Grundlagen der Industrie- und Organisationssoziologie · „Einerseits führt daher die Manufaktur...
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31.10.2013
Grundlagen der Industrie- und
Organisationssoziologie
2. Arbeit und Arbeitsteilung
Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink
e-mail: [email protected]
31.10.2013
Arbeit und Arbeitsteilung
Lektüre
Marx, Karl (1975): Teilung der Arbeit und Manufaktur. In: ders., Das
Kapital. Bd. 1, Kap. 12. Berlin: Dietz, S. 356-390 (= Marx-Engels -
Werke. Bd. 23)
Smith, Adam (1861): Von der Theilung der Arbeit. In: ders., Über die
Quellen des Volkswohlstandes. Stuttgart: Engelhorn, S. 4-21
31.10.2013
Arbeit und Arbeitsteilung
Inhalt
Begriffsklärung
Arbeitsteilung bei Adam Smith
Arbeitsteilung bei Karl Marx
31.10.2013
Arbeit und Arbeitsteilung
Arbeit
„... zweckmäßige, bewusste, stets gesellschaftlich vermittelte, also aufgeteilte und als
„Ko-Operation“ organisierte Tätigkeit von Menschen zur Bewältigung ihrer
Existenzprobleme. In der Arbeit setzen sich Menschen rational und kollektiv mit den
Kräften ihrer natürlichen und sozialen Umwelt auseinander, verändern diese Umwelt
und damit auch ihr Verhältnis zu ihr.“ (Vilmar/Kißler 1982, S. 18)
Betrieb
„Zentrale Institution moderner Gesellschaften zur Erstellung von Gütern und
Dienstleistungen durch räumliche Zusammenfassung und Kombination der
Produktionsfaktoren nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Als soziales Gebilde
ist der Betrieb vor allem durch seine Herrschaftsstruktur sowie den Grad und die Form
der innerbetrieblichen Arbeitsteilung gekennzeichnet.“ (Fuchs-Heinritz u.a. 1994, S. 93)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Kapitalistischer Betrieb
„... von einem oder mehreren Eigentümern (Kapitalisten) oder deren Beauftragten
(Managern) oder – bei breiterer Streuung der Eigentumsanteile – durch beauftragte
Banken o.ä. nach der Maxime privater Gewinnmaximierung geleiteter Betrieb. Die
Herrschaftsverteilung folgt der Eigentumsverteilung: die vom Eigentum an den
Produktionsmitteln ausgeschlossenen Arbeiter und Angestellten produzieren in
Abhängigkeit vom Eigentümer bzw. von den Beauftragten der Eigentümer.“ (Fuchs-
Heinritz u.a. 1994, S. 93)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Industrialisierung
„Umwandlung einer vorwiegend auf landwirtschaftlicher Produktion
beruhenden Gesellschaft durch industrielle Produktion. Die Industrialisierung
geht historisch mit der Herausbildung kapitalistischer
Produktionsverhältnisse und einer verstärkten technologischen
Entwicklung zusammen. Zu den bedeutsamsten Erscheinungen der
Industrialisierung seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert zählen die
Entwicklung der Arbeiterklasse, die Land-Stadt-Wanderung, die
Entwicklung staatlicher und industrieller Bürokratien sowie die
Entwicklung eines auf Leistungs- und Wirtschaftlichkeitsorientierungen
beruhenden Wertesystems.“ (Fuchs-Heinritz u.a. 1994, S. 294)
Das Gegenteil: Subsistenzwirtschaft
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Arbeit und Arbeitsteilung
Arbeitsteilung nach Emile Durkheim
Historisch-sozioökonomische Tendenz zur relativen Trennung und
Verselbständigung von Berufstätigkeiten, Arbeitsgängen, Fähigkeiten
und Fertigkeiten
Historisch-gesellschaftliche Tendenz zur relativen Trennung und
Verselbständigung von politischen, administrativen, wirtschaftlichen etc.
Funktionen und Institutionen
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Arbeit und Arbeitsteilung
Adam Smith
* 1723 in Kirkcaldy
(Grafschaft Fife, Schottland)
† 17. Juli 1790 in Edinburgh
Schottischer Moralphilosoph
Begründer der klassischen
Volkswirtschaftslehre
(„The invisible hand of the market“)
Hauptwerke:
An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth
of Nations (1776)
The Theory of Moral Sentiments (1759)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Arbeitsteilung (nach Adam Smith):
Spezialisierung des Einzelnen („Vervollkommnung des
Einzelnen“)
Zeitersparnis (Kostensenkung)
Technischer Fortschritt: Erfindung und Einsatz von Maschinen
Höhere Produktivität und Produktion, Überschussproduktion,
Steigerung des allgemeinen materiellen Wohlstandes
Ursachen der Arbeitsteilung:
Fähigkeit des Menschen zu denken, zu handeln und zu
kommunizieren
Natürliche Tauschneigung („to truck and barter“)nach
Eigeninteresse der Beteiligten
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Arbeit und Arbeitsteilung
Adam Smith
„Diese Theilung der Arbeit, die Mutter so vieler Vortheile, ist keine
Erfindung menschlicher Weisheit, welche die Folgen, die für den
allgemeinen Wohlstand daraus entstehen würden, vorhersah und
beabsichtigte; sondern sie ist die nothwendige, wenn gleich sehr
langsame und allmählige Folge einer gewissen Neigung der menschlichen
Natur, die dergleichen Gemeinnützlichkeit durchaus nicht beabsichtigt: die
Neigung nämlich, zu tauschen, ein Ding gegen das andere
umzuwechseln.“ (Smith 1861: 14)
Zentrale Triebfedern des Tausches: Eigeninteresse
Kontrollmechanismus: Streben nach sozialer Sympathie!
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Arbeit und Arbeitsteilung
Adam Smith
Beschränkung der Arbeitsteilung durch den Umfang
des Marktes. Je kleiner der Markt, desto geringer der
Grad an Arbeitsteilung
Siehe: Land-Stadt-Wanderungen
Geographische Lage: Nähe zu Transportwegen (zu
Wasser oder zu Land) erleichtern Arbeitsteilung
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Heinrich Marx
* 5. Mai 1818 in Trier
† 14. März 1883 in London
Hauptwerk:
„Das Kapital“
(drei Bände, von denen nur der erste zu Marx Lebzeiten veröffentlicht wurde):
– Bd. 1: Der Produktionsprocess des Kapitals (1867, MEW 23)
– Bd. 2: Der Circulationsprocess des Kapitals (hrsg. von Friedrich Engels,
1885, MEW 24)
– Bd. 3: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion (hrsg. von
Engels, 1894, MEW 25).
Die gesammelten Werke finden sich als Volltext unter:
http://www.mlwerke.de/me/
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
„Die Arbeit ist zunächst ein Prozess zwischen Mensch und Natur, ein Prozess
worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigene Tat
vermittelt, regelt und kontrolliert. Er tritt dem Naturstoff selbst als eine
Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme
und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich ´den Naturstoff in
einer für sein eigenes Leben brauchbaren Form anzueignen. Indem er durch
diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert
er zugleich seine eigene Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden
Potenzen und unterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eigenen Botmäßigkeit.“
(Marx: Das Kapital 1, S. 192)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
„Die auf Teilung beruhende Kooperation schafft sich ihre klassische Gestalt in der
Manufaktur“ (Marx: 357)
Mitte der 16. Jhdts. bis letztes Drittel 18. Jhdts.
Heterogene Manufaktur – Einfache Manufaktur
Zusammenarbeit unterschiedlicher Handwerker in einem „Unternehmen“ unter dem
Kommando eines „Kapitalisten“
z.B. Herstellung einer Kutsche – Stellmacher, Sattler, Schneider, Schlosser, Gürtler,
Drechsler, Posamentierer, Glaser, Maler, Lackierer, Vergolder usw.
Problem: Es werden nur noch Kutschen gebaut, d.h. die Handwerker verlieren ihre
umfassenden Fähigkeiten – „Spezialisierung“
Homogene Manufaktur – organische Manufaktur
Viele Handwerker, die das Gleiche tun, arbeiten für einen Kapitalisten – Produkt vom
Anfang bis zum Ende
z.B. Nadelherstellung, Papierherstellung
Wandel: Zum Zwecke der Produktivitätssteigerung – „Die Arbeit wird daher verteilt“ (357)
Bild: Organischer Körper – Wechselseitige Abhängigkeit
Es gibt geschickte und weniger geschickte Arbeiter – Ungleichheiten!
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
Organische Manufaktur:
„Einerseits führt daher die Manufaktur Teilung der Arbeit in einen
Produktionsprozess ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombiniert sie
früher geschiedne Handwerke. Welches aber immer ihr besonderer
Ausgangspunkt, ihre Schlussgestalt ist dieselbe – eine
Produktionsmechanismus, dessen Organe Menschen sind.“ (Marx: 358)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
Gesellschaftliche Arbeitsteilung und Teilung der Arbeit in der Manufaktur
Unterschiedliche Fähigkeiten der Geschlechter – heute:
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
Sektorielle Arbeitsteilung – Stadt (Manufaktur) und Land (Landwirtschaft)
Teilung der Arbeit in der Manufaktur
„Da Warenproduktion und Warenzirkulation die allgemeine Voraussetzung der
kapitalistischen Produktionsweise, erheischt manufakturmäßige Teilung der
Arbeit eine schon bis zu gewissem Entwicklungsgrad gereifte Teilung der Arbeit
im Innern der Gesellschaft. Umgekehrt entwickelt und vervielfältigt die
manufakturmäßige Teilung der Arbeit rückwirkend jene gesellschaftliche Teilung
der Arbeit“ (Marx: 374)
(Interdependenz / Wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
Gesellschaftliche Arbeitsteilung und Teilung der Arbeit in der Manufaktur
Unterschiede:
Gesellschaft: Produkte von Handwerkern und Landwirten sind Waren, die sie
tauschen können
Manufaktur: Der Teilarbeiter produziert keine Ware. Er verkauft seine
Arbeitskraft. (Spezifische Schöpfung der kapitalistischen Produktionsweise)
„Die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft ist vermittelt durch den Kauf
und Verkauf der Produkte verschiedener Arbeitszweige, der Zusammenhang
der Teilarbeiten in der Manufaktur durch den Verkauf verschiedner
Arbeitskräfte an denselben Kapitalisten, der sie als kombinierte Arbeitskraft
verwendet.“ (Marx: 376)
Befreiung aus dem Feudalismus führt zu neuen Abhängigkeitsverhältnissen!
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
Folgen der kapitalistischen, manufakturmäßigen Arbeisteilung:
„Die auf Teilung der Arbeit beruhende Kooperation oder die Manufaktur ist in ihren
Anfängen ein naturwüchsiges Gebild. Sobald sie einige Konsistenz und Breite des Daseins
gewonnen, wird sie zur bewußten, planmäßigen und systematischen Form der
kapitalistischen Produktionsweise.“ (Marx 1975: 385)
„Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit schafft durch Analyse der handwerksmäßigen
Tätigkeit, Spezifizierung der Arbeitsinstrumente, Bildung der Teilarbeiter, ihre Gruppierung
und Kombination in einem Gesamtmechanismus, die qualitative Gliederung und
quantitative Proportionalität gesellschaftlicher Produktionsprozesse, also eine bestimmte
Organisation gesellschaftlicher Arbeit und entwickelt damit zugleich neue,
gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit. Als spezifisch kapitalistische Form des
gesellschaftlichen Produktionsprozesses […] ist sie nur eine besondere Methode,
relativen Mehrwert zu erzeugen oder die Selbstverwertung des Kapitals […] auf
Kosten der Arbeiter zu erhöhn. Sie entwickelt die gesellschaftliche Produktivkraft der
Arbeit nicht nur für den Kapitalisten, statt für den Arbeiter, sondern durch die Verkrüpplung
des individuellen Arbeiters. Sie produziert neue Bedingungen der Herrschaft des
Kapitals über die Arbeit.“ (Marx 1975: 386)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
„In der Marxschen Theorie wird die manufakturmäßige Arbeitsteilung als
historisch letzte Form bestimmt, durch Teilung der Arbeitskraft die
Produktivität zu steigern: Im Fabriksystem greift die Arbeitsteilung deshalb auf
die Arbeitsmittel, die Werkzeuge über und lässt die technische Arbeitsteilung
zwischen Maschinen und Maschinensystemen entstehen, der die menschliche
Arbeitskraft nur noch als Anhängsel untergeordnet ist.“ (Fuchs-Heinritz 1994, S.
60)
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Arbeit und Arbeitsteilung
Karl Marx
Der kapitalistische Charakter der Manufaktur
„Wie in der einfachen Kooperation ist in der Manufaktur der funktionierende Arbeitskörper
eine Existenzform des Kapitals. Der aus vielen individuellen Teilarbeitern
zusammengesetzte gesellschaftliche Produktionsmechanismus gehört dem Kapitalisten.
Die aus der Kombination der Arbeiten entspringende Produktivkraft erscheint daher
als Produktivkraft des Kapitals.“ (Marx: 381)
Teilung der Arbeit – Abhängigkeit, Ungleichheit, Unterdrückung:
„Die besondren Teilarbeiten werden nicht nur unter verschiedne Individuen verteilt, sondern
das Individuum selbst wird geteilt, in das automatische Triebwerk einer Teilarbeit
verwandelt, ... , die einen Menschen als bloßes Fragment seines eigenen Körpers
darstellt.“ (Marx: 381f)
Wandlung des Arbeiters zum abhängigen Wesen. Der Arbeiter existiert nur für den
Kapitalisten. Er kann sich selbst nicht mehr reproduzieren.
Der Einzelne verarmt an individuellen Produktivkräften – darauf fußt der Kapitalismus
Entfremdung – „Verblödung“ etc. als Folgen der kapitalistischen Produktionsweise.
Hauptwiderspruch im Kapitalismus!