Gesellschaftliche Unternehmensverantwortung: eine Illusion?€¦ · Corporate Social Responsibility...
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Prof. Dr. Jürgen Volkert
Hochschule Pforzheim VORTRAG IM PROGRAMM „UNI DER GENERATIONEN“
GÖPPINGEN, 09. NOVEMBER 2015
Gesellschaftliche Unternehmensverantwortung:
eine Illusion?
2
Agenda
1. Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
2. Werte & Verantwortung in der Globalisierung
– Fallbeispiel: Bayer CropScience: Kinderarbeitsbekämpfung und
Modelldorfprojekt für eine Saatgutlieferkette in Indien
3. „Unternehmensverantwortung“: Motive multinationaler Unternehmen
4. Allgemeine Wirkungen von Unternehmensstrategien auf Werte &
Nachhaltige Entwicklung
– Zielharmonien, Win-Win-Potenziale & positive Unternehmensbeiträge
– Gefahr strategischer Vernachlässigung von Teilen der
Unternehmensverantwortung & von Nachhaltiger Entwicklung
– Potenzielle Zielkonflikte und strategische Schadensverursachung
5. Grenzen von Unternehmensverantwortung
6. Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für Hochschulen?
3
Corporate Social Responsibility (CSR; EU 2011)
„Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die
Gesellschaft.“
Dazu sollten Unternehmen „auf ein Verfahren zurückgreifen können,
mit dem soziale, ökologische und ethische Belange sowie
Menschenrechtsfragen in enger Zusammenarbeit mit den
Stakeholdern in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie
integriert werden.“
Europäische Kommission (2011): MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS
DER REGIONEN: Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR), KOM(2011) 681 endgültig, S. 7.
Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
4
Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
Milton Friedman (1970):
„The Social Responsibility of Business is to
Increase its Profits“
„Wirtschaftliche Verantwortung“
(ergänzt durch rechtliche Verantwortung: ‚Legalität‘)
5
Die alte Welt der Nationalökonomik
intergenerationelle
Gerechtigkeit intragenerationelle/
soziale Gerechtigkeit Eigeninteresse: Nutzen-
und Gewinnmaximierung Menschenrechte
Politische Ordnung
Staat /
Regierung
Gesellschaftsordnung
Arbeitgeber
Sozialinitiativen
Öffentlichkeit/
Medien
Umweltgruppen
Wirtschaftsordnung
Wettbewerber
Shareholder
Unternehmen
Mitarbeiter
Kunden/
Konsumenten
etc.
Gewerkschaften
Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
6
Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
Staatliche Rahmenordnung: „systematischer Ort der Moral“
Staat/Regierung:
Kann dieser Verantwortung, gestützt auf ein Gewaltmonopol, z. B.
mit Gesetzen gerecht werden
Kann Gesetze und Politik kompetent (Gutachter für Spezialfragen),
allgemein verbindlich und demokratisch legitimiert regeln
Staat und Regierung verfügen im theoretischen Idealfall über eine:
freie Selbstbestimmung und freie Entscheidung
Fähigkeit, Handlungen und Konsequenzen absichtsvoll
herbeizuführen und zu kontrollieren
Staat kann und soll aus nationalökonomischer Perspektive
umfassende, unbedingte Verantwortung für legitime Prozesse und
Ergebnisse tragen: z.B. Menschenrechtsschutz
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Die alte Welt der Nationalökonomik
intergenerationelle
Gerechtigkeit intragenerationelle/
soziale Gerechtigkeit Eigeninteresse: Nutzen-
und Gewinnmaximierung Menschenrechte
Politische Ordnung
Staat /
Regierung
Gesellschaftsordnung
Arbeitgeber
Sozialinitiativen
Öffentlichkeit/
Medien
Umweltgruppen
Wirtschaftsordnung
Wettbewerber
Shareholder
Unternehmen
Mitarbeiter
Kunden/
Konsumenten
etc.
Gewerkschaften
Gesellschaftliche Verantwortung in der Nationalökonomik
Lobby
8 Quelle: Accenture & United Nations Global Compact: UN Global Compact-Accenture CEO Study, New (2010)
Werte und Verantwortung in der Globalisierung
9
http://www.ucanindia.in/uploads/news/2012/6/1339504762.jpg
http://www.indiawest.com/news/business/image_
f169c7f4-30d4-56cd-b2a9-6de179950058.html?mode=jqm
http://news.bbcimg.co.uk/media/images/
57994000/jpg/_57994530_jex_1295246_
de27-1.jpg
http://www.thehindubusinessline.com/multimedia/
dynamic/00805/child_805523g.jpg http://www.indianet.nl/divers/cottonsm4e.jpg
Fallbeispiel: Bayer CropScience in Indien:
Kinderarbeit in der Saatgutlieferkette
10
2000: Ethikkodex des Unternehmens=Null-Kinderarbeits-Politik
UN Global Compact: Selbstverpflichtung zu Mindeststandards bei
Menschenrechten, Arbeits- und Umweltnormen, Umwelt und
Korruptionsbekämpfung
12/2002: Bayer erwirbt Aventis CropScience mit Geschäften in Indien
3/2003: Bayer stellt Kinderarbeit bei Saatgutzulieferanten fest: Awareness
Training der Zulieferer zu Bayers Zero-Child-Labor Policy
4-5/2003: Deutsche Welthungerhilfe, Global March Against Child Labor
und andere Nichtregierungsorganisationen starten Anti-
Kinderarbeitskampagne
12/2003 Bayer gründet die Child Labor Elimination Group (CLEG) mit
Monsanto Indien, Syngenta Indien und lokalen
Nichtregierungsorganisationen
10/2004: Im Auftrag verschiedener NGOs veröffentlicht ein indischer
Aktivist einen Bericht zu Kinderarbeit bei multinationalen
Saatgutkonzernen
Fallbeispiel: Bayer CropScience in Indien:
Kinderarbeit in der Saatgutlieferkette
11
10/2004 CBG, German Watch und Global March Against
Child Labor reichen eine Beschwerde bei der OECD-
Kontaktstelle des deutschen
Bundeswirtschaftsministeriums ein
1/2006: Nach einem Monitor-Bericht im ARD
Untersuchungen durch Europäische Kommission,
Europäisches Parlament und Investorengruppen
6/2006: Ethikrat des norwegischen Pensionsfonds,
wesentlicher Aktionär bei Bayer, nimmt eine
systematische Untersuchung auf
1/2007: Bayer Child Care Program Steering Committee in
Hyderabad, Indien: beschließt Anti-Kinderarbeitsstrategie
unabhängig von CLEG
Fallbeispiel: Bayer CropScience in Indien:
Kinderarbeit in der Saatgutlieferkette
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Bayer-interne Umsetzung des Child Care Programms:
– Produktivitätssteigerungsprogramme
– Finanzielle Anreize zum Verzicht auf Kinderarbeit
– Ca. 4 unangekündigte interne und externe Kontrollen jedes Farmers
– Entwicklung besserer Infrastruktur und Curricula in Schulen
2005-2011: Kinderarbeit sinkt von 13,9 % auf 0,03 % der ca. 50.000
Arbeitskräfte auf den Feldern
2009: Bayer = Best Practice im Menschenrechtsbericht der
Bundesregierung
https://d22r54gnmuhwmk.cloudfront.net/pho
tos/9/sx/yo/NQSXYOurBYnJMSL-800x450-
noPad.jpg
Fallbeispiel: Bayer CropScience in Indien:
Kinderarbeit in der Saatgutlieferkette
13
Strategische CSR
„Idee, dass CSR in die Firmenstrategie und –handlungen integriert
werden sollte, um der Unternehmung langfristige ökonomische
Vorteile zu verschaffen (Werther/Chandler 2006, p.7).“
Z. B.: Risikomanagement, Zugang zum Kapitalmarkt
Motive der Unternehmensverantwortung
UN Global Compact-Accenture Study on Sustainability 2013: Architects of a Better World, New York:
Befragung von 1.000 Vorstandsvorsitzenden aus 103 Ländern und 27 Branchen
14
Entwicklung des Anteils von Unternehmen mit
Ethikkodizes unter den größten 200 Unternehmen
KPMG (2009) : Business Codes of the Global 200.
Motive der Unternehmensverantwortung
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G250 = Top-Unternehmen weltweit, gelistet im Fortune
Global 500 Ranking 2012
Anteil der Unternehmen, die eigene Berichte zur Unternehmens-
verantwortung publizieren, unter den größten 250 Weltkonzernen
Motive der Unternehmensverantwortung
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Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
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Bayer Model Village Projekt (seit 2011)
Zielsetzung:
Evaluierung von Maßnahmen, die für Bayer CropScience Business
Cases in der Saatgutproduktion erstens rentabel sind (z. B. durch
Produktivitäts- und Einkommenssteigerungen) UND
eine sozial und ökologisch nachhaltige Dorfentwicklung stärken (Triple
Bottom Line / Win-Win-Strategie)
Externe Evaluierung:
HS Pforzheim (Moczadlo, Strotmann, Volkert)
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
18
Table 1: Bayer Modelldorfprojekt quantitative Panelwellen in zwei Modell- und in zwei
Kontrolldörfern
1. Basiserhebung 2011 2. Panelwelle 2014
Zeitraum von Feldphase und Interviews 8/2011 – 9/2011 8/2014 – 10/2014
Zahl individueller Interviews >2,300 >2,400
Zahl von Haushaltsinterviews 995 1,040
Anteil/Zahl der schon 2011 befragten
Haushalte
995 / 100% 940 / 94 %
Modeldorfprojekt: Evaluation
• Basiert auf Haushaltsbefragungen in 2 Modell- & 2 Kontrolldörfern
• Basiserhebung 2011, Zweite (Panel-) Erhebungswelle 2014.
Weitere Untersuchungen:
• Gesundheits-Camps zur Erhebung der Gesundheitssituation
• Lernergebnismessung in Schulen von Modell- und Kontrolldörfern
2013 und 2015 (ebenfalls Panelstudie)
Qualitative Analysen: 18 Fokusgruppen-Diskussionen (FGD) mit mehr
als 200 Teilnehmern sowie Einzel- und Gruppeninterviews etc.
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
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– Methodenmix aus quantitativen und qualitativen Analysen
Konzeptionelle Grundlage
Ansatz der Verwirklichungschancen des Ökonomik-Nobelpreisträgers
Amartya Sen sowie der Vereinten Nationen („Human Development“)
Quantitative Befragung, z. B. 2011:
Repräsentative Basiserhebung 2011: Daten von 5830 Personen
Insgesamt über 600 Variablen zu ökonomischen, sozialen und
ökologischen Aspekten
Pilotstudie 2011 – offene Fragen: welche Verwirklichungschancen sehen
Dorfbewohner für sich persönlich als extrem wichtig für ein gutes Leben?
17 Dimensionen von Verwirklichungschancen wurden in einen
standardisierten Fragebogen aufgenommen
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
20
Bildung
Langes, gesundes Leben
Nahrung
Trinkwasser
Religion
Wohnen
Familienleben
Zeit mit Freunden
Fruchtbare Böden
Politische Beteiligung
Schutz vor Gewalt
Gute Arbeit
Natur
Respekt seitens anderer
Eigene Entscheidungen
Transport/Verkehrsmittel
Einkommen
0%
5%
10%
15%
20%
25%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%
No
t th
e r
ea
l fr
ee
do
m t
o a
ch
ieve
Anteil der Personen, die bestimmte Verwirklichungschancen für extrem wichtig halten sowie dazu jeweils subjektiv wahrgenommene Einschränkungen (Modelldorfprojekt, Panel-Welle 2011; N > 2.300
All households Quadrant I:
Hohe Priorität, überdurchschnittliche
Einschränkungen realer Freiheiten
SHD: Subjektiv wichtigste Herausforderungen
Bayer: Initiativen zur Vertrauensbildung?
Quadrant II:
Niedrige Priorität, überdurchschnittliche
Einschränkungen realer Freiheiten
SHD: weniger wichtig oder Anpassung an
Einschränkungen?
Bayer: Unterstützung & Förderung?
SHD: Wirkliches Wohlergehen, Anpassung
oder Fehleinschätzung? Bayer: Sensibilisierung, Info und
Empowerment?
Quadrant IV:
Hohe Priorität, unterdurchschnittliche
Einschränkungen realer Freiheiten
SHD: weniger wichtig oder Anpassung? Bayer: Sensibilisierung, Info und
Empowerment?
Own data and figure; n = 2,308 respondents; wording of well-being dimensions has been abbreviated in the figure
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
Quadrant III:
Niedrige Priorität, überdurchschnittliche
Einschränkungen realer Freiheiten
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Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
22
3800
4745
2400
3126
0
1000
2000
3000
4000
5000
Median Mean
Income
Expenditures
Mittlere und durchschnittliche Einkommen (blau)
und Ausgaben (rot): Rupien je Haushalt & Monat
26,5
7,6
51,5
17,2
0
10
20
30
40
50
60
Poverty Rate Poverty Gap
Income
Expenditure
Armutsquoten und Armutslücken von Einkommen
(rot) und Ausgaben (blau) < 1,25 $-Grenze in %
56,0
5,4
8,2
30,8
0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0
Sometimes problems to serve debts
Often problems to serve debts
Can always pay for debts
No debts
Anteil der Haushalte mit
Schuldenproblemen:
Alle Abbildungen: eigene
Daten, eigene
Darstellungen;
n = 994 Haushalte
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
23
• Bayer CropScience: Initiativen zur finanziellen Stabilisierung
• Mikrofinanzierung: Einführung von Spar- und Kredit-
Selbsthilfegruppen (ROSCAs) für Frauen
• Förderung der Erwerbschancen von Frauen
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
24
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
25
88 91,7
84,9
0
20
40
60
80
100
Total Boys Girls
Netto-Bildungsbeteiligungsquote der 7-
11- Jährigen im Grundschulbereich in %
70,3 76,9
62,4
0
20
40
60
80
100
Total Men Women
Lese- und Schreibfähigkeit (‚Alphabetenquote‘)
der 15- bis 24-jährigen Frauen und Männern in %
Quelle: Bayer CropScience Model Village Project – Baseline Survey 2011, Eigene Berechnungen.
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
26
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
27
Anteil untergewichtiger Kinder unter
5 Jahren in %
Anteil der mangelernährten Bevölkerung
über 14 Jahren in % (BMI-Variante)
48,6
42,4
45,8
0 20 40 60
Women
Men
Total
53 51 54
73 72 74
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Total Girls Boys
Lower Limit
Average at 6 months
Quelle:
Bayer CropScience Model Village Project
Baseline Survey 2011, Eigene Berechnungen
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
28
Initiativen zur finanziel-
len Stabilisierung • Mikrofinanzierung:
Einführung von Spar- und
Kredit-Selbsthilfegruppen
(ROSCAs) für Frauen
• Förderung der Erwerbs-
chancen von Frauen Human Development:
Wechselwirkungen - Entwicklungskoordinator
- ROSCAs
Gesundheitsinitiativen • Gesundheits-Camps
• Zahngesundheits-Camps
• Trinkwasseraufbereitung
• …
Weitere Initiativen • Angebot von Produkten für
die Landwirtschaft
• Beratung und Angebot von
Produkten gegen
Tierkrankheiten
Bildungsinitiativen • Computergestütztes Lernen
in der Schule
• Förderkurse („Evening
classes“)
• …
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
das Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
29
Modell- und Kontrolldorfbewohner berichten– unabhängig von der
Teilnahme an Bayer-Maßnahmen – und unter sonst gleichen Bedingungen
signifikant häufiger von einem Anstieg ihres Wohlergehens in den Jahren
2011-2014:
Je jünger die Interviewten sind**-***
Je größer ein Haushalt ist**
Wenn Befragte persönlich > 900 Rupien im Monat ausgeben können**
Wenn es sich um Frauen** handelt, (nur für “etwas höheres Wohlergehen”)
• Die Wahrscheinlichkeit, dass Befragte über einen Anstieg ihres
Wohlergehens in den Jahren 2011-2014 berichten, ist signifikant
niedriger:
Unter Dorfbewohnern ohne Land***
Unter Analphabeten***
Für Erwerbslose**
Für ”Unberührbare” (ST)
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
das Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
30
Zentrale Ergebnisse der zweiten quantitativen Erhebung:
Bayer CropScience-Initiativen 2011-2014 in den Modelldörfern haben,
kontrolliert um eine Vielzahl von Indikatoren, das Wohlergehen aus
der Sicht der Bevölkerung in statistisch signifikanter Weise erhöht
– Dies zeigt sich beim Ergebnisvergleich von Modell- und
Kontrolldörfern, aber auch beim Vergleich von Teilnehmern und
Nichtteilnehmern innerhalb der Modelldörfer.
– Weitere erste Ergebnisse deuten an, dass sich auch die objektiven
Lebensbedingungen in den Modelldörfern signifikant stärker
verbessert haben als in den Kontrolldörfern. Beispiels sind stärkere
Einkommensanstiege, deutlicherer Rückgang der Mangelernährung
und teilweise signifikant stärker verbesserte Lernergebnisse in
Schulen
– Mehr Vertrauen in das Unternehmen?
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
das Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
31
17%
10%
41%
24%
7%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Multinationale Konzerne allgemein
Völlige Zustimmung
Tendenzielle Zustimmung
Tendenzielle Ablehnung
Völlige Ablehnung
"Weiß nicht" für Konzerne oder"Noch nie von Bayer gehört"
Nur für Modelldörfer – These: „Insgesamt habe ich Vertrauen in Multinationale
Konzerne“. Anteile der Ablehnungen und Zustimmungen zu dieser These in %
Strotmann/Volkert/Moczadlo (2015): Eigene zweite Panel-Welle der Modelldorfevaluation; eigene Daten und Berechnungen. N > 2.400.
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
32
17%
38% 10%
1%
41%
2%
24%
35%
7%
24%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Multinationale Konzerne allgemein Bayer CropScience
Völlige Zustimmung
Tendenzielle Zustimmung
Tendenzielle Ablehnung
Völlige Ablehnung
"Weiß nicht" für Konzerne oder "Nochnie von Bayer gehört"
Nur für Modelldörfer – Thesen: „Insgesamt habe ich Vertrauen in Multinationale
Konzerne“ oder „Insgesamt habe ich Vertrauen in Bayer CropScience“. Anteile der
Ablehnungen und Zustimmungen zu beiden Thesen in %
Fallbeispiel: Bayer CropScience –
ein Modelldorfprojekt im ländlichen Indien
Strotmann/Volkert/Moczadlo (2015): Eigene zweite Panel-Welle der Modelldorfevaluation; eigene Daten und Berechnungen. N > 2.400.
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Zielharmonien, „Win-Win-Potenziale“& positive Unternehmensbeiträge:
1. „License to Operate“ durch Vertrauensbildung
2. Erlössteigerungen oder Kosteneinsparungen
3. Risikomanagement
4. Reputation am Kapitalmarkt
5. Reputation am Gütermarkt
6. Reputation am Arbeitsmarkt
• Die sechs Motivationsarten können Anlass zu Unternehmensbeiträgen
für alle Gebiete und Ebenen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit
sein.
Motive und Wirkungen von Unternehmensverantwortung
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UN Global Compact-Accenture Study on Sustainability 2013: Architects of a Better World, New York:
Befragung von 1.000 Vorstandsvorsitzenden aus 103 Ländern und 27 Branchen
Geringer Einsatz und wenig Effektivität
Allgemeine Wirkungen von Unternehmensverantwortung
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Zielindifferenzen: Gefahr der strategischen Vernachlässigung
von Teilen eigener Verantwortung und Nachhaltiger Entwicklung
Entwicklungsökonomischer Handlungsbedarf bei geringem
betriebswirtschaftlichem Nutzen oder prohibitiv hohen Kosten
Mangelnde Anreize der Unternehmen
Gefahr der Vernachlässigung zentraler entwicklungsökonomischer
Bereiche
Allgemeine Wirkungen von Unternehmensverantwortung
36
Allgemeine Wirkungen von Unternehmensverantwortung
Unbekannte und mangelnde Rentabilität
UN Global Compact-Accenture Study on Sustainability 2013: Architects of a Better World, New York:
Befragung von 1.000 Vorstandsvorsitzenden aus 103 Ländern und 27 Branchen
37
Potenzielle Zielkonflikte, vor allem zwischen Kerngeschäft von
Industrien einerseits und Werten und Nachhaltige Entwicklung
andererseits:
Unternehmen in allen Branchen: Umweltschutz
Beispiel industrielle Landwirtschaft allgemein - Pestizide:
– jährlich ca. 3 Mio Vergiftungen, 750.000 chronisch Kranke,
355.000 Todesfälle weltweit durch uninformierte, unsachgemäße
Verwendung
– Verlust an Artenvielfalt
– Klimaschutz
– …
Allgemeine Wirkungen von Unternehmensverantwortung
38
Allgemeine Grenzen von Unternehmensverantwortung
Freiwilligkeit
Glaubwürdigkeit: Greenwashing, Bluewashing…
Unternehmen als politische Akteure
Grenzen der Fähigkeit zur umfassenden Wahrnehmung von
Unternehmensverantwortung im Marktwettbewerb
Unternehmensstrategien & CSR: meist unter der Bedingung
strategischen Nutzens für Wettbewerbsfähigkeit und
langfristigen Unternehmenswert
Umfassender Schutz von Menschenrechten?
Fairness?
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Weiterhin unerlässlich: verbindliche Rahmenbedingungen
UN Global Compact-Accenture Study on Sustainability 2013: Architects of a Better World, New York:
Befragung von 1.000 Vorstandsvorsitzenden aus 103 Ländern und 27 Branchen
Grenzen von Unternehmensverantwortung
Aber auch: Gute Regierungsführung
40
Die alte Welt der Nationalökonomik
intergenerationelle
Gerechtigkeit intragenerationelle/
soziale Gerechtigkeit Eigeninteresse: Nutzen-
und Gewinnmaximierung Menschenrechte
Politische Ordnung
Staat /
Regierung
Gesellschaftsordnung
Arbeitgeber
Sozialinitiativen
Öffentlichkeit/
Medien
Umweltgruppen
Wirtschaftsordnung
Wettbewerber
Shareholder
Unternehmen
Mitarbeiter
Kunden/
Konsumenten
etc.
Gewerkschaften
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
41
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
Legitimes, nachhaltiges Handeln, geleitet von allgemein verbindlichen
staatlichen Normen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Ordnungsrahmen
Vorteile staatlicher Normen als Grundlage der Ordnungsethik
– Gewinnmaximierende Unternehmen
handeln legitim und nachhaltig, indem sie Gesetze befolgen
haben dadurch keine Wettbewerbsnachteile
können und sollen sich auf ihre ökonomischen Kernkompetenzen
konzentrieren, nicht auf Ethik & Nachhaltige Entwicklung
Managerinnen und Manager benötigen im Idealfall wenig Kenntnisse
von Werten und Nachhaltiger Entwicklung, die dementsprechend auch
kaum Thema in Lehrbüchern zu sein brauchen
– Business Schools und Lehrende
können sich auf ihr Fach konzentrieren und benötigen ebenfalls keine
weiteren Kenntnisse zu Werten und Nachhaltiger Entwicklung
42
Die neue Welt multinationaler Unternehmen in der Globalisierung
Unternehmen
Mitarbeiter
Investmentfonds
Internationale
politische
Organisationen
Rating- Agenturen
Wettbewerber
Kunden/Konsumenten
Regierungen
Öffentlichkeit/Medien
Lobbygruppen
Arbeitgeber
Shareholder
Umweltgruppen
Sozialinitiativen
Gewerkschaften Sozialaktivisten
intergenerationelle
Gerechtigkeit intragenerationelle/
soziale Gerechtigkeit Eigeninteresse: Nutzen-
und Gewinnmaximierung Menschenrechte
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
43
Konsequenzen für multinationale Unternehmen
Haben keine demokratische Legitimation eigenen Handelns
Stehen unter Druck durch Stakeholder mit fraglicher Legitimation
Sind Wettbewerbsverzerrungen ausgesetzt
Können Nachteile durch Nachhaltigkeitsinitiativen erleiden
Müssen Entscheidungen treffen, die über eigene
Kernkompetenzen hinausgehen Effizienz? Effektivität?
Wo verbindliche Normen fehlen, werden Werte wichtiger
Brauchen heute und besonders künftig Mitarbeiter, die über
Managementfragen hinaus grundlegende Kompetenzen in Ethik-
und Nachhaltigkeitsfragen besitzen, um die ethische Legitimität
und Nachhaltigkeit eigener Entscheidungen zu beurteilen
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
44
Hochschulen
Müssen diese neuen Querschnittsthemen mit ihren Lehrenden
kritisch und konstruktiv diskutieren und an die Studierenden
vermitteln
Dies verlangt:
Vermittlung neuer Inhalte und Kompetenzen
Didaktik – Harvard University: can ethics be taught?
Lernerfahrungen durch forschungsbasierte Lernprojekte,
Service Learning etc.
Weiterbildung von Lehrenden
Integration von Studierenden und studentischen Initiativen
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
45
• Hochschule Pforzheim:
– 2008 Unterzeichnung der UN Principles for Responsible
Management Education (PRME) als eine der ersten 100
Hochschulen weltweit
– 2009, 2011 und 2013: PRME-Berichte an die Vereinten Nationen
– 2013: Mitglied der PRME Champions Group
– 2014: Mitgründung des regionalen PRME-Chapters D-A-CH
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
46
• Nationalökonomik verfügt über ein effizientes Grundkonzept, das:
– Verantwortung für Werte, Normen & NE auf Regierungen und den
gesellschaftlichen & wirtschaftlichen Ordnungsrahmen überträgt
– Dies gewährleistet, dass eigeninteressierte gewinnmaximierende
Unternehmen qua Normeinhaltung legitim und nachhaltig handeln
– Globale und nationale Governance-Lücken führen weit von dieser
Grundidee weg und zu neuen Akteuren und Prozessen
– Unternehmen haben dabei Entscheidungen zu treffen, die der
Staat erfüllen sollte
– Für diese neuen Aufgaben wird den Unternehmen eine neue
Verantwortung zugeschrieben
– Hierzu können die Unternehmen positive Beträge leisten, laufen
aber Gefahr im Wettbewerb notwendigerweise eine Reihe von
ethischen Aspekten zu vernachlässigen oder zu beeinträchtigen
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
47
• Je mehr die Normen des Ordnungsrahmens an Bedeutung verlieren,
um so mehr müssen sich Unternehmen kompetent mit Werten
auseinandersetzen
• Jedoch sind Hochschulen nicht in der Lage, umfassende
gesellschaftliche Verantwortung für ihr eigenes Handeln sowie für
Nachhaltige Entwicklung zu übernehmen
• Zielindifferenzen zwischen Unternehmensverantwortung und
strategischen Unternehmenszielen führen zu Vernachlässigungen
sowie Verletzungen gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung
• Für Hochschulen sind diese neuen Realitäten höchst relevant:
• Nicht weil diese effizienter wären, sondern weil sie, nicht nur in
internationalen Geschäften eine große Relevanz besitzen
• Wenn die Voraussetzung eines steuernden Ordnungsrahmens
immer häufiger fehlt, müssen sich Ökonomen (BWL und VWL)
Konsequenzen für ihre Disziplin und für ihre Studierenden
analysieren und unterrichten
Fazit: neue Realitäten für Unternehmen – und auch für
Hochschulen?
48
Vielen Dank!