Fachvortrag des Arbeitskreises Sucht Nördlicher …...Zugehörigkeit empfinden z.B. durch Anschluss...
Transcript of Fachvortrag des Arbeitskreises Sucht Nördlicher …...Zugehörigkeit empfinden z.B. durch Anschluss...
Mediensucht-die Flucht in virtuelle Welten
Fachvortrag des Arbeitskreises Sucht Fachvortrag des Arbeitskreises Sucht Nördlicher Märkischer Kreis
am 02.11.2010
Annette Teske
Sucht = Sucht ?
= =
negativ neutral positiv Computerspiel Alkohol
Darbietung:Darbietung:- 5 Reize pro Kategorie- in randomisierter Reihenfolge - 3sec Darbietungsdauer pro
Reiz, ISI 5sec
IAPS, Lang et al., 1994; SDC, Grüsser et al., J Neural Transm, 2000
Thalemann, Wölfling & Grüsser, 2006, under review
Forschungsergebnis
Resultate deuten darauf hin, dass exzessiven
belohnenden Verhaltensweisenbelohnenden Verhaltensweisen
(Verhaltenssucht) vergleichbare
Mechanismen in Entstehung und
Aufrechterhaltung zugrunde liegen, wie sie
für die Abhängigkeit von psychotropen
Substanzen postuliert werden.
Wen betrifft Medienabhängigkeit?
Männlich 14 - 26 Jahre alt
exzessives >70% Computerspiel MMORPG
Nutzungszeiten von bis zu 18h/d
Prävalenz bei Jugendlichen
Anzahl abhängiger und gefährdeter PC-Spieler
Forschungsgruppe: Resultat:
• Grüsser et al. (2005) 9,3% • Grüsser et al. (2005) 9,3%
• Wölfling, Thalemann & Grüsser (2007) 6,3%• Quandt & Wimmer (2008) 5%• Mößle et al. (2007) 5%• Baier & Rehbein (2009) 5% • Yang (2001) 6,1%• Rehbein, Kleimann & Mößle (2009) 8,5 %
Diagnostische Kriterien für Medienabhängigkeit
A) Zeitkriterium
- Persistenz der Symptomatik mind. 3 Monate durchgehend
B) Psychopathologische Kriterien
B1) Primär: - Einengung des Denkens und VerhaltensB1) Primär: - Einengung des Denkens und Verhaltens
- Kontrollverlust - Entzugserscheinungen- Toleranzentwicklung - Dysfunktionale Stimmungsregulation- Ängstliche Vermeidung realer zugunsten virtueller Kontakte- Fortsetzender Konsum trotz negativer Konsequenzen
B2) Sekundär: - Körperliche negative Konsequenzen- Soziale negative Konsequenzen- Leistungsbezogene negative Konsequenzen
Woran kann ich Suchtentwicklung erkennen?
I. Verändertes
ComputerspielverhaltenComputerspielverhalten
II. Veränderungen im Sozialleben
III. Schulische/Berufliche
Veränderungen
IV. Veränderungen des
Gesundheitsverhaltens
Verändertes Computerspielverhalten
• Stetige Steigerung der Spielzeit am Computer Computer
• Ausdehnung der Computerspielzeiten trotz Verbot
• Verheimlichung/Bagatellisierung des Computerspielkonsums
Veränderungen im Sozialleben
• Rückzug aus dem Freundeskreis /zunehmende Isolation/zunehmende Isolation
• Mangelndes Interesse an Familienaktivitäten
• Vernachlässigung bisheriger Interessen und Hobbies
Schulische/BeruflicheVeränderungen
• Auffällige Verschlechterung der SchulnotenSchulnoten
• Zunehmende Fehlzeiten in der Schule/auf der Arbeit
• Möglicherweise drohender Schulverweis/ Arbeitsplatzverlust
Veränderungen des Gesundheitsverhaltens
• Häufige Übermüdung durch Schlafmangel/ unregelmäßige Schlafzeiten
• Vernachlässigung der Körperhygiene
• Veränderung des Essverhaltens durch Fehl- oder Mangelernährung
• Ungewöhnliche Stimmungswechsel, wie zunehmende Aggressivität oder Depressivität und Teilnahmslosigkeit
Fallbeispiel: WOW-SpielerHallo und guten Abend, würde mich sehr freuen, wenn Sie mir einen Tipp – besser noch Hilfe - geben könnten. Wir haben einen Sohn (21 Jahre), der immer "pflegeleicht" war, intelligent und liebenswürdig. Doch seit gut 2 Jahren ist er verloren: WoW ist das Schlagwort. Er sitzt pro Tag ca. 16-18 Stunden am PC und spielt Computer. Der Alltag und die Realität hat er völlig vergessen. Nach der mittleren Reife mit die Realität hat er völlig vergessen. Nach der mittleren Reife mit Notendurchschnitt von 2 machte er eine 2-jährige Ausbildung. Dann wollte er unbedingt noch 1 Jahr Fachoberschule anhänge, was wir auch gut fanden. Doch genau in dieser Zeit verschlimmerte sich seine Sucht derartig, dass er von der Schule flog und nun seit 1 1/2 Jahren nur noch am PC sitzt, absolut nichts anderes mehr macht und möchte. Ein einziger Albtraum! Außerdem fällt uns auf, dass er in den letzten 3 Monaten dramatisch abgenommen hat. Auch Körperhygiene findet kaum noch statt. Wir haben schon diverse Versuche unternommen, Hilfe zu bekommen. Doch es hieß immer: da er über 18 Jahre alt ist, muss ER kommen und wollen! Aber wir können doch nicht weiter hilflos zuschauen, wie er sich (damit auch uns) zugrunde richtet.
Studienvergleich: Begünstigende Faktoren bei PC-Spielsucht
Rehbein et al. (2009):
• Dysfunktionale Stressregulation
• Misserfolgserleben im realen
Jäger & Moormann (2008):
• Höhere Überforderung im Lebensalltag • Misserfolgserleben im realen
Leben
• Macht- und Kontrollerleben
• Mangelnde Soziale Kompetenz
• Traumatisierung im Kindesalter
Lebensalltag
• Inadäquate Bewältigungsstrategien
• Unzufriedenheit in vielen Lebensbereichen
• Geringere Selbstwirksamkeits-erwartung
• Pc-Spiel zur Stimmungsregulation
• Ängstlicher Bindungsstil
Komorbidität
Depressivität
Soziale Unsicherheit
Zwanghaftigkeit
Somatisierung
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4
Psychotizismus
Paranoides Denken
Phobische Angst
Aggressivität
Ängstlichkeit
Depressivität
Kontroll
CSS
Untersuchung der Universität Mainz / Ambulanz für Spielsucht
Faszination der Medien
• Interaktivität• Flow – Erlebnis
StimmungsregulationFlow – Erlebnis
• Stimmungsregulation• Interessenverküpfung• Identitätswechsel• Soziale Kontakte � Bedürfnisbefriedigung
Warum MMORPG´s?• Spieler kann Avatar
selbst erschaffen
• Vernetzung mit vielen anderen Spielernanderen Spielern
• Teamarbeit ist unerlässlich
• Onlinespiele haben kein Ende
• Integration vielfältiger Nutzungsmöglichkeiten: Foren, Versteigerungen…
Nutzungsstrukturen:� Erleben und Mitwirken innerhalb einer epischen Geschichte
� Abenteuer erleben
� Sich mit anderen messen, z.B. Leistungsorientiertes Spielen im Wettkampf gegen andere menschliche Mitspieler (Player vs. Player-Modus)
� Teamgeist entwickeln: z.B. Leistungsorientiertes kooperatives Spielen gemeinsam mit der Gilde (Raids, Player vs. Monster)mit der Gilde (Raids, Player vs. Monster)
� Rollen wechseln, in dem man die Rolle seines Avatars durch rollenkonformes Verhalten darstellt (auf Roleplaying (RP)-Servern)
� Soziale Kontakte knüpfen, z.B. Teamspeak
� Zugehörigkeit empfinden z.B. durch Anschluss an eine Gilde
� Organisation, Leitung oder soziale Macht ausüben, z.B. durch (Führungs)Funktionen innerhalb einer Gilde
� Besitztümer anhäufen, z.B. „Farmen“ durch die Wiederholung besonders lukrativer Spielaktionen
� Aufgaben in der Gilde übernehmen (z.B. Gestaltung der Webseite)
Wie kann man helfen?
�Professionelle Interventionen
Handlungsmöglichkeiten Angehöriger�Handlungsmöglichkeiten Angehöriger
�Präventive Maßnahmen
Generell: Intensive Auseinandersetzung mit Medienkonsum und Medieninhalten
Professionelle Interventionen
� Exploration des Medienkonsums
� Diagnostische Klärung des Medienkonsumverhaltens� Diagnostische Klärung des Medienkonsumverhaltens
� Förderung der Motivation (z.B. Motivationsgruppen,
MI, Community Reinforcement Approach,
Änderungsmodell nach Prochaska & DiClemente)
� Identifikation von Ressourcen
� Aufzeigen von Diskrepanzen
Was können Angehörige tun?
• Zuwendung und Verständnis
• Erläutern, wie man selbst die Situation wahrnimmtwahrnimmt
• Motivieren zu alten oder neuen Hobbys
• Einheitliche Front bilden
• „Suchtverhalten“ nicht unterstützen
• Verantwortung übertragen bzw. zurückgeben
• Professionelle Hilfe suchen
Prävention in der Familie• Reflektion des eigenen Konsums (Was passiert?)
• Zeiten für den Medienkonsum festlegen
• Wo sind Medien zugänglich?
• Medium bei Nichtnutzung ausschalten• Medium bei Nichtnutzung ausschalten
• Medium als „Babysitter“
• Medieninhalte auf Eignung überprüfen
• Andere Familien sind nicht der Maßstab!
• Medien als Erziehungsmethode
• Umgang mit Langeweile
• Hobbys entdecken, Angebote machen
Vielen Dank
für Ihre für Ihre Aufmerksamkeit!
Arbeitsmaterial
• Selbstbeobachtungsbogen
• Kontrollinstrumente zur Eigen- und Fremdkontrolle (Software, Vereinbarungen)(Software, Vereinbarungen)
• Wochenstrukturplan
• Freizeittorte
• Pro -/Kontralisten (virtuelle vs. reale Welt)
• Ampelmodell
• Suchttreppe
Prävention bei Jugendlichen
Wichtige Aspekte der Prävention bei Jugendlichen:
� Fokus auf Risikogruppen
Geschlechtsspezifische Interventionen, besondere � Geschlechtsspezifische Interventionen, besondere Angebote für Jungen
� Akzeptanz der Jugendkultur/Lebenswelt
� Ideen für eine alternative Freizeitgestaltung entwickeln
� Betonung von Eigenverantwortung und Grenzen
Beispiele für PräventionsansätzeMedienkompetenz stärken durch Reflektion des Medienkonsums:
� Kontaktaufnahme anhand eines Fragebogens zum Medienkonsum oder den Einsatz laminierter Bilder
� Vor- und Nachteile des Medienkonsums erarbeiten � Dimensionen der Medienkompetenz besprechen
Gefahr der Suchtentwicklung:
� über Medienabhängigkeit und ihre Folgen informieren� Video„A Gamer`s day“ präsentieren� Selbstbeurteilungsbogen zur Mediensucht austeilen� Selbstbeobachtung, z.B. durch Wochenplan
Alternative Freizeitgestaltung/Sinneswahrnehmung fördern:
� Computerspiel real umsetzen („Breaking the rules“)� Freizeittorte anwenden� Freizeitalternativen besprechen