Editorial: Pharmazie in unserer Zeit 1/2005

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Nr. 1 | 34. Jahrgang 2005 | Pharm. Unserer Zeit | 3 | EDITORIAL P flanzliche Arzneimittel sind ein integraler Bestandteil unseres Arzneimittelschatzes in Deutschland, obwohl diese Medikamentengruppe keineswegs unumstritten ist. Im Gegenteil:Meinungsäußerungen zu Phytopharmaka sind häufig polarisierend, Diskussionen über Phytopharmaka werden in der Regel fundamental statt differenziert geführt. Gegner wie Befürworter schenken sich nichts, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Entscheidungen ebenfalls ex- trem ausfallen können – in jüngster Zeit politisch bedingt zum Nachteil der Phytopharmaka. Mit In-Kraft-Treten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vor einem Jahr wurde praktisch allen Phytopharmaka die Erstattungs- fähigkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen entzogen. Phytopharmaka wurden pauschal und überproportional von einer medizinisch nicht nachvollziehbaren Regelung getroffen, nach der völlig undifferenziert all diejenigen Medikamente von der Erstattungsfähigkeit durch unser solidarisches Versorgungssystem ausgeschlossen wurden, die nicht verschreibungspflichtig sind. A ngemessener und zum Wohle des Patienten wäre eine differenziertere Betrachtung gewesen, die aber wohl auch deshalb keine Chance hatte, weil die Thematik für aus- schließlich politische Entscheidungen zu komplex ist. A ufklärung tut Not! Zur sach- und fachgerechten, wis- senschaftlich fundierten Aufklärung möchte die vor- liegende Ausgabe der „Pharmazie in unserer Zeit“ wesent- liches beitragen. N ach Heft 3/2003 „Johanniskrautextrakte“ widmet sich eine weitere Ausgabe der „Pharmazie in unserer Zeit“ einer nach wie vor medizinisch wichtigen Arzneidroge. Am Beispiel von „Crataegus-Extrakten“ wird aufgezeigt, welche Anstrengungen unternommen wurden und weiter- hin unternommen werden, um auf der Basis tradierter medi- zinischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse, moderne Arzneimittel zu entwickeln. Editorial << Prof. Dr. G. Franz war bis zu seiner Emeritierung Professor für Pharma- zeutische Biologie an der Universität Regensburg und ist Vorsitzender des Ausschusses Pharmazeutische Biologie in der Arzneibuchkommission. < Prof. Dr. Th. Dingermann ist Professor für Pharmazeutische Biologie an der Universität Frankfurt und Altpräsident der DPhG. N icht wenige der zugelassenen Phytopharmaka sind alles andere als „bewährte Hausmittel“. Bei diesen Phytopharmaka handelt es sich um echte Arzneimittel, die hinsichtlich Qualität,Unbedenklichkeit und Wirksamkeit in dem von ihnen beanspruchten Indikationsbereich den Ver- gleich mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen nicht zu scheuen brauchen. Dies wird nicht nur behauptet, sondern kann auch belegt werden.Wissenschaftlich fundierte Bele- ge für Arzneimittel, die aus der Arzneidroge „Weißdorn- blätter und -blüten“ hergestellt werden, finden die Leser- innen und Leser dieser Ausgabe in großer Zahl und be- achtlicher Qualität. W ir danken den Autorinnen und Autoren dieser Aus- gabe, die mit ihren kompetenten Beiträgen zu der komplexen Problematik zum Gelingen dieser Ausgabe bei- getragen haben.Sie haben die wichtige Basis geschaffen,um Weißdorn-Extraktpräparate differenziert – und somit an- gemessen – bewerten zu können. Mit kollegialen Grüßen Ihre Gasteditoren PROF. DR. GERHARD F RANZ Chairman der Expertengruppe 13B der Europäischen Pharmacopoe PROF. DR. THEO DINGERMANN Altpräsident der DPhG Liebe Kolleginnen und Kollegen

Transcript of Editorial: Pharmazie in unserer Zeit 1/2005

Nr. 1 | 34. Jahrgang 2005 | Pharm. Unserer Zeit | 3

| E D I TO R I A L

Pflanzliche Arzneimittel sind ein integraler Bestandteilunseres Arzneimittelschatzes in Deutschland, obwohl

diese Medikamentengruppe keineswegs unumstritten ist.Im Gegenteil:Meinungsäußerungen zu Phytopharmaka sindhäufig polarisierend, Diskussionen über Phytopharmakawerden in der Regel fundamental statt differenziert geführt.Gegner wie Befürworter schenken sich nichts, so dass esnicht verwunderlich ist, dass Entscheidungen ebenfalls ex-trem ausfallen können – in jüngster Zeit politisch bedingtzum Nachteil der Phytopharmaka. Mit In-Kraft-Treten desGesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vor einemJahr wurde praktisch allen Phytopharmaka die Erstattungs-fähigkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen entzogen.Phytopharmaka wurden pauschal und überproportionalvon einer medizinisch nicht nachvollziehbaren Regelunggetroffen, nach der völlig undifferenziert all diejenigen Medikamente von der Erstattungsfähigkeit durch unser solidarisches Versorgungssystem ausgeschlossen wurden,die nicht verschreibungspflichtig sind.

Angemessener und zum Wohle des Patienten wäre einedifferenziertere Betrachtung gewesen, die aber wohl

auch deshalb keine Chance hatte,weil die Thematik für aus-schließlich politische Entscheidungen zu komplex ist.

Aufklärung tut Not! Zur sach- und fachgerechten, wis-senschaftlich fundierten Aufklärung möchte die vor-

liegende Ausgabe der „Pharmazie in unserer Zeit“ wesent-liches beitragen.

Nach Heft 3/2003 „Johanniskrautextrakte“ widmet sicheine weitere Ausgabe der „Pharmazie in unserer Zeit“

einer nach wie vor medizinisch wichtigen Arzneidroge.Am Beispiel von „Crataegus-Extrakten“ wird aufgezeigt,welche Anstrengungen unternommen wurden und weiter-hin unternommen werden,um auf der Basis tradierter medi-zinischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse,moderne Arzneimittel zu entwickeln.

Editorial

<< Prof. Dr. G. Franz war bis zu seinerEmeritierung Professor für Pharma-zeutische Biologie an der Universität Regensburg und ist Vorsitzender des Ausschusses Pharmazeutische Biologiein der Arzneibuchkommission.

< Prof. Dr. Th. Dingermann ist Professorfür Pharmazeutische Biologie an der Universität Frankfurt und Altpräsidentder DPhG.

Nicht wenige der zugelassenen Phytopharmaka sind alles andere als „bewährte Hausmittel“. Bei diesen

Phytopharmaka handelt es sich um echte Arzneimittel, diehinsichtlich Qualität,Unbedenklichkeit und Wirksamkeit indem von ihnen beanspruchten Indikationsbereich den Ver-gleich mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen nicht zuscheuen brauchen.Dies wird nicht nur behauptet, sondernkann auch belegt werden.Wissenschaftlich fundierte Bele-ge für Arzneimittel, die aus der Arzneidroge „Weißdorn-blätter und -blüten“ hergestellt werden, finden die Leser-innen und Leser dieser Ausgabe in großer Zahl und be-achtlicher Qualität.

Wir danken den Autorinnen und Autoren dieser Aus-gabe, die mit ihren kompetenten Beiträgen zu der

komplexen Problematik zum Gelingen dieser Ausgabe bei-getragen haben.Sie haben die wichtige Basis geschaffen,umWeißdorn-Extraktpräparate differenziert – und somit an-gemessen – bewerten zu können.

Mit kollegialen Grüßen Ihre Gasteditoren

PROF. DR. GERHARD FRANZ

Chairman der Expertengruppe 13B der EuropäischenPharmacopoe

PROF. DR. THEO DINGERMANN

Altpräsident der DPhG

Liebe Kolleginnen und Kollegen