Einf.in die Religionswissenschaft-Sitzung3 - Moodle · Etymologie: φαινόµενον...
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1. Wiederholung „Vergleichende Religionswissenschaft“ 2. Religionsphänomenologie
2.1. Einführung 2.2. Entstehungsbedingungen 2.3. Die Genese der Religionsphänomenologie
1. 2.2.1. Chantepie de la Saussaye 2. 2.2.2. Brede Kristensen 3. 2.2.3. Gerardus van der Leeuw
2.4. „Klassiker“ im Umfeld der Religionsphänomenologie 1. 2.3.1. Rudolf Otto 2. 2.3.2. Nathan Söderblom
2.5. Mircea Eliade
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
1. Wiederholung „Vergleichende Religionswissenschaft“
seit letztem Drittel des 19. Jahrhunderts = Religionswissenschaft als Universitätsfach in vielen europäischen Ländern
seit dem Ersten Weltkrieg: weitere akademische Institutionalisierung der Religionswissenschaft als unabhängige
Disziplin erste religionswissenschaftlich ausgebildete Lehrkräfte
„Vergleich“ als eigentliche Kunst verstanden, die das Fach ausmacht
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
1. Wiederholung „Vergleichende Religionswissenschaft“ Kontext/Einflüsse: 19. Jahrhundert: Entdeckung fremder „Religionen“ und Entzifferung zahlreicher „religiöser“ Texte im 19.
Jahrhundert Suche nach Ursprache und Urreligion durch die Romantiker
Überzeugung: Christentum = höchste Religion Vergleich: um die Überlegenheit des Christentum zu zeigen, um die Ursprünglichkeit der
indischen Religion zu zeigen
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Anfang 20. Jahrhundert: großer Einfluss der Vergleichenden Philologie auf die Vergleichende Religionswissenschaft (Friedrich Max Müller!) erste Programmatik einer vergleichenden Religionwissenschaft
Vergleich bei Müller: um einen göttlichen Plan zu entziffern
Problematisch: christozentrische Kategorien, z.B.: „Heilige Schriften“
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie 2. Religionsphänomenologie
2.1. Einführung Epoche der Wissenschaftsgeschichte: ca. 1917-1988
Etymologie: φαινόµενον (Sichtbares, Erscheinung); λόγος (Rede/Lehre) Ziele: 1. Systematisierung/Typologisierung der Religionen/der religiösen Phänomene
2. Definition des Wesens von Religion
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie 2. Religionsphänomenologie
2.1. Einführung
entsprechend:
1. Entwicklung einer Methode der Religionsforschung – a-historischer Vergleich aller Religionen
2. Aufstellung einer Theorie der Religion: das „Heilige“ als Zentrum, anthropologische Prämissen: homo religiosus
2.2. Entstehungsbedingungen: Anti-Rationalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Beginn des 20. Jh.: emotionale Kulturdiskussion, v.a. in Deutschland
Besinnung auf Kultur und Religion gegen voranschreitende technische Zivilisation/Herrschaft über die Natur/Rationalismus/Materialismus, die den Verlust der Seele bedeuten würden (Eudolf Eucken)
Rettung der Seele durch die Mystik (Emil Hammacher)
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.2. Entstehungsbedingungen: Anti-Rationalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Beschäftigung mit Religionsgeschichte führt in die Regionen, die dem Verstand nicht zugänglich sind = zum „echten Leben“ (schließt die Distanz zwischen Leben und Bewusstsein)
Eugen Diederichs (Reihe Die religiösen Stimmen der Völker):
Lebendige Religion ist die Stimme einer Kultur, die frei ist von der Überschätzung intellektuellen Wissens und einseitiger Bevorzugung des Erwerbslebens“
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.2. Entstehungsbedingungen: Ursprünge in der Philosophie
Nikolaus von Kues: Prägung der Grundidee von der Einheit in der Vielheit der Religionen, der einen Religion und der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Phänomenologie des Geistes (1807): evolutionstheoretischen Entwurfs von Erkenntnistheorie und Ontolologie: alle Phänomene sind Ausdruck des einen Geistes, der sich in der Geschichte bewegt und schließlich zu sich selbst kommt
Edmund Husserl (1859 – 1939): Begründer der Phänomenologie, fordert gegen subjektivistische Deutungstheorien wie den “Psychologismus” die Phänomenologie als Wesensschau des Gegebenen. Den eigenen Standpunkt zurücknehmen,Vorurteile ausschalten und intuitiv zum wahren Gehalt einer Sache vordringen
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.3. Die Genese der Religionsphänomenologie 2.3.1. Chantepie de la Saussaye (1848-1920) „Lehrbuch der Religionsgeschichte“ (1. Ausg. 1887, 2. Ausg. 1897, 3. Ausg. 1905, 4.
Ausg. 1925 Aufgabe der Religionswissenschaft = Erforschung der Religion, ihres Wesens und ihrer
Erscheinungsformen
Religionsgeschichte vs. Religionsphilosophie
Ziel der Religionsphänomenologie: Ordnung von Begriffen, mit denen Religionen nichtdogmatisch beschrieben und geordnet werden können, v.a. Rituale
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie aus dem Vorwort zur 1. Auflage zum Lehrbuch der Religionsgeschichte
... Der phänomenologische Theil dürfte der erste, umfassendere Versuch sein, die Hauptgruppen
der religiösen Erscheinungen, ohne sie doctrinär einheitlich zu erklären, so zu ordnen, dass die wichtigsten Seiten und Gesichtspunkte aus dem Material von selbst hervortreten.
Zentrum der Religion: lebendiger Gott, Typologisierung nach Gottesbeziehung 1. Auflage des Lehrbuch der Religionsgeschichte, S. 51f.:
Eigentlich hat die Religion nur ein einziges Object: den lebendigen Gott, der sich allen Völkern als der einzig wirkliche Gott bezeugt. Wenn Er auch von Vielen nur theilweise erkannt und sogar
verkannt wird, ... so gilt doch am Ende aller Cultus ihm, ... Hier haben wir es nun nicht mit dem einen, sondern mit den vielen Objecten der Religion zu thun.
2.3.2. Brede Kristensen (1867 – 1953) Aufteilung Religionsgeschichte, Religionsphänomenologie und Religionsphilosophie wie
bei de la Saussaye, jedoch systematisch ausformuliert
Religionsphänomenologie als Komparatistik:
Ziel: in persönlich engagierter Weise nach dem Sinngehalt von religiösen Phänomenen suchen
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.3.2. Brede Kristensen (1867 – 1953)
Phenomenology does not try to compare the religions with one another as large units, but it takes out of their historical setting the similar facts and phenomena which it encounters in different religions, brings
them together, and studies them in groups.The corresponding data, which are sometimes nearly identical, bring us almost automatically to comparative study.The purpose of such study is to become
acquainted with the religious thought, idea or need which underlies the group of corresponding data. Its purpose is not to determine their greater or lesser religious value. Certainly, it tries to determine their
religious value, but this is the value that they have had for the believers themselves, and this has never been relative, but is always absolute.The comparative consideration of corresponding data often gives a deeper and more accurate insight than the consideration of each datum by itself, for considered as a group, the data shed light upon one another. Phenomenology tries to gain an over-all view of the ideas
and motives which are of decisive importance in all of History of Religion. – The Meaning of Religion. Lectures in the Phenomenology of Religion (1960): Phänomenologie als “method of comparison”, p.2.
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.2.3. Gerardus van der Leeuw (1890-1950) verhilft der Religionsphänomenologie zum Durchbruch: Phänomenologie der Religion (1933): – statt Evolutions- oder Dekadenztheorie:
Religionsphänomenologie als Disziplin ahistorischer Wesensschau, S. 365:
Ja, das Erlebnis der Zeilen von soeben liegt mir nicht einmal näher als das Erlebnis des ägyptischen Schreibers, der vor bald viertausend Jahren sein Briefchen auf Papyrus schrieb. ... Was uns die
größte Differenz und der weit möglichste Abstand dünkt: die Differenz nämlich zwischen uns selbst und dem “Anderen”, dem Nachbar, nebenan oder in China, von gestern oder vor
viertausend Jahren, – das ist eine Kleinigkeit, gemessen an der ungeheuren Aporie, in der wir uns befinden, sobald wir an das Leben überhaupt heran wollen.
inführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Im Zentrum: Beziehung des Menschen zur Macht, dem Göttlichen Art und Weise dieser Gottesbeziehung = erlaubt Anordnung der Religionen,
Typenbildung je nach Form und Struktur
analysiert werden die Phänomene, in denen sich die Macht zeigt und das Verhältnis der Menschen zu dieser Macht
Phänomene nicht an sich greifbar, müssen rekonstruiert werden
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
1. Phänomene werden eingeordnet, benannt
2. Einschaltung in das eigene Leben: Nachempfinden des fremden Erlebens mit Epoché (Rücknahme des eigenen Standpunktes)
3. intuitives Erfassen des Wesens des Phänomens, „eidetische
Reduktion“ (Abstraktion von den vielfältigen Erscheinungsformen auf das Wesen, den „Kern“, „Wesensschau“)
4. Phänomene mit ähnlichen gruppieren
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Probleme der Argumentation: zirkulärer Schluss: Annahme eines homo religiosus (und seines Verhältnisses zur
Macht als Zentrum der Religion) als Voraussetzung, Erscheinungen wie z. B. die “Seele” als Phänomen in allen Religionen und Kulturen zu diagnostizieren
Pointe: Wenn es überall in der Menschheitsgeschichte religiöse Phänomene gibt, dann ist die Existenz Gottes aus der Religionsgeschichte beweisbar
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie 2.4. „Klassiker“ im Umfeld der Religionsphänomenologie
2.4.1. Nathan Söderblom (1866-1931)
Religionswissenschaftler in Leipzig, Erzbischof von Uppsala seit 1914
oft als Religionsphänomenologie charakterisiert
Heiligkeit als Zentrum der Religion
Deutung der Heiligkeit in den unterschiedlichen Religionen verschieden: macht Gruppierungen möglich
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie 2.4. „Klassiker“ im Umfeld der Religionsphänomenologie
2.4.2. Rudolf Otto (1869-1937)
Theologe in Breslau und Marburg
1917: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen das Numinose = das Heilige minus seines sittlichen Momentes = das Zentrum der Religion mysterium tremendum und mysterium fascinans
Ausweg aus der Vielfalt an Dokumenten: durch Vergleich der Phänomene in der Religionsgeschichte zu den a-priori- Elementen der Religionen und schließlich zum Wesen der Religion gelangen
das Erleben hat die Position, die einmal die Offenbarung eingenommen hat
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
2.6. Mircea Eliade (1907-1986) rumänischer Religionswissenschaftler und Schriftsteller großes wissenschaftliches und literarisches Werk Karriere zunächst in Paris, dann in Chicago
Forderung einer eigenständigen religionswissenschaftlichen Methode zur Erforschung der religiösen Phänomene
Prämissen des homo religiosus und des Heiligen, das sich in der Religionsgeschichte zeigt: Hierophanie
aus Hierophanien resultiert die Unterscheidung in das Heiligeund das Profane, Mensch
sucht stets die Erfahrung des Heiligen
Aufgabe des Religionswissenschaftlers: Analyse der Struktur der Hierophanien und ihrer Veränderungen
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie
1.
Einführung in die Religionswissenschaft Kurs 3: Religionsphänomenologie Zusammenfassung:
1. Systematisierung/Typologisierung der Religionen/der religiösen Phänomene
2. Definition des Wesens von Religion
entsprechend:
1. Entwicklung einer Methode der Religionsforschung – a-historischer Vergleich aller Religionen
2. Aufstellung einer Theorie der Religion: das „Heilige“ als Zentrum, anthropologische Prämissen: homo religiosus