Harnwegsinfektion Dr. Rainer Gattringer. Harnwegsinfektion (HWI) Sehr häufige Infektion: -...
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Harnwegsinfektion
Dr. Rainer Gattringer
Harnwegsinfektion (HWI)
• Sehr häufige Infektion:
- zweithäufigste Infektion weltweit
- Hälfte aller Frauen weltweit haben im Laufe ihres Leben eine HWI
- bei 30% rezidivieren diese Infektionen
- häufigste nosokomiale Infektion
- dritthäufigste Infektion auf Intensivstationen
Harnwegsinfektion (HWI)
• USA:
- 7 Millionen Fälle von akuten HWI jährlich
- jährliche Kosten: 1 Billion US-Dollar
Harnwegsinfektion (HWI)
• Potentiell gefährliche Infektion:
Urosepsis!!!!
Harnwegsinfektionen/Einteilung• Unkomplizierte Harnwegsinfektionen
- normale Nierenfunktion
- normal funktionierender Harntrakt
• Komplizierte Harnwegsinfektionen
- Urodynamik infolge
antomischer o. funktioneller Anomalien gestört
- Vorliegen von Nierenfunktionsstörungen
- Grunderkrankungen, die HWI begünstigen
Unkomplizierte Harnwegsinfektion(normale Nierenfunktion; normal funktionierender Harntrakt)
am häufigsten betroffen: Frauen
Prof. F. Thalhammer 2003
Symptome beim HWI
• Unterer HWI
- Dysurie
(Schmerzen beim Urinieren)
- Pollakisurie
(häufige Entleerung kleiner Harnmengen)
- (Fieber, subfebrile Temperaturen)
Symptome beim HWI
• Oberer HWI
- Fieber
- Druckdolentes Nierenlager/Flankenschmerz
- Dysurie (Schmerzen beim Urinieren)
- Pollakisurie (häufige Entleerung kleiner Harnmengen)
Symptome beim HWI
• Unterschiede zur
Vaginitis und Urethritis
- Plötzlicher Beginn
- Schmerzen über der Symphyse
- Schmerzen „untere“ Wirbelsäule
- Hämaturie (40%)
Diagnostik beim HWI
Positiver Harnstreifen
(Leukoz. +; Nitrit +)
= gesicherter HWI
Negativer Harnstreifen
= HWI trotzdem nicht ausgeschlossen
Mikrobiologische Diagnostik/HWI
• Bei komplizierten HWIs
• Stationären Patienten
• Vielen Vortherapien
• Therapieversagen
• Schwangere Patientinnen
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• Zeitpunkt der Materialentnahme:- Erster Morgenurin oder mindestens 3 Stunden zwischen letzter Miktion und Gewinnung
• Wiederholungsuntersuchung nach Antibiotikatherapie:- Therapiefreies Intervall einhalten!
5 Tage nach Aminoglykosiden und Chinolonen 3 Tage nach allen anderen AB
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• Methode der Wahl: MITTELSTRAHLHARN• Sachgemäße Entnahmetechnik nach Reinigung
Reinigung:- Geschultes Personal + sterile Baumwolltupfer- Seifenlösung- Warmes Leitungswasser- Steriles Einweggefäß- Steriles Urintransportgefäß
• Urinentnahme: - Erststrahlharn (ca. 3 Sek.) verwerfen- dann 10-20 ml in sterilem Becher
auffangen (mind. 3 ml).- Urin in Transportröhrchen füllen- bis zum Transport KÜHL (+4°C) lagern
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• KATHETERHARN
- Routinemäßig nicht zu empfehlen Risiko der Keimeinschleppung!
- Ausreichende Blasenfüllung- Reinigung und Desinfektion des Orificium urethrae + Umgebung!- Steriler Einwegkatheter- 1. Urinportion verwerfen- Mittlere Portion in sterilem Gefäß auffangen
• DAUERKATHETER- Hohes Risiko der Keimeinwanderung!- Punktion nach Desinfektion an der dafür vorgesehenen Einstichstelle!
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• BLASENPUNKTIONSHARN- Durch suprapubische Aspiration ist eineKontamination beinahe ausgeschlossen- Sorgfältige Hautdesinfektion- Indikation: Schwierigkeiten hinsichtlich einwandfreier Uringewinnung durch andere Methoden- Fragliche bakteriologische Ergebnisse, besonders bei Mischkulturen
• EINMALKLEBEBEUTEL beim Säugling- Praktisch nur zum Infektausschluß! Wichtig: Vohergehende Reinigung des Perineums
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• Der gewonnener Urin sollte binnen 2 Stunden im Labor sein, generell ist er kühl (4°C) zu lagern!
• Kein Überschreiten der Transportzeit von 24 Stunden!
• Harn > 2 Stunden bei Raumtemperatur ist fürquantitative Keimzahlbestimmung nicht mehrgeeignet!
• Alternativen: Gekühlter Postversand Urikult® Transportmedium mit Stabilisator!!!
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
Grundsätzlich sollte wann immer möglich NATIVHARN zur bakteriologischen Untersuchung geschickt werden!
• Vorteile: - Makro- und mikroskopische Beurteilung möglich- Hemmstofftest!- Schnelleres Gewinnen von Reinkultur und Antibiogramm bei Keimmischungen- Bessere Quantifizierung!
• Nachteil: - Bei längerem Transportweg/Aufbewahrung stimmt die Keimzahl nicht mehr.
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
• URICULT® (Urineintauchkultur) = Transportmedium- Sollte nur verwendet werden, wenn Transportzeiten/Temperatur nicht eingehalten werden können.
Nachteile: ● Keine Aussage übermakro/mikroskopisches Aussehen
● Kein Hemmstofftest ● KZ bei konfluierenden Kolonien nicht
verläßlich ● Nicht alle Erreger erfassbar ● Mischkulturen schwerer erkennbar ● Oft aufwendige Isolierungen nötig
Vorteil: KZ z. Ztpkt. der Urinabnahme(falls richtig abgenommen!!!)
Untersuchungsmaterial: Gewinnung und Transport
Probenbegleitschein• Ambulanter / stationärer Patient?• Art des Untersuchungsmaterials?• Klinische Diagnose?• Symptomatischer Patient?• Nosokomiale Infektion?
Dauerkatheter?• Grundleiden (z.B.DM)?• AB-Therapie (was,seit wann)?
Häufige Erreger von Harnwegsinfektionen
1. Akuter, unkomplizierter HWI: Escherichia coli 90%
Proteus mirabilis Klebsiella spp. Staphylococcus saprophyticus
2. Komplizierte od. nosokomiale HWI: Escherichia coli 30% Proteus spp. Morganella morganii Providencia spp. Klebsiella spp. Enterobacter spp. Pseudomonas aeruginosa 5-
10 % Enterococcus faecalis 5-
10% Corynebacterium urealyticum
Escherichia coli
Therapie der HWI
Therapiedauer
• Unkomplizierter HWI
- Unterer HWI 3 – 7 Tage
- Oberer HWI 7 – 14 Tage
• Komplizierter HWI 7 – 14 Tage
Überlegungen zur Therapie
Wievielte HWI und
welches AB wurde immer verwendet?
Therapie der unteren HWI
• Trimethoprim (Motrim) 3 Tage• Fluorchinolon (Ciproxin, Levoflocacin) 3 Tage• Fosfomycintrometamol
(Monuril) 1 Tag• Pivmecillinam (Selexid) 3 Tage• Amoxicillin 3 Tage• Schmerzmittel (NSAR) !!
Therapie der unteren HWI
• Trimethoprim (Motrim) 1 x tgl. 300mg• Fluorchinolon (Ciproxin,) 2 x tgl. 250mg (Levoflocacin) 1 x tgl.
250mg• Fosfomycintrometamol
(Monuril) 1 x 3g• Pivmecillinam (Selexid) 2 x 400mg• Amoxicillin 2 x 1g• Schmerzmittel (NSAR)!!
Therapie der unteren HWI
• Nitrofurantoin (z.B. Furandantin)- bei Dauerkatheterträgern oft einzige Alternative
- bei Langzeitgabe Lungenfibrose
• Amoxi./Clavulans. (z. B. Augmentin) - stört die Vaginalflora Pilz
• Alte Chinolone (z.B. Zoroxin)- 2 x 400 mg Zoroxin = 1 x 250 mg Tavanic von der Krankenkasse empfohlen
Therapie der oberen HWI
• Fluorchinolon
(Ciproxin, Levofloxacin)
• Cephalosporine 2./3. Generation
Therapie der komplizierten HWI
• Fluorchinolone
• Cephalosporine 3./4. Generation
• Piperacillin/Tazobactam
• Imipenem, Meropenem, Ertapenem
Therapie der HWI
Cave:
• Immer mehr Ciproxin und Trimethoprim resistente Escherichia coli
• ESBL
(extended spectrum beta-lactamasis)
nur noch Peneme wirksam
Therapie der HWI
• Falls nur iv Therapie möglich
- OPAT
(outpatient antimicrobial treatment)
Ceftriaxon (Rocephin) 1 x 2-4g iv
Cefodizim (Timecef) 1 x 2-4g iv
Ertapenem (Invanz) 1 x 1g iv
Therapie der HWI bei Schwangeren
• Kolonisation mit Bakterien durch physiologische Veränderungen begünstigt
• Asymptomatische Bakteriurie,Cystitis, Pyelonephritis
• Gefahr für Kind und Mutter• Unbedingt therapieren!!!!
Therapie der HWI bei Schwangeren
• Therapieoptionen:- Pivmecillinam- Penicilline mit/ohne BLI- Cephalosporine- Clindamycin- Monobactame- Makrolide (nicht Clari. und Roxi.)- Fusidinsäure
Therapie der HWI bei Schwangeren
• Nicht verwenden:
- Chinolone
- Aminoglykoside
- Clarithromycin- Roxithromycin
- Imipenem
- Cotrimoxazol
Katheter / Harnwegsinfektionen
• Katheter immer häufiger verwendet
(Plegeheime; Intensiv)
• Katheterträger höheres Infektionsrisiko
• Häufigste Keim: Escherichia coli
• Therapieschwierigkeiten:
- Biofilm (Keim geschützt vor AB u. Immuns.)
- viele Vortherapien
Katheter / Harnwegsinfektionen
• Asymptomatische Katheter/HWI
Keine Therapie!!
- führt nur zur Selektion von resistenten
Erregern
Katheter / Harnwegsinfektionen
• Bei symptomatischer Katheter/HWI
- Anlegen einer Kultur
- Beginn empirische Therapie
* welche Keime bei den vorherigen HWI
* welche AB wurden verwendet
* Nierenfunktion
* Zustand des Patienten
Katheter / Harnwegsinfektionen
• Bei symptomatischer Katheter/HWI
- Katheter entfernen
falls möglich keinen neuen Katheter
(Kondomkatheter)
- falls Katheter nötig – neuen Katheter
Katheter / Harnwegsinfektionen
• Vermeiden von Infektionen- keine Katheterpflege mittels Kochsalzspülung oder Perineumpflege- keine regelmässigen Katheterwechsel- keine AB-Prophylaxe
- beschichtete Katheter verwenden- Katheter in „Ruhe lassen“
Rezidivierende HWI
Trotz ungestörter Urodynamik
• Erste HWI vor dem12a
• Pos. Familienanamnese
• Vaginale Besiedelung mit uropathogenen Keimen leichter möglich
• Sekretorischer IgA Mangel
Rezidivierende HWI
• Rezidiv begünstigende Faktoren
- Kontrazeptiva
- spermizid beschichtete Kondome
- häufiger Sexualverkehr
(„honeymoon cystitis“)
Rezidivprophylaxe
• Urinieren nach Geschlechtsverkehr• Antibiotikum nach Geschlechtsverkehr• Keine spermizid beschichteten Kondome• Keine oralen Kontrazeptiva• Lokale Applikation von Laktobazillen• Antibiotikaprophylaxe?• Preiselbeeren?• Impfung?
Zusammenfassung
• Vor Therapiebeginn überlegen:- welche Art von HWI (oberer/unterer; kompliziert/unkompliziert)- wievielte HWI- welche AB wurden schon verabreicht- Harnkultur richtig anlegen- welches AB würde ich meiner Mutter
geben