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Amt für VolksschuleSchulevaluation und SchulentwicklungSchulentwicklung
Lern- und Unterrichts-verständnis
Entwicklungen im Überblick
Impressum
Amt für Volksschule Thurgau; Schulevaluation und Schulentwicklung
1. Ausgabe 2013
Auflage: 2500 Exemplare
Vertrieb:
BLDZ Lehrmittelzentrale Thurgau
Riedstrasse 7
8510 Frauenfeld
Tel 052 724 30 56
www.lehrmittel-shop.tg.ch à Artikel-Nr. 5840.16.00
Download unter www.av.tg.ch à Themen / Dokumente à Lern- und Unterrichtsverständnis
© Amt für Volksschule Thurgau
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 2
2 Schule und Unterricht heute 3
3 Was ist «guter» Unterricht? 4
4 Lehren und Lernen in heterogenen Klassen 6
5 Erweitertes Lehr- und Lernverständnis 8
6 Lehr- und Lernformen 9
7 Kompetenzorientierung 11
8 Zusammenarbeit der Lehrpersonen 13
9 Raum- und Zeitgestaltung 14
10 Literatur 16
Anhang
Anhang 1: Grundbegriffe der Differenzierung 18
Anhang 2: Reflexionsfragen zum Würfelmodell 19
Anhang 3: Merkmale eines erweiterten Lernbegriffs 20
Anhang 4: Lehr- und Lernformen im Überblick 24
Anhang 5: Prinzipien des kompetenzorientierten Unterrichtens 28
2
1 Einleitung
Der folgende Überblick über aktuelle Schul- und Unterrichtsentwicklungen wurde durch
den Fachbereich Schulentwicklung des Amts für Volksschule Thurgau erarbeitet (Abtei-
lung Schulevaluation und Schulentwicklung). Die Zusammenstellung entstand ur-
sprünglich auf Wunsch des Verbands Thurgauer Schulgemeinden (VTGS) und sollte
insbesondere neuen Behördenmitgliedern als Orientierungshilfe dienen. Das Dokument
ersetzt im Führungshandbuch des VTGS ein älteres Papier aus dem Jahr 2006, das in
seiner Systematik und seinem Inhalt nicht mehr dem heutigen Lern- und Unterrichts-
verständnis entsprach.
Mit der nun vorliegenden Broschüre in gedruckter Form wird das Dokument in einer
leicht überarbeiteten Version einem erweiterten Adressatenkreis zugänglich gemacht
(Schulleitungen, Lehrpersonen, interessierte Öffentlichkeit etc).
Die in der Broschüre skizzierten Entwicklungen bilden die schulische Realität nicht eins
zu eins ab. Die Übersicht orientiert sich am fachlichen Diskurs der Schulentwicklung,
beschreibt einige der zentralen Themenfelder und nennt Herausforderungen, mit denen
Schulen bzw. Lehrpersonen heute konfrontiert sind.
Abbildung 1: Differenzierung verlangt nicht für alle ein eigenes Programm
(© Karikatur: Felix Schaad)
3
2 Schule und Unterricht heute
Ein erweitertes Lehr-/Lernverständnis und die aufgrund kultureller, sozialer und kog-
nitiver Unterschiede der Schülerinnen und Schüler heterogenen Schulklassen1 veran-
lassen immer mehr Schulen, differenzierende Unterrichtskonzepte zu entwickeln. Sie
richten sich stärker als bisher an den unterschiedlichen Voraussetzungen und Entwick-
lungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler aus.
Die Massnahmen der Differenzierung zielen darauf, allen Schülerinnen und Schülern
möglichst optimale Lernchancen zu bieten. Merkmale eines lernwirksamen Unterrichts
sind dabei weder das Ignorieren der vorhandenen Unterschiede noch eine «radikale»
Individualisierung, die für jede Schülerin und jeden Schüler ein eigenes Programm vor-
sieht (vgl. Abbildung 1).
Ein lernwirksamer Unterricht zeichnet sich vielmehr durch einen bewussten, zielgerich-
teten und ausbalancierten Einsatz verschiedener Lehr- und Lernformen aus. Er passt
Lernziele, Lerninhalte, Lernzeit sowie gegebenenfalls die Lernorte den unterschied-
lichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler an und berücksichtigt ver-
schiedene Anschauungs- und Arbeitsmittel. Die Lehrpersonen fördern mit passenden
Aufgaben die Lern- und Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler. Sie beglei-
ten und beraten sie im Klassenverband, in Gruppen oder einzeln im Hinblick auf die
nächsten Lernschritte. Eine Differenzierung ist sowohl in geführten als auch in offenen
Unterrichtssequenzen möglich (à vgl. Anhang 1: Formen der Differenzierung).
Differenzierende Lernarrangements können darüber hinaus auch zu veränderten
Strukturen der Schülergruppierung und der raum-zeitlichen Unterrichtsorganisati-
on führen. Sie finden sich beispielsweise in jahrgangsübergreifenden Lerngruppen
(à www.av.tg.ch à Schulentwicklung à Altersdurchmischtes Lernen) und in aus-
gedehnten Phasen eigenständigen und kooperativen Lernens nach angepassten
Lernzielen und Arbeitsplänen, z.B. in Lernlandschaften.
Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden mögliche Auswirkungen auf den Unter-
richt, die Rolle und die (Zusammen-)Arbeit der Lehrpersonen sowie auf die Raum- und
Zeitgestaltung skizziert.
1 Zur heterogenen Zusammensetzung der Schulklassen tragen auch Formen der schulischen Integ-
ration bei (à www.av.tg.ch à Themen / Dokumente à Förderkonzept).
4
3 Was ist «guter» Unterricht?
Hilbert Meyer (2011) stellt in seinem Buch «Was ist guter Unterricht?» zehn durch die
Unterrichtsforschung gut abgesicherte Gütekriterien eines lernwirksamen Unterrichts
vor. Sie sind in der folgenden Tabelle 1 durch erläuternde Stichwörter von Jürg Sonde-
regger (2008) ergänzt:
Tabelle 1: Zehn Merkmale guten Unterrichts (Meyer, 2011; Sonderegger, 2008)
Merkmale Stichwörter
Klare Strukturierung des Unterrichts Funktionierendes Unterrichtsmanagement,
erkennbarer roter Faden, Rituale
Hoher Anteil echter Lernzeit Tatsächlich für das Lernen aufgewendete Zeit
der Lernenden
Lernförderliches Klima Gegenseitiger Respekt, verlässlich einge-
haltene Regeln, geteilte Verantwortung,
Gerechtigkeit der Lehrperson, Fürsorge des
Lehrers und der Lernenden untereinander
Inhaltliche Klarheit Verständlichkeit der Aufgaben, plausibler
thematischer Gang, klare Ergebnissicherung
Sinnstiftendes Kommunizieren Im Austausch dem Lehr-Lernprozess und den
Ergebnissen eine persönliche Bedeutung
geben. Metakognition
Methodenvielfalt Vielfalt an Inszenierungstechniken,
Handlungsmustern, variable Verlaufsformen,
Ausbalancierte Grundformen
Individuelles Fördern Das Potential des Einzelnen entfalten,
individuelle Unterstützung
Intelligentes Üben Ausreichende, passgenaue Übung,
Entwickeln von Übungskompetenz und von
Lernstrategien, gezielte Hilfestellungen
Transparente Leistungserwartungen Angepasstes Lernangebot, Arbeitsbündnis,
zügige Rückmeldungen zum Lernfortschritt
Vorbereitete Umgebung Gute Ordnung, funktionale Einrichtung,
Raum nutzen
5
Wie Forschungsergebnisse zeigen, stimmt lernwirksamer Unterricht nicht mit einem
starren Muster dieser Merkmale überein. Es handelt sich vielmehr um einen Kriterien-
mix: «Sofern ein Mindestmass an Klarheit und effizienter Klassenführung gewährleistet
ist, können sehr verschiedene, von unterschiedlichen Talenten, Kompetenzen und päda-
gogischen Orientierungen der Lehrperson geprägte Formen des Unterrichts zu ver-
gleichbar guten Schülerleistungen führen» (Stöckli & Stebler, 2011, S. 20).
Oder, wie es Weinert und Helmke (1997) formuliert haben: «Erfolgreicher Unterricht
kann auf sehr verschiedene, aber nicht beliebige Weise realisiert werden.» Die Mischung
macht die Qualität aus und jedes Lernziel erfordert einen anderen Unterricht (vgl. Tabel-
le 2).
Tabelle 2: Jedes Lernziel erfordert einen anderen Unterricht (Weinert, 1999)
Lernziele Lernformen Lehrmethoden Lehrerqualifikation
Intelligentes systematischer, lehrergesteuerte disziplinäre Sachkompetenz
Wissen kumulativer direkte Klassenführungskompetenz
Wissenserwerb Instruktion diagnostische und
didaktische Kompetenz
Handlungs- praxisnahes, Projektarbeit transdisziplinäre Sach-
kompetenzen erfahrungsgesättigtes, kompetenz
situiertes Wissen didaktische Kompetenz
Meta- reflexiv verarbeiteter angeleitetes diagnostische Kompetenz
kompetenzen Wissenserwerb über selbständiges didaktische Kompetenz
eigenes Lernen und Lernen
Handeln
automatisierte Routinen
der Überwachung,
Kontrolle und Korrektur
eigenen Handelns
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4 Lehren und Lernen in heterogenen Klassen
Ein Unterricht, der sich an den heterogenen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen
und Schüler orientiert, kann am besten mit Spannungsfeldern beschrieben werden, weil
diese die unterschiedlichen, z.T. auch widersprüchlichen Voraussetzungen und Ziele
zum Ausdruck bringen. Eckhart und Berger (2007) haben dies in einem Würfelmodell
visualisiert (vgl. Abbildung 2). Sie bezeichnen die Entwicklungs- und Sachorientierung
(Dimension der Lerninhalte), die Gemeinsamkeits- und Individuumsorientierung (Di-
mension der Differenzierung) sowie die Schüler- und Lehrpersonorientierung (Dimensi-
on der Vermittlung) als die drei bedeutsamsten Spannungsfelder der Unterrichtsgestal-
tung.
Abbildung 2: Spannungsfelder im Unterricht nach Eckhart & Berger, 2007
(© Grafik: Beatrice Friedli)
7
Ein Unterricht mit heterogenen Lerngruppen geht demnach nicht von einem Entweder-
oder-Prinzip als vielmehr von einem Sowohl-als-auch-Prinzip aus. Gefordert ist ein
stetes, situatives und zielgerichtetes Ausbalancieren der Gegensätze entlang der ge-
nannten Grundlinien.
Für Lehrpersonen ist dies eine Herausforderung: «Das Bewegen in solchen unterricht-
lichen Spannungsfeldern kann verunsichern. Es eröffnet aber auch unterrichtliche
Spielräume, kann ermutigen zum Kennenlernen und Erproben verschiedener, sich er-
gänzender Ansätze. Dies darf nicht in eine Beliebigkeit … münden, sondern verlangt
eine reflexive Praxis, in der Unterricht so weiter entwickelt wird, dass er den vielfältigen
Lern- und Leistungsvoraussetzungen in der Schulklasse gerechter werden kann» (Eck-
hart 2008, S. 107).
Meyer (2011) spricht in diesem Zusammenhang auch von «Balancierungsaufgaben»
der Lehrpersonen und macht dazu bzgl. des Gütekriteriums «Methodenvielfalt» folgende
Anregungen:
à Das persönliche Methodenrepertoire analysieren und schrittweise erweitern
à Lehrgänge, Projekt- und Freiarbeit ausbalancieren
à Plenums-, Gruppenunterricht und Einzelarbeit ausbalancieren
à Systematische Arbeit am Methodenrepertoire der Schülerinnen und Schüler
(kein isoliertes Methodentraining, sondern in der Arbeit an inhaltlichen Aufgaben-
stellungen)
à Formen des Kooperativen Lernens in den Unterricht einbauen
Als Orientierungs- und Reflexionshilfe zur Auseinandersetzung mit den Dimensionen
des Würfelmodells können auch die Fragen im Anhang dienen (à vgl. Anhang 2: Refle-
xionsfragen zum Würfelmodell).
Dass vor diesem Hintergrund zunehmend von der Gestaltung von Lernumgebungen2
oder von Lernarrangements die Rede ist und nicht mehr von einzelnen Lehrmethoden,
ist zudem auf ein erweitertes Verständnis von Lehren und Lernen zurück zu führen.
2 Eine durch Unterricht hergestellte Lernumgebung besteht aus einem Arrangement von Unterrichts-
methoden, Unterrichtstechniken, Lernmaterialien und Medien. Unter Unterrichten wird dabei das Initi-
ieren, Fördern und Erleichtern von Lernprozessen durch professionell Lehrende mit pädagogischer
Absicht und in organisierter Weise verstanden (Reinmann & Mandl, 2006).
8
5 Erweitertes Lehr- und Lernverständnis
Verstehensorientiertes Lernen bzw. wirksame Informationsaufnahme erfolgt in tätiger
Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand (aktiv) in einem bestimmten Kontext
(situativ), gemeinsam mit anderen (interaktiv). Dabei werden neue Informationen mit
bereits vorhandenen verknüpft (kumulativ) und Wissensstrukturen aufgebaut (kon-
struktiv). Lernen ist dann am erfolgreichsten, wenn die Lernenden das Ziel kennen, auf
das sie hinarbeiten (zielgerichtet) und ihr Vorgehen kompetent überwachen und steu-
ern (selbstgesteuert). (à vgl. Anhang 3: Merkmale eines erweiterten Lernbegriffs)
Lernen ist folglich keine passive Übertragung von Lehrenden zu Lernenden. Um Kennt-
nisse und Fertigkeiten zu erwerben, müssen Lernende Angebote der Umgebung aktiv
und selbständig nutzen. Diese Aufgabe kann ihnen niemand abnehmen. Die Aufgabe
der Lehrpersonen besteht darin, den Wissensaufbau der Lernenden durch die Gestal-
tung aktivierender Angebote angepasst zu unterstützen (Stöckli & Stebler, 2011). Da-
raus ergibt sich ein erweitertes Rollenverständnis von Lehrpersonen zwischen Instruk-
tion und Lernbegleitung (vgl. Tabelle 3). Kurt Reusser formuliert dies bewusst zugespitzt:
«Lehrpersonen sind mehr als nur Stoffdarsteller und Kommunikationsdirigenten eines
eng geführten fragend-entwickelnden Unterrichts. Sie sind auch adaptive Lerncoaches,
Lerngerüste und Partner in Lehr-Lerndialogen» (Reusser, 2012, Flyer).
Tabelle 3: Erweitertes Rollenverständnis von Lehrpersonen (nach Reusser, 2012)
Traditionelles Rollenverständnis Erweitertes Rollenverständnis
Lehrperson als Stoffdarsteller/in Lehrperson als Lerngerüst und Coach
à Planer/in à Kognivites Verhaltensmodell
à Klassen-Instruktionsperson à Partner/in einer effektiven Lehr-
à Gestalter/in von Lernwegen Lernkommunikation
à Überwacher/in à Adaptives Lerngerüst
à Beurteiler/in à Lerndiagnostiker/in und Lerncoach
à Kommunikationsdirigent/in à Gestalter/in von Lernumgebungen
Modell der direkten Instruktion Modell der indirekten Instruktion
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6 Lehr- und Lernformen
Lehren im Sinne von Vorzeigen, Erklären, Aufgaben und Fragen stellen bleibt wie auf-
gezeigt immer noch wichtig, doch zunehmend rückt das Lernen in den Vordergrund. Die
Abbildung 3 verortet einige in der Praxis beobachtbare Unterrichtsformen gemäss ihrer
Sozialform (Einzelarbeit bis hin zu Arbeiten mit der ganzen Schule) und zwischen den
Polen «fremdgesteuert» (geführte, lehrpersonenzentrierte Unterrichtsformen) und
»selbstgesteuert» (offene, schülerzentrierte Unterrichtsformen). Im Anhang 4 werden
die einzelnen Lehr- und Lernformen kurz umschrieben (à vgl. Anhang 4: Lehr- und
Lernformen im Überblick).
Abbildung 3: Einige verbreitete Lehr- und Lernformen (nach Keller, 2009)
Bei der Achse «fremdgesteuert» – «selbstgesteuert» ist Vorsicht geboten. Bezeich-
nungen wie «lehrpersonenzentriert / geführt» und «schülerzentriert / offen» sind sehr
allgemeine Umschreibungen von Unterricht, die sich auf die Steuerung durch die Lehr-
person beziehen. Sie verleiten gerne zu Polarisierung.
Offene Lernsituationen sind geführten Unterrichtssequenzen «von sich aus weder über-
noch unterlegen. Die Qualität von Unterricht lässt sich nicht am Grad seiner Offenheit
und Wahlfreiheit festmachen» (Lipowsky, 2002, S. 126). Geführte Unterrichtssequenzen
können sehr wohl offene und kognitiv anregende Aufgabenstellungen beinhalten. Bei
offenen Lernsituationen (Schülerinnen und Schüler bestimmen z.B. Reihenfolge, Dauer
und Sozialform) können die Angebote wiederum sehr eingeengt sein (vorgegebene
Bearbeitungswege mit einem einzigen richtigen Ergebnis).
Schule
Klasse
Gruppe
Paar
Einzel
«fremdgesteuert»
lehrpersonenzentriert
geführt
«selbstgesteuert»
schülerzentriert
offen
Sozialform
Frontalunterricht
Gruppenarbeit/Kooperatives Lernen
Werkstattunterricht(Posten-/Stationenarbeit)
(Wochen-)PlanarbeitFreie Arbeit/Tätigkeit
(Semesterarbeit)FrontalunterrichtEinzelarbeit
Projektunterricht
Plan-/Rollenspiel
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Ebenso wenig bedeutet Öffnung des Unterrichts Verzicht auf Systematik. Im Gegenteil:
Je offener der Unterricht, umso wichtiger ist eine klare Strukturierung. Die Systematik
in offenen Unterrichtsformen «ist aber weder kleinschrittig noch linear. Sie beschreibt
einen Lernraum statt eines Lehrgangs. In diesem Raum sind verschiedene Wege mög-
lich, aber es gibt Koordinaten, um ihnen zu folgen und um Richtungen zu weisen» (Brü-
gelmann, 1997, S. 57).
Entscheidend ist also nicht die auf den ersten Blick sichtbare Aktivität, sondern die
Qualität des Unterrichts bzw. der Lernprozesse.3 Diese können z.B. durch geeignete
Aufgaben angeregt werden.
Gute Lernaufgaben erfüllen folgende Kriterien
(Handreichung Nordrhein-Westfalen, 2008; Reusser, 2011):
à Sie thematisieren das Wesentliche eines Fachbereiches und ermöglichen den Auf-
bau von fachspezifischem Wissen.
à Sie sind in sinnstiftende Kontexte eingebunden, haben einen hohen Alltagsbezug
und wecken die Neugier.
à Sie ermöglichen und fördern die selbständige Konstruktion und Anwendung von
Wissen.
à Sie motivieren dazu, sich auf einen Lerninhalt einzulassen und laden ein, vertieft zu
verstehen.
à Sie erlauben, Problemlöse- und Lernstrategien zu trainieren.
à Sie lassen sich auf unterschiedlichen Niveaus lösen und eignen sich daher für
schwächere und starke Schülerinnen und Schüler.
à Sie erlauben vielfältige Zugänge, Denk- und Lernwege.
à Sie schaffen die Voraussetzung, Lernerfolg durch erfolgreiches Bearbeiten zu er-
leben.
3 Diese Erkenntnis wird durch Untersuchungen von John Hattie (2009, 2012) gestützt. In einer auf-
wändigen Auswertung von internationalen Wirksamkeitsstudien konnte er aufzeigen, dass – nebst
den Schülerinnen- und Schülerfaktoren, die die Hälfte der Leistungsunterschiede erklären – den
Lehrpersonen bzw. der Qualität ihres Unterrichts die grösste Bedeutung für erfolgreiches Lernen zu-
kommt (30%). Sichtbare Strukturen hingegen sind weniger wichtig als häufig angenommen.
11
7 Kompetenzorientierung
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung eines gemeinsamen Lehrplans
für die Volksschule aller deutsch- und mehrsprachigen Kantone (à www.lehrplan.ch) ist
aktuell zunehmend von einem kompetenzorientierten Unterricht die Rede. Die Kompe-
tenzorientierung ist jedoch keine Unterrichtsform oder -methode, sondern vielmehr ein
Unterrichtsprinzip, das integral alle Bereiche des Unterrichts durchdringen soll (à vgl.
Anhang 5: Prinzipien des kompetenzorientierten Unterrichtens). Die Unterrichtsformen
müssen sich vielmehr daran messen lassen, was sie für den Kompetenzerwerb der
Schülerinnen und Schüler leisten (Metzger, 2013).
Dem Lehrplan 21 liegt der Kompetenzbegriff von Weinert (2001) zugrunde. Demnach
benötigen Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, aber auch
Bereitschaften, Haltungen und Einstellungen, um bestimmte Probleme lösen und die
Problemlösungen auf neue Situationen übertragen und erfolgreich anwenden zu können.
Die Orientierung an Kompetenzen ergibt sich aus der oben skizzierten veränderten
Sichtweise auf das Lernen und den Unterricht. Ein an Kompetenzen orientiertes Lern-
verständnis geht davon aus, dass Schülerinnen und Schüler sich an ihrem Lernprozess
aktiv beteiligen müssen, damit sie erfolgreich lernen. Dazu gehört, dass sie ihren Lern-
prozess schrittweise selber zu steuern lernen und zunehmend Mitverantwortung für ihr
Lernen übernehmen. Am individuellen Lernstand des Einzelnen anknüpfend, werden
dazu Lerninhalte in sinnvollen Zusammenhängen und in aktiver Auseinandersetzung
aufbauend erworben und vernetzt. Um das erworbene Wissen auch vielfältig nutzen und
auf neue Gegebenheiten übertragen zu können, muss es in unterschiedlichen Situati-
onen und Problemstellungen angewendet, vertieft und gefestigt werden. Mit der Orien-
tierung an Kompetenzen wird somit der Blick verstärkt auf die Anwendbarkeit von
Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten gerichtet (à vgl. Beispielaufgaben: www.
edk.ch à Arbeiten Nationale Bildungsziele à Faktenblatt «Grundkompetenzen: Defini-
tion, Funktion, Beispiele»).
Bislang haben die Lehrpersonen Ziele für ihren Unterricht definiert. Wenn es sich dabei
um Lernziele handelt, die mehr als das zu erlernende Wissen beinhalten, dann entspre-
chen sie den zu erreichenden Kompetenzen. In beiden Fällen beginnen die Formulie-
rungen mit «Die Schülerinnen und Schüler können …». Wenn sie jedoch als Lehrziele im
Sinne einer Auflistung von Stoffinhalten formuliert sind, dann unterscheiden sie sich deut-
lich von Kompetenzbeschreibungen. Auch Lernziele, die sich ausschliesslich auf das Wie-
dergeben von Stoffinhalten beziehen, sind letztlich versteckte Lehrziele (Metzger, 2013).
In der Schule erwerben die Schülerinnen und Schüler fachliche und überfachliche Kom-
petenzen. Fachliche Kompetenzen bezeichnen den systematischen Aufbau von fach-
spezifischem Wissen und Können. Unter überfachlichen Kompetenzen werden im Lehr-
plan 21 personale, soziale und methodische Kompetenzen verstanden. Diese sind auf
12
das lebenslange Lernen ausgerichtet (vgl. Tabelle 4). Fachliche und überfachliche Kom-
petenzen bedingen sich gegenseitig und sind in der Praxis miteinander zu lehren und
zu lernen.
Tabelle 4: Übersicht überfachliche Kompetenzen
Personale Kompetenzen Soziale Kompetenzen Methodische Kompetenzen
Selbstreflexion Beziehungsfähigkeit Sprachfähigkeit
Eigene Ressourcen Gute und tragfähige Ein breites Repertoire
kennen und nutzen Beziehungen zu anderen sprachlicher Ausdrucksfähig-
Menschen unterhalten keiten entwickeln
Selbständigkeit Kooperationsfähigkeit Informationen nutzen
Schulalltag und Lern- Mit anderen Menschen Informationen suchen,
prozesse zunehmend zusammenarbeiten bewerten, aufbereiten und
selbständig bewältigen, präsentieren
Ausdauer entwickeln
Eigenständigkeit Konfliktfähigkeit Aufgaben/Probleme lösen
Eigene Ziele und Werte Konflikte benennen, Lernstrategien erwerben,
reflektieren und Lösungsvorschläge Lern-und Arbeitsprozesse
verfolgen suchen, Konflikte lösen planen, durchführen
und reflektieren
Umgang mit Vielfalt
Verschiedenheit akzeptie-
ren, Vielfalt als
Bereicherung erfahren,
Gleichstellung fördern
(à www.lehrplan.ch à Grundlagenbericht, S. 21)
Eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Kompetenzorientierung in die Unterricht-
spraxis wird den Lehrmitteln zukommen: «Lehrerinnen und Lehrer verändern ihren Un-
terricht oft auf der Grundlage von Anregungen in Lehrmitteln; diese bieten ihnen Mög-
lichkeiten für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern an und enthalten vielfältige
Materialien und Aufgaben, die im Unterricht unmittelbar eingesetzt werden können»
(Interkantonale Lehrmittelzentrale, 2012, S. 2). Im Hinblick auf die Einführung des
Lehrplans 21 hat die Interkantonale Lehrmittelzentrale ilz deshalb eine Broschüre erar-
beitet, in der exemplarisch aufgezeigt wird, «was Kompetenzorientierung für den Unter-
richt bedeutet und an welchen Grundsätzen sich künftige Lehrmittel orientieren müs-
sen, damit die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler im Sinne des Lehrplans 21
aufgebaut werden können» (ebd.).
13
8 Zusammenarbeit der Lehrpersonen
Ein solches Lern- und Unterrichtsverständnis bedingt, dass die Lehrpersonen im
Rahmen einer geleiteten Schule in unterschiedlichen Zusammensetzungen als
Team zusammenarbeiten (z.B. Jahrgangsteam, Stufenteam, Unterrichtsteam, Ar-
beitsteam, Lernteam) und den Unterricht gemeinsam weiterentwickeln (Achermann,
2005). Hier vereinigen sich Personal- und Unterrichtsentwicklung als Aufgabe der
Schulleitung. Bonsen und Rolff (2006) haben fünf Merkmale von professionellen
Lerngemeinschaften beschrieben, die auch für eine professionelle Zusammenarbeit
der Lehrpersonen leitend sein können (vgl. auch Bildungs- und Kulturdepartement
des Kantons Luzern, 2009):
Reflektierender Dialog:
Durch den ständigen Austausch unter Kolleginnen und Kollegen, der auch die In-
halte und Formen des Lehrens und Lernens mit einbezieht, entsteht eine Alltags-
kultur der (Selbst-)Reflexion.
De-Privatisierung des Unterrichts:
Unterrichten wird als persönliche, aber nicht als private Angelegenheit der Lehrper-
sonen betrachtet, die im Team diskutiert und – zumindest in Teilen – verbindlich
umgesetzt wird (z.B. Einigung auf eine gemeinsame Form der Planarbeit, auf ein
gemeinsames Lehrmittel etc.). Durch gemeinsames Planen, Unterrichten und Re-
flektieren entstehen so eine kollegiale Praxisberatung und eine unterrichtsnahe
Weiterbildung.
Fokus auf Lernen statt auf Lehren:
Die Lehrpersonen bekennen sich zu einer gemeinsamen Verantwortung für das
Lernen der Schülerinnen und Schüler. Ihre Aufmerksamkeit wird dadurch vom Leh-
ren auf das Lernen bzw. auf die Lernförderung verschoben.
Zusammenarbeit:
Lehrpersonen, die ihre unterschiedlichen Kompetenzen zusammenbringen, gemein-
sam unterrichten und/oder Erfahrungen austauschen, sind eher in der Lage, die
vielfältigen Herausforderungen pädagogisch fruchtbar zu machen. Aus gelingender
Kooperation können sie auch die nötige sozial-emotionale Unterstützung erhalten.
Gemeinsame handlungsleitende Ziele:
Das Kollegium teilt die zentralen pädagogischen Ziele der Schule. Ein gemeinsam
erarbeitetes und gelebtes Schulleitbild kann Ausdruck eines solchen gemeinsamen
Grundverständnisses bzw. gemeinsam geteilter Normen und Werte sein.
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9 Raum- und Zeitgestaltung
Es fällt auf, dass im Zusammenhang mit dem skizzierten Lern- und Unterrichtsverständ-
nis für bestimmte Formen der Unterrichtsorganisation häufig Begriffe verwendet wer-
den, die einen Bezug zu räumlichen Strukturen herstellen: Lernraum, Lernwerkstatt,
Lernatelier, Lernlandschaft, Lernumgebung etc.
Die verwendeten Bezeichnungen können zwar je nach Schule etwas anderes bedeuten
(Trachsler, Kreis, Nido, Brosziewski & Grimmer, 2006). Gemeinsam ist den dahinter
stehenden Modellen und Konzepten jedoch das Ziel, die individuellen Stärken und
Schwächen und die unterschiedlichen Arbeitstempi der Schülerinnen und Schüler stär-
ker zu berücksichtigen und dem selbständigen Lernen mehr Gewicht zu geben. Darüber
hinaus bringen die verwendeten Begriffe zum Ausdruck, dass ein derart erweitertes
Lern- und Unterrichtsverständnis auch Auswirkungen auf die Gestaltung der Räumlich-
keiten haben kann (vgl. Abbildung 4). Die Schulzimmer werden so eingerichtet, dass sie
der Unterrichtsorganisation entsprechen und die Lernprozesse optimal unterstützen.
Da und dort führt dies auch zu baulichen Anpassungen und entsprechende Überle-
gungen werden bei Um- und Neubauten mitgedacht.
Abbildung 4: Beispiel Lernlandschaft Sekundarschule Eschlikon (© Schulblatt TG)
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Ähnlich wie bei der Gestaltung der (Lern-)Räume, lässt sich diese Entwicklung auch an
der Gestaltung der Stundenpläne ablesen. Während sie früher ausschliesslich die un-
terrichteten Fächer auswiesen, enthalten sie heute z.T. Hinweise auf Lehr- und Lern-
formen, für die im Wochenablauf Zeitgefässe reserviert sind (z.B. Wochenplanarbeit,
Freie Arbeit etc.) oder sie orientieren sich gar konsequent an der Unterrichtsorganisa-
tion, die die Schulwoche strukturiert und rhythmisiert (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5: Stundenplan der Unterstufe Limmat B, Zürich (Achermann & Gehrig,
2011)
16
10 Literatur
Verwendete Literatur
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Bohl, T. & Kucharz, D. (2010). Offener Unterricht heute. Konzeptionelle und didaktische Weiterentwicklung. Weinheim: Beltz.
Bönsch, M. (2011). Heterogenität und Differenzierung. Gemeinsames und differen-ziertes Lernen in heterogenen Lerngruppen. Baltmannsweiler: Schneider.
Grunder, H.-U., Ruthemann, U., Scherer, S., Singer, P. & Vettiger, H. (2007). Unterricht. Verstehen – planen – gestalten – auswerten. Baltmannsweiler: Schneider.
Helmke, A. (2010). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (3. Auflage). Seelze-Velber: Klett | Kallmeyer.
Klippert, H. (2010). Heterogenität im Klassenzimmer. Wie Lehrkräfte effektiv und zeit-sparend damit umgehen können. Weinheim: Beltz.
Montag Stiftungen Jugend und Gesellschaft I Urbane Räume (Hrsg.). (2012). Schulen planen und bauen. Grundlagen und Prozesse. Berlin: Jovis.
Wellenreuther, M. (2010). Lehren und Lernen – aber wie? Empirisch-experimentelle For-schungen zum Lehren und Lernen im Unterricht (5. unveränderte Auflage). Balt-
mannsweiler: Schneider.
18
Anhang 1: Grundbegriffe der Differenzierung4
4 Birri, T. (2007). Grundbegriffe der Differenzierung. Rorschach: Pädagogische Hochschule St.Gallen
(unveröffentlicht).
19
Anhang 2: Reflexionsfragen zum Würfelmodell5
Individuumsorientierung – Gemeinsamkeitsorientierung
(Dimension Differenzierung)
à Bestehen differenzierende Arbeitsformen (Wochenplan, Freie Arbeit etc.)?
à Welche Bedeutung hat der Lerninhalt für die einzelnen Schülerinnen und Schüler?
à Wie verhält es sich mit der «Langsamkeitstoleranz»?
à Werden Gruppenbildungen bewusst gestaltet (Geschlecht, Leistung, Alter, Interes-
se)?
à In welchen Situationen wird Kooperation initiiert, geübt und gelebt?
à Wie werden Konflikte gelöst?
à Bestehen gemeinschaftsfördernde Formen (Rituale, Projekte, Klassenrat…)?
à …
Entwicklungsorientierung – Sachorientierung (Dimension Lerninhalte)
à Um welche Inhalte geht es auf der Sachebene?
à Welches sind die Schwerpunkte (Kernstoff, Zusatzstoff)?
à Werden die Lerninhalte und Lernziele so differenziert, dass auf verschiedenen
Lernstufen und Schwierigkeitsgraden gearbeitet werden kann?
à Stehen verschiedene Hilfsmittel und Mittel der Veranschaulichung zur Verfügung?
à Auf welchem Lern- und Entwicklungsstand sind die einzelnen Schülerinnen und
Schüler?
à Welchen Zugang finden sie zum Lerninhalt und welches könnten die nächsten
Lernschritte sein?
à Werden Lerngruppen auf unterschiedlichen Niveaus gebildet?
à Gelingt es der Lehrperson, das Thema den Schülerinnen und Schülern verständ-
lich zu machen?
à …
Schülerorientierung – Lehrpersonorientierung (Dimension Vermittlung)
à Werden die Lehr- und Lernformen variiert?
à Wie werden die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstgesteuerten Lernen an-
geleitet?
à Wie ist die Lernumgebung strukturiert?
à Welche Hilfsangebote gibt es?
à Wie werden die Lernprozesse begleitet und dokumentiert (z.B. Portfolios)?
à Wie werden die Übungssequenzen gestaltet?
à Wie werden die schwächeren Schülerinnen und Schüler angeleitet und begleitet?
à Gibt es ein TutorInnen-System (Lernpartnerschaften)?
à Welche Regeln, Abmachungen und Grenzen sorgen für ein gutes Arbeitsklima?
à …
5 Beatrice Friedli (nach Eckhart & Berger, 2007).
20
Anhang 3: Merkmale eines erweiterten Lernbegriffs6
Merkmale Erläuterungen Folgerungen für den Unterricht Allfällige Missverständnisse
aktiv - Wissen wird beim Handeln und à Die Schülerinnen und Schüler durch interessante Aktive Informationsverarbeitung ist nicht
Denken, bei praktischer und Aufgaben und anregende Lernarrangements anleiten, nur bei entdeckendem und handelndem
geistiger Tätigkeit aufgebaut. die Lerninhalte denkend und handelnd zu erarbeiten, Lernen möglich. Auch Zuhören und
zu üben und auf neue Begebenheiten zu übertragen. Beobachten (z.B. im Lehrergespräch)
à Mit den Schülerinnen und Schülern eine angemessene erfordern aktive, mentale Tätigkeiten.
Vorstellung von Lernen aufbauen: Lernen heisst selber
tätig werden, sich anstrengen und Verantwortung
übernehmen.
situativ - Lernen und Wissen sind immer an à Neue Informationen an konkreten Inhalten vermitteln und Produktive Lernübertragung stellt sich
bestimmte Kontexte (Umgebung, abstrakt vermittelte Inhalte durch Anwendungsaufgaben selten von alleine ein. Die Annahme, dass
Situation, Befindlichkeit) gebunden. ergänzen. uns jederzeit unser ganzes Wissen zu-
à Neue Informationen allmählich vom Erwerbskontext gänglich ist, trifft nicht zu. Je nach
lösen und gezielt auf verschiedene Anwendungskontexte Kontext sind ganz bestimmte Inhalte
übertragen (Lernübertragung/Transfer). abrufbar und andere nicht.
à Wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen Erwerbs- und
Anwendungskontexten herausarbeiten.
interaktiv Im Austausch mit anderen Schülerinnen à Gelegenheit für Partner- und Gruppenarbeiten schaffen. Kooperatives Lernen ist ein Lernarrange-
und Schülern (und mit der Lehrperson) à Mit den Schülerinnen und Schülern Regeln fürs ment, das – überlegt und zielbezogen
werden Zusammenarbeiten aufstellen und durchsetzen. eingesetzt – lernwirksam und fördernd
- Denkprozesse durch Sprache «sichtbar», à Aufgaben wählen, die kooperatives Lernen erfordern ist.
- Konflikte erzeugt und durch begründete und fördern.
Entscheidungen gelöst, à Klare Arbeitsaufträge geben, welche die Schülerinnen
- beim Erklären und Zuhören neue und Schüler nicht überfordern.
Informationen vernetzt und ins Vorwissen à Mit den Schülerinnen und Schülern über Gruppen-
eingegliedert, prozesse sprechen.
- Modelle beobachtet und die Wirkungen des à Die Fertigkeiten zum Lernen von- und miteinander
Handelns und Denkens erfahren schrittweise aufbauen.
- sowie gemeinsame Sicht- und Vor-
gehensweisen erarbeitet.
kumulativ - Lernen ist nie voraussetzungslos. Es à Das schulische und ausserschulische Vorwissen der Lernen heisst nicht, Fakten und Regeln
schliesst immer an bereits vorhandenes Schülerinnen und Schüler aktivieren und aufgreifen. anhäufen, sondern neue Informationen
Wissen an. auf vielfältige Weise untereinander und
mit dem Vorwissen vernetzen.
6 Nach Stebler, R. (2000). Lernumgebungen gestalten. Kurs an der Pädagogischen Hochschule
St. Gallen (Rorschach, 03.11.2000).
21
Anhang 3: Merkmale eines erweiterten Lernbegriffs6
Merkmale Erläuterungen Folgerungen für den Unterricht Allfällige Missverständnisse
aktiv - Wissen wird beim Handeln und à Die Schülerinnen und Schüler durch interessante Aktive Informationsverarbeitung ist nicht
Denken, bei praktischer und Aufgaben und anregende Lernarrangements anleiten, nur bei entdeckendem und handelndem
geistiger Tätigkeit aufgebaut. die Lerninhalte denkend und handelnd zu erarbeiten, Lernen möglich. Auch Zuhören und
zu üben und auf neue Begebenheiten zu übertragen. Beobachten (z.B. im Lehrergespräch)
à Mit den Schülerinnen und Schülern eine angemessene erfordern aktive, mentale Tätigkeiten.
Vorstellung von Lernen aufbauen: Lernen heisst selber
tätig werden, sich anstrengen und Verantwortung
übernehmen.
situativ - Lernen und Wissen sind immer an à Neue Informationen an konkreten Inhalten vermitteln und Produktive Lernübertragung stellt sich
bestimmte Kontexte (Umgebung, abstrakt vermittelte Inhalte durch Anwendungsaufgaben selten von alleine ein. Die Annahme, dass
Situation, Befindlichkeit) gebunden. ergänzen. uns jederzeit unser ganzes Wissen zu-
à Neue Informationen allmählich vom Erwerbskontext gänglich ist, trifft nicht zu. Je nach
lösen und gezielt auf verschiedene Anwendungskontexte Kontext sind ganz bestimmte Inhalte
übertragen (Lernübertragung/Transfer). abrufbar und andere nicht.
à Wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen Erwerbs- und
Anwendungskontexten herausarbeiten.
interaktiv Im Austausch mit anderen Schülerinnen à Gelegenheit für Partner- und Gruppenarbeiten schaffen. Kooperatives Lernen ist ein Lernarrange-
und Schülern (und mit der Lehrperson) à Mit den Schülerinnen und Schülern Regeln fürs ment, das – überlegt und zielbezogen
werden Zusammenarbeiten aufstellen und durchsetzen. eingesetzt – lernwirksam und fördernd
- Denkprozesse durch Sprache «sichtbar», à Aufgaben wählen, die kooperatives Lernen erfordern ist.
- Konflikte erzeugt und durch begründete und fördern.
Entscheidungen gelöst, à Klare Arbeitsaufträge geben, welche die Schülerinnen
- beim Erklären und Zuhören neue und Schüler nicht überfordern.
Informationen vernetzt und ins Vorwissen à Mit den Schülerinnen und Schülern über Gruppen-
eingegliedert, prozesse sprechen.
- Modelle beobachtet und die Wirkungen des à Die Fertigkeiten zum Lernen von- und miteinander
Handelns und Denkens erfahren schrittweise aufbauen.
- sowie gemeinsame Sicht- und Vor-
gehensweisen erarbeitet.
kumulativ - Lernen ist nie voraussetzungslos. Es à Das schulische und ausserschulische Vorwissen der Lernen heisst nicht, Fakten und Regeln
schliesst immer an bereits vorhandenes Schülerinnen und Schüler aktivieren und aufgreifen. anhäufen, sondern neue Informationen
Wissen an. auf vielfältige Weise untereinander und
mit dem Vorwissen vernetzen.
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Merkmale Erläuterungen Folgerungen für den Unterricht Allfällige Missverständnisse
konstruktiv - Lernen beinhaltet den Aufbau kognitiver à Begriffe sorgfältig aufbauen, indem neue Informationen Das «Meinen» der Lehrperson entspricht
Strukturen, d.h. eines reichhaltigen, gut miteinander vernetzt und zum Vorwissen in Beziehung nicht zwangsläufig dem Verstehen der
vernetzten und flexibel anwendbaren gesetzt werden. Schülerinnen und Schüler.
Wissens. à Beziehungen zwischen aktuellen und vorhergehenden Die Informationen, welche die Lehr-
- Die Schülerinnen und Schüler konstruieren Themen sowie zwischen den Fächern herstellen. person vermittelt, werden von jedem/r
(aufbauen, verknüpfen, vernetzen, à Begebenheiten von verschiedenen Standpunkten aus Schüler/in anders rekonstruiert.
eingliedern) ihr Wissen selbst. Lernen betrachten.
ist kein Abbilden (Foto), lehren kein à Regelmässig feststellen, wie gut und was die
Eintrichtern (Nürnberger Trichter) von Schülerinnen und Schüler verstanden haben.
Informationen.
zielgerichtet - Lernen ist dann besonders wirksam, à Ziele des Lernens bekannt geben. Es ist nicht zwangsläufig so, dass die
wenn die Schülerinnen und Schüler à Mit den Schülerinnen und Schülern präzise Zielvor- Schülerinnen und Schüler die Ziele der
das Ziel kennen, auf das sie stellungen aufbauen. Lehrperson übernehmen.
hinarbeiten. à Informationen über die Ziele der Schülerinnen und
Schüler sammeln.
à Die Schülerinnen und Schüler zum Setzen und Verändern
von Zielen anleiten.
à Ziele im Rahmen des Lernprozesses zu unterschiedlichen
Zeitpunkten wieder aufgreifen (Orientierungspunkte).
selbstgesteuert - Das Lernen soll bewusst und selber à Strategien (mentale und praktische Vorgehensweisen) Die Annahme, alle Kulturtechniken
gesteuert werden. an fachlichen Inhalten vermitteln, entdecken lassen und könnten durch selbstgesteuertes Lernen
- Dazu müssen Kinder über das Denken reflektieren (Wie, Wo, Wann, Warum). neu entdeckt werden, ist unhaltbar.
und Lernen nachdenken (Metakog- à Modellieren, d.h. «laut denken» (Schülerinnen und Lehr- Kompetente Anleitung durch die Lehr-
nition). personen). person ist unumgänglich. Soviel Fremd-
- Sie sollen das Lernen zunehmend à Arbeitsrückschau: Über Prozesse und Produkte nach- steuerung wie notwendig, soviel Selbst-
selber steuern (Steuerung des Denkens, denken und sprechen, eigene Prozesse und Projekte mit steuerung wie möglich.
des Handelns, der Gefühle, der Moti- jenen der Kameraden vergleichen.
vation). à Lerntagebücher etc. einführen.
à Begriffe und Bezeichnungen für kognitive Tätigkeiten
aufbauen.
à Den Schülerinnen und Schülern schrittweise die Verant-
wortung für ihr Lernen übertragen.
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Merkmale Erläuterungen Folgerungen für den Unterricht Allfällige Missverständnisse
konstruktiv - Lernen beinhaltet den Aufbau kognitiver à Begriffe sorgfältig aufbauen, indem neue Informationen Das «Meinen» der Lehrperson entspricht
Strukturen, d.h. eines reichhaltigen, gut miteinander vernetzt und zum Vorwissen in Beziehung nicht zwangsläufig dem Verstehen der
vernetzten und flexibel anwendbaren gesetzt werden. Schülerinnen und Schüler.
Wissens. à Beziehungen zwischen aktuellen und vorhergehenden Die Informationen, welche die Lehr-
- Die Schülerinnen und Schüler konstruieren Themen sowie zwischen den Fächern herstellen. person vermittelt, werden von jedem/r
(aufbauen, verknüpfen, vernetzen, à Begebenheiten von verschiedenen Standpunkten aus Schüler/in anders rekonstruiert.
eingliedern) ihr Wissen selbst. Lernen betrachten.
ist kein Abbilden (Foto), lehren kein à Regelmässig feststellen, wie gut und was die
Eintrichtern (Nürnberger Trichter) von Schülerinnen und Schüler verstanden haben.
Informationen.
zielgerichtet - Lernen ist dann besonders wirksam, à Ziele des Lernens bekannt geben. Es ist nicht zwangsläufig so, dass die
wenn die Schülerinnen und Schüler à Mit den Schülerinnen und Schülern präzise Zielvor- Schülerinnen und Schüler die Ziele der
das Ziel kennen, auf das sie stellungen aufbauen. Lehrperson übernehmen.
hinarbeiten. à Informationen über die Ziele der Schülerinnen und
Schüler sammeln.
à Die Schülerinnen und Schüler zum Setzen und Verändern
von Zielen anleiten.
à Ziele im Rahmen des Lernprozesses zu unterschiedlichen
Zeitpunkten wieder aufgreifen (Orientierungspunkte).
selbstgesteuert - Das Lernen soll bewusst und selber à Strategien (mentale und praktische Vorgehensweisen) Die Annahme, alle Kulturtechniken
gesteuert werden. an fachlichen Inhalten vermitteln, entdecken lassen und könnten durch selbstgesteuertes Lernen
- Dazu müssen Kinder über das Denken reflektieren (Wie, Wo, Wann, Warum). neu entdeckt werden, ist unhaltbar.
und Lernen nachdenken (Metakog- à Modellieren, d.h. «laut denken» (Schülerinnen und Lehr- Kompetente Anleitung durch die Lehr-
nition). personen). person ist unumgänglich. Soviel Fremd-
- Sie sollen das Lernen zunehmend à Arbeitsrückschau: Über Prozesse und Produkte nach- steuerung wie notwendig, soviel Selbst-
selber steuern (Steuerung des Denkens, denken und sprechen, eigene Prozesse und Projekte mit steuerung wie möglich.
des Handelns, der Gefühle, der Moti- jenen der Kameraden vergleichen.
vation). à Lerntagebücher etc. einführen.
à Begriffe und Bezeichnungen für kognitive Tätigkeiten
aufbauen.
à Den Schülerinnen und Schülern schrittweise die Verant-
wortung für ihr Lernen übertragen.
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Anhang 4: Lehr- und Lernformen im Überblick7
Lehr- / Lernform, Definition Wesentliche Merkpunkte Beispiele für den Unterrichtseinsatz
Frontalunterricht - erarbeitete Inhalte festhalten - Überblick geben
ist meist thematisch orientierter und sprachlich vermittelter Unterricht. Die Lehrperson - Ziele transparent machen - Vermittlung umfangreicher Sachinformationen
steuert und kontrolliert die gemeinsam arbeitende Klasse. Dazu gehören auch Phasen - Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten
der Einzelarbeit. einstreuen
- ausreichende Anschauung
Werkstattunterricht (Posten-/Stationenarbeit) - klare, transparente Ziele - fördert die Selbständigkeit, Eigenverantwortung
Im Schulzimmer oder an verschiedenen Orten sind «Posten/Stationen» eingerichtet, an - einfache, verständliche, kurze Arbeitsaufträge - ermöglicht Differenzierung
denen die Schülerinnen und Schüler Lern- und Arbeitsaufträge nach (mehr oder - selbständig lösbar - Erfahrungswerkstatt: Selbständiges Entdecken und
weniger) freier Wahl selbständig bearbeiten und die dazu gehörigen Unterlagen und - verschiedene Lernmaterialien und Lernkanäle Erfahren von Lerninhalten (z.B. Wald, Römer…)
Materialien vorfinden. - angepasste Lernbegleitung/-beratung durch - Übungswerkstatt (z.B. Einmaleins)
Lehrperson
- Gemeinschaftsbildung beachten
(Wochen-)Planarbeit - verschiedene Lernkanäle berücksichtigen - fördert Selbständigkeit, Eigenverantwortung
Im (Wochen-)Planunterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler auf einem Plan - Pflichtanteil und Zusatzaufgaben festlegen - ermöglicht Differenzierung
schriftliche Aufträge (aus verschiedenen Fachbereichen), die sie im Laufe einer - klare Zielsetzung - individuelle Schwierigkeiten aufarbeiten (z.B. Recht-
bestimmten Zeit (z.B. einer Woche) in dafür zur Verfügung stehenden Zeitgefässen - Plan/Heft zum Planen und Eintragen der schreibetraining)
lösen. erledigten Arbeiten - Übungs- und Gestaltungsaufgaben aufnehmen
- Reflexion/Lerngespräch über das Lern-/ - auch musischen Bereich berücksichtigen
Arbeitsverhalten
Gruppenarbeit / Kooperatives Lernen - strukturierte Gruppenaufträge mit Rollen und - Partnerarbeit, Gruppenarbeit
bezeichnet Lernarrangements wie Partner- und Gruppenarbeiten, um eine Rollenwechsel - Lerntandems oder Lernpartnerschaften
gemeinsame Lösung eines Problems oder ein gemeinsam geteiltes Verständnis - Formen des «cooperative learning» (nach dem - Gruppenpuzzle
einer Situation zu entwickeln. Prinzip «think, pair, share») - Expertensysteme; Schreibkonferenz, …
- Lernen durch Lehren
Projektunterricht - Themenfindung, Zielsetzung mit den Beteiligten - eine Schulreise, ein Klassenlager gemeinsam planen
Im Projektunterricht bearbeiten einzelne Schülerinnen und Schüler, Gruppen, Klassen - angepasste Lernbegleitung-/beratung durch - eine Ausstellung gemeinsam entwickeln
oder eine Schule individuelle und/oder gemeinsame Themen. Sie planen das Lehrperson
Vorgehen und arbeiten handlungsorientiert auf das Ziel zu. - Reflexion der Arbeit und des Prozesses
Nicht jede Lehr-/Lernform kann alles leisten. Jede hat Vor- und Nachteile und ist für
spezielle Lerninhalte und Zielsetzungen besonders geeignet. Die folgende, unvollstän-
dige Zusammenstellung soll einen ersten Überblick geben.
7 Nach einem Skript für das Modul «Differenzierung / Erweiterte Lernformen / Sozialformen» (Päda-
gogische Hochschule St. Gallen, 2005/06).
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Anhang 4: Lehr- und Lernformen im Überblick7
Lehr- / Lernform, Definition Wesentliche Merkpunkte Beispiele für den Unterrichtseinsatz
Frontalunterricht - erarbeitete Inhalte festhalten - Überblick geben
ist meist thematisch orientierter und sprachlich vermittelter Unterricht. Die Lehrperson - Ziele transparent machen - Vermittlung umfangreicher Sachinformationen
steuert und kontrolliert die gemeinsam arbeitende Klasse. Dazu gehören auch Phasen - Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten
der Einzelarbeit. einstreuen
- ausreichende Anschauung
Werkstattunterricht (Posten-/Stationenarbeit) - klare, transparente Ziele - fördert die Selbständigkeit, Eigenverantwortung
Im Schulzimmer oder an verschiedenen Orten sind «Posten/Stationen» eingerichtet, an - einfache, verständliche, kurze Arbeitsaufträge - ermöglicht Differenzierung
denen die Schülerinnen und Schüler Lern- und Arbeitsaufträge nach (mehr oder - selbständig lösbar - Erfahrungswerkstatt: Selbständiges Entdecken und
weniger) freier Wahl selbständig bearbeiten und die dazu gehörigen Unterlagen und - verschiedene Lernmaterialien und Lernkanäle Erfahren von Lerninhalten (z.B. Wald, Römer…)
Materialien vorfinden. - angepasste Lernbegleitung/-beratung durch - Übungswerkstatt (z.B. Einmaleins)
Lehrperson
- Gemeinschaftsbildung beachten
(Wochen-)Planarbeit - verschiedene Lernkanäle berücksichtigen - fördert Selbständigkeit, Eigenverantwortung
Im (Wochen-)Planunterricht erhalten die Schülerinnen und Schüler auf einem Plan - Pflichtanteil und Zusatzaufgaben festlegen - ermöglicht Differenzierung
schriftliche Aufträge (aus verschiedenen Fachbereichen), die sie im Laufe einer - klare Zielsetzung - individuelle Schwierigkeiten aufarbeiten (z.B. Recht-
bestimmten Zeit (z.B. einer Woche) in dafür zur Verfügung stehenden Zeitgefässen - Plan/Heft zum Planen und Eintragen der schreibetraining)
lösen. erledigten Arbeiten - Übungs- und Gestaltungsaufgaben aufnehmen
- Reflexion/Lerngespräch über das Lern-/ - auch musischen Bereich berücksichtigen
Arbeitsverhalten
Gruppenarbeit / Kooperatives Lernen - strukturierte Gruppenaufträge mit Rollen und - Partnerarbeit, Gruppenarbeit
bezeichnet Lernarrangements wie Partner- und Gruppenarbeiten, um eine Rollenwechsel - Lerntandems oder Lernpartnerschaften
gemeinsame Lösung eines Problems oder ein gemeinsam geteiltes Verständnis - Formen des «cooperative learning» (nach dem - Gruppenpuzzle
einer Situation zu entwickeln. Prinzip «think, pair, share») - Expertensysteme; Schreibkonferenz, …
- Lernen durch Lehren
Projektunterricht - Themenfindung, Zielsetzung mit den Beteiligten - eine Schulreise, ein Klassenlager gemeinsam planen
Im Projektunterricht bearbeiten einzelne Schülerinnen und Schüler, Gruppen, Klassen - angepasste Lernbegleitung-/beratung durch - eine Ausstellung gemeinsam entwickeln
oder eine Schule individuelle und/oder gemeinsame Themen. Sie planen das Lehrperson
Vorgehen und arbeiten handlungsorientiert auf das Ziel zu. - Reflexion der Arbeit und des Prozesses
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Lehr- / Lernform, Definition Wesentliche Merkpunkte Beispiele für den Unterrichtseinsatz
Freie Arbeit / freie Tätigkeit (Semesterarbeit) - Bei der Einführung Ideenliste mit Möglichkeiten - selbstgestellten Fragestellungen nachgehen
Lernende gehen eigenen Interessen nach, machen dabei neue Erfahrungen und anbieten (Anregung, Entscheidungshilfe) - Gestaltungsarbeiten (Bilder, Plakate, Fotos, Modelle
erwerben oder vertiefen Wissen. - anregende Lernumgebung mit verschiedenen etc.)
Materialien - z.B. Semester-/Projektarbeit in der Sekundarschule
- angepasste Lernbegleitung-/beratung durch
Lehrperson
- Austausch der Ergebnisse
Planspiel - klare Situationsvorgabe - Simulation von Wirklichkeit (z.B. Bau eines Skilifts in
In Planspielen wird die Wirklichkeit anhand bestimmter Situationen und Rollen - klare Rollenbeschriebe einer Bergregion)
nachgespielt. - Reflexion über den Spielverlauf (inhaltlich,
persönlich)
Rollenspiel - klare Rollenanweisungen - Spielen von Problem- und Konfliktsituationen (inkl.
In Rollenspielen spielen Lernende vorgegebene oder selbstbestimmte Situationen. - Gelegenheit zum Vorbereiten der Rolle Lösungsansätze)
- Besprechung des Spiels - sich in eine andere Rolle versetzen (z.B. Person aus
der Geschichte)
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Lehr- / Lernform, Definition Wesentliche Merkpunkte Beispiele für den Unterrichtseinsatz
Freie Arbeit / freie Tätigkeit (Semesterarbeit) - Bei der Einführung Ideenliste mit Möglichkeiten - selbstgestellten Fragestellungen nachgehen
Lernende gehen eigenen Interessen nach, machen dabei neue Erfahrungen und anbieten (Anregung, Entscheidungshilfe) - Gestaltungsarbeiten (Bilder, Plakate, Fotos, Modelle
erwerben oder vertiefen Wissen. - anregende Lernumgebung mit verschiedenen etc.)
Materialien - z.B. Semester-/Projektarbeit in der Sekundarschule
- angepasste Lernbegleitung-/beratung durch
Lehrperson
- Austausch der Ergebnisse
Planspiel - klare Situationsvorgabe - Simulation von Wirklichkeit (z.B. Bau eines Skilifts in
In Planspielen wird die Wirklichkeit anhand bestimmter Situationen und Rollen - klare Rollenbeschriebe einer Bergregion)
nachgespielt. - Reflexion über den Spielverlauf (inhaltlich,
persönlich)
Rollenspiel - klare Rollenanweisungen - Spielen von Problem- und Konfliktsituationen (inkl.
In Rollenspielen spielen Lernende vorgegebene oder selbstbestimmte Situationen. - Gelegenheit zum Vorbereiten der Rolle Lösungsansätze)
- Besprechung des Spiels - sich in eine andere Rolle versetzen (z.B. Person aus
der Geschichte)
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Anhang 5: Prinzipien des kompetenzorientierten Unterrichtens8
Backward planning
Die Planung des Unterrichts geschieht von den Ergebnissen – den zu erreichenden
Kompetenzen – zeitlich zurück und schliesst die Voraussetzungen der Schülerinnen
und Schüler ein.
Transparenz
Die Funktionsweise und den Nutzen des kompetenzorientierten Unterrichts können die
Schülerinnen und Schüler dann nachvollziehen, wenn sie den Rahmen und die langfri-
stige Absicht kennen, nämlich Verantwortung für ihren lebenslangen Lernprozess zu
übernehmen.
Zielorientierung
Das Lernangebot hat ein klares Ziel, das mit den Lernenden vereinbart wird. Von die-
sem Ziel her wählt die Lehrperson unter Einbezug des Erfahrungshorizontes der Schü-
lerinnen und Schüler die geeigneten, sachlich gebotenen Inhalte und Methoden aus.
Individuelle Lernwege zulassen
Das Ziel ist klar, die Lernwege zum Ziel sind offen und verschieden. Da nun neben dem
Ziel auch der Weg an Bedeutung gewinnt, gibt es neben den inhaltlichen Kompetenzen
auch prozessbezogene Kompetenzen.
Förderorientierung
Die Schülerinnen und Schüler bekommen zu ihrem Lernstand Feedback, insbesondere
informelle Rückmeldungen während des ganzen Prozesses, und individuelle Förder-
massnahmen.
Stärkemodell
Die zu vermittelnden Kompetenzen knüpfen an den Wissens- und Könnensständen der
Schülerinnen und Schüler an. Den Lernenden soll ein positives Selbstbild vermittelt
werden, um ihnen Hoffnung auf Erfolg zu vermitteln.
Handlungsorientierung
Wissen kann nur dann handlungswirksam werden, wenn es bereits in der Erwerbsphase
mit spezifischen Lerntätigkeiten verknüpft wird, die geeignet sind, Wissen in Können zu
überführen.
8 Nach Maitzen, C. (2010). Projekt «Kompetenzorientiert unterrichten in Mathematik und Naturwissen-
schaften». Wiesbaden: Amt für Lehrerbildung Hessen.