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Universitt KragujevacFakultt fr Philologie und KunstLehrstuhl fr Germanistik

Seminararbeit

Thema:

IN STAHLGEWITTERNvon Ernst Jnger

Studiengang: Vorgelegt von:Deutsche Nachkriegsliteratur Mati D. Milena 100122Leitende: Prof. Dr. Voli-Hellbusch Jelena E-mail: [email protected] Inhaltsverzeichnis:

EINLEITUNG................................................................................................................................2 I ERNST JNGER: IN STAHLGEWITTERN............................................................................3 1.1. ERZHLSTRUKTUR.........................................................................................................3 II EHRGEFHL, PFLICHT UND MNNLICHKEIT ..............................................................6 III SELBSTINSZENIERUNG ...................................................................................................10 IV ALLTAGSLEBEN IM KRIEG .............................................................................................13 V SINNESORGANE IM KRIEG ...............................................................................................17 VI NATUR VS. MATERIALKRIEG .........................................................................................18 VII ZUFALL, GLCK UND KAMPFESLUST ........................................................................20 VIII REZEPTION....... .................................................................................................................22SCHLUSSBETRACHTUNG........................................................................................................23 LITERATURVERZEICHNIS......................................................................................................25

EINLEITUNG

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Ernst Jngers Kriegsdarstellung In Stahlgewittern das sich mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt. Weiters soll erwhnt werden, dass diese Arbeit mit ihrer Analyse sehr nahe an den Primrtexten bleibt und viele Argumente durch Primrzitate erklrt werden sollen. An erster Stelle soll hier die Erzhlstruktur nher beleuchtet werden, da diese bereits sehr viel Aufschluss ber die Punkte geben kann, die dem Autor an seinem Text besonders wichtig sind.

Weiters ist hier auch die Authentizitt ein wichtiges Element. Da dem zu behandelten Text ein historisches Ereignis zu Grunde liegt, muss die Frage gestellt werden, ob dieses auch dementsprechend wiedergegeben oder ob historische Tatsachen durch die Transformation in Literatur, die suggestive Wahrnehmung des Autors und dessen Wunsch nach der Erreichung eines bestimmten Bildes, das vom Krieg gezeichnet werden soll, um die eigenen Ansichten an den Leser zu bringen, so abgendert wird, dass die Darstellung in dem Buch nicht mit den Fakten des Ersten Weltkriegs bereinstimmen.

Ein besonderes Augenmerk wird auf die Darstellung des alltglichen Lebens im Krieg gelegt, da sich dieses vom normalen Alltag zu Friedenszeiten sehr stark unterscheidet. Hierbei soll vor allem die Art und Weise analysiert werden wie die Menschen, die im Krieg leben, diesen und dessen Gruel ertragen, wie sie damit umgehen und was diese Lebensumstnde aus ihnen machen.

Da der Krieg groteils mnnlich dominiert ist, wird sich diese Arbeit auch mit der Thematik der Mnnlichkeit beschftigen, wobei die Figur des Soldaten bei dieser Analyse im Mittelpunkt stehen wird. Hierbei sind auch die Beleuchtung der militrischen Strukturen des Kriegssystems sowie dessen Hierarchien uerst wichtig.

I ERNST JNGER: IN STAHLGEWITTERN

Ernst Jngers Werk In Stahlgewittern wurde das erste Mal im Jahr 1920, vor allem auf Drngen von Jngers Vater, im Eigenverlag verffentlicht. Weitere Auflagen erschienen bald darauf in verschiedenen Verlagen.Der Text wurde von Jnger sehr oft berarbeitet und verndert, so dass es viele verschiedene Ausgaben gibt. Sein originales Kriegstagebuch, auf dem In Stahlgewittern basiert, wurde erst im Jahr 2010 von Helmuth Kiesel herausgegeben. Die Uneinigkeit in der Bewertung der Stahlgewitter hatte immer auch damit zu tun, dass es von 1920 bis zur groen Jnger-Werkausgabe aus dem Jahr 1978 mindestens sieben, erheblich differierende Fassungen gibt.

Jnger pflegte an seinen Texten grundstzlich auch nach der Publikation weiterzuarbeiten, sie waren fr ihn nie abgeschlossen, niemals fertig und immer verbesserbar. Schlielich sei doch die Publikation nur ein willkrlicher Punkt im Prozess des Schreibens, dem immer schon zahlreiche Varianten und berarbeitungsstufen vorausgehen. Warum also sich mit diesem Zustand begngen? Fr Jnger gab es keine Vollendung, sondern nur Annherungen.

War die Erstausgabe als literarisierte Version der in den Schtzengrben geschriebenen Kriegstagebcher noch ein direkter, das Abenteuer und das Heldentum unterstreichender Erlebnisbericht, erhielt das Buch 1924, in Jngers nationalrevolutionrer, rechtsextremer Phase, erhebliche nationalistische Tne. Die verschwanden aber in der 14. Auflage 1934 wieder, weil Jnger nicht mit den Nazis verwechselt werden wollte, fr die er keinerlei Sympathien besa.

1.1. Erzhlstruktur

Es ist nicht eindeutig, welchem Genre Jngers In Stahlgewittern zuzuordnen ist. So kann das Buch nicht zu den Offiziersmemoiren gezhlt, aber auch nicht zu einem einfachen Kriegstagebuch gemacht[footnoteRef:2] werden Bereits im Vorwort gibt Jnger selbst seinen Lesern zu verstehen, dass sein Buch nicht sein originales Fronttagebuch ist, sondern dass dieses berarbeitet wurde. Auch der gewhlte Untertitel Aus dem Tagebuch eines Stotruppenfhrers[footnoteRef:3] deutet schon darauf hin, dass es ein selektiver Auszug ist[footnoteRef:4] und schlielich nicht DAS Tagebuch eines Stotruppenfhrers. [2: Vgl.: Mller, Hans-Harald: Im Grunde erlebt jeder seinen eigenen Krieg. Zur Bedeutung des Kriegserlebnisses im Frhwerk Ernst Jngers. In: Ernst Jnger im 20. Jahrhundert. Hg. Hans-Harald Mller, Harro Segeberg. Mnchen: Wilhelm Fink Verlag 1995, S.19.] [3: Jnger: In Stahlgewittern.] [4: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 38.]

In Stahlgewittern ist jedenfalls in einer tagebuchartigen Form verfasst. Durch diesen tagebuchartigen Stil ist Authentizitt ein wichtiger Faktor in Jngers Text. Interessant ist bei der Ausgabe von 1922 vor allem auch das Bilde des Verfassers[footnoteRef:5] das dem Text vorangestellt ist und auf dem Jnger in Uniform und mit Orden bestckt zu sehen ist. Dies und die Aufzhlung seiner militrischen Laufbahn sowie die genaue Nennung der Regimenter in denen er gedient hat direkt auf der Titelseite des Buches unter dem Namen des Autors dient wohl dazu, Jngers Anspruch auf Authentizitt zu unterstreichen. [5: Jnger: In Stahlgewittern.]

Die vielen Angaben von Orten, Schlachten, Regimentern und auch die Zeitangaben tragen im Buch selbst ebenfalls sehr viel dazu bei. Dadurch wird der Anspruch dieses Textes ein historisches Dokument zu sein wesentlich verstrkt.[footnoteRef:6] Bei Jnger ist zu beachten, dass es sich bei den Ortsangaben, die die berschriften der Kapitel bilden, nur teilweise um groe und bekannte Stdte beziehungsweise Schlachtfelder handelt. Genauso werden auch kleinere Orte, die allgemein weniger bekannt sind, als solche aufgenommen. Zeitangaben sind [6: Vgl.: Peiter: Kriegslandschaften, S. 234]

zwar immer wieder vorhanden, jedoch ist nicht immer vollkommen klar ersichtlich, welche Handlungen in welchem Zeitraum passieren und ob diese sich nun ber Stunden, Tage oder auch Wochen ziehen.[footnoteRef:7] [7: Vgl.: Vollmert, Johannes: Ernst Jnger In Stahlgewittern. Uni-Taschenbcher 1263. Mnchen: Wilhelm Fink Verlag 1985, S. 40-41.]

Jngers Frontbericht wirkt przise und real, da die geschehenen Ereignisse nicht nur chronologisch geordnet sind, sondern sich der Text vor allem dadurch auszeichnet, dass man zu jedem Zeitpunkt des Lesens genau wei wo sich der Erzhlende befindet. Oft sind sogar die einzelnen Kapiteln nach den Orten beziehungsweise nach den Frontabschnitten bezeichnet, an denen sich die Kompanie gerade aufhlt.[footnoteRef:8] Jnger schreibt als Zeitzeuge des Ersten Weltkriegs. [8: Vgl.: Jnger: In Stahlgewittern.]

Gerade in den frhen Ausgaben von In Stahlgewittern war es nicht Jngers Ziel eine ehrenhafte Erinnerung an die Kmpfer des Ersten Weltkriegs zu schaffen, da es sich um ein eher unpolitisches Buch handelte. Der Frage nach dem Zweck des Buches und was es mit dem Untertitel Aus dem Tagebuch eines Stotruppenfhrers auf sich hat, erklrt der Autor im

Vorwort:Der Zweck dieses Buches ist, dem Leser sachlich zu schildern,was ein Infanterist als Schtze und Fhrer whrend des groenKrieges inmitten eines berhmten Regiments erlebt, und was ersich dabei gedacht hat. Es ist entstanden aus dem in Formgebrachten Inhalt meiner Tagebcher.[footnoteRef:9] [9: Jnger: In Stahlgewittern, S. V.]

In dem Jnger darauf aufmerksam macht, er wolle nicht beschreiben, wie es htte sein knnen, sondern wie es war.[footnoteRef:10] wird klar, dass er sich selbst eher als Historiograph und weniger als Schriftsteller sieht.[footnoteRef:11] Ein weiterer Hinweis fr die dokumentarische Intention von In Stahlgewittern zeigt sich darin, dass Jnger immer wieder auf seine Originaltagebcher verweist und teilweise auch daraus zitiert: [10: Jnger: In Stahlgewittern, S. V.] [11: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 44.]

Ich bringe hier einen kurzen Auszug von den Notizen, die ichdamals in den Nchten von Monchy niederschrieb. 7.10.1915.[footnoteRef:12] [12: Jnger: In Stahlgewittern, S. 32]

Der Schreibstil Jngers schwankt jedoch im Laufe des Textes je nach dem was gerade erzhlt wird. So schildert er den Alltag an der Front sehr nchtern,[footnoteRef:13] sobald es jedoch in den Kampf geht oder wenn Szenen geschildert werden , in denen er mit einer Kampftruppe ausrckt, werden die Gefhlsausdrcke strker. [13: Vgl.: Weisbrod: Ernst Jnger, S. 172.]

II EHRGEFHL, PFLICHT UND MNNLICHKEIT

Als Hhepunkte in In Stahlgewittern zeichnet Jnger die Augenblicke in denen sich die Soldaten Mann gegen Mann gegenberstehenund[footnoteRef:14] aus dem materiellen Massenkrieg heraustreten, um einen individuellen Kampf auszufechten. [14: Vgl.: Ebenda, S. 173.]

Unter allen nervenerregenden Momenten des Krieges ist keiner sostark wie die Begegnung zweier Stotruppfhrer zwischen denengen Lehmwnden des Grabens. Da gibt es kein Zurck und keinErbarmen.[footnoteRef:15] [15: Jnger: In Stahlgewittern, S. 182.]

Solche Momente zeigen sich nicht nur in der Gefhlswelt Jngers, sondern machen sich auch krperlich bemerkbar.[footnoteRef:16] [16: Vgl.: Theis: Der Tanzplatz des Todes, S. 120.]

Da das Erlebnis an die Nerven gegangen war, merkte icherst, als ich im Unterstande zhneklappernd auf einer Pritsche lagund trotz der Erschpfung keinen Schlaf finden konnte.[footnoteRef:17] [17: Jnger: In Stahlgewittern, S. 64.]

Der Krper an sich spielt in Jngers Text eine zentrale Rolle. Hierbei stellen entstellte verwundete Krper einen wesentlichen Anteil an der Schilderung des Krieges und des Lebensraumes Front, der den Kontrast zur normalen Alltagswelt bildet.[footnoteRef:18] Die Krperlichkeit, und hier beinahe ausschlielich die mnnliche, geht durch den maschinellen Krieg verloren. Es gibt kaum einen Kontakt zwischen den kmpfenden Truppen. So schildert Jnger einige wenige Szenen des Krperkontakts zwischen den Soldaten, die fast homoerotisch anmuten. Es ist die einzige Zrtlichkeit die die Krieger zu erwarten haben.[footnoteRef:19] [18: Vgl.: Theis: Der Tanzplatz des Todes, S. 127.] [19: Vgl.: Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. Kriegserlebnis und Moderne-Kritik in Ernst Jngers Frhwerk. In: Wirkendes Wort. Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre, Jg. 39, H. 1. Hg. Heinz Rlleke. Bouvier, 1989, S. 102.]

Der Schlaf war schwer und beklommen; die in der undurchdringlichen Dunkelheit rings um das Haus niederfallenden Brisanzgranaten riefen inmitten der toten Landschaft ein unbeschreibliches Gefhl der Einsamkeit und Verlassenheit hervor. Ich schmiegte mich unwillkrlich an einen Mann, der neben mir auf der Pritsche lag.[footnoteRef:20] So beschreibt Jnger den Vorgang im Inneren eines Soldaten, der vielleicht ans Desertieren denkt, wie folgt: [20: Jnger: In Stahlgewittern, S. 125.]

Dir selbst vielleicht unbewut, wirkt der moralischeMensch in dir und bannt dich durch zwei mchtige Faktoren amPlatze: die Pflicht und die Ehre. Du weit, du bist zum Kampfe andiesen Ort gestellt und ein ganzes Volk vertraut darauf, da du deine Sache machst. Du fhlst, wenn ich jetzt meinen Platzverlasse, bin ich ein Feigling vor mir selbst, ein Lump, der spterbei jedem Worte des Lobes errten mu. Du beit die Zhnezusammen und bleibst.[footnoteRef:21] [21: Jnger: In Stahlgewittern, S. 137.21 Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 22-23.]

Gerade fr Jnger ist die Feigheit eine uerst negativ besetzte Eigenschaft, denn schlielich strebt er selbst nach Ruhm und Ehre und erwartet das auch von jedem anderen Soldaten. Jnger ist es wichtig die Tapferkeit der einzelnen Individuen hervorzuheben, wobei er hier jedoch Unterschiede macht. So kann nicht jeder an der Front Dienende ein Held sein, denn einerseits kmpfen die Generle nicht wirklich mit und andererseits ist die Masse lediglich das Kanonenfutter der Kriegsmaschinerie und somit nicht individuell zu beurteilen.[footnoteRef:22] Hier hebt Jnger die Offiziere als besondere Soldaten hervor, die sowohl an der Front kmpfen als auch den Krieg organisieren mssen, indem sie ihren unterstellten Soldaten kluge Befehle geben. Das Ehrgefhl der Offiziersklasse ist bei Jnger besonders stark ausgeprgt.[footnoteRef:23] Jnger neigt dazu die Offiziere, und somit auch sich selbst, ber alles zu loben. So beschreibt er den Offizierstisch wie folgt: [22: ] [23: Vgl.: Forster: Der Mann, der schon immer war, S. 41.]

Hier, wo die geistigen Trger und Vorkmpfer der Frontzusammenkamen, konzentrierte sich der Wille zum Siege undwurde Form in den Zgen wetterharter Gesichter. Hier war einElement lebendig, das die Wstheit das Krieges unterstrich unddoch vergeistigte, das man bei den Leuten, mit denen manzusammen in den Trichtern lag, so selten fand, die sportsmigeFreude an der Gefahr, der ritterliche Drang zum Bestehen einesKampfes.[footnoteRef:24] [24: Jnger: In Stahlgewittern, S. 106]

Die Mnnlichkeit kann in Jngers Text fast als Leitmotiv bezeichnet werden. So ist von diesem Heldentum des tapferen Kmpfers der Feind im Feld nicht ausgeschlossen.

Wir eilten an noch warmen, stmmigen Gestalten vorber, unterderen kurzen Rckchen krftige Knie glnzten, oder krochen bersie hinweg. Es waren Hochlnder, und die Art des Widerstandeszeigte, da wir keine Feiglinge vor uns hatten.[footnoteRef:25] [25: Ebenda S. 213.]

Es kann also nicht von einem national verklrten Kriegsheldentum gesprochen werden.Jnger betont auch den Respekt, den man seinem Feind entgegenbringen msse, wobei er auf Nietzsches Theorien zurckgreift.[footnoteRef:26] [26: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 22.]

Was sagt Nietzsche vom Kriegsvolke? Ihr drft nur Feindehaben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihrmsst stolz auf Euren Feind sein, dann sind die Erfolge desFeindes auch Eure Erfolge.[footnoteRef:27] [27: Jnger: In Stahlgewittern, S. 116.]

Im Hinblick auf die Anerkennung, die Jnger vor allem den britischen Soldaten entgegenbringt, kann in dieser also Ausgabe nur schwer davon gesprochen werden, dass In Stahlgewittern ein deutschnationaler Roman ist. Das Mannsein ist wesentlich wichtiger als die Nationalitt.[footnoteRef:28] [28: Vgl.: Forster: Der Mann, der schon immer war, S. 46]

So sieht Jnger die Franzosen zwar als Feiglinge,

Htten die Franzosen ihre Grben verteidigt, wie mutige Soldatenzu tun pflegen, so wre es wohl anders gekommen.[footnoteRef:29] [29: Jnger: In Stahlgewittern, S. 156.]

den Englndern zollt er jedoch hchsten Respekt:

Es ist im Krieg immer mein Ideal gewesen, den Gegner unter Ausschaltung jedes Hagefhl nur im Kampfe als solchen zu betrachten und ihn als Mann seinem Mute entsprechend zu werten. Ich habe gerade in diesem Punkt unter den englischen Offizieren viele verwandte Naturen kennengelernt.[footnoteRef:30] [30: Ebenda, S. 36.]

Als Mnner von Ehre stehen also die Briten fr Jnger auf einer Stufe mit den Deutschen, die Franzosen hingegen weit darunter.Immer wieder nimmt Jnger den Stahlhelm in die Beschreibung der Soldaten mit auf. Dadurch wird der mnnliche Eindruck den diesen machen noch zustzlich verstrkt.

Ab und zu beim Scheine einer Leuchtkugel sah ich Stahlhelm anStahlhelm, Seitengewehr an Seitengewehr blinken und wurde vondem stolzen Gefhl erfllt, einer handvoll Mnnern zu gebieten,die vielleicht zermalmt, nicht aber besiegt werden konnten. In solchen Augenblicken triumphiert der menschliche Geist ber diegewaltigsten uerungen der Materie, der gebrechliche Krperstellt sich, vom Willen gesthlt, dem furchtbarsten Gewitter entgegen.[footnoteRef:31] [31: Jnger: In Stahlgewittern, S. 73-74.]

Auffallend an In Stahlgewittern ist, dass Jnger einen Archetypus Soldat kreiert. So wechselt er in Passagen in denen er von Eigenschaften eines mutigen Mannes an der Front schreibt von der Ich- in eine unpersnliche Erzhlform , in der er vom Soldaten oder einfach von man spricht, oder er wechselt gar in die Du-Form, um den Leser direkt anzusprechen und auch in ihm ein Pflichtbewusstsein hervorzurufen. Auerdem beschreibt Jnger in diesen Textstellen von welch einem ausgezeichneten Menschenschlage die Soldaten sind und dass er stolz ist zu diesem zu zhlen. Somit wird fr die Mnnlichkeitsthematik ein Ideal gebildet nach dem sich jeder junge Mann richten sollte.

Weiters ist Jngers Einstellung zum Krieg hervorzukehren, denn mit ihr erscheint dieser mehr als eine Sportart und nicht als ein Kampf auf Leben und Tod.[footnoteRef:32] Auf diese Sportlichkeit im Krieg weist Jnger mehrmals hin: [32: Vgl.: Forster: Der Mann, der schon immer war, S. 41.]

Oft ist es auch ganz nett. Manche sind mit sportsmigemInteresse bei der Sache. Mit einer gewissen Schadenfreudebetrachten sie die Einschlge der eigenen Artillerie im feindlichenGraben.[footnoteRef:33] [33: Jnger: In Stahlgewittern, S. 29.]

Bei dem ausgefochtenen Kampf der Sportart Krieg gibt es keinen geringeren Preis zu gewinnen als die mnnliche Ehre.[footnoteRef:34] [34: Vgl.: Forster: Der Mann, der schon immer war, S. 41.]

III SELBSTINSZENIERUNG

Jngers Karriere, die er whrend der Kriegsjahre macht und in seinem Buch erzhlt, ist durchaus keine gewhnliche. So inszeniert er sich als den ahnungslosen Kriegsfreiwilligen der sich hocharbeitet und schlielich mit dem hchsten Orden, dem Pour-le-mrite, ausgezeichnet wird. Zu diesem Orden ist zu sagen, dass er im Jahr 1870 in einen Kriegsorden umgewandelt wurde und dazu dienen sollte Verdienste, die im Kampf gegen den Feind erworben wurden, auszuzeichnen. Und wie bereits beschrieben, war gerade diese Form des Kampfes Jngers bevorzugte, da er eine Ablehnung gegen den Massenkampf in sich trug,wobei er selbst jedoch nicht nur als Individuum, sondern auch als Sprecher einer Kampfgemeinschaft fungiert, die sich im Laufe der Erzhlung bildet.[footnoteRef:35] Die Mitglieder dieser Gemeinschaft begrnden ihre Gleichgesinntheit darauf, dass sie der Langeweile des Stellungskrieges entkommen wollen und die Herausforderung im Kampf und das Abenteuer suchen. [35: Vgl.: Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. Kriegserlebnis und Moderne-Kritik in Ernst Jngers Frhwerk. In: Vom Wert der Arbeit. Zur literarischen Konstitution des Wertkomplexes "Arbeit" in der deutschen Literatur (1770 - 1930). Dokumentation einer interdisziplinren Tagung in Hamburg vom 16. bis 18. Mrz 1988. Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 34. Hg. Harro Segeberg. Tbingen: Niemeyer 1991, S. 351.]

Wesentliche Elemente von In Stahlgewittern sind die heroische Darstellung der Soldaten, wie auch die Selbstdarstellung des Leutnants Jnger. In Tagebchern geht es natrlich um die das Tagebuch schreibende Person und deren Erlebnisse, jedoch ist in In Stahlgewittern sehr wohl zu bemerken, dass sich Jnger immer wieder selbst besonders in den Vordergrund rckt. So gibt es viele Szenen in denen Jnger von seinen Mitkmpfenden gelobt oder bewundert wird. In einer kehrt er mit vier Mnnern in den deutschen Schtzengraben zurck, nachdem er mit einem vierzehnkpfigen Stotrupp ausgezogen war.

Meine Niedergeschlagenheit wurde etwas erhellt durch die Wortedes biederen Oldenburgers Dujesiefken, der, als ich mir im Stollendie Hand verbinden lie, vorm Eingang seinen Kameraden dieEreignisse berichtete und mit dem Satze schlo: VorLeutnant Jnger habe ich jetzt aber Respekt; Junge, Junge, derflitzte dich man so ber die Barrikaden![footnoteRef:36] [36: Jnger: In Stahlgewittern, S. 154.]

Diese Bewunderung geht sogar soweit, dass ein Soldat sein Leben opfert, nur um den verletzten Jnger zu retten.[footnoteRef:37] [37: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 19]

Doch solange noch ein Mann meiner Kompagnie lebte, warich nicht ganz verlassen. Neben mir ertnte die Stimme desGefreiten Hengstmann: Ich nehme Herrn Leutnant auf denRcken, entweder kommen wir durch, oder wir bleiben liegen.Leider kamen wir nicht durch;[footnoteRef:38] [38: Jnger: In Stahlgewittern, S. 246-247.]

Jnger stellt gegen Ende des Textes noch einmal dar, dass seine Kampftruppe, auch wenn der groe Krieg vielleicht schon verloren war, auf dem Schlachtfeld siegreich blieb und das nicht in ihren lhmenden Stellungen, sondern im Bewegungskrieg in dem sie agierte.[footnoteRef:39] [39: Vgl.: Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. 1989, S. 104.]

Ich teilte meine Kompagnie in einem kleinen Obstgarten zumGefecht ein. Unter einem Apfelbaume stehend, sprach ich ein paarWorte zu den Leuten, die mich im Hufeisen umschlossen. IhreGesichter sahen ernst und mnnlich aus. Es war wenig zu sagen.Jeder wute, da wir nicht mehr siegen konnten. Aberder Gegner sollte sehen, da er gegen Mnner von Ehrenkmpfte.[footnoteRef:40] [40: Jnger: In Stahlgewittern, S. 239.]

Der Grund warum der Krieg verloren wird, ist das fehlende Material, des fteren weit Jnger auf die materielle bermacht des Feindes hin.

Leider hatte der Gegner meist so reichliche Munition, dauns zuerst der Atem ausging.[footnoteRef:41] [41: Jnger: In Stahlgewittern, S. 44.]

Der deutsche Soldat wird praktisch in Schutz genommen, damit ihm nicht die Schuld am verlorenen Krieg gegeben wird, denn diese lge schlielich am schlechten und fehlenden Material der Deutschen.IV ALLTAGSLEBEN IM KRIEG

In Stahlgewittern ist stark durch den Soldatenjargon und die Sprache des Krieges gekennzeichnet. Bei Jnger macht sich das Abstumpfen der Frontsoldaten bemerkbar. In In Stahlgewittern gewhnen sich die Soldaten an den Anblick von verletzten und getteten Kameraden. Erst sehr spt wird Jnger selbst, in einer scheinbar alltglichen Szene in der keine Verwundeten und Toten beschrieben werden, bewusst, wie abgestumpft er durch den Krieg bereits ist.

Als ich mich mit Boje und Kius in unserem gewhnlichenpessimistisch-ironischen Ton begrte, fhlte ich die entsetztenAugen eines meiner Rekruten, eines Seminaristen, auf mir ruhen.Ich durchschaute seinen Gedankengang und erschrak zumerstenmale ber die abstumpfende Wirkung des Krieges.Man kam dazu, den Menschen nur noch als Sache zubetrachten.[footnoteRef:42] [42: Jnger: In Stahlgewittern, S. 231.]

Die Gruel und Schrecken des Krieges sowie seine Opfer beschreibt Jnger sehr przise und in allen Einzelheiten. Daher wirkt diese Darstellung zwar einerseits sehr abschreckend, andererseits aber auch sehr nchtern und distanziert.[footnoteRef:43] [43: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 19.]

Ein Gescho hatte den Scheitel seines Stahlhelmsdurchbohrt und eine lange Rille in die Schdeldecke gerissen. DasGehirn hob und senkte sich in der Wunde unter jedem Schlage desBlutes [].[footnoteRef:44] [44: Jnger: In Stahlgewittern, S. 177.]

Auch seine Gefhle beim Anblick solcher Schrecklichkeiten beschreibt Jnger eher emotionslos, zwar als beklemmend, aber beispielsweise auch als sonderbar.[footnoteRef:45] Diese khlen Beschreibungen sind vermutlich auf den Selbstschutz zurckzufhren und knnen damit begrndet werden, dass die Soldaten abstumpfen und sich den Tod nicht mehr zu Herzen nehmen, da sie nur so den Alltag an der Front ertragen knnen.[footnoteRef:46] Aber Jnger geht noch einen Schritt weiter, denn die Gefahren des Krieges empfindet er teilweise nicht als [45: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 19.] [46: Vgl.: Ebenda, S. 20.]

abschreckend, sondern als erstrebenswert. So schreibt er:

Nach kurzem Aufenthalt beim Regiment hatten wir fast alleIllusionen verloren, mit denen wir ausgezogen waren. Statt dererhofften Gefahren hatten wir Schmutz, Arbeit und schlafloseNchte vorgefunden, zu deren Bezwingung ein uns wenigliegendes Heldentum gehrte.[footnoteRef:47] [47: Jnger: In Stahlgewittern, S. 7.]

In dieser Passage wird also darauf hingewiesen, dass es bei Weitem nicht reicht nur an der Front zu dienen, denn so lange man nicht mit viel Mut in einen Kampf verwickelt ist, kann man keinen Heldenruhm erlangen. Der Alltag ist hier der Feind des nach Ruhm und Ehre strebenden Soldaten auch wenn jener an der Front stattfindet.[footnoteRef:48] Da Jnger in seinen Text sehr viele sthetische Beschreibungen einbaut, wirken die Gruel des Krieges oft nicht so schlimm oder verklrt. Vor allem durch die vielen Vergleiche aus der Natur scheint der Krieg als wrde er in das Gesamtbild der franzsischen oder flandrischen Landschaft gut hineinpassen und wirkt somit sehr natrlich. Dazu fallen auch die fast schon inflationr gebrauchten Metaphern, die den Krieg in Zusammenhang mit Naturkatastrophen bringen, [48: Vgl.: Mller: Im Grunde erlebt jeder seinen eigenen Krieg, S.21.]

auf .[footnoteRef:49] [49: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 24-26.]

So spricht Jnger etwa vo [] heranziehenden Gewitter der groen Endoffensive [][footnoteRef:50] [50: Jnger: In Stahlgewittern, S. 234]

Whrend Eva Tripp meint, Jnger wrde durch seine sthetisierung des Krieges von der unmenschlichen Materialschlacht extrem ablenken,[footnoteRef:51] schreibt Anne D. Peiter: Bei Jnger wird grausam und massenhaft gestorben.[footnoteRef:52] Und beide Aussagen spiegeln In Stahlgewittern sehr gut wieder, denn Jnger beschreibt an vielen Stellen sehr wohl den grausamen Tod einzelner Soldaten. Auch das Sterben von ganzen Kompanien wird erwhnt, dies jedoch meist so nebenschlich, dass dem Leser kaum auffllt, dass an dieser Stelle des Textes wohl einige hundert Mann ihr Leben verloren haben, vor allem wenn sich Jnger nach einer geglckten Mission noch im Gefhlshoch befindet. Da er dem Materialkrieg nichts abgewinnen kann, weil bei diesem Mut und Ehre keine Rolle spielen, stellt er den Kampf Mann gegen Mann in den Vordergund. In In Stahlgewittern erwhnt Jnger die Kriegsursache als hufig auftretendes Gesprchsthema, weiter geht er jedoch nicht darauf ein.[footnoteRef:53] [51: Tripp: Frsten des Grabens, S. 24.] [52: Peiter: Kriegslandschaften, S. 234.] [53: Vgl.: Jnger: In Stahlgewittern, S. 122.]

In der frhen Ausgabe des Buches schenkt Jnger den politischen Geschehnissen keinerlei Aufmerksamkeit. Dies ndert sich in spteren berarbeitungen. 1922 stellt er jedoch den Krieg noch als eine natrliche Gegebenheit dar, die, hnlich einer Naturkatastrophe, ausbricht und keiner Legitimation bedarf. Der Krieg ist einfach da.[footnoteRef:54] In In Stahlgewittern zeigt sich bereits Jngers groes Interesse an Literatur, denn er liest immer wieder Texte, reflektiert und zitiert diese. Diese literarische Bildung bernimmt eine wichtige Funktion im Text. Durch sie wird die geistige berlegenheit Jngers auch auerhalb des Schlachtfeldes ausgedrckt. Er zhlt sich selbst zu einer natrlichen Elite, die sich einerseits durch Fhrungskraft und Mut auszeichnet,[footnoteRef:55] aber andererseits durch einen gewissen Intellekt. So zitiert er neben Nietzsche auch Goethes Faust, letzteren um die Situation des Flohbefalls zu beschreiben. [54: Vgl.: Peiter: Kriegslandschaften, S. 235.] [55: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 21.]

Der zur Verzweiflung getriebene Schlfer ri endlich seineDecke heraus und konnte mit Mephisto sprechen:Ich schttle einmal noch den alten Flaus,Noch einer flattert hier und dort hinaus,Hinauf, umher in hunderttausend Ecken,Eilt Euch, ihr Liebchen zu verstecken.

Trotz des chronologischen Aufbaus von In Stahlgewittern wird ein episodenhafter Stil deutlich, wobei sich das Hauptthema immer wieder darum dreht die Langeweile im Schtzengraben zu berwinden und sich Ruhm und Ehre zu erkmpfen, was am Besten im Kampf Mann gegen Mann geht.[footnoteRef:56] Dementsprechend gibt es mehrere Textstellen, die sich mit Jngers Erfahrungen, die er in den Sph- und Kampftruppen gemacht hat, beschftigen. In diesen Szenen kann der Autor seine Begeisterung fr den Krieg und die [56: Vgl.: Mller: Im Grunde erlebt jeder seinen eigenen Krieg, S. 20]

Erregung, die ihm ein solcher Ausflug bereitet, nicht verbergen, auch wenn der Tod noch so nah ist.

Interessant ist auch das Bild das Jnger vom Schlachtfeld zeichnet. Dieses wird sehr metaphernreich beschrieben, so zum Beispiel als Tanzplatz des Todes.[footnoteRef:57] Im Zusammenhang mit dem Tod sind Jngers Beschreibungen zwar sehr exakt, haben aber auch einen Hang zum Mystischen. So kann der Tanzplatz des Todes auf die mittelalterliche Vorstellung, Tote wrden in der Nacht auf ihren Grbern tanzen, zurckgefhrt werden.[footnoteRef:58] Auch die Begegnungen zwischen Tod und Leben verschwimmen an einigen Stellen des Textes. So findet sich Jnger an einer selbst als Lebender unter Toten wieder: [57: Jnger: In Stahlgewittern, S. 226.] [58: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 63]

Ich sprang im Morgennebel aus dem Graben und stand vor einerzusammengeschrumpften franzsischen Leiche. Fischartiges,verwestes Fleisch leuchtete grnlichwei aus zerfetzter Uniform.Mich umwendend prallte ich entsetzt zurck: Neben mir kauerteeine Gestalt an einem Baum. Leere Augenhhlen und wenigeBschel Haar auf dem schwarzbraunen Schdel verrieten, da ich es mit keinem Lebenden zu tun hatte. Ringsumher lagennoch Dutzende von Leichen, verwest, verkalkt, zu Mumiengedrrt, in unheimlichem Totentanz erstarrt [] Auszerschossenem Geblk ragte ein eingeklemmter Rumpf. Kopf undHals waren abgeschlagen, weie Knorpel glnzten aus rtlichschwarzem Fleisch. Es wurde mir schwer, zu verstehen. Danebenein ganz junger Mensch auf dem Rcken, die glasigen Augen unddie Fuste im Zielen erstarrt. Ein seltsames Gefhl, in solche toten,fragenden Augen zu blicken.[footnoteRef:59] [59: Jnger: In Stahlgewittern, S. 16-17.]

Jnger ist hier der einzig Lebende unter vielen Toten, jedoch ist dies keine Selbstverstndlichkeit. Bei manchen Krpern fllt zwar sofort auf, dass sie kein Leben mehr in sich tragen knnen, bei anderen bedarf das erst genauerer Inspektion. So sieht Jnger erst an einigen Merkmalen, dass die neben ihm kauernde Gestalt nicht mehr am Leben ist. In der zitierten Textstelle wirkt es sogar so als ob Jnger dazu geneigt ist mit den Toten zu kommunizieren, wenn ihn die fragenden Augen eines toten Soldaten anblicken. Jedoch werden an dieser Stelle die Toten nicht mehr wirklich als Subjekte, sondern vielmehr als Objekte wahrgenommen, was sicherlich mit dem Abstumpfungseffekt an der Front zusammenhngt.[footnoteRef:60] [60: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 64.]

So grausam es auch sein mag so viele gefallene Soldaten zu sehen, fragt sich Jnger nie warum es diese und nicht ihn getroffen hatte. Dies wrde wohl kaum in sein selbstheroisierendes Konzept passen.

V SINNESORGANE IM KRIEG

Erwhnenswert, was die sprachliche Darstellung des Krieges bei Jnger betrifft, ist die Hufigkeit mit der er Ereignisse mit Tnen und Geruschen verbindet. Das Ohr wird als ein an der Front sehr wichtiges Sinnesorgan beschrieben, da man sich nur durch das Erhren der verschiedenen Geschosse sein berleben sichern knne.[footnoteRef:61] Dies muss Jnger beim Eintritt in den Krieg schnell erlernen. So schreibt er noch zu Beginn seiner kriegerischen Karriere: [61: Vgl.: Theis: Der Tanzplatz des Todes, S. 121-122.]

Pltzlich drhnte eine Reihe dumpfer Erschtterungen in derNhe, whrend aus allen Husern Soldaten dem Dorfeingangzustrzten. Wir befolgten dies Beispiel, ohne recht zu wissenwarum. Wieder ertnte ein eigenartiges, nie gehrtes Flattern undRauschen ber uns und ertrank in polterndem Krachen. Ichwunderte mich, da die Leute um mich sichzusammenduckten wie unter groer Drohung.[footnoteRef:62] [62: Jnger: In Stahlgewittern, S. 2.]

Die Geruschkulisse im Allgemeinen wird vor allem durch die Geschtze und dem technischen und materiellen Krieg geprgt. Das einzige, das der Mensch dazu beitrgt, sind die Schmerzensschreie der Soldaten,[footnoteRef:63] die ebenfalls durch die Kriegsmaschinerie mittels der Geschtze ausgelst werden. Der Hrsinn ist also eindeutig der wichtigste Sinn in diesem Stellungskrieg, die anderen haben eine untergeordnete Rolle, so auch der Sehsinn. [63: Vgl.: Theis: Der Tanzplatz des Todes, S. 125.]

Die Front wird zwar aus der Ferne beobachtet, jedoch ist das Auge beim Kampf weniger wichtig, da man sich doch meistens in den Schtzengrben und anderen Erdverschlgen aufhlt und daher ohnehin ein sehr eingeschrnktes Sichtfeld hat. Die Unsichtbarkeit des Feindes ist also eine typische Erfahrung des Ersten Weltkriegs, auf die Jnger auch eingeht. Durch sie wei der Soldat oft gar nicht gegen wen er eigentlich kmpft.[footnoteRef:64] Umso mehr kann man sich die berraschung erklren, die Jnger und seine Kameraden erleben, als sie ihre britischen Gegner [64: Vgl.: Mller: Im Grunde erlebt jeder seinen eigenen Krieg, S.22.]

zu Gesicht bekommen und diese sich an einer Stelle als Inder entpuppen. Und schon zu Beginn seines Buches schreibt Jnger:

Ich hatte an einer groen Kampfhandlung teilgenommen, ohneeinen Gegner zu Gesicht bekommen zu haben.[footnoteRef:65] [65: Jnger: In Stahlgewittern, S. 20.]

VI NATUR VS. MATERIALKRIEG

So widersprechen Jngers Vorstellungen des heroischen und natrlichen Kriegers dem hoch technisierten Krieg, den er sehr przise darstellt. Die Front wird als Walzwerk[footnoteRef:66] [66: Jnger: In Stahlgewittern, S. 1.]

bezeichnet und die Materialschlacht als

Werk der Vernichtung, von unzhligen Hebeln getrieben[footnoteRef:67] [67: Jnger: In Stahlgewittern, S. 88.]

Auch die Menschen fungieren in In Stahlgewittern oft nur als Rdchen in der groen Kriegsmaschinerie, jedoch sind auch diese fehleranfllig, so wie Maschinen wegen technischer Gebrechen versagen. Um diese Verfehlung auszudrcken, inszeniert Jnger fr den Mechanismus Mensch den Nervenzusammenbruch als Ausfall,[footnoteRef:68] der erkennen lsst, wie sehr die Kriegsfhrung auf die reibungslosen Ablufe, in denen jeder Mensch und jede Maschine seinen angewiesenen Platz hat, angewiesen ist. [68: Vgl.: Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. 1989, S. 101]

Ich will offen gestehen, da mich meine Nerven restlos imStiche lieen. Nur fort, weiter, weiter! Rcksichtslos rannte ichalles ber den Haufen. Ich bin kein Freund des Euphemismus:Nervenzusammenbruch. Ich hatte ganz einfach Angst, blasse,sinnlose Angst. Ich habe spter noch oft kopfschttelnd an jenenMoment zurckgedacht.[footnoteRef:69] [69: Jnger: In Stahlgewittern, S. 19.]

Im Materialkrieg wird also auch der Mensch als Material gewertet. Dies zeigt sich im Besonderen nicht am einzelnen Individuum, sondern an den Massen, die der Materialschlacht zum Opfer fallen.Eine Kompagnie nach der anderen war dicht gedrngt imTrommelfeuer ausharrend vernichtet. Dann waren die Leichendurch die von den Geschossen hochgeschleuderten Erdmassenverschttet, und die nchste Kompagnie war an den Platz derGefallenen getreten.[footnoteRef:70] [70: Ebenda, S. 72.]

Maschinen wegen technischer Gebrechen versagen. Um diese Verfehlung auszudrcken, inszeniert Jnger fr den Mechanismus Mensch den Nervenzusammenbruch als Ausfall, der erkennen lsst, wie sehr die Kriegsfhrung auf die reibungslosen Ablufe, in denen jeder Mensch und jede Maschine seinen angewiesenen Platz hat, angewiesen ist.

So schrecklich die Details des Krieges und dessen Verwstung auch beschrieben werden, schwingt bei Jnger doch immer eine gewisse Faszination fr den Krieg, vor allem fr den Kampf Mann gegen Mann, mit. Dabei widerstrebt ihm die moderne Kriegsfhrung der Materialschlachten in denen der Soldat auch nicht mehr als besagtes Material ist.[footnoteRef:71] [71: Vgl.: Tripp: Frsten des Grabens, S. 22-23]

[] aller Erfolg der Tat des einzelnen, whrend die Masse derMitlufer nur Sto- und Feuerkraft darstellt.[footnoteRef:72] [72: Jnger: In Stahlgewittern, S. 237.]

An dieser Stelle ist auerdem zu erwhnen, dass Jnger neben dem Pour le Mrite Orden auch das Goldene Verwundetenabzeichen verliehen worden ist. Dies besttigt seine Annahme, in diesem technischen Krieg seine Aufgabe als Material gut erfllt zu haben.[footnoteRef:73] [73: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 57-61.]

VII ZUFALL, GLCK UND KAMPFESLUST

In In Stahlgewittern spielt der Zufall eine Rolle und entscheidet ber Tod oder Leben.Jnger schreibt immer wieder davon, dass glckliche Zuflle den Soldaten das Leben retten. Einmal wird sogar seine Verwundung als solch ein glcklicher Zufall gedeutet, da er von der Front ins Lazarett aufbrechen musste und somit in der Schlacht, aus der kein Mitglied seiner Kompanie lebend zurck kam, nicht beteiligt war. Dieses Element spielt also im Krieg immer eine Rolle,[footnoteRef:74] es steht bei Jnger jedoch nicht im Mittelpunkt des Geschehens. Dies wrde nmlich dem Konzept vom Mann als tapferen und engagierten Krieger widersprechen, denn Jnger stellt viel mehr den Einsatz des Einzelnen, der mit Mut und Kampfeslust sehr wohl einen Unterschied ausmachen kann, in den Vordergrund. Durch solche Soldaten kann der Krieg auch gewonnen werden. Die Kmpfer haben also wesentlich mehr Einfluss auf das gesamte Kriegsgeschehen als Glck und Zufall. Auerdem ist festzuhalten, dass diese beiden Komponenten bei Jnger im Zusammenhang mit dem Versagen des Gegners stehen. [74: Vgl.: Mergenthaler: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben, S. 69-70.]

Unser Glck war nur die Angst der Franzosen, die sich immernoch nicht aus ihren Lchern herauswagten.[footnoteRef:75] [75: Jnger: In Stahlgewittern, S. 153.]

Wenn also deutsche Soldaten nicht getroffen oder nur verwundet, aber nicht gettet werden, wird dieser Umstand als Glck ausgelegt. Niemals aber wird von Glck gesprochen, wenn die Soldaten bei einem Angriff siegreich davongehen. Hier sind es Mut, Einsatz und Tapferkeit, die fr einen Sieg verantwortlich gemacht werden. Bei Jnger ist das Glck nur ein Faktor, der ihnen beim Kampf gegen ihre Gegner hilft, aber es ist eindeutig dem Mut der Kmpfer untergeordnet.

VIII REZEPTION

Jnger hat in mehreren Fassungen In Stahlgewittern seit der Erstausgabe berarbeitet und mit immer neuen Vorworten versehen. Er hat immer wieder versucht, seinen Roman in die vernderten sozio-politischen Rahmenbedingungen einzubetten und reagierte auf alle erdenklichen Einflsse der unterschiedlichen Epochen: den Nationalsozialismus, den verlorenen Zweiten Weltkrieg, die Deutsche Teilung, die Friedensbewegung und aufziehenden Pazifismus sowie den Kalten Krieg.

Es ist schwierig zur Rezeption von Jngers Werk In Stahlgewittern eindeutige Aussagen zu treffen, da er, wie bereits erwhnt, den Text sehr oft umgearbeitet hat. Hier mssten diese nderungen ebenfalls bercksichtigt werden, etwa wie es Eva Dempewolf gemacht hat.[footnoteRef:76] Es soll hier jedoch auf Henning Mller hingewiesen werden, der sich den Erfolg von In Stahlgewittern wie folgt erklrt: [76: Vgl.: Dempewolf, Eva: Blut und Tinte. Eine Interpretation der verschiedenen Fassungen von Ernst Jngers Kriegstagebchern vor dem politischen Hintergrund der Jahre 1920 bis 1980. Epistemata. Wrzburger wissenschaftliche Schriften, Reihe Literaturwissenschaft, Bd. 84. Wrzburg: Knigshausen und Neumann 1992.]

Der Erfolg von Jngers Kriegstagebuch In Stahlgewittern lagnicht zuletzt darin begrndet, da hier ein begabterSprachartist den Geist jener Frontsoldaten, Kriegsfreiwilligen undLandsknechtstypen sthetisierte, die sich auch nach derKriegsniederlage nichts anderes als den Krieg vorstellen konnten und die Friedenszeit verachteten.[footnoteRef:77] [77: Mller, Henning: Sthlerne Romantik und Mythos Krieg. Anmerkungen zur Ernst-JngerRenaissance im Konservatismus der achtziger Jahre. In: Die Waffen nieder! Schriftsteller in den Friedensbewegungen des 20. Jahrhunderts. Literatur und Gesellschaft. Hg. Siegrid Bock. Berlin: Akademie-Verlag 1989, S. 141.]

SCHLUSSBETRACHTUNG

Das Werk stellt einen Anspruch auf Authentizitt. Diese ist durch die im Text angegebenen Fakten und historische Verweise gegeben. Dies zeigt sich vor allem in den Schilderungen der Gruel des Krieges und des Todes. Die Verwundungen, Verstmmelungen und der Tod von Menschen wird teilweise sehr detailgetreu und dadurch sehr grausam dargestellt. In weiterer Folge ist das Abstumpfen zu erwhnen, in In Stahlgewitter wird dieser Effekt, den der Krieg auf den Menschen ausbt, direkt angesprochen. Diese Schrecken des Krieges werden zwar als durchwegs negativ dargestellt, strahlen aber auch eine gewissen Faszination aus.

In In Stahlgewittern steht die Thematik der Mnnlichkeit im Vordergrund. Jnger sieht den Sodlaten als eine Art besseren Menschen an. Auerdem steht diese Mnnlichkeit sehr stark mit den Schlagworten Pflicht und Ehre in Verbindung. Erstere zu erfllen und zweitere zu erlangen scheinen bei Jnger die Hauptaufgaben zu sein, die es im Krieg zu erfllen gilt. Gerade fr das Erlangen der Ehre wird ein Unterschied zwischen zwei Arten des Krieges gezeigt. Einerseits gibt es den maschinellen und materiellen Krieg, andererseits den individuellen, der sich in den Manngegen-Mann Kmpfen uert. Ersteren lehnt Jnger strikt ab, zweiteren scheint er aber durchaus zu befrworten, denn in diesem kann man seinen Mut erproben und zu Ehre gelangen. Hierbei ist auch das Element der Selbstinszenierung zu nennen, das bei Jnger sehr stark ausgeprgt ist. Auerdem bestand in seinem Text die Mglichkeit dieses einzusetzen, da der Protagonist mit dem Autor gleichzusetzen ist.

Ein weiterer Punkt, der sich an Hand der Analyse des Werkes als wichtig herauskristallisiert hat, ist die Thematik um die Begriffe Zufall, Schicksal und Glck. In In Stahlgewittern hngt der Erfolg im Krieg nmlich sehr wohl von den aktiven Soldaten, die sich in den Nahkmpfen hervortun, ab. Als Glck oder Zufall fr die Deutschen wird lediglich die Unfhigkeit des Gegners beschrieben beispielsweise ihre Bomben richtig zu platzieren.

Der Krieg ist allumfassend!

Jeder einzelne ist ein Teil des Krieges und kann aus diesem nicht entkommen. Selbst wenn es in der Zukunft Frieden geben werde, wirft der Krieg doch weiterhin seinen Schatten auf die Menschen, die diesen erlebt haben. Auch wenn das Titelzitat aus dem Zusammenhang der Primrliteratur gerissen wurde, bringt es die Ergebnisse dieser Arbeit sehr gut auf dem Punkt. Der Krieg ist der Vater aller Dinge[footnoteRef:78] [78: Jnger: In Stahlgewittern, S. vi.]

LITERATURVERZEICHNIS

PrimrliteraturJnger, Ernst: In Stahlgewittern aus dem Tagebuch eines Sturmtruppenfhrers. Berlin: E. S. Mittler & Sohn 1922.SekundrliteraturDempewolf, Eva: Blut und Tinte. Eine Interpretation der verschiedenen Fassungen von Ernst Jngers Kriegstagebchern vor dem politischen Hintergrund der Jahre 1920 bis 1980. Epistemata. Wrzburger wissenschaftliche Schriften, Reihe Literaturwissenschaft, Bd. 84. Wrzburg: Knigshausen und Neumann 1992.

Forster, Erwin: Der Mann, der schon immer war. Konstruierte Mnnlichkeit in Ernst Jngers In Stahlgewittern. In: MannsBilder. Literarische Konstruktionen von Mnnlichkeiten. Hg. Stefan Krammer. Wien: WUV 2007.

Jnger, Ernst : Kriegstagebuch 1914 1918. Hg. Helmuth Kiesel. Stuttgart: Klett-Cotta 2010.

Mller, Henning: Sthlerne Romantik und Mythos Krieg. Anmerkungen zur Ernst-JngerRenaissance im Konservatismus der achtziger Jahre. In: Die Waffen nieder! Schriftsteller in den Friedensbewegungen des 20. Jahrhunderts. Literatur und Gesellschaft. Hg. Siegrid Bock. Berlin: Akademie-Verlag 1989.

Mller Hans Harald und Harro Segeberg, Ernst Jnger im 20. Jahrhundert, Mnchen: Wilhelm Fink Verlag 1985.

Mergenthaler, Volker: Versuch, ein Dekameron des Unterstandes zu schreiben. Zum Problem narrativer Kriegsbegegnung in den frhen Prosatexten Ernst Jngers. Beitrge zur neueren Literaturgeschichte, Bd. 183. Heidelberg: Universittsverlag C. Winter 2001.

Peiter, Anne D.: Kriegslandschaften. Umwelt und Sprache in Karl Kraus Dieletzten Tage der Menschheit und in Ernst Jngers In Stahlgewittern. In: Natur Kultur Text. Beitrge zu kologie und Literaturwissenschaft. Hg. Catrin Gersdorf, Sylvia Mayer. Heidelberg: Universittsverlag Winter 2005.

Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. Kriegserlebnis und Moderne-Kritik in Ernst Jngers Frhwerk. In: Wirkendes Wort. Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre, Jg. 39, H. 1. Hg. Heinz Rlleke. Bouvier, 1989.

Segeberg, Harro: Regressive Modernisierung. Kriegserlebnis und Moderne-Kritik in Ernst Jngers Frhwerk. In: Vom Wert der Arbeit. Zur literarischen Konstitution des Wertkomplexes "Arbeit" in der deutschen Literatur (1770 - 1930). Dokumentation einer interdisziplinren Tagung in Hamburg vom 16. bis 18. Mrz 1988. Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 34. Hg. Harro Segeberg. Tbingen: Niemeyer 1991.

Theis, Jrg: Der Tanzplatz des Todes. Gerusche des Krieges und Zerstrte Krper in Ernst Jngers In Stahlgewittern. In: Imaginre Welten im Widerstreit. Krieg und Geschichte in der deutschsprachigen Literatur seit 1900. Hg. Lars Koch, Marianne Vogel. Wrzburg: Knigshausen & Neumann 2007.

Tripp, Eva: Frsten des Grabens. Sprachliche Bilder in Ernst Jngers In Stahlgewittern. In: Das Deutsche Reich ist eine Republik. Beitrge zur Kommunikation und Sprache der Weimarer Zeit. Frankfurter Forschungen zur Kultur- und Sprachwissenschaft, Bd. 8. Hg. Horst D. Schlosser. Frankfurt am Main: Peter Lang 2003.

Vollmert, Johannes: Ernst Jnger In Stahlgewittern. Uni-Taschenbcher 1263. Mnchen: Wilhelm Fink Verlag 1985.

Weisbrod, Bernd: Ernst Jnger: In Stahlgewittern. In: Querlektren. Weltliteratur zwischen den Disziplinen. Hg. Wilfried Barner. Gttingen: Wallstein Verlag 1997.

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