Informatik: Theoretische Informatik; Weilburg XII/111 Berechenbarkeit (Eine Unterrichtsreihe für Q3)
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F i l m u n d F i l m p r o d u k t i o n Unterrichtsreihe von und mit Anja Balssat undNima Sorouri
Kontakt: [email protected] / nima @techtick.de
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Inhalt3 kleines Vorwort zu diesem Reader
4 Bildebene eine Übersicht
5 Mise-en-scène Gestaltung vor den Dreharbeiten
6 Kamera Einstellungsgrößen
8 Dramaturgie der Einstellungsgrößen
9 filmische Einheiten von der Einstellung zur Szene
10 Kamera Kameraperspektiven
12 Kamera Kamerabewegungen
14 Licht & Farbe Gestaltung während & nach des Drehs
17 Schärfe Tiefenschärfe & Verlagerung
18 Tonebene Gesprochenes Wort & Musik
19 Schnittfrequenz / Kontinuität Der richtige Anschluss
21 Montage & Dialog diverse „Schuss“-Verfahren
23 Exposition eine erste Aufgabe
24 voooooor dem Film Storyboard
26 zusammengefasst Bild, Ton, Montage in aller Kürze
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In diesem Reader werden filmtheoretische Be-griffe und Grundlagen veranschaulicht.
Während des gesamten Workshops kann dieser Reader zur Hand genommen werden und die praktsiche Arbeit unterstützen.
Stark beeinflusst ist dieser Reader von den Aus-führungen (und Materialien) Manfred Rüsels, medien- und Literaturwissenschaftlicher Autor, aus dem Filmseminar Film- und Fernsehanalye an der RWTH-Aachen. Dieses Seminar hat uns sehr zur filmischen Arbeit inspiriert.
Filme zu „sehen“ ist leicht. Da sie die Wirklich-keit nachahmen, findet jeder Zugang zu ihrer Oberfläche.
Filme zu verstehen ist schwierig. Denn sie erzählen in ihrer eigenen Sprache, die zu ent-schlüsseln ein geschultes Auge verlangt. Je mehr einer über Filme weiß, desto mehr teilen sie ihm mit.
Film ist Ware - Produkt einer Filmindustrie, die zur Bestätigung des Vorhandenen neigt. Film ist Kunst - geschaffem von Filmemachern, die die Wirklichkeit in Frage stellen und die Phantasie zu ihrer Veränderung freisetzen. Film ist Technik - ein kompliziertes Instru-mentarium, dessen Handhabung die filmische Erzählweise bestimmt. Filmgeschichte vollzieht sich in der Dialektik von Gegensätzen - im Produktionsprozeß selbst wie in der Wechsel-wirkung von Filmästhetik und Gesellschaft.Aus dem Vorwort von Film versthen, James Monaco, 1996.
k l e i n e s V o r w o r t
F i l m e z u „ s e h e n “ i s t l e i c h t
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M i s e - e n - s c è n e Gestaltung während /vor den Dreharbeiten
B i l d i n h a l t e Was ist zu sehen?
A u s s t a t t u n g
P e r s o n e n
U m g e b u n g
Erscheinung, Darstellung
B i l d g e s t a l t u n g
K a m e r a
L i c h t
F a r b e
- Einstellungsgrößen- Kameraperspektiven- Kamerabewegungen- Schärfenverhältnisse
B i l d a u f b a u
B i l d e b e n e , e i n e Ü b e r s i c h t
M o n t a g e / S c h n i t t Gestaltung nach den Dreharbeiten
M o n t a g e k o n z e p t
R h y t h m u s
E f f e k t e / N a c h b e a r b e i t u n g
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M i s e - e n - s c è n e Gestaltung während /vor den Dreharbeiten
B i l d i n h a l t e Was ist zu sehen?
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U m g e b u n g
Erscheinung, Darstellung
B i l d g e s t a l t u n g
Mise-en-scène
(französich für in Szene setzen),
beschreibt die Inszeneierung einer
Szene im Film und Theater.
Abbildungen aus Twin Peaks, US-
amerikanische Fernsehserie (1990,
1991), von David Lynch und Mark
Frost. Die Serie wird den Genres
Krimi, Mystery und auch Horror
zugeordnet.
Die Bilder zeigen eine einleitende
Szene (Mitte der zweiten Staffel).
Die Kamera schwenkt und fährt
sehr langsam an diversen Ein-
richtungsgegenständen im Haus
zweier Hauptfiguren vorbei. Das
Gezeigte (Gegenstände, Personen,
deren Kleidung und Frisuren, der
Handlungsort etc.) ist wichtig für
den Zusammenhang der Figuren,
charakteriisert sie und deutet gar
künftiges Geschehen voraus.
Auch der unwissenede Zuschauer
kann bei genauer Beobachtung
Interpretationen und Handlungs-
prognosen versuchen. Bilder: ScrennshotsTwin Peaks
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K a m e r a - Einstellungsgrößen
In der Filmsprache haben sich 8
Einstellungsgrößen durchgesetzt,
(wobei es in der Fach-Literatur
immer wieder unterschiedliche
Definitionen gibt).
Die Einstellungsgrößen Detail
und Panorama dienen meist als
Effekteinstellungen, erzeugen
Spannung (aufgerissene Augen)
oder suggerieren Freiheit (Wes-
ternlandschaft).
Die Einstellungsgrößen Groß und
Nah betonen in starkem Maße
die Mimik und dienen oft dem
Höhepunkten der dramatischen
Handlung.
Die Einstellungsgrößem Halbnah
und Halbtotal heben die Gestik
und Proxemik (Körpersprache) der
Schauspieler hervor, die unmittel-
bare Umgebung wird einbezogen.
Aufgrund von Größe und Format
des Fernsehens gilt der Bereich
zwischen Nah und Halbtotal als
besonders tauglich.
Je mehr Raum die Einstellungen
erfassen, desto länger sollten sie
sein, damit der Zuschauer Gele-
genheit hat, die Fülle an Einzelin-
formationen wahrzunehmen.
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K a m e r a - Einstellungsgrößen
Schaubild: Steven D. Katz, Die Richtige Einstellung, Frankfurt a.M., 1998 (leicht abgewandelt)
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Die Einstellungsgröße beschreibt
den Bildausschnitt.
Einstellungsgrößen beziehen sich
häufig auf Darsteller, zuweilen
auch auf unbewegte Objekte.
Obwohl es potentiell unendlich
viele Einstellungsgrößen gibt,
hat man sich in der Filmanalyse
auf diese acht Standartgrößen
geeinigt.
Im Film Der unsichtbare Dritte von
Alfred Hitchcock sind alle acht
Einstellungsgrößen in einer dra-
maturgisch sinnvollen Reigenfolge
arrangiert.
Bilder: Scrennshots Der unsichtba-re Dritte
Panorama
Totale
Halbtotale
Amerikanisch
Halbnah
Nah
Groß
Detail
D r a m a t u r g i e der Einstellungsgrößen
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Eine Einstellung kann unter verschie-
denen Aspekten beschrieben werden:
1. Einstellungsgrößen
2. Kameraperspektiven
3. Kamerabewegungen innerhalb der
Einstellung
4. Gestaltung des Filmbildes/ Licht
Ein durchschnittlicher Hollywoodfilm
wies in den 50er Jahren um die 700
bis 1000 Einstellungen auf, Oliver
Stones Natural Born Killers (1994)
hingegen ca. 3000 Einstellungen.
Alfred Hitchcock experimentierte ger-
ne und drehte Cocktail für eine Leiche
(1948) in nur wenigen Einstellungen.
Eine Handlung wird in unterschied-
liche Einstellungsgrößen dargestellt.
In der Regel bezieht sich jede
Einstellung auf die vorangegangene
und nachfolgende.
Bekanntes Beispiel nicht-chro-
nologischer Erzählweise:
Lost Highway. Auch die Drama-
turgie dieses Films bürstet so
ziemlich alle Regeln und Begriffe
der Filmanalyse gegen den Strich.
Aber auch hier paasst eine Regel:
wer sich der Elemente und Mög-
lichkeiten des Films bewusst ist,
die Regeln kennt und sie anwen-
den kann, der kann mit ihnen ex-
perimentieren. Andernfalls können
Experimente des Regelbruchs nur
fehlschlagen.
f i l m i s c h e E i n h e i t e n
Memento begeht und schafft die Gradwanderung, einen Teil der Handlung und Geschichte chronologisch richtig zu erzählen. Der andere Teil der Geschichte wird rückwärts erzählt, was sich dem Zuschauer trotz der unterschiedlichen Farbgestaltung erst mit und mit deutlicht. Der Film erhält durch diesen Kunst-griff seine ganz besondere Spannung.
Einstellung(auch Shot) stellt im Film die kleinste Einheit dar und es handelt sich um eine einzige ununterbrochene Kameraaufnahme.
Szeneist die allgemeine Bezeichnung für einen Teil des Films, so wie die Einstellung. Die Szene ist meist länger als die Einstellung.Die Szene besteht aus einer oder mehrer Einstellungen, die durch den Ort, die Zeit, die Handlung und durch die anwesenden Perso-nen verbunden sind (Einheit von Ort und Zeit).Um eine stimmige Gestaltung einer Szene zu gewährleisten, müssen aufeinanderfolgende Einstellungen in den folgenden drei Aspekten übereinstimmen:
- in der Positionierung - in der Bewegung - in der BlickrichtungEine Sequenz umfasst eine oder eine Reihe von Szenen zwischen denen ein gedanklicher Zusammenhang besteht (dramaturgische Einheit). Sie ist ein geschlossener Abschnitt einer Handlung und hat normalerweise einen Anfang, eine Mitte und einen Schluss. Der Schluss fällt entweder mit einem Höhepunkt oder einen Ruhepunkt der Erzählhandlung zusammen. Mehrere Sequenzen ergeben einen Film.
SzenenwechselIn der Regel endet eine Szene nicht plötzlich und unerwartet. Bleibt bei einem Szenenwechsel ein logischer Zusammenhang ge-wahrt, ist der Zuschauer nicht verwirrt, wenn sich etwa der Schau-platz ändert. Filme wie beispielsweise Memento, wo Handlung und Geschichte nicht chronologisch erzählt werden, fordern dem Zuschauer große Aufmerksamkeit ab, bis er einen Zusammenhang versteht. Hier wirkt der Szenenwechsel oftmals verwirrend.
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K a m e r a - Kameraperspektiven
DIE NORMALE SICHT
Bei der Normalsicht muss die
Kamera in Augenhöhe Objekte und
Personen, die kleiner sind, von
oben betrachten und umgekehrt.
Ein Film für Kinder hat einen nied-
rigeren Kamerastandpunkt, damit
der Zuschauer die Welt aus den
Augen der Kinder wahrnehmen
und sich mit ihnen identifizieren
kann. Die Erwachsenenwelt aus
der Sicht eines Kindes müsste
insofern aus der Untersicht gefilmt
werden.
Für die Analyse der Einstellung und ihrer jeweiligen dramaturgi-schen Funktion spielt die gewählte Kameraperspektive eine wichti-ge Rolle. Ob die Kamera von einem erhöhten oder niedrigenStandpunkt blickt oder ob sie das Geschehen aus der normalen Perspektive einfängt, jedesmal erhält das Bild eine andere Aussage-kraft. Die Kamera gibt uns vor, was und vor allem wie wir zu sehen ha-ben. Im Gegensatz zum Theater haben wir beim Film keine Mög-lichkeit, unsere eigene Perspektive zu wählen. Einstellungsgröße und Kamerastandpunkt bilden eine untrennbare Einheit, legen unseren Blick fest und stellen somit die unmittelbarste physische und psychische Verbindung zwischen den dargestellten Personen oder Objekten und dem Publikum her.
Die gebräuchlichste Kameraperspektive ist die Normalsicht . Siefängt das Geschehen in Augenhöhe der Protagonisten ein und versucht, unsere ›normale‹ perspektivische Wahrnehmung abzu-bilden.
Aus der Untersicht aufgenommene Objekte und Personen ver-mitteln einen völlig anderen Eindruck als aus der Normalsicht. Dabei lässt sich auch hier keine gesetzmäßige Aussageintention der Perspektive festmachen. Vielmehr wirkt sie, wie jedes filmische Mittel, immer abhängig vom dramaturgischen und gestalterischen Kontext. Die Untersicht kann die abgebildete Person heroisch-überlegen wirken lassen wie bei der Hitlerdarstellung in den Filmen von Leni Riefenstahl, ebenso kann sie einen lächerlichen Effekt haben wie Chaplins Hitlerdarstellung in Der große Diktator (1942). In der Regel soll durch Untersicht jedoch eine bedrohliche Atmosphäre kreiert werden.
Das Gegenteil der Untersicht ist die Aufsicht (auch Obersicht). Objekte und Personen, die aus einer erhöhten Perspektive auf-genommen werden, wirken – je nach Kamerawinkel – kleiner, hilfloser, einsamer.Die extremste Aufsicht filmt das Geschehen vertikal von oben. Diesen Kamerastandpunkt nennt man „Top Shot“.
Als vierte, wenn auch wesentlich seltener eingesetzte Kameraper-spektive, soll noch die Schrägsicht (auch gekippte Kamera) er-wähnt werden. Hier ist die Kamera nach rechts oder links gekippt, sodass eine schräge Sicht entsteht. Sie evoziert einen stark irrealen Eindruck. In Filmen, in denen der Bedrohungscharakter etwa von Häusern ausgeht (Psycho II, USA1982; Amityville Horror, USA 1983), werden diese beispielsweise schräg und in Untersicht aufge-nommen.
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Abbildungen von oben nach
unten: Normalsicht, Untersicht,
Unetrsicht, Obersicht.
Die so genannte Subjektive
Einstellung nennt man auch Point
of View Shot (POV. Häufig geht
einer solchen Einstellung eine
Großaufnahme voraus, in der eine
Person auf eine Aktion außerhalb
des Bildes starrt. Die direkt daran
anschließende Einstellung wird
dann zum Blickwinkel der Person,
die Kamera sieht die Welt mit
deren Augen.
Diese Art filmischer Gestaltung
geht auf den russischen Filmema-
cher Serge Eisenstein zurück.
Bilder aus den Filmen:
Whatever works
Der große Diktator
Kill Bill
Fear and loathing in Las vegas
K a m e r a - Kameraperspektiven
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• langsamer Schwenk: informativ
• Personenbegleitender, verfol-
gender Schwenk: stimmungser-
zeugend (Panoramaschwenk),
spannungserzeugend (abtastend,
suchend)
• schneller Schwenk: Focussierung
auf einzelne Details oder Perso-
nen, dynamisch
• Reiss-Schwenk: imitiert rasche
Augenbewegung, hektisch, kaum
wahrnehmbar
• Hin-/Ranfahrt: einführend,
verengend, identifizierend
• Rück-/Wegfahrt: Bildraum öff-
nend, distanzierend,
• Parallelfahrt: begleitend, identi-
fizierend (Personen) oder infor-
mierend, beschreibend
• Um-/Kreisfahrt: große Tiefenwir-
kung, umlauernd, belauschend, ins
Zentrum stellend
• Kranfahrt: großer Bewegungs-
spielraum, (oft ferngesteuert) sehr
dynamisch, Überblick verschaf-
fend,
• „entfesselte Kamera“: größtmög-
liche Bewegungsfreiheit (Steadi-
cam, Handkamera, im filmischen
Raum, losgelöst, computersimu-
lierte Fahrt) gelöst, schwerelos,
schwebend, ruhelos, nervös,
hektisch
K a m e r a - Kamerabewegungen
Schaubild oben: James Monaco, Film verstehen, Reinbek 1995, Seite 94,Rechts: Steven D. Katz, Die rich-tige Einstellung, Frankfurt a. M. 1998, S. 381 ff.
Neben Einstellungsgröße und Kameraperspektive ist die Be-wegungsrichtung der Kamera ein wichtiges Ausdrucksmit-tel, das im günstigsten Fall die Funktion einer eigenstän-digen Erzählfigur im Film übernimmt.
Grundsätzlich lassen sich Ka-merabewegungen in zwei Ka-tegorien fassen: Kamerasch-wenks (Schwenken, Rollen, Neigen) und Kamerafahrten. Beide Bewegungsgruppen vergrößern den Bildraum, verschaffen Überblick, zeigen
Räume und Personen, verfolgen Objekte. Sie leiten den Blick des Zu-schauers, lenken die Aufmerksamkeit und verstärken das Gefühl von Räumlichkeit.
Schwenken und Neigen bezeichnen die Kamerabewegungen in hori-zontaler und vertikaler Richtung, bei denen die Kamera jedoch ihren Standpunkt nicht verlässt. Auch beim Rollen bleibt der Standpunkt unverändert. Die Kamera kann hier allerdings – auf der imaginären dritten Achse – hin- und hergekippt werden. Der Informationscharakter und die Wirkung hängen von der jeweiligen Geschwindigkeit der Bewegung und der Einstellungsgröße ab.
KamerafahrtEine Kamera, die ihren Standort verlässt, beginnt eine Fahrt. Die Ka-merafahrt durch den inszenierten Filmraum verändert ständig das Perspektivezentrum und kann die Tiefenwirkung eines dreidimensiona-len Raums am besten wiedergeben. Eine Szene mit wechselnden Pers-pektiven, die eine dynamische Kamerafahrt erzeugt, übt eine größere Suggestivkraft aus, als wenn die gleiche Szene geschnitten wäre. Deshalb benutzen viele Regisseure komplexe Kamerafahrten gerade zu Beginn ei-nes Films, wenn die Aufmerksamkeit des Zuschauers besonders hoch ist.
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Im Laufe der Filmgeschichte sind
die technsichen Möglichkeiten im-
mer größer geworden, ebenso die
Effekte in der Nachbearbeitung.
Wurden Kamerafahrten einst auf
kleinen Rollwagen bewerkstelligt
können heute spektakuläre Kame-
rafahrten am Bildschirm simuliert
werden (wie besipsielsweise in
der Exposition von Moulin Rouge,
siehe Abbildung Mitte).
Vertigo-Effekt
Die Kamera fährt auf Schienen
(Dolly/Kamerawagen), und das
fokussierte Objekt bleibt durch
eine gegenläufige Anpassung
der Brennweite eben während
dieser Fahrt in unveränderter
Größe im Bild. Der Bildausschnitt
des Hintergrundes wird auf diese
Weise größer (Wegfahrt) oder
kleiner (Hinfahrt). Ein unnatür-
licher sogartiger Effekt entsteht,
den erstmals Alfred Hitchcock in
seinem Film Vertigo – Aus dem
Reich der Toten (1958) einsetzte.
Höhenangst sollte mit Hilfe des
Effektes suggeriert werden.
K a m e r a - Kamerabewegungen
Beim Zoom wird die Brennweite der Kamera verändert, der Kamerastandpunkt bleibt unverändert. Hin- oder Rückfahrten werden sozusagen immitiert und der Bildraum wird dadurch ent-weder verengt oder geöffnet. Videokameras sind in der Regel mit Zoomobjektiven ausgestattet, d.h. die Brennweite kann leicht verändert werden. Die mensch-liche Wahrnehmung ermöglicht keinen derartigen Vorgang. Um einen anderen Bildausschnitt zu erlangen, muss sich der Mensch an einen anderen Ort begeben. Der Wechsel der Brennweite wi-derspricht damit der menschlichen Wahrnehmung und sollte bei der Filmarbeit vorsichtig eingesetzt werden.
Zoom
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LichtgestaltungDie Beleuchtung einer Einstellung soll entwedereinen realistischen Eindruck erzielen (Räume und Personen wer-den normal, logisch ausgeleuchtet),oder dramatisch wirken (Räume und Personen werden besonders wirkungsvoll ausgeleuchtet).Helle Lichtgestaltung kann eine positive, freundliche Wirkung erzielen, halbdunkle oder dunkle Beleuchtungen können ge-fährlich, unheimlich oder mysteriös wirken. Deshalb betonen die spannenden Szenen in Thrillern oder Horrorfilmen häufig das Dunkel von Räumen. Böse oder gefährliche Personen (Antagonis-ten) werden oft halbdunkel beleuchtet. Vor allem bei den Groß- und Nahaufnahmen wirkt ein Gesicht, das von Licht und Schatten geteilt wird, sehr bedrohlich (Streiflicht).Man braucht keine professionellen Scheinwerfer, um auszupro-bieren, wie durch Veränderung der Lichtquellen, die Wirkung des Bildes verändert wird. Es reichen zwei bis drei normale Strahler (am besten solche, die man dimmen kann).
FarbgestaltungFarben erzeugen beim Betrachter gewisse Stimmungen und Ge-fühle. Beim Film können Farben über das Licht (z.B. Farbfilter) und über Requisiten (z.B. Kleidung, Gegenstände) besondershervorgehoben werden. Dabei gilt die Signalfarbe Rot als auf-fälligste Farbe des Films. Sie signalisiert häufig Gefahr und/oder Liebe. Auch der Computer spielt heute bei der Farbgestaltung eine wichtige Rolle. Bei der Nachbearbeitung der Einstellungen (Post-produktion) können bestimmte Farben auf digitalem Weg betont oder reduziert werden. Filme, in denen die Farbe stark reduziertwurde (entsättigte Farbgestaltung), wirken kühl und unfreundlich.Die Farbpalette rechts bietet eine Auswahl an Assoziationen, die je nach Farbintensität und inhaltlichem Kontext positive oder negati-ve Gefühle erzeugen kann.
Gelb: Reife, Wärme, Optimismus,
Vorwärtsstreben, Erlösung, Licht,
Leichtsinn, Verschwendung,
extrovertiert
Blau: Harmonie, Unendlichkeit,
Sauberkeit, Kälte, Sterilität, Un-
nahbarkeit,
Rot: Aktivität, Dynamik, Aggres-
sion, Gefahr, Exzentrik; Liebe, Lei-
denschaft, Erotik; Eroberungswille,
Gefahr, Zorn, exzentrisch
Grün: Frische, Lebensfreude, Be-
harrlichkeit, Sicherheit, Entspan-
nung, Zufriedenheit, Hoffnung,
naturverbunden
Orange: Freude, Lebensbejahung,
Ausgelassenheit, Spaß, aktiv,
unrealistisch, fanatisch
Violett: Geheimnis, Magie, Zau-
berei; Einsamkeit, Selbstbezogen-
heit, Eitelkeit, Melancholie,
Braun: Bequemlichkeit, An-
passung, Zurückgezogenheit,
Gemütlichkeit, Bodenständigkeit,
Schwere
Grau: Nüchternheit, Sachlichkeit,
Neutralität, Nachdenklichkeit;
Elend, Trostlosigkeit, Langeweile,
unbeteiligt
Schwarz: Negation, Trauer, Tod
Auflehnung, Undurchdringlichkeit,
Abgeschlossenheit, Hoffnungslo-
sigkeit, Schwere, Bedrohung,
Weiß: Reinheit, Sauberkeit,
Unschuld, Gleichheit, Göttlichkeit,
Ordnung, Offenheit
L i c h t & F a r b e
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In dem so genannten Endzeitdra-
ma Blindness treten Farben und
Sättigung die meiste Zeit in den
Hintergrund. Ein oft graues nüch-
ternes Bild entsteht mit Nuancen
von Grün und Rot.
In Steven Soderborghs Drama
Traffic, Macht des Kartells werden
unetrschiedliche Erzählebenen
auch farblich voneinander unter-
schieden. Die in Mexico spielenden
Szenen (hier geht es um Dorgen-
kartelle) sind mit einem Gelbfilter
ausgestattet. Wärme/Hitze (Bedro-
hung), Leichtsinn (Gefahr) werden
auf diese Weise suggeriert.
Das Musical-Drama Moulin Rouge
spielt im Paris der Bohème und
sprüht immer wieder nur so vor
Gefahr, Exzentrik, Liebe, Leiden-
schaft, Erotik; Eroberungswille,
Gefahr, Zorn, Exentrik etc. Die
Farbe Rot doniniert den Film
demnach.
In Scarface geht es um den
Aufstieg und Fall eines Drogen-
barons ( gespielt von Al Pacino).
Die titelgebende Figur ist dunkel/
dunkel gekleidet, umgibt sich
mit Schwarz und Dunklem sowie
Wertvollem (Gold, Kristall etc.).
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Film NoirDer Begriff wurde von französischen Kritikern geprägt und steht für ein bestimmtes Hollywood-Genre der vierziger und fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Es handelte sich damals vorwiegend um Kriminalfilme mit einer Betonung auf ein düsteres städtisches Milieu sowie auf zynische Einzelgänger als Helden.
Der Film noir wird vor allem von seiner Low-Key-Beleuchtung getragen. Starke Hell-dunkel-Kontraste, die oft extreme Schatten-bilder erzeugen sind typisch. Oft werden schräge Kamerapers-pektiven eingesetz sowie extreme Unter- oder Aufsichten. Bizarre Effekte kennzeichnen den Film noir, etwa Verzeichnungen etc.
Low Key
Stil der Lichtführung bei dem die
dunklen Töne vorherrschen, wo-
durch meist eine düstere Stimmung
erzeugt wird. / Siehe Bild oben.
High Key
Stil der Lichtführung bei dem das
Führungslicht (Key Light) und die
Schattenaufhellungen sehr stark
sind. Helle Töne im Bild sind vorherr-
schend. / Siehe Bild unten.
L i c h t & F a r b e
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SchärfentiefeAuch die Schärfentiefe eines Filmbildes ist ein wichtiger Faktor, für die Bildgestaltung. Die Schärfentiefe (auch Tiefenschärfe) ist der Bereich der scharfen Darstellung im Verhältnis zum fokussierten (scharf gestellten) Objekt.
Mit dem Mittel der Schärfeverlagerung (auch Rack Focus) kann die Wahrnehmung des Zuschauers leicht gesteuert werden (indem die Unschärfe sich etwa vom Hintergrund in den Vordergrund verlagert / die Aufmerksamkeit folgt der Schärfe
Unter Selektiver Schärfe ist zu versthen, dass nur Teile des Bildes scharf abgebildet sind. Auch hier wird die Aufmerksamkeit des Zuschauers insofern gelenkt, als dass Schwerpunkte gesetzt wer-den. Etwa bekommt durch die Scharfstellung des Hauptdarsteller diese Figur (oder ein Objekt) die Aufmerksamkeit.
S c h ä r f e
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Off- / On-Ton
Ist die Quelle des Tons im Bild zu sehen, spricht man von On-Ton, und ist die Ton-Quelle nicht sichtbar, handelt es sich um Off-Ton.Beim Of-Ton ist zu unterscheiden, ob die Geräusche, Sprache, Musik zur logischen Umgebung in der Szene gehören (etwa das Schließen einer Tür, Dialoge, Radiomusik) oder ob sie davon unabhängig zum Einsatz kommen ( Erzähler, Kommentar, Filmmusik).
SpracheSprache im Film wird üblicherweise über den Dialog, seltener über den Monolog transportiert. Dialoge können wichtige Informatio-nen zum weiteren Verlauf vermitteln.
Geräuschkulisse / Sound-DesignDie Geräusche werden bei der Postproduktion erzeugt. Dabei können bestimtme Geräusche besonders betont werden (hyperrre-alistische Geräusche), wie z.B. Atem, Schritte oder das Entsichern einer Waffe. Das Sound-Design spielt eine wichtige Rolle für die Atmosphäre einer Szene/eines Films, etwa da Geräusche im Film oftmals eine vorausdeutende Funktion erfüllen (z.B: kündigt der Wind etwas an).
MusikDas Filmerlebnis wird zu einem beträchtlichen Teil von der Film-musik beeinflusst. Sie kann Stimmungen begleiten (Illustration), in bestimmte Richtungen lenken (Polarisierung) oder im krassen Ge-gensatz zu den Bildern stehen (Kontrapunkt). Eine extreme Form der Illustration ist die Pointierung (auch Micky-Mousing), die nur kurze Momente der Handlung mit passenden musikalischen Sig-nalen unterlegt. Bei Szenenwechseln, Ellipsen, Parallelmontagen oder Montagesequenzen fungiert die Musik als akustische Klam-mer, indem sie die Übergänge als zusammenghörig definiert.
Leitmotiv
Vor allem in der Oper ist das musi-
kalische Leitmotiv bekannt.
Auch im Film findet es häufig Ein-
satz. Personen, Gegenstände der
Handlung oder Erzählstränge, die
im Film eine wichtige Rolle spielen
werden musikalisch mit einer
bestimmten Musik repräsentiert
(einmal eingeführt und immer
wieder aufgegriffen, eventuell
auch in Form von Variantionen, um
so Entwicklungen/Veränderungen
zu verdeutlichen).
T o n e b e n e
Filmbild aus Koyaanisqatsi, erster Teil der Qatsi-Trilogie, der sich mit dem Eingriff des Menschen in die Natur und generell zivilisationskritisch mit der menschlichen Lebensweise beschäftigt. Der Film besteht ausschließlich aus aneinandermontierten, assoziativen Bildsequenzen und der von Philip Glass komponierten Musik.
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S c h n i t t f r e q u e n z / K o n t i n u i t ä t
Einstellungsdauer und SchnittfrequenzDer Film entsteht erst nach Abschluss der Dreharbeiten am Schneidetisch. Der Cutter entscheidet, wann eine Einstellung en-det. Enthält die Einstellung viele Informationen, so sollte sie länger zu sehen sein. Detail-, Groß oder Nahaufnahmen können kürzer sein als etwa informierende halbtotale oder totale Einstellungen.
Die Häufigkeit der Schnitte innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z.B. einer Szene) nennt man Schnittfrequenz.
Werden viele kurze Einstellungen miteinander verbunden, so spricht man von einer hohen Schnittfrequenz. Sie erzeugt eine starke Dynamik und erregt die Aufmerksamkeit des Zuschauers. In der Regel besitzen Actionszenen eine hohe Schnittfrequenz. Aber: Über einen längeren Zeitraum können schnell geschnittene Szenen den Zuschauer überfordern.
Wenige Schnitte und längere Einstellungen bedeuten eine nied-rige Schnittfrequenz. Besonders gefühlsbetonte Szenen (z. B. Liebeszenen) wirken besser, wenn die mimischen und gestischen Ausdrucksmittel der Schauspieler in längeren Einstellungen zur Geltung kommen. Auch bei spannenden Szenen kann eine niedri-ge Schnittfrequenz die Situation verstärken (z.B. beim vorsichtigen Gang durch unbekannte Räume).
Ein gut geschnittener Film zeichnet sich durch einen ausgewoge-nen Tempowechsel von hohen und niedrigen Schnittfrequenzen aus.
Räumliche und zeitliche Konti-
nuität (Continuity)
In den meisten Filmen werden die
einzelnen Einstellungsabfolgen
und Szenen möglichst harmonisch
aneinandergereiht. Das heißt, der
Zuschauer empfindet die Schnitte
nicht störend oder irritierend. Die
Beachtung der logischen Kontinui-
tät ist dabei sehr wichtig.
Geht eine Person in der ersten
Einstellung von rechts nach links,
so sollte diese Bewegungsrichtung
in der folgenden Einstellung auch
beibehalten werden.
Oder: Eine Person, die in der ersten
Einstellung einen Zopf und eine
voll gefülltes Glas trägt, sollte in
der nächsten Einstellung die Haare
nicht offen tragen, und das Glas
sollte nicht halbgefüllt sein.
Verstöße gegen die Continuity-
Regel nennt man Anschlussfehler.
Selbst in aufwändigen Filmpro-
duktionen können Anschlussfehler
auftauchen, wenn die Einstellun-
gen, die zu einer Szene gehören,
an unterschiedlichen Drehtagen
aufgenommen werden oder wenn
der Film mehrfach umgeschnitten
wird, was bei Hollywoodprodukti-
onen nicht selten geschieht.
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Richtige Kontinuität
Falsche Kontinuität
K o n t i n u i t ä t
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Das 180-Grad-PrinzipDas 180-Grad-Prinzip (auch Handlungs-oder Achsenschema genannt) besagt, dass der Zuschauer auf der einen Seite der Hand-lung bleibt. Die Handlungsachse (auch center line) wird zum imaginären Vektor der Handlungsbewegung, der Anordnung der Darsteller und der Blickrichtung der Szene.
Alles, was im ABC-Bereich liegt, dient zur Orientierung im Hand-lungsgeschehen, alles im XYZ-Bereich schafft einen Achsensprung und damit Desorientierung beim Zuschauer.
A1: master-shot: beispielsweise zur Einleitung einer Szene, zentralperspektivisch von der Aktion entfernt (establishing-shot als Anfang einer Se-quenz)
A2: cut in: Die Kamera nähert sich der Handlung. Der Schnitt von A1 zu A2 entspricht einem cut in (hinein in das Geschehen) Von einem cut in kann nun wiederum zurück geschnitten werden: cut back von A2 auf A1.
Schuss/ Gegenschuss-Prinzip: (shot/reverse-shot, SRS), Wechsel zwischen Kamera C1 und B1, wobei sich die Protagonisten typischer weise ansehen. Aktion und Reaktion können deutlich gemacht werden. Schusswechsel im showdown, dem Höhepunkt des Western-Genre, wird meist nach dem Schuss/ Gegenschuss-Verfahren geschnitten.
Die Dialog-Szene
Szenen, wie etwa Dialogszenen,
in denen die erzählte Zeit der
Erzählzeit entspricht, werden in
verschiedene Einstellungen
aufgelöst ( = multiple-shotscene).
In der Regel beginnen sie mit
einem master-shot, der Überblick
über den Handlungsraum ver-
schafft.
Stehen sich die Dialogpartner
direkt gegenüber werden durch
den Wechsel der Kamerapositio-
nen Aktion und Reaktion deutlich
gemacht (Schuss/ Gegenschuss).
Beim Schulter-Schuss (overshoul-
der) wird auch derjenige an-
geschnitten gezeigt, der nicht
spricht.
Cut-backs dienen der räumlichen
Rückversicherung. Zur weiteren
Auflockerung der Szene kann der
Blick eines Protagonisten in den
Raum eine Einstellung weg von
den Sprechenden einleiten.
Bild: Beller, Hans: Handbuch der Film-montage, München 1993
M o n t a g e & D i a l o g
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Point of view-shot: (POV), die Kamera nimmt genau die Position eines Protagonisten ein und zeigt uns einen Ausschnitt des Geschehens aus dessen Blick, wie bei den Kamera C3 und B3
Over-shoulder-shot: B2 und C2 Blick über die Schulter des Protagonisten, der spricht, um Reaktion des Gegenübers zu zeigen.
Cut-away:Einer der Gesprächspartner hört beispielsweise ein Geräusch während er im Dialog ist. Sein Blick geht dann am Partner vorbei, und die Zuschauer sehen im Gegenschuss die Ursache für das Geräusch , die außerhalb des bisherigen szenisch gezeigten Akti-onsradius liegt.
M o n t a g e & D i a l o g
Zur Vermeidung eines Achsen-
sprungs, der zur Desorientierung
des Zuschauers führen würde, ist
darauf zu achten, dass die Hand-
lungsachse nicht überschritten
wird.
Aber: Achsensprünge können
absichtlich montiert werden.
Heutzutage werden sie oft
verwendet, um etwa die Orien-
tierungslosigkeit von Personen zu
verdeutlichen.
Beim point-of-view- shot schaut
man dem Sprecher in die Augen,
und nimmt somit die direkte Posi-
tion des Angesprochenen ein.
Bild: Screenshot 500 Days of Summer.
unten: Screenshot Lady in the Lake.
Lady in the Lake (1947), mit dem Film wurde der Versuch unterommen, kon-sequent aus Sicht des Ich-Erzählers zu drehen. Es waren eine Meneg Tricks von Nöten, wie etwa in dieser Dialog-Szene, um dem Zuschauer den Hauptdarstel-ler/Ich-Erzähler einmal zu zeigen. Der Film war nicht erfolgreich. Sicherlich auch, da die eingeschränkte Perspektive zu Langeweile führt.
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Erzählen ohne Worte / Exposition im FilmExposition (lateinisch: exponere; das heißt wörtlich „auseinander-setzen“ und im übertragenen Sinne „darlegen“). Die Exposition hat die Aufgabe, die Handlung in einen Kontext einzubetten und auf das Thema hinzuführen. Folgende Fragen sollen in einer Expositi-on geklärt werden:
1. Wo spielt die Handlung? / Handlungsort 2. Wann spielt die Handlung? / Handlungszeit 3. Wer spielt mit? / Handlungsfiguren - Gibt es Haupt- und Nebenfiguren? - Was erfahren wir über sie? 4. Werden sie vielleicht schon (vorläufig) charakterisiert? 5. Welche Atmosphäre/Grundstimmung herrscht vor?
In der Regel erkennt man zu Beginn eines Films sofort, ob es sich um eine Komödie, einen Liebesfilm oder einen Actionfilm handelt.
Eine helle Beleuchtung und fröhliche Musik werden nur in den seltensten Filmen einen spannungsgeladenen Thriller einleiten.
Häufig beinhalten Filmanfänge auch schon Vorausdeutungen auf den weiteren Verlauf der Handlung. Um die mehr oder weniger versteckten Hinweise zu erkennen, muss man sehr genau hin-schauen. Meistens erkennt man erst beim zweiten Sehen, welche Bedeutung etwa die Farbgebung, die Geräuschkulisse, ein schein-bar banaler Dialog oder bestimmte Requisiten für die weitere Handlung haben.
E x p o s i t i o n
Inhaltsangabe: Jeff (James Ste-
wart) ist Pressefotograf und durch
einen Beinbruch an den Rollstuhl
und seine Wohnung gefesselt.
Um der drohenden Langeweile zu
entkommen, beobachtet er aus
seinem Fenster zum Hof die Nach-
barschaft und lernt sie so bestens
und von allen Seiten kennen. Sei-
ne Freundin Lisa (Grace Kelly) ist
zunächst wenig begeistert davon,
aber schließlich ist die Neugier
doch stärker. Als die beiden im
Leben ihres Nachbarn von ge-
genüber, Mr. Thorwald (Raymund
Burr), einige Merkwürdigkeiten
beobachten, keimt in ihnen der
Verdacht, dass mit dessen Frau
etwas nicht stimmt. Jeff wittert
Mord und lässt den Hinterhof von
nun an nicht eine Sekunde aus
den Augen...
Das Fenster zum Hof (1954), Hinterhof einer Apartmentanlage.
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Nach der Idee kommt das StoryboardMit einem Storyboard kann das Drehbuch sozusagen zeichnerisch dargestellt werden. Da Filme eine sehr visuelle Angelegenheit sind, sollte der Arbeitsweg hin zum Film auch möglichst visuell be-schritten werden.
Mit Hilfe eines Storyboards können vor den Dreharbeiten wichtige Dinge überlegt und festgelegt werden, etwa Kameraeinstellungen, Perspektiven und Bewegungen.
Komplexe Sequenzen lassen sich nicht vor Ort, nicht am Drehort erarbeiten. Filmarbeit ist viel zu teuer, um spontane Entscheidun-gen zu fällen. Im Vorfeld sollte überlegt werden, wie ein Filmbild inszenniert wird. Im Storyboard werden eben diese Überlegungen niedergschrieben und gezeichnet.
Bild für Bild wird erarbeitet und demanch entstehet ein Bilderfluss, der Film wird geplant. Auf diese Weise können alle Mitwirkenden auf eine Art Plan gucken und es gibt eine eindeutige Gesprächs- und Arbeitsgrundlage. Zudem können mit Hilfe des Storyboards Anschlüsse überprüft, und Fehler vermieden werden.
v o o o o o o r d e m F i l m
Storyboard-Ausschnitt, John Wendels, 3D Artist, Character Modeller, Animator.
Was gehört in ein Storyboard:
- Bilder/Zeichnungen (Fotogra-
fien, alles was der Visualisierung
dient,)
- Bilderseitenverhälniss beachten
(3:4 oder 16:9)
- Einstellungsgrößen
- Kameraperspektiven
- Kamerabewegungen
- Bewgungen/Aktionend der han-
delnden Personen (Protagonist
oder Auto bewegt sich von
rechts nach links)
- Darstellung räumlicher Verhä-
nisse (dramaturgische Rele-
vanz)
- Benennung von Besonderheiten
- bereits angedachte Übergänge
(Schnitt, Blende)
- KURZE Beschreibung der Hand-
lung
- Ton und Dialoge (-Vermerke)
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BILDGESTALTUNG
Zur Bildgestaltung gehören:• Einstellungsgrößen: Panorama, Totale, Halbtotale, Halbnah, Nah, Groß, Detail• Kameraperspektiven: Normalsicht, Unter- sicht/Froschperspektive, Aufsicht/ Vogelpers- pektive• Kamerabewegungen: Kamerafahrt, Zoom, Schwenk• Beleuchtung: hell (positiv, freundlich), hell- dunkel oder dunkel (spannend, mysteriös, bedrohlich, unheimlich, gefährlich)• Farbgestaltung: Farben können über die Be- leuchtung mit speziellen Farbfiltern erzeugt werden. Sie können aber auch über Requisi- ten oder Kleidung betont werden. • Raumgestaltung: Grundsätzlich ist zu unter- scheiden zwischen Innenaufnahmen (Auf- nahmen in Räumen) und Außenaufnahmen (Aufnahmen außerhalb von Räumen). Requisiten können Botschaften oder Bedeu- tungen vermitteln oder Personen charakter- isieren.
TONGESTALTUNG
Zur Tongestaltung gehören:• Dialoge: Dialoge werden am Set (Drehort) auf- genommen. Häufig enthalten auf den ersten Blick banale Dialoge bereits Vorausdeutungen auf die kommende Handlung.• Geräusche: werden erst bei der Postproduktion (nach den Dreharbeiten) hinzugefügt. Manche Geräusche werden oft übernatürlich laut betont (z.B. das Knarren von Türen). Man spricht hier von hyperrealistischem Ton. Aber Geräusche können auch vorausdeutend wirken (wie Kirchturmglocken oder Windgeräusche/Ge- fahrenanzeiger).• Musik: Der Score (Filmmusik) prägt Filme sehr stark. In der Regel illustriert die Musik bestimmte Szenen oder betont Gefühlssitua- tionen. Man unterscheidet Titelmusik, Leit- motive, Akzentmusik, akzentuiert spannen- de Szenen, z.B. durch hohe Streicher oder dumpfe Pauken.
MONTAGE
Zur Montage gehören:• Einstellungsdauer und Schnittfrequenz: Je kürzer die Einstellungsdauer, umso weniger nimmt man wahr. Kurze Bildwechsel erzeu- gen Dynamik, Hektik, Spannung.• die räumliche und zeitliche Kontinuität (Continuity): Aufeinanderfolgende Einstel- lungen müssen einen logischen und opti- schen Zusammenhang aufweisen. Eine Schau spielerin, die in der ersten Einstellung offenes Haar trägt, darf in der folgenden Einstellung keinen Zopf tragen (Anschlussfehler).• Verbindung der einzelnen Szenen: Erst am Schneidetisch erhält der Film seine endgül- tige Form. Die Anordnung der Szenen kann chronologisch erfolgen (die Geschichte wird logisch nachvollziehbar von Anfang bis Ende erzählt), sprunghaft (die Geschichte wird in groben Zügen/mit großen Zeitsprüngen erzählt) oder nichtchronologisch (der Film beginnt mit dem Ende/es gibt eine filmische Rahmenhandlung, Rückblenden etc.).• Schuss – Gegenschuss: Personen werden abwechselnd gezeigt (meist bei Dialogsze- nen).• Effekte: Bei der Montage können zusätzliche Effekte erzeugt werden (z.B. Zeitlupe, Zeitraffer, Auf-/Ab-/Wischblenden, Compu- tertricks).
z u s a m m e n g e f a s s t
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Bildquellen (wenn kein Vermerk beim entsprechenden Bild/Seite):
Seite 3: http://bit.ly/1ckYoX6
Seite 6: http://bit.ly/1gEKlyu
Seite 9: http://bit.ly/19MPHq0
Seite 10: siehe Seite 6
Seite 11: http://bit.ly/19MQ9Vd
http://bit.ly/19Hb8a1
http://bit.ly/1elPCJd
http://bit.ly/16FPOlV
Seite 13: http://bit.ly/1alawnF
Sreenshots: Mouline Rouge und Vertigo
Seite 15: http://bit.ly/164WhHz
http://bit.ly/19HbNZk
http://bit.ly/1bruJdE
http://bit.ly/GZIdmK
Seite 16: http://bit.ly/1gf3w42
http://bit.ly/GNWgfj
Seite 17: http://bit.ly/GXuOfR
http://bit.ly/NjIamx
Seite 18:http://bit.ly/19Jjji3
Seite 19: http://bit.ly/19AOj5W
Seite 20: http://bit.ly/1ckUCNw
http://bit.ly/19HcLom
http://bit.ly/1fxt7nu
Seite 23: http://bit.ly/1hRe7hh
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