Energiewende als gesellschaftlicher … · Huyssenallee 40, 45128 Essen Ansprechperson: Dr. Klaus...
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Energiewende als gesellschaftlicher Transformationsprozess Forschungsansatz und Begriffsverständnis des Rahmenprogramms „Energiewende Ruhr“
Konzeptpapier (2015)
IN KOOPERATION MIT: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Ener-gie GmbH (Koordination) Kulturwissenschaftliches Institut Essen Technische Universität Dortmund, Fachge-biet Städtebau, Stadtgestaltung und Bau-leitplanung Spiekermann & Wegener (S&W) Stadt- und Regionalforschung Bergische Universität Wuppertal, Lehrstuhl Umweltverträgliche Infrastrukturplanung, Stadtbauwesen
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Impressum Bearbeitung:
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH Döppersberg 19, 42103 Wuppertal Webseite: https://wupperinst.org/ Dr. Ralf Schüle ([email protected]) Prof. Dr. Oscar Reutter ([email protected]) Dr. Johannes Venjakob ([email protected]) Dr. Kurt Berlo ([email protected]) Miriam Müller ([email protected]) Rainer Lucas ([email protected]) Benjamin Best ([email protected]) Oliver Wagner ([email protected])
Spiekermann & Wegener, Stadt- und Regionalforschung (S&W) Lindemannstraße 10, 44137 Dortmund Webseite: http://www.spiekermann-wegener.de Prof. Dr.-Ing. Michael Wegener ([email protected]) Dr.-Ing. Klaus Spiekermann ([email protected]) Dr.-Ing. Björn Schwarze ([email protected])
TU Dortmund, Fachgebiet für Städtebau, Stadtgestaltung und Bauleitplanung Emil-Figge-Straße 50, 44227 Dortmund Webseite: http://www.tu-dortmund.de/uni/de/Uni/ Prof. Christa Reicher Daniel Bläser
Kulturwissenschaftliches Institut Goethestraße 31, 45128 Essen Webseite: http://www.kwi-nrw.de/home/index.html Britta Acksel ([email protected]) Lea Schmitt
Bergische Universität Wuppertal Umweltverträgliche Infrastrukturplanung, Stadtbauwesen (LUIS) Pauluskirchstr. 7, 42285 Wuppertal Webseite: http://www.luis.uni-wuppertal.de Prof. Dr.-Ing. Felix Huber ([email protected]) Dipl.-Ing. Kristine Brosch ([email protected])
Gefördert durch:
Stiftung Mercator GmbH Huyssenallee 40, 45128 Essen Ansprechperson: Dr. Klaus Kordowski ([email protected])
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Inhalt
1. EINLEITUNG 5
2. ENERGIEWENDE ALS ZIELGERICHTETER TRANSFORMATIONSPROZESS: DISKURSE, ENTWICKLUNGS-DYNAMIKEN UND REGIONALE HERAUSFORDERUNGEN9 2.1 Energiewende als politischer Diskurs 10 2.2 Energiewende als Diskurs um die Transformation von technischen Infrastrukturen 15 2.2 Transformationsdiskurse: Energiewende als inhärenter Teil gesellschaftlichen Wandels 20 2.4 Vom gegenwartsbezogenen zum zukunftsorientierten Diskurs: Energiewende als kultureller Wandel 24
3 ENERGIEWENDE ALS POLITISCHES ZIEL UND GESELLSCHAFTLICHER TRANSFORMATIONSPROZESS - DER ANSATZ DES RAHMENPROGRAMMS ENERGIEWENDE RUHR 30 3.1 Von Forschungs- und Diskursfeldern zu Leitlinien 30 3.2 Sechs Leitlinien: Forschungsfelder des Rahmenprogramms 31
4 LITERATUR 41
4
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1 Emissionsszenarien in der Stadt Oberhausen (Quelle: Wuppertal Institut und EEB-Enerco, 2012) ................................................................................................................ 23
Tabelle 1: Energie- und klimapolitische Ziele der Bundesregierung im Energiekonzept 2010 ............................................................................................................................................... 11
Tabelle 2: Mögliche Auswirkungen sozio-ökonomischer Trends auf Emissionen und Low Carbon Strategie .................................................................................................................... 21
5
1. Einleitung Aus einer historischen Perspektive ist der Widerstand gegen eine intensive Nutzung fossiler
Rohstoffe zur Energiegewinnung so alt wie die Industrialisierung selber. Bereits im 18. Jahr-
hundert wurden vor allem in Großbritannien intensive Debatten über die Endlichkeit von Koh-
levorräten und deren Reichweite geführt (Sieferle 1982). In der modernen Industriegesell-
schaft wurde die Debatte insbesondere im Rahmen der Energiekrise der 1970er Jahre beflü-
gelt und von dem damaligen US-Präsident Jimmy Carter erste globale Initiativen ergriffen,
die einen Wandel des Energiesystems und den Ausbau der erneuerbaren Energien zum Ziel
hatten (CEO 1980). 1976 prägte Amory Lovins den Ausdruck „soft energy“ und beschrieb ei-
nen visionären Weg von einem zentralisierten, auf fossilen und nuklearen Brennstoffen be-
ruhenden Energiesystem hin zu einem auf erneuerbare Energien basierenden und durch Ef-
fizienz gekennzeichneten System.
(1) Energiewende als politisches Konzept
In Deutschland wurde der Begriff bereits in den 1980ern geprägt und etabliert. Er tauchte
erstmalig im Titel einer Studie des Öko-Instituts von 1980 auf und wendete sich sowohl ge-
gen die fortschreitende Nutzung der Atomkraft als auch die Verwendung fossiler Energieträ-
ger zur Energiegewinnung.1 Heute bildet er in der nationalen Energie- und Klimapolitik indes
einen begrifflichen Rahmen, der in einer Reihe von politischen Referenzdokumenten auf na-
tionaler Ebene explizit oder implizit enthalten ist.2 Beispielsweise umreißt das noch vor dem
Fukushima-Unglück beschlossene Energiekonzept der Bundesregierung für die Energie-
wende bis zum Jahre 2050 einen politischen Zielkorridor: eine 80 bis 95 prozentige Redukti-
on der Treibhausgasemissionen Deutschlands bis zur Jahrhundertmitte (im Vergleich zu
1990).
Die Reichweite dieses Zieles weist dabei auf eine kontinuierlich angelegte und dynamische
Transformation bestehender Infrastruktursysteme und Energieverbrauchsmuster in ein post-
fossiles Zeitalter hin.3 In seiner Reichweite ist der Begriff Energiewende dabei weder als ein
„U-turn“ in vorfossile Phasen zu verstehen (Bundesregierung 2010) noch lässt er sich auf die
………………………………................ 1 Krause und Müller-‐Reißmann (1980) 2 Beispielhaft können hier das Stromeinspeisungsgesetz (1991) als Vorläufer des Erneuerbare-‐Energien-‐Gesetzes
(EEG), das integrierte Energie-‐ und Klimaprogramm (IEKP) von 2007 das Energiekonzept der Bundesregierung von 2010 und vor allem der Atomausstieg (zuletzt: Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes nach dem Re-‐aktorunglück in Fukushima) genannt werden.
3 Weitere Ziele sind u.a.: Halbierung des Primärenergieverbrauchs, der Anstieg des Anteils der Erneuerbaren Ener-‐gien am Bruttoendenergieverbrauch auf 60% und die Senkung des Primärenergiebedarfs im Bereich der Wohnge-‐bäude bis zum Jahr 2050
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Transformation technischer Systeme reduzieren. Stattdessen zielt dieser Begriff sowohl in
seiner Genese als auch in seiner politischen Programmatik auf eine radikale Abkehr von ei-
ner nuklear und fossil basierten Energieversorgung - bei gleichzeitiger Minderung des Ener-
giebedarfs und Effizienzsteigerung in der Entwicklung einer dekarbonisierten Ökonomie. Er
impliziert einen teilweise radikalen Paradigmenwechsel bisheriger Muster der Energie- und
Industriepolitik.
Die nationale Energiewende ist daher nicht nur als politisches oder technisches Programm
zur Transformation des Energiesystems zu verstehen, sondern in seinen sozialen, ökonomi-
schen, räumlichen und kulturellen Dimensionen auch als eine gesamtgesellschaftliche
Transformations- und Gestaltungsaufgabe (vgl. WBGU 2011, Fischedick 2014). Die Ener-
giewende ist gleichzeitig weiter und enger zu fassen als ein ambitionierter Klimaschutz: Die
Energiewende ist zum einen weiter zu fassen, weil sie neben der Umweltverträglichkeit - also
insbesondere für den Klimaschutz einer zentralen Reduktion von Energieverbräuchen und
Treibhausgasemissionen - auch Fragen der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit
nachhaltiger Energiesysteme und -infrastrukturen stärker adressiert. Zum anderen ist die
(nationale) Energiewende erst einmal enger gefasst als der Klimaschutz, da sich diese nur
auf das die energiebedingten Emissionen und hier insbesondere auf die Senkung des CO2
als zentralem Treibhausgas richtet.
(2) Energiewende auf lokaler und regionaler Ebene: Ein Rahmenprogramm
Obwohl seit den 1990er Jahren ein breites Spektrum von Klimaschutzaktivitäten auf kommu-
naler Ebene umgesetzt worden ist (Frings et al. 2002), räumt das Energiekonzept der Bun-
desregierung nur an wenigen Stellen der lokalen bzw. regionalen Ebene eine explizite Rolle
in der Umsetzung der Energiewende ein (Bundesregierung 2010), wenngleich die Bundesre-
gierung zur Unterstützung der Energiewende vor Ort indes ein breites Unterstützungsportfo-
lio aufgebaut hat. Da die Energiewende im Raum wirksam wird, kommt der lokalen bzw. der
regionalen Ebene daher sowohl implizit als auch explizit eine zentrale Rolle zu: implizit als
Ebene, in der im Rahmen der sog. pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben nationale Gesetz-
gebung zur Umsetzung kommt, also z.B. das Baugesetzbuch mit seiner Integration des Kli-
maschutzes auf der Zielebene, oder die Energieeinsparverordnung (EnEV) mit ihren jeweils
gesetzten energetischen Standards im Gebäudebereich. Explizit bekommt die lokale Ebene
eine Bedeutung, da in ihr konkurrierende Raumbedürfnisse auch für den Bedarf von Flächen
für erneuerbare Energieträger vermittelt werden.
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Erschwerend ist jedoch, dass die Vielfalt und Intensität kommunaler Aktivitäten zum Klima-
schutz nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass eine große Kluft zwischen den gesetzten
Klimaschutzambitionen und den realen Handlungsmöglichkeiten von Kommunen besteht.
Nie waren die Kommunen höher verschuldet und nie waren die Spielräume für die Ausei-
nandersetzung mit strategischen Themen eingeschränkter - bei steigenden Anforderungen
an kommunale Verwaltungen (Bertelsmann Stiftung 2013). Aus strukturellen Gründen ist
diese Kluft in den Kommunen des Ruhrgebietes stärker ausgeprägt als in anderen Kommu-
nen was diese aus einer Forschungs- und Beratungsperspektive zum Gegenstand der Auf-
merksamkeit werden lässt:
Eine zentrale Fragestellung des „Rahmenprogramms zur Umsetzung der Energiewende in
den Kommunen des Ruhrgebiets“ („Rahmenprogramm Energiewende Ruhr“) besteht daher
darin auszuloten, in welcher Weise Kommunen ihre Handlungskapazitäten vor dem Hinter-
grund der bestehenden Rahmenbedingungen bewahren bzw. perspektivisch erweitern kön-
nen. Dazu ist ein erweiterter Blick auf regionale Strukturbedingungen und Konstellationen
von AkteurInnen notwendig. Vor dem Hintergrund der spezifischen Bedingungen des Ruhr-
gebietes ist die zentrale Hypothese des Gesamtvorhabens „Energiewende Ruhr“, dass die
Kommunen in dieser Region für die Umsetzung der Energiewende weitaus schwierigere
strukturell bedingte Ausgangsbedingungen und Umsetzungsmöglichkeiten antreffen als Ak-
teure und Kommunen in anderen Regionen. Das Rahmenprogramm steuert daher einen Bei-
trag zur Analyse der Besonderheit von Kommunen im Ruhrgebiet zur Umsetzung der Ener-
giewende bei und setzt sich mit bisherigen Handlungsansätzen in der Region kritisch ausei-
nander. Es setzt an bestehenden Rahmenbedingungen an und versucht, in Zusammenarbeit
mit regionalen Akteursgruppen und Institutionen strategische Ansätze für eine langfristig an-
gelegte und regional adäquate Umsetzung der Energiewende in der Region zu identifizieren.
Sein zentrales Produkt wird die Entwicklung einer Regionalen Energiewende-Roadmap sein,
das die Ergebnisse des Projektes zusammenführt und strategische Hinweise für die weitere
Umsetzung der Energiewende unterbreitet.
(3) Rahmenpapier für das Rahmenprogramm
Das hier vorliegenden Rahmen- und Konzeptpapier des Gesamtvorhabens verfolgt dreierlei
Zielsetzungen: Erstens dient es der Abstimmung von Begriffsverständnissen zentraler Be-
griffskonzepte wie z.B. „Energiewende“ und „Innovation“. Zweitens beschreibt es den eigent-
lichen Forschungsansatz und die zentralen Fragestellungen des Projektes und gibt drittens
eine Übersicht über die im Rahmenprogramm integrierten Teilprojekte.
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In einem ersten Schritt setzt sich das Paper mit einzelnen Begriffsverständnissen der Ener-
giewende auseinander und stellt diese mit den Zielsetzungen und Forschungsfragen in Be-
ziehung. In Kapitel 2 werden daher vier Diskurslinien zur Energiewende unterschieden, die
auch das Grundverständnis des Projektes zur Energiewende bilden. Das Kapitel 3 stellt die
Grund legende Architektur und die darin integrierten Teilprojekte des Projektes vor. Als
transdisziplinäres Forschungsvorhaben orientiert sich das Forschungsvorhaben an sechs
Leitlinien, die für das Projekt sowohl die begriffliches Basis, die zu prüfende analytische For-
schungsrichtung als auch die normative Prämisse bilden.
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2. Energiewende als zielgerichteter Transformationspro-zess: Diskurse, Entwicklungs-dynamiken und regiona-le Herausforderungen
Vier Framings und Diskurslinien zur Energiewende lassen sich gegenwärtig unterschieden,
an denen das Rahmenprogramm ansetzt:
1. Energiewende als politischer Diskurs im Mehrebenensystem
2. Energiewende als technologisch-infrastrukturelle Herausforderung
3. Energiewende als inhärente Dimension gesellschaftlichen Wandels
4. Energiewende als kultureller Wandel zur Zukunftsgerichtetheit.
Diesen Diskursen ist gemeinsam, dass sie implizit ein jeweils eigenes Transformationsver-
ständnis tragen, das deren Ziele und Foki und den damit verbundenen Innovationen unter-
schiedlich fasst. Als Bezugspunkte von Transformation und Innovation fungieren in diesen
Diskurslinien unterschiedliche Bereiche, in denen Eigenlogiken wirken, welche die jeweilige
Transformations- und Innovationsrichtung in unterschiedlicher Weise beeinflussen.4 Dies ist
ein widersprüchlicher Prozess mit unterschiedlichen Dynamiken in Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft.
Die nachfolgende Interpretation dieser Diskurslinien erfolgt nach gleichem Muster: In einem
ersten Schritt werden im Rahmen einer kurzen Status quo Analyse zentrale Diskursinhalte
und AkteurInnen beschrieben, bevor künftige Entwicklungslinien skizziert und entsprechende
Herausforderungen für die Kommunen des Ruhrgebietes herausgearbeitet werden.
………………………………................ 4 In diesen Diskursen ist jeweils auch ein unterschiedliches Verständnis von Transformation und Innovation anzutref-‐
fen. Dieses spiegelt sich auch in den Teilprojekten des Projektes wieder. Es bedarf daher einer besonderen Synthe-‐seleistung, um in einem regionalen Kontext der Energiewende zu einem gemeinsamen Verständnis von institutio-‐nellen, technischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Transformations-‐ und Innovationszielen zu kommen.
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2.1 Energiewende als politischer Diskurs 2.1.1 Ziele und Maßnahmen: Das Energiekonzept der Bundesregierung
Der gegenwärtige politische Diskurs um die nationale Energiewende setzte spätestens mit
Verabschiedung des Integrierten Energie- und Klimaprogramms (IEKP) im August 2007 ein,
das im Anschluss an die Verabschiedung der 20-20-20-Ziele im Jahr 2007 auf europäischer
Ebene durch die Bundesregierung aufgelegt wurde.5 Neben der Formulierung politischer
Reduktionsziele für CO2-Emissionen, führte das Programm die von den einzelnen Bundes-
ministerien aufgelegten Instrumente der Klimaschutzpolitik (z.B. KfW-Förderung im Gebäu-
debereich) bzw. der Technologieförderung (Erneuerbare-Energien-Gesetz) in einem inte-
grierten Gesamtkonzept zusammen. Darüber hinaus enthielt das Maßnahmenpaket Ankün-
digungen der Einführung bzw. Novellierung gesetzlicher Vorgaben, wie z.B. das KWK-
Gesetz, das Erneuerbare-Energien Wärmegesetz oder die Novellierung des Kraftfahrzeug-
steuergesetzes. Es umfasst insgesamt 29 Maßnahmen vor allem zugunsten von mehr Ener-
gieeffizienz und mehr erneuerbaren Energien.
Seitdem in den 1990er Jahren die kommunale Ebene in Deutschland insbesondere ein wich-
tiger Impulsgeber in der Entwicklung von Klimaschutzmaßnahmen war, hat sich mit der Ver-
abschiedung des IEKP das Bild im politischen Mehrebenensystem Deutschlands deutlich dif-
ferenziert: Sowohl auf EU- und Bundes- als auch auf Landesebene wurden rechtliche Vor-
gaben und Maßnahmenpakete entwickelt, die Aktivitäten auf kommunaler bzw. regionaler
Ebene maßgeblich beeinflussen und unterstützen. Die im IEKP formulierten Ziele definieren
den „top down“ gesetzten Zielkorridor und politischen Referenzrahmen der Energiewende in
Deutschland. Sie stehen dabei in Einklang mit den entsprechenden Vorgaben der Europäi-
schen Union für die europäische Ebene.
Der Regierungswechsel von der großen Koalition zur CDU/FDP-Regierung im Oktober 2009
führte nicht zu einer grundsätzlichen Modifikation der energie- und klimapolitischen Ziele. Für
die Treibhausgasemissionen wurde der Entwicklungspfad im Energiekonzept des Jahres
2010 in 10-Jahres-Schritten wie folgt konkretisiert: minus 55 Prozent bis 2030 und minus 70
Prozent bis 20406. Ein radikaler Paradigmenwechsel betrifft hier allerdings die politischen
Zielvorgaben hinsichtlich der Atomenergie. Während die Bundesregierung hier zunächst
………………………………................ 5 Mit den 20/20/20 Zielen der EU-‐Kommission haben sich die EU-‐Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2020 die Treib-‐
hausgasemissionen um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, eine Energieeffizienzsteigerung in Richtung 20 Prozent anzustreben und einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien am Gesamtenergiever-‐brauch zu erreichen (Bundesregierung 2007). Das nationale Politikpaket ist nach dem Ort der entsprechenden Kabi-‐nettssitzung auch als Meseberger Beschlüsse bekannt.
6 BMWI und BMU (2011), S. 5
11
„Kernenergie als eine Brückentechnologie“ ansah, die zeitlich befristet gebraucht werde und
infolgedessen die Laufzeit der 17 Kernkraftwerke in Deutschland um durchschnittlich 12 Jah-
re verlängerte (Bunderegierung 2010, S. 16), führte das Reaktorunglück von Fukushima zu
einer radikalen Änderung. Nur wenige Monate nach Veröffentlichung des Energiekonzeptes
wurde am 30. Mai 2011 durch die Bundesregierung die endgültige Stilllegung der vom Mora-
torium betroffenen acht Kernkraftwerke beschlossen und ein gesetzlicher Ausstieg aus der
Atomenergie auf den Weg gebracht. Nachfolgende Tabelle 1 zeigt die wesentlichen Zielvor-
gaben des Energiekonzeptes und des Beschlusses zum Atomausstieg:
Tabelle 1: Energie- und klimapolitische Ziele der Bundesregierung im Energiekonzept 2010
Ziel Bezugsjahr 2020 2030 2040 2050
Reduktion der THG-Emissionen
1990 -40% -55% -70% [-80%,
-95%]
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch
18% 30% 45% 60%
Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch
35% 50% 65% 80%
Primärenergieverbrauch 2008 -20% -50%
Stromverbrauch 2008 -10% -25%
Endenergieverbrauch Verkehrssektor
2005 -10% -40%
Atomausstieg 2010 -60% (in 2019)
-100% (in 2022)
Das Reduktionsziel an Treibhausgasemissionen bis 2050 wurde für Deutschland und andere
Industrienationen bei 80 bis 95% im Vergleich zu 1990 festgelegt, da nur in diesem Fall der
Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf über 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau
begrenzt werden kann. Ein weiterer Anstieg würde nach wissenschaftlichen Erkenntnissen
voraussichtlich zu schwerwiegenden und irreversiblen Schäden für Menschen und Natur füh-
ren (IPCC 2014).
Wie für andere Sektoren auch wurden für den Gebäudesektor spezifische Ziele und Maß-
nahmenpakete formuliert. Insbesondere setzt das Konzept für diesen Sektor das übergrei-
fende Ziel, den Wärmebedarf im Bestand langfristig deutlich zu senken, um bis 2050 einen
nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Der verbleibende Energiebedarf soll
weitgehend über erneuerbare Energien abgedeckt werden. Dies bedeutet für den Gebäude-
sektor bis 2020 die Reduzierung des Wärmebedarfs um 20% und bis 2050 eine Minderung
des Primärenergiebedarfs in einer Größenordnung von 80%. Als Schlüsselinstrumente nennt
12
das Konzept u.a. eine weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung (u.a. „klimaneut-
rale“ Neubauten ab 2020) (siehe Bundesregierung 2010 und BMWi und BMU 2014), eine
Fortführung und Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungs-programms auch unter Berück-
sichtigung von Stadtquartieren, die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes
(EEG) sowie die Bereitstellung weiterer steuerlicher Anreize für energetische Modernisierun-
gen. Insgesamt setzt die Politik größtenteils auf die Förderung von technologischen Lö-
sungsoptionen zur Umsetzung der klimapolitischen Ziele in Form von Energieeffizienz und
Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien. Aufgrund der bislang geringen Erfolge der
Energieeffizienzziele und verschiedener Hemmnisse beim Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien wird zunehmend die Bedeutung von Verhaltensänderungen durch Nachfragereduktion
zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele diskutiert. Dies wiederum bietet vielfa-
che Anknüpfungspunkte für die Umsetzung der Energiewende.
Der nationale Diskurs um die politische Programmatik zur Energiewende ist daher zum einen
ein Zieldiskurs, zum anderen ein Diskurs um die Ausgestaltung entsprechender Maßnah-
men. Aus einer kritischen Perspektive wird dabei bemängelt, dass das aufgesetzte Maß-
nahmenportfolio bisher nicht ausreichend ist, die formulierten Ziele auch wirklich zu errei-
chen und dass es langfristiger Strategien bedarf, die stärker auf die Reduktion des Energie-
verbrauchs und einer Forcierung der Energieeffizienz setzen (Hennicke und Welfens 2012).
2.1.2 Herausforderungen und Bedarfe für Kommunen des Ruhrgebietes
Energiewende und die lokale Ebene
Obwohl auf die Bedeutung der lokalen Ebene im Energiekonzept der Bundesregierung mehr-
fach hingewiesen wird, weist dieses nur an wenigen Stellen Kommunen eine explizite Rolle
in der Umsetzung der Energiewende zu, so z.B. bezüglich der Mitwirkungsrechte von Kom-
munen zur Absicherung des Repowering, in der Weiterentwicklung der Raumordnungspläne
zur Bereitstellung von Flächen für neue Windenergiegebiete oder als Adressaten eines ein-
zurichtenden Energieeffizienzfonds. Kommunen sind jedoch verpflichtet, gesetzliche Vorga-
ben auf Bundesebene lokal umzusetzen. So gehört z.B. die Gewährleistung einer Bauleit-
planung zu den sog. Pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben von Kommunen, deren Art und
Weise der Durchführung obliegt jedoch dem Handlungsspielraum der Kommune.7 Weitere
freiwillige Selbstverpflichtungen oder Aktivitäten im Klimaschutz unterstützt der Bund z.B.
durch objektbezogene Förderungen für Gebäude (KfW), erneuerbare Energien und effiziente ………………………………................ 7 So ist die Bauaufsicht z.B. im Sinne der Einhaltung der Energiesparverordnung oder des Erneuerbare-‐Energien
Wärmegesetzes bei Bauvorhaben eine durch den Bund an die Kommunen übertragene Aufgabe bzw., je nach Bun-‐desland, eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung.
13
Versorgungstechnologien (KfW, BAFA) oder durch die Förderung von Klimaschutzkonzepten
bzw. Konzepten der energetischen Stadtsanierung (KfW).
Um eine Kongruenz zwischen nationalem Politikrahmen und kommunalen Aktivitäten zum
Klimaschutz bzw. zur Energiewende zu erzielen, haben indes eine Vielzahl von Kommunen
freiwillige Selbstverpflichtungen zur Emissionsminderung verabschiedet, deren Zielkorridor
mit einer angestrebten 80-95% Senkung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 den natio-
nalen Zielen weitgehend entspricht. So verfolgen 143 freiwillige Zusammenschlüsse aus
Landkreisen, Gemeinden, Regionalverbünden und Städten in Deutschland das Ziel eine zu
100 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeisten Energieversorgung aufzubauen (Stand
Dezember 2014)8, 60 deutsche Städte sind bereits dem europäischen Konvent der Bürger-
meister, einem europäischen Netzwerk ambitionierter Klimaschutzstädte beigetreten, weitere
etwa 450 Kommunen sind Mitglied im Klimabündnis e.V.9 Des Weiteren haben eine Vielzahl
von Kommunen im Rahmen ihrer Klimaschutzkonzepte konkrete kommunale Reduktionszie-
le formuliert.10
Freiwillige Selbstverpflichtungen und Klimaschutzaktivitäten in Kommunen des
Ruhrgebietes
Deutschlandweit finden sich unter den im Handlungsfeld Klimaschutz und Energiewende
ambitionierten Kommunen sehr unterschiedliche Typen mit unterschiedlichsten (raum-)
strukturellen, infrastrukturellen und ökonomischen Voraussetzungen wie z.B. die vier deut-
schen Millionenstädte (Berlin, Hamburg, Köln, München), alle Großstädte über 500.000 Ein-
wohnerInnen (u.a. Stuttgart, Bremen, Frankfurt, Essen, Hannover), Kleinere Großstädte
(Freiburg, Münster, Trier) aber auch ländliche Kommunen und Kreise (z.B. Kreis Steinfurt,
Rhein-Sieg-Kreis).
Auch Kommunen des Ruhrgebietes sind freiwillige Selbstverpflichtungen zur Emissionsmin-
derung eingegangen: Die Stadt Bottrop strebt beispielsweise an, im Pilotgebiet der „Innovati-
on City Ruhr“ die CO2-Emissionen bis 2020 um 50% gegenüber dem Basisjahr 2009 zu re-
duzieren. Die Städte Duisburg und Essen haben sich ein Emissionsminderungsziel von 40%
bis 2020 gesetzt, Gelsenkirchen verfolgt die Umsetzung einer Reduktion um 25% gegenüber
dem Wert von 2008. Über 50% der EinwohnerInnen in der Region leben in Städten, die be-
………………………………................ 8 83 sog. 100ee-‐Regionen und 60 sog. Starterregionen. Quelle: Institut dezentrale Energietechnologien (2014) 9 Klimaschutzkonzepte: http://kommunen.klimaschutz.de/foerderung/kommunalrichtlinie/zahlen-‐und-‐fakten.html,
100% Erneuerbare Energie Regionen: Institut dezentrale Energietechnologien (2014), Konvent der Bürgermeister: http://www.eumayors.eu, Klimabündnis: http://www.klimabuendnis.org.
10 Zu den Gründen einer ambitionierten Klimaschutzpolitik auf kommunaler Ebene, siehe Schüle, Venjakob und Fi-‐schedick (2013).
14
reits dem Klima-Bündnis beigetreten sind und bereits teilweise seit Anfang der 1990er Jahre
anspruchsvolle Emissionsziele formuliert haben (Wuppertal Institut und EEB Enerco 2012).
Das Gros der Kommunen im Ruhrgebiet hat sich allerdings (noch) kein verbindliches Reduk-
tionsziel gesetzt, sondern versucht über einzelne Maßnahmen bzw. Handlungskonzepte
Emissionsminderungen in der jeweiligen Kommune voranzubringen. Neben lokalpolitischen
Ursachen lassen sich für die Ruhrgebietskommunen dabei insbesondere zwei Ursachen an-
geben, warum eine direkte Übertragung nationaler Ziele auf die kommunale Ebene im Ruhr-
gebiet bisher nur beschränkt eine Rolle spielt: Zum einen weist die räumliche Verteilung der
Emissionen in Deutschland nach Bundesländern starke Asymmetrien auf. Alleine in NRW
werden ca. 50% aller CO2-Emissionen Deutschlands emittiert. Die Stadt Duisburg kann
durch den hohen Anteil der energieintensiven Industrie und deren Regulierung über den eu-
ropäischen Emissionshandel beispielsweise selber nur ca. 2-3% der auf dem Stadtgebiet an-
fallenden Emissionen beeinflussen. Eine konsequente Umsetzung einer Emissionsminde-
rung auf kommunaler Ebene würde daher einer faktischen Deindustrialisierung gleichkom-
men und (inter-)nationale Arbeitsteilungen von energieintensiven Produktionsstandorten ne-
gieren.
Zum anderen wurden im Rahmen einer ExWoSt-Studie (BMVBS und BBSR 2009) Potenzi-
aluntersuchungen in verschiedenen Regionstypen (Schrumpfungsregionen, stabile Regio-
nen, Wachstumsregionen) unternommen.11 Dabei zeigen sich z.B. für die Nutzung solarer
Potenziale in unterschiedlichen Stadträumen, dass die Verbrauchssektoren "Haushalte" und
"Gewerbe, Handel und Dienstleistung" in der Mehrzahl der untersuchten Modellräume weit-
gehend energieautark werden könnten, in hoch verdichteten Stadträumen die Deckung des
vergleichsweise hohen Energiebedarfs schwieriger möglich ist als in gering verdichteten
Stadträumen, die Bedeutung der Brachflächen für die Erzeugung erneuerbarer Energien in
allen untersuchten Modellräumen im Vergleich zu den gesamten energetisch nutzbaren Flä-
chenressourcen gering ist, und die prozentuale Verteilung der einzelner Stadtraumtypen ei-
nen deutlichen Einfluss auf die Energieautarkie hat.12
………………………………................ 11 Modellstädte in diesen Projekten waren die Städte Sondershausen, Gelsenkirchen, Nordhausen, Bleicherode, Roßle-‐
ben, Leipzig und Stuttgart. 12 Die Potenzialanalyse für emissionsarme Energieversorgungsstrukturen unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur
ist in diesem Kontext ein weiteres Forschungsfeld. Mit einem Fokus auf den Ausbau der Fernwärme modelliert z.B. Blesl (2002: 135) effiziente Wärmeversorgungssysteme für unterschiedliche (ideale) Siedlungstypen (siehe auch: BRBS, 1980).
15
Vor diesem Hintergrund haben bisher auch im Ruhrgebiet viele Kommunen davon Abstand
genommen, sich trotz eines hohen Ambitionsniveaus eigene verbindliche Reduktionsziele
setzen.13
Sowohl aus einer analytischen als auch aus einer praktisch-politischen Perspektive besteht
eine zentrale Herausforderung für Kommunen des Ruhrgebietes u.a. daher darin zu untersu-
chen, welche Governance-Strukturen und Handlungsprofile der Kommunen in der Region mit
ihren spezifischen Rahmenbedingungen notwendig sind, einen maßgeblichen Beitrag für die
politisch gesetzten Ziele der nationalen Energiewende zu liefern - ohne dass die Entwick-
lungsmöglichkeiten der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit eingeschränkt werden.
2.2 Energiewende als Diskurs um die Transformation von techni-schen Infrastrukturen
2.2.1 Technische und infrastrukturelle Herausforderungen
Stromwende und Wärmewende
Ein weiterer Diskurs dreht sich um die technischen und infrastrukturellen Herausforderungen,
die die Energiewende mit sich bringt, da deren Umsetzung einen erheblichen infrastrukturel-
len Anpassungsbedarf nach sich zieht. Neue Technologien rücken in den Vordergrund - be-
stehende Infrastrukturen werden sich derart anpassen, dass die Implementierung dieser
Technologien ermöglicht wird. Der gesellschaftliche Diskurs zu diesem Thema, der mit dem
politischen Diskurs eng verwoben ist, fokussiert stark auf Auseinandersetzungen um den An-
teil Erneuerbarer Energien am Strommix und zumindest bis zu dessen Verabschiedung im
Juli 2014 auch um Regularien zur Ausgestaltung des Erneuerbare Energien Gesetzes
(Kempfert 2013). Im Blick stehen dabei mit Blick auf Verbraucherinnen und Verbraucher in
erster Linie die resultierenden Energiepreise und die Energiesicherheit. Hinzu kommen als
wichtige Elemente des gesellschaftlichen Diskurses Konflikte im Zusammenhang mit den inf-
rastrukturellen Maßnahmen - vom Anlagenbau bis hin zur Notwendigkeit, Netzinfrastrukturen
anzupassen bzw. zu erweitern. Interessanterweise treffen diese Konflikte sowohl den Be-
reich fossiler Energieerzeugung (wie z.B. in Datteln, Düsseldorf, Krefeld14), als auch die Er-
………………………………................ 13 Auch die Freie und Hansestadt Hamburg hat aufgrund der geringen Potenziale der Substitution fossiler durch erneu-‐
erbarer Energieträger darauf verzichtet, in ihrem Masterplan 2020 (2013) ein verbindliches Emissionsziel zu setzen. 14 Siehe z.B. KlimaretterInfo 2010 und 2014
16
richtung von Erneuerbare Energien Anlagen (Biomasse, Windkraft, Geothermie) bzw. richten
sich gegen die Modernisierung bzw. Erweiterung von Übertragungsnetzen.15
Zwei generelle, eng miteinander verbundene Trends werden für die zukünftige Transformati-
on der Energieinfrastrukturen maßgeblich sein und den gesellschaftlichen Diskurs prägen.
Zum einen wird eine weitere Zunahme erneuerbarer Energieträger im nationalen Energiemix
erwartet (Bundesumweltministerium 2012). Diese wird einerseits zu einer weiteren Flexibili-
sierung und Dezentralisierung der Strom- und Wärmeerzeugung führen, die neue Anforde-
rungen an die Weiterentwicklung der entsprechenden Netze vor allem dann stellt, wenn de-
zentrale Erzeugungseinheiten zu virtuellen Kraftwerken zusammengeschlossen werden).
Gleichzeitig wird auch immer mehr regenerative Energieerzeugung an zentralen Orten statt-
finden (zum Beispiel in Offshore Windparks) - auch hieraus ergeben sich infrastrukturelle
Anpassungsbedarfe - beispielsweise durch den Aufbau von HGÜ-Leitungen.16
Zum anderen zeichnet sich eine zunehmende Vernetzung der unterschiedlichen Infrastruk-
tursysteme ab, die insbesondere durch IuK-Technologien) gefördert wird. Das betrifft nicht
nur die Infrastrukturbereiche innerhalb des Energiesystems (Strom, Wärme, Verkehr) son-
dern auch die Schnittstellen zu anderen Bereichen, wie zum Beispiel Abwasser und Abfall.
Die hohe Kapitalintensität und die lange Lebensdauer von (Energie-)Infrastrukturen machen
diese zu einem zentralen Ansatzpunkt der Energiewende. Für die sukzessive Anpassung der
Infrastrukturen an die absehbaren zukünftigen Erzeugungs- und Verbrauchsstruktuen bieten
sich (aufgrund kalkulierbarer Investitionszyklen) klar berechenbare "windows of opportunity“
für Richtungsänderungen (zum Beispiel beim Ersatz von Kraftwerksanlagen oder Ertüchti-
gungsbedarf an Netzen).
Die Sektoren Strom und Wärme sind in gleicher Weise betroffen - in ihrer Transformation
liegt aufgrund der zunehmenden technologischen Verschränkung beider Bereiche erhebli-
ches Synergiepotenzial. Die vielfältige Einbindung kleinerer, dezentraler Einheiten der Ener-
gieumwandlung bedarf neuer technischer Lösungen in leistungsstarken, flexiblen Netzen.
Die stromnetzseitige Optimierung unter dem Schlagwort "Smart Grids" bei gleichzeitiger vir-
tueller Verknüpfung dezentraler Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung ist hierfür ein
Beispiel. Gleichzeitig werden innovative Koordinations- bzw. Steuerungsformen benötigt, um
die technologische Transformation zu unterstützen. So zielen integrierte Ansätze auf kom-
munaler bzw. regionaler Ebene beispielsweise darauf ab, die Erneuerungszyklen im Gebäu-
………………………………................ 15 siehe Beispiele der Mobilisierung gegen Kraftwerke jedweder Art in: Schrader 2014, Rueter 2014, Wetzel 2014 und
Bayrischer Rundfunk 2014) 16 HGÜ =Hochspannungs-‐Gleichstrom Übertragungsleitungen
17
debereich mit notwendigen Transformationen der Energieinfrastruktur zu synchronisieren
(Bullinger und Röthlein 2012).
Die Energiewende als Herausforderung für das Regionale Innovationssystem (RIS) der
Metropole Ruhr
Der Begriff der Regionalen Innovationssysteme (RIS) ist in der territorial bezogenen Innova-
tionsforschung entstanden (vgl. Cooke; Braczyk; Heidenreich 1998). In diesem analytischen
Konzept wird die These vertreten, dass die Besonderheiten der räumlichen Wirtschaftsstruk-
tur (Standortbedingungen, Spezialisierungen, Traditionen, Wirtschaftsstile) auch zu einer
spezifischen Ausprägung der Beziehungen in Innovationssystemen führt. Die räumliche Nä-
he der Akteure wirkt dabei wie ein Katalysator, vor allem für die Bildung von regionalen
Netzwerken, die als ein wichtiger Rahmen für kollektive Lernprozesse angesehen werden.
Der gemeinsame Bezug zu den regionalen Entwicklungszielen ist oft das Bindeglied, was
auch dazu beiträgt, dass unterschiedliche regionale Akteuren (aus Wirtschaft, Wissenschaft,
Verwaltung und Zivilgesellschaft) zusammenfinden und ihren jeweiligen Beitrag zur Zieler-
reichung leisten.
Für den Erfolg dieser Innovationsnetzwerke ist die Qualität der Netzwerkbeziehungen und
die vertrauensvolle Zusammenarbeit ein entscheidender Faktor (vgl. Cooke 1996). Der regi-
onale Verbund von Akteuren kann durch den Aufbau institutioneller Faktoren (Förderpro-
gramme, Transfereinrichtungen, Praxislabore, Modellprojekte) gestärkt werden. Diese neuen
Fomen der Zusammenarbeit und die damit verbundenen Praktiken werden auch im Kontext
Regionaler Innovationssysteme als soziale Innovation interpretiert (vgl. Moulaert et al.
2005).17 Soziale Innovationen umfassen dabei unter anderem neue Konsum- und Versor-
gungsmuster, neue Geschäftsmodelle und Vertriebsformen und neue Formen der Zusam-
menarbeit und der politischen Steuerung (vgl. Schneidewind; Scheck 2013).
Soziale Innovationen sind auch ein wichtiger Faktor für das Gelingen der regionalen Ener-
giewende. Gerade der Übergang von einer zentralisierten Energieversorgung mit Großkraft-
werken zu dezentralen Formen der Energieerzeugung ist mit sozialen Innovationen in allen
Wertschöpfungsstufen verbunden. Es entstehen neue Institutionen und Regeln, Energiepro-
duktion und –verbrauch werden in neuer Weise angestimmt, in neuen netzwerkartigen Struk-
………………………………................ 17 Mit dem Innovationstypus „soziale Innovation“ ist allerdings noch keine Aussage über die Innovationsrichtung
getroffen. Soziale Innovationen in Form einer angepassten Lobbyarbeit können auch dazu führen, den Prozess der Energiewende zu verlangsamen.
18
turen wird das Zusammenspiel von technischen und sozio-ökonomischen Faktoren verbes-
sert (vgl. Grunwald 2014, 235ff.).
Von zentraler Bedeutung ist dabei in einem marktwirtschaftlichen System die Rolle der Un-
ternehmen. Firmen sind das Kernelement eines Innovationssystems, in dem Inventionen in
marktfähige Produkte und Dienstleistungen weiter entwickelt und auch am Markt plaziert
werden.
Durch die Ausgestaltung regionaler Innovationssysteme können in erheblichem Maße
zusätzliche Wachstums- und Beschäftigungseffekte generiert werden. Neuere Erkenntnisse
der vergleichenden regionalen Innovationsforschung (vgl. Arnold et al 2014) bieten in diesem
Kontext wichtige Erkenntnisse und werden in die vorgesehene Analyse des energiebezoge-
nen Innovationssystems im Ruhrgebiet einfließen. Die Analyse wird auch klären, welche be-
sonderen technologischen, ökonomischen und sozialen Alleinstellungs- bzw. Differenzie-
rungsmerkmale im Rahmen einer energieeffizienten und CO2-freien Energieversorgung be-
stehen und wie diese in eine regionale Energiewendestrategie eingebracht werden können.
Hierauf aufbauend können dann technologiebezogene und sozio-ökonomische Anwen-
dungsschwerpunkte entwickelt werden. Innerhalb eines regionalen Kompetenzfeldes - wie
beispielsweise der Gebäude- und Klimatechnik - ist dann die Wettbewerbssituation zu klären
und die Marktchancen zu ermitteln. Eine Integration in die bestehenden Leitmarktstrategien
des Landes NRW sollte angestrebt werden. Dabei sind insbesondere Zugangsmöglichkeiten
von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu diesen Märkten zu verbessern.
Spezialisierung und Diversität stehen bei der weiteren Strategieentwicklung in einem gewis-
sen Spannungsverhältnis. Zum einen ist eine regionale Spezialisierung notwendig, um auch
spezifische Stärken und Alleinstellungsmerkmale entwickeln zu können. Zum anderen kann
auch ein gewisses Maß an Diversität im Rahmen der regionalen Energiewendestrategie von
Vorteil sein. Technologische, qualifikatorische und branchenbezogene Diversität übt einen
positiven Einfluss auf das kollektive Lernen in Regionen aus. Die Unterschiede in der Wis-
sensbasis dürfen aber bei aller Vielseitigkeit nicht zu groß ausfallen, damit die verschiedenen
Träger von Wissen gut miteinander kommunizieren können. Die Innovationskraft einer Regi-
on basiert daher nicht zuletzt auf einem leistungsstarken Wissensmanagement, in dem un-
terschiedliche, aber komplementäre Wissenskomponenten zusammengeführt werden.
Gerade die innovativen Unternehmen in der Energiewirtschaft sind mit spezifischen Rah-
menbedingungen konfrontiert, welche sich sowohl negativ (z.B. Veränderung der Rahmen-
bedingungen der Förderung regenerativer Energien) als auch positiv (z.B. Zugang zu hoch-
qualifizierten Mitarbeitern, starke regionale Innovationsbeziehungen und fördernde Innovati-
19
onskulturen) auf die Durchsetzung von Innovationen auswirken. Mit der strukturpolitischen
Strategie der EU (EFRE) zugunsten einer starken Innovationsorientierung gerade auch in
der Energiewirtschaft ist auch das Ruhrgebiet gefordert, sich für die kommende
Förderperiode (2014 – 2020) neu aufzustellen. Die EU sieht insbesondere in einer „Strategie
der intelligenten Spezialisierung“ vielfältige Potenziale, um die Entwicklung von Innovations-
clustern und regionalem Wachstum zu unterstützen.
2.2.3 Herausforderungen und Bedarfe für Kommunen im Ruhrgebietes
Die aktuelle Situation und resultierende Handlungsbedarfe stellen sich regional sehr unter-
schiedlich dar. Ausschlaggebend für die Ausdifferenzierung ist das regionale Potenzial er-
neuerbarer Energiequellen sowie die vorhandenen Strukturen in Erzeugung, Verteilung und
Verbrauch. Auch hinsichtlich der sozialen Organisation zeichnen sich regionale Differenzie-
rungen zwischen Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreibern und Stromeinkäufern ab.
Mit der zunehmenden Rolle dezentraler Einspeisung ins Netz werden sich zudem neue Or-
ganisationsformen herausbilden.
Die Transformationen der Energieinfrastruktur zu flexibleren, effizienteren, stärker dezentra-
len und stärker auf erneuerbare Quellen setzenden Versorgungssystemen stellen dabei ge-
rade für urbane Räume wie das Ruhrgebiet eine besondere Herausforderung dar. Insbeson-
dere bestehende Versorgungsstrukturen stehen einer Transformation des Energiesystems
vermeintlich im Weg. Dabei bieten gerade diese bereits getätigten Investitionen wie bei-
spielsweise in das größte bestehende europäische Fernwärmenetz im Ruhrgebiet18 ein gro-
ßes Potenzial. Lösungskonzepte zur Transformation des Energiesystems sollten daran an-
setzen die bestehenden Strukturen sukzessive sinnvoll zu erweitern und zu ergänzen und
wo nötig hinreichend zu flexibilisieren. Grundsätzlich sind im verdichteten Ballungsraum
Ruhrgebiet unterschiedliche Ansatzpunkte für eine klimagerechte Ausgestaltung der Ener-
gieerzeugung sichtbar. Dach-, Halden- und Brachflächen bieten sich für solare Energiege-
winnung an. Das Wissen und die alten Anlagen aus den Zeiten des Bergbaus können als
Ausgangspunt für die Nutzung der Tiefengeothermie gesehen werden. Zweifelsohne werden
die Kommunen des Ruhrgebietes auch auf ihr jeweiliges „Energieumland“ angewiesen sein,
da die potenzielle Fläche zum Ausbau regenerativer Energien (speziell Biomasse und Wind-
energie) in Ballungsräumen begrenzt ist.
………………………………................ 18 Allein die STEAG Fernwärme GmbH deckt mit einem jährlichen Wärmeaufkommen von rund zwei Milliarden Kilo-‐
wattstunden und einer Leitungslänge von über 550 Kilometer den Wärmebedarf von mehr als 300.000 Wohneinhei-‐ten in der Region ab. An das Leitungsnetz der E.ON-‐Fernwärme GmbH mit einer Trassenlänge von rd. 676 km wer-‐den KundInnen mit einer Anschlussleistung von rd. 940 MW versorgt (Emscher-‐Lippe (2008).
20
So werden sich im Strom- und Wärmemarkt neue funktionale Versorgungskonstellationen
und
-räume herausbilden, was auch ein neues Zusammenwirken von Stadtverwaltungen, Ener-
gieversorgungsunternehmen, kommunalen und regionalen Agenturen und der Infrastruktur-
planung notwendig macht.
Ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis für die Umsetzung der Energiewende im Ruhrgebiet
ist die sehr heterogene Sozialstruktur, die - neben anderen Einflussgrößen - dazu führt, dass
eine Vielzahl von Quartieren in der Region sowohl einen hohen Modernisierungs- und Inves-
titionsstau hinsichtlich der forcierten energetische Modernisierung aufweisen (WMR und
INWIS 2014). Es bedarf innovativer Konzepte und Geschäftsmodelle, um auch in diesen
Gebieten eine Transformation im Sinne der Energiewende anzustoßen ohne jedoch Ver-
drängungseffekte und steigende Energiearmut auszulösen.
So besteht sowohl aus analytischer als auch aus praktisch-politischer Perspektive für Kom-
munen, Unternehmen und andere Stakeholder (z.B. Wohnungswirtschaft) in der Region die
Herausforderung, Lösungsstrategien für die Gleichzeitigkeit von ökonomischem, strukturellen
und demographischem Wandel einerseits und einer nachhaltigen Ausgestaltung des Ener-
giesystem andererseits zu entwickeln.
2.2 Transformationsdiskurse: Energiewende als inhärenter Teil
gesellschaftlichen Wandels
2.3.1 Energierelevanz gesellschaftlicher Wandlungsprozesse
Die Schlüsselfaktoren, die zu einer radikalen Emissionsminderung in Städten und Regionen
beitragen, lassen sich nicht nur aus einem engen sektoralen Verständnis von Klimaschutz
und Energiewende verstehen. Zusätzlich wirken andere emissionsrelevante Entwicklungen
und „Stressfaktoren“ in Kommunen, die sowohl deren Emissionsniveau als auch deren
Handlungskapazitäten im Bereich Energiewende und Klimaschutz maßgeblich bestimmen,
wie z.B. der (regional-)ökonomische Strukturwandel, der demografische Wandel, Prozesse
sozialen und kulturellen Wandels, ökologische Veränderungen (z.B. fortschreitender Flä-
chenverbrauch), politische und institutionelle Entwicklungen (siehe z.B. Siebel 2013) oder
aber auch die zunehmende Verschuldung öffentlicher Haushalte (Bertelsmann Stiftung 2013,
Junkernheinrich et al. 2014).
Für die Wachstumsregion Düsseldorf wurde in einer Heuristik die Energierelevanz gesell-
schaftlicher Trends in einer Tabelle heuristisch zusammengefasst (Schüle und Lucas 2013).
21
Tabelle 2: Mögliche Auswirkungen sozio-ökonomischer Trends auf Emissionen und Low Carbon Strate-gie
Quelle: eigene Zusammenstellung; *historische Entwicklung, Schüle und Lucas (2013)
22
2.3.2 Herausforderungen und Bedarfe für Kommunen im Ruhrgebietes
Ein Beispiel aus dem Bereich des regionalen ökonomischen Strukturwandels verdeutlicht die
Relevanz gesellschaftlicher Trends für Städte des Ruhrgebietes: Das Ruhrgebiet befindet
sich seit den 1950er Jahren in einem kontinuierlichen Prozess der regionalökonomischen
Transformation, die insbesondere durch den Niedergang der energieintensiven Industrien in
der Region begründet liegt (Schüle et al. 2013). Vergleichende Analysen konstatieren dabei
der Region für mehrere regionalwirtschaftlich bedeutsame Indikatoren strukturelle Schwä-
chen, wie z.B. einer im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland geringeren Beschäf-
tigungsdynamik wichtiger Leit- und Wachstumsbranchen oder einer im Vergleich zum Bun-
desdurchschnitt geringen Bruttowertschöpfung (z.B. Lampe 2008, Prognos 2010). Bei Nicht-
intervention gehen Zukunftsszenarien auch künftig von einem sich weiter vollziehenden, dy-
namischen Strukturwandel aus, begleitet von tendenziell negativen Saldi in der Bevölke-
rungsentwicklung.
Für das Handlungsfeld Klimaschutz erweisen sich diese eher negativen strukturellen Ent-
wicklungen jedoch erst einmal positiv - zumindest unter dem Gesichtspunkt der Emissions-
entwicklung: Der skizzierten Prozesse haben im Ruhrgebiet bereits zu einer deutlichen Re-
duktion von CO2-Emissionen vor allen Dingen im Industriebereich geführt (Wuppertal Institut
und EEB Enerco 2012). Detailliertere Daten von Kommunen, die im Rahmen eines Klima-
schutzkonzeptes eigene Bilanzierungen vorgenommen haben, gehen teilweise von deutli-
cheren Minderungen der energiebezogenen Emissionen aus, wie z.B. in den Städten Ober-
hausen, Dortmund und Bottrop.19
………………………………................ 19 Die Bilanzierung der Emissionsentwicklung von Oberhausen geht z.B. von einer Senkung der CO2-‐Emissionen von
ca. 28% für den Zeitraum zwischen 1990 und 2008 aus (Wuppertal Institut und EEB Enerco 2012; März, Bierwirth und Hauptstock 2013). Ein business as usual Szenario (BAU) weist dabei auch künftig weitere strukturwandelbeding-‐te Emissionsminderungen für den Industriebereich um weitere 40% aus. Auch bei einer nur schwach umgesetzten Energiewende in der Region ist daher künftig mit weiteren deutlichen Emissionsminderungen in der Region zu rechnen.
23
Abbildung 1 Emissionsszenarien in der Stadt Oberhausen (Quelle: Wuppertal Institut und EEB-Enerco, 2012)20
Die skizzierte Entwicklung wirkt sich allerdings auch auf kommunale Kapazitäten aus, Klima-
schutz zu betreiben, schränken doch die u.a. mit dem ökonomischen Strukturwandel zurück-
gehenden Steuereinnahmen der kommunalen Haushalte die Handlungsspielräume zuneh-
mend ein. Ähnliches ließe sich auch für den demografischen Wandel oder andere gesell-
schaftliche Trends konstatieren (Schüle, Kaselofsky und März, 2014).
Die dritte Dimension der Energiewende, also die Betrachtung von Prozessen gesellschaftli-
chen Wandels in ihrer Relevanz zur Energiewende, erweitert die Perspektive von einer Bin-
nenperspektive der Energiewende und des Klimaschutzes auf weitere emissionsrelevante
Trends und deren Einflüsse auf die Handlungskapazitäten von Kommunen. Derartige Trans-
formationsprozesses entfalten ihre Wirkungen in räumlich sehr differenzierter Perspektive
wie auch Kommunen sehr unterschiedlich auf diese Entwicklungen und „Stressfaktoren“ rea-
gieren (Berking und Löw 2008).
Aus einer analytischen und praktisch-politischen Perspektive stellt sich für Kommunen des
Ruhrgebietes in diesem Zusammenhang die Herausforderung, in der Steuerung gesell-
schaftlicher Trends und Entwicklungen die Energie- und Klimaschutzperspektive in das
kommunale (bzw. regionale) Handeln mit einzubeziehen.
………………………………................ 20 Per saldo ist in der Gesamtregion (hier: Ruhrgebiet) eine leichte Senkung von Emissionen zu verzeichnen. Dies ba-‐
siert auf leichten Emissionsminderungen vor allen Dingen in den Sektoren Verkehr, Haushalte und Industrie. In der Metropole Ruhr ist eine Senkung der Emissionen pro Kopf von 22 Tonnen (1990) auf knapp 20 Tonnen/Jahr (19,7) zu verzeichnen.
24
2.4 Vom gegenwartsbezogenen zum zukunftsorientierten Dis-kurs: Energiewende als kultureller Wandel
Der politische Diskurs über die Energiewende ist in großen Teilen von abstrakt quantitativen
Ziel-vorgaben bestimmt, die wünschenswerte, in der Zukunft liegende Zustände formulieren.
Eine der Herausforderungen besteht darin, derartige abstrakt formulierte Zukünfte in vielzäh-
lige und vielfäl-tige konkrete Zukünfte zu übersetzen – sprich, Zukünfte konkret zu denken
und zu praktizieren, anstatt lediglich über sie nachzudenken. Bei der Energiewende handelt
es sich demnach um einen in der Gegenwart beginnenden, fortlaufenden Ausgestaltungs-
und Aushandlungsprozess. Da es sich hierbei um “a transformational change“ (vgl. Mers-
mann et al. 2014: 17), das heißt um einen non-linearen, mehrdimensionalen und fundamen-
talen Wandlungsprozess handelt, bedeutet dies, dass die Energiewende auf die Umsetzung
einer Vielzahl konkreter Zukünfte unterschiedlicher Akteure, Netzwerke und Koalitionen an-
gewiesen ist. Darüber hinaus steht die Energiewende nicht nur für einen tiefgreifenden Wan-
del, sondern auch für einen normativen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit. All dies führt da-
zu, dass es einen strukturellen Raum in der Gegenwart braucht, der es ermöglicht, gemein-
schaftlich konkrete gemeinwohl- und nachhaltigkeitsorientierte Zukünfte aus-zugestalten.
2.4.1 Vom quantitativen Reduktionsziel zur Diskussion gesellschaftlicher Zu-künfte
Mit der Definition quantitativer Ziele ist die Energiewende auch eine Diskussion über die
Wünschbarkeit gesellschaftlicher Zukünfte: Die politischen Zielvorgaben für Treibhausgasre-
duktionen sowohl im Energiekonzept der Bundesregierung wie auch im nordrhein-
westfälischen Klimaschutzgesetz verfügen allerdings nicht über ausreichend lebensweltliche
Bezüge um einen für die Energiewende notwendigen Wertewandel von einer Gegenwarts-
bezogenheit hin zu einer Zukunftsorientierung zu erreichen. Es geht darum, auch bei Bürge-
rInnen kurzfristige Interessen zu Gunsten langfristiger Interessen zu überwinden, wobei ein
kultureller Wertewandel in Form einer zeitlichen Umorientierung bei den Individuen wie auch
auf Ebene der Institutionen vollzogen werden muss, um ein Vorhaben wie eine demokratisch
gestaltete Energiewende umzusetzen. Hierfür muss es gelingen, dass BürgerInnen hand-
lungsanleitende Berührungspunkte zwischen ihrer eigenen Zukunft und abstrakten klimapoli-
tischen Zielen ausmachen können. Dies ist möglich, indem verstärkt Fragen nach Vorstel-
lungen zu zukünftigem, gutem Leben zwischen allen gesellschaftlichen Akteuren diskutiert
werden (vgl. Welzer 2011; Leggewie 2010). Darüber hinaus kommt man auf diese Weise ei-
ner demokratieverträglichen und -förderlichen Ausgestaltung futurisierter Politiken näher.
Wie lebt man und wie will man leben? Wohin will man sich entwickeln? Was erachtet man
25
als eine lebenswerte, gute Zukunft? Was möchte man verändern? Diese Zukunftsvorstellun-
gen, die Hoffnungen und utopische Möglichkeiten ebenso wie Befürchtungen beinhalten,
können auf höchst unterschiedliche Weise beantwortet werden. Daher gilt es sie zu eruieren
und miteinander in Aushandlung zu bringen, um einen gemeinsam getragenen Weg be-
schreiten zu können. Für die Ausgestaltung der Energiewende ist daher zwischen den abs-
trakten Ausbau- und Reduktionszielen, subjektiven Lebenswelten und den Bildern kommuna-
ler Entwicklung ein Bezug herzustellen.
2.4.2 Rolle nachhaltigkeitsbezogenen, bürgerschaftlichen Engagements und kooperativer Verfahren bei der Ausgestaltung gesellschaftlicher Zu-künfte
Eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft ist wesentlich auf politisch-
administrative, technische und wirtschaftliche Faktoren angewiesen. Zudem spielen zivilge-
sellschaftliche Akteure eine maßgebliche Rolle, da durch sie sozialer Wandel, etwa der
Durchbruch von Pfadabhängigkeiten in den Bereichen Mobilität, Konsum, Flächennutzung
und Energieeffizienz erst breit und langfristig getragen werden kann. In Bezug auf die Ener-
giewende lässt sich ein ganzes Spektrum bürgerschaftlichen Engagements erkennen: Hier-
unter fallen Proteste – beispielsweise gegen Kraftwerke in Düsseldorf, Krefeld und Datteln –
ebenso wie politisches Engagement in Stadtentwicklungsprozessen oder genossenschaftli-
ches Engagement.
Bislang weniger beachtet blieben zivilgesellschaftliche Akteure und Projekte, die auf eine
verbesserte Lebensqualität in Städten zielen und somit unmittelbaren Bezug zur Energie-
wende bzw. zum Klimaschutz haben. Die „Wiederaneignung von Städten“ und ihren öffentli-
chen Räumen bietet dabei einen vielfältigen Bezug zum Thema Energiewende und Klima-
schutz, so z.B. über die Gestaltung von ehemaligen Bahntrassen zu Fahrradwegen im
Stadtgebiet oder wie z.B. in der Transition Town Bewegung die Schaffung von Resilienz in
Stadträumen (siehe Hopkins 2014). Alle diese Initiativen zielen mit unterschiedlichen Ansät-
zen, Governance-Strukturen, Themen und Zielsetzungen aber auch mit einem unterschiedli-
chen Grad der Institutionalisierung auf die Steigerung der Lebensqualität in Kommunen. Die
interdisziplinäre Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung misst individuellen Akteuren,
die sich an lokalen Veränderungsprozessen beteiligen, bei der Umgestaltung gesellschaftli-
cher (Sub-) Systeme eine tragende Rolle bei (vgl. Grin et al. 2010; Leggewie und Welzer
2010; Kristof 2010 und Sommer und Schad 2011: 5). Die Analyse von und das Anknüpfen an
das soeben erwähnte bereits bestehende nachhaltigkeitsbezogene Engagement von Bürge-
rInnen ist im Rahmen der Energiewende besonders vielversprechend. Agenten des Wandels
26
sind hier als Schlüsselakteure zu sehen. Als Agenten des Wandels (AdW)21 lassen sich Ak-
teure bezeichnen, die innovativ22 handeln, sich also für eine nachhaltigere und klimafreundli-
chere Gesellschaft einsetzen. Innovationen lassen sich dabei prinzipiell in vollkommen un-
terschiedlichen Tätigkeitsfeldern ausfindig machen, was darin begründet liegt, dass die je-
weiligen AkteurInnen ein unterschiedliches Verhältnis zu den Zielen von Nachhaltigkeit und
Klimaschutz haben (vgl. Sommer und Schad 2014): Akteure mit einer expliziten Nachhaltig-
keitsorientierung legen ihrem Handeln bewusst Motive der Nachhaltigkeit, des Umwelt- und
Klimaschutzes zu Grunde und lassen sich etwa in sozialen Bewegungen wie der Umwelt-
und Anti-Atom-Kraft-Bewegung oder den genannten Stadtinitiativen finden. Akteure mit einer
impliziten Nachhaltigkeitsorientierung hingegen sind in ihrem Wirken nachhaltig, ohne dass
dies die primäre Intention ihres Handelns ist. Zu denken ist hier etwa an einen engagierten
Bürger im Kleingartenwesen, dem jedoch weniger an der stadtklimatologischen Funktion der
Kleingärten (Kaltluftschneise), sondern an Begegnungsräumen für Menschen mit unter-
schiedlichen Bildungsständen und Migrationshintergründen gelegen ist. Ebenso lassen sich
Agenten des Wandels in unzähligen anderen Bereichen, auch der Wirtschaft, finden.
Das jeweilige (explizite oder implizite) Nachhaltigkeitsengagement der Bürger kann dabei als
transformative Praktik verstanden werden, da sie immer auch eine Reflexion auf ein lebens-
weltliches Problem in sich trägt. Implizite wie explizite AdW wollen mit ihrem Engagement in
der Regel Bestehendes verändern bzw. in einem bestimmten Kontext alternative Handlungs-
und Deutungsmuster einbringen und etablieren. So verweisen diese Praktiken – egal, ob es
sich um vermeintliche, tatsächliche, gescheiterte oder versuchte handelt – auf spezifische
Vorstellungsweisen von Zukunft, was sie auf phänomenologisch-analytischer Ebene wertvoll
………………………………................ 21 Das hier verwendete Konzept „Agent des Wandels“ ist eine Anleihe aus dem Bereich der Diffusionsforschung, wobei
wir uns von der Bezeichnung „Change Agent“ distanzieren. Everett Rogers verstand darunter einen äußerst strategisch und paternalistisch agierenden Akteur bzw. einen Experten im konventionellen Sinn, also einen Fachexperten (Rogers 2003: 365ff). Im Gegensatz hierzu verfolgt das hier konzeptionierte Teilvorhaben (siehe Kapitel 3.2.4), durchaus ein erweitertes Expertenverständnis. Aus diesem Grund wird sich auch von einer Bezeichnung des „Innovators“ (vgl. Rogers 2003) distanziert, da es nicht um die Untersuchung absoluter Innovationsgehalte geht, sondern um die Analyse praktischen Handelns zivilgesellschaftlicher Akteure für eine nachhaltigere Gesellschaft. Ebenso wird Abstand genommen von einer Bezeichnung wie „Pioniere des Wandels“ (WBGU 2011: 255), da diese eine Art Erstlingseigenschaft, -‐tätigkeit oder -‐dasein suggeriert. Stattdessen schließen wir uns dem in der Wissenschaft etablierten Konsens an, dass Innovationen nicht auf genial agierende Einzelakteure zurückzuführen sind, sondern Gemeinschaftswerke darstellen, die in einem kollektiven Prozess zustande kommen. Exemplarisch lässt sich hier das Promotorenmodell von Kora Kristof (2010) anführen, das je nach Entwicklungsphase zwischen unterschiedlichen Promotorenrollen (Fach-‐, Prozess, Macht-‐ und Beziehungspromotoren) und Kompetenzen unterscheidet, derer es bedarf, um eine Innovation zu generieren.
22 Das in Kapitel 3.2.4 skizzierte Teilprojekt des Rahmenprogramms versteht unter innovativ soziale Praktiken bzw. sozio-‐technische Interaktionen, die zur Entwicklung einer nachhaltigeren und klimafreundlicheren Gesellschaft beitragen.
27
macht.23 Sie geben Auskunft darüber, was der jeweilige Akteur als Problem wahrnimmt und
wie er die bestehende Situation ändern möchte, um einen in seiner Wahrnehmung besseren
zukünftigen Zustand zu erreichen. Fragen nach Vorstellungen einer lebenswerten Zukunft,
wie sie auch einem Projekt wie der Energiewende inhärent sind, lassen sich demnach eben-
falls in alltäglichen Praktiken und Lebenssituationen beobachten. Der Bezug zum guten Le-
ben, zur Lebensqualität und zur Nachhaltigkeit ermöglicht es dabei, bisherige Defizite der Er-
forschung der Energiewende über ethnografische Studien zu adressieren.
Der Erfolg des Transformationsprozesses hin zu einer klimafreundlicheren Gesellschaft
hängt davon ab, inwiefern es gelingt, eine abstrakte, weil stark zukunftsorientierte Politik,
produktiv mit diversen lebensweltlichen Transformationspraktiken und den mit ihnen einher-
gehenden Zukunftsvorstellungen zusammenzubringen, die vom mehrdimensionalen Struk-
turwandel im Ruhrgebiet geprägt sind. Dies ist notwendig, da die Energiewende auf die Mul-
tiplikator-Wirkung und Einbindung breiter und diverser Personenkreise angewiesen ist, die
bereits direkt und indirekt im Sinne der Nachhaltigkeit engagiert sind. Eine Umgestaltung ge-
sellschaftlicher (Sub-) Systeme hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft ist dieser Vorstel-
lung gemäß auf die Unterstützung durch viele und vielfältige dezentrale Transformationspro-
zesse angewiesen.
In Deutschland existieren bereits viele verschiedene Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung
(formell, informell, direkt, indirekt etc.), worauf an dieser Stelle nicht näher eingegangen wer-
den soll. Was bislang fehlt, sind Verfahren, die nicht nur allein auf BürgerInnen fokussieren,
sondern diese direkt zusammenbringen mit Akteuren der kommunalen Verwaltung und Poli-
tik. Gerade vor der Prämisse, dass die Energiewende auf ein erfolgreiches Zusammenwirken
unterschiedlicher Akteure angewiesen ist, könnten sich derartige Verfahren als nützlich er-
weisen. Zeugen doch nicht wenige Praxiserfahrungen im Bereich Bürgerbeteiligung davon,
dass die Akteure übersteigerte Erwartungen aneinander stellen, keine gemeinsame Sprache
finden oder sich gar als Konkurrenten wahrnehmen. Hilfreich könnten hier Beteiligungsver-
fahren sein, die sich als Kooperationsverfahren verstehen, die einen strukturierten Raum
vorgeben, in dem Akteure der kommunalen Politik und Verwaltung mit nachaltigskeitsbezo-
gen engagierten BürgerInnen gemeinsam an der Ausgestaltung konkreter nachhaltiger Zu-
künfte arbeiten können. Wenn die Umsetzung und Ausgestaltung der Energiewende dabei
verknüpft wird mit einer offenen Wertediskussion, was ein gutes Leben für den einzelnen be-
deutet, anstelle einer eng gefassten, rein gegenstandsbezogenen Diskussion, kann dies da-
………………………………................ 23 In Anlehnung an Howaldt und Schwarz (2010: 61) sind Innovationen in Bezug auf ihren Beitrag zu gesellschaftlichen
Zielen und ihren Wirkungen als ambivalent einzustufen. Demnach können transformative Praktiken hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft prinzipiell auch normativ unerwünschte Folgen haben.
28
zu beitragen, potenzielle Konflikte zu antizipieren, Stimmungslagen seismographisch aufzu-
greifen, potenzielle Konflikte zu antizipieren, wechselseitiges Verständnis und Verstehen zu
erhöhen. Gelingt dies, kann durch die Kombination unterschiedlicher Wissensarten über ei-
ne breitere Palette an Optionen verfügt werden und diese in der Umsetzung auf eine hohe
demokratische Legitimation rekurrieren.
2.4.3 Herausforderungen und Bedarfe für Kommunen im Ruhrgebietes
Aufgrund seiner montanindustriellen Vergangenheit ist das Ruhrgebiet soziokulturell stark
durch das Arbeitermilieu geprägt (vgl. Funder 1996: 45f.). Im Unterschied zu anderen Regio-
nen Deutschlands – zu denken ist hier etwa an Städte wie Freiburg, die „Beamtenstadt“
Münster oder die „Kaufmannstadt“ Hamburg – ist im Ruhrgebiet nicht in gleichem Maße eine
breite bürgerliche Schicht zu finden. Hinzu kommt bekanntermaßen, dass insbesondere
durch den ökonomischen Strukturwandel – dem Rückgang von Primärem und Sekundärem
Sektor und einer diversifizierten und suchenden Hinwendung zum Tertiären Sektor – von ei-
ner weitgehend homogenen Gruppe der Arbeiterschaft nicht mehr ausgegangen werden
kann.
Diese Unterschiede in soziostruktureller und soziokultureller Prägung machen sich auch in
der regionalen Beteiligungskultur bemerkbar:
Empirische Studien kommen darin überein, dass besonders diejenigen BürgerInnen selbst-
initiativ an Bürgerbeteiligungsprozessen teilnehmen, die einkommensstark sind und über ein
überdurchschnittliches Bildungsniveau verfügen. Diese Bevölkerungsgruppe ist es auch, die
sich als besonders aktiv und durchsetzungsstark in deliberativen Verfahren hervortut. Zu
nennen ist hier etwa das Beispiel Hamburg: Dort verhinderte eine breite Mehrheit wohlha-
bender Bürger mit einem Volksentscheid die Schulreform der schwarz-grünen Koalition, mit
der die Zeit gemeinsamen Lernens von vier auf 6 Jahre verlängert werden sollte, wovon ins-
besondere schwächere Kinder profitiert hätten. Da 500.000 von insgesamt 1,3 Millionen
Stimmberechtigten zur Wahl gingen, wurde zwar das nötige Quorum erreicht, doch gingen
damals kaum ressourcenschwache BürgerInnen zur Wahl (vgl. Jörke 2011: 4).
Im Ruhrgebiet ist die Beteiligung einer selbstinitiativen, bürgerlichen Schicht aus einer histo-
rischen Perspektive weniger gebräuchlich; vielmehr kann auf eine Beteiligungskultur in Form
einer starken institutionalisierten Interessenvertretung zurückblicken. Die Universitätsland-
schaft ist jung – viele Hochschulen wurden erst im Zuge des Strukturwandels in den 1960er
und 1970er-Jahren gegründet. Die in den 1970er- und 1980er-Jahren aufkommenden neuen
sozialen Bewegungen des studentischen und grünen Milieus, etwa die Umwelt- oder Anti-
29
AKW-Bewegungen, konnten zunächst keine breite Anhängerschaft für sich gewinnen. Ihnen
gelang es nicht, mit der breiten Masse der Anhängerschaft von Gewerkschaften und Sozial-
demokratie zu verschmelzen, die im Ruhrgebiet für die Vertretung von Arbeiterinteressen
zentral waren. Vielmehr existierten sie neben diesen, da die jeweiligen Lebenswelten kaum
Berührungspunkte untereinander hatten (vgl. Goch 2002: 243). Hinzu kommt, dass das
Ruhrgebiet seit den 1960er-Jahren Erfahrungen mit konsensorientierten Kooperationsmodel-
len zwischen ganz unterschiedlichen Akteursgruppen hat: So stand die Montanmitbestim-
mung für eine „enge Zusammenarbeit zwischen sozialdemokratischer Partei, Montanindust-
rie und staatlichen Akteuren“, die eingesetzt wurde, um den Beschäftigungsabbau sozialver-
träglicher zu gestalten (Funder 1996: 45). Wobei man die hier erwähnten Kooperationsmo-
delle selbstverständlich nicht unkritisch betrachten darf; werden „Ursachen für [damalige in-
dustriepolitische] Entwicklungsblockaden [des Reviers doch] vor allem [auf] die engen, stabi-
len persönlichen Beziehungen zwischen den regionalen Akteuren (Gewerkschaften, Unter-
nehmen, Parteien, Kommunen)“ zurückgeführt, „die größtenteils auf gemeinsamen Orientie-
rungen, Verhandlungsstilen und sogar Weltanschauungen“ gründeten und stark konservativ
geprägt waren (vgl. Funder 1996: 48).
Aufgrund dieser historischen Ausgangslage, aber auch angesichts der Situation, dass Par-
teien und Gewerkschaften immer mehr an Bindungskraft einbüßen, ist es notwendig, neuar-
tige Beteiligungsverfahren, etwa in Gestalt des Zukunftsrats, im Ruhrgebiet zu erproben. Vor
dem Hintergrund, dass eine Herausforderung wie die Energiewende, aber auch viele andere
gegenwärtige Herausforderungen, auf eine kooperative Arbeitsweise angewiesen sind, gilt
es, bestehendes Kirchturmdenken und Interessengegensätze zu überwinden und alle Ak-
teursgruppen in die Ausgestaltung sowie in die Verantwortung einzubeziehen. Anstelle von
Verantwortungsdelegation müssen vertikale Aktivitäten, also Handeln auf staatlich-
politischerer Ebene, mit horizontal gelagerten Aktivitäten selbstinitiativer BürgerInnen inei-
nandergreifen, um die Energiewende zu einem Gemeinschaftswerk zu machen (vgl. WBGU
2014).
30
3 Energiewende als politisches Ziel und gesellschaftli-cher Transformationsprozess - Der Ansatz des Rah-menprogramms Energiewende Ruhr
Die vier skizzierten Diskursebenen zeigen, dass die Energiewende als gesellschaftlicher
Transformationsprozess interpretiert werden muss, der eine starke Integration mit gesell-
schaftlichen Entwicklungstrends und Nachhaltigkeitsbestrebungen von Kommunen erfordert.
Dies ist der Ansatz des Begleitvorhabens zur „Energiewende Ruhr“.24 Das Projekt versucht
daher, Bedingungen für nachhaltige Emissionsminderungen in der Region auszuloten. Als
konzeptionelle Grundlage formuliert das Projekt dabei insgesamt sechs Forschungsleitlinien,
die diese Zielsetzung qualitativ operationalisieren.
3.1 Von Forschungs- und Diskursfeldern zu Leitlinien Leitlinien sind im Rahmenprogramm „Energiewende Ruhr“ in dreifacher Hinsicht ein zentra-
les Hilfsmittel der projektinternen und -externen Strukturierung:
• Erstens sind Leitlinien als Hypothesen zu verstehen, die in den verschiedenen Teil-
projekten das Erkenntnis- und Forschungsinteresse in den jeweiligen Teilprojekten
strukturieren und anleiten.
• Zweitens bilden Leitlinien einen Begriffsrahmen, innerhalb dessen sich ein gemein-
sames Begriffsverständnis der Konsortialpartner mit ihren unterschiedlichen Teilpro-
jekten erarbeitet wird.
• Im Sinne einer transdisziplinären Forschung umreißen Leitlinien drittens die normati-
ve Prämisse des Projektvorhabens: sowohl analytisch als auch gestalterisch einen
substantiellen Beitrag für Kommunen zur Umsetzung der Energiewende im Ruhrge-
biet zu leisten.25
Die formulierten Leitlinien sind daher als Hypothese zu prüfen, als Begriffsrahmen zu entwi-
ckeln und als normative Prämisse explizit voranzustellen. Sie stellen daher eine zentrale
Grundlage der Integration eines transdisziplinären Begleitvorhabens dar (Bergmann et al.
2010).
………………………………................ 24 Darin folgen wir dem politischen Ansatz der Ethik-‐Kommission, die als Schlüsselbegriffe der Energiewende „Nach-‐
haltigkeit und Verantwortung“ definierte. Best und Hanke (2013) 25 Zur Rolle von multidimensionalen Begriffskonzepten in der transdisziplinären Forschung, siehe Bergmann et al.
2010
31
Sechs übergreifende Leitlinien strukturieren das Begleitvorhaben:
Leitlinie 1: Von der kommunalen zur regionalen Klimaschutzgovernance
Leitlinie 2: Von der sektoralen zur integrierten regionalen Strukturpolitik
Leitlinie 3: Von der zentralen Energieversorgung zu vernetzten Infrastrukturen
Leitlinie 4: Vom autogerechten Siedlungsraum zu einer postfossilen Mobilitäts- und
Siedlungsentwicklung
Leitlinie 5: Von der fossilen Industriekultur zur postfossilen Innovationskultur
Leitlinie 6: Vom kommunalen Klimaschutz zu quartiersspezifischen Ansätzen.
3.2 Sechs Leitlinien: Forschungsfelder des Rahmenprogramms Zwei der das Erkenntnis- und Gestaltungsinteresse im Projekt anleitenden Leitlinien spre-
chen das Themenfeld der regionalen Governance (Leitlinien 1 und 2) an, zwei weitere Leitli-
nien adressieren explizit eine notwendige Transformation der Energieversorgungsinfrastruk-
tur und deren institutionelle Notwendigkeiten (Leitlinie 3) und der Siedlungsstruktur. Eine wei-
tere Leitlinie adressiert die kulturellen und prozeduralen Dimensionen der Energiewende
(Leitlinie 4) und die Auswirkungen der Energiewende auf einzelne Standorte und Quartiere
(Leitlinie 5).
Eine Übersicht über das Gesamtvorhaben enthält die folgende Grafik:
(Zur Beschreibung der einzelnen Teilprojekte, siehe: www.energiewende-ruhr.de)
32
3.2.1 Leitlinie 1: Von der kommunalen zur regionalen Klimaschutzgover-nance
Ein zentrales strategisches Handlungs- und Forschungsfeld für den (kommunalen) Klima-
schutz im Ruhrgebiet liegt in der Erweiterung des kommunalen Maßstabs auf die regionale
Ebene. Diese notwendige Regionalisierung ist zum einen sozialräumlich bedingt: Viele kli-
maschutzrelevante Aufgabenfelder wie der Verkehr oder das Flächenmanagement sind
klassische Stadt-Umland-bzw. Ballungsraumthemen, die sich nur im Rahmen interkommuna-
ler Zusammenarbeit und regionaler Kooperation bewältigen lassen. Auch unter dem Ge-
sichtspunkt der Energieversorgung und den von vielen Kommunen indes formulierten Minde-
rungszielen und den geplanten regionalen Entwicklungsprojekten (z.B. KlimaExpo 2022,
Umwelthauptstadt) wird das Thema der Regionalisierung künftig im Ruhrgebiet eine Rolle
größere spielen (siehe Reutter 2012). Des Weiteren wirken eine Reihe überregionaler
Trends in der Region (ökonomischer Strukturwandel, Demografie, sozialer Wandel) die unter
Klimaschutzgesichtspunkten von hoher Relevanz sind und sich kaum auf kommunaler Ebe-
ne steuern lassen. Eine forcierte Energiewende setzt mit den größeren Potenzialen für Er-
neuerbare Energien auch neue Arbeitsteilungen im Stadt-Umland Verhältnis voraus.
Schließlich unterliegen eine Vielzahl von Kommunen in der Region der Kommunalaufsicht
und besitzen weder die personellen Möglichkeiten noch die finanziellen Ressourcen, eigen-
ständig Klimaschutzkapazitäten in allen kommunal relevanten Handlungsfeldern systema-
tisch aufzubauen oder weiter umzusetzen. Verstärkte interkommunale bzw. regionale Koope-
rationen bilden eine Möglichkeit, dieses Kapazitätsproblem angemessener zu adressieren.
So sind indes eine Reihe von Projekt bezogen Formen interkommunaler Kooperation (z.B.
wie in der die Beratungsplattform Alt-Bau-Neu) aufgebaut, die dazu dienen, gemeinsam Effi-
zienz- und Minderungspotenziale in der Region zu erschließen. Demgegenüber stehen aller-
dings starke kommunale Beharrungstendenzen und Versuche der Wahrung der (indes stark
unterlaufenen) kommunalen Eigenständigkeit.
Diese Grundkonstellation verweist aber auch auf die starke Bedeutung von regionsexternen
Transfer- und Fördermitteln und die damit verbundene Projektförmigkeit und Begrenztheit
vieler kommunaler Ansätze.
Um eine Dauerhaftigkeit und Integration überregionaler, regionaler und kommunaler Hand-
lungsebenen zu erreichen, sollten im Rahmen einer regionalen Energiewendestrategie fol-
gende Fragen geklärt werden:
33
• Welche Potentiale (zur Umsetzung der Energiewende) prägen die Region und ma-
chen sie von anderen unterscheidbar?
• In welchen Bereichen sind die Kommunen im besonders starken Maße von regions-
externen Finanzmitteln und Impulsen abhängig?
• Was sind die bedeutsamen, verbindenden Stränge zwischen den Funktionsbereichen
Energieerzeugung und Energienutzung?
• Welche funktionalen Verflechtungen im Bereich der Energieversorgung führen zu
welchen Aktionsräumen?
• Gibt es politische Instanzen und Institutionen, die sich um eine Vernetzung der unter-
schiedlichen regionalen Funktionsbereiche im Handlungsfeld „Energieversorgung“
bemühen?
• Stimmen administrative Regionsabgrenzung und die reale Ausprägung der energie-
bezogenen Vernetzung noch überein?
Die Beantwortung dieser Fragen liefert erste Anhaltspunkte für die regionalen Steuerungs-
möglichkeiten (Government und Governance) durch regionale und außerregionale Institutio-
nen.
Folgende Teilprojekte des Rahmenprogramms Energiewende Ruhr werden hier umgesetzt:
Projekt-Nr. Name Koordination
1.1/4.1 (übergreifend): Integriertes Modell „Städte und Klimawandel - Ruhrgebiet 2050“
Büro Spiekermann und Wege-ner
1.2 Rahmenbedingungen und Handlungsansät-ze
Wuppertal Institut. Ralf Schüle
1.3 Zukünftige Herausforderungen und Hand-lungsoptionen
Wuppertal Institut. Ralf Schüle
Als Umsetzungsprojekt ist mit starkem Bezug zur Leitlinie 6 („Vom kommunalen Klimaschutz zu quartiersspezifischen Ansätzen“) zugeordnet:
Projekt-Nr. Name Koordination
1.4/6.3 Energetische Quartierstypen im Ruhrgebiet - Umsetzungsstrategien für mehr Energieef-fizienz
Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr. Regina Victor; INWIS. Mi-chael Neitzel
34
3.2.2 Leitlinie 2: Von der sektoralen zur integrierten regionalen Struktur-politik
Die aktuelle Situation und resultierende Handlungsbedarfe stellen sich regional sehr unter-
schiedlich dar. Ausschlaggebend für die Ausdifferenzierung ist das regionale Potenzial er-
neuerbarer Energiequellen sowie die vorhandenen Strukturen in Erzeugung, Verteilung und
Verbrauch. Auch hinsichtlich der sozialen Organisation zeichnen sich regionale Differenzie-
rungen zwischen Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreibern und Stromeinkäufern ab.
Mit der zunehmenden Rolle dezentraler Einspeisung ins Netz werden sich zudem neue Or-
ganisationsformen und unternehmerische Aktivitäten herausbilden.
Die Transformationen der Energieinfrastruktur zu flexibleren, effizienteren, stärker dezentra-
len und stärker auf erneuerbare Quellen setzenden Versorgungssystemen stellen dabei ge-
rade für urbane Räume wie das Ruhrgebiet eine besondere Herausforderung dar. Insbeson-
dere bestehende Versorgungsstrukturen werden häufig als Konkurrenz wahrgenommen und
stehen der Transformation des Energiesystems vermeintlich im Weg. Dabei bieten gerade
diese bereits getätigten Investitionen wie beispielsweise in das größte bestehende europäi-
sche Fernwärmenetz im Ruhrgebiet26 ein großes Potenzial. Lösungskonzepte zur Transfor-
mation des Energiesystems sollten daran ansetzen die bestehenden Strukturen sukzessive
sinnvoll zu erweitern und zu ergänzen und wo nötig hinreichend zu flexibilisieren. Grundsätz-
lich sind im verdichteten Ballungsraum Ruhrgebiet unterschiedliche Ansatzpunkte für eine
klimagerechte Ausgestaltung der Energieerzeugung sichtbar. Dach-, Halden- und Brachflä-
chen bieten sich für solare Energiegewinnung an. Das Wissen und die alten Anlagen aus
den Zeiten des Bergbaus können als Ausgangspunt für die Nutzung der Tiefengeothermie
gesehen werden. Zweifelsohne werden die Kommunen des Ruhrgebietes auch auf ihr jewei-
liges „Energieumland“ angewiesen sein, da die potenzielle Fläche zum Ausbau regenerativer
Energien (speziell Biomasse und Windenergie) in Ballungsräumen begrenzt ist.
So werden sich im Strom- und Wärmemarkt neue funktionale Versorgungskonstellationen
und
-räume herausbilden, was auch ein neues Zusammenwirken von Stadtverwaltungen, Ener-
gieversorgungsunternehmen, kommunalen und regionalen Agenturen und der Infrastruktur-
planung notwendig macht. Ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis für die Umsetzung der
Energiewende im Ruhrgebiet ist die sehr heterogene Sozialstruktur, die - neben anderen
………………………………................ 26 Allein die STEAG Fernwärme GmbH deckt mit einem jährlichen Wärmeaufkommen von rund zwei Milliarden Kilo-‐
wattstunden und einer Leitungslänge von über 550 Kilometer den Wärmebedarf von mehr als 300.000 Wohneinhei-‐ten in der Region ab. An das Leitungsnetz der E.ON-‐Fernwärme GmbH mit einer Trassenlänge von rd. 676 km wer-‐den KundInnen mit einer Anschlussleistung von rd. 940 MW versorgt (Emscher-‐Lippe (2008).
35
Einflussgrößen - dazu führt, dass eine Vielzahl von Quartieren in der Region sowohl einen
hohen Moderisierungs- und Investitionsstau hinsichtlich der forcierten energetische Moderni-
sierung aufweisen (WMR und INWIS 2014). Es bedarf innovativer Konzepte und Geschäfts-
modelle, um auch in diesen Gebieten eine Transformation im Sinne der Energiewende anzu-
stoßen ohne jedoch Verdrängungseffekte und steigende Energiearmut auszulösen.
So besteht sowohl aus analytischer als auch aus praktisch-politischer Perspektive für Kom-
munen, Unternehmen und andere Stakeholder (z.B. Wohnungswirtschaft) in der Region die
Herausforderung, Lösungsstrategien für die Gleichzeitigkeit von ökonomischem, strukturellen
und demographischem Wandel einerseits und einer nachhaltigen Ausgestaltung des Ener-
giesystem andererseits zu entwickeln.
Folgende Projekte werden im Rahmen dieser Leitlinie bearbeitet:
Projekt-Nr. Name Koordination
2.1 Innovationslandkarte und Good Practice Technische Universität Dort-mund. Christa Reicher und Wuppertal Institut. Johannes Venjakob
2.2 Regionales Innovationssystem im Wandel Wuppertal Institut. Rainer Lucas
Zusätzlich zu den hier aufgeführten Basisprojekten wurde folgendes Umsetzungsprojekt die-ser Leitlinie zugeordnet:
Projekt-Nr. Name Koordination
2.3 Kältenetz Ruhr Wirtschaftsförderung Essen GmbH
3.2.3 Leitlinie 3: Von der zentralen Energieversorgung zu nachhaltigen und vernetzten Infrastrukturen
Sowohl aus einer regionalökonomischen als auch einer planerischen Perspektive gilt es für
Kommunen in Kooperation mit Energieversorgern, Stadtwerken und Netzbetreibern Perspek-
tiven und Strategien zu entwickeln, die Energiewende vorausschauend zu gestalten und
strategische Konfliktpunkte zu identifizieren. In diesem Zusammenhang sind die langfristigen
strategischen Zielsetzungen insbesondere die Senkung des Energiebedarfs in Bestandsge-
bäuden sowie der Aufbau regenerativ gespeister Wärme- und Stromnetze, aber auch die
Frage der Rückgewinnung von Abwärme oder strategische Weichenstellungen wie z.B.
Power-to-Gas. Neue Konstellationen zentraler und dezentraler technischer Energieinfrastruk-
turen werden sich in diesem Zusammenhang herausbilden.
36
Ein wichtiges Handlungsfeld in der Entwicklung von Energieinfrastrukturen ist eine zuneh-
mende Vernetzung mit anderen Infrastruktursystemen (Abwasser, Wärmerückläufe, Abfall
etc.). Eine zentrale Frage liegt daher darin zu untersuchen, in welcher Weise sich Schnittstel-
len vor dem Hintergrund zukünftiger Entwicklungstrends zukunftsfähiger Infrastruktursyste-
men abzeichnen und in welcher Weise sowohl in technischer als auch in institutioneller bzw.
organisationaler Perspektive Steuerungserfordernisse zwischen regionalen Wasser-, Ener-
gie- und Abfallinfrastrukturen erforderlich werden. Zudem stellt sich mit dem Ablaufen von
Konzessionsverträgen mit regionalen Energieversorgern aus einer institutionellen Perspekti-
ve die Frage, ob eine Neugründung von Stadtwerken der Energiewende in der Region einen
dynamischen Impuls geben kann.
Folgende Projekte werden im Rahmen dieser Leitlinie bearbeitet:
Projekt-Nr. Name Koordination
3.1 Transformation und Vernetzung von Ener-gieinfrastrukturen
Wuppertal Institut. Johannes Venjakob
3.2 Stadtwerke als strategischer Akteur der Energiewende
Wuppertal Institut. Oliver Wag-ner und Kurt Berlo
3.2.4 Leitlinie 4: Vom autogerechten Siedlungsraum zur postfossilen Sied-lungs- und Mobilitätsentwicklung
Bevölkerungs-, Siedlungs-, Bebauungs- und Mobilitätsstrukturen sind über den Verlauf der
Zeit in hoch dynamischen, positiv oder negativ rückgekoppelten Prozessen miteinander ver-
knüpft. Menschen treffen Standort-, Investitions- und Mobilitätsentscheidungen vor dem Hin-
tergrund ihrer räumlichen, zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen und Möglichkei-
ten. Veränderungen im Energieeinsatz im Zuge der Energiewende führen zu Veränderungen
dieser Entscheidungsstrukturen, die damit aufgrund der Prozessbedingungen Auswirkungen
auf die oben genannten Strukturen entwickeln. Diese entwickeln sich nun in neuen Prozes-
sen, deren Effekte man aufgrund der gegenseitigen Rückkoppelungen und Reversibilitäten
vorzugsweise mit einem Simulationsmodell beschreibt, um die Komplexität des Geschehens
zu beherrschen und abbilden zu können.
Ein solches Modell erlaubt es, neben einer unterstellten Normalentwicklung die Wirkung von
politischen und planerischen Interventionen in Szenarien alternativer Entwicklungen zu über-
prüfen und in ihren Effekten für Raum- und Siedlungsstrukturen, die darin lebenden Men-
schen, die Umwelt und den Verkehr zu antizipieren.
Die Modellbetrachtung unterstützt die Betrachtung von energiebezogene Maßnahmen in den
Bereichen Gebäudeenergie und Verkehr.
37
Folgende Projekte werden im Rahmen dieser Leitlinie bearbeitet:
Projekt-Nr. Name Koordination
4.1/1.1 Integriertes Modell „Städte und Klimawan-del – Ruhrgebiet 2050”
Büro Spiekermann und Wege-ner
4.2 Regionaler Modal Split Wuppertal Institut. Oscar Reut-ter und Miriam Müller
Als ergänzendes Umsetzungsprojekt wurde in das Projekt aufgenommen.
Projekt-Nr. Name Koordination
4.3 Klimafreundlicher Wirtschaftsverkehr als Beitrag zur Energiewende
Zeppelin Universität Friedrichs-hafen. Frauke Rogalla
3.2.5 Leitlinie 5: Von der fossilen Industriekultur zur postfossilen Innovati-onskultur
Der vorherrschende Diskurs zum Klimaschutz und zur Energiewende wird überwiegend als
ein Diffusionsproblem effizienter Technologien thematisiert. Das soziale „Embedding“ des
Klimaschutzes, also die Frage des Zusammengangs von Sozialstruktur, sozialer Ungleich-
heit und Energieverbrauch/Emissionen wird bisher sowohl in der Praxis als auch in der poli-
tiknahen Forschung bisher kaum thematisiert. Der demografische Wandel zeitigt in der Regi-
on auch unter Klimaschutzgesichtspunkten seine Wirkungen, sei es im Kontext der Mobili-
tätsentwicklung bzw. im Kontext urbaner Lebensstile. In diesen übergreifenden Trends gilt es
in der Region, Ansatzpunkte für nachhaltige Lebensstile und innovative Modelle von Beteili-
gung und Partizipation zu identifizieren. Partizipation kann dabei eine Mitwirkung an der fort-
schreitenden Dezentralisierung von Energiesystemen bedeuten (z.B. über PV; Solarthermie
oder Mikro-KWK), aber auch die Artikulation von Widerstand und Protest (z.B. Kraftwerk Dat-
teln), die Mitwirkung an der Steigerung der Effizienz (Gebäudemodernisierung), aber auch
eine aktive Teilhabe an regionalen Projekten und Verfahren bedeuten. Weitere Beispiele
sind bottom up Bewegungen wie Occupy, Ökodörfer, die bereits genannten Transition Towns
oder gar die Open Source Bewegung.
Der Weg zu einer postfossilen Energieversorgung kann daher nur gelingen, wenn er durch
eine postfossile Innovationskultur flankiert wird.27 Diese umfasst mehr als technische und
ökonomische Innovationen, z.B. Mechanismen gerechter Umverteilung, neue Wohlstands-………………………………................ 27 Die Teilprojekte in dieser Leitlinie folgen einem sozialkonstruktivistischen Verständnis von
Innovation. Als Innovation gilt in diesem Verständnis, was Akteure als Neuheit wahrnehmen (Howaldt & Schwarz 2010: 51).
38
modelle sowie tiefgreifende Beteiligungs- und Demokratisierungsprozesse. Die Akteure einer
solchen postfossilen Innovationskultur sind bspw. neue soziale Bewegungen und sozial-
ökologische Unternehmen. Sie sind auf kreative Nischen und Inseln angewiesen, die als ge-
schützte Räume auch abweichendes Verhalten und Experimente erlauben und dabei an-
schlussfähig an das bestehende Regime bleiben. Die Rolle der Wissenschaft ist, die gesell-
schaftlichen Transformationsprozessen auf deren Orientierung hin zu analysieren und ggf.
auf Fehlentwicklungen hinzuweisen (Richtungssicherheit). Die Sozialwissenschaften könnten
zudem bei diesen sozialen Innovationen eine ähnliche Rolle spielen wie die Naturwissen-
schaften bei den technischen Innovationen. Also nicht nur rekonstruktiv (z.B. innovation jour-
neys) und orientierend (z.B. Roadmaps), sondern vielmehr proaktiv: weg von der Theorie hin
zur Praxis und Weg von den Forschungseinrichtungen hin zur Zivilgesellschaft. Es ist eine
offene Frage, ob und wie die gesellschaftswissenschaftliche Forschung im Rahmen des Pro-
jekts „Energiewende Ruhr“ tatsächlich bei der Erprobung neuer Wege der Problemlösung,
der Begleitung zivilgesellschaftlicher Transformationsprozesse und letztlich einer postfossi-
len Innovationskultur auf die Sprünge hilft.
Folgende Projekte werden im Rahmen dieser Leitlinie bearbeitet:
Projekt-Nr. Name Koordination
5.1 Zukunftsvorstellungen und Entscheidungs-verhalten von BürgerInnen
KWI. Claus Leggewie, Lea Schmitt, Wuppertal Institut. Ben Best.
5.2 Soziale Transformation: Innovative Partizi-pationsansätze und Change Agents
KWI. KWI. Claus Leggewie, Lea Schmitt
Als Umsetzungsprojekt kommt ergänzend hinzu:
Projekt-Nr. Name Koordination
5.3 Ameg Aktivierung von MigrantInnen zur energetischen Gebäudemodernisieurng
Fachhochschule Dortmund. Marcel Hunecke
3.2.6 Leitlinie 6: Vom kommunalen Klimaschutz zu quartiers- und stand-ortspezifischen Ansätzen
Bisherige Förderstrategien und Handlungsansätze zum Klimaschutz in der Stadtentwicklung
setzten insbesondere im Gebäudebestand einen starken Fokus entweder auf die Moderni-
sierung von Einzelgebäuden oder auf die Modernisierung bzw. Effizienzsteigerung einzelner
Versorgungsanlagen. Demgegenüber steht die Erfahrung, dass städtebauliche Förderung
39
und Projekte bisher zu wenig die Klimaschutzperspektive bei der Modernisierung von Quar-
tieren berücksichtigten. So stellt sich als eine zentrale Herausforderung für den kommunalen
Klimaschutz, eine stärkere Integration des Klimaschutzes in die integrierte Stadt- und Quar-
tiersentwicklung vorzunehmen. Unter einer energetischen Perspektive stehen dabei im Zent-
rum:
• die Förderung der energetischen Sanierung des Wohnbestands in Quartieren zu un-
terstützen,
• die energetischen Standards im Neubau und die Anpassung von Neubauten an be-
stehende effiziente Energieversorgungs- bzw. Nutzungsstrukturen (z.B. Fernwärme)
zu steigern,
• die Wärmeinfrastruktur eines Quartiers mit unterschiedlichen Gebäudebeständen zu
optimieren und
• neue Potentiale leitungsgebundener Wärmeversorgung zur Kostenreduzierung, zur
Reduktion von CO2-Emissionen und zur Nutzung regenerativer Energiequellen zu er-
schließen.
Das Beispiel des altindustriellen Standortes Gelsenkirchen (GE)-Scholven zeigt, in welcher
Weise die europäische Klimaschutzpolitik (Emissionshandel), die nationale Energiewende,
kommunale Strategien (Ausbau Fernwärme und Erneuerbare Energien) wie auch die Strate-
gien einzelner Unternehmen (Energieversorger und Unternehmen im Standortverbund) lokal
stark miteinander verwoben sind: Die angekündigte Stilllegung dreier Kraftwerksblöcke in
GE-Scholven, sowie des Kraftwerks Knepper bei Dortmund durch E.On stellt die betroffenen
Kommunen (u.a. Gelsenkirchen, Herten, Gladbeck, Dortmund) vor die Herausforderung, sich
strategisch mit verschiedenen Szenarien der Standortentwicklung in Beziehung mit den die-
se Standorte umgebenden Quartieren zu entwickeln. Beispielsweise ist die Frage der Substi-
tution der bestehenden Energieversorgung durch andere Kraftwerke und teilweise durch Er-
neuerbare Energien gekoppelt mit der Frage der erwünschten Erweiterung des Fernwärme-
netzes in der Region wie auch mit der Zukunft energieintensiver Industrien an den betroffe-
nen Standorten (z.B. BP Raffinerieanlage in Scholven).
40
Folgende Projekte werden im Rahmen dieser Leitlinie bearbeitet:
Projekt-Nr. Name Koordination
5.1 Kartierung von Modellquartieren Technische Universität Dort-mund. Christa Reicher
5.2 Quartiersentwicklung und Energie Wuppertal Institut. Ralf Schüle
Ergänzende Umsetzungsprojekte sind in diesem Zusammenhang:
Projekt-Nr. Name Koordination
5.3 Gartenstadt der Zukunft Technische Universität Dort-mund. Christa Reicher
5.4/1.3 Energetische Quartierstypen im Ruhrgebiet - Umsetzungsstrategien für mehr Energieef-fizienz
Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr. Regina Victor; INWIS. Mi-chael Neitzel
41
4 Literatur Arnold, M.; Mattes, A.; Sandner, P. (2014): Regionale Innovationssysteme im Vergleich. In:
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