber nicht verwendet: „… es ging nicht. Das Nachstellen
des Schreckens, die Kinematographie in und um Auschwitz – als würden
wir sagen: Jetzt ist es Zeit, jetzt fassen wir das alles als Erzählung zusam-
men, jetzt wird es eine Ordnung.“ (Christian Petzold). Mit der Fiktionalität
seiner Geschichte und der in den Film eingeschriebenen Brüchigkeit stellt
PHOENIX eine Antithese zum neuen deutschen, Ordnung schaffenden
Historienfilm von DER UNTERGANG bis zu UNSERE MÜTTER, UNSERE
VÄTER dar. Diesen Filmen, die bei aller Quellentreue und bei aller behaup-
teten Komplexität Geschichte letzten Endes in einer tröstlichen Erzählung
strukturieren und damit verarbeitbar machen, stellt Petzold nun einen
Film entgegen, in dem es im Kern um die Unmöglichkeit und um die Unge-
hörigkeit einer solchen Erzählung geht. D Hendrike Bake
Germany 1945. Holocaust survivor Nelly returns heavily disfigured to Berlin and searches for her husband. When she finds him he doesn’t recog-nize her but proposes a deal: Nelly is to pretend that she is his wife so that they can claim her inheritance.
Start am 25.09.2014
¢ Bundesplatz Kino¢ Eiszeit Kino¢ fsk-Kino am Oranienplatz¢ Hackesche Höfe Kino
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D 16 D SEPTEMBER 2014
INDIEKRITIKEN
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The Bavarian direktor Franzi and her Indian co-director Jay are a couple. Both of their parents absolutely hate the idea. A documentary about inter-cultural relationships and family.
Start am 4.9.2014
¢ b-ware! ladenkino ab ca. 25.9.¢ Hackesche Höfe Kino
For three decades Louis Sardo has been living with the Bayaka people in Central Africa. He loves their music, of which he has made hundreds of recordings. Documentary.
Start am 11.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
AMMA & APPALiebe zwischen Bayern und Indien
„I first saw his art and then his heart“, so erklärt Franzi, die Regisseu-
rin, wie sie sich in Jay, den Co-Regisseur, verliebt hat. So schön, so ein-
fach könnte die Liebe sein: die Kunst des anderen, das Herz des ande-
ren sehen, berührt sein, zueinander finden. In diesem Fall werden dabei
allerdings kulturelle Grenzen überschritten, und das löst bei den betrof-
fenen Eltern des Paares Stress aus. „Als Du Dich für eine Liebesheirat
entschieden hast, haben wir alles verloren“, wirft Jays Mutter, auf Tamil
„Amma“, ihrem Sohn vor. Ihr ist klar, dass die potentielle Schwieger-
tochter aus Bayern kaum der indischen Tradition entsprechen, zu ihnen
ziehen und die Versorgung im Alter übernehmen wird. Ammas Anklage
klingt aus westlicher Perspektive melodramatisch und auch ungerecht.
Der Film AMMA & APPA ist jedoch weder gefühlsduselig noch parteiisch,
sondern erfasst sehr genau die unaufhebbar scheinenden Widersprüche
zwischen den verschiedenen Lebensentwürfen seiner Protagonisten. Die
beiden jungen Liebenden nutzen das Mittel des Dokumentarfilms, um der
Infragestellung durch ihre ehemaligen Erziehungsberechtigten zu begeg-
nen. Dabei erfahren sie überraschende Dinge: Amma wollte nie heiraten
und sträubte sich jahrelang gegen den Wunsch ihrer Eltern nach einer
arrangierten Ehe. Und die Eltern Schönenberger gestehen, dass ihre Ehe
nicht auf Verliebtsein, sondern auf Vernunft gegründet wurde. Auf einmal
nähern sich die Welten derart an, dass Franzi von dem Verdacht beschli-
chen wird, die Tamilen könnten die Bayern von Indien sein: konservativ,
alltagsrassistisch, freundlich und eigenwillig. Herausgekommen ist ein
Werk, das in seiner offenherzigen Art gelegentlich von einer schmerzhaf-
ten Härte gezeichnet ist, aber nicht zuletzt dadurch auch viele komische
Momente zu bieten hat. D Anna Stemmler
Deutschland 2014 D 89 min D R: Franziska Schönenberger D B: Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian D K: Minsu Park D S: Robert Vakily D V: Zorro Filmverleih
Deutschland 2013 D 97 min D R: Michael Obert D B: Michael Obert D K: Siri Klug D S: Wiebke Grundler D V: Real Fiction
SONG FROM THE FORESTZweierlei Dschungel
Der einsame weiße Mann, der barfuß in dem Fluss Mumbongo in der Zent-
ralafrikanischen Republik steht und den Lauten des Regenwaldes lauscht,
ist kein Dokumentarfilmer im Auftrag des WWF oder BBC. Louis Sardo
lebt seit drei Jahrzehnten beim Volk der Bakaya, er spricht ihre Sprache
und hat einen hier geborenen Sohn. Und doch ist der weiße Mann auch
immer ein Gast in der Gemeinde der Bayaka.
Die Dokumentation SONG FROM THE FOREST erzählt Sardos Geschichte.
Mitte der Siebziger reist der US-Amerikaner in die Zentralafrikanische
Republik, nicht nur um die Musik der Bayaka in Tonaufnahmen festzu-
halten – im Laufe seines Lebens sollen es mehrere hundert werden –
sondern auch, um den Zwängen der westlichen Gesellschaft zu entflie-
hen. Was dem amerikanischen Transzendentalisten Henry David Thoreau
während seines zweijährigen Einsiedlerdaseins in Wäldern nahe Boston
zum Fluch wurde, ist für Sardo ein Segen: ein Leben der Einsamkeit inmit-
ten der Natur. Der Reisejournalist Michael Obert begleitet Sardo bei sei-
nen tagtäglichen Aktivitäten im Dorf der Bayaka und auch auf einer Reise
nach New York, auf die er seinen 13-jährigen Sohn Samedi mitnimmt.
In intimen Aufnahmen von Sardo fängt Obert den Aufprall zweier Kultu-
ren ein. Auch in dieser technokratisierten Welt ist Sardo letztlich nur ein
Fremder, ein Gast.
Am beeindruckendsten ist Oberts Film, wenn er vollkommen auf Wörter
verzichtet und sich auf Bilder und Klänge beschränkt: wenn Sardo in den
Straßen New Yorks die Musik der Bayaka hört und später den Lärm der
Millionenmetropole bei seiner Rückkehr in Afrika nicht aus den Ohren
kriegt, sind keine Worte mehr vonnöten, um seine Existenz zwischen den
Kulturen klarzumachen. D David Herger
SEPTEMBER 2014 D 17 D
INDIEKRITIKEN
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David Cronenberg delivers a highly entertaining and grim satire on Hollywood craziness involving neurotic filmstars, 13-year-old celebrities with a history of drug abuse and rehab, fire starters, TV psychologists, ghosts and other abominations.
Start am 11.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Eva Lichtspiele DF + OMU ¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Deutschland/Kanada/Frankreich/USA 2014 D 111 min D R: David Cronenberg D B: Bruce Wagner D K: Peter Suschitzky D S: Ronald Sanders D M: Howard Shore D D: John Cusack, Julianne Moore, Olivia Williams, Robert Pattinson, Mia Wasikowska, Sarah Gadon D V: MFA+ Filmdistribution
MAPS TO THE STARSBoulevard der Durchgeknallten
Die alternde Schauspielerin Havana Segrand sieht sich einen Film ihrer
ungleich berühmteren Mutter Clarice Taggart an. Es ist eine Liebesszene,
aber der Text, den Clarice spricht, stammt aus einem Gedicht des franzö-
sischen Surrealisten Paul Elouard:
„Auf meine Schulhefte
Auf mein Pult und die Bäume
Auf den Sand auf den Schnee
Schreib ich deinen Namen
(…)
Auf jeden sich schenkenden Leib
Auf die Stirn meiner Freunde
Auf jede gereichte Hand
Schreib ich deinen Namen“.
Erst am Ende des Films, nachdem das Gedicht von verschiedenen Perso-
nen wiederholt wurde, wird der Name enthüllt: Freiheit.
MAPS TO THE STARS wirkt selbst ein wenig wie ein Befreiungsschlag
von David Cronenberg, der mit COSMOPOLIS zuletzt eine extrem bissige
Satire auf den Finanzkapitalismus abgeliefert hatte, die an den Kino-
kassen aber ähnlich floppte wie die Aktie der Lehmann Brothers in der
Finanzkrise (Budget 20 Mio. $, Einnahmen in den USA: 740.000 $). Cro-
nenbergs nur mäßig gelungenem Freud vs. Jung-Drama A DANGEROUS
METHOD erging es nicht wesentlich besser. MAPS TO THE STARS tritt
nun so infernalisch unterhaltsam und zugleich bösartig vergiftet auf, als
hätte sich Cronenberg vorgenommen, sämtliche lang geschmiedeten
Waffen in die Waagschale zu werfen, und einen der furiosesten Filme über
Hollywood zu drehen, den die Welt je gesehen hat. Cronenberg bezeich-
net seinen Film als eine Art „postmodernen Boulevard der Dämmerung“
und außer Billy Wilders SUNSET BOULEVARD und David Lynchs MUL-
HOLLAND DRIVE hält auch tatsächlich wenig mit diesem Feuerwerk der
abgründigen Bosheit mit.
In etwa geschieht folgendes: Havana Segrand (Julianne Moore) will unbe-
dingt im Remake des Films die Hauptrolle spielen, der einst ihre Mutter
zur Legende machte. Der Geist ihrer Mutter verspottet sie dafür gele-
gentlich am Pool. Ihre Neurosen – und natürlich den Geist – will sie sich
vom Körpertherapie- Guru und Fernsehpsychologen Stafford Weiss (John
Cusack) exorzieren lassen. Dessen Frau Christina managet den 12-jähri-
gen Sohn Benjie (Evan Bird), einen Kinderstar, der mit der Fernsehserie
„Bad Babysitter“ berühmt wurde, nun aber bereits eine Drogenkarriere
und einen Entzug hinter sich hat, und nur unter Vorbehalt eine neue
Rolle erhält, bei der er obendrein bald von einem noch jüngeren Kinder-
star aus dem Rampenlicht verdrängt zu werden droht. Nun taucht auch
noch Agatha (Mia Wasikowska) in Los Angeles auf, die Tochter der Fami-
lie Weiss, die einige Jahre in der Psychiatrie verbracht hat, weil sie den
Familiensitz angezündet hatte. Der Gedanke, dass hier irgendetwas gut
ausgehen könnte, kommt gar nicht erst auf. Die Spannung entsteht aus
den Wendungen und Enthüllungen, die von einer bizarren Katastrophe zur
nächsten führen.
Der Olymp der Stars ist prall gefüllt mit totaler Durchgeknallheit von
mythischen Dimensionen, die Cronenberg mit diabolischem Vergnügen
ausspielen lässt. Julianne Moore schenkt sich wieder einmal nichts in
ihrem Portrait der verlogenen Giftspritze Havana, die lieblich lächelnd
über Leichen geht, immer mit dem Gestus totaler Schnöseligkeit, die
Anspruch auf absolute Liebe und höchste Ehrungen erhebt. Evan Bird ver-
sieht den fiesen, einsamen und abgrundtief verdorbenen kleinen Star mit
einer so wundervollen Mischung aus Gemeinheit und Verzweiflung, dass
man ihn beinahe schon wieder ein bisschen lieb haben könnte, wenn er
nicht so ein Kotzbrocken wäre. John Cusack ist die personifizierte Wider-
lichkeit esoterischer Selbsthilfegurus und Mia Wasikowska gibt einmal
mehr das scheinbar nette, leicht verstrahlte Mädchen, deren dunkle Seite
sich erst allmählich enthüllt. D Tom Dorow
D 18 D SEPTEMBER 2014
INDIEKRITIKEN
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Heli is a young Mexican factory worker, who barely manages to take care of his wife and child, his father and his twelve-year-old sister Estela and by a fatal mistake becomes involved with the mafia.
Start am 18.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab 25.9.¢ Eiszeit Kino OMU Preview am 12.9.¢ Filmrauschpalast OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OMU
When Siyar’s sister Nemin elopes with her lover, the 16-year-old sets out to find and kill her in order to restore the family’s “honour”. But the journey from Iraq to Istanbul and finally Norway changes his outlook on life and he begins to question his convictions.
Start am 11.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Eiszeit Kino DF
Mexiko 2013 D 105 min D R: Amat Escalante D B: Amat Escalante, Gabriel Reyes D K: Lorenzo Hagerman D S: Natalia López D D: Armando Espitia, Linda González, Juan Eduardo Palacios, Andrea Vergara D V: temperclayfilm
Originaltitel: Før snøen faller D Deutschland/Norwegen/Irak 2013 D 105 min D R: Hisham Zaman D B: Hisham Zaman, Kjell Ola Dahl D K: Marius Matzow Gulbrandsen D S: Sverrir Kristjánsson D M: David Reyes D D: Nazmi Kirik, Suzan Ilir, Billey Demirtas, Eva Medusa Gühne, Jin Musa D V: Dualfilm Verleih
HELIIm Blickfeld der Drogenmafia
Unmissverständlich schickt Amat Escalantes dritter Film HELI, der 2013
in Cannes mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet wurde, seine
Botschaft voraus. Im Prolog des Films werden zwei misshandelte Männer
auf einem Pick-Up durch eine vom Staub überlagerte Stadt gekarrt. In
der nächsten Einstellung hängt einer der beiden mit heruntergelassener
Hose an einem Brückengeländer. Ein Bild, das im heutigen Mexiko wohl
kein unbekanntes ist und nur das erste in einem Drogendrama, das ohne
Sentimentalität den grausamen Alltag eines entlegenen Kaffs in seine
Mitte rückt.
Hier lebt Heli, ein junger Fabrikarbeiter, der sich zusammen mit seiner
Frau und dem gemeinsamen Kind, seinem Vater und seiner zwölfjährigen
Schwester Estela mehr schlecht als recht durchkämpft. In langen, ein-
dringlichen Einstellungen entfaltet der Filmemacher das Leben der Fami-
lie, das zwischen Fabrikschichten und Langeweile mäandert. Nur ab und
an bricht Escalante diese inszenatorische Ruhe auf und ersetzt sie durch
surreal anmutende Bilder, etwa wenn Estelas Freund sie vor wüstenhafter
Kulisse immer wieder hochhebt, um seine Oberarme zu trainieren.
Durch eine Dummheit von Estelas Freund gerät die Familie ins Blickfeld
der Drogenmafia. Was nun folgt, ist eine Tortur. Escalante zeigt keine
Scheu, die Gräueltaten und Brutalitäten der Drogenkartelle in Szene zu
setzen. Manche Ereignisse wiederum lässt er nur erahnen, zum Beispiel
wenn Estela aus Rache entführt wird und nicht nur Heli, sondern auch
die Zuschauer über ihr Schicksal im Dunkeln bleiben. Die grausamen
Momente flicht Escalante nahtlos in seine hypnotische Betrachtung die-
ser äußerst verrohten Welt ein, einer Welt, in der der Einzelne nichts mehr
bezwecken kann und ein normales Leben aussichtslos scheint. D Eileen
Reukauf
DER JUNGE SIYARAuf dem Weg nach Europa
Der Regisseur von DER JUNGE SIYAR, Hisham Zaman, wanderte als
Jugendlicher wie sein Protagonist vom kurdischen Irak über Istanbul nach
Norwegen. In seinem beeindruckenden Langfilmdebut versetzt er die
eigene autobiographische Migrationsgeschichte in den aktuellen Kontext
radikaler europäischer Abschottung gegen Einwanderer.
Siyar (Taher Abdullah Taher) ist in kurdischen Klanstrukturen verhaf-
tet. Als alleiniger männlicher Erbe willigt er in die Heirat seiner älteren
Schwester Nemin (Baher Özen) mit dem Sohn eines Stammesführers ein.
Doch Nemin flüchtet mit ihrem Geliebten nach Istanbul und setzt damit
die „Ehre“ der Familie aufs Spiel. Der 16-jährige Siyar reist ihr in die Mega-
lopole hinterher, um sie zu finden und umzubringen. Als er erfährt, dass
sie mittlerweile in Norwegen lebt, folgt er ihr weiter. Auf seiner Reise lernt
er das burschikose kurdisch-türkische Straßenmädchen Evin (Suzan Ilir)
kennen. Zusammen fahren sie gen Westen, wo sie an den Toren Europas
vom schrecklich guten Birol Ünel (GEGEN DIE WAND) in der Rolle eines
Grenzpolizisten abgefangen und von Ervins in Berlin lebendem Vater Miro
(Ahmet Zirek) abgewiesen werden. Zwischen beiden Protagonisten entwi-
ckelt sich eine innige Freundschaft. Die Reise verändert Siyar. Zwischen
ihm und Evin entwickelt sich eine innige Freundschaft und umso mehr
Siyar in Gefahr ist, sich zu verlieben, umso mehr gerät er in Konflikt mit
seinen Überzeugungen. Er beginnt, seine bisherigen Wertvorstellungen
und Ziele zu überdenken. D Raphaël Rück
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A coming-of-age-film about the shy outsider Cindy, who hangs around the unfinished Berlin airport until she falls in love with the Finnish engineer Leif.
Start am 14.8.2014
¢ Bundesplatz Kino¢ Hackesche Höfe Kino
SCHÖNEFELD BOULEVARDErste Flieger und erste Liebe
Lange, weite Rollfelder, Vogelschwärme, ein Zaun – und dahinter die glei-
che Leere und Ödnis bei der vom Leben ausgeschlossenen Cindy (Julia
Jendroßek). Mit ihrem Freund Danny (Daniel Sträßer), der ebenso Außen-
seiter ist wie sie, verbringt sie die Abende auf dem Gelände des nicht fertig
werdenden BER oder auf dem Friedhof im Vorort Schönefeld. Sie ist pum-
melig, steht kurz vor dem Abitur und keiner der Klassenkameraden und
-kameradinnen meint es gut mit ihr. Zufällig trifft sie auf den finnischen
Ingenieur Leif (Jani Volanen) und nach und nach erwacht Lebensfreude
in ihr. Der Zuschauer beobachtet sie beim ersten Verliebtsein, bei den
ersten Schminkversuchen, dem ersten Liebeskummer, den ersten Drogen
und der ersten Begegnung mit dem Tod. Bis zu diesem Punkt benötigt der
Coming-of-Age-Film aber einen langen Weg: Ebenso wie man erst auf den
zweiten Blick Leben auf dem scheinbar leeren Flughafen entdeckt, muss
auch Cindy erst genauer hinsehen, bis sie Leben in sich spürt. Während
sie zu Anfang lethargisch und tapsig ist, begreift sie sich immer mehr als
Protagonistin ihres eigenen Lebens. In gleicher Weise wandelt sich der
Flughafen von einer Kulisse zu einer Figur innerhalb des Films.
SCHÖNEFELD BOULEVARD ist der erste Kinofilm, der den BER-Flugha-
fen als Schauplatz einsetzt. Für Regisseurin Enders wird er zum Sinn-
bild, eines unter vielen in ihrem achten Film, der die Entwicklung eines
Mädchens zur jungen Frau zeigt. Und so wie am Ende ein aufsteigendes
Flugzeug zu sehen ist, das Hoffnung darauf macht, dass der Flughafen
doch irgendwann fertiggestellt ist, so macht sich auch Cindy auf den Weg
in eine neue Zukunft, indem sie den Zuschauer auf einer weiten Straße
verlässt und er ihr hinterher sieht. D Franziska Gleininger
Deutschland 2013 D R: Sylke Enders D B: Sylke Enders D K: Benedict Neuenfels D D: Julia Jendroßek, Daniel Sträßer, Uwe Preuss D V: Farbfilm
AB 18. SEPTEMBER IM KINO
Der Junge
SiyarEin Film von
SiyarEin Film von
SiyarHISHAM ZAMAN
Die Suche nach seiner Schwester führt ihn quer durch Europa.Er soll sie töten. Für die Ehre der Familie.
Ab 11. September im Kino!
SiyarSiyarein kurdischesRoadmovie
D 20 D SEPTEMBER 2014
INDIEKRITIKEN
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Start am 18.9.2014
¢ b-ware! ladenkino¢ Bundesplatz Kino¢ Eiszeit Kino
Heinrich Himmler was a central figure in the Nazi terror apparatus and a key architect of the “Final Solution”. Using personal testimonies from the Himmler family, THE DECENT ONE reconstructs the worldview of an ideo-logically convinced perpetrator.
Deutschland 2014 D 92 min D R: Vanessa Lapa D B: Vanessa Lapa D S: Sharon Brook D D: Tobias Moretti, Sophie Rois, Florentin Groll D V: Salzgeber & Company MedienDER ANSTÄNDIGE
Psychologie der Gewalt
Heinrich Himmler, NSDAP-Mitglied der ersten Stunde, später Reichsfüh-
rer der SS, in den letzten Jahren des NS-Regimes auch dessen Innen-
minister, war eine der zentralen Figuren in der Gewaltpolitik der Nazis,
insbesondere der Shoah. In DAS HIMMLER PROJEKT, Romuald Karmakars
Dokumentarfilm von 2000, spricht Manfred Zapatka Himmlers berühm-
teste Rede, die dieser 1943 unter Geheimhaltung vor SS Offizieren in
Posen/Poznań gehalten hatte. Die Rede, deren Besonderheit ist, dass
sich hier eine Nazi-Führungspersönlichkeit offen und glorifizierend über
den systematischen Mord an den europäischen Juden äußert, wird von
Zapatka dabei vor einem schlichten Studiohintergrund in betont nüchter-
nem Gestus vorgetragen. Die ästhetische Wirkung von Karmakars Film
lag im markanten Kontrast zum seit den 90ern grassierenden Geschichts-
fernsehen Guido Knopps. In seiner Konzentration auf den Text der Rede
versetzt Karmakars Film das Publikum in die Lage, die Arbeit der Kontex-
tualisierung und Interpretation selbst leisten zu müssen.
Vanessa Lapas Film DER ANSTÄNDIGE geht in der Beschäftigung mit
Himmler einen fast diametral entgegengesetzten Weg. Der Film stützt
sich zu weiten Teilen auf private Selbstzeugnisse Himmlers und seiner
Familie. Die Provenienz dieser Sammlung ist eine Geschichte für sich.
Soweit das rekonstruierbar ist, stammen die Dokumente aus dem Privat-
safe in Himmlers Haus in Gmünd, wo sie von amerikanischen Soldaten
entdeckt und vorschriftswidrig nicht an die entsprechenden Dienststellen
weitergegeben wurden. Sie gelangten in eine israelische Privatsammlung
und wurden Vanessa Lapas Vater überlassen, verbunden mit dem Auftrag,
sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine vergleichbare
Überlieferung privater Zeugnisse gibt es von keinem anderen prominen-
tem Täter der Massenvernichtung.
Die Tagebücher und Briefe werden im Film von Tobias Moretti (Himmler)
Sophie Rois (Himmlers Frau Margarethe), Morettis Tochter (Himmlers
Tochter Gudrun) und anderen nicht so sehr gesprochen, denn als Rollen
bewohnt. Auf der Bildebene ist der Film eine „Found Footage“-Montage,
die sich auf das Resultat einer intensiven und langjährigen Archivrecher-
che stützt, und private wie offizielle Filme und Fotografien der Himmlers
mit darüber hinausgehendem zeitgenössischem Bildmaterial verwebt.
Als Geschichtsschreibung mit audiovisuellen Mitteln ist der Film schon
allein für diese Aspekte der Recherche und Quellenproduktion bemerkens-
wert, seine Ambitionen gehen aber weit darüber hinaus. DER ANSTÄN-
DIGE bedient sich der Techniken des Geschichtsfernsehens, stellt diese
aber in den Dienst eines Erkenntnisinteresses. Die Montage und digitale
Bearbeitung des Archivmaterials, seine akustische Aufladung durch
Geräuschkulissen, die das meist tonlose Archivmaterial mehrdimensional
werden lassen, die komplexe Montage aus Bild, Ton und Text, zeichnen die
Entwicklung einer Person nach, die über den Weg zur Gewalt mit sich und
ihrer Zeit ins Reine kommt. Der Film führt Alltagsmomente der Weima-
rer Republik und ihrer politischen Auseinandersetzungen mit Briefen und
Tagebuchreflexionen zusammen, in denen Himmler sich Sorgen um seine
Männlichkeit macht, die ursächlich mit einem virulenten Antisemitismus
und einer bizarren Homophobie verbunden sind. Einmal verdeutlicht die
Montage drastisch, dass Himmler während einer Besichtigung der Ver-
nichtungsstätten mit der Besorgung von Weihnachstgeschenken für sein
geliebtes Püppi beschäftigt war. In seinen stärksten Momenten erlaubt
das komplexe Gewebe des Films einen Blick, der die Widersprüchlichkeit
und den Wahn einer „Weltanschauung“ erkennen lässt, gleichzeitig aber
deutlich macht, wie Himmler selbst in einer beständigen Bewegung gegen
jeden Zweifel liegt. Darauf zielt schließlich der Anstand ab, von dem der
Film seinen Titel hat. Heinrich Himmler erscheint nicht als von einer tech-
nokratischen Amoral gelenkt, sondern als zur Überzeugung gekommener
Vernichtungstäter, dem die „Ausrottung“ Quintessenz der Moral eines
nach außen abgedichteten Weltbildes geworden ist. D Sebastian Markt
SEPTEMBER 2014 D 21 D
INDIEKRITIKEN
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Deutschland 2014 D 84 min D R: Kordula Hildebrandt D B: Kordula Hildebrandt D K: Daniel Goede D D: Stephan Ziller, Simone Geißler D V: Kinostar
Originaltitel: I Origins D USA 2014 D 113 min D R: Mike Cahill D B: Mike Cahill D K: Markus Förderer D S: Mike Cahill D M: Will Bates, Phil Mossman D D: Michael Pitt, Archie Panjabi, Astrid Berges-Frisbey, Brit Marling, Steven Yeun D V: Twentieth Century Fox
SPIRIT BERLINAuf Sinnsuche in der Hauptstadt
Stephan sagt „also eigentlich ist Berlin keine spirituelle Stadt für mich“.
Sheikh Eşref Efendi dagegen nennt Berlin die „spirituelle Hauptstadt
Europas“. In ihrem Dokumentarfilm SPIRIT BERLIN schickt Regisseurin
Kordula Hildebrandt den angehenden Schauspieler Stephan Ziller auf
Sinnsuche durch die unzähligen, teils nur aus wenigen Mitgliedern beste-
henden Glaubensgemeinschaften, spirituellen WGs, Kirchen und Ashrams
Berlins. Stephan probiert Yoga und Shotokan Karate, dreht mit Sufis
Kreise, singt mit der Taizé Segensgemeinschaft und chanted im Berliner
Friedenszentrum. Er besucht verschiedene Körpermedien, macht eine
Klangmeditation und steht stundenlang in einem dunklen Raum auf der
Suche nach der inneren Stille. Ob Stephan, der im Film seinen wirklichen
Namen trägt, auch tatsächlich selbst auf der Suche ist, wie der Film sug-
geriert, bleibt dabei etwas unklar. Die Liebesgeschichte zu Simone, die er
im Yogakurs bei den Partnerübungen kennenlernt, scheint auf jeden Fall
inszeniert. Zunächst begleitet Simone Stephan eine Weile, auch zu einem
Tantra-Workshop, dann nimmt sie, genervt von Stephans Unentschlos-
senheit, wieder mehr Abstand. Die kleine Rahmenhandlung hält die Fülle
der unterschiedlichen Glaubensvorstellungen, die der Film streift ohne
sie zu vertiefen, lose zusammen. Es ergibt sich ein kaleidoskopisches
Bild, das Spiritualität vor allem als Körper- und Gemeinschaftserfahrung
beschreibt. Da wird gesungen, getanzt, geschrien, gekuschelt, miteinan-
der gelebt und, immer wieder, miteinander gegessen. Eine Hommage an
Berlin als Ort, an der jeder „Verrückte“ sein Plätzchen findet und fast jede
Lebensform „normal“ ist. D Hendrike Bake
I ORIGINS – IM AUGE DES URSPRUNGSPhilosophischer Science-Fiction
Die großen Werke des Science-Fiction-Films nutzen das Genre immer
auch als Reflektionsfläche für philosophische und theologische Fragestel-
lungen. Regisseur Mike Cahill hat bereits mit seinem Vorgängerfilm ANO-
THER EARTH Diskurse über Schuld, kosmisches Schicksal und Wieder-
kehr aufgegriffen. Dort verhilft eine Frau, die schuldig am Tod der Familie
eines Komponisten war, diesem zu einer Reise auf eine zweite Erde, auf
der seine Familie noch am Leben ist. In I ORIGINS nutzt Cahill das Genre,
um Fragestellungen der Evolutionstheorie und Wiedergeburt in einem
sorgfältig konstruierten Fallbeispiel zu entwickeln: Der junge Akademiker
Ian Gray (Michael Pitt) verliebt sich in die Augen des Models Sofi (Astrid
Bergès-Frisbey) und geht eine intensive Beziehung mit der expressiven
Frau ein. Während er sich mit seiner Laborassistentin Karen (Brit Mar-
ling) auf die Suche nach einem „Ur-Auge“ in der Evolutionskette begibt,
stirbt Sofi durch einen Unfall. Jahre später entdeckt der Forscher in einer
Datenbank den Augenscan eines indischen Mädchens, dessen Iris exakt
mit der seiner ehemaligen Geliebten übereinstimmt. So sieht sich Ian mit
möglichen wissenschaftlichen Beweisen für eine universelle menschliche
Verbundenheit durch Seelenwanderung konfrontiert, und muss sich der
Auseinandersetzung mit spirituellen Fragen stellen. In Indien macht er
sich auf die Suche nach den Augen seiner verlorenen Liebe.
Mike Cahill inszeniert I ORIGINS nach einer akribisch vorbereiteten Ver-
suchsanordnung, und begegnet der großen Menschheitsfrage mit extre-
mer filmischer Stilisierung. Seine entschlossene Konsequenz macht den
Film letztendlich ebenso streitbar wie bereichernd. D Jens Mayer
In Kordula Hildebrandts documentary a young actor explores Berlins spiritual communities, trying to find meaning in his life.
Start am 25.9.2014
¢ b-ware! ladenkino¢ Sputnik Kino am Südstern
In Mike Cahill’s philosophical science fiction film the geneticist Ian Gray believes that he has found scientific proof for the existence of reincarnation.
Start am 25.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Sputnik Kino am Südstern DF + OMU
SEPTEMBER 2014 D 21 D
D 22 D SEPTEMBER 2014
INDIEKRITIKEN
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Agnes, a 60-year old teacher from a small town near Frankfurt, has come to Berlin to find her missing daughter. Lost in sadness she wanders the streets of the city until she meets Ines who is herself a runaway.
Start am 11.9.2014
¢ fsk-Kino am Oranienplatz¢ Hackesche Höfe Kino
Palestinian director Mahdi Fleifel returns to the Palestinian refugee camp Ain El-Helweh in South Lebanon during the FIFA World Cup and weeds through his immense film and video archive of daily Palestinian life in the camp.
Start am 18.9.2014
¢ Eiszeit Kino OMU
Dänemark/Großbritannien/Libanon 2012 D 93 min D R: Mahdi Fleifel D B: Mahdi Fleifel D K: Mahdi Fleifel D S: Mahdi Fleifel D M: Jon Opstad D V: mec film
Deutschland 2013 D 92 min D R: Maria Speth D B: Reinhold Vorschneider D K: Reinhold Vorschneider D S: Gergana Voigt, Maria Speth D D: Fabian Hinrichs, Irina Potapenko, Hiroki Mano, Hermann Beyer, Corinna Kirchhoff, Lars Mikkelsen, Kathleen Morgeneyer, Dzamilja Anastasia Sjöström D V: Peripher Filmverleih
TÖCHTERRhapsodie in Grau
In Maria Speths IN DEN TAG HINEIN hatte Berlin die Farbe der blauen
Stunde, ein wie hinterleuchtetes Blau, das den Gemütszustand seiner
jungen, verpeilten Protagonisten widerspiegelte. Romantisch verträumt,
aber auch melancholisch-traurig bewegten sich Sabine Timoteo und
Hiroki Mano in einer nächtlichen Zwischenwelt jenseits des Alltags. In
Speths jüngstem Film TÖCHTER ist Berlin Novembergrau und zugig wie
der Hauptbahnhof, es riecht aus den Bildern förmlich nach kaltem nas-
sen Hund. Nur einmal, für einen kurzen Moment kommt nicht direkt die
Sonne raus, aber das Einheitslicht scheint ein wenig heller. Wieder ist
die Stadt Seelenlandschaft. Diesmal von Agnes, einer um die 60jährigen
hessischen Lehrerin, die nach Berlin gekommen ist, um nach ihrer ver-
schwundenen Tochter Lydia zu suchen. Die Polizei hat Lydias Ausweis bei
einer Leiche gefunden, aber die Tote ist nicht Lydia. So bewegt sich Agnes
nun durch die Stadt und sucht ziellos nach ihrer Tochter, vor allem aber
versucht sie, durch den Tag zu kommen, ohne zusammen zu brechen.
Corinna Kirchhof spielt Agnes eindringlich als eine Frau, die jetzt, wo sie
an dem Ort ist, an dem ihre Tochter sein könnte, ihren Kummer keine
Sekunde vergessen kann, aber mit aller Kraft die Fassade wahrt. Die
Haare sehen immer aus wie frisch frisiert, die Augen blicken nach innen
und sehen ihre Umgebung kaum. Einmal lässt sie sich gehen, trinkt in
einer Allerweltsbar bis die Anspannung sich löst. Auf der Heimfahrt zum
Hotel fährt sie ein junges Mädchen an, das plötzlich aus den parkenden
Autos vor ihren Mietwagen läuft. Ines (Kathleen Morgeneyer) lebt auf der
Straße, malt ein bisschen, nimmt sich, was sie haben will und hängt sich
einfach an Agnes. Die lässt es wie wehrlos geschehen und kümmert sich,
ein wenig zumindest. D Hendrike Bake
A WORLD NOT OURSWM im Flüchtlingslager
Alle vier Jahre wird das palästinensische Flüchtlingslager Ain el-Helweh im
Süd-Libanon zum Mittelpunkt der Welt, zumindest für Mahdi Fleifel, der
dort einen Teil seiner Kindheit verbrachte. Denn bei jeder Fußball-Welt-
meisterschaft werden die in dem Lager lebenden Palästinenser zu Deut-
schen, Italienern und Brasilianern und vergessen für ein paar Wochen in
welcher Situation sie leben und wer sie eigentlich sind.
Seit über 60 Jahren leben in Ain el-Helweh mehr als 70.000 Menschen auf
einem Quadratkilometer zusammengepfercht. Der seit Jahren in Däne-
mark lebende Regisseur Mahdi Fleifel kehrt alle paar Jahre in seine alte
Heimat zurück und filmt dabei ohne Unterlass alles, was ihm vor die Linse
kommt. Unter Verwendung von Videoaufnahmen seines Vaters aus den
Achtziger- und Neunzigerjahren und seiner eigenen, die bis in die letz-
ten Jahre reichen, kreiert Fleifel ein ebenso sensibles wie humorvolles
Porträt seiner Familie und Freunde und ihrer täglichen Konflikte. Unge-
wöhnlich spielerisch verortet Fleifel in seinem Filmtagebuch Archivbilder
politischer Ereignisse wie Jassir Arafats folgenschweren Handschlag mit
Yitzhak Rabin 1993 in Washington.
Der Film erzählt nicht zuletzt von Mahdi Fleifels langjährigem Freund Abu
Eyad, ein schillernder und zugleich tief pessimistischer Charakter, dessen
Wut und Enttäuschung gegenüber seiner ausweglosen Lebenslage nicht
so sehr dem Staat Israel, sondern seinem eigenen Land gelten, das zu
lange tatenlos blieb und seine Bürger vergaß. Während Fleifel in dieser
Welt, die in Wahrheit weder die seine noch die der Flüchtlinge ist, kom-
men und gehen kann, wie es ihm gefällt, bleibt Abu Eyad letztlich nur der
Entschluss zur Flucht in eine ungewisse Zukunft. D David Herger
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After the death of their grandmother, three Argentinian sisters come to terms with life on their own in this mellow film about a generation shaped by experiences of exile.
Start am 25.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
Schweiz/Argentinien 2011 D 99 min D R: Milagros Mumenthaler D B: Milagros Mumenthaler D K: Martín Frías D S: Gion-Reto Killias D D: María Canale, Martina Juncadella, Ailín Salas, Julián Tello D V: One Filmverleih
ABRIR PUERTAS Y VENTANASOffene Türen und Fenster
ABRIR PUERTAS Y VENTANAS ist ein Film, der von Licht, Musik, zurück-
haltenden Stimmungen und vorsichtigen Entwicklungen lebt. Er beginnt
im Sommer und endet im nächsten Frühling. Das Wetter spielt eine wich-
tige Rolle, die Hitze, der Regen, der Moment, in dem es kühl wird. Drei
Schwestern leben gemeinsam im Haus ihrer Großmutter, die vor kurzem
verstorben ist. Marina, die älteste, geht zur Uni, bezahlt die Rechnungen
und hält den Laden so gut es eben geht am Laufen. Sofia, die mittlere,
interessiert sich anscheinend zunächst für ihre Garderobe, durchsucht
Schubladen und zickt ihre Schwestern öfters an. Sie hat mehr Geld als
sie haben sollte. Violetta, die jüngste, geht noch zur Schule, aber ob sie
dort wirklich erscheint, ist unsicher. Meistens liegt sie in Slip und T-Shirt
auf dem Sofa herum.
Einmal sitzen die Schwestern nebeneinander auf dem Sofa. Violetta legt
„Back to stay“ von Bridget St. John auf, aus der Plattensammlung der
Großmutter. Marina und Sofia singen leise mit: „And though you say you’ll
journey to some foreign land/I’ll remember you, yes, and I’ll be true to
your memory/And there’s no need for you to cry”. Violetta schaut in eine
andere Richtung und weint. Die Szene ist auch eine Vorahnung darauf,
dass Violetta später plötzlich abreisen wird und einen Zettel auf dem
Küchentisch hinterlassen wird, auf dem steht, sie sei „sehr weit weg“.
Regisseurin Milagros Mumenthaler hat eine argentinische Generationser-
fahrung verfilmt: Die Eltern flohen vor dem faschistischen Militärregime,
viele junge Argentinier wuchsen bei den Großeltern auf. Ihr Film ist wie
ein langes Zögern zwischen Abfahren und Ankommen, Bewahren und
Ausräumen, Neid und Zärtlichkeit – so sanft wie sein Soundtrack, auf
dem neben dem argentinischen Folkmusiker Fran Gayo auch ein Song
von Linda Perhacs zu hören ist, der leisesten Psychedelikerin der Popge-
schichte. D Tom Dorow
I ORIGINS
/FoxKino/FoxSearchlightDE
Z_IOrigins_AZ_IndiekinoBerlin.indd 1 15.08.14 12:57
FSK-KINO AM ORANIENPLATZ
INDIEKINOS
FSK-KINO AM ORANIENPLATZ
D 26 D SEPTEMBER 2014
INDIEKRITIKEN
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Das fsk-Kino eröffnete 1988 in der Wiener Straße in den Räumen des
heutigen Rock ’n’ Roll-Clubs Wild at Heart. Das fsk-Kollektiv zeigte schon
damals eine Filmauswahl, die seiner Zeit so weit voraus war, dass sie
immer ein bisschen unzeitgemäß wirkte. Französische Avantgarde aus-
gerechnet in Kreuzberg, wo sonst vor allem Rabaukenkino und politische
Dokumentarfilme liefen? Wie sollte das gut gehen? Es ging aber gut, weil
es im fsk-Kino fantastische Filme zu entdecken gab. 1994 zog das Kino
an seinen jetzigen Standort in ein eigenhändig renoviertes, ehemaliges
Möbelgeschäft am Oranienplatz. Betritt man das Kino, fällt zunächst
dessen zweckmäßige Gestaltung auf: helle Beleuchtung, viele Filminfor-
mationen, Glas und Metall, zum Neubau passende grau-blaue Farben,
ausgezeichnete Vorführtechnik. Hinter der zunächst nüchtern scheinen-
den Oberfläche befindet sich ein Ort großer Filmleidenschaft. Seit seiner
Gründung arbeitet das fsk-Kino als Kollektiv zusammen, dem derzeit 5
Personen angehören. Gemeinsam werden Filme ausgewählt und Pro-
gramme kuratiert.
Gezeigt wird nur, was dem eigenen Filmgeschmack entspricht und der
bewegt sich dezidiert abseits des Mainstreams: „Wir wollen nicht um
jeden Preis Kino machen. Wir wollen in erster Linie Filme zeigen. Filme, die
wir für uns entdecken, die wir für so wichtig halten, dass wir sie unbedingt
unserem Publikum zeigen wollen. Sei es, weil sie formal einzigartig und
gelungen sind, sei es, weil sie wichtige Themen und Inhalte verhandeln.
Das sind in der Regel Filme, die sich einer tradierten Erzählökonomie und
damit meistens auch einer herkömmlichen Verwertungsökonomie entzie-
hen.“ In der Regel sind es darüber hinaus Filme, die visuell überzeugen
und unbedingt auf der Leinwand gesehen werden sollten. Leichten Stoff
sollte man allerdings nicht immer erwarten. Auch das ist Programm. „Wir
wollen uns und unseren Zuschauern etwas zumuten“, sagen die Kino-
macher. Selbstverständlich laufen alle Filme in der Originalfassung (mit
Untertiteln).
Die typische fsk-Kino-Erfahrung geht so: Man sieht dort einen Film von
einem Regisseur oder einer Regisseurin, von der man noch nie gehört
hat, ist begeistert, genervt, verstört oder wütend, hat aber auf jeden Fall
etwas gesehen, was einen nicht unberührt gelassen hat. Ein paar Jahre
später wird klar, dass man zu den wenigen gehörte, die den ersten Film
eines Regiestars gesehen haben. Im fsk-Kino konnte man zuerst die Filme
von u.a. Steve McQueen, Claire Denis, Kelly Reichardt, Ashgar Farhadi,
Atom Egoyan, Abdellatif Kechiche, Christian Petzold, Hirokazu Kore-Eda,
Miranda July, James Benning und den Dardenne-Brüdern sehen. Da den
Programmmachern das deutsche Verleihangebot nicht ausreichte, grün-
deten sie 1997 den programmatisch betitelten „Peripher Filmverleih“,
der seither 66 Filme ins Kino gebracht hat. In den Anfangsjahren lag
der Schwerpunkt von Verleih und Kino vor allem auf französischen Pro-
duktionen und deutschen Filmen der „Berliner Schule“, die ästhetische
und narrative Experimente wagten. In jüngster Zeit haben amerikanische
Independent-Produktionen und das junge rumänische Kino die Aufmerk-
samkeit der Avantgarde-Scouts
geweckt. In der Reihe „New Roma-
nian Cinema“ kann man aktuell fünf
Mal im Jahr rumänischen Filmen und
ihren Machern begegnen.
D Text: Hendrike Bake, Bilder: Marei Wenzel
FSK-KINO AM ORANIENPLATZDie Avantgarde-Scouts
FSK-KINO AM ORANIENPLATZSegitzdamm 2, 10969 BerlinTelefon: 030/614 24 64,Mail: [email protected],www.fsk-kino.deU8, Bus M29/140/N8 Moritzplatz,U1 Kottbusser Tor
INDIEKINOS
SEPTEMBER 2014 D 27 D
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At heart Mike Myers’ documentary is a loving, humorous homage to the widely unknown and hugely gifted music manager Shep Gordon who managed Alice Cooper and Groucho Marx and invented the “celebrity chef”.
Start am 18.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Filmrauschpalast OMU
John May is a council worker who makes the necessary arrangements for people who die alone. His last case brings him closer to his own passions than ever before.
Start am 4.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab ca. 25.9.¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Eiszeit Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino OMU ¢ Sputnik Kino am Südstern OMU
Originaltitel: Supermensch: The Legend of Shep Gordon D USA 2013 D 85 min D R: Mike Myers, Beth Aala D K: Michael Pruitt-Bruun D S: Joseph Krings D V: Rapid Eye Movies
Originaltitel: Still Life D Italien/Großbritannien 2013 D 87 min D R: Uberto Pasolini D B: Uberto Pasolini D K: Stefano Falivene D S: Gavin Buckley, Tracy Granger D M: Rachel Portman D D: Eddie Marsan, Joanne Froggatt, Karen Drury, Andrew Buchan, David Shaw Parker D V: Piffl Medien GmbH
SUPERMENSCH – WER IST SHEP GORDON?Denkmal für ein Allround-Talent
Heutzutage assoziiert man Alice Cooper wohl leider nur noch mit markt-
schreierischen Saturn-Werbespots. Doch in den 60ern war Cooper der
Wegbereiter jener aufwendigen Konzertshows, die später Ikonen der
Rockmusik wie David Bowie oder Kiss berühmt machen sollten. Wer sich
daran schon nicht mehr erinnern kann, wird wohl auch nicht den „Super-
mensch“ Shep Gordon kennen, den Kopf hinter der Kunstfigur namens
Alice Cooper und zahllosen weiteren Stars der Rock- und Pop-Szene.
Diesem bunten Vogel der Musik- und Filmindustrie widmet Mike Myers,
auch bekannt als „Spion in geheimer Missionarsstellung“ Austin Powers,
die Dokumentation SUPERMENSCH – WER IST SHEP GORDON? Der Titel
ist Programm, ist doch der Star-Manager von solch Größen wie Cooper,
Blondie, Frankie Valley und Teddy Pendergrass (selbst Pink Floyd betreute
er für stolze neun Tage) nur eingefleischten Fans der Musikbranche ein
Begriff. Mitte der 60er verschlägt es Gordon nach L.A., wo der zuge-
dröhnte junge Mann in seinem Motel auf die ebenfalls zugedröhnten Janis
Joplin und Jimi Hendrix trifft, die ihn mit dem noch völlig unbekannten Vin-
cent Furnier bekannt machen, der später zu Alice Cooper wurde. Zusam-
men kreierte das noch heute befreundete Duo die legendären Shows, in
denen schon mal der Kopf eines Huhns oder Coopers selbst über die
Bühne rollte. Später verhalf Gordon auch Hollywood-Größen wie Groucho
Marx zu neuem Ruhm und rief als leidenschaftlicher Gourmier, der auch
schon den Dalai Lama bekochte, das Phänomen „Starkoch“ ins Leben.
Mit seinem Film möchte Myers dem Freund und unglaublichen All-
round-Talent Shep Gordon ein Denkmal setzen, das seine Errungenschaf-
ten in der Geschichte der Rockmusik würdigt. Und das gelingt ihm ganz
tadellos und augenzwinkernd. D David Herger
MR. MAY UND DAS FLÜSTERN DER EWIGKEITEinsamer Thunfisch im Regen
Mr. May ist ein ordentlicher Junggeselle mittleren Alters. Er lebt allein,
deckt sich jeden Abend einen ordentlichen Abendbrottisch und isst eine
Dose Thunfisch, gestürzt, auf der Mitte eines Tellers sorgfältig arrangiert.
Beruflich beschäftigt sich Mr. May mit Menschen, die noch einsamer sind
als er. May ist verantwortlich für die allein Verstorbenen seiner Gemeinde,
deren Angehörigen nicht unmittelbar auffindbar sind. Mr. May ist ein akri-
bischer und sorgfältiger Beamter. Detektivisch sucht er nach Hinweisen
auf das Leben, die Leidenschaften, Freunde und Verwandten der Verstor-
benen, und wenn sich keine Spuren zu Menschen finden lassen, die mit
den Verschiedenen in Beziehung standen, sorgt Mr. May selbst für ein
würdevolles Begräbnis. Er wählt die Musik aus, mal aus den hinterlasse-
nen Platten des Toten, mal aus einem wachsenden Archiv von Trauermu-
sik verschiedener Kulturen, das Mr. May selbst angelegt hat. Er gibt dem
Trauerredner die wenigen Hinweise, die er aus den Wohnungen der Toten
erhalten konnte, auch wenn er selbst der einzige Zuhörer ist.
Dem Bezirksbürgermeister sind Mr. Mays umständliche Aktivitäten ein
Dorn im Auge. Mr. May soll zum Ende des Monats entlassen werden. Er
bittet darum, einen letzten Fall noch auf eigene Kosten abzuschließen: ein
Alkoholiker ist in seinem alten Sessel, der auf der einen Seite nur noch
von einem Bücherstapel gestützt wurde, gestorben.
MR. MAY ist ein humorvoller, melancholischer Film über einen Mann, der
die Leben anderer rekonstruiert und darüber das eigene Leben beinahe
zu vergessen scheint. Dabei ist MR. MAY so etwas wie ein Poet der letzten
Reise, ein Autor vergessener realer Leben. Seine letzte Dichtung führt
ihn näher an eine eigene Leidenschaft als je zuvor. Ein Film für den ver-
nieselten Herbstanfang, einzelne Auflockerungen nicht ausgeschlossen.
D Tom Dorow
D 28 D SEPTEMBER 2014
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Director Simone Wendel returns to her native Kallstadt (birth town of Donald Trump and Heinz Ketchup) and documents the peculiarities of its inhabitants.
Start am 25.9.2014
¢ Hackesche Höfe Kino
Anton Corbijn’s (CONTROL) adaptation of a thriller by John Le Carré takes place in present-day Hamburg. In his last role Philip Seymour Hoffman plays the leader of a secret German spy unit who investigates a dubious chechen refugee.
Start am 11.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
KINGS OF KALLSTADTPossierliche Provinzbewohner
Das Volk der Pfälzer nuschelt unverständlich und ist migrationsfreudig.
Pfalzflüchtige wie Emigranten aus den Familien Trump und Heinz berei-
cherten die Welt mit Ketchup, gebackenen Bohnen und Mayo, bzw. Hoch-
häusern und It-Girls und wurden steinreich. Die Ursprünge der Trumps wie
der Heinzes liegen in Kallstadt. Die Regisseurin Simone Wendel, selbst
indigene Kallstadterin, hat nun einen Film gedreht, der die Possierlichkeit
der Kallstadter Lebensweise zeigt, und auch klarmacht, warum manche
Leute partout da weg wollten, um in den USA Gurken einzukochen oder
am Yukon Goldgräber zu füttern.
Simone (deren Nachnamen weglassen werden kann, weil den in Kallstadt
keiner braucht, die kennen sich alle) folgt dem pensionierten Gemeinde-
diener, der zum Harken auf den Friedhof geht, nebenbei Trump-Gräber
sucht und eine neue Leichenhalle plant. Sie folgt der Gemeindeabge-
ordneten Connie zur Gymnastikgruppe, wo indigene Schlangentänze mit
Turnbällen aufgeführt werden. Sie fliegt nach New York und bringt Donald
Trump einen Kuchen, den sie sogar näher zu ihm rüberschiebt, „damit
er ihn schon mal riechen kann“. Dann geht es zurück zu Gesangsverein,
zur Theatergruppe, in der Connie immer die „dabbische Rolle“ spielen
muss. Es könnte noch eine ganze Weile so weitergehen, käme nicht mit
einem Mal „Poschd aus Ameriga“. Die Kallstadter sind auf Veranlassung
von Donald Trump, oder vermutlich eher seines jovialeren Cousins John
Trump, zur Steuben-Parade der Deutsch-Amerikanischen Hurra-Organisa-
tion nach New York eingeladen. Gute Sache, nur die Weinprinzessin hat
keine Lust, sich als Saumagen zu verkleiden. Berliner können hier eine
sehr fremde Welt kennenlernen und werden sich amüsieren, wenn sie
gern Provinzler niedlich finden. Eigentlich ist KINGS OF KALLSTADT aber
mehr was für Pfälzer. D Hannes Stein
A MOST WANTED MANPhilip Seymour Hoffman in seiner letzten Rolle
Mit A MOST WANTED MAN hat Anton Corbijn (CONTROL) einen Spionage-
thriller von John Le Carré verfilmt. Der Film spielt im Hamburg der Gegen-
wart. Im Kern des Konfliktes geht es um russsische, tschetschenische
und arabische Extremisten, um gute Muslime und böse Islamisten und
um deren geheime Finanzquellen. Und trotzdem fühlt man sich zurück-
versetzt in die Hochzeit der „Kalter-Krieg“-Thriller. Schweigsame Männer
mit Geheimnissen verhandeln auf Messers Schneide. Jeder weiß mehr
als er vorgibt und hofft, mehr zu wissen, als sein Gegenüber. Hamburg
funkelt in kaltem stylischem Glanz. Und alle, auch deutsche Frittenbu-
denbesitzer, reden Englisch. Der großartige Philip Seymour Hoffman ist
in seiner letzten Rolle zu sehen und wirkt im Rückblick tatsächlich schon
depressiv, wie gedimmt. Hoffman spielt Günter Bachmann, den Leiter
einer geheimen deutschen Spionageeinheit. Bachmann ist müde, sehr
müde und äußerst misstrauisch. Die Ereignisse seines letzten Einsatzes
haben ihn zermürbt und nun traut er niemandem mehr, nicht einmal den
eigenen Leuten. Als ein mysteriöser russisch-stämmiger Tschetschene in
Hamburg auftaucht und in der muslimischen Gemeinschaft Unterschlupf
findet, wird Bachmann hellhörig. Er ist nicht der Einzige, der sich für Issa
Karpov interessiert. Auch die CIA ist dem jungen Mann auf den Fersen und
versucht fieberhaft zu ergründen, um wen es sich handelt und wann ein
Eingreifen zweckmäßig ist. Ist Karpov ein unschuldiger Immigrant, wie die
junge Menschenrechtsanwältin Annabel Richter glaubt, ist er ein hoch-
gefährlicher Dschihadist, oder ist er ein kleiner Mittelsmann, der als Weg
zu den Geldquellen des Unheils, die der aalglatte Banker Tommy Brue,
gespielt von Willem Dafoe, verwaltet, dienen könnte? In Nebenrollen sind
deutsche Stars wie Nina Hoss und Daniel Brühl zu sehen. D Hendrike Bake
Deutschland D 90 min D R: Simone Wendel D B: Simone Wendel D K: Tom Schneider D S: Mario A. Conte D V: Barnsteiner
Deutschland/USA/Großbritannien 2014 D 121 min D R: Anton Corbijn D B: Andrew Bovell, John le Carré D K: Benoît Delhomme D S: Clare Simpson D M: Herbert Grönemeyer D D: Daniel Brühl, Nina Hoss, Kostja Ullmann, Philip Seymour Hoffman, Willem Dafoe, Rachel McAdams, Martin Wuttke, Rainer Bock, Robin Wright D V: Senator Film Verleih
SEPTEMBER 2014 D 29 D
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Großbritannien/USA/Schweiz 2013 D 107 min D R: Jonathan Glazer D B: Jonathan Glazer, Walter Campbell D K: Daniel Landin D S: Paul Watts D M: Mica Levi D D: Scarlett Johansson, Krystof Hádek, Paul Brannigan, Jessica Mance, Scott Dymond D V: Senator Film Verleih
UNDER THE SKINKillermaschine, Gnade und Entfremdung
Ein Motorradfahrer schleppt eine leblose Frau aus einem Straßengraben.
In einem weißen Raum schlüpft ihre Doppelgängerin (Scarlett Johansson)
in deren Kleidung. Dann verlässt sie ein Mietshaus in Schottland, steigt
in einen weißen Kleinbus, kauft eine Pelzjacke und Lippenstift und geht
so bewaffnet auf Männerjagd. Sie fragt ausgewählte Passanten nach dem
Weg, forscht aus, wie allein sie sind und nimmt sie in verfallene Buden
mit, in denen sie schwarze Räume entstehen lässt, in denen die Männer
versinken. Nachdem sie einen schwer entstellten jungen Mann verführt
hat, schaut sie lange in einen Spiegel, lässt ihr Opfer wieder frei und flieht.
Vielleicht erprobt sie, ob sie sich der fremden Umgebung anpassen kann,
aber ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte bekommt ihr nicht, und Kuchen
sind im Kino immer ein schlechtes Zeichen. Der Motorradfahrer sitzt ihr
auf den Fersen, das Schicksal ebenso.
Der Plot von UNDER THE SKIN ist recht schlicht, psychologische Erklä-
rungen bleiben aus. Die Inszenierung ist umso raffinierter. Der Stil wech-
selt von einem Kubrick-Zitat am Anfang zu Varianten von Georges Lukas’
Low Budget-Phase – nicht nur die White und Black Rooms, sondern auch
rasante Motorradfahrten erinnern an THX 1138 – dann wieder zu realisti-
schen Bildern von Schottland, die an Andrea Arnolds RED ROAD und FISH
TANK erinnern, in denen ja auch von ihrer Welt entfremdete Personen
durch Sozialbausiedlungen taumelten. Es gibt psychedelische Visionen
von Glasgow, wie aus Gaspar Noés ENTER THE VOID, in dem die Augen
eines Toten die Welt der Lebenden betrachten, oder einen Sturm in schot-
tischen Wäldern wie aus Ang Lees THE ICE STORM. Der elektronische
Soundtrack von Mica Levi ist mindestens ebenso virtuos. Extrem „old
school“ werden am Anfang sogar die ganz frühen elektronischen Sprach-
musikexperimente von John Cage und Hans G. Helms zitiert: Über einem
analogen elektronischen Drone erprobt eine Stimme Konsonanten, dabei
geht sie immer wieder in die elektronische Verfremdung über. Funkgeräu-
sche mischen sich unter, bis nicht mehr klar ist, was Untermalung ist und
was ein Signal sein könnte. Später wird ein Mann an einem Küchenradio
drehen, und der diegetische Ton wirkt so fremd wie der Soundtrack zuvor.
Levi schafft es das erste Mal seit langem, mit einem rein elektronischen
Soundtrack ein Gefühl der Bedrohung auszulösen.
Eines der eindringlichsten Bilder von UNDER THE SKIN ist eine Art Förder-
band im schwarzen Raum, auf dem leuchtend rotes Körpermaterial in ein
weißes Lichtloch transportiert wird. Das sieht beinahe aus wie ein umge-
kehrter Projektionsstrahl im Kino, der nichts als Blut transportiert. Nach
diesem Bild lässt die Killermaschine Gnade walten und wird zu einer ein-
sam durch die Welt stolpernden Figur wie Ingrid Bergmann in Roberto Ros-
selinis STROMBOLI (1949) oder UMBERTO D. im gleichnamigen Film von
Vittorio de Sica (1952). Viel Plot gab es in den Werken des Neorealismus
auch nicht. Es kam vor allem auf den Moment an, an dem die Verbindun-
gen der Protagonisten zur Welt sich auflösten, und ihr Blick die Wirklich-
keit als eine vollkommene Fremdheit erfasste und zugleich eine unendli-
che Traurigkeit erzeugte. Die letzte Verführung und das Blut-Förderband
haben eine ähnliche Funktion wie die berühmte Szene vom Thunfischfang
in STROMBOLI. Was folgt sind Momente des Sehens. Scarlett Johanssons
Alien blickt immer wieder in Spiegel und erkennt doch nur Fremdheit. Sie
scheint sogar den größten Teil ihres Sprachvermögens einzubüßen. Das
schottische Hochland wirkt karg und lebensfeindlich. Es gibt keinen Ort
der Ruhe in einer Welt, die vollkommen fremd geworden ist. Dabei führt in
UNDER THE SKIN eine Entscheidung in diese Fremdheit, von der wir nicht
einmal wissen, ob sie eine moralische ist. Die Begegnung des Alien mit
dem entstellten jungen Mann, der an David Lynchs ELEPHANT MAN erin-
nert, ist deutlich auch als Filmzitat gekennzeichnet. Der Dialog zwischen
Elefantenmensch und Alien erscheint zwar als eine Verführungszene, also
als eine Lüge, aber er drückt eine wahrhaftige Sehnsucht nach Berührung
und Nähe aus, die für Elefantenmensch wie Alien unmöglich sind. Die
Einsamkeit ist immer schon da, wenn sie erkannt wird, ist alles verloren.
Vielleicht ist UNDER THE SKIN wirklich ein Meisterwerk. Jedenfalls gehört
der Film unbedingt ins Kino, und gottlob ist er dort nach langem hin und
her endlich angekommen. D Tom Dorow
An alien disguised as Scarlett Johans-son picks up hitchhikers in Scotland and leads them to their deaths. When she lets a disfigured young man escape, she becomes a fugitive herself.
Start am 22.09.2014
¢ b-ware! ladenkino OV ¢ fsk-Kino Am Oranienplatz OV
22.–24.9.
D 30 D SEPTEMBER 2014
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Österreich 2013 D 92 min D R: Gustav Deutsch D B: Gustav Deutsch D K: Jerzy Palacz D S: Gustav Deutsch D M: Christian Fennesz D D: Christoph Bach, Elfriede Irrall, Florentin Groll, Stephanie Cumming, Tom Hanslmaier D V: Rendezvous Filmverleih
Originaltitel: De toutes nos forces D Frankreich 2013 D 95 min D R: Nils Tavernier D B: Laurent Bertoni, Pierre Leyssieux, Nils Tavernier D K: Laurent Machuel D S: Yann Malcor D M: Barði Jóhannsson D D: Jacques Gamblin, Alexandra Lamy, Fabien Héraud, Sophie de Fürst, Pablo Pauly, Xavier Mathieu D V: Polyband Medien
In thirteen single take tableaus, SHIRLEY – VISIONS OF REALITY by experimental film maker Gustav Deutsch reimagines thirteen paintings by Edward Hopper. The film explores the spaces that the paintings merely suggest.
Start am 18.9.2014
¢ b-ware! ladenkino¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst 66¢ fsk-Kino am Oranienplatz
When the 17-year-old wheelchair bound Julien discovers the old “Iron Man” trophies of his father Paul, he proposes that they take part together. At first Paul is reluctant but then father and son begin to train.
Start am 4.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab ca. 25.9.¢ Eva Lichtspiele DF ¢ filmkunst 66 DF ¢ Hackesche Höfe Kino OMU
SHIRLEY – VISIONEN DER REALITÄTCinematografische Räume fortgesponnen
SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist der erste Spielfilm des Experimental-
filmers Gustav Deutsch. In dreizehn, jeweils aus einer starren Einstellung
gedrehten Tableaus baut er dreizehn Gemälde von Edward Hopper nach.
Die aufwändig gestalteten Sets (entstanden unter Mitarbeit von Hanna
Schimek, mit der Deutsch in langjähriger Zusammenarbeit verbunden ist)
bewahren den Charakter von Malerei, dehnen aber die suggestive Kraft
von Hoppers Bildern zu cinematografischen Räumen. Was hinter den
raumzeitlichen Rändern der Gemälde und jenseits ihrer Oberfläche zu
liegen scheint, wird hier fortgesponnen.
SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist die Geschichte einer Frau in den 30er
bis 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. In die Szenen, die jeweils am 28.
bzw. 29. August des Entstehungsjahres der jeweiligen Bilder spielen, setzt
Deutsch die Figur der Schauspielerin Shirley. Aus dem Off kommende
innere Monologe führen durch äußere wie innere Krisen und beleben
dabei ein Stück amerikanischer Zeitgeschichte, emblematische Momente
der Wirtschaftskrise, McCarthyismus und der Civil Rights Ära, ebenso wie
Momente von Privatheit.
SHIRLEY – VISIONS OF REALITY ist auch eine komplexe Reflexion über
Hoppers Malerei und über das Verhältnis von Realität und Abbildung. Eine
Vielzahl populärkultureller Bezüge, Musikstücke, Literatur und Kino schei-
nen im Film auf. Deutsch nimmt das Bezugssystem von Hoppers Arbeit,
zu dem vorrangig auch das Kino gehörte, auseinander und setzt es neu
zusammen. Nicht zuletzt an diesem Punkt fügt sich der Film in Deutschs
drei Jahrzehnte umfassendes Werk ein, allen voran seine in den Archiven
der Filmgeschichte wühlenden „Found Footage“-Arbeiten, die auf immer
wieder neue Art versuchen die Welt durch das Kino und seine Geschichte
zu begreifen. D Sebastian Markt
MIT GANZER KRAFTIm Rollstuhl zum „Iron Man“
Wegen spastischer Lähmungen sitzt der 17-jährige Julien im Elektro-Roll-
stuhl. Sein Vater Paul, ein Seilbahnmechaniker, der gerade seinen Job
verloren hat, war früher Triathlet, wusste mit seinem behinderten Sohn
nichts anzufangen und zog sich immer mehr von der Familie zurück. Der
übermäßig behütete Julien träumt von einem eigenständigeren Leben und
sehnt sich nach stärkerem Kontakt zu Paul, der wegen seiner Arbeitslo-
sigkeit ziemlich geknickt herumschleicht. Dann entdeckt Julien die alten
„Iron Man“-Pokale seines Vaters und findet im Internet heraus, dass ein
Amerikaner einmal einen Iron-Man-Wettbewerb mit seinem behinderten
Sohn im Rollstuhl gemeinsam geschafft hat. Er verlangt von Paul, das
Gleiche mit ihm zusammen zu versuchen. Paul ist zuerst entsetzt, lässt
sich aber von Juliens Hartnäckigkeit schließlich überzeugen.
MIT GANZER KRAFT ist weniger ein Behindertendrama als ein Sportfilm.
Vater und Sohn sitzen, nach einer kurzen Phase der Annäherung, mit Kar-
toffelchips vor dem Fernseher und sehen das Finale von ROCKY I. Der
Rest des Films erscheint wie eine Variante dieses Klassikers des „Du hast
keine Chance, also …“-Films. Paul schweißt ein Fahrrad zusammen, Paul
schwimmt mit einem Schlauchboot durch den Bergsee, Paul besorgt einen
Rennrollstuhl. Hartes Training in der Natur, unerwartete Hindernisse,
selbstbestärkender Jubel, wenn beide mit dem Fahrrad oben auf dem Ber-
gkamm angekommen sind. MIT GANZER KRAFT verlangt seinem behin-
derten Protagonisten keine übermenschlichen Leistungen ab, dessen
Vater schon. Aber es geht auch weniger um Juliens körperliche Leistun-
gen, als darum, dass Paul in Juliens festem Willen eine männliche Selbst-
überwindungsgeste erkennt, die Vater und Sohn zusammenschweißt. Das
Finale ist der in spektakulären Bildern festgehaltene Iron-Man-Wettkampf
in Nizza. D Hannes Stein
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
LIKE FATHER, LIKE SONDER NEUE FILM VON KORE-EDA HIROKAZU
PREIS DER JURYFESTIVAL DE CANNES
«Meisterwerk über die Liebe von Eltern zu ihren Kindern.»The Telegraph
AB 25. SEPTEMBER IM KINO
www.was-macht-einen-vater-zum-vater.de
GEMMA BOVERY
Anne Fontaine (TAGE AM STRAND, COCO CHANEL) hat eine „graphic
novel“ von Posy Simmonds verfilmt, die eine sonnig-verspielte Neuinter-
pretation von Flauberts „Madame Bovary“ unternimmt: Weil Gemma
Bovery (Gemma Arterton) ihr bürgerliches Leben in London satt hat,
überredet sie ihren Mann Charles, in der Normandie ein Bauernhaus zu
kaufen. Doch auch dort beginnt sie sich schnell zu langweilen. Ganz im
Gegensatz zu ihrem Nachbarn, dem Bäcker und Flaubert-Kenner Martin
(Fabrice Lucchini), der überzeugt ist, er habe die Inkarnation der Flaubert-
schen Heldin vor sich …
Start am 18.9.2014
¢ b-ware! ladenkino OMU ab Oktober¢ Bundesplatz Kino OMU ¢ Hackesche Höfe Kino DF + OMU
Start am 4.9.2014
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
Griechenland/Deutschland 2014 D 103 min D R: Athanasios Karanikolas D D: Maria Kallimani, Marisha Triantafylli-dou, Alexandros Logothetis, Zoi Asimaki, Giannis Tsortekis
AT HOME – STO SPITIDie Haushälterin Nadja arbeitet seit vielen Jahren für eine Familie der
griechischen Oberschicht. Dann erkrankt Nadja, und der Hausherr gerät
wegen der Finanzkrise in Geldschwierigkeiten. Er entlässt Nadja, aber
die hält an der emotionalen Verbundenheit mit der Familie fest. Obwohl
immer deutlicher wird, wo sich Oben von Unten trennt, lässt sich Nadja
nichts anmerken. „Ich habe eine Figur entwickelt, die an selbstlose Liebe
glaubt und sich bewusst dafür entscheidet zu vergeben“ – Athanasios
Karanikolas
Frankreich 2014 D 99 min D R: Anne Fon-taine D B: Anne Fontaine, Pascal Bonitzer D D: Fabrice Luchini, Edith Scob, Elsa Zylberstein, Jason Flemyng, Niels Schneider, Gemma Arterton, Kacey Mottet Klein, Mel Raido
Eine außergewöhnliche Vater-Sohn-Geschichte, inspiriert von wahren Begebenheiten.
H Ü R D E N G I B T E S N U R I M K O P FKRAFT
GANZERMITEIN FILM VON NILS TAVERNIER
AB 04.09.2014 IM KINO www.MitGanzerKraft.de /MitGanzerKraft
„WAS FÜR EINE SCHÖNE LEBENSLEKTION,GETRAGEN VON SCHAUSPIELERN, DIE
EINEN ZU TRÄNEN RÜHREN.“ GALA
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D 32 D SEPTEMBER 2014 TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
WIE DER WIND SICH HEBTJapan in den 20er Jahren. Der kleine Jiro träumt: er möchte Flugzeuge
bauen. Doch in die unschuldig wirkenden Landschaften mischen sich bald
Unheil verkündende Stürme. Auch Jiros Träume werden dunkler. Mit WIE
DER WIND SICH HEBT verfilmte Zeichentrick-Großmeister Hayao Miya-
zaki (CHIHIROS REISE) die Lebensgeschichte von Jiro Horikoshi, der im
zweiten Weltkrieg das berüchtigte japanische Kampfflugzeug Model Zero
entwickelte. In Japan ist der Film, sowohl im linken wie im rechten Lager
umstritten. Sehenswert ist er allemal.
JIMMY’S HALLJIMMY’S HALL spielt in Irland 1932, der anglo-irische Krieg ist seit über
zehn Jahren beendet und nach einer Phase des Bürgerkriegs und extre-
men Konservatismus erlebt Irland eine kurze Tauwetterperiode. In dieser
Zeit kehrt der überzeugte Sozialist Jimmy Gralton aus New York an seinen
Geburtsort in County Leitrim im Nordwesten der Insel zurück und öffnet
die Gemeindehalle wieder für Tanzkurse, Bildungsveranstaltungen und
politische Versammlungen. Der Widerstand von Kirche und Landbesitzern
lässt nicht lange auf sich warten.
DIE KARTE MEINER TRÄUMEDIE KARTE MEINER TRÄUME erzählt die Geschichte des hochbegabten
zehnjährigen T. S. Spivet aus Montana, der nichts weniger als das Per-
petuum Mobile, den heiligen Gral der Erfinder, erfunden hat und für eine
Preisvergabe des renommierten Smithsonian Instituts in Washington den
halben nordamerikanischen Kontinent durchquert. Wie immer hat Jean-
Pierre Jeunet wunderbare Einfälle. Seine Figuren weisen ausgefallene
Spleens auf, etwa Dr. Clair, eine militant-feministische Insektenforscherin,
die ihre durchgebrannten Toaster in einem Küchenregal reiht.
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Acud Kino DF ¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU ¢ Union Filmtheater DF
¢ b-ware! ladenkino OMU 3D¢ Acud Kino DF ¢ Bali Kino DF ¢ Sputnik Kino am Südstern DF + OMU ¢ Union Filmtheater DF
¢ b-ware! ladenkino OMU ¢ Bundesplatz Kino DF + OMU ¢ Eva Lichtspiele DF + OMU ¢ Sputnik Kino DF + OMU
¢ b-ware! ladenkino DF ¢ Acud DF
Originaltitel: Bai ri yan huo D China 2014 D 106 min D R: Diao Yinan D D: Wang Jingchun, Liao Fan, Gwei Lun Mei, Wang Xuebing, Yu Ailei
Originaltitel: The Young and Prodigious Spivet D Kanada/Frankreich 2013 D 105 min D R: Jean-Pierre Jeunet D D: Dominique Pinon, Helena Bonham- Carter, Judy Davis, Callum Keith Rennie, Julian Richings, Robert Maillet, Amber Goldfarb
Frankreich/Irland/Großbritannien 2014 D 109 min D R: Ken Loach D D: Jim Norton, Andrew Scott, Barry Ward, Simone Kirby, Brían F. O’Byrne
Japan 2013 D 127 min D R: Hayao Miyazaki
FEUERWERK AM HELLLICHTEN TAGEIn FEUERWERK AM HELLICHTEN TAGE, dem diesjährigen Berlinale-Ge-
winner, bedient sich Regisseur Diao Yinan eines Mittels, mit dem schon
in den 30er und 40er Jahren in den USA politische Zensur umgangen
werden konnte: Er erzählt einen Film Noir, eine Mordgeschichte, die so
fesselnd ist, dass ihre Sprengkraft von Zensoren, die noch damit beschäf-
tigt sind, sich die Geschichte zu erklären, leicht übersehen werden kann.
Wieviel gesellschaftliche Realität in den komplexen Film einfließt, wird
erst mit einiger Distanz klar.
WEITERINDIEKINO
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KATHEDRALEN DER KULTURSechs Regisseure porträtieren sechs Kulturtempel. Wim Wenders Film
über die Berliner Philharmonie ist erstaunlich betulich. Michael Glawog-
ger filmt die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg als ein kaf-
kaesk-bürokratisches Grab für Literatur. Michael Madsen zeigt die Haftan-
stalt Halden, Modell für ein modernes Gefängnis, als Repressionsapparat.
Robert Redford singt am Beispiel des Salk Institutes in Kalifornien ein
Loblied auf die Forschung. Margret Olin und Karim Ainouz porträtieren
das Opernhaus in Oslo und das Centre Pompidou in Paris.
WIR SIND DIE NEUENAnna, eine 60jährige Biologin, muss sich eine neue Wohnung in München
suchen. Die neuen Preise kann sie sich nicht leisten, raus aus der Stadt
will sie nicht. Als Lösung erscheint die alte WG. Tatsächlich finden sich
zwei, die auch keine Karriere gemacht haben und wieder zusammen zie-
hen wollen: der engagierte Rechtsanwalt Johannes und Eddi, den eigent-
lich keiner dabei haben wollte. In Aufbruchstimmung ziehen die alten
Freunde in der neuen Wohnung ein und stellen sich gleich mal in der Stu-
denten-WG oben vor.
¢ Sputnik Kino am Südstern, am 9.9. in Anwesenheit der Darsteller
¢ Acud Kino¢ b-ware! ladenkino¢ Eva Lichtspiele ¢ Union Filmtheater¢ Sputnik Kino am Südstern
¢ Bali Kino
Deutschland 2014 D 83 min D R: Nana A.T. Rebhan
Deutschland 2014 D 92 min D R: Ralf Westhoff D D: Patrick Güldenberg, Heiner Lauterbach, Claudia Eisinger, Karoline Schuch, Gisela Schneeberger, Claudia Wittenborn
Deutschland 2014 D 164 min D R: Wim Wenders, Michael Glawogger, Robert Redford, Karim Ainouz, Michael Madsen, Margreth Olin
WELCOME GOODBYEOb enthusiastische Taiwanesinnen, die ganz Europa in nur acht Tagen
scannen, ein mexikanischer Filmemacher, der unbedingt einen Kurzfilm
während seines kurzen Aufenthalts realisieren möchte, oder ein hollän-
discher Schriftsteller, der einen Roman über Berlin schreibt: sie alle und
noch ein paar mehr wollen ihr ganz eigenes Berlin entdecken. WELCOME
GOODBYE versucht die momentan vorherrschenden gesellschaftlichen
Stimmungen einzufangen und zu dokumentieren und geht dabei der Frage
nach: Wem gehört Berlin?
EIN FILM VON VANESSA LAPA
Ab 18. September im Kino www.der-anstaendige.deBundesplatz-Kino · Eiszeit · B-Ware! · Krokodil
DERANSTANDIGE_indie_82x122.indd 1 25.08.14 17:08
D 34 D SEPTEMBER 2014
AUF DEM WEG ZUR SCHULEFrankreich 2012 D R: Pascal Plisson D 75 min D FSK: oA, empfohlen ab 7
Der preisgekrönte Dokumentar-
film begleitet zehn Kinder in vier
Ländern auf ihrem für westliche
Verhältnisse unvorstellbar schwe-
ren Weg zur Schule. Begleitet von
den guten Wünschen ihrer Eltern
meistern die Kinder gekonnt alle
Hindernisse.
¢ Bali Kino
BELLE & SEBASTIAN (2013)Frankreich 2013 D R: Nicolas Vanier D 94 min D FSK: oA, empfohlen ab 7
Der Waisenjunge Sebastian, der
bei einer Bäckersfrau und einem
Hirten in den französischen
Hochalpen aufwächst, trifft in
den Bergen auf die schneeweiße
Berghündin Belle. Der wilde Hund
und das heimatlose Kind werden
Freunde.
¢ Bali Kino
DER KLEINE NICKFrankreich 2009 D 91 min D R: Laurent Tirard D FSK: oA, empfohlen ab 7
Realfilm-Adaption des berühmten
Comics „Der kleine Nick“ von
Sempé/Goscinny. Frankreich,
Ende der 1950er-Jahre. Die Jungs
einer Pariser Grundschule verfol-
gen das Leben der Erwachsenen
mit großen Augen und missver-
stehen vieles, was um sie herum
geschieht. So glaubt der kleine
Nick, dass er bald ein Brüderchen
bekommt, weil sein Vater plötzlich
viel netter zu seiner Mutter ist …
¢ Bali Kino
DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT 2USA 2014 D R: Dean DeBlois D 105 min D FSK: 6, empfohlen ab 9
Die Wikinger auf der Insel Berk
haben sich mit den Drachen, die
einst die Dörfer unsicher mach-
ten, angefreundet. Alles scheint
gut, bis der junge Hicks mit
seinem Drachen Ohnezahn eine
Eishöhle voller wilder Drachen
entdeckt.
¢ b-ware! ladenkino¢ Bali Kino¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst66¢ Union Filmtheater
FLUSSFAHRT MIT HUHNDeutschland 1984 D R: Arend Agthe D 111 min D FSK: 6, empfohlen ab 6
Johanna verbringt während der
Urlaubsreise ihrer Eltern die
Ferien bei ihrem Opa Ewald,
ebenso wie ihr Cousin Robert.
Eines Tages beschließen die
Kinder, gemeinsam mit den Nach-
barsjungen Harald und Alex und
einem braunen Huhn auf einem
alten Kahn auf der Weser in Rich-
tung offenes Meer zu schippern.
¢ Bali Kino
SPATZENKINO: GEHÜPFT WIE GESPRUNGEN45 min D empfohlen ab 4
In drei bunten Kurzfilmen wird
gequakt, gesprungen und
gehopst: Am liebsten isst die
Froschfamilie FLIEGENSUPPE
(Schweden 1999). Doch es sind
keine Ameiseneier mehr im
Haus. Also macht sich Frobi als
Jüngster auf, um welche zu holen.
Im Film HÜPFFROSCH (Russ-
land 2012) springen nicht nur
Frösche, sondern die witzigsten
Fantasie-Gestalten herum.
HERBERT INDIANERFROSCH
(Deutschland 2001) dagegen lang-
weilt der Froschalltag – er träumt
davon, ein richtiger Indianerfrosch
zu werden.
¢ Bali Kino, 16.9., 10 Uhr¢ Eiszeit Kino, 10.9., 10 Uhr¢ Eva Lichtspiele, 18.9., 10 Uhr¢ Union Filmtheater, 11.9., 10 Uhr¢ Xenon Kino, 9.9., 10 Uhr
Vorbestellung unter 030/449 47 50
JANOSCH – KOMM WIR FINDEN EINEN SCHATZ!Deutschland 2012 D 74 min D R: Irina Probost D FSK: oA, empfohlen ab 5
„Komm, wir finden einen Schatz“
beschließen Tiger und Bär, als sie
in einer alten Kiste eine Schatz-
karte finden. Ihnen schließt sich
der Hase Jochen Gummibär an,
der eigentlich nur Freunde finden
will. Los geht’s in ein aufregendes
Abenteuer. Zeichentrick.
¢ b-ware! ladenkino
DAS MAGISCHE HAUSBelgien 2013 D R: Ben Stassen, Jeremy Degruson D 85 min D FSK: oA, empfohlen ab 5
Auf der Flucht vor einem Sturm
findet der kleine Kater Thunder
Unterschlupf in einem Haus.
Zauberer Lawrence und die leb-
hafte Truppe seiner verzauberten
Spielsachen nehmen den neuen
Mitbewohner gerne auf. Doch
nicht alle sind über den Zuwachs
erfreut. Trickfilm.
¢ Acud Kino¢ b-ware! ladenkino
MEIN NACHBAR TOTOROJapan 2010 D 119 min D R: Hayao Miyazaki D FSK: oA, empfohlen ab 8
Die beiden Schwestern Satsuki
und Mei ziehen mit ihrem Vater
aufs Land, um in der Nähe ihrer
Mutter zu sein, die im Kranken-
haus liegt. Auf dem Dorf lernen
sie einen sagenumwobenen
Waldgeist kennen, den großen
Totoro, der ihr Beschützer wird.
Zeichentrick.
¢ Sputnik Kino am Südstern
KINDERFILME A–Z KINDERKINO IM INDIEKINOACUD KINO TÄGLICH 17 Uhr
Sa+So auch 15+16 Uhr
B-WARE! LADENKINO TÄGLICH ab 12 Uhr
BALI KINO DO, FR, SA, SO 16 Uhr
BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO 13.30 Uhr
EISZEIT KINO DO, FR, wechselnde Termine
EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO 13.15 Uhr
FILMKUNST66 DO, FR, SA, SO 15 Uhr
SPUTNIK KINO DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten
TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten
UNION FILMTHEATER DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten
XENON KINO wechselnde Termine
ZUKUNFT DO, FR, SA, SO wechselnde Zeiten
Eine aktuelle
Programmübersicht
über alle Kinderfilm-
Termine finden Sie auf
www.indiekino.de
Die Altersempfehlungen orientieren sich in der Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für politische Bildung/Vision Kino.
INDIEKINDER
OTTO IST EIN NASHORNDänemark 2013 D R: Kenneth Kainz D 73 min D FSK: oA, empfohlen ab 6
Eines Tages malt der 10-jährige
Topper mit einem Bleistift ein
Nashorn an die Wand. Plötzlich
ist die Zeichnung verschwunden
und ein tonnenschweres Nashorn
steht in seinem Zimmer. Und das
hat Hunger. Animation nach dem
gleichnamigen Kinderbuch von
Ole Lund Kirkegaard.
¢ Bali Kino¢ filmkunst66
PLANES 2 – IMMER IM EINSATZUSA 2014 D R: Roberts Gannaway D 84 min D FSK: oA, empfohlen ab 6
Dusty ist ein weltberühmter
Renn-Flieger. Als er erfährt, dass
sein Motor beschädigt ist und
der Defekt dazu führen könnte,
dass er nie wieder Rennen fliegen
kann, geht das kleine Fugzeug
zur Feuerwehr und hilft bei der
Waldbrandbekämpfung.
¢ Eva Lichtspiele¢ filmkunst66
RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTENDeutschland 2014 D R: Neele Leana Voll-mar D 96 min D FSK: oA, empfohlen ab 8
Auf der Suche nach Fundstücken
trifft der, wie er sich selbst nennt,
tiefbegabte Rico auf den hoch-
begabten Oskar und die beiden
Jungs werden Freunde fürs Leben.
Gemeinsam jagen sie quer durch
Berlin den berüchtigten Entführer
Mister 2000.
¢ Acud Kino¢ Bundesplatz Kino¢ Union Filmtheater
KINDERFILM DES MONATS: UNSER LEBENGroßbritannien 2011 D R: Michael Gunton, Martha Holmes D 85 min D FSK: oA, empfohlen ab 8
Die Kinoversion von UNSER
LEBEN ist aus der zehnteiligen
BBC-Serie „One Life“ entstanden.
In außergewöhnlichen Naturauf-
nahmen zeigt die Dokumentation
unterschiedlichste Tierarten und
deren einfallsreiche Strategien bei
der Bewältigung des Lebens: Auf-
wachsen, Nahrung finden, Schutz
suchen, einen Partner finden,
Jungtiere großziehen.
¢ Bali Kino, 24.9., 10.30 + 14.15¢ Bundesplatz Kino, 30.9., 10 Uhr¢ Eva Lichtspiele, 25.9., 10 + 14.30 Uhr¢ Sputnik Südstern, 27.9. + 28.9.,
14.30 Uhr, 30.9., 10.30 + 15 Uhr¢ Union Filmtheater, 19.9., 10.30 Uhr,
20.9. + 21.9., 13 Uhr¢ Xenon Kino, 13.9. + 14.9., 16 Uhr,
16.9., 10.15 + 15 Uhr Vorbestellung unter: 030/23 55 62 51 oder www.kinderkinobuero.de
DAS WANDELNDE SCHLOSSJapan 1988 D 86 min D R: Hayao Miyazaki D FSK: 6, empfohlen ab 10
Eines Tages wird die junge Hut-
macherin Sophie auf dem Weg in
die Stadt von Soldaten bedrängt.
Ein gut aussehender junger Mann
kommt zu Hilfe, sie verliebt sich
in ihn. Ihr Retter ist jedoch der
berühmt-berüchtigte Zauberer
Hauro. Eine eifersüchtige Hexe
verwandelt Sophie über Nacht in
eine alte Frau. Um sich von dem
Fluch zu befreien, macht sie sich
auf die Suche nach Hauro und
seinem wandelnden Schloss.
¢ Sputnik Kino am Südstern
www.ohnedich-f i lm.de
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SEPTEMBER 2014 D 37 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
ACUD KINOCONSUMED – IM BAUCH DER BESTIE & CANNED DREAMSDas ACUD KINO zeigt im September zwei Filme, die sich kritisch mit der
Konsumgesellschaft auseinandersetzen. CONSUMED – IM BAUCH DER
BESTIE zeigt die Konsumkultur in Ausschnitten aus historischen und
aktuellen Werbefilmen und in Interviews als kollektive Psychose und den
Verbraucher als von der Marketing-Branche zu inbrünstigem Narzissmus
verdammt. CANNED DREAMS verfolgt den Weg von sieben Zutaten eines
Fertigprodukts aus dem Lebensmittelregal eines finnischen Supermarkts
und spricht mit Arbeitern, die an der Produktion beteiligt waren. Arbei-
ter, die in der ukrainischen Weizenproduktion und in einer französischen
Nudelfabrik arbeiten, an der Produktion portugiesischer Eier beteiligt
sind, oder Olivenöl in Italien herstellen, reden über ihre Lebensträume,
über Wendepunkte ihres Lebens und über Momente, die sie berührt
haben. Beide Filme werden im Rahmen einer Kinotournee zu „Ressour-
ceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und nachhaltigem Konsum“ gezeigt und
von ECOMOVE International e.V.präsentiert.
¢ 8.9. um 19 Uhr: CONSUMED – IM BAUCH DER BESTIE¢ 9.9. um 19 Uhr: CANNED DREAMS
D 38 D SEPTEMBER 2014
INDIEKINOHIGHLIGHTS
HACKESCHE HÖFE KINOFILMPREMIERE: COCAINE UNWRAPPED – FÜR EINE NEUE DROGENPOLITIKDie Friedrich-Ebert-Stiftung lädt am 25. September 2014 ab 20 Uhr zur Deutschlandpremiere des Dokumen-
tarfilms COCAINE UNWRAPPED (80 min, OmU) ins Hackesche Höfe Kino in Berlin und zur anschließenden
Diskussion mit der britischen Regisseurin Rachel Seifert.
COCAINE UNWRAPPED zeigt, dass der jahrzehntelange Krieg gegen Drogen nicht nur gescheitert ist, sondern
auch fatale Nebenwirkungen hat. Der Film schlägt die Brücke vom weitgehend erfolglosen Kampf gegen Anbau
und Produktion von Kokain in Lateinamerika bis hin zur ungebrochenen Nachfrage auf den wichtigsten Absatz-
märkten in den USA und Europa. Dabei wird deutlich, dass es umfangreicherer Strategien bedarf, die auf die
gesamte Wertschöpfungskette zielen und die ökonomische Basis des organisierten Verbrechens aushebeln.
José Carlos Campero, der in
Zusammenarbeit mit anderen
lateinamerikanischen Experten
und mit Unterstützung der FES
Reformvorschläge für eine Dro-
genpolitik entwickelt hat, die
nicht allein auf repressive Mittel
vertraut, wird nach dem Film mit
der Regisseurin Rachel Seifert
diskutieren.
¢ 25. 9. Um 20.00 Uhr, www.hoefekino.de
FSK-KINO AM ORANIENPLATZFILM POLSKA RELOADED: VERKEHRSPOLIZEI Originaltitel: Drogówka, Polen 2013, R: Wojciech Smarzowski, D: Arkadiusz Jakubik, Bartłomiej Topa, Marcin Dorociński, 112 min, OmU
Die Verkehrspolizeieinheit ist eine eingeschworene Mannschaft: starke Männer und eine Frau. Trotz aufreiben-
dem Dienst hat die Mannschaft viel Spaß bei der Arbeit und auch privat trifft man sich gerne. Der Wachtmeister
Król hat eine Affäre mit seiner attraktiven Kollegin Madecka, während sich seine Ehefrau Ewa mit dem stets
liquide scheinenden Lisowski trifft. Als Lisowskis Leichnam gefunden wird, rückt Wachtmeister Król als Haupt-
verdächtiger ins Visier der Ermittler. Er flüchtet und beginnt selbst, der Sache auf den Grund zu gehen, um seine
Unschuld zu beweisen. Dabei ahnt er nicht, auf welche Abgründe er noch stoßen wird.
VERKEHRSPOLIZEI wurde in Polen zum Kinokassenschlager des Jahres 2013 und hat mehr als eine Million
Zuschauer in die Kinos gelockt– sehr zum Unbehagen der dortigen Verkehrspolizei. ¢ 11.9. um 18 Uhr
SEPTEMBER 2014 D 39 D
DIE FESTIVAL-KOLUMNE: VOM SUCHEN UND FINDENFilme finden ihr Publikum, so die graue Theorie. In der Realität gleicht dieser
Prozess des Findens, der immer ein Suchen voraussetzt, den verschlungenen
Pfaden eines Labyrinths. Das Filmgeschäft sucht seit seinem Bestehen nach der
goldenen Formel, die die Zuschauer wie ferngesteuert an den Kinokassen vorbei
direkt zum Ziel, dem Kinosaal führt. Lange galt dabei die Annahme Superstar
gleich Kassenschlager als wichtigste Richtschnur derer, die entscheiden, wel-
cher Film für das Kino geschaffen ist und welcher mit DVD oder Fernsehen vor-
lieb nehmen muss. Zuletzt sorgte die Diskussion um den von Kritikern gefeierten
UNDER THE SKIN, in dem immerhin Scarlett Johansson die Hauptrolle spielt, für
erhitzte Gemüter unter Cineasten. Ins Kino kommt er trotzdem nicht (nun kommt
er doch, ein bisschen, die Red.). Vertraut der geneigte Betrachter dem Markt, der
in der reinen Lehre des Kapitalismus alles von selbst regelt, bekommt er vor allem eines: Fortsetzungen. Noch und nöcher.
Filmfeste erfanden da ein probates Gegeninstrument: Publikumspreise. Besucher der oft sorgsam kuratierten Filmprogramme stimmen in bester basis-
demokratischer Tradition über das ab, was sie auf der großen Leinwand sehen – und nach strenger, wenn nicht gar notariell beglaubigter Auswertung
der Stimmkarten, steht am Ende ein Siegerfilm. Das Unverfrorene an diesen Publikumspreisträgern ist die Tatsache, dass hierbei oft Filme die Oberhand
haben, denen weder Marketingstrategen noch Kritiker eine Chance geben. Berliner Zuschauer haben vom 3. bis 7. September die Möglichkeit beim
Favourites Film Festival im Filmrauschpalast Moabit diese Quereinsteiger zu suchen und zu finden. Die Festivalmacher haben aus rund 200 überall
auf der Welt vom Publikum ausgezeichneten Werken gewählt und ein Programm erstellt, das keine Rücksicht auf den Markt und seine Gesetze nimmt.
Möge zusammenfinden, was zusammen gehört. www.favouritesfilmfestival.de D Denis Demmerle, www.berliner-filmfestivals.de
BUNDESPLATZ KINOBERLINFILM-MATINEEJeden Sonntagmorgen um 11 Uhr lädt das Bun-
desplatz-Kino zur Berlinfilm-Matinee. Im Septem-
ber wird die legendäre Langzeitdokumentation
BERLIN, ECKE BUNDESPLATZ (1986-2012) von
Detlef Gumm und Hans-Georg Ullrich wieder aufge-
griffen, zunächst mit den Titeln DIE KÖPKE-BANDE
(7.9.), SCHORSTEINFEGERGLÜCK (14.9), DER YIL-
MAZ-CLAN (21.9), und BÄCKEREI IM KIEZ (28.9.)
¢ Immer Sonntags um 11 Uhr, www.bundesplatz-kino.de
FILMKUNST 66MICHAEL VERHOEVEN PRÄSENTIERT LET’S GOMit Michael Verhoven (DIE WEISSE ROSE, DAS SCHRECKLICHE MÄDCHEN) kommt einer der
profiliertesten deutschen Filmemacher ins filmkunst 66, um seinen neuen Fernsehfilm LET’S
GO zu präsentieren. Nach dem autobiografischen Roman „Von zu Hause wird nichts erzählt“
von Laura Waco erzählt Verhoeven die Geschichte der jüdischen Familie Stöger, die nach Ende
des Krieges aus dem Konzentrationslager kommt und in Deutschland bleibt. 1968 kommt ihre
21-jährige Tochter Laura, die in die USA emigriert ist, zur Beerdigung des Vaters zurück nach
Deutschland. Laura bewegt ihre Mutter zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und
ihren gemeinsamen Erinnerungen. ¢ 21.9. um 20 Uhr
D 40 D SEPTEMBER 2014
FILMKUNST66IFAB FILM FESTIVAL Mit seinen über 50 Festivals im Jahr bietet Berlin eine der vielfältigsten
Filmfestivallandschaften der Welt, und damit auch allen denkbaren Län-
dern und Sparten ein eigenes Forum, die abseits von Trends und Kinokas-
sen kaum eine Chance auf ein breites öffentliches Publikum hätten. Mit
dem Motto „Focus, dammit!“ haben sich die Veranstalter der International
Film Awards Berlin explizit das Gegenteil von Spezialisierung und Nischen-
denken auf die Fahnen geschrieben. Mit der Veranstaltung, die vom 3.
bis zum 7. September 2014 zum zweiten Mal im Charlottenburger Pro-
grammkino filmkunst66 stattfindet, möchte man sich als einziges Berliner
Independent-Filmfestival durch keinerlei Sparten- oder Genregattungen
einschränken lassen. Dementsprechend divers ist auch das Programm in
diesem Jahr, das 70 Spiel-, Kurz-, Animationsfilme und Dokumentationen
aus über zwanzig Ländern versammelt.
So stehen auf dem Festivalprogramm Produktionen wie die Indepen-
dent-Komödie I PUT A HIT ON YOU, die das kanadische Kreativ-Team
Linsey Stewart und Dane Clark mit einer Crowdfunding-Kampagne ver-
wirklichen konnte und in der es um eine enttäuschte Frau geht, die ihrem
Exfreund durch eine unbedachte Internet-Äußerung einen Auftragskiller
auf den Hals hetzt, und anschließend versucht, ihn vor seinem tödli-
chen Schicksal zu bewahren. Oder Rosa von Praunheims unterhaltsame
„Schamanen“-Dokumentation AUF DER SUCHE NACH HEILERN, in der
sich der hypochondrische Filmemacher dem gegenwärtigen „Heilprakti-
ker“-Hype mit kindlicher Offenheit nähert, und auf diese Weise die oft-
mals bizarren bis ruchlosen Methoden und Veranstaltungen entlarvt –
aber auch interessante und anregende Denkansätze und bemerkenswerte
Persönlichkeiten kennenlernt.
Der französische Bestseller-Autor Marc Dugain hat mit LA MALÉDICTION
D’EDGAR/THE CURSE OF EDGAR seinen gleichnamigen Roman über die
vermeintlichen Verstrickungen des FBI-Gründers Edgar J. Hoover in das
tödliche Schicksal des Kennedy-Clans als schlitzohriges Doku-Drama
adaptiert, das er aus Sicht des Hoover-Adjutanten und Lebensgefährten
Clyde Tolson als Geschichte eines „Odd Couple“ erzählt. Eine gänzliche
andere Stimmung bringt der anarchistische Animationsfilm DICK FIGU-
RES – THE MOVIE ins Festivalprogramm, der auf einer beliebten You-
Tube-Serie von Ed Skudder und Zak Keller basiert. Hier machen sich ein
blaues und ein rotes Strichmännchen auf die Suche nach einem Samurai-
Schwert in Asien und erleben dabei ein rasantes Abenteuer mit einem
Humorverständnis, das an die Serie SOUTH PARK erinnert.
Neben weiteren Spielfilmen sind es vor allem internationale Dokumen-
tarfilme, die zur Fülle des ifab beitragen, zum Beispiel LOVECHILD, die
erschütternde Geschichte eines südkoreanischen Paares, das aufgrund
von Online-Rollenspiel-Sucht sein neugeborenes Baby an Unterernährung
sterben ließ, oder EVERYBODY STREET von Cheryl Dunn, die eine mit-
reißende Hommage an die Ikonen der New Yorker Straßenfotografie und
damit an die Stadt selbst geschaffen hat.
Beim ifab wird jede Aufführung in klassischer Vorführ-Tradition von einem
Kurzfilm eingeleitet, daneben bieten vier Reels in Spielfilmlänge die Mög-
lichkeit, sich einen umfassenderen Eindruck von Shorts aus aller Welt
zu machen und ihre Macher vor Ort kennenzulernen – eine Vielfalt, der
es sich zu stellen lohnt. Ergänzt wird die Veranstaltung von Partys und
Fragerunden mit den Filmemachern, und findet ihren Abschluss mit der
Award-Show am 7. September, bei der Preise für beste Regie, Schauspiel,
Drehbuch und der „Brandenburg Gate Award“ verliehen werden. Schön
auch, dass die Veranstalter und das Festivalkino die Hilfsorganisation
„Pen Paper Peace – Schulen für Haiti“ mit einem Euro pro verkaufter Kino-
karte unterstützen. D Jens Meyer ¢ 3. – 7.9., www.filmawardsberlin.de
INDIEHIGHLIGHTS
SEPTEMBER 2014 D 41 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
FREILUFTKINO SUPERMENSCH, THE GRADUATE, DER MOND UND ANDERE LIEB-HABERDas Freiluftkino-Saisonende rückt näher und es ist an der Zeit, den Som-
mer mit Stil zu verabschieden. Der Filmrauschpalast lässt es zum Ende
der Open-Air Saison noch einmal krachen. Bei freiem Eintritt gibt es am
Freitag, den 12.9. eine Preview von Mike Myers Doku SUPERMENSCH
– THE LEGEND OF SHEP GORDON (USA 2014, OmU) über den sehr
sympathischen Manager von Alice Cooper, Pink Floyd, Teddy Pendergrass
und Blondie. Tags darauf gibt’s dann Hiphop von Drob Dynamic und den
Anti-Gentrifizierungs-Film MIETREBELLEN. Das Freiluftkino Insel (zu
Gast im Cassiopeia) zeigt am 7.9. noch einmal den Sommerfilm der Som-
merfilme: THE GRADUATE – Die Reifeprüfung (USA 1967, OmU) von
Mike Nichols, und im Freiluftkino Friedrichshagen läuft als letzter Film
am 12.9. DER MOND UND ANDERE LIEBHABER (Deutschland 2008)
von Bernd Böhlich mit der Music von Silly. Endgültiges Saisonende ist
dann einen Tag später mit dem Reisevortrag „Reiseabenteuer: Cuba“. Das
Freiluftkino Hasenheide hat sich bereits am 31.8. in die Winterferien
verabschiedet und das Freiluftkino Pompeji spielt vermutlich wie immer
bis zum ersten Frost durch.
¢ 7.9. Freiluftkino Insel: THE GRADUATE¢ 12.9. Freiluftkino „Umsonst und Draußen“ im Filmrauschpalast: SUPERMENSCH – THE
LEGEND OF SHEP GORDON¢ 12.9. Freiluftkino Friedrichshagen: DER MOND UND ANDERE LIEBHABER
EISZEIT KINOBIKE SMUT – A FILM FESTIVAL OF RADICAL PLEASUREAuf die Idee, Sex und Fahrräder zusammen zu bringen, ist der Hollän-
der Django Reinhardt schon in den siebziger Jahren gekommen: „Life
could be oh so sweet, if I was a bicycle seat“. Die Idee ist spätestens
vor sieben Jahren in die US-Hippie-Hochburg Portland vorgedrungen,
wo der Nacktradfahraktivist, Hardcourt-Fahrradpolospieler, und vom
„Seattle Dead Baby Bike Club“ anerkannte Heilige der „Church of Bicy-
cle Jesus“ das Fahrrad-Porn Festival BIKE SMUT gründete. Gemeinsam
mit Creative Director Poppy Cox präsentiert Reverend Phil nun zum ers-
ten Mal BIKE SMUT in Berlin, ein Festival mit Kurzfilmen über Fahrräder
und Sex, das die Botschaft von „Freude und Befreiung durch Sexualität
und Radfahren“ verbreiten will. Das Programm umfasst Anleitungen zur
Fahrradreparatur, präsentiert von drei weiblichen Mechanikerinnen, eine
heiße Liebesgeschichte zwischen einem Rennrad- und einem Fixiefahrer,
die Gender-, Generationen- und Szenenormen sprengt, Damen, die mit
Pfeil und Bogen vom Fahrrad aus schicke Jungs abschießen und diverse
Schmuddelfantasien über Fahrradmechaniker und Mechanikerinnen.
BIKE SMUT findet grundsätzlich nur im Kino statt. Es gibt keine DVDs oder
online Videos, denn BIKE SMUT will durch Porno als kollektive Erfahrung
kreative Energien freisetzen (jeder kann Bike Porn drehen und bei BIKE
SMUT einreichen) und dem gleichmacherischen Porno kommerzieller
Medien einen offenen und queeren Diskurs über Sex und Transportmittel
entgegensetzen. ¢ 6.9. um 22 Uhr, www.bikesmut.com
UNION FILMTHEATERURSULA WERNER LIEST: „IMMER GEHT’S WEITER …“Ursula Werner war seit den siebziger Jahren bis 2009 Ensemble-Mitglied am Maxim-Gorki-Theater. Heute ist sie vor allem
durch ihre Rollen in Andreas Dresens Filmen WOLKE 9 und HALT AUF FREIER STRECKE und aus TV-Produktionen wie der
Kinderserie SCHLOSS EINSTEIN bekannt. In ihrer Autobiografie „Immer geht´s weiter….“ gibt sie humor- und tempera-
mentvoll Auskunft über ihre Arbei am Theater und beim Film und über die Dinge des Lebens, die ihr wichtig sind. ¢ 21.9.
um 10.30 Uhr, www.sonntagslese.de
D 42 D SEPTEMBER 2014
INDIEHIGHLIGHTS
BUNDESPLATZ KINOFILMHISTORISCHE REIHE: BRAVE SOLDATEN, ROTE MATROSEN – DER ERSTE WELTKRIEG IM FILMAnlässlich des Gedenkens an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100
Jahren widmet sich die Filmreihe „Brave Soldaten, rote Matrosen“ anhand
von 15 Filmen aus den Beständen der Deutschen Kinemathek und der
DEFA-Stiftung dem Wandel filmischer Darstellungen dieses Krieges. Bei-
spielhaft zeigen die Filme, wie das Ereignis als Stoff immer neuer Kinoerzäh-
lungen und als Folie für politische und existentielle Fragestellungen dient.
Die Vielfalt der Interpretationen steht dabei im Kontext der politischen Sys-
teme, in denen die Filme entstanden sind. Die Filme im September:
WESTFRONT 1918 Deutschland 1930, R: Georg Wilhelm Pabst
WESTFRONT 1918 sorgte als erster
Kriegsfilm, der das Element des
Tons einsetzte, für Furore: Erst-
mals wurde der ohrenbetäubende
Lärm der Front akustisch greifbar.
¢ 7.9. um 15.30
IM WESTEN NICHTS NEUES USA 1929/30, R: Lewis Milestone
Die Erstverfilmung des gleichna-
migen Romans und Weltbestsel-
lers von Erich Maria Remarque.
Der Film wurde 1930 mit dem
Oscar als „Bester Film“ des Jahres
ausgezeichnet. Gezeigt wird die
ungekürzte und rekonstruierte
Fassung. ¢ 14.9. um 15.30
DIE GROSSE ILLU-SION/LA GRANDE ILLUSION Frankreich 1936/37, R: Jean Renoir, OmU
An Hand des Schicksals dreier
französischer Kriegsgefangener
demonstriert Renoir den Wider-
sinn des Krieges. Ein Film über
den Krieg – ganz ohne Schlach-
tenszenen. Gezeigt wird die
deutsch untertitelte, mehrspra-
chige Originalfassung!
¢ 21.9. um 15.30 Uhr
EVA-LICHTSPIELEDER ALTE DEUTSCHE FILMImmer Mittwochs um 15.45 zeigen die Eva-Lichtspiele historische deut-
sche Filme aus den 1920er – 1940er Jahren. Die Reihe wird von Mar-
tin Erlenmeier kuratiert, der auch zu jedem Film eine Einführung hält.
www.eva-lichtspiele.de
MARY Großbritannien/Deutschland 1930. Regie: Alfred Hitchcock. Mit Alfred Abel, Olga Tschechowa, Paul Graetz, Lotte Stein
Kriminalfilm um einen Mord
im Theatermilieu. In London
gedrehte, veränderte deutsche
Version von Hitchcocks frühem
Tonfilm MURDER. ¢ 3.9.
DAS ALTE LIED1945. Regie: Fritz Peter Buch. Mit Winnie Markus, Ernst von Klipstein, Lotte Koch, Grethe Weiser
Spielt im kaiserlichen Alt-Berlin
– nach Motiven aus Fontanes
„Stine“ und „Irrungen Wirrungen“.
¢ 10.9.
KLEINER MANN – GANZ GROSS1938. Regie: Robert A. Stemmle. Mit Viktor de Kowa, Gusti Huber, Hilde von Stolz, Paul Hoffmann
Temperamentvolle Ehekomödie
mit zwei trefflichen Hauptdarstel-
lern. Mit Zeichnungen von E.O.
Plauen. ¢ 17.9.
MADAME HAT AUS-GANGDeutschland /Frankreich 1931. Regie: Wilhelm Thiele. Mit Liane Haid, Hans Brau-sewetter, Hilde Hildebrand, Ernst Dumcke
Musikalische Komödie mit Liane
Haid – seinerzeit der Inbegriff des
„süßen Wiener Mädels, hier aber
im Pariser Gesellschaftsmilieu.
Inszeniert vom Regisseur der
DREI VON DER TANKSTELLE.
Musik: Ralph Erwin. ¢ 24.9.
SEPTEMBER 2014 D 43 D
INDIEHIGHLIGHTS
BALI KINOFILME UND VERANSTALTUNGEN ZUM WELTFRIEDENSTAGDie Jahresversammlungen der UN-Generalversammlung beginnen traditionell am dritten Dienstag im September. Am 21. September 1981, dem Tag der
damaligen Vollversammlung, verkündete die Generalversammlung: Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (Internati-
onal Day of Peace) und soll genützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu beobachten
und zu stärken. Am 30. November 1981 wurde dieser Tag in der UN-Resolution 36/67 zum „International Day of Peace“ erklärt. Er soll
ein Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit sein. Nach einer Kampagne von Jeremy Gilley und der „Peace One Day“-Organisation verabschie-
dete die UN-Generalversammlung am 7. September 2001 einstimmig die Resolution 55/282. Nach dieser soll der Weltfriedenstag ab 2002 jedes Jahr
weltweit am gleichen Tag, dem 21. September, gefeiert werden. Allerdings findet der Tag bis heute in der Öffentlichkeit relativ wenig Beachtung. In
Zusammenarbeit mit dem Weltfriedensdienst organisiert das Bali Kino vom 18. – 22.9. Veranstaltungen, Filmvorführungen und Diskussionen unter dem
Motto „Friedensarbeit in Zeiten des Krieges“. ¢ 18. – 22.9. www.balikino-berlin.de
Auf dem Programm stehen unter anderem:
FILMVORFÜHRUNG: CIRCLES(Serbien 2013, R: Srdan Golubovic, 112 min)
CIRCLES ist die Hommage an einen Helden, den serbischen Solda-
ten Srdan Aleksić, der 1993 seinen muslimischen Nachbarn vor der
Ermordung durch serbische Soldaten rettete, und dann selbst zu Tode
geprügelt wurde. In Srdan Golubovics Film heißt der Soldat Marko, und
der Film schildert die Auswirkungen seiner Tat und die seiner Mörder
auf das Leben einer Reihe von Menschen, die mittelbar und unmittelbar
daran beteiligt waren.
¢ 18.–19.9. um 18.00 Uhr
DOPPELPROGRAMM: ZUR HÖLLE MIT DEM TEUFELAFRICA:WAR IS BUSINESSDie Dokumentation ZUR HÖLLE MIT DEM TEUFEL (PRAY THE DEVIL
BACK TO HELL, USA 2008, R: Gini Reticker, 62 min) erzählt anhand von
Archivmaterial und Interviews mit den führenden Frauen der liberiani-
schen Friedensbewegung von ihrem mutigen und visionären Widerstand,
der im Jahr 2003 maßgeblich dazu beigetragen hat, Frieden für ihr vom
Bürgerkrieg zerrissenes Land zu erreichen.
AFRICA: WAR IS BUSINESS (Niederlande 2006, R: Frank Vellega, 52
min, OmeU) deckt die Mechanismen der Kriegsindustrie auf und zeigt
wie diese ein Teil des Alltags im Westen sind. Die Dokumentation ent-
hüllt das Wesen eines Systems das nicht von Ländergrenzen aufgehalten
wird. Gleichzeitig sucht der Film nach möglichen Lösungen etwa in einer
internationalen Perspektive und achtsamem Konsumentenverhalten.¢ 20.9. um 18 Uhr
PROJEKTVORSTELLUNG DES WELTFRIEDENS DIENSTES/KURZFILMROLLE Der Weltfriedensdienst stellt aktuelle Projekte in Form von Kurzfilmen
vor, anschließend läuft die Shorts Attack-Kurzfilmrolle KRIEGSSPIELE.
In Zeiten der Erinnerung an Kriegsausbrüche und in Zeiten aktueller
Kriege bringt Shorts Attack im September den Krieg als absurde Gewalt
pointiert auf den Punkt: Historische Auseinandersetzungen treffen auf
aktuelle Zerstörungsstrategien, Animationen auf knallhart unterhaltsame
Realdarstellungen.¢ 20.9. um 20.30 Uhr
FILMVORFÜHRUNG: PEACEMAKERS(USA 2013, R: Rain Rucker, Paul Bloomfield, 66 min, OmU)
In PEACEMAKER treten zwei Männer, die jeder auf die eigene Art Ernst
gemacht haben mit dem „Friedenstiften“, in Dialog: Jeremy Gilley,
britischer Filmemacher, gründete vor vielen Jahren die Non-Profit-Or-
ganisation „Peace One Day“. Sein Einsatz führte 2007 dazu, dass die
UN-Vollversammlung einstimmig beschloss, den 21. September zum
Weltfriedenstag zu erklären und jährlich zu feiern. 2013 wurde der
Weltfriedenstag bereits in 195 Ländern gefeiert. Prem Rawat hat die
Sendereihe „Words of Peace“ (Worte des Friedens) initiiert, die in 40
Ländern in über mehr als 350 Fernsehkanälen ausgestrahlt und in 28
Sprachen übersetzt wird. Prem Rawat spricht dort vom Frieden im
täglichen Leben und von der „People Power“, der inneren Kraft der
Menschen.
¢ 21.9. um 20.30 Uhr, Eintritt frei, Spende erbeten
FRIEDRICHSHAIN-KREUZBERG
MARZAHN-HELLERSDORFMITTE
SPANDAU
STEGLITZ-ZEHLENDORF
TEMPELHOF-SCHÖNEBERG
CHARLOTTENBURG-WILMERSDORF
NEUKÖLLN TREPTOW-KÖPENICK
REINICKENDORF PANKOW
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D 44 D SEPTEMBER 2014
INDIESERVICE
ACUD KINO MITTE 1
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S+U-Bahnhof Frankfurter Allee,
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BALI KINO ZEHLENDORF 2
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BUNDESPLATZ-KINO WILMERSDORF 3
Bundesplatz 14, 10715 Berlin
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U9, S 41/42/46, Bus 248/N9
U+S-Bahnhof Bundesplatz
EISZEIT KINO KREUZBERG 4
Zeughofstr. 20, 10997 Berlin
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U7, Bus 101/104/249 Blissestr.
FILMKUNST66 CHARLOTTENBURG 6
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S-Bahnhof Savignyplatz
FILMRAUSCH PALASTMOABIT 7
Lehrter Str. 35, 10557 Berlin
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Hauptbahnhof + 10 min Fußweg,
Bus 123 Kruppstr., Bus M27
Quitzowstr.
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U8, Bus M29/140/N8 Moritz-
platz, U1 Kottbusser Tor
HACKESCHE HÖFE KINOMITTE 9
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S-Bahnhof Hackescher Markt, U8
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SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN KREUZBERG 10
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TILSITER LICHTSPIELE FRIEDRICHSHAIN 11
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U5 Frankfurter Tor, Weber-
wiese, M10 Bersarinplatz,
Straßmannstraße
UNION FILMTHEATERFRIEDRICHSHAGENBölschestr. 69, 12587 Berlin 12
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XENON KINO SCHÖNEBERG 13
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DIE INDIEKINOS
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TREPTOW-KÖPENICK
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Filmtexte: Hendrike Bake, Thomas Dorow, Franziska Gleininger, David Herger, Sebastian Markt, Jens Mayer, Eileen Reukauf, Raphaël Rück, Hannes Stein
Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN und Kinos
Kinofotos: Marei Wenzel
Grafik: Michael Zettler, Zett Media
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Das INDIEKINO BERLIN Magazin erscheint monatlich in einer Auflage von 15.000 Stück. Das Magazin ist kostenfrei. Verteilung in den Berliner Kinos ACUD Kino, Bali Kino, Bundesplatz Kino, Eiszeit Kino, Eva Lichtspiele, film-kunst66, Filmrauschpalast Moabit, fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino am Südstern, Tilsiter Lichtspiele, Union Filmtheater, Xenon Kino, Zukunft sowie an weiteren 200 Verteilstellen.
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D SEPTEMBER 2014
INDIEKINO OPEN-AIRFREILUFTKINO FRIEDRICHSHAGENFRIEDRICHSHAGENHinter dem Kurpark 13, A
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Laskerstr. 5, 10245 Berlin
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D 46 D SEPTEMBER 2014
INDIENACHBILD
THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE
VORSCHAU INDIEKINO IM OKTOBER ANDERSON Spitzel in der Poetenszene D LAND DER WUNDER Seltsamkeiten
unter Bienen D 20.000 DAYS ON EARTH Nick Cave-Doku D AM SONNTAG BIST DU TOT Pfarrer James sucht seinen Mörder D DER KREIS Berlinale-Panorama-Publi-
kumspreis-Gewinner D 5 ZIMMER KÜCHE SARG Vampire im Alltag D PRIDE Der eng-
lische Film ist zurück D YALOMS ANLEITUNG ZUM GLÜCKLICHSEIN Der Therapeut
spricht D PRAIA DO FUTURO Strand ohne Meer D WISH I WAS HERE Zach Braff wird
erwachsen D JACK Verloren in Berlin D ARTEHOLIC Udo Kier-Doku D THE CUT Liebe,
Tod und Teufel D DAS SALZ DER ERDE Bilderkino von Wim Wenders und Sebastião
Salgado D DER SAMURAI Indentitätsgemetzel D ZWEI TAGE, EINE NACHT Neues
von den Dardenne-Brüdern
NACHBILDEigentlich wollte ich noch etwas über eine Szene aus dem wundervollen Film ABRIR PUERTAS Y VENTANAS
schreiben. Aber gerade eben meldet die BBC, dass der britische Schauspieler und Regisseur Lord Richard Atten-
borough gestorben ist. Ich schau noch mal nach, wer das war. Ach ja, A CHORUS LINE (1982), GANDHI (1985),
CRY FREEDOM (1987), alles Oscar-Filme. Einige halfen, die Welt zu verändern. Ich finde ein Video mit einem Aus-
schnitt aus THE ANGRY SILENCE (1960), dem ersten Film, in dem Attenborough nicht nur gespielt, sondern den
er auch produziert hat. Er spielt einen Mann, der bei einem inoffiziellen Streik nicht mitmacht. Niemand redet
mehr mit ihm, auch sein kleiner Sohn nicht. Er schlägt die Hände vors Gesicht, wendet sich um. Der Hintergrund
ändert sich in eine Gaststätte. Gelächter. Männer stopfen Futter in sich hinein. Gesichter beginnen zu lachen, die
Kamera fährt näher an Attenborough heran. Panik. Wut, die Kamera beginnt zu kreisen. Die lachenden Gesichter
kommen näher, die Kamera schwankt. Gleich wird Attenborough aufspringen.
Tobe Hooper muss den Film gekannt haben. In THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE gibt es die gleiche Szene,
fast identisch inszeniert. Sally (Marilyn Burns) sitzt an einen Stuhl gefesselt an einem Tisch, um sie herum sitzt
die Sawyer-Familie und lacht, weil Sally gleich von Grandpa geschlachtet werden soll. Dieselben Schnitte, das-
selbe Lachen, dieselbe Panik. Hochkultur und lange verbotener, angeblicher Trash erzählen manchmal mit den
gleichen Mitteln von den gleichen Ängsten: Du bist allein, sie lachen dich alle aus. Marilyn Burns ist ebenfalls im
August 2014 gestorben. Das meldeten Fangoria und Splatting Image. D TD
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