Hürdenlauftraining. Mentorenprogramme im Fachbereich gestalten

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Die Einführung von Studierenden in den Studiengang und ihre Begleitung über die Studienzeit ist ein wichtiges Beratungsangebot der Fachbereiche. Hier können die Anfangshürden von Studierenden vermindert, aber auch Schwierigkeiten im Studium frühzeitig aufgegriffen werden. Im Mittelpunkt des vorliegenden Bandes steht die Vorstellung des facettenreichen Angebots der Fachbereiche an der Hochschule Niederrhein. Sie zeigen einen kleinen Ausschnitt der Aktivitäten der Hochschule Niederrhein zur Verbesserung der Qualität der Lehre.

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HürdenlauftrainingMentorenprogramme imFachbereich gestalten

Die Einführung von Studierenden in den Studiengang und

ihre Begleitung über die Studienzeit ist ein wichtiges Be-

ratungsangebot der Fachbereiche. Hier können die Anfangs-

hürden von Studierenden vermindert, aber auch Schwierig-

keiten im Studium frühzeitig aufgegriffen werden. Im

Mittelpunkt des vorl iegenden Bandes steht die Vorstel lung

des facettenreichen Angebots der Fachbereiche an der

Hochschule Niederrhein. Sie zeigen einen kleinen Aus-

schnitt der Aktivitäten der Hochschule Niederrhein zur Ver-

besserung der Qual i tät der Lehre.

Stefan Bral l und Michael Lent (Hrsg. )

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Eine Veröffentlichung zur Workshopreihe Qualität der Lehre an der Hochschule Niederrhein

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Stefan Brall und Michael Lent (Hrsg.)

Hürdenlauftraining – Mentorenprogramme im Fachbereich gestalten

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-842-33098-6

Stefan Brall und Michael Lent (Hrsg.) Hürdenlauftraining – Mentorenprogramme im Fachbereich gestalten

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Autors ist unzulässig.

© 2010 Hochschule Niederrhein

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

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Inhalt

Stefan Brall und Michael Lent Erfahren. Klug. Wohlwollend. ........................................................................ 7

Johannes Rybach Ein Physiker als Mentor im Studiengang Elektrotechnik ............................. 11

Angelika Grahl und Rolf Schloms Mentorenprogramm im Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Ausgangslage, Zielsetzung und Erfahrungen............... 17

Ludgera Bärtels Wer, wie, was, wo – Wirkungsvolle Wegweiser für die ersten Wochen des Studiums .................................................................... 23

Dagmar Ackermann Studentisches Mentoring durch Studienpaten............................................ 27

Heike Kröpke Tutoring an der Hochschule Niederrhein - Ergänzende Komponente ......... 33

Nina Maria Wachendorf Richtungsweisend, Zielführend, Motivierend – das fachbereichs- übergreifende Mentoring-Programm der Hochschule Niederrhein ............. 39

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Erfahren. Klug. Wohlwollend.

Stefan Brall, Michael Lent

Die Charakterisierung eines Mentors1 stammt aus der griechischen Mytholo-gie. Hier ist Mentor eine Figur aus der Odyssee von Homer, der Odysseus Sohn Telemachos beschützen und ihn beraten soll. Beide Figuren stehen für eine soziale Beziehung von zwei Menschen, wo der Ältere dem Jüngeren mit seiner Lebenserfahrung und Klugheit zur Seite steht. Der Mentor ist gegenüber seinem Schützling wohlwollend gestimmt, sodass er auch in schwierigen und konfliktreichen Situationen seine Beraterrolle wahrnehmen kann. Die intensive Beziehung, welche ein Mentor und ein Mentee miteinan-der eingehen, umfasst häufig ein Feedback zum Verhalten, die Beratung bei konkreten Fragen und Schwierigkeiten auf Basis der eigenen Erfahrung des Mentors, die Weitergabe informellen Wissens, welches nicht so leicht in Ratgebern und Lehrbüchern zu finden ist, die Planung der nächsten Schritte, die Erarbeitung beruflicher Strategien sowie die Einführung in relevante soziale Netzwerke des Mentors.

Universitäres Mentoring kann dabei auf ganz unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sein. So finden wir Mentoring - bei der Berufs- und Studienwahl, indem z.B. Ingenieurinnen und

Naturwissenschaftlerinnen die Schulen besuchen und Mädchen Lust auf ein MINT-Fach machen,

- beim Start in den Studienalltag, wo die Erstsemester bei ihren ersten Schritten an der Hochschule begleitet werden,

- im Studienverlauf, wenn Studierende intensivere Betreuung brauchen, sei es von Seite erfahrener Studierender, wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Professorinnen und Professoren oder

- beim Übergang von der Universität in den Berufsalltag, wo Berufs-erfahrene die Studierenden unterstützen ihren beruflichen Weg zu finden.

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden nur das Wort Mentor benutzt. Damit sind sehr wohl auch die Mentorinnen gemeint.

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An der Hochschule sind Mentoring und Tutoring sich ergänzende Kompo-nenten. Während das Mentoring heute eher die individuelle Betreuung zum Ausdruck bringt steht das Tutoring stärker für Betreuung von Gruppen durch Studierende höherer Semester. Dies baut weitere Hürden ab, Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen, und ermöglicht eine Unterstützung auf Augen-höhe. Im Hochschulbereich werden die beiden Begriffe jedoch nicht trenn-scharf verwendet, was zuweilen für Verwirrung auf der einen oder anderen Seite führt.

Mentoring bietet für viele Studierenden die Chance zur Weiterentwicklung. Sei es persönlich als auch beruflich. Aber auch für die Hochschulen hat das Mentoring eine Vielzahl von Vorteilen. Insbesondere können sie bei einem umfassenden Mentoringkonzept sicher stellen, dass Studierende schon frühzeitig einen der vielfältigen Betreuungswege nutzen um ihren Studien-verlauf zu optimieren oder im Einzelfall auch frühzeitig erkennen, dass der gewählte Weg nicht der richtige ist. Kritiker halten dem zuweilen entgegen, dass es zu den Kernkompetenzen von Studierenden gehört, sich einmal ordentlich durchzubeißen und dies zum hochschulischen Entwicklungsweg gehört. Beständiges Händchenhalten sei im Studium nicht mehr angesagt und fördere zudem eine Konsumentenhaltung, welche für die notwendigen Lernprozesse eher hinderlich, als förderlich seien. Dies spricht jedoch nicht zwingend gegen ein umfassendes Mentoring. Richtig ist, dass ein Studium nicht immer Zuckerschlecken sein muss und sich die Studierenden auch selbstständig an neue Herausforderungen wagen müssen. Zudem fokussiert ein breites Mentoring und Tutoring vor allem auch die individuelle persönli-che Entwicklung, welche innerhalb der gegebenen, durchaus anspruchsvol-len Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich verlaufen kann. Mentoring kann diese individuelle Entwicklung an unterschiedlichen Stellen beflügeln und Wege aus Einbahnstraßen und Sackgassen weisen.

Damit überwiegen in der Regel die Chancen, die ein umfassendes Mento-ring vom Übergang in die Hochschule bis zum Einstieg in den Berufsalltag bietet: - Beim Einstieg in das Hochschulleben bietet das Mentoring nicht nur

Orientierung für das Studium, sondern auch für das oft erste selbstständige Leben in den eigenen vier Wänden,

- Mentoring kann die Kompetenzentwicklung auf der fachlichen wie auf der überfachlichen Seite befördern, indem Hilfe bei inhaltlichen Problemen als auch Unterstützung bei der Entwicklung sozialer Kompetenzen geboten wird,

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- die Betreuung kann die Selbstorganisation der Studierenden weiter fördern. Sie zeigt, wo die Eigenleistung zeitlich optimiert sowie inhaltlich intensiviert werden kann,

- der intensive persönliche Kontakt zwischen Studierenden und Professorinnen und Professoren gewährleistet zuweilen für beide Seiten einen erstaunlichen Einblick in Vorstellungen, Denkweisen und Leben des Anderen,

- die eigenen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und –pfade können individuell transparent gemacht werden und durch die Einführung in berufliche Netzwerke klarere Entwicklungsperspektiven erarbeitet werden.

Die Beiträge des Bandes zeigen diese Chancen des Mentorings und des Tutorings anhand von Fallbeispielen der Hochschule Niederrhein auf. Zum einen zeigt die umfassende Begleitung der ersten Tage und Wochen an der Hochschule, dass eine intensive Verzahnung von studentisch organisierten und fachbereichsinternen Angeboten der Lehrenden eine umfassende Be-treuung für die Anfangsphase gewährleistet (Grahl/Schloms/Deilmann, Bär-tels und Kröpke). Im Studienverlauf steht neben den Fachtutorien, die ein niederschwelliges Angebot für fachliche Fragen bieten (Kröpke), mit der Betreuung von Professorinnen und Professoren als Mentoren eine intensive fachliche Beratung und Möglichkeit zur Bearbeitung von Konflikten den Stu-dierenden zur Verfügung (Rybach). Aber auch die Begleitung des Über-gangs in das Berufsleben ist von Bedeutung. Hier können Experten aus dem Berufsleben als Mentoren den Einstieg gemeinsam mit den Studierenden gestalten (Wachendorf).

Dr. Stefan Brall ist Mitarbeiter der Koordinierungsstelle Evaluation und hochschulspezifische Weiterbildung der Hochschule Niederrhein und Mitglied des Cominovo Beraternetzwerks. Er schafft u.a. Räume für den fachübergreifenden Austausch von Lehrkonzepten sowie für die indivi-duelle hochschuldidaktische Entwicklung und er berät Dozierende bei der innovativen Gestaltung ihrer Lehre.

Prof. Dr. Michael Lent ist seit 1993 Professor für Thermische Verfahrenstechnik und Verfahrens-entwicklung an der Hochschule Niederrhein. Er war von 2002-2006 Dekan am Fachbereich Ma-schinenbau und Verfahrenstechnik. Seit 2006 war er zunächst als Prorektor für Lehre, Studium und Studienreform und heute als Vizepräsident für Lehre und Studium für die Gestaltung von Lehren und Lernen an der Hochschule Niederrhein verantwortlich.

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Ein Physiker als Mentor im Studiengang Elektrotechnik

Johannes Rybach

Der Übergang von der sekundären in die tertiäre Bildungsphase ist - physi-kalisch gesprochen - ein echter Quantensprung, das heißt ein diskontinuier-licher Übergang in einen Zustand höherer Energie. Dafür ist – auch da stimmt das physikalische Bild – ein Mindestmaß an Arbeit erforderlich. Nun gelten in diesem Fall allerdings ebenso die Gesetze der Pädagogik: Die Studierenden müssen selbst springen. Und springen wollen. Ein Mentor kann Ihnen die Hürden aufzeigen und vielleicht die Sprungtechnik erläutern. Nützlich ist dabei auch ein „Vorlauf“ mit niedrigeren Hürden. Solchen, an denen man sich nicht gleich blutige Knie holt.

Einstieg

Im Fachbereich Elektrotechnik und Informatik heißen diese Vorläufe „Brü-ckenkurse“ und werden derzeit in Mathematik, Informatik und – vom Autor – in Physik angeboten. Während z. B. in der Mathematik Schulwissen aufge-frischt und Rechenmethoden trainiert werden können, ist die Aufgabe des Physikers schwieriger: Das Wissensspektrum unserer Anfänger reicht von der ungefähren Kenntnis der Hebelgesetze bis zur quantitativen Beherr-schung der Atomphysik. Jener Student hat während der Ausbildung kein Physikbuch mehr angefasst, diese Studentin hat im gymnasialen Leistungs-kurs brilliert. Wie fördert man ersteren, ohne letztere zu langweilen?

Mein Ansatz ist, einen „Softstart“ in die mathematische Beschreibung der Physik zu verbinden mit der Auffrischung von Grundbegriffen, jeweils an-hand alltäglicher Probleme, interessanter Anwendungen und fesselnder Beispiele: - Was ist eine Kraft, was der Druck, wie sind Schweredruck und Auftrieb

definiert? - Wie ändert sich der Luftdruck mit der Höhe? Da ergibt sich ein

exponentieller Verlauf und die Mathematik verlässt die Grundrechenarten.

- Mit der Kinematik (Bewegungslehre) lassen sich Differenzialquotient

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Für jedes theoretische Problem gibt es zugehörige einfache Übungsaufga-ben. Dabei wird es konkret und Zahlen in die Gleichungen und Formeln eingesetzt. In dieser Phase stehen zwei Tutoren für persönliche Beratung und dem ein oder anderen „peinliche“ Nachfragen (Bruchrechnung! Rechnen mit Exponenten!) zur Verfügung. Nicht selten bringt jedoch erst die „handfes-te“ Anwendung der Theorie – nach geduldiger Erläuterung der sperrigen Rechenschritte – einen Aha-Effekt, der ein tieferes Verständnis einleitet.

Brückenkurs Physik, WS 2009/2010

Wie in der Kursvorlesung später arbeite ich auch schon im Brückenkurs mit Demonstrationsexperimenten. Diese sind sowohl in die theoretische Darstel-lung als auch in den Übungsteil integriert. Sie veranschaulichen Zusammen-hänge, demonstrieren Fragestellungen und überprüfen Rechenergebnisse. Vor allem aber erregen sie wie kein anderes Unterrichtsmedium die Auf-merksamkeit und motivieren für die nächste Hürde (Rybach 2008).

Begleitung

Nach der Einführungswoche mit fünf Veranstaltungen von jeweils 2 Doppel-stunden beginnt die „normale“ Physikausbildung, und nicht nur die. Insge-samt 24 Semesterwochenstunden bilden die Grundlast, welche Teilnahme und Aufbereitung erfordern. Hinzu kommen Ausarbeitungen der Laborprakti-ka, gegebenenfalls Übungsaufgaben und Referate. Wer den Anschluss verliert, muss vor der obligatorischen Modulprüfung nachlernen, und wer die verschiebt oder durchfällt, steht im Nu vor einem Berg von Problemen, der immer unüberwindlicher wirkt. Das ist eine typische Situation, in der die Beratung durch Mentoren erforderlich wird.

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Im Fachbereich 03 sind individuell für jeden Studiengang und für jedes Stu-dienjahr Mentoren benannt worden (Übrigens hießen diese früher einmal „Semesterväter“; Mütter waren wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorge-sehen). Diese können jederzeit um ein persönliches Gespräch gebeten werden. In der Vergangenheit gab es zudem zwei Versuche, jedem Studie-renden im ersten Studienjahr einen Professor als Mentor obligatorisch zu-zuweisen. Gegenüber diesem war der Studierende verpflichtet über seine Studienleistungen und Schwierigkeiten im Studium Rechenschaft abzulegen. Diese Versuche sind jedoch gescheitert, weil das verpflichtende Angebot von den weniger erfolgreichen Kommilitonen trotz allem nicht wahrgenom-men wurde, während gleichzeitig die erfolgreicheren Studierenden den not-wendigen Zeitaufwand infrage stellten. Die Gründe sind aber sicher nicht allein bei den Studierenden zu suchen: Möglicherweise war auch nicht jeder zwangsweise rekrutierte Berater mit voller Leidenschaft bei der Sache.

Die seitdem angebotene freiwillige Beratung wird bisher selten in Anspruch genommen. Wenn es Bedarf gibt, dann oft in wichtigen bis dramatischen Fällen. Einige Beispiele aus meiner Praxis und der meiner Kollegen sollen dies verdeutlichen: - Ein Student hatte auch im dritten Studienjahr noch keine wichtige

Prüfung bestanden. Seine Eltern übten nun Druck aus, dass er statt des Studiums eine Lehre absolvieren solle. Der betreffende Kollege stellte in einem langen Gespräch fest, dass zwar Zielvorstellung und Motivation stimmten, aber die angewendete Arbeitsweise nicht. Er ließ ihn einen Prüfungsplan erstellen und verlangt Vorgespräche mit jedem Prüfer, in denen die Anforderungen geklärt und Materialien (z.B. alte Klausuren) erbeten wurden. Der Student musste seinem Mentor alle zwei Wochen über seine Fortschritte berichten. Zudem stand eine studentische Hilfskraft als Ansprechpartner zur Verfügung. Der betreffende Student schreibt zurzeit seine Abschlussarbeit.

- Ein anderer Student in ähnlicher Situation war zum Abbruch des Studiums nahezu entschlossen, ließ sich aber nochmals beraten. Im Gespräch zeigte sich, dass insbesondere die wissenschaftlichen Anteile des Ingenieurstudiums ihm „Stress“ bereiten und er eine praktische Tätigkeit immer bevorzugen werde. Im Hinblick auf ein erfolgreiches und befriedigendes Berufsleben konnte ihm nur zu einer Technikerausbildung geraten werden.

- Eine Gruppe von Studierenden kritisierte massiv die Lehrmethoden eines Professors. Dem Mentor gelang eine Lösung des Problems durch die Beratung des jüngeren, erst unlängst berufenen, Kollegen aus

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- Die Anforderungen für den Leistungsnachweis aus einem Laborpraktikum (und damit für die Zulassung zur Klausur) wurden nicht beim betreffenden Dozenten oder beim zuständigen Mentor, sondern gleich beim Dekan moniert. Die anschließenden Diskussionen im Kollegenkreis zeigten, dass ein funktionierendes Mentorensystem durchaus Vorteile für alle Beteiligten hat.

- Eine junge Mutter kam mit Baby in meine Vorlesung, stillt gelegentlich und unterbindet damit auch dessen unspezifische Kommentare zu meinen Ausführungen. Die Studentin zeigt brillante Leistungen in der Übung und im Laborpraktikum arbeitet sie konzentrierter und selbstständiger als alle anderen, während ihr Kind neben ihr schläft. Aus bestimmten Anlässen heraus benötigt sie Nachholtermine, die sich aber problemlos organisieren lassen. Dennoch wurden die Schatten unter ihren Augen immer tiefer, und eines Tages gab sie das Studium auf. Selten habe ich, als Mentor und als Lehrer, einen Studienabbruch so bedauert.

- Mein heikelster Fall: Eine Studentin bat mich um einen Gesprächstermin und berichtete erst nach gezieltem Nachfragen unverbrämt, dass sie von einer Studentengruppe in einer Weise behandelt wird, die im Berufsleben als Mobbing gilt. Die energische Frau hat in einer Vorlesung hinter ihr schwätzende männliche Kommilitonen um Ruhe gebeten und damit ungeschriebene Gesetze aus deren Kulturkreis übertreten. Ich weihte Kollegen vertraulich ein und bat um Beobachtung und diskrete Unterstützung. Die lebens- und berufserfahrene Studentin ließ sich nicht einschüchtern und brachte die betreffende Kommilitonengruppe schließlich durch ihr zügiges Studium auf Abstand.

Solche Erfahrungen haften rückblickend besonders in der Erinnerung. Sie sind aber nur ein kleiner Ausschnitt der notwendigen alltäglichen Beratung bei typischen studentischen Problemen. Ich wünsche mir eine weitere Dis-kussion über die bestehenden Problemfelder der Mentorenarbeit: - Wie lässt sich die Hemmschwelle für ein Beratungsgespräch weiter

verringern? - Muss das Mentorensystem als Instanz der vertraulichen Beratung und

Vermittlung stärker bekannt gemacht werden? - Wie erreicht man die „Noshows“, die aus welchen Gründen auch immer

nach wenigen Semesterwochen abtauchen? - Wie greift man bei der unsinnigen Praxis ein, erst einmal alle

Teilnahmescheine für Laborpraktika usw. zu erwerben, bevor die

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Grundlagen gelernt und geprüft werden? - Sollte ein Mentorengespräch in bestimmten Situationen obligatorisch

sein, z. B. nach der zweiten misslungenen Prüfung in einem Fach oder vor einer Beschwerde beim Dekan?

Insgesamt zeigt meine Erfahrung als Mentor, dass die pädagogisch-menschliche Betreuung unserer Studierenden in manchen Fällen wichtiger sein kann als die reine Wissensvermittlung. Diese intensive Begleitung ist wegen der Öffnung unserer Hochschulen für größere Bevölkerungsgruppen notwendiger denn je. Sie sollte speziell für Fachhochschulen mit ihrem indi-viduellen Förderungsanspruch eine zentrale Aufgabe werden.

Literatur

Rybach, J. (2008) Freihand-Experimente in der Physik-Vorlesung; in M. Lent, A. v. Richthofen (Hrsg.): Einblick in die Lehre anderer. Aa-chen: Shaker-Verlag Aachen. Seiten 33-38.

Prof. Dr. Johannes Rybach ist seit 1991 Professor für Angewandte Physik im Fachbereich Elektrotechnik und Informatik, und fast ebenso lange Mentor für die Studierenden der ersten Semester. 2004 erhielt er den Lehrpreis der Hochschule Niederrhein; 2007 veröffentlichte er das Lehrbuch "Physik für Bachelors" im Hanser Fachbuchverlag, das nun in der zweiten Auflage vorliegt. Seit 2009 lehrt er auch im Fachbereich Gesundheitswesen.

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Mentorenprogramm im Fachbereich Ma-schinenbau und Verfahrenstechnik. Aus-gangslage, Zielsetzung und Erfahrungen

Angelika Grahl und Rolf Schloms

Der Fachbereich - Leitbild und Fakten

Seit über 50 Jahren bildet der Fachbereich Maschinenbau und Verfahrens-technik Ingenieure aus und kooperiert mit Unternehmen der Region. Die Ausbildung in den zukunftsträchtigen Ingenieurberufen erfolgt dabei in grundständigen und kooperativen Bachelorstudiengängen des Maschinen-baus, der Mechatronik und der Verfahrenstechnik. Darüber hinaus werden konsekutiv zwei Masterstudiengänge angeboten: Produktentwicklung im Maschinenbau und Computer Aided Process Engineering.

Bachelor-StudiengangMaschinenbau

Grundständiger Studiengang6 Semester

Kooperativer Studiengang8 Semester

Konstruktion und Entwicklung

Produktions-technik

Bachelor-StudiengangMechatronik

Grundständiger Studiengang6 Semester

Kooperativer Studiengang8 Semester

Bachelor-StudiengangVerfahrenstechnik

Grundständiger Studiengang6 Semester

Kooperativer Studiengang8 Semester

Zugang auch von anderenHochschulen mit

Bachelorabschluss möglich

Master-StudiengangProduktentwicklung im Maschinenbau

PRIMA

4 Semester

Master-StudiengangComputer Aided Process Engineering

CAPE

4 Semester

Anwendungsorientierte Ingenieurausbildung ist das wichtigste Ziel, das wir in unserem Fachbereich verfolgen. Wir bilden gemäß unseres Mottos "Von Ingenieuren für Ingenieure" praxisnah, problembezogen und betreuungsin-

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tensiv aus und verstehen uns als Gemeinschaft von Lernenden, Lehrenden und Forschenden.

Die rund 1000 Studierenden an unserem Fachbereich werden von zurzeit 22 Professoren und Fachlehrern sowie 50 studentischen Tutoren ausgebildet und betreut. Darüber hinaus stehen die Türen der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter auch neben den vereinbarten Sprech-stunden für Fragen und Beratung offen. Ca. 50% der Absolventen beenden ihr Studium in der Regelstudienzeit, die allgemeine Absolventenquote liegt bei 50%. Eine Absolventenbefragung im Rahmen der Internen Evaluation ergab, dass ca. 90% mit ihrem Studium am Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik zufrieden waren und jederzeit wieder bei uns studieren würden. Zudem beurteilten sie den Übergang in die Arbeitswelt als problem-los.

Zielsetzung und Hypothese

Die Abbrecherquote vor allem in den ersten Semestern zu senken, ist eine der Aufgaben, zu denen der Fachbereich sich selbst verpflichtet hat. Die Studienabbrecher bilden die Gruppe, über die am wenigsten bekannt ist. Wir nehmen an, dass diese Gruppe nie in den Fachbereich integriert wurde (vermutlich nahmen diese auch nicht an den regelmäßig durchgeführten Evaluationen teil). Falsche Vorstellungen vom Ingenieurstudium in Bezug auf Präsenz, Arbeitsaufwand und Anforderungen sind lediglich zu vermuten-de Gründe, die zu einem Abbruch des Studiums führen. Die Evaluation der Erstsemester zeigt beispielsweise, dass 30% der Befragten bis zu zwölf Wochen benötigen, um sich zu orientieren.

Der Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik versteht das Mento-ring als Hilfestellung beim Überwinden der Schwelle von Schule zu Hoch-schule. Es ist damit deutlich von dem Mentoring beim Übergang von der Hochschule ins Berufsleben zu unterscheiden. Um Studieninteressierte besser aufzuklären und Erstsemestern die Integration in den Fachbereich zu erleichtern und die Hemmschwelle zwischen Studierenden und Professoren zu senken, sind bereits unterschiedliche Maßnahmen getroffen worden. Mit dem "HN-Navigator" ist beispielsweise eine Online-Studienberatung für Schüler und Studieninteressierte eingeführt worden. Den Erstsemestern hingegen soll ein Mentorenprogramm zur schnellen Orientierung dienen, wodurch sich der Fachbereich frühzeitige Kenntnis über potenzielle Abbre-cher erhofft.

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Maßnahmen der Studienberatung und -einführung im Überblick: - Online-Studienberatung ("HN-Navigator") - Tag der offenen Tür - Girls' Day - Schnupperstudium - Studienberatung vor Ort - Brückenkurse - Einführungswoche - Tutorien - Sprechstunden - Fachbereich der offenen Tür - Anpassmodul in den Bachelorstudiengängen (ab WS 2011/12) - FAQ auf der Website des Fachbereichs (ab 2011) - Mentorenprogramm (seit 2008)

Mentoring im Fachbereich

Erfahrungen

Erster Versuch (2008)

Im Jahr 2008 erfolgt der erste Versuch, ein Mentorenprogramm im Fachbe-reich einzuführen. Professoren, denen Studiengänge bzw. Semester zuge-ordnet werden, stehen als Mentoren zur Verfügung und erklären sich bereit, über fachliche und konkrete Problemstellungen hinaus Ansprechpartner für die Studierenden zu sein. Obwohl diese Einladung ohne hohe Hürden für die Studierenden formuliert worden ist, wird das Angebot nur von den Studie-renden gesucht, die auch bereits fachlichen Kontakt aufgenommen haben. Das erste Mentoring, das aus Gründen der Überlast des Fachbereichs mit geringem Aufwand versucht wurde umzusetzen, blieb ohne Ergebnis.

Zweiter Versuch (2009)

Im Folgejahr 2009 standen alle Professoren als Mentoren für die Erstsemes-ter zur Verfügung, wobei jedem Mentor ca. 15 -20 Mentees zugeordnet wur-den. Die Zuordnung wurde in Form von Listen in einem dafür eingerichteten Schaukasten auf dem Fachbereichsflur veröffentlicht. Im Lehrplan wurde ein verbindlicher Termin für ein erstes Treffen der Mentorengruppen festgelegt. Damit der Termin ohne zeitlichen Zusatzaufwand für die Studierenden wahr-genommen werden kann, lag dieser zwischen verpflichtenden Veranstaltun-gen (Praktika).

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Die Resonanz war wesentlich höher als im Vorjahr. Die gesuchte Zielgruppe blieb jedoch verschwindend klein: Bekannte Gesichter, die sich zum Teil schon selbst gruppiert haben, waren präsent. Ein Bedarf an Folgeterminen im Rahmen eines Mentorenprogramms wurde somit selten artikuliert.

Die Zukunft des Mentorenprogramms im Fachbereich

Die Zukunft des Mentorenprogramms im Fachbereich ist offen. Die Erfah-rungen aus den ersten Versuchen ziehen folgende Fragen nach sich:

Sollte die Betreuungsrelation verbessert werden? Im Rahmen des Hochschulpakts 2020 soll der Fachbereich weiter ausge-baut werden. Dadurch könnte das Betreuungsverhältnis zwischen Mentees und Mentor optimiert werden: Im Jahre 2011 könnte demnach das Verhältnis bei 10 / 1 liegen. Darüber hinaus könnten die Mentee-Gruppen zielgruppen-spezifisch zusammengestellt werden, so z.B. Gruppen bestehend aus aus-ländischen Studierenden, Frauen, Erstsemestern mit (Fach-)Hochschulreife oder solchen, die die Prüfung des Anpassmoduls nicht bestanden hätten.

Sollten Studierende höherer Fachsemester als Mentoren eingebunden werden? Ist die Hemmschwelle zwischen Professoren und Studierenden noch zu hoch, stellt sich die Frage, ob nicht Studierende höherer Fachsemester mit dem Mentoring zu beauftragen sind. Vorstellbar wäre hierbei auch, das En-gagement der studentischen Mentoren als Schlüsselqualifikation ECTS-wirksam zu definieren.

Sollte das Marketing verbessert werden? Die Studierenden vor allem der ersten Semester müssen für das Angebot eines Mentorenprogramms sensibilisiert werden. Wir sind der Auffassung, dass die Qualität des Mentorenprogramms hochschulweit gesichert sein muss, damit das Mentoring im studentischen Bewusstsein verankert werden kann. Ein hochschulweiter Informationsaustausch, im Rahmen dessen die Erfahrungen anderer genutzt werden, kann der Sache nur dienlich und stil-bildend für die Hochschule sein.

Fazit

Die Erfahrungen und Ergebnisse des Mentoring im Fachbereich Maschinen-bau und Verfahrenstechnik aus den letzten zwei Jahren zeigen, dass ein wirksames Mentorenprogramm auch in Zukunft nicht ohne Aufwand zu reali-

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sieren ist. Aus unserer Sicht ist ein einheitliches Mentorenprogramm (für Studienanfänger) ein wesentliches Merkmal des Selbstverständnisses unse-rer Hochschule: "Wir legen großen Wert auf einen persönlichen Umgang mit unseren Studierenden." Damit diesem Anspruch Rechnung getragen werden kann, bedarf es unserer Meinung nach einer klaren Zielsetzung, eines Leit-fadens, einer Mentorenschulung und einer Qualitätssicherung des Pro-gramms.

Prof. Dr. rer. nat. Rolf Schloms, seit 2006 Dekan des Fachbereichs Maschinenbau und Verfah-renstechnik und Angelika Grahl M.A., seit 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik, sind für Gestaltung und Organisation des Mentorenpro-gramms im Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik verantwortlich.

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Wer, wie, was, wo – Wirkungsvolle Wegweiser für die ersten Wochen des Studiums

Ludgera Bärtels

Die Einschulung, der 1. Schultag in der weiterführenden Schule, die Erstse-mester-Begrüßung zu Beginn eines Studiums. Viele Menschen können sich an diese Tage, wenigstens noch in Bruchstücken erinnern. Die Erinnerung an die eigene Erstsemestereröffnung ist dabei vermutlich von vielen unter-schiedlichen Eindrücken geprägt: Menschenmassen im riesengroßen Audi-max, ganz viele fremde Gesichter, die Suche nach den richtigen Räumen, wen fragt man? wo muss man hin? was ist wichtig? … Neben diesen Din-gen, die den Hochschulalltag betreffen, beginnt für viele Studierende auch ein neuer Lebensabschnitt, der für manch einen durch den Bezug der ersten eigenen Wohnung, auch eine Ablösung vom Elternhaus bedeutet. Auch von Seiten des Fachbereichs gibt es gleich zu Beginn des Studiums ebenfalls viele Anforderungen an die neuen Studierenden, denn das Studium mit Vorlesungen und Praktika soll nach der Einführungswoche reibungslos star-ten.

Diese Vielfalt an Anforderungen schließen sich zum Teil sogar wechselseitig aus:

Immer mehr neue Studierende müssen aufge-nommen werden …

… und eigentlich haben sie Alle ganz individuelle, für sie wichtige Fragen.

Viele Infos sollen möglichst schnell in alle Köpfe …

… aber irgendwann sind die "Speicher" voll.

Die Vorlesungen und vor allem die Pflichtprak-tika (testatpflichtig!) sollen möglichst in der 1. oder 2. Woche regulär und reibungslos starten …

… wie kriegt man das so organisiert, dass Alle das bis zur 1. oder 2. Woche "drin" haben?

Viele wichtige "harte" Infos (Räume, Stunden-pläne, Termine, usw….) müssen auf fruchtba-ren Boden fallen

… aber das ist ZUVIEL!

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Viele noch wichtigere "weiche" Infos (Studien-/Prüfungsordnung) sollten mitgeteilt werden …

… aber es ist den "Neuen" nicht plausibel, dass sie wichtig sind.

Was in den ersten Tagen in die richtigen Speicherschubladen gelangt, "belastet" danach nicht die Kapazitäten der Mitarbeiter und Lehrenden …

… aber wie stellt man das sicher?

Es gibt Sekretariate, Professoren, Mitarbeiter… Wie finden Studierende raus, wen sie fragen können?

Es gibt zuhauf Informationsmöglichkeiten (Broschüren, Flyer, Aushänge…), …

… aber wie weiß ein Erstsemester-Student, wo sie zu finden sind und was gerade wichtig ist?

Es hört sich ALLES schwer, wichtig, kompliziert an …

… aber eigentlich darf Studieren doch auch ein toller Lebensabschnitt sein, oder?

Bei den Einführungstagen sind also mindestens so was wie eine Infobox, ein Auskunftsbüro, Wegweiser, Versteher, offene Türen und freundliche Gesich-ter erforderlich. Aus den Erfahrungen der Semestereinführungen im Fachbe-reich stellt sich rückblickend heraus: Die Menschen, die „Gesichter“, die in den ersten Tagen, teilweise zufällig, weil z.B. eine Praktikumsplatzvergabe organisiert werden musste, präsent waren, werden als 1. Ansprechpartner – im wahrsten Sinne des Wortes – gesehen.

Die wichtigste Erkenntnis daraus ist, dass in den ersten Tagen dafür gesorgt werden muss, dass die Mitarbeiter, die Fachschaftsratmitglieder und Tuto-ren, die in den ersten Wochen Ansprechpartner sein sollen und alle wichti-gen Informationen parat haben, in der Einführungswoche immer wieder in Erscheinung treten müssen.

Einführungswoche – Grobplan

Nach Semestereröffnung im Audimax schließt sich am ersten Tag der Ein-führung eine offizielle Begrüßung der Erstsemester durch den Dekan und den Prodekan an. Hier wird die Verantwortung für die Einführungswoche auch durch die Mikrofon-Übergabe an die Erstsemester-Tutoren und Fach-schaftsratmitglieder offiziell übergeben.

Am zweiten Tag wird der Studienverlauf und die Prüfungsordnung durch den Prüfungsausschussvorsitzenden und seiner Vertretung, einer Mitarbeiterin aus dem Sekretariat sowie von Fachschaftsratsmitgliedern aus höheren Semestern vorgestellt.

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Der dritte Tag umfasst eine Campusführung durch die Erstsemestertutoren und Fachschaftsratmitgliedern, organisatorische Infos und Stundenplanung durch die Dekanatsassistentin, EDV-Infos von der verantwortlichen EDV-Mitarbeiterin sowie Fragen zu Betriebspraktika von der Betreuerin des Prak-tikum und des Praxissemesters.

In den ersten Wochen werden zudem Skripte verteilt sowie eine Studier-werkstatt angeboten, an der sich neben studentischen Hilfskräften auch Mitglieder des Fachschaftsrates beteiligen.

Auch auf Professoren-Ebene machbar…

Alle Studierenden des 1. Semesters werden den Professoren des Fachbe-reiches per Los zugeordnet (bei der Zulosung können gleich die Professoren mit Foto und Lehrgebiet präsentiert werden!) Dieser Professor soll im Verlauf des ersten Semesters als erster Ansprechpartner für Fragen, Probleme usw. fungieren. Im Rahmen des sogenannten Einführungsprojektes soll die Hoch-schulinfrastruktur näher kennengelernt werden. Dabei werden die Grundzü-ge des wissenschaftlichen Arbeitens im Rahmen eines selbst zu erstellen-den und zu präsentierenden Initialprojektes aus dem Lehrgebiet des zuge-wiesenen Professors erlernt werden. Dies schließt eine Bibliotheksführung mit ein. Ein schöner Nebeneffekt sind die Aha-Effekte bei Professoren, die sonst die Studierenden im 1. Semester nur als große Menschenmasse erle-ben. So haben sie die Möglichkeit, im kleinen Kreis einer Projektgruppe, diese Studierenden näher kennenzulernen, ihre Studienwahl und -motivation zu verstehen und auch von den vielen kleinen Problemen zu hören, die sonst an ihnen vorbeigehen.

Aber da gibt’s dann doch noch ein großes Problem dabei:

Die „Gesichter“, die in den ersten Tagen vermehrt im Einsatz sind, werden in den ersten Tagen und Wochen auch wegen kleinster Kleinigkeiten (subjektiv vom Mitarbeiter aus gesehen) angesprochen, obwohl auch etliche andere Personen diese Fragen beantworten könnten. Die Betreffenden kommen oft in den ersten Wochen und Monaten des neuen Semesters zu gar nichts Anderem. Aber aus diesem Grund die Tür zu verschließen kommt nicht in Frage. Zur Lösung dieser Situation hilft oft ein "Trick": Studentische Hilfskraft bzw. Tutoren werden ausgewählt, die auch an anderen Stellen im Fachbe-reich aktiv sind: Fachtutoren, Fachschaftsratsmitglieder und studentische Hilfskräfte müssen hierzu in den ersten Tagen und Wochen des Semesters immer in der Nähe der "gefragtesten" Ansprechpartner eingesetzt werden

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Zum Beispiel auch direkt im Dienstzimmer. So können mehr als 90% aller anfallenden Fragen, Probleme und Unklarheiten schon im Vorfeld geklärt werden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs werden stark entlastet.

Ludgera Bärtels ist Diplom-Oecotrophologin, und seit 1989, dem Ende ihres Studiums an der Hochschule Niederrhein, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Oecotrophologie, zunächst im Bereich EDV, Mathematik/Statistik beschäftigt. Seit 2002 ist sie zusätzlich als Deka-natsassistentin aktiv, und u.a. für Organisatorisches, Studienberatung, Einführungsveranstaltun-gen usw. verantwortlich.

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Studentisches Mentoring durch Studienpaten

Dagmar Ackermann

Der Beginn eines Studiums stellt sowohl die Studierenden als auch die Leh-renden vor erhebliche Herausforderungen. Die Lehrenden sehen sich einer großen Zahl sehr unterschiedlicher Studienanfänger gegenüber. Sie unter-scheiden sich nicht nur durch die mitgebrachten Vorkenntnisse, sondern auch durch Alter, familiäre Situation, finanziellem Hintergrund und nicht zuletzt durch ihre kulturellen Wurzeln. Allen Studienanfängern ist aber eines gemeinsam: sie wollen in einer definierten Zeit ein Studium erfolgreich ab-solvieren. Zur Erreichung dieses Ziels ist es erforderlich, zahlreiche Hürden zu nehmen, die besonders zu Beginn eines Studiums sehr hoch zu sein scheinen. Somit stellt sich für die Hochschule und die Lehrenden die Frage, - um welche Hürden es sich handelt, - welche Unterstützung zur Überwindung der Hürden gegeben und - wie die Unterstützung gestaltet werden kann.

In den Fachbereichen Wirtschaftsingenieurwesen und Gesundheitswesen der Hochschule Niederrhein sind ausgehend von internen Evaluationen folgende Hürden für Studienanfänger identifiziert worden: - Entfernung von Lernsituationen: ein Drittel der Studienanfänger des

Wirtschaftsingenieurwesens und zwei Drittel im Gesundheitswesen haben vor Studienbeginn eine Ausbildung absolviert und z.T. auch schon längere Zeit in dem erlernten Beruf gearbeitet.

- Neue unbekannte Lernsituation: im Durchschnitt fühlen sich die Studienanfänger schlecht über Studium und Studiengang informiert und schätzen auch ihre Lerntechniken als mittelmäßig ein.

- Unsicherheit bezüglich der eigenen Vorkenntnisse: Studienanfänger bezeichnen nur ihre Vorkenntnisse in Deutsch als gut, alle anderen Vorkenntnisse werden höchstens mittelmäßig bis gut eingeschätzt.

- Verpflichtungen außerhalb des angestrebten Studiums: ca. 25% der Studierenden des Wirtschaftsingenieurwesens und mehr als 40% im Gesundheitswesen geben an, berufliche Verpflichtungen neben dem Studium zu haben, private Verpflichtungen haben ca. 30%.

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Um eine Unterstützung zur Überwindung der drei zuerst genannten Hürden zu leisten, ist in den Fachbereichen aufbauend auf den Ansätzen des Lern-coachings das Programm „Studentisches Mentoring durch Studienpaten“ ins Leben gerufen worden. Ziel des Programms ist es,

1. die Studienanfänger dahingehend zu unterstützen, dass sie Studieren als einen Vorgang zu begreifen, den man erlernen kann und

2. die Bildung von Lernteams zu fördern, indem ein Rahmen für solche Teams gegeben wird.

Zur Grundidee des Programms gehört die Einbindung von Studierenden höherer Semester als Mentoren. Ihre Nähe zu Fachbereich und Studiengang ist evident, sie kennen die studentischen Sorgen und Probleme aus eigener Anschauung und können aus studentischer Perspektive Hilfestellung geben. Somit erfüllen sie alle Eigenschaften, die von einem Mentor erwartet werden.

Das Programm selbst setzt sich aus drei Komponenten zusammen:

1. Einführungswoche Es beginnt in der Einführungswoche zu Beginn des Wintersemesters mit der Vorstellung der Studienpaten direkt im Anschluss an die offizielle Begrüßung der Studienanfänger im Fachbereich durch den Dekan. Der Tag wird ge-nutzt, um nach einem Zufallsverfahren jedem Studienpaten eine Gruppe von ca. 10 Studienanfängern zuzuordnen. Diese machen sich bekannt und laden ihren Gruppe zum Kennenlernen, zu einem ersten Rundgang über den Campus und zum Fachbereichsgebäude ein. Im Verlauf der Woche gestal-ten die Studienpaten verschiedene Termine. Dazu gehören die Verteilung der Erstsemesterinformationen der Hochschule und die Erstsemesterskripte, welche in einem speziellen Ordner mit FB-Logo zusammengefasst sind, gesellige Treffen wie eine Stadtralley und eine Studierwerkstatt. Die Stu-dierwerkstatt ist eine seminaristische Veranstaltung von ca. 2,5 Stunden Dauer, in der nach einem vom hochschuleigenen Zentrum für integrative Kompetenzen (ZIK) vorgegebenen Curriculum Themen wie - Grundlagen des Zeitmanagements, - die persönliche Leistungskurve, - optimale Arbeitsplatzgestaltung, - Mitschriften anlegen, - Lesetechniken – Grundregeln, - alleine oder in der Gruppe lernen,

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erarbeitet werden. Abgerundet wird dieser Teil durch ein gemeinsames ge-selliges Treffen am Ende der Einführungswoche. Darüber hinaus finden in der Einführungswoche noch weitere Veranstaltungen zu fachlich-inhaltlichen und organisatorischen Themen statt, die von Professoren und wissenschaft-lichen Mitarbeitern angeboten werden.

2. Gruppentreffen Die Studienpaten betreuen „ihren“ Studienanfänger während des gesamten Verlaufs des 1. Fachsemesters. Die Betreuung richtet sich weitgehend nach den Bedürfnissen der Gruppe. Sie besteht in der Regel aus Gruppentreffen in denen Lerngruppen initiiert und unterstützt werden, studienorganisatori-sche Fragen geklärt oder auch nur aktuelle Fragen besprochen werden. Die Betreuung kann auch eine individuelle Beratung beinhalten, wenn einzelne Studierende eine Einzelberatung aus persönlichen Gründen vorziehen. In der Regel wird die Betreuung Face to Face angeboten, doch auch der Ein-satz eines Internet gestützten Austausches ist möglich. Angestrebt wird ein regelmäßiger Kontakt im Semesterverlauf, der insbesondere im Falle von individuellen Beratungen fallweise ergänzt wird. Die Treffen werden dabei fallweise vereinbart oder in einem regelmäßigen Turnus organisiert, je nach den Wünschen der Gruppe. Die Häufigkeit der Kontakte ist sehr gruppen-spezifisch und variabel. Sie reicht von wöchentlichen Kontakten bis zu Tref-fen ein Mal im Monat.

3. eine weitere Studierwerkstatt im November In der zweiten Novemberhälfte wird eine zweite Studierwerkstatt angeboten. Darin werden Themen behandelt wie: - Konzentration und Motivation, - gehirngerechtes Lernen, - Lerntypen, - Prüfungsvorbereitung erfolgreich managen, - Umgang mit Prüfungsangst, - Prüfungsanmeldung, - ausgewählte Fragen der Prüfungsordnung, - schriftliche Prüfungen.

Der Termin ist bewusst gewählt, um einerseits die ersten Studienerfahrun-gen mit den Studienanfängern zu reflektieren und um andererseits rechtzei-tig vor den Anmeldungen zu den Prüfungen am Semesterende Fragen rund um das Prüfungsgeschehen klären zu können.

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Keine der drei beschriebenen Komponenten ist bisher als fester Bestandteil im Curriculum verankert worden.

Nach inzwischen 4 Studienanfängerjahrgängen, die von Studienpaten be-gleitet wurden, können folgende Erkenntnisse über das Programm benannt werden: - In der Einführungswoche nehmen ca. 90% der Studienanfänger das

Angebot wahr., - davon nutzen ungefähr die Hälfte die laufenden Angebote der

Studienpaten während des ersten Semesters, - an der zweiten Studierwerkstatt beteiligen sich im Studiengang des

Fachbereichs Gesundheitswesen wiederum fast alle Studienanfänger, im Studiengang des Fachbereichs Wirtschaftsingenieurwesen nur ungefähr die Hälfte,

- die regelmäßige Beteiligung an den laufenden Angeboten der Studien-paten sinkt im Semesterverlauf und steigt kurz vor der Prüfungsphase wieder an. Häufig wird der Nutzen des Angebots erst in der konkreten Klausurvorbereitung für die Studienanfänger erkennbar,

- die Studienanfänger schätzen die Studienpaten als erste Anlaufstelle für Fragen bezüglich der Studienorganisation und des Studienablaufs sehr, da die Hürde zu ihnen deutlich niedriger empfunden wird als zu wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allen Dingen zu Professorinnen und Professoren,

- die Studienpaten erkennen die Bedeutung von Softskills und erleben ihre Aufgabe als Erweiterung ihrer eigenen Kompetenzen,

- für die Professoren bedeutet das Programm eine Entlastung von Beratungsaufgaben. Wünschenswert ist, dass alle ausreichende Informationen über die Inhalte der Studierwerkstätten haben.

Valide Aussage über die Wirkung auf Studienabbrecherquoten und Studien-erfolg gemessen an erworbenen Kreditpunkten können auf Grund der vorlie-genden Statistiken nicht getroffen werden. Die Zahl der Einflussgrößen ist so vielfältig, dass eine monokausale Beziehung nicht hergestellt werden kann. Jedoch zeigen punktuelle Befragungen eine durchweg positive Bewertung des Studienpatenprogramms. Darüber hinaus finden sich auch immer genü-gend Studierende, die ihre eigenen Erfahrungen aus dem Anfangssemester als Studienpaten für die nächsten Studienanfänger weitergeben.

Hinsichtlich der Weiterentwicklung des Programms sind noch folgende As-pekte zu bedenken: - Mit Blick auf die Erwartungen an Studienerfolg und Studierqualität

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erscheint es bedenkenswert, das Programm inhaltlich auch im Curriculum zu verankern,

- die Qualität der Mentoren ist elementarer Erfolgsfaktor für das Programm. Auswahl, Schulung und Anerkennung durch ein entsprechendes Zertifikat sowie eine anerkennende Vergütung sind Maßnahmen, die gezielt eingesetzt werden können, um entsprechend motivierte Studienpaten zu gewinnen,

- die Studienpaten brauchen ihrerseits einen festen Ansprechpartner, der bei schwierigeren Situationen unterstützend wirkt. Diese Aufgabe kann von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin oder einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und/oder einer Professorin oder einem Professor wahrgenommen werden. Damit wird auch sichergestellt, dass das Programm eine ständige Anbindung an das Lehrgeschehen hat.

Bedenkt man, dass 2013 ein doppelter Abiturjahrgang auf die Hochschule zukommt, erscheint es sinnvoll, studentisches Mentoring durch Studienpaten auch zukünftig anzubieten und zu stärken.

Prof. Dr. Dagmar Ackermann ist Professorin für Ökonomie und spezielle Betriebswirtschaftslehre im Gesundheitswesen an der Hochschule Niederrhein. Ihre Forschungstätigkeiten beziehen sich auf Existenzgründung und –sicherung. Sie umfassen Erfolgsfaktoren für freie Berufe im Gesund-heitswesen, Qualitätsmanagement in der ambulanten Versorgung, Krankenhauserfolgsfaktoren, Kooperationen im Gesundheitswesen, Integrierte Versorgung, Beratung niedergelassener Ärzte.

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Tutoring an der Hochschule Niederrhein - Ergänzende Komponente

Heike Kröpke

„Wenn Bergsteiger die Gipfel des Himalajas

erklimmen, sind Sherpas mindestens genau

so wichtig wie der Sauerstoff. Auch wer in

der Lehre zu Spitzenqualität aufsteigen will,

kann auf Helfer nicht verzichten.“

(Schuler 2004)

Das Tutorenprogramm ist ein fachbereichsübergreifendes Qualifizierungs-programm für Tutorinnen und Tutoren der Hochschule Niederrhein mit dem Ziel, diese hochschuldidaktisch auf ihre jeweils unterschiedlichen Aufgaben in den Fachbereichen vorzubereiten. Damit werden insbesondere Schlüssel-kompetenzen sowohl für die Vorbereitung, Durchführung und Reflexion der Tutorien, als auch allgemein für das Studium und den Beruf entwickelt. Tuto-ren als wichtige Stützen für das Lehren und Lernen an Hochschulen erleich-tern mit ihren Orientierungsangeboten für die Erstsemester nicht nur den Studieneinstieg, sondern mit ihren Fachtutorien auch den weiteren Studien-verlauf. Damit wird Studienqualität noch zusätzlich optimiert, kürzere Stu-dienzeiten ermöglicht und einer hohen Abbrecherquote entgegengewirkt.

Während die Tutoren den Studierenden Hilfestellung geben, ist ihr eigener Einstieg in die Lehre für sie selbst eher oftmals der Sprung in das kalte Wasser (vgl. Knauf 2005, S. A). Hohe Qualitätsstandards werden sowohl auf fachlicher als auch auf methodisch-didaktischer Seite vorausgesetzt. In der Regel jedoch ohne sie entsprechend auf ihren Einsatz vorzubereiten.

Um die Tutoren pädagogisch, methodisch und didaktisch zu schulen und sie für ihre Lehrtätigkeit überfachlich zu qualifizieren, gibt es an der Hochschule Niederrhein spezielle Schulungsangebote. Diese können wahlweise oder auch in komplexer Form besucht werden um das „Zertifikat für Tutorinnen und Tutoren“ zu erwerben. Das Ziel ist, die Tutoren mit den notwendigen

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Werkzeugen auszustatten, damit sie ihre Tutorien im Sinne einer Qualität der Lehre souverän und professionell durchführen können.

Waren es ursprünglich punktuelle Tutorenschulungen, ist das Tutorenpro-gramm mittlerweile ein fester Bestandteil im Angebot des „Zentrums für Integrative Kompetenzen“ der Hochschule Niederrhein. Eine eigene Home-page, Plakate, aber vor allem eine gute Mund-zu-Mund-Propaganda führen dazu, dass Tutoren aus allen Fachbereichen das Angebot wahrnehmen. Neben diesen fest ausgeschriebenen Seminarangeboten gibt es auf Anfrage auch spezielle, fachbereichsinterne Schulungen sowie Sprechstunden für Tutoren.

Die Tutorenschulungen werden regelmäßig evaluiert und lassen sich somit an die Bedarfe von Tutoren und Studierenden anpassen. So wird auch deut-lich, dass 94,7% aller befragten Tutoren im Tutorenprogramm die Veranstal-tungen des Tutorenprogramms weiter empfehlen würden (vgl. Koordinie-rungsstelle für Evaluation 2009). Mit diesem Schulungskonzept wird das Rad der Tutorenqualifizierung nicht neu erfunden, werden doch seit Jahren an vielen anderen Hochschulen erfolgreich Seminare für diese Zielgruppe durchgeführt, was eingehende Recherchen und ein regelmäßiger Austausch im „Netzwerk Tutorienarbeit an Hochschulen“ belegen.

Die Tutoren an der Hochschule Niederrhein

Das Tutorenprogramm als ein Qualifizierungsprogramm richtet sich an fol-gende Tutoren:

Erstsemester- und Globus-Tutoren

Erstsemestertutoren sind Studierende aus höheren Semestern, die die Ein-führungswoche maßgeblich in ihren Fachbereichen mitgestalten und durch-führen. Sie vereinfachen den Studienanfängern die Orientierung und die soziale Einbindung am Hochschulort, an der Hochschule und im Fachbe-reich. Sie klären über die Organisation und Organe der Hochschule sowie deren Infrastruktur auf. In einigen Fachbereichen begleiten sie die Studien-anfänger sogar als sogenannte „Vertrauenstutoren“ bzw. „Studienpaten“ während des gesamten ersten Semesters mit gezielten Angeboten.

Tutoren im Projekt „Globus“ sind fachbereichsübergreifend aktiv und regeln die Angelegenheiten der ausländischen Studierenden bei der Ankunft in Deutschland. Sie führen die so genannten „Welcome Tage“ durch, bleiben

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aber auch semesterbegleitend Ansprechpartner in zahlreichen Beratungsge-sprächen und bei verschiedenen Freizeitaktivitäten.

Fachtutoren

Fachtutoren bieten regelmäßig während des Semesters vorlesungsbeglei-tend Tutorien an, um fachliche Studieninhalte bzw. Wissensstoff aufzuberei-ten, zu ergänzen, zu vertiefen und zu üben (vgl. Kröpke 2008, S. 17)

Tutoren der „Studierwerkstatt“

Tutoren der „Studierwerkstatt“ bieten den Studienanfängern mit den Work-shops „Fit durch´s Studium“ sowie „Optimale Prüfungsvorbereitung“ eine Hilfestellung für deren Studieneinstieg, motivieren und erhöhen damit die Studienzufriedenheit.

metacoon Tutoren

Diese Tutoren bieten Workshops und Sprechstunden an, um Studierenden die Lernplattform metacoon anschaulich zu erklären.

Qualifizierung der Tutoren

In jedem Semester wird gewährleistet, dass die auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnittenen Tutorenschulungen angeboten werden. So werden die Erstsemester- und Globustutoren im Hinblick auf die Gestaltung einer erfolgreichen Einführungswoche geschult; Fachtutoren erhalten u.a. wertvolle methodisch-didaktische Tipps hinsichtlich einer Makro- und Mikro-planung für die Gestaltung ihrer Fachtutorien. Tutoren der „Studierwerkstatt“ werden auf die Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken vorbereitet. Zum anderen gibt es aber auch Seminare, die gleichermaßen für alle wichtig sind, so z.B. „Gruppenprozesse erkennen und steuern“ sowie „Vortragstechnik und Präsentation“ incl. eines Video-Feed-Backs.

Alle Seminare bestehen zum einen aus einem Theorieanteil und zum ande-ren aus praktischen Übungen, Simulationen und Gesprächsrunden. In einer stark teilnehmerorientierten Lernatmosphäre sollen die Inhalte interaktiv erarbeitet, erlebt und vor allem auf das eigene Tutorium transferiert werden. Gleichzeitig bieten die Seminare immer Raum für einen interdisziplinären Erfahrungsaustausch und sie zeigen, dass Lernen auch Spaß machen kann (vgl. Kröpke 2008, S. 221 f.).

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Die Tutoren werden per „Learning by Doing“ mit wesentlichen Techniken dieser teilnehmerorientierten Didaktik vertraut gemacht. Das Reflektieren auf einer Metaebene macht es möglich, die Seminarinhalte konkret auf das eigene Tutorium zu beziehen.

Die Tutoren haben eine Mittlerrolle zwischen Studierenden und Dozenten inne und werden damit „Lehrer auf Zeit“ (vgl. Tutorenhandbuch 2007, S. 5). Die Seminare bieten ihnen eine konkrete Hilfestellung bei der Bewältigung ihrer lehrenden Tätigkeit und gewährleisten bzw. optimieren somit den Erfolg der Tutorien. Tutoren sind keine reinen Informationsvermittler, sie beziehen ihre Studierenden aktiv in das Lerngeschehen ein. Das setzt allerdings vor-aus, dass sie sich neben ihrem Fachwissen über ihre Rolle sowie über die Ziele und Aufgaben ihrer Tätigkeit genauso bewusst werden müssen wie über das notwendige Know-how zur Leitung einer Gruppe. Basiswissen in Vortrags-, Präsentations- und Gesprächstechniken sowie der Gruppenlei-tung sind dabei unerlässlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Studierenden produktiv in einem kooperativen Arbeitsklima lernen können.

„Aufgrund der langen positiven Erfahrungen werden mittlerweile die Absol-venten (zertifizierte Tutoren, Anm. der Verf.) als Trainerinnen und Trainer bei der Vermittlung von Inhalten während der Schulungsmaßnahmen beteiligt (train the tutors).“ (Kröpke & Szyrba 2006, S.4)

Nur nach vorheriger Anmeldung ist die Teilnahme an den Schulungen mög-lich. Je nach Thema finden die Veranstaltungen ein- bzw. mehrtägig statt. Nach Abschluss der Seminare erhalten die Teilnehmer dann entweder eine Teilnahmebescheinigung oder das „Zertifikat für Tutorinnen und Tutoren“. Alle Seminarinhalte werden darin detailliert aufgelistet.

Das „Zertifikat für Tutorinnen und Tutoren“ im Überblick:

Für den Erwerb des Zertifikates müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. 1. der Besuch von drei Seminaren je nach Zielgruppe 2. die Hospitation - strukturierte Beobachtung in einem Tutorium

incl. Feed –Back-Gespräch 3. das Abschlussgespräch - Reflexion der eigenen Lehrtätigkeit

Innerhalb von zwei Semestern müssen diese Voraussetzungen erfüllt wer-den. Die Zertifizierung bietet den Tutoren zum einen eine gute Qualifizierung für ihre Lehrtätigkeit; zum anderen können sie durch die in den Schulungen

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vermittelten Schlüsselqualifikation ihre sozialen, methodischen und persönli-chen Kompetenzen ausbauen, die im späteren Berufsleben Anerkennung finden. Darüber hinaus ist das Zertifikat eine Zusatzqualifikation im Hinblick auf spätere Bewerbungen.

III

Reflexion Abschlussgespräch

II

Hospitation Strukturierte Beobachtung in einem Tutorium

Vortragstechnik und Präsentation

Gruppenprozesse erkennen und steuern

Gestaltung der Einführungstage

Studierwerkstatt I

„Fit durch’s Studium“ Methodik und Didaktik

Studierwerkstatt II

„Optimale Prüfungsvorbereitung“

I

Seminare

FachtutorInnen Erstsemester- und GLOBUS-

TutorInnen

Tabelle 1: Das „Zertifikat für Tutorinnen und Tutoren“ im Überblick:

Anerkennung

Um die qualifizierte Arbeit der „Hilfsdozenten“ zu würdigen, lädt der Vizeprä-sident für Lehre und Studium regelmäßig alle Tutoren der Hochschule Nie-derrhein zu einem Neujahrsempfang ein. Hier stehen nicht nur der Dank an die engagierten Mitgestalter der Lehre im Mittelpunkt, sondern auch der gemeinsame Austausch sowie das Entwickeln innovativer Ideen. In Zukunft wird es zudem einen neu ins Leben gerufenen „Tutorenpreis für Tutorinnen und Tutoren“ geben, mit dem die Leistung und das Engagement der Tutoren noch einmal besonders gewürdigt werden soll.

Tutorinnen und Tutoren sind an der Hochschule Niederrhein eine wichtige Stütze im Rahmen der Lehre, von daher ist die Qualifizierung durch Schu-lungsangebote sowie eine Zertifizierung nachhaltig sicher gestellt. Im Kon-text der Verbesserung von Studienbedingungen werden auf die Tutoren zukünftig allgemein, aber insbesondere auch an der Hochschule Nieder-

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rhein, noch weitere wichtige Aufgaben im Kerngeschäft der Lehre zukom-men.

Literatur:

Knauf, H. (2005): Tutorenhandbuch, Einführung in die Tutorenarbeit. Biele-feld.

Koordinierungsstelle für Evaluation der Hochschule Niederrhein (Hrsg.) (2009): Auswertung der Fragebögen „Tutorenschulung 2008-2009“, Mönchengladbach.

Kröpke, H. (2008): Das Tutorenprogramm an der Hochschule Niederrhein. In: Brinker, Tobina/ Müller,Eckehard (Hrsg.): Wer, wo, wie und wie viele Schlüsselkompetenzen? Wege und Erfahrungen aus der Pra-xis an Hochschulen, Recklinghausen, S. 219-226.

Kröpke, H. (2008): Tutorinnen und Tutoren – Stützen der Hochschullehre. In: Journal Hochschuldidaktik, 19. Jg. Nr. 2, Dortmund; S. 17-19.

Kröpke, H.; Szczyrba, B. (2006): Wer stützt den Sherpa? Tutorenweiterbil-dung als Investition in Qualität der Lehre. In: Behrendt, Brigitte; Voss, Hans-Peter; Wildt, Johannes (Hrsg.): Neues Handbuch der Hochschullehre, Berlin 2006, F 6.5.

Schuler, K. (2004): Sherpas für die Lehre. In: duz Magazin 12 /2004, S. 31.

Zentrale Studienberatung der TU Dresden (Hrsg.) (2007): Tutorenhandbuch, Dresden.

Dipl.-Päd. Heike Kröpke ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Integrative Kompeten-zen, Ressort Vizepräsident für Lehre und Studium der Hochschule Niederrhein. Ihre Tätigkeitsfel-der sind der Erwerb von Schlüsselqualifikationen und die Tutorenqualifizierung. Zudem ist sie Netzwerksprecherin im "Netzwerk Tutorienarbeit an Hochschulen".

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Richtungsweisend, Zielführend, Motivierend – das fachbereichs- übergreifende Mentoring-Programm der Hochschule Niederrhein

Nina Maria Wachendorf

„Jetzo erhob sich Mentor, ein alter Freund des tadellosen Odysseus, dem er, von Ithaka schiffend, des Hauses Sorge

vertrauet, dass er (nämlich Odysseus Sohn Telémachos) dem Greise gehorcht und alles in Ordnung hielte.“

2. Gesang der Ilias von Homer

Einen jungen Menschen als Mentor zu fördern und zu unterstützen ist be-kannt wie der Name selbst. Das Prinzip dahinter wird jedoch seit den achtzi-ger Jahren für die berufliche Förderung und Entwicklung junger Menschen neu entdeckt und genutzt (Junk 2004, S.9ff). An der Hochschule Niederrhein wurde Mitte dieses Jahres eine Stelle geschaffen, die mit der Konzep-tionierung und Durchführung eines Mentoring-Programms beauftragt ist. Entwickelt wurde ein fachbereichsübergreifendes, externes Mentoring-Programm, das in der Pilotphase an das NRW-Stipendium gekoppelt ist und den Stipendiaten einen tiefergehenden Kontakt mit den fördernden Unter-nehmen ermöglicht.

Im Folgenden wird zunächst ein allgemeiner Überblick über das Mentoring-System gegeben bevor, in einem zweiten Schritt, das Mentoring-Programm der Hochschule Niederrhein vorgestellt wird.

Das Mentoring-System

Mentoring ist ein bewährtes Instrument der Personalentwicklung zur Förde-rung von Nachwuchskräften. Eine erfahrene Person – Mentor – begleitet einen Studierenden – Mentee – und gibt in individuellen, regelmäßigen Tref-fen wertvolle Tipps zur Karriere- und Lebensplanung. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung der Persönlichkeit und der beruflichen Kompetenzen.

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Die Idee des Mentorings stammt, wie das Zitat zeigt, aus der Antike und hat sich heute in zahlreichen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens etabliert. Der Begriff Mentor ist bis heute ein Synonym für einen väterlichen Freund und Berater. Die unterschiedlichen Förderbeziehungen reichen dabei von informellen Förderbeziehungen, wie die zwischen Mentor und Telémachos, bis hin zu ausgefeilten Programmen in Unternehmen und Hochschulen. In der heutigen Wissensgesellschaft ist Mentoring ein Instrument des Wis-sensmanagements, die eigenen Erfahrungen und Lebensweisheiten an die nachfolgende Generation weiterzugeben und so neben der individuellen Persönlichkeitsentwicklung Erkenntnisse und Wissen zu bewahren. (Haasen 2001, S.5ff)

Zusammenfassend lässt sich Mentoring somit als einen beruflichen und persönlichen Austausch zwischen zwei Menschen charakterisieren, der auf gegenseitigem Wohlwollen und Respekt basiert.

Mentoring ist jedoch nicht mehr nur auf die klassische Mentor und Mentee-Beziehung beschränkt. In der Literatur finden sich viele verschiedene For-men des Mentorings.

Formen des Mentoring

Bei den Mentoring-Programmen unterscheidet man zwischen internem und externem Mentoring sowie zwischen einem One-to-One Mentoring (auch Tadem genannt) und einem Group-Mentoring. (Forum Mentoring 2010, S.3) Alle Mentoring-Programme sind formell, da der Mentoring-Prozess durch Dritte (Fachbereiche, Hochschule, Personalabteilungen) organisiert ist und festgelegten Auswahlkriterien und Rahmenbedingungen folgt. Neben den formellen Programmen findet man auch immer wieder informelle Formen von Mentoring, die dann entstehen, wenn sich zwischen einem jüngeren und einem älteren Studierenden oder Lehrenden eine längerfristige Förderbezie-hung, aus einer Frage oder einem Rat heraus, entwickelt. Im Gegensatz zu den Mentoring-Programmen sind die informellen Mentoring-Beziehungen an keine Regeln und Rahmenbedingungen gebunden.

Beim internen Mentoring kommen Mentoren und Mentees aus derselben Institution. Nachteilig dabei ist, im Gegensatz zum externen Mentoring, bei dem Mentoren und Mentees aus verschiedenen Organisationen kommen, dass zwischen Mentor und Mentee ein Abhängigkeitsverhältnis (Seminare, Praktika, Prüfungen, etc.) bestehen kann, welches eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, die die Grundlage eines jeden Mentoring-Prozesses dar-

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stellt, erschwert. Das interne Mentoring ist dem externen jedoch immer dann zu bevorzugen, wenn es darum geht Erfahrungswissen über die Institutions-kultur weiter zu tragen.

Im Gegensatz dazu steht beim externen Mentoring der Einblick in andere Institutionen und eine Veränderung der Sichtweise auf Probleme und das eigene Verhalten im Mittelpunkt, wodurch neue Ideen und Impulse in die Institution zurückfließen können. Dadurch, dass die Gefahr eines Unterstel-lungsverhältnisses zwischen Mentor und Mentee beim externen Mentoring in der Regel nicht gegeben ist, kann leichter ein vertrauensvolles Verhältnis erreicht werden, in dem Probleme und Fragen kritisch diskutiert werden können. (Niemeier 2009, S.10ff)

Während in den Fachbereichen in der Regel ein internes (Studierende oder Dozenten als Mentoren) Mentoring vorherrscht, kommen die Mentoren beim fachbereichsübergreifenden Mentoring aus der regionalen Industrie und aus Unternehmen (externes Mentoring).

In der Personalentwicklung wird unter Mentoring in der Regel eine One-to-One-Beziehung zwischen Mentor und Mentee verstanden, die durch regel-mäßige Gespräche über einen längeren Zeitraum geprägt ist. Ziel in dieser Form des Mentoring ist die Entwicklung und Förderung der Persönlichkeit sowie der fachlichen und überfachlichen Fähigkeiten des Mentees (Gülpen 2004, S.98f). Immer häufiger finden sich jedoch auch sogenannte Group-Mentoring-Programme, bei dem mehrere Mentees mit einem Mentor zu-sammenarbeiten. Dies hat die Vorteile, dass eine größere Anzahl von Stu-dierenden von dem Wissen und der Erfahrung eines Mentors profitieren kann und sich durch die Interaktion der Gruppenmitglieder verstärkte syner-getische Effekte ergeben. (Freedman 2009, S.177) Nachteilig ist jedoch, dass die individuelle Persönlichkeitsentwicklung und Förderung beim Group-Mentoring nicht so ausgeprägt stattfindet wie in einer One-to-one-Beziehung.

An den Fachbereichen der Hochschule Niederrhein lassen sich die ver-schiedensten Mentoring-Formen finden. Die gewählte Form ist dabei abhän-gig vom Ziel, das erreicht werden soll. Im Folgenden wird das fachbereichs-übergreifende Mentoring-Progamm der Hochschule Niederrhein genauer vorgestellt.

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Fachbereichsübergreifendes Mentoring an der Hoch-schule Niederrhein

Das fachbereichsübergreifende Mentoring-Programm der Hochschule Nie-derrhein ist ein externes Mentoring-Programm mit Mentoren aus Industrie und Unternehmen. Das Pilotprojekt startet im Januar 2011 und ist an die NRW-Stipendien gekoppelt. Programmende ist im Dezember 2011.

Ziel ist es, die Studierenden durch eine individuelle Förderung und eine frühzeitige Berufsorientierung optimal im Übergang zwischen Studium und Beruf zu unterstützen. Dies wird durch eine Verbindung von Tandem, Trai-ning und Networking erreicht. Das Programm ist wie folgt aufgebaut:

Mentoring

Tandem

One-to-One

Training

SelbstmarketingZeitmanagement

TeamarbeitBewerbungsrainingWork-Life-Balance

Networking

Netzwerktreffen

Fachbereiche

Ein Studierender wird jeweils einem fachlich passenden Mentor zugeordnet (Tandem), mit dem er in einen regelmäßigen, intensiven, fachlichen und persönlichen Austausch tritt. Die Gestaltung des Austauschs kann von den Tandems selbst bestimmt werden. Er kann entweder durch persönliche Treffen, regelmäßigen E-Mail-Kontakt oder Telefonate erfolgen.

Die Arbeit in den Tandems ist vertraulich, respektvoll und wechselseitig und wird durch eine Vereinbarung zwischen Mentor und Mentee abgesichert. Ziel der Tandemarbeit ist die Weiterentwicklung der Mentees auf beruflicher,

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fachlicher und persönlicher Ebene. Dieses Ziel wird zusätzlich durch ein breites Weiterbildungsangebot zum Thema Schlüsselqualifikationen (Trai-ning) sowie durch regelmäßige Netzwerktreffen, Diskussionsabende und Business Talks (Networking) unterstützt. Um die Kommunikation der Tan-dempaare untereinander und miteinander zu vereinfachen, wird auf der Lernplattform Metacoon ein Mentoringraum eingerichtet.

Langfristig ist geplant, dass sich Studierende aller Fachbereiche ab dem dritten Bachelor-Semester sowie alle Masterstudierenden für einen Platz im Mentoring-Programm bewerben können. In der Pilotphase stehen jedoch insgesamt erst 30 Plätze zur Verfügung. Die Verteilung der Plätze pro Fach-bereich ist dabei an die Anzahl der Stipendien pro Fachbereich gekoppelt.

Die Studierenden, die einen Platz im fachbereichsübergreifenden Mentoring-Programm erhalten, verpflichten sich neben den regelmäßigen Tandemtref-fen auch an der Kick-off-, der Halbzeit-, und der Abschlussveranstaltung teilzunehmen sowie an mindestens einem Netzwerktreffen und einer Veran-staltung aus dem Bereich Schlüsselqualifikationen des ZIK - Zentrum für Integrative Kompetenzen.

Fazit:

Das fachbereichsübergreifende Mentoring-Programm der Hochschule Nie-derrhein ist als externes Programm mit einer klassischen One-to-One-Beziehung zwischen Mentor und Mentee, das als gelenkter Erfahrungsaus-tausch gesehen wird, konzeptionalisiert. In dem Programm werden wissens- und könnenserweiternde Kompetenzentwicklungsprozesse im Bereich der persönlichen und überfachlichen Kompetenzen eingeleitet, die eine motivie-rende Wirkung auf den weiteren Verlauf des Studiums und die Karrierepla-nung der Studierenden haben. Mentoring ist somit richtungsweisend, zielfüh-rend und motivierend, da es den Studierenden einen tiefergehenden Einblick in Berufsfelder sowie den Kontakt zu Unternehmen und Netzwerken ermög-licht.

Literatur:

Freedman, S. (2009): Effective Mentoring. In: IFLA Journal. Jahrgang 35. Heft 2. S. 171-182.

Forum Mentoring (2010): Qualitätsstandards im Mentoring. Forum Mentoring e.V. Hannover

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Gülpen, B. (2004): Mitarbeiter fördern. Programme zur Personalentwicklung. Schäfer-Poeschel. Stuttgart.

Hassen, N. (2001): Mentoring. Persönliche Karriereförderung als Erfolgsre-zept. Heyne Verlag. München

Junk, A. (2004): 30 Minuten für erfolgreiches Mentoring. Gabal Verlag. Of-fenbach

Niemeier, M. (2009): Mentoring als Instrument der Personalentwicklung. Die Mentorausbildung im Blickpunkt. Igel Verlag. Hamburg

Nina Wachendorf, M.A. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Integrative Kompeten-zen, des Ressort Vizepräsident für Lehre und Studium der Hochschule Niederrhein. Ihr Tätigkeits-schwerpunkt liegt auf der Konzeption und Durchführung des fachbereichsübergreifenden Mento-rings.