GRUNDSTÜCKSMARKTBERICHT 2014 STADT WALDSHUT-TIENGEN · Kindern wird hierbei ein Rabatt in Höhe...
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GRUNDSTÜCKSMARKTBERICHT 2014 STADT WALDSHUT-TIENGEN
GRUNDSTÜCKSMARKTBERICHT 2014 STADT WALDSHUT-TIENGEN
Gutachterausschuss für
Grundstückswerte der
Stadt Waldshut-Tiengen
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Herausgeber Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Waldshut-Tiengen
Geschäftsstelle
Leitung: Burkhard Fichtner
Sulzerring 6
79761 Waldshut-Tiengen
www.waldshut-tiengen.de
Tel: 07741/ 833-404
Fax: 07741/ 833-97 404
Impressum Redaktion, Satz/Layout: Dipl.-Ing. Erik Böffgen
Berichtszeitraum: 2013/ 2014
© Die Vervielfältigung, wie z.B. Fotokopien, Nachdruck, Digitalisierung, Scannen und Mikrover-
filmung des Grundstücksmarktberichts ist nur mit Erlaubnis des Herausgebers gestattet. Eine
Weitergabe von Daten jedweder Art ist nur mit Quellenangabe gestattet.
Schutzgebühr: 10,- € (Printausgabe)
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INHALTSVERZEICHNIS
1. Vorwort 4
2. Struktur- und Rahmendaten 5
3. Marktübersicht 6
4. Bodenrichtwerte 7
4.1 Allgemeines 7
4.2 Wohnbauflächen 9
4.3 Gewerbliche Bauflächen 10
4.4 Sonstige Grundstücksarten 10
5. Wohnungsmarkt 13
5.1 Wohnungs- und Teileigentum 13
5.2 Mieten 13
6. Verkehrswertermittlung und Modellbeschreibung 15
6.1 Grundsätze zur Wahl der Wertermittlungsverfahren 15
6.2 Beschreibung der Bewertungsmodelle 16 6.3 Marktanpassung 18
6.4 Sonstige Anpassungen 20
7. Fazit 21
8. Anlagen 22
8.1 Ehrenamtliche Mitglieder des Gutachterausschusses 22
8.2 Gebühren 22
8.3 Bewertungsmodell für Wohnungseigentum 23
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1. VORWORT
Anlässlich der sich jüngst wiederholenden Kritik an Aufgabenwahrnehmung und personell-
fachlicher Ausstattung baden-württembergischer Gutachterausschüsse, sieht sich die
Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt Waldshut-
Tiengen dazu animiert, erstmalig einen Grundstücksmarktbericht herauszugeben.
Damit erweitert sie den Rahmen ihrer drei wesentlichen, im Baugesetzbuch geregelten Auf-gabenbereiche: Führung einer Kaufpreissammlung, Ableitung und Fortschreibung von
Bodenrichtwerten und anderer Marktdaten sowie Erstattung von Verkehrswertgutachten.
Der Bericht über den Grundstücksmarkt verfolgt über die Funktion einer allgemeinen
Informationsgrundlage zum örtlichen Grundstücksverkehr hinaus inhaltlich mehrere Ziele.
Zum einen gibt er eine orientierende Übersicht zu Immobilienwerten verschiedener Markt-
segmente, von Wohnen über Gewerbe bis hin zur Landwirtschaft. Die damit verbundene
Transparenz erlaubt Einblicke in volkswirtschaftliche Zusammenhänge nicht nur im
Gemeindegebiet. Insbesondere der Immobilienmarkt ist überwiegend geprägt von gleichsam langfristigen
wie hohen Investitionen bei langen Haltedauern und zeitigt positive Mitnahmeeffekte
aufseiten der regionalen Wirtschaft. Die vorliegende Publikation möge vor diesem Hinter-
grund eine Entscheidungshilfe für private und kommunale Planungsträger, an Kauf oder
Verkauf interessierte Bürger, Bauherren und politische Gremien sein.
Mit der kurzen Darstellung anzuwendender Bewertungsverfahren bietet dieser Bericht zum
anderen eine methodische Handreichung für Fachleute, deren Arbeit sich auf Immobilien spezialisiert hat. Die beschriebenen Modelle der Wertermittlung schaffen in diesem Sinne
die Basis für eine möglichst objektive Ermittlung von Vermögenswerten. Angesprochen sind
hiermit u. a. Gutachter und Sachverständige, als auch Vertreter der Banken und des
Steuerwesens, die ihren Kunden eine marktgerechte Verkehrswertermittlung bieten
möchten.
Aufgrund der Organisationsform der Gutachterausschüsse am Hochrhein bildet dieser
Grundstücksmarktbericht lediglich das relativ kleinräumige Marktgeschehen innerhalb der
Stadt Waldshut-Tiengen inklusive ihrer Stadtteile ab.
Den nachfolgend dargestellten Auswertungen und Analysen liegen daher nur möglichst vergleichbare und statistisch sicher auswertbare Verkaufsfälle zugrunde. Bezüglich der
Ableitung der für eine Wertermittlung erforderlichen Daten, wie sie mittels einer soge-
nannten Nachbewertung am Markt gehandelter Objekte gewonnen werden, wird somit auf
entsprechende Auswertungen bundesweit tätiger Institutionen verwiesen.
Insbesondere die erforderliche Anpassung „vorläufiger“ Wertermittlungsergebnisse an den
örtlichen Grundstücksmarkt obliegt im konkreten Bewertungsfall weiterhin einer sach-
kundigen, gutachterlichen Würdigung.
Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt Waldshut-Tiengen sieht eine Herausforderung darin, Aussagekraft und Qualität von künftigen
Grundstücksmarktberichten zu verbessern. Auf diesem Weg sind wir offen für Anregungen,
Hinweise und einen sachorientierten Informationsaustausch.
Waldshut-Tiengen, im Oktober 2014
Erik Böffgen
Vorsitzender des Gutachterausschusses
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2. STRUKTUR- UND RAHMENDATEN
Die Große Kreisstadt Waldshut-Tiengen im Kreis Waldshut umfasst neben den beiden
Kernstädten weitere 10 Stadtteile und liegt am Hochrhein im südwestlichen Grenzbereich
von Baden-Württemberg. Zu den nächstgelegenen Städten gehören Zürich (ca. 50 km),
Basel (ca. 60 km) und Freiburg (ca. 80 km).
Die beiden schweizerischen Zentren mit ihren Flughäfen sind über Regional- und S-Bahn
(S 41) vom Bahnhof Waldshut direkt zu erreichen, während vom Bahnhof Tiengen die
Hochrheinbahn weiter in Richtung Singen führt. Aufseiten des Straßenverkehrs ist Waldshut-Tiengen mit der A 98 (nicht durchgehend fertiggestellt), B 34 und B 500 groß-
räumig an das überregionale Netz angebunden. Die Kraftfahrzeugdichte beläuft sich im Jahr
2013 auf 569 Pkw pro 1.000 Einwohner.
Das Mittelzentrum (gem. Regionalplan) ist u.a. Sitz von Landratsamt, Stadtverwaltung(en),
Gerichten, Kitas, Schulen, Ärzten und Spital. Neben der Bedeutung für den Fremdenverkehr
ist die Stadt ein Standort klein- bis mittelständischer Unternehmen. So zählte der Landkreis
im Jahr 2011 bei anhaltend sehr geringer Arbeitslosenquote 73.400 Erwerbstätige am
Arbeitsort, davon 24.800 im produzierenden Gewerbe und 47.300 im Dienstleistungs-
bereich.
Aufgrund der unmit-
telbaren Grenznähe
pendeln aus dem
Landkreis Waldshut
täglich ca. 14.000
Menschen vorwie-
gend in das Kanton
Aargau aus. Dies betrifft in erster Linie
Vertreter meist gering
qualifizierter Berufe,
gefolgt von Tech-
nikern und ähnlichen
Branchen. Bei derzeit
noch ansteigenden
Zahlen stehen jenen
lediglich 1.600 Einpendler aus der Schweiz in die gesamte Hochrhein-Region gegenüber
(Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 11/2013).
Waldshut-Tiengen zählte zum Sichttag 31.12.2012 insgesamt 22.574 Einwohner (22.408 EW, 2001) und weist in der aktuellen Prognose für 2014 nach Altersgruppen 4.628 EW < 20
Jahre, 13.628 EW ≥ 20 bis < 65 Jahre und 4.694 EW ≥ 65 Jahre aus.
Die Bevölkerungsbilanzen zeigen im Zeitraum 2001-2012 einen fast durchgehend positiven
Wanderungssaldo (+ 185 EW, 2011 auf 2012) in Kombination mit einer leichten Bevölke-
rungszunahme (+ 166 EW, 2001 auf 2012) auf. Damit leben derzeit ca. 289 Einwohner pro
km² (Landesmittel: 296).
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Flächennutzung (Art) Fläche (ha) 2012 Fläche (ha) 2000
Siedlungs- und Verkehrsfläche, davon 1.175 1.111
• Gebäude-, Frei- und Betriebsfläche 675 636
• Erholungsfläche, Friedhof 62 46
• Verkehrsfläche 438 429
Landwirtschaftsfläche 3.409 3.497
Waldfläche 3.057 3.021
Wasserfläche 136 135
Sonstiges 21 34
Summe 7.798 7.798
Dem stetigen Bevölkerungswachstum entsprechend verzeichnet auch der Wohnungs-
bestand, gegliedert in Teilmärkte, bis 2012 Zuwachs: 4.313 Wohngebäude (inkl. Wochen-
end-/Ferienhäuser ab 50 m² und Wohnheime) und 11.663 Wohnungen (davon 3.486
4-Zimmer-Wohnungen). Zum Vergleich waren es im Jahr 2000 noch 3.881 Wohngebäude
und 10.271 Wohnungen. Die Zahl der Baugenehmigungen belief sich im Jahr 2013 auf
insgesamt 210 Eingänge.
3. MARKTÜBERSICHT
Teilmarkt Kauffälle Flächen Umsatz Anzahl in ha in Tsd. €
1. Unbebaute Grundstücke
Baureifes Wohnbauland 22 2,0 3.324,4
Gewerbe und Industrie 4 0,6 319,6
Übrige Flächen (z.B. Land-/ Forstwirtschaft, Verkehr,
Gemeinbedarf)
26 11,3 266,2
davon:
Bauerwartungs- und Rohbauland 6 0,07 17,1
Summe 56 13,9 3.910,2
2. Bebaute Grundstücke
Ein- und Zweifamilienhäuser 59 12.843,2
Mehrfamilienhäuser
(einschl. gemischte Nutzung < 20 % Wohnnutzung)
10 3.521,1
Büro-, Verwaltungs-, Geschäftshäuser 12 3.500,9
Industrie- und Gewerbeobjekte 4 2.603,5
Summe 85 22.468,7
3. Wohnungs- und Teileigentum 190 20.862,5
davon:
Erstverkäufe (Neubauten) 53 10.315,1
Wieder-/ Weiterverkäufe 137 10.547,4
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Jahr 2010 2011 2012 2013
Kaufverträge 325 362 339 331
Umsatz (Mio. €) 48,26 57,07 57,74 52,66
Umsätze 2013: brutto (inkl. Zubehör, Inventar, Instandhaltungsrücklage etc.
Die Anzahl der abgeschlossenen Kaufverträge ist innerhalb der letzten vier Jahre somit
relativ stabil (Ø rund 339). Erfasst wurden im Geschäftsjahr (01.01.-31.12.2013) alle
übersandten Kaufverträge (inkl. 2 Erbbaurechtsbestellungen), ohne sie näher auf unge-
wöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu überprüfen.
Eine Auswertung der durchschnittlichen Preise für Wohnhäuser und Wohneigentum ergibt für das Jahr 2013 folgendes Bild: Demnach wurden für Ein- und Zweifamilienhäuser (aus-
schließlich Bestandsimmobilien) zwischen 1.000 und 2.300 €/m² Wohnfläche, für Eigen-
tumswohnungen (Zweitverkauf) zwischen 1.000 bis 2.600 €/m² Wohnfläche gezahlt. Neu-
errichtetes Wohnungseigentum liegt, ebenfalls abhängig von Baualter und Ausstattungs-
standard, in einer Spanne von 2.100 bis 3.000 €/m².
Die in einem Fragebogen des Gutachterausschusses enthaltenen Angaben zu den
Wohnflächen wurden jedoch nicht auf Richtigkeit und Plausibilität (Berechnungs-
grundlagen) hin überprüft. Von daher kann hinsichtlich der durchschnittlichen Größe von
Eigentumswohnungen lediglich eine Spanne zwischen 60 bis 80 m² Wohnfläche benannt
werden.
Garagen- bzw. Tiefgaragenstellplätze oder Carports werden mit Preisen zwischen rund
7.500 € bis 14.500 € gehandelt. Aktuelle Annoncen lassen jedoch auf eine erneute Preis-
steigerung schließen.
Zum Vergleich: Die Auswertung von Bestandsobjekten der örtlichen Immobilienwirtschaft
(REMAX) weist Durchschnittswerte in Höhe von 2.080 €/m² für Ein- und Zweifamilienhäuser
und für Eigentumswohnungen von 1.520 €/m² aus. Einem ersten Trend zufolge fallen die
Preise für das Jahr 2014 mit 2.100 €/m² bzw. 1.640 €/m² geringfügig höher aus.
4. BODENRICHTWERTE 4.1 Allgemeines
Die Bodenrichtwerte werden gemäß § 193 Abs. 5 Baugesetzbuch (BauGB) vom Gut-
achterausschuss für Grundstückswerte der Stadt Waldshut-Tiengen nach den Bestim-
mungen des BauGB, der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), der Bodenrichtrichtwertlinie (BRW-RL) sowie der Gutachterausschussverordnung Baden-
Württemberg alle zwei Jahre jeweils zum Stichtag 31.12. ermittelt und der Öffentlichkeit
zur Verfügung gestellt (www.waldshut-tiengen.de).
Der Bodenrichtwert ist der durchschnittliche Lagewert des Bodens für eine Mehrheit von
Grundstücken, für die im Wesentlichen gleiche Nutzungs- und Wertverhältnisse vorliegen.
Er wird ausgewiesen als ein Betrag in Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche (€/m²) und
bezieht sich auf ein für die Bodenrichtwertzone typisches Grundstück (Bodenrichtwert-
grundstück) unter Berücksichtigung seiner Zustandsmerkmale. In bebauten Gebieten
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werden die Bodenrichtwerte mit einem Wert ermittelt, der sich ergeben würde, wenn der
Boden unbebaut wäre.
Abweichungen eines einzelnen Grundstückes vom Richtwertgrundstück hinsichtlich seines
Zustandes, bspw. Erschließungs- und Erschließungsbeitragssituation, Lage und Gestalt, Art und Maß der (baulichen) Nutzung, Bodenbeschaffenheit u. a., bewirken in der Regel
Abweichungen seines Wertes gegenüber dem des Richtwertgrundstücks
Ansprüche, insbesondere gegenüber den Trägern der Bauleitplanung, den Baugenehmi-
gungs- oder den Landwirtschaftsbehörden (Landratsamt), können weder aus den Boden-
richtwerten noch aus den Abgrenzungen der Bodenrichtwerte hergeleitet werden;
Bodenrichtwerte entfalten keine bindende Wirkung.
Die Bodenrichtwerte der Stadt Waldshut-Tiengen werden für die Gemarkungen Waldshut
und Tiengen in Form einer Bodenrichtwertkarte (zonal) mitgeteilt, in den übrigen Ort-
schaften (bislang) tabellarisch nach Straßenzügen bzw. -abschnitten. Der Kartenteil enthält
neben der Begrenzungslinie der Bodenrichtwerte (Bodenrichtwertzone) die zugehörige Zonennummer, den Bodenrichtwert und fest definierte Merkmale des Bodenrichtwert-
grundstücks. Hierzu zählen die wertbildenden Zustandsmerkmale Entwicklungszustand =
baureifes Land (B) und Beitragssituation = erschließungsbeitragsfrei (ebf). Die Aufnahme
zusätzlicher Merkmale, wie z. B. Art der Nutzung (BauNVO; FNP) und Grundstücksfläche
(Größe) befindet sich derzeit in Vorbereitung.
Übersichtskarte zu den Bodenrichtwerten in Waldshut-Tiengen: Auszüge werden automatisiert in Berichtsform
ausgegeben (gebührenpflichtig)
Für Bereiche von Gemeinbedarfseinrichtungen, die entsprechend ihrer Zweckbestimmung
eine privatwirtschaftliche Nutzung auf Dauer nicht vermuten lassen, werden keine
Bodenrichtwerte abgeleitet. Dies gilt des Weiteren für Flächen, die nach allgemeiner
Verkehrsauffassung nicht an Rechtsgeschäften teilnehmen. Verkehrs- oder vereinzelte
Gemeinbedarfsflächen werden im Allgemeinen den Bodenrichtwerten unmittelbar benach-
barter Zonen zugeordnet bzw. entsprechend ihren Nutzungsmöglichkeiten mit sachge-
mäßen Abschlägen bewertet.
Aufgrund der in großen Teilen des Stadtgebietes vorherrschenden unregelmäßigen Nutzungs- und Siedlungsformen kommen in den Bodenrichtwertgebieten (Karten, Tabellen)
Grundstücke mit ggf. stärker abweichenden Zustandsmerkmalen vor. Hier ist den ausge-
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wiesenen Bodenrichtwerten sachgemäß mit Zu- und Abschlägen gemäß der einschlägigen
Bewertungsliteratur zu würdigen.
Die Richtwerte für baureifes Land beziehen sich grundsätzlich auf altlastenfreie Grund-
stücke und berücksichtigen flächenhafte Bereiche des städtebaulichen Denkmalschutzes (Ensembleschutz) sowie potentielle Überschwemmungsgebiete (z. B. Tiengen Südstadt).
Entsprechende Erschließungsbeiträge nach BauGB oder Kommunalabgabengesetz (KAG) in
ortstypischen Höhen werden als bereits erstattet vorausgesetzt.
4.2 Wohnbauflächen
Die Bodenrichtwerte der Periode 2012/14 für baureifes Land beginnen in den Stadtteilen
Waldshut, Gurtweil und Tiengen bei 90,- €/m², in den übrigen kleineren Ortschaften auch
bereits bei 50,- €/m². Die überwiegende Zahl der Richtwertzonen weist Werte zwischen
130,- €/m² bis 155,- €/m² aus, das Maximum für rein wohnbaulich genutzte Gebiete liegt bei 200,- €/m².
Werte darüber finden sich in den gemischten Lagen der historischen Stadtkerne Waldshut
mit 700,- €/m² und Tiengen (305,- €/m²) sowie in Bereichen des (großflächigen) Einzel-
handels und von Dienstleistungsangeboten.
Das neu entwickelte und voll erschlossene
Baugebiet „Bergstadt III“ bietet seit dem 1.
August 2014 54 rein wohnbauliche Grund-
stücke für 145,- €/m² (Einfamilienhäuser) und
155,- €/m² (Doppelhäuser) an. Familien mit Kindern wird hierbei ein Rabatt in Höhe von
5.000,- € gewährt.
Bei den Quadratmeterpreisen in den per
Bebauungsplan geschaffenen Neubauge-
bieten der Stadtteile gilt ein einheitlicher
Bodenpreis von 90,- €/m² baureifes Land.
Insgesamt stehen in den Ortslagen Aichen
(6), Breitenfeld (1), Detzeln (7), Indlekofen
(3), Krenkingen (2), Oberalpfen (3) und Schmitzingen (3) noch 24 freie, per Bebauungsplan gesicherte Wohnbaugrundstücke zum Verkauf. Die übrigen Parzellen sind entweder bereits
veräußert oder vorgemerkt, wobei Änderungen tagesaktuell möglich sind.
Insgesamt erschöpft sich weitestgehend mit den vorgenannten Gebieten das Angebot
kommunaler Bauplätze. Künftige Wohnbaupotenziale bestehen lediglich in der Tiengener
Gemarkung „Obere Gaisäcker“ in Form einer gemäß FNP dargestellten Wohnbaufläche
(Bauerwartungsland). Die bauplanungsrechtliche Entwicklung zum Wohngebiet (Bauland)
ist allerdings vor dem Hintergrund hoher Kosten für Erschließungsmaßnahmen (Querung
der Bahnlinie; Hanglage) fraglich.
Eine Nachverdichtung im Siedlungsbestand hängt wiederum stark von den Interessen privater Eigentümer ab, die verbliebenen Baulücken bspw. auf dem Weg einer Veräußerung
der Nutzbarkeit zugänglich zu machen. Angesichts der anhaltend großen Nachfrage sind es
vorwiegend Projekt- und Bauträger, die sich zunehmend auch auf die anwachsende
Nachfrage im Segment seniorengerechter und barrierefreier Wohnungen konzentrieren.
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Nachfolgende Tabelle eröffnet einen Blick auf die grenznahen Bezirke der Schweiz. Erfasst
sind zum Vergleich mit den hiesigen Werten die Preissteigerungen bei Objektarten im
Zeitraum 2010-2013 (Quelle: www.comparis.ch/immobilien/preisentwicklung).
Ort Wohnungen Häuser Bauland €/m² (Median)
Laufenburg, Aargau + 14 % + 7 % 238,7
Zurzach, Aargau + 12 % + 14 % 253,1
Dielsdorf, Zürich + 26 % + 16 % 1.037,0
Bülach, Zürich + 27 % + 17 % 987,6
4.3 Gewerbliche Bauflächen
Die Standorte für Gewerbe und Industrie bilden annähernd unterbrechungslos ein Band
entlang der Bundesstraße 34 bzw. L 159. An dieser Achse reihen sich im Wesentlichen die
stärker frequentierten Handelsobjekte (z. B. Baumärkte, Möbelhäuser, Lebensmittel-
discounter, Tankstellen, Autohäuser und Gebrauchtwagenhändler) entlang der über-
örtlichen Straßen auf.
Während der Bereich „Liedermatte“ räumlich isoliert im Waldshuter Westen liegt,
erstrecken sich die übrigen Gebiete ab „Schmittenau“ über den „Gewerbepark Hochrhein“ (privat), „Kailtle-Schlatt“/„Kaitle-Rohalde und „Vordere Rohhalde“ bis zum westlichen
Siedlungsrand von Tiengen. Der kommunale, rund 5,36 ha umfassende Bebauungsplan
„Vordere Rohhalde-Vorerlen“ befindet sich derzeit im Aufstellungsverfahren.
Das derzeit noch größte Angebot verkäuflicher Grundstücke befindet sich im „Gewerbepark
Hochrhein“, einem Konversionsgelände der chemischen Industrie (ehemals Lonza), welches
sich die Gemarkungen Waldshut und Gurtweil teilen. Die Vermarktung erfolgt durch die
Gewerbepark Hochrhein GmbH.
Die Bodenrichtwerte für die v.g. gewerblichen Bauflächen bewegen sich in einer Spanne zwischen 65,- €/m² und 125,- €/m², wobei die höherpreisigen Parzellen unmittelbar an den
überörtlichen Verkehrsachsen liegen. Anders als beim Wohnbauland tendieren mit Ende
des Berichtszeitraums die Zahlen zu deutlich höheren Werten, die in der Fortschreibung der
Bodenrichtwerte (2015) ihren Niederschlag finden werden.
4.4 Sonstige Grundstücksarten
• Flächen der Land- und Forstwirtschaft
Steht auf absehbare Zeit eine bauliche Nutzung von Grund und Boden nicht in Aussicht, handelt es sich um den Entwicklungszustand „Flächen für die Land- und Forstwirtschaft“
(§ 5 Abs. 1 ImmoWertV). Jener Typus, auch als reines („ewiges“) Agrarland bezeichnet,
bezieht sich auf Flächen, welche aufgrund ihrer landschaftlichen oder verkehrlichen Lage,
ihrer Nähe zu Siedlungsgebieten oder ihrer Funktion keine andere Nutzung erwarten
lassen. Eignen sich land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen aufgrund ihrer Lage
(„Ausstrahlungsbereich“) künftig ggf. für anderweitige Nutzungen, so handelt es sich um
sog. begünstigtes Agrarland. Gilt demnach die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens (FNP)
als wahrscheinlich, so werden in der Regel vom reinen landwirtschaftlichen Bodenwert
abweichende, höhere Preise gezahlt.
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Das Landratsamt in Waldshut führt als zuständige Landwirtschaftsbehörde seit mehreren
Jahren kreisweit eine Kaufpreissammlung, die über jene der einzelnen Städten und
Gemeinden hinausreicht. So lassen die relativ wenigen Kauffälle in Waldshut-Tiengen (7/5;
Landwirtschaftsflächen/Wald) im Jahr 2013 keine gesicherten Aussagen zu, sondern bestätigen ohne weitere Überprüfungen folgende Werte des Landwirtschaftsamtes.
Demnach belaufen sich die Quadratmeter-Preise in der Stadt Waldshut-Tiengen für
Ackerland auf durchschnittlich 1,30 € bzw. 0,80 € für Grünland (intensiv, extensiv). Dass sich
das Preisniveau in den östlich angrenzenden Gemeinden Lauchringen, Küssaberg, Klettgau
oder Jestetten bei 2,20 €/m² hält, liegt möglicherweise an günstigeren Standort-
bedingungen.
Die Preise für landwirtschaftliche Weide- und Ackerflächen variieren dabei jeweils nach den
topographischen Verhältnissen (Ebene; Steillagen) und der Ertragsfähigkeit (Acker- bzw.
Grünlandzahl) der Böden. Ein Trend zum Anbau von Energiepflanzen (z. B. Miscanthus =
Riesen-Chinaschilf, Mais, Raps) ist derzeit nicht erkennbar, so dass Preissteigerung nicht wahrscheinlich sind.
Als marktübliche Pachtzinsen für landwirtschaftliche Flächen werden rund 150 €/ha bis
200 €/ha bei Ackerland sowie 80 €/ha bis 120 €/ha für Dauergrünland im Landkreis
Waldshut gezahlt (Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 5/2012).
Ähnlich verhält es sich bei Waldflächen, die marktüblich mit rund 1,- €/m² gehandelt
werden. Je nach Art und Alter von Aufwuchs und Bestockung liegen die Werte auch
deutlich darüber, so dass hier die Angabe eines Spannenwerts zwischen 1,- €/m² und
3,- €/m² gerechtfertigt erscheint.
• Bauerwartungsland und Rohbauland
Da die wenigen Kauffälle für diese Segmente keine besondere Aussagekraft besitzen,
können die Bodenwerte deduktiv aus den benachbarten Preisniveaus für baureifes Land
ermittelt werden. Bei dieser Methode rechnet man, ausgehend von der allgemeinen
Baureife, bis zum Entwicklungszustand „Bauerwartungsland“ oder „Rohbauland“ zurück,
indem die verfahrensbedingten Wartezeiten, die jeweiligen Kosten (z. B. für Erschließung)
sowie Unsicherheiten bzgl. der Entwicklung überschlagsmäßig abgezogen werden. Je nach Verfahrensstand der Bauleitplanung betragen die Bodenrichtwerte für Bauer-
wartungsland 25 bis 35 % (Aufstellung Flächennutzungsplan), die für Rohbauland 30 bis
60 % (Durchführung der Bodenordnung) der Richtwerte vergleichbaren Baulands
(Sprengnetter).
• Besondere Grundstücksarten
Untersuchungen zu den Kategorien besondere (begünstigte) Flächen für die Land- und
Forstwirtschaft, Flächen für Freizeit- und Kleingartenanlagen, Abbauflächen oder Teich-grundstücke wurden vom GA bislang nicht durchgeführt. Die sehr geringe Zahl von
Kauffällen lässt eine gesicherte Auswertung nicht erwarten.
Im Falle nicht eindeutig bestimmbarer Flächen, wie z.B. öffentliche oder private Grün-
flächen und ggf. auch Gemeinbedarfsflächen (gem. FNP), ist eine ersatzweise Bewertung
von Grund und Boden zu den aktuell umgebenden Bodenrichtwerten vorzunehmen. Als
Arbeitshilfe kann hier unter gutachterlicher Würdigung auf die Anlage 1 zum AllMBl. Nr.
12/2008 der Bayerischen Staatsregierung zurückgegriffen werden.
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Die Bestellung von Erbbaurechten ist für den Markt in Waldshut-Tiengen nicht relevant. In
2013 betrafen lediglich zwei Kauffälle bestehende Erbbaurechte an Teileigentum (Teilerb-
baurechte). Betroffen waren hiervon Kfz-Stellplätze mit einer 30-jährigen Laufzeit.
Eine weitere Sonderstellung nehmen die wenigen Kies-Abbauflächen („Vordere Rohhalde“)
ein, deren Grundstückswert über den landwirtschaftlicher Nutzflächen hinausgeht. Der
Kaufpreis setzte sich hier wie folgt zusammen: 2,00 €/m² für Grund und Boden bis 1 m Tiefe
und 28,00 €/m² für das darunterliegende Kiesabbaumaterial.
• Bebaute Grundstücke im Außenbereich
Eine Sonderform nehmen Grundstücke im nicht bebaubaren Außenbereich (§ 35 BauGB)
ein, welche jedoch unter Bestandsschutz stehend auch nicht privilegierte Nutzungsformen (i.d.R. Wohnen, Gewerbe) aufweisen. Hier werden die Bodenwerte ebenfalls deduktiv, d. h.
ausgehend von nutzungsgleichen Bauflächen bzw. -gebieten im Nahbereich ermittelt.
Ungeachtet der tatsächlichen Restnutzungsdauer (abgezinste Bodenwertdifferenz) sind ggf.
Abschläge wegen fehlender oder mangelnder Erschließung, bauplanungsrechtlich bedingter
Nutzungsbeschränkungen oder auch aufgrund von Lage und Nähe zu zusammenhängenden
Siedlungsgebieten. Gutachterlich zu würdigen sind des Weiteren die eigentlichen
Funktionalflächen sowie Umgebungsflächen, die je nach Nutzbarkeit in ihren Qualitäten
(s. o.) abzustufen sind.
• Hinterland Bei relativ schmal und gleichzeitig (über-)tief geschnittenen Grundstücken ist eine
wirtschaftliche Nutzung nur eingeschränkt gegeben, so dass sich eine Unterteilung in
Vorder- und Hinterland empfiehlt („echte Übergröße“).
Unter Vorderland versteht man i.d.R. den direkt an eine öffentliche Erschließungsanlage
(Straße, Zuwegung) liegenden Teil der Parzelle bis zu einer Tiefe von rund 40 m, welcher
mit 100 % des Bodenrichtwerts angesetzt wird. Jene Grundstückstiefe richtet sich empirisch nach den Erschließungsbeitragssatzungen (nach KAG) oder nach den Vorgaben
rechtskräftiger Bebauungspläne bzw. nach dem Einfüge-Kriterium gemäß § 34 BauGB.
Der Rest des Baugrundstücks wird, obgleich er ggf. Baulandqualität genießt, aufgrund
seiner reduzierten bzw. ausgeschlossenen Bebaubarkeit als Hinterland bezeichnet. Der
Bereich zwischen 40 und 80 m (Hinterland 1) wird i.d.R. mit einem Abschlag von 50 %, das
daran anschließende Hinterland 2 zwischen 80 m und 120 m mit einem Abschlag von 75 %
auf den Bodenrichtwert versehen.
Vor dem Hintergrund der für Waldshut-Tiengen geltenden Abwassersatzung (vom
23.07.2012) gilt gemäß § 26 Abs. 2 AbwS der Bereich bis zu einer Tiefe von 50 m ab der der
Erschließungsstraße zugewandten Grundstücksgrenze als Grundstücksfläche (Bauland). Im Einzelfall ist die Aufteilung übertiefer („echter Übertiefe“) Grundstücke in Vorder- und
Hinterland sachgemäß und ggf. auch unter Berücksichtigung topografischer Verhältnisse zu
treffen.
Sofern das Hinterland keine Baulandqualität besitzt, da es bspw. im Flächennutzungsplan
als sonstige Grünfläche dargestellt oder faktisch als Gartenland zu werten ist, kann der
betroffene Bereich je nach Ausprägung mit 10-15 % des Wertes benachbarten baureifen
Landes angesetzt werden.
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• Erschließungsbeiträge
Anders als in anderen Bundesländern richtet sich die erstmalige Herstellung der Erschlie-
ßung nicht nach dem Baugesetzbuch (§§ 123 ff. BauGB), sondern seit 2009 nach dem KAG (Kommunalabgabengesetz). Dementsprechend haben die Grundstückseigentümer i.d.R.
95 % (statt 90 %) der Kosten für Straßen, Wege und Plätze mittels Erschließungsbeiträge zu
erstatten. Ein 5%iger Anteil verbleibt bei der ausführenden Kommune.
Die Bandbreite derartiger Kosten bewegt sich ortsüblich zwischen 20,- und 30,- €/m², kann
je nach Geländeverhältnissen auch darüber hinausgehen. Hinzu kommen regelmäßig Bau-
kostenzuschüsse, wie sie von den einzelnen Versorgern (z. B. Stadtwerke) nach Feststehen
der anzurechnenden Gesamtkosten erhoben werden.
Nicht mit eingerechnet werden (gem. § 127 Abs. 4 BauGB) Abgaben für Anlagen zur
Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser, die
keine Erschließungsanlagen im Sinne des BauGB sind. Derartige Leistungen werden bspw. als wiederkehrende Beiträge nach dem KAG bzw. Abwassersatzungen o.ä. erhoben.
5. WOHNUNGSMARKT 5.1 Wohnungs- und Teileigentum
Ausweislich der unter 3.) dargestellten Marktübersicht betrafen 190 Kauffälle in 2013 den
Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum (Läden, Büros, Garagen etc.), was seit 2012 einer
Steigerung von 15 % entspricht. Somit wurden fast dreimal so viele Eigentumswohnungen –
fast überwiegend im Geschosswohnungsbau – wie Ein- oder Zweifamilienhäuser gehandelt,
davon 53 im Erstverkauf mit geplanter Fertigstellung 2014. Von letztgenannter Kategorie
entfallen wiederum 35 Verträge allein auf das Projekt „Betreutes Wohnung in Waldshut-
Tiengen“ in der Bahnhofstraße.
Beim Handel mit Teileigentum stand dem hingegen der Erwerb von zusätzlichen Garagen- bzw. Tiefgaragenstellplätzen im Vordergrund; ein Kauffall betraf eine Büroeinheit.
Bei Eigentumswohnungen ist für die Preisfindung die Wohnfläche ausschlaggebend, anhand
derer sich der Quotient €/m² bilden lässt. Die Kauffälle seitens älterer Bestandsimmobilien
wurden allerdings nicht auf Umwandlung oder Weiterveräußerung hin untersucht. Mit
verkauft werden zudem häufig Einbauküche und sonstiges Inventar sowie die Instand-
haltungsrücklage.
Des Weiteren konnte anhand der versandten Datenbögen, sei es aufgrund unvollständiger
bzw. nicht plausibler Angaben, der Kreis der Nutzerschaft nur ungenau festgestellt werden. Die Anzahl der selbstgenutzten Objekte hält sich jedoch mit der der vermieteten Einheiten
in etwa die Waage. Für Kapitalanleger ist der Erwerb von Eigentumswohnungen somit
gleichermaßen aus Renditegesichtspunkten als auch im Sinne eines derzeit günstig
finanzierbaren Wohn-Eigenheims attraktiv.
5.2 Mieten
Ein qualifizierter, d.h. nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellter oder ein
einfacher Mietspiegel nach § 558 BGB für frei finanzierten Wohnraum liegt in der Stadt Waldshut-Tiengen nicht vor. Grundsätzlich fällt es in den Verantwortungsbereich der
14
Vertragsparteien, Miethöhen bspw. nach Größe, Ausstattung oder Modernisierungsgrad
der Wohnung bzw. den Pachtzins bei Grundstücken auszuhandeln. Dies gilt insbesondere
für Gewerbe- und Büromieten, welche grundsätzlich keinen preisrechtlichen Vorgaben
unterliegen.
Als Orientierungshilfe zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bzw. marktüblich
erzielbarer Erträge wird daher auf einschlägige Portale und eigene Sammlungen (Objekt-
Fragebogen/ Kaufpreissammlung) zurückgegriffen. Bei den von Immobilienportalen gelie-
ferten Werten ist es im Zuge der Mittelwertbildung wichtig, Ausreißer (30 %-Regel) zu
eliminieren. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Immobilienportale aller Art sog.
Angebotsmieten aufführen, keine tatsächlich realisierten Vertragsmieten.
Hinweis: Die Daten basieren auf einer Auswertung über das Immobilienportal „.immowelt.de“ angebotenen
bzw. nachgefragten Wohnungen. Die Amplituden insbesondere bei Wohnungen bis 40 m² sind auf nicht markt-
übliche Angebote zurückzuführen und im Zuge der Mittelwertbildung als nicht repräsentativ zu betrachten.
Der Gutachterausschuss unterteilt auf Basis der Marktbeobachtung das Angebot an Miet-
wohnungen in drei Größenklassen: bis unter 40, 40 bis unter 80, über 80 m². Aufgrund der
großen Nachfrage, bedingt u.a. durch sogenannte Grenzgänger, werden in der Kategorie
< 40 m² durchschnittliche Netto-Kaltmieten von rund 8,- €/m² gezahlt, wobei regelmäßig
auch deutliche Ausreißer auftreten. Gegen Ende 2014 tendieren die hier gezahlten Mieten
in Richtung 9 €/m². Wohnungen der mittleren Größe von 40 bis ≤ 80 m² weisen Durchschnittsmieten von rund 6,90 €/m² auf, Mieteinheiten über ≥ 80 m² Werte von rund
6,60 €/m². Die Nettokaltmieten für Wohnungen ≥ 120 m² weichen in Waldshut-Tiengen nur
noch marginal von der letztgenannten Kategorie ab. Insgesamt gilt der Wohnungsmarkt bei
anhaltend hoher Nachfrage als angespannt, womit die Mieten auf relativ hohem Niveau
verbleiben dürften.
Die drei ortsansässigen, nicht kommunalen Wohnungsbauunternehmen bieten ihren
Bestand, je nach Baujahresklasse und Sanierungsstand, fast einheitlich für durchschnittlich
rund 5,- €/m² (3,80 bis 6,00 5,- €/m²) Netto-Kaltmiete an. Der deutlich unter dem „freien“
Wohnungsmarkt liegende Mietzins erklärt sich insbesondere mit dem Kontingent an älteren Beständen. Meist über lange Zeit vermietet (Alt-Mietverträge) und heute von Senioren
bewohnt, unterblieben meist größere Modernisierungsmaßnahmen, so dass angesichts des
niedrigen Standards marktüblich auch nur geringere Mieten erzielbar sind.
15
Bezüglich der Mieten für Büro- und Praxisräume, Ladenlokale und Gewerberäume ist die
Angabe tragfähiger Richtwerte nicht möglich. Die Angebotsmieten beginnen laut Portal
immoscout.de derzeit bei rund 10 €/m² und bewegen sich in City-Lagen von Waldshut und
Tiengen auch zwischen 15,- und 20,- €/m². Das Mietniveau von Gewerberäumen hängt stark von der jeweiligen Lage (Verkehrsanbindung, Parken) im Stadtgebiet sowie von der
Branche ab.
Die Leerstandsquote bei gewerblichen Einheiten verharrt auf niedrigem Niveau. Hiervon
betroffen sind überwiegend Gebäude, deren Substanz und Erhaltungszustand eine direkte
Neuvermietung erst nach umfangreichen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaß-
nahmen ermöglichen.
6. VERKEHRSWERTERMITTLUNG UND MODELLBESCHREIBUNG
6.1 Grundsätze zur Wahl der Wertermittlungsverfahren
Das Gutachter- und Sachverständigenwesen kennt in Deutschland drei Bewertungsver-
fahren, wie sie in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt und
vorgeschrieben sind: Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren. Zur mathematisch-methodischen Untersetzung der ImmoWertV veröffentlicht das zuständige Bundes-
ministerium entsprechende Richtlinien, von denen bis dato die Sachwertrichtlinie (SW-RL)
und die Vergleichswertrichtlinie (VW-RL) bekannt gemacht wurden. Die Ertragswertricht-
linie (EW-RL) liegt derzeit noch im Entwurf vor, während sich die Bodenrichtwertlinie (BRW-
RL) in erster Linie an die Gutachterausschüsse richtet.
Die Richtlinien beinhalten die für das jeweilige Berechnungsverfahren notwendigen, in
Gutachten zu beschreibenden wesentlichen Modellparameter und können unter
www.gesetze-im-internet.de abgerufen werden.
Nach § 194 BauGB wird der Verkehrswert „durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt,
auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den recht-
lichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheiten und
der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne
Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“
Ziel jeder Verkehrswertermittlung ist es, einen möglichst marktkonformen Wert des Grund-
stücks, – den wahrscheinlichsten Kaufpreis im nächsten Kauffall – zu bestimmen. Zur Ver-
kehrswertermittlung bieten sich grundsätzlich mehrere Verfahren an. Diese sind jedoch
nicht in jedem Bewertungsfall alle gleichermaßen gut zur Ermittlung marktkonformer
Verkehrswerte geeignet. Es ist deshalb Aufgabe des Sachverständigen, das für eine konkret anstehende Bewertungsaufgabe geeignetste Wertermittlungsverfahren auszuwählen und
vorzugsweise durch ein weiteres überprüfend zu unterstützen.
Der Vollständigkeit sei hinzugefügt, dass mit dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF)
im internationalen Immobilienhandel noch ein weiteres Modell existiert. Dabei handelt es
sich um eine investitionstheoretische Berechnung, welche dem Ertragswertverfahren
nahesteht.
Grundsätzlich sind Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren gleichwertige Umsetzungen
des Kaufpreisvergleichs; sie liefern gleichermaßen (nur) so marktkonforme Ergebnisse, wie zur Ableitung der vorgenannten Daten eine hinreichend große Zahl von geeigneten
Marktinformationen (insbesondere Vergleichskaufpreise) zur Verfügung standen.
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Beim Vorliegen der verfahrensspezifischen „erforderlichen Daten“ ist ein Wertermittlungs-
verfahren also ein Preisvergleichsverfahren und erfüllt die Anforderungen, die von der
Rechtsprechung und der Bewertungstheorie an Verfahren zur Verkehrswertermittlung
gestellt werden. Andere Verfahren scheiden daher meist wegen Fehlens hinreichender Erfahrungswerte zur Anpassung deren Ergebnisse an den deutschen Grundstücksmarkt aus.
6.2 Beschreibung der Bewertungsmodelle Bodenwertermittlung: Die Preisbildung für Grund und Boden orientiert sich im gewöhn-
lichen Geschäftsverkehr vorrangig an den allen Marktteilnehmern (z. B. Vergleichsverkäufe,
veröffentlichte Bodenrichtwerte, Zeitungsannoncen, Makler) bekannt gewordenen
Informationen über Quadratmeterpreise für unbebaute Grundstücke. Der Bodenwert ist
deshalb (§ 16 ImmoWertV; getrennt vom Wert der Gebäude und der Außenanlagen) i.d.R. auf der Grundlage von Vergleichskaufpreisen zu ermitteln, wie er sich ergeben würde,
wenn das Grundstück unbebaut wäre.
Liegen geeignete Bodenrichtwerte vor, so können diese anstelle oder ergänzend zu den
Vergleichskaufpreisen zur Bodenwertermittlung (Bodenrichtwertverfahren) herangezogen
werden. Bodenrichtwerte sind geeignet, wenn sie entsprechend der folgenden Merkmale
hinreichend bestimmt und mit der notwendigen Sorgfalt aus Kaufpreisen für vergleichbare
unbebaute Grundstücke abgeleitet sind: örtliche Verhältnisse, Lage, Grundstücksgestalt,
Entwicklungszustand, Art und Maß der baulichen Nutzung, Erschließungssituation sowie
beitrags- und abgabenrechtlicher Zustand.
Beitrags-
situation
Entwicklungs-
zustand
Nutzung Bauweise Geschosszahl GFZ Fläche (m²) Tiefe (m)
ebf B(aufreif) WA o II 0,4 550 -
Die Bodenrichtwertkarte für Waldshut-Tiengen enthält dem hingegen lediglich die
Begrenzungslinien der Zonen, den Bodenrichtwert und künftig die auch die zugehörige
Zonennummer. Bei der Richtwertdefinition wird ansonsten auf eine Nennung weiterer
(wesentlich) wertbildender Zustandsmerkmale verzichtet. Im Zuge der Verkehrswert-
ermittlung ist bei der Berechnung des (anteiligen) Bodenwerts bei ansonsten lage- und
nutzungsgleichen Grundstücken innerhalb einer Zone ggf. der Einfluss der baulichen
Ausnutzbarkeit gutachterlich zu untersuchen (Art und Maß der baulichen Nutzung gemäß
BauNVO). Dies gilt insbesondere für Parzellen innerhalb des „unbeplanten Innenbereichs“
(§ 34 BauGB).
Ebenfalls bezieht sich die einschlägige Bewertungsliteratur häufig auf den Flächeninhalt von Grundstücken. Wie Marktanalysen verdeutlichen, sinkt der relative Wert eines Grundstücks
mit zunehmender Größe, da es absolut betrachtet bei gegebenen Bodenrichtwerten teurer
und unattraktiver wird. Da die beiden v. g. Flächenfaktoren in direktem Zusammenhang
stehen, wäre zunächst eine Anpassung an die Zustandsmerkmale des Bewertungsobjekts
mittels GFZ-Umrechnungskoeffizient und erst anschließend per Grundstücksgrößen-
Umrechnungskoeffizient vorzunehmen.
Sachwertermittlung: Entsprechend den Gepflogenheiten im gewöhnlichen Geschäftsver-
kehr ist der Marktwert mithilfe des Sachwertverfahrens vorrangig für solche Objekte zu ermitteln, welche überlicherweise nicht zur Erzielung von Erträgen, sondern zur persön-
lichen oder zweckgebundenen Eigennutzung errichtet oder erworben werden.
17
Das Sachwertverfahren (§§ 21-23 ImmoWertV) ist ein Modell, bei dem der Substanzwert
des Grundstücks (Bodenwert zzgl. Wert der Gebäude und Außenanlagen) den vorrangigen
Vergleichsmaßstab bildet. Für eine marktkonforme Sachwertermittlung sollten die dafür
erforderlichen Daten (Normalherstellungskosten - NHK, Bodenwerte, Sachwertfaktoren) zur Verfügung stehen.
Ein wirtschaftlich handelnder Marktteilnehmer
überlegt alternativ zur Anmietung bzw. zur
Kaufpreisermittlung über den Ertrag auch, welche
Kosten (Grundstückserwerb, Baukosten) und
welche Vorteile (u.a. Mietersparnisse, eigen-
bedarfsorientierte Gebäudekonzeption) ihm bei
der Realisierung eines vergleichbaren Vorhabens
entstehen. Vor dem Hintergrund, dass eine solide
Rendite nur auf einer gesunden Sachwertbasis erzielbar ist, bestimmt ein richtig verstandener
Substanzwert den Wert einer Immobilie oftmals
nachhaltiger als die aktuell zu erzielende Miete.
Mit anderen Worten, die Substanz ist empirisch
belegt krisenfester als der Ertrag. Eine Sachwert-
ermittlung (d.h. der Kaufpreisvergleich mittels
Substanzwertvergleich) ist demnach grundsätzlich
auch für Ertragsobjekte sachgemäß.
Nach dem Ergebnis von empirica/Destatis/LBS
Research beläuft sich die Eigenheimquote in
Baden-Württemberg derzeit auf 53 % (Berlin z. B.
15 %), während sich hierzulande 60 % der Haushalte jedoch ein ortsübliches Eigenheim
leisten könnten. Daraus lässt sich die Erkenntnis herleiten, dass im ländlichen Raum ein
größerer Markt für selbstgenutztes Wohneigentum besteht, als für Renditeobjekte.
Ertragswertermittlung: Steht für den Erwerb oder die Errichtung vergleichbarer Objekte
üblicherweise die zu erzielende Rendite (Mieteinnahme, Wertsteigerung, steuerliche Abschreibung) im Vordergrund, so wird nach dem Auswahlkriterium „Kaufpreisbildungs-
mechanismen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ das Ertragswertverfahren (§§ 17-20
ImmoWertV) auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als vorrangig anzuwendendes
Modell angesehen. Anders als beim Sachwertverfahren bildet hier der marktüblich bzw.
nachhaltig zu erzielende Ertrag den vorrangigen Vergleichsmaßstab.
Das Ertragswertverfahren ist auf die Verwendung des aus vielen Vergleichskaufpreisen
abgeleiteten Liegenschaftszinssatzes (Quotient: Reinerträge/ Kaufpreise) gestützt. Ein
Preisvergleich also, in dem vorrangig die in dieses Bewertungsmodell eingeführten Einfluss-
größen (insbesondere Mieten, Bewirtschaftungskosten, Restnutzungsdauer, Zustands-besonderheiten) die Wertbildung und die Wertunterschiede bewirken.
In anderen ländlich geprägten Kreisen Deutschlands hat sich herausgestellt, dass die
örtlichen Liegenschaftszinsen für Ein- und Zweifamilienhäuser gegenüber den bundesdurch-
schnittlichen Zinssätzen zu ändern sind. Insbesondere in Gebieten, die demografisch einen
deutlich negativen Bevölkerungssaldo aufweisen, charakterisiert ein erhöhter Liegen-
schaftszinssatz auch ein höheres Risiko für die Vermarktung des zu bewertenden Objekts.
18
Vergleichswertermittlung: Für manche Grundstücksarten existiert ein hinreichender
Grundstückshandel mit vergleichbaren Objekten. Den Marktteilnehmern sind zudem die für
jene gezahlten oder verlangten Kaufpreise bekannt (z. B. in Zeitungs- oder Makleran-
geboten). Da sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr die Preisbildung für derartige Objekte dann an diesen Vergleichspreisen orientiert, sollte zu deren Bewertung möglichst auch das
Vergleichswertverfahren (§§ 13, 15 ImmoWertV) herangezogen werden.
Die Voraussetzungen hierfür sind, dass die Anzahl wertermittlungsstichtagsnah realisierter
Kaufpreise für in allen wesentlichen wertbeeinflussenden Eigenschaften (Baualter,
Standard, Modernisierungsgrad u.v.m.) mit dem Bewertungsobjekt übereinstimmender
Vergleichsgrundstücke oder geeignete, hinreichend definierte Vergleichsfaktoren vom
Gutachterausschuss abgeleitet und veröffentlicht werden. Zudem sollten Umrechnungs-
koeffizienten für alle wesentlichen wertbeeinflussenden Eigenschaften der zu bewertenden
Grundstücksart und eine Preisindexreihe zur Umrechnung vom Kaufzeitpunkt auf den
Wertermittlungsstichtag gegeben sein.
Dieses Verfahren eignet sich vorzugsweise für die Bewertung von Wohnungs- und Teil-
eigentum, sofern die genannten Voraussetzungen erfüllt sind und sich die gegebenen
Merkmale quantifizieren lassen. Im Bereich des Gutachterausschusses Waldshut-Tiengen ist
dies jedoch nur in Ausnahmefällen (z.B. mehrere Einheiten in einem Objekt) der Fall, so
dass alternativ die Anwendung des Ertragswertverfahrens empfohlen wird. Dies deshalb, da
der Marktbezug besser über ortsüblich gezahlte Mieten und geeignete Liegenschaftszinsen
(s. Marktanpassung) hergestellt werden kann.
Ein entsprechendes Bewertungsmodell für Wohnungs- und Teileigentum findet sich im Anhang; es enthält vom Gutachterausschuss ermittelte Korrekturfaktoren für gängige
Marktsegmente nach Wohnungsgrößen. Es gilt der Hinweis, den Bodenwertanteil des
Wohnungseigentums in einem Wohn- und Geschäftshaus auf der Basis des fiktiven Boden-
wertanteils eines (reinen) Mehrfamilienwohnhausgrundstücks in Lage des Wertermittlungs-
objekts zu ermitteln.
6.3 Marktanpassung
Marktanpassungsfaktoren werden in der Regel von den zuständigen Gutachterausschüssen aus dem Verhältnis geeigneter, um die besonderen objektspezifischen Grundstücksmerk-
male bereinigter Kaufpreise zu den entsprechenden vorläufigen Verfahrenswerten abge-
leitet. Im Rahmen einer Nachbewertung stellen sich die Faktoren unter Berücksichtigung
der besonders objektspezifischen Grundstücksmerkmalen (boG, s. u.) folgendermaßen dar:
• Sachwertfaktor k = Kaufpreis +/- boG / vorläufiger Sachwert • Liegenschaftszinssatz Lz = vorläufiger Ertragswert / Kaufpreis +/- boG
Der Gutachterausschuss Waldshut-Tiengen leitet selbst keine Sachwert-Marktanpassungs-
faktoren (selbstgenutztes Eigentum) und Liegenschaftszinsen (Renditeobjekte) ab, da die Anzahl auswertbarer Kauffälle im Stadtgebiet zur Ermittlung belastbarer Ergebnisse zu
gering ausfällt und aufgrund der personellen Ausstattung keine Kapazitäten für eine
umfassende Nachbewertung vorhanden sind.
In Ermangelung eigens abgeleiteter Faktoren wird daher empfohlen, auf die Anwendung
bundesweiter bzw. überregionaler Referenzdaten und Sammlungen (z. B. Sprengnetter
Immobilienbewertung: Marktdaten und Praxishilfen; Kleiber: Verkehrswertermittlung von
Grundstücken; IVD) zurückzugreifen und diese unter gutachterlicher Würdigung ggf. dem
hiesigen Grundstücksmarkt anzupassen. Mathematisch gesehen steigt der Faktor k mit
19
zunehmendem Bodenwertniveau und sinkt dabei gleichzeitig mit zunehmendem
vorläufigen Sachwert.
Bei der Herkunft der Daten ist zunächst das Bewertungsmodell zu überprüfen. Da der Gutachterausschuss selbst auf Basis der NHK 2010 und der SW-RL bewertet, sind auch nur
solche Sachwertfaktoren zulässig, die ebenfalls mit den Werten der NHK 2010 errechnet
wurden (Modellkonformität). Auswahl und Interpolation des geeigneten Sachwertfaktors
(k) richten sich des Weiteren insbesondere nach Objektart und Bodenwertniveau. Im
Gegensatz dazu korrelieren die Liegenschaftszinsen (Lz) objektspezifisch direkt mit Gesamt-
und Restnutzungsdauer der Immobilie.
[Exkurs „Schweizer Einfluss“: Wie die Auswertung der Kaufpreissammlung zeigte, weichen
zahlreiche schweizerische Staatsbürger beim Immobilienerwerb auf die Gemarkung
Waldshut-Tiengen aus. Als Ursachen können das deutlich höhere Bodenwertniveau (s.o.) speziell im Umland von Zürich und Basel sowie der Wechselkurs vermutet werden.
Zur Überprüfung, ob die vom Gutachterausschuss empfohlenen bundesdurchschnittlichen
Sachwert-Marktanpassungsfaktoren auf den hiesigen Grundstücksmarkt übertragbar sind,
wurden Daten aus Rheinland-Pfalz, Region West herangezogen (Landesgrundstücksmarkt-
bericht, 2013). Der Oberste Gutachterausschuss leitete für den Bereich „Luxemburger
Einfluss“ bei vergleichbaren Bodenwertniveaus Daten im Raum Trier-Saarburg ab, welcher
seit Jahren eine ähnliche transnationale Dynamik erfährt. Betrachtet wurde der Teilmarkt
selbstgenutzter, freistehender Ein- und Zweifamilienhäuser, für die das Sachwertverfahren
die vorrangige Berechnungsmethode darstellt. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die dortigen Sachwertfaktoren fast identisch mit denen
des Referenzsystems 2012 (Sprengnetter) sind, während in anderen, ländlich geprägten
Regionen von Rheinland-Pfalz die Werte vergleichbarer Objekt vielfach ca. 20 % darunter
liegen.
Bezüglich der Liegenschaftszinsen (im Ertragswertverfahren) für renditeorientierte Mehr-
familienhäuser oder für vermietetes Wohnungseigentum darf eine ähnliche Tendenz
angenommen werden. Ausprägung und Dynamik dieses Teilmarktes lassen ein geringes
Ausfallrisiko erwarten, was sich in niedrigeren Liegenschaftszinsen widerspiegelt.]
Da die Ermittlung der Marktanpassungsfaktoren (k; Lz) auf der
jeweiligen Verfahrens-Umkehrung gründet, wird bei der
Nachbewertung der vorläufige Sachwert bzw. der vorläufige
Ertragswert eines „fiktiv schadensfreien Objekts“ berechnet.
Kaufpreis-mindernde (u.a. Baumängel/-schäden) oder Kauf-
preis-erhöhende Umstände (z. B. begünstigende Rechte)
werden in Form besonders objektspezifischer Grundstücks-
eigenschaften erst anschließend subtrahiert bzw. addiert. Bei
vorliegenden Bauschäden/-mängeln geschieht dies durch Rück-
griff auf diverse Baukostentabellen (z. B. BKI) oder auf persön-liche Erfahrungswerte des Gutachters.
Die vom Gutachterausschuss behandelten und per Datenbogen
abgefragten Kaufobjekte weisen in der Mehrzahl typische boG
auf, wie sie dem Baualter und dem Umfang ggf. durchgeführter
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ent-
sprechen. Trotz gestiegener Ansprüche an die Wohnqualität
zeitigen vielfach veraltete Sanitärausstattungen (Objekte,
Fliesen) und Heizungsanlagen keinen bzw. kaum
nachweisbaren Einfluss auf den Verkehrswert. Auch eine
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mangelnde, d.h. den heutigen Anforderungen nicht (mehr) entsprechende Wärme-
dämmung (Dach, Fenster, Außenwände) wird vor dem Hintergrund des anhaltenden Nach-
frageüberhangs von der Käuferschaft scheinbar ohne nennenswerte Einbußen akzeptiert.
Probleme bereitet häufig die Bewertung eines nicht zeitgemäßen Wärmestandards, wie ihn
die jeweilig zum Wertermittlungsstichtag gültige Energieeinsparverordnung (EnEV) verbind-
lich vorschreibt. Die überwiegende Zahl der Bewertungsfälle bezieht sich auf Bestands-
gebäude, für die die EnEV nur bei „relevanten“ baulichen Veränderungen (mehr als 20 %
der vergleichbaren Bauteilflächen des Gebäudes) Anwendung findet. Dies betrifft regel-
mäßig Maßnahmen an Außenwänden, Fenstern, Dachflächen und Decken.
Zudem enthält die EnEV Nachrüstungspflichten von genereller Wirkung. So bestehen z. B.
Pflichten zum Austausch von Heizkesseln (Stichtag Einbau: 01.01.1985) und zur Dämmung
der obersten Geschossdecken zugänglicher und beheizter Räume bei Eigentümerwechsel.
Da die Bewertungsmodelle grundsätzlich zunächst auf ein schadens- und mängelfreies Objekt abstellen, hat der Gutachter sachgemäß zu entscheiden, inwieweit die vom bau-
jahrestypischen Zustand abweichenden Standards in die Liste der boG einzustellen sind.
Hingewiesen sei hier auf §§ 433 und 434 BGB, nach denen der Verkäufer u. a. für einen
mangelfreien Zustand sowie für die vertraglich vereinbarte Vermietbarkeit des Gebäudes
haftet.
Vor dem Hintergrund der „Modelkonformität“ ist zu berücksichtigen, dass die technisch-
bauliche Beschaffenheit eines Gebäudes bereits über die (modifizierte) Restnutzungsdauer
sowohl in den Ausstattungsstandards, als auch ggf. in der Punktetabelle zur Ermittlung des Modernisierungsgrades Eingang in die Bewertung findet (Anlagen 2 und 4 SW-RL).
6.4 Sonstige Anpassungen
Da der „Wertermittlung die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt am
Wertermittlungsstichtag“ zugrunde zu legen sind, fordert die ImmoWertV die Berücksichti-
gung weiterer verkehrswertbeeinflussender Umstände, wie bspw. die wirtschaftlichen und
demographischen Entwicklungen des Gebiets (§§ 3, 4), hier: die Stadt Waldshut-Tiengen.
Zu den ökonomischen Aspekten zählt die Anpassung der NHK 2010 an den jeweiligen
Zeitpunkt der Gutachtenerstellung mittels bundesweiten Baupreisindex (BPI) und regio-
naler Baukostenentwicklungen. Der vierteljährlich vom Statistischen Bundesamt (DESTATIS)
veröffentlichte BPI weist im II. Quartal 2014 eine Baupreisentwicklung von 109,2 bei Wohn-
gebäuden aus, was seit Einführung der geltenden NHK 2010 einer Steigerung von 9,2 %
entspricht.
Hinzu tritt der vom Baukosteninformationszentrum deutscher Architektenkammern (BKI,
2014) errechnete Regionalfaktor von ≤ 1,10 (≤ 1,05 2013) im Landkreis Waldshut. Dies
bedeutet, dass die Baukosten in Waldshut-Tiengen zwischen 5 bis 10 % über den bundes-
weit in der SW-RL gelisteten Normalherstellungskosten (NHK 2010, inkl. 17 % Bauneben-kosten) liegen.
Die ImmoWertV fordert in § 3 Abs. 2, die demografischen Entwicklungen eines Gebiets mit
in den Katalog der „allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt“ aufzuneh-
men. Verbindliche Berechnungsmodelle bzw. methodisch verwertbare Koeffizienten stehen
hierzu allerdings (noch) nicht zur Verfügung, lediglich verschiedene Handreichungen.
Ein Leitfaden (2012; Scharold/Peter) schlägt zur Präzisierung der Rahmenbedingungen
bspw. die Festlegung von folgenden Kriterien vor: Bevölkerungszahl, Altersstruktur (Alten-/
Jugendquotient), Arbeitsplätze der Gemeinde, Leerstände oder Anzahl bzw. Entwicklung
21
von Kaufverträgen. Die Untersuchung (Berlin-Institut/Stiftung Ettersburg, 2011) legt hinge-
gen als Parameter die (zeitliche) Entfernung zum Arbeitsplatz, Attraktivität der Gemeinde
sowie die örtliche Leerstandsquote an.
Nach einer Prognose des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg ist für Waldshut-
Tiengen ab 2018/2020 mit einem leichten Bevölkerungsrückgang bei zunehmender Über-
alterung zu rechnen. Zusammen mit dem bis dahin unverändert leichten Bevölke-
rungswachstum kann der demografische Effekt zumindest als nicht erheblich wertmindernd
eingeschätzt werden.
7. FAZIT
Auch wenn sich der Grundstücksmarkt in Waldshut-Tiengen in seinem Wachstum als robust
erweist, darf bei seiner Analyse nicht außer acht gelassen werden, dass es sich bei einem
Immobilienmarkt immer um einen sehr inhomogenen Markt handelt. Jenes ungleichmäßige
Auftreten zeigt sich bereits mit der Existenz unterschiedlicher Teilmärkte, als solcher der
Handel mit Wohnungseigentum in der Hochrhein-Gemeinde sehr stark ausgeprägt ist.
Des Weiteren erschwert - selbst in Anwendung möglichst einheitlicher Bewertungsmaß-stäbe - die Verschiedenheit der tatsächlichen Eigenschaften (Baumängel, Ausstattung,
Mietfläche), rechtlichen Gegebenheiten (bau-/planungsrechtlich, Grundbuch) sowie wirt-
schaftlichen Aspekten (Lage, Mieten, Drittverwendungsmöglichkeit) die Preisfindung.
Der nun vorliegende Immobilienmarktbericht berücksichtigt die vorgenannten Toleranzen
dahingehend, anstelle von Mittelwerten (das arithmetische Mittel ist relativ empfindlich
gegenüber Ausreißern) fast ausschließlich Spannenwerte zu benennen.
Im Zuge der Marktanpassung und der Wahl entsprechender Faktoren ist darüber hinaus zu
berücksichtigen, dass jene aus bundesweiten Kaufpreisanalysen stammen und somit nur eine begrenzte Repräsentativität für die regionale Marktsituation besitzen.
Quelle: Empfehlungen des Immobilienverbands IVD Bundesverband, Stand Januar 2010 Es obliegt somit dem Verantwortungsbewusstsein bzw. -gefühl des Sachverständigen, die
gewählten Wertansätze und damit errechneten Marktwerte vor Übertragung auf die
örtlichen Gegebenheiten immer einer abschließenden Plausibilitätskontrolle (Evaluierung)
22
zu unterziehen. Bei den erläuterten und streng formalisierten Berechnungsverfahren darf
nicht vergessen werden, dass eine fundierte Marktkenntnis eine Modellkenntnis nicht
ersetzen kann. Insbesondere in ländlichen Regionen mit ihren vielfach unzureichenden
Marktdaten sollte im Zuge des Wertfindungsprozesses verstärkt über eine örtliche Netzwerk-Partnerschaft nachgedacht werden.
8. ANLAGEN 8.1 Ehrenamtliche Mitglieder des Gutachterausschusses Dipl.-Ing. Erik Böffgen (Vorsitzender), Stadt- und Regionalplaner, Stadtverwaltung
Waldshut-Tiengen
Dipl.-Ing. Peter Haselwander (stellvertretender Vorsitzender), Freier Architekt, Lauchringen
Hans-Joachim Jenne, Finanzamt Waldshut-Tiengen
Erwin Matthias (Vertreter), Finanzamt Waldshut-Tiengen
Ingrid Blatter-Kaemmer, Immobilien-Sachverständige, Volksbank Hochrhein eG
Dipl.-Ing. Gerold Müller, Freier Architekt (BDA), Waldshut-Tiengen
Dipl.-Ing. Jutta Oehl, Architektin, Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen
Dipl.-Ing. Ernesto Preiser, Freier Architekt (BDA), Waldshut-Tiengen
Dipl.-Ing. Alice Sawatzky, Architektin, Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen Markus Wesner (B.Sc.), Leitung S-Immobilien, Sparkasse Hochrhein, Waldshut-Tiengen 8.2 Gebühren Die Gebühren für schriftliche Auskünfte aus der Kaufpreissammlung sowie über Boden-
richtwerte bemessen sich nach der „Anlage zur Satzung über die Erhebung von Gebühren
für öffentliche Leistungen (Verwaltungsgebührensatzung, 27.09.2010) und betragen
zwischen 5,- und 30,- €.
Die Erstattung von Verkehrswertgutachten richtet sich nach den Regelungen der „Satzung
über die Erhebung von Gebühren für die Tätigkeit des Gutachterausschusses (GAGS,
27.01.2014)“. Die Gebühren bemessen sich am jeweiligen Verkehrswert zuzüglich einer
Pauschale.
Für eine allgemeine Preisauskunft stehen die Bodenrichtwerte sowie der Antrag auf
Erstellung eines Verkehrswertgutachtens im Internet unter www.waldshut-tiengen.de
unter der Rubrik Bauen, Wohnen & Verkehr/ Gutachterausschuss zur Verfügung.
23
8.3 Bewertungsmodell für Wohnungseigentum
Stichtag 31.12.2012
Objektart Wohnungseigentum (in Mehrfamilienhäusern)
Marktsegmente nach Wohnungsgrößen
< 40, 40 bis < 80, ≥ 80 m² (Faktoren: 1,17 / 1,00 / 0,96)
und Wohnlageklassen I-V
Bodenwertbereich (Zone, Tabelle) Wohnlageklasse
≤ 100 €/m² I
> 100 €/m² ≤ 130 €/m² II
> 130 €/m² ≤ 180 €/m² III
> 180 €/m² ≤ 250 €/m² IV
> 250 €/m² V
Voraussetzung Kaufverträge der Quartale I/2013 bis IV/2014 (Kaufzeitpunkt)
• Weiterverkauf (kein Erstverkauf)
• kein Ein-/ Zweifamilienhaus
• möglichst ohne boG
• ohne Sondereigentume/-nutzungsrechte (Ga, TG, Stpl. etc.)
• Baujahr > 1964
Wohnfläche Wohnwert-abhängige Berechnung; Anpassung gemäß Faktoren (s.o.)
GND 70 Jahre (ausstattungsabhängig)
Standardstufe 4
Anzahl WE 10
Grundrissart 2-Spänner (1,00; Korrekturfaktoren gem. SW-RL)
Geschosslage unberücksichtigt
selbstgenutzt/ vermietet ohne Einfluss
Instandhaltungsrücklage in üblicher Größenordnung
Kellerraum nicht werterhöhend berücksichtigt
Bodenwert (BW) anteilig
BW-Anteil Ermittlung aus abs. (Gesamt-)Bodenwert x Miteigentumsanteil
Außenanlagen normaler Umfang