Einführung in Deutsch als Fremdsprache/ Deutsch als ... · DaF: überdurchschnittl. Leistungen in...
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Einführung in
Deutsch als Fremdsprache/
Deutsch als Zweitsprache:
Die Lerner
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Hauptunterschied zw. L1- und L2-Erwerb:
• L1-Erwerb: kulturelles + Weltwissen parallel
miterworben,
• L2-Erwerb: nur Spracherwerb (Lernende
können auf L1-geprägtes kulturelles u. Welt-
wissen zurückgreifen).
L2-Lernen: komplex u. beeinflusst die gesam-
te Persönlichkeit.
Langer Weg: Normalfall =
Erreichen e. Interlanguage-
Stadiums ↔ Sprachverlust.
Wie rasch u. wie effektiv der Lernprozess →
Einflussgrößen:
(1) Alter,
(2) muttersprachliche Sozialisation,
(3) Begabung für FS,
(4) Motivation u. Einstellung,
(5) persönliche Eigenschaften,
(6) Lernstile u. Lernstrategien.
(1) ALTER „Was Hänschen nicht lernt,
lernt Hans nimmermehr!“
Altersfaktor: sprachdomänenübergreifend?
Pubertät = bedeutsame Grenze
Eric Lenneberg (1921-1975): Critical-Age-Hy-
pothese: Bis z. krit. Al-
tersphase ,Sprachlern-
fenster‘ geöffnet, denn
Lateralisierungsprozess
erst mit der Pubertät
abgeschlossen.
← falsche Annahme!
Denn: Ausdifferenzierung der beiden Gehirn-
hälften (Lateralisierung) schon früher ↔ je-
doch Pubert. = magische Grenze: L2-Erwerb
danach ≠ Kompetenz eines Muttersprachlers
(vor allem: Aussprache).
Heute: mehrere kritische bzw. sensible Pha-
sen, die sich auf verschiedene spr. Ebenen
beziehen; enden nicht abrupt, sondern allmäh-
lich:
• Aussprache: bis 6 J.
• Morphosyntax: bis 12 J.
• Lexik u. Pragmatik: noch
keine kritischen bzw.
sensiblen Phasen nach-
gewiesen.
Angela D. Friederici (Neurowissenschaftlerin)
Das Gehirn durchläuft vorgegebene Phasen,
in denen es besonders gut auf den spr. Input
reagiert.
• Ab dem 4./5. Lebensmonat beginnen Kin-
der, die Regeln zu erkennen u. zu verinner-
lichen; bis zum Alter v. 4 Jahren:
beherrschen die Grundstrukturen
d. Grammatik. → Ist diese Zeit
vorbei, ohne dass das Gehirn den
Input bekommt, geht nicht mehr
viel.
Traditionelle Annahme: Gehirn reagiert bis zur
Pubertät flexibel auf Sprache.
↕
Friederici: geht vom 6. Lebensjahr aus. Ab
dann nicht mehr nur die Hirnareale verwendet,
d. primär für Spr. zuständig sind, sondern an-
dere Bereiche als Hilfsareale hinzugenom-
men. → Dadurch: mehr Energie verbraucht.
→ Selbst als Erwachsene verarbeiten Men-
schen, die d. dt. Gramm. erst nach dem 6.
Lebensjahr gelernt haben, Dt. anders als ihre
L1.
Neugeborene in der Lage: jede Sprache zu
lernen. → Hört ein Kind kontinuierlich eine
Sprache, wird das Gehirn darauf geprägt.
• Schon ein paar Wochen vor d. Geburt = die
sensorischen Wahrnehmungsmittel des Ba-
bys = vollständig entwickelt → Kind kann Ge-
räusche v. außen hö-
ren, nicht einzel. Wör-
ter verstehen, aber
Sprachmelodie/Rhyth-
mus wahrnehmen.
Studie
(Angela Friederici/Leipzig + Mitverf. aus Würz-
burg u. Paris):
• 60 dt. u. franz. Neugeborene
• Dt: Betonung = auf der ersten
Silbe, Franz. = umgekehrt →
die gleichen Muster bei Babys:
Schreie der dt. Kinder = zuerst
laut u. dann gegen Ende leise
↔ franz. Kinder = anfangs leise
u. später laut.
Bei Immigranten:
nicht die Länge des Aufenthaltes im Land d.
Zielsprache (ZS) entscheidend → sondern
das Alter zum Zeitpunkt d. Einreise
↓
bei Erwachsenen oft:
„Gastarbeiter-Pidgin“
(defizitäre Einwande-
rervarietät).
Tests:
• USA
Fünfminütige Proben
gesprochener Spr.
verschriftlicht: Beurteilern vorgelegt → Mor-
phologie, Syntax – unauffällig bei den Früh-
lernern.
• Grammatikalitätsurteile.
• Kernspintomographische Untersuchungen:
postpubertäre L2-Lernende
• L1 u. L2 in der Broca-Region getrennt ver-
ortet ↔ zweispr. aufwachsende Men-
schen: in einem gemeinsamen Bereich.
• In der Wernicke-Region: kein Unter-
schied aufgrund
des Erwerbsal-
ters.
Unterschiedliche Altersstufen: erlernen Aus-
sprache + Gramm.
• unter veränderten kognitiven Rahmenbedin-
gungen bzw.
• mit anderen neuronalen Parametern u.
• speichern das Gelernte anders.
Äußerlich feststellbare Fähigkeiten = oft
gleich, der zugrunde liegende Verarbeitungs-
prozess = ein anderer.
↓
Didaktik!
Cathrine E. Snow u. Marian Hoefnagel-Höhle:
engl. Kinder (2-10 J.), Heranwachsende (12-
15 J.) u. Erwachsene (18-60 J.) drei, sechs u.
neun Monate nach ihrer Ankunft in NL
– 9 Tests
Nach 9 Monaten Heranwachsende besser als
Kinder u. Erw. in
- Vokabeltest,
- Satzwiederholung,
- Übersetzung,
- Grammatikalitätsurteil,
- Morphologie,
- lautliche Unterscheidungsfähigkeit.
Kinder besser nur in
- Verstehen u. Erzählen von Geschich-
ten.
Kein genereller Altersfaktor → mehrere ande-
re Einflüsse.
Frühbeginn: nur im Zielland bei ständigen
Kontakt mit der ZS.
Schulunterricht (Studie 1):
Studie von Carmen Muñoz
Raum Barcelona (2006)
Kinder:
Beginn des Englischunter-
richts mit 8, 11, 14 u. 18 J.
Befund:
In allen getesteten Bereichen erzielten später
beginnende, ältere, Lernende in der gleichen
Lernzeit bessere Ergebnisse.
Geringste Unterschiede: Hörverstehen und
Sprechen.
Größte Unterschiede: Lückentexttest („Cloze-
Test“) u. Diktat.
(weil hier: gramm. Fähigkeiten
= wichtig).
Frühbeginn – Studie 2
Langzeitstudie der Anglistin Simone Pfennin-
ger (Universität Salzburg) zwischen 2008 und
2017 unter 800 Zürcher Gymnasiasten:
Inwiefern beeinflusst das Al-
ter zu Lernbeginn einer FS die
Entwicklung d. FS-Kenntnis-
se?
↓ Frühenglisch → bringt den
meisten Kindern kaum Vortei-
le f. ihr späteres Sprachniveau.
Vier Gruppen:
• einsprachige Kinder
• von Geburt an zweisprach. Kinder
• bilinguale + biliterale Kinder
• sukzessiv zweisprachige Kinder .
Jeweils die Hälfte: Frühenglisch (ab acht Jah-
ren) zu Beginn + am Ende der Gymnasialzeit
→ Test: Hörverstehen, Wort-
schatz, mündliche u. schrift-
liche Kompetenzen.
Außerdem: Lernmotivation u. -strategien, soz.
u. sprachl. Hintergrund, Lernumfeld u. elterli-
che Unterstützung erhoben.
↓
Langfristig profitiert nur eine Gruppe: zwei-
sprachige u. biliterale Kinder, die substanziel-
le Unterstützung der Eltern u. der Umgebung
erfahren.
↕
Alle and. Gruppen: Kinder, die fünf J. später
beginnen, holen die Frühlerner nach sechs Mo-
naten ein.
Frühbeginn – Studie 3
University of Tennessee, Ruhr-Universität Bo-
chum und TU Dortmund: Daten von 5.130
Schülern von Gymnasien in NRW ausgewer-
tet
↓
Frühenglisch =
weniger effektiv als
erhofft.
In der 5. Klasse: Kinder mit EU ab d. 1. Kl. =
besser als Schüler mit EU ab der 3. Klasse.
↕
In der 7. Klasse: Leistungen der Spätstarter =
besser.
→ Ein früher Beginn (mit ein bis zwei Stunden
EU pro Woche) bei Grundschülern = wenig
effektiv.JAEKEL, N./SCHURIG, M./FLORIAN, M./RITTER, M.: From Early
Starters to Late Finishers? A Longitudinal Study of Early Fo-
reign Language Learning in School. In: Language Learning
2017, S. 1-34.
(2) Sprachliche Sozialisation
Alter = eine Variable, die mit mehreren ande-
ren in Zusammenhang steht,
insbes.: Entwicklungsstand der Erstsprache:
Kinder aus sprachbewussten Elternhäusernaus mittleren bis höhe-
ren sozialen Schichten
↓
keine Probleme.
Kanada: Immersionsprogramm ab d. 1. Kl.
alle Fächer auf Französisch
↓
nach ca. 6 Jahren: anglophon. Kinder bei d.
Aneignung von Wissen u. Fähigkeiten in allen
Sachfächern auf ähnlichem
Niveau wie monolinguale
frankophone K.
↕ anderssprachige Gastarbeiterkinder → gro-
ße schulische Probleme, kein spez. für ihre
Lernbedürfnisse entwickeltes Schulmodell:
undifferenziertes Vermischen zweispr. u. ein-
spr. Kinder, heterogene Klassen: Submersion
Problempunkt: Umgang mit konzeptioneller
Schriftlichkeit
L1: oft nur als gespr. Spr. (u.U. dialektal, mit
Kode-Umschaltungen) = kein sicheres Funda-
ment → Schule: Standardsprache + Schrift-
lichkeit.
BICS (Basic Interperso-
nal Communicative
Skills)
CALP (Cognitive Aca-
demic Language Profi-
ciency)
• „grundlegende Kommu-
nikationsfähigkeiten“
• Sprachfähigkeiten in d.
Alltagskommunikation
u. im zwischenmensch-
lichen Bereich
• BICS-Fähigkeiten
bewältigen die
Mündlichkeit
• „schulbezogene kogni-
tive Sprachkenntnisse“
• Sprachfähigkeiten in
der Bildungssprache
im kognitiv-akademi-
schen Bereich
• CALP-Fähigkeiten
bewältigen die
Schriftlichkeit
Jim Cummins (1949–)
In L1 nur BICs entwickelt ↔ in der L2 in der
Schulzeit CALP erwartet. Möglich nur: wenn in
L1 ein best. Schwellenniveau in Richtung
CALP erreicht ist (vom situat. Kontext abstra-
hieren u. komplexe Sachverhalte adäquat ver-
sprachlichen können), sonst Semilinguismus.
DaZ: oft erhebliche Defizite in beiden Spr.
↕
DaF: überdurchschnittl. Leistungen in L1, DaF
≠ erste Fremdsprache (FS)
Leistungsniveau d. Schüler in der Schule in
der L1 u. L2: Korrelation (allerdings je nach di-
daktischem Profil beider Fächer, z.B. Gram-
matik in bei-
den zentral be-
handelt).
(3) Motivation, Einstellung, Begabung
Motivation: das auf emotionaler u. neuronaler
Aktivität (Aktivierung) beruhende Streben des
Menschen nach Zielen oder wünschenswer-
ten Zielobjekten. Die Gesamtheit der Beweg-
gründe (Motive), die zur
Handlungsbereitschaft füh-
ren = Motivation.
intrinsisch vs. extrinsisch
• Intrinsische M.: das innere Interesse an
etw.; erwächst aus einem Interesse für d. zu
lösende Aufgabe und deren Bedingungen
(z.B. Schwierigkeitsgrad, intellektuelle Neu-
gier, Erfolgsaussichten) u. hängt mit der
Selbstverwirklichung/Selbstentwicklung zu-
sammen.
Abwechslungsreich gestalteter Unterricht →
FS = interessanter u. spannender Lernge-
genstand.
intrinsisch vs. extrinsisch
• Extrinsische M.: bezieht ihre Anreize aus
dem Umfeld. Der Schüler strebt nach Be-
lohnung von außen (z.B. Anerkennung, gute
Noten). Kann aus vier Teilen bestehen: (1)
aus Drohungen u. Belohnungen als äußere
Anreize, (2) aus Druck u. Regeln von au-
ßen, die d. Lerner für sich übernimmt, (3)
Nützlichkeit, die d. Lerner eingesehen u. für
sich anerkannt hat, (4) völlige Assimilierung
mit den Werten und Normen des Lernens.
integrativ vs. instrumentell
• Integrative M.: Schüler ist an d. Sprache,
ihren Sprechern u. an d. Zielkultur interes-
siert (Sympathie f. d. Kultur d. ZS); will d.
Sprache lernen, um mit den Angehörigen d.
Zielkultur zu kommunizieren. (Bereich DaZ)
• Instrumentelle M.: Wenn es um schuli-
schen Erfolg od. berufliche Karriere geht:
Der Schüler lernt die Sprache, um später
aus den Sprachkenntnissen Nutzen zu zie-
hen.
Motivation: schwer zu operationalisieren. Lernt
d. Schüler so erfolgreich, weil er hoch moti-
viert ist oder ist er hoch motiviert, weil er so
gute Fortschritte macht?
• von vielen Faktoren abhän-
gig,
• kann sich während des
Lernprozesses verändern,
• die einzelnen Motivationstypen schließen
sich nicht gegenseitig aus, sondern können
sich gegenseitig ergänzen u. beeinflussen.
Einstellung gegenüber der ZS
• z.B. ästhetische Urteile („schöner Klang“) –
selbst diese nicht unabhängig von best. Er-
werbssituationen (Person des Lehrers)
• in außerschulischen („natürlichen“) Erwerbs-
kontexten: soziale Einstellungen u. Vorurtei-
le, zu große soziale Distanz
• Einwanderer, die zu stark an ihrer Kultur ge-
bunden bleiben, sehen keine Notwendigkeit,
größere Anstrengungen zu unternehmen →
ihr Spracherwerb fossiliert → eine Art Pidgin
L2-Erwerb (DaZ): Ob es dem Lernenden ge-
lingt, soziale u. psychologische Distanzen zu
verringern u. seine Rolle u. Identität in einer
anderen Gesellschaft zu finden + Reaktionen
d. Mehrheitsgesellschaft → wenn diese nega-
tiv: scheitert die Akkulturation des Lernenden
u. seine L2 fossiliert.
Kommunikation auf Augen-
höhe: Man versucht eine gemeins. spr. Ebene
zu finden u. bewegt sich spr. aufeinander zu:
Akkomodationsmodell.
Alltagserfahrung: spezielle Begabung für FS ≠
generelle Intelligenz.
Testverfahren zur Messung der FS-Begabung
Modern Language Aptitude Test (MLAT) von
John B. Caroll/Stanley Sapon (1955); FS-Be-
gabung beruht auf Fähigkeiten:
• einzelne Phoneme zu identifizieren und sie
Graphemen zuzuordnen,
• Funktionen v. Wörtern im Satz zu erkennen,
• neue Wörter rasch u. effizient zu memo-
rieren,
• Regularitäten in sprachl. Input zu entdecken.
Begabungstest: im schulischen FSU = rel. gut,
aber außerhalb = fraglich
Ein einziger genereller Begabungsfaktor (G-
Faktor) f. den FS-Erwerb?
Helmut J. Vollmer:
keine eindeutige Antwort,
Relativ verlässlich: Mess-
instrument Cloze-Test
Aber: „sich selbst erfüllen-
de Prophezeiung“ + zu statisch.
(4) Lernstile und Lernstrategien
Indiv. Vorlieben – viele Wege führen zum Ziel.
Lernstile (LS): generelle Orientierungen u.
Präferenzen von Lernern
• visuelle LS (bevorzugen Lesen u. Schreiben)
• auditive LS (bessere Leistungen mit gespro-
chenem Input)
• motorische/haptische/kinästhetische LS (den
ganzen Körper in das Lerngeschehen ein-
bringen).
• kooperativ orientiert: in Gruppen od. mit
Lernpartnern
• erfahrungsorientiert: etw. aus-
probieren (Rollenspiel oder
Sketch)
• abstrakt-analytisch: systematisch u. struk-
turiert; versucht gramm, Regularitäten zu
verstehen
• FU: Affinität zum abstrakt-analyt. Lernertyp
• Mischtypen
(Kognitives) Modell nach Kolb (1985):
Stärke: Vorstellungsfähigkeit. Betrachtet kon-
krete Situationen aus vielen Perspektiven, ist
an Menschen interessiert. Breite kulturelle
Interessen, oft: künstlerische Aktivitäten.
David A. Kolb (1939–)
• Divergierer (etwa: der Ent-
decker) bevorzugt konkrete
Erfahrung und reflektiertes
Beobachten.
• Assimilierer (etwa: der Denker) bevorzugt
reflektiertes Beobachten u. abstrakte Be-
griffsbildung. Stärke: Erzeugung von theo-
retischen Modellen. Neigt zu induktiven
Schlussfolgerungen u. befasst sich lieber
mit Dingen oder Theorien als mit Personen;
integriert einzelne Fakten
zu Begriffen und Konzep-
ten.
• Konvergierer (etwa: der Entscheider) be-
vorzugt abstrakte Begriffsbildung u. aktives
Experimentieren. Stärke: Ausführung von
Ideen. Neigt zu hypothetisch-deduktiven
Schlussfolgerungen und befasst sich lieber
mit Dingen oder Theorien
(die er gern überprüft) als
mit Personen.
• Akkomodierer (etwa: der Praktiker/Macher)
bevorzugt aktives Experimentieren u. kon-
krete Erfahrung. Stärke: Ausgestaltung von
Aktivitäten. Neigt zu intuitiven Problemlö-
sungen durch Versuch u. Irrtum und befasst
sich lieber mit Per-
sonen als mit Din-
gen oder Theori-
en; verlässt sich
mehr auf einzelne
Fakten als auf
Theorien.
Lernerstrategien (LST): strateg. Verhaltens-
weisen, d. der Lernende u.a. beim Erwerb u.
Gebrauch der FS einsetzt.
• Als komplexe Pläne steuern sie sein Verhal-
ten beim Lernen u. in d. Interaktion mit ande-
ren, als operationalisierte Fertigkeiten steu-
ern sie den Erwerb spr. Mittel u. d. Verbrei-
tung anderer, nicht spr., Informationen.
Dieter Wolff
LST: Lernstrategien + Sprach-
verwendungsstrategien
(komm. Strategien)
Lernstrategien (LT): spezif. Lernverhalten;
LST, d. sich auf den Erwerb einzelner spr. Fä-
higkeiten beziehen, z.B. zur Aussprache
schwieriger Sprechlaute (mit einem Spiegel +
Audioaufnahmegerät), zum Lernen unbekann-
ter Wörter (mit Wörterbuch + Karteikasten).
+ Strategien
• im Hinblick auf einzelne Fertigkeiten (Hören,
Sprechen usw.)
• in der Kommunikation mit Muttersprachlern
etc.
Kognitive LT: Verarbeitung fremdsprachl. In-
formationen od. konkr. Arbeitstechniken, z.B.
Texte anhand v. Schlüsselwörtern zusammen-
fassen
Ressourcenbezogene LT: Lernzeit geschickt
einteilen (Wörterbücher, Lernprogramme →
Effektivität)
Metakognitive LT: unterschiedl. LT = be-
wusst → einz. Übungen/Arbeitstechniken sinn-
voll auswählen, Lernfortschritt kontrollieren, d.
eigenen Lernprozess reflektiert gestalten →
Entwicklung v. Lernerautonomie
Herman A. Witkin: Feldabhängigkeit
(field dependence)
kognitiver Stil (+ seine späteren
Verallgemeinerungen)
(a) Wahrnehmungsumgebung übt ei-
nen starken Einfluss auf d. wahrgenommene
Figur = „feldabhängiger“ Wahrnehmungsstil ↔
(b) Wahrnehmung ist auf das wahrzunehmen-
de Objekt gerichtet = „feldunabhängige“ Wahr-
nehmungsweise. → Feld(un)abhängigkeit = re-
lativ konsistentes Persönlichkeitsmerkmal.
(a) feldabhängige Wahrnehmung: W. von
Menschen, die komplexe soziale Situationen
rasch erfassen, aber weniger auf einzelne Ele-
mente achten; Erfassen e. Textes/e. Äußerung
(b) feldunabhängige Wahrnehmung: die Auf-
merksamkeit richtet sich nicht auf größere Zu-
sammenhänge (die gestalthaft als Einheit er-
fasst werden), sondern eher auf Einzelheiten;
Erkennen einzelner Elemente im Text (Wort-
stellung od. Morphol./Aussprache e. Wortes)
↓ unterschiedliche Lernstile
(a) feldabhängiger Lernender: möchte so
rasch wie möglich frei kommunizieren, Gramm.
= unwichtig, holistisch, viel Empathie, hohe Am-
biguitätstoleranz, aufgeschlossen, eher extro-
vertiert, risikofreudig, selbstbewusst; jedoch:
Fossilierung (oft DaZ-Lerner)
(b) feldunabhängiger Lernender: geht analy-
tisch u. deduktiv vor, möchte genau wissen,
was er lernt; gramm. Regeln; Schritt für Schritt,
Unterricht mit klaren Vorgaben, schulisch an-
gepasst u. geduldig (DaF-Lerner aus einem
mittlernen bis gehobenem soz. Milieu)
Erfolgreiche Lernende
• Beide Lernstile.
• Flexibilität (a) vom komplexen Text/Gespräch
(„top-down“) oder (b) v. einzelnen Wörtern,
Flexionsendungen/Phonemen („bottom-up“)
auszugehen.
• Aufgeschlossen (a) für offene komm. Situa-
tionen u. für (b) gramm. Strukturen.
Neben persönlichen Eigenschaften → kultur-
spezifische Unterschiede!
Fremdsprachlicher Lernprozess: verläuft hoch-
gradig individuell → Effekte v. einzelnen Va-
riablen (wie Motivation, soziale Schicht od.
Lernstile) = nicht prognostizierbar.
↓
„Einzelgänger-Hypothese“: jeder Fall zeich-
net sich „durch ein singuläres Geflecht von
wechselwirksamen Variablen“
aus.
Claudia Riemer (1965–)
Lernstile = relativ fest mit der Persönlichkeits-
struktur
↕
Lernerstrategien = im Rahmen didaktischer
Konzeptionen günstig zu beeinflussen + zu
entwickeln.
Literaturempfehlungen zum Thema
• BARKOWSKI, Hans/KRUMM, Hans-Jürgen
(Hrsg.): Fachlexikon Deutsch als Fremd- und
Zweitsprache. Tübingen/Basel: A. Francke:
2010 (UTB; 8422).
• HERNIG, Marcus: Deutsch als Fremdsprache.
Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verl. f. So-
zialw. 2005 (Studienbücher zur Linguistik; 5).
• HUNEKE, Hans-Werner/STEINIG, Wolfgang:
Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung.
6., neu bearb. und erweit. Aufl. Berlin: E.
Schmidt 2013 (Grundlagen der Germanistik;
34).
• ROCHE, Jörg: Fremdsprachenerwerb –
Fremdsprachendidaktik. 3., vollst. überarb.
Aufl. Tübingen/Basel: A. Francke 2013 (UTB
Basics; 2691).
• RÖSLER, Dietmar: Deutsch als Fremdspra-
che. Eine Einführung. Stuttgart/Weimar:
Metzler 2012.
• SURKAMP, Carola (Hrsg.): Metzler Lexikon
Fremdsprachendidaktik. Ansätze – Metho-
den – Grundbegriffe. Stuttgart/Weimar: Metz-
ler 2010.