DREI SÜDDEUTSCHE STAATEN - tagesspiegel.de · PARIS, 26. September (Reuter) Sir Waljer Citrine,...

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PARIS, 26. September (Reuter) Sir Waljer Citrine, der Führer der britischen Delegation auf dem Weltgewerkschaftskongreß, drohte heute die britischen Gewerkschaften von der geplanten Weltgewerkschaftsföderation zurückzuziehen. nK~-4.nnahme der neuen Satzungen durch die britischen Gewerkschaften hängt von einem befriedi- gend^ Ausgang der Verhandlungen mit der Internationalen Föderation der Gewerkschaften und dem InterJMionalen Handelssekretariat ab", erklärte er. „Wir im britischen Gewerkschaftsrat können nicht durch eine Abstimmung mit Mehrheiten zur Annahme gezwungen werden; eine neue starke Inter- nationale muß aufgebaut werden. Der britische Gewerkschaftsrat hat nicht die Absicht, die Mitglieder der alten internationalen Gewerkschaftsföderation und des internationalen Sekretariats, die beide bereit sind, sich auf Grund angemessener Bedingungen aufzulösen, im Stich zu lassen." Die kommende Union dürfe sich nur aus Gewerkschaften zusammensetzen, die den Grundsätzen von Treu und Glauben folgen. Es sei seltsam, daß in Zentral- und Osteuropa nach allen Verwüstungen und Kriegsereignissen die Ge- werkschaften sich wie ein Phönix aus der Asche erhoben hätten, mit Hunderttausenden von Mitgliedern, • während vorher ihre Mitgliederzahl nur Hunderte betrug. Die Internationale dürfe nicht in das Fahr- wasser der Politik geraten. Wenn sie das täte, werde sie umkommen, weil dadurch Spaltungen entstehen müßten. BERLIN, 26. September (APS) Die Pläne für die Invasion Englands, die im Herbst 1940 stattfinden sollte, sind jetzt in Berlin auf- gefunden worden. 22 Divisionen sollten nach diesen Plänen bei den ersten Landungen eingesetzt, wer- den, weitere 17 Divisionen in Reserve gehalten werden. Außerdem waren größere Luftlande-Operajlonen vorgesehen. Für den ersten Angriff wurden die 16. und die 9. Armee, die damals die Heeresgruppe A bildeten, bereitgehalten. Eine der Armeen sollte sich in Ostende, Dünkirchen, Calais, Boulogne und der Somme- Mündung einschiffen und an der Küste von Kent zwischen Margate und Hastings landen. Die andere sollte von Dieppe, Le Havre und Caen aus eingesetzt werden und Landungen zwischen Brighton und Ports- mouth versuchen. Luftlandetruppen sollten nördlich der Romnes-Sümpfe zwischen Folkestone und Hastings abgesetzt w - P firlW~ NSSek 'ifi^/dfWd^mT^.'j.tlerlJepres.grJinpa.A sollten VerKan.de der Heeresgr.yppeJVdfe ^'iMLgröJ?terj..„ Tei?. aus der 6. Armee bestanden, von Cherbourg aus weitere Landungen in England westlidl Boufne- moiith in der Bucht von Weymouth unternehmen. lier Plan sah vor, daß die britischen und kanadischen Abwehrkräfte in Süd - England zuerst nie>r- geMmpft werden sollten. London sollte zunächst abgeschnitten werden. Der Angriff sollte fächerförmig vorgetragen werden und zur Besetzung der wichtigsten Industriestädte in Mittel-England führen. l|)as geheime Stichwort für die Invasion lautete: „Seelöwe". AUFTEILUNG DER DEUTSCHEN FLOTTE WASHINGTON, 26. September (Reuter) Präsident Truman enthüllte heute, daß die deutsche Flotte in drei Teile aufgeteilt werden soll. Einen Teil wird England, einen Rußland und den dritten die Ver- einigten Staaten erhalten. Diese Entscheidung wurde auf der Berliner Konferenz getroffen. Ueber die japanische Flotte ist noch nicht entschieden. LONDONER KONFERENZ VOR DEM ENDE LONDON, 26. September (Reuter) Die Außenminister traten am Mittwochmorc, zur 23. Sitzung des Rates zusammen. Sie werden ihre Be- ratungen noch einige Tage fortsetzen, sie aber wahr- scheinlich gegen Ende der Woche einstellen, ganz gleich, ob ein grundsätzliches Uebereinkommen erreicht wurde oder nicht. Die Konferenz kann nicht zu einem Erfolg führen, wenn über die Friedensverträge mit den Balkan-Staaten keine Einigung erzielt wird. Es liegen glaubwürdige Berichte vor, daß die Außen- minister zu einer zweiten Sitzung im November und Dezember zusammentreten werden, es scheint aber, daß noch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen ist. Der russische Außenkommissar erklärte anläßlich eines Empfangs der Englischen Gesellschaft für kul- turelle Beziehungen mit der Sowjetunion: „Die Haupt- aufgabe des Rates der Außenminister ist, den Sieg der Waffen in einen dauernden Frieden tu verwandeln. Diese Aufgabe kann jedoch nur erfüllt werden, wenn wir den demokratischen Kräften in unserem und an- deren. Ländern die denkbar größte Hilf« zuteil werden lassen. BERLIN, 26. Seplember (DANA) tÄt besonderem Nachdruck hat General Eisenhower dieJEntschlossenheit betont, allen nationalsozialistischen Eiafluß an leitenden Stellen in der amerikanischen Zone auszuschalten. In einem Brief an die lefehlshaber der Militärbezirke sagt er ausdrücklich, daß diese Säuberung selbU dort zu erfolgen habe, wo sich Schwierigkeiten od 1 »'.Unzulänglichkeiten ergeben. Oneralleutnant Lucius D. Clay, der Stellvertreter Eisenhowers, fügte hinzu, daß sich in der amerika- nisiert Zone 60—70 000 Parteigenossen in Haft be- finien. Ihre Zahl werde wahrscheinlich auf 100 000 st^en. Man erwäge ernstlich, die ganze Partei als boitau unter Anklage zu stellen, was zur Folge hätte, jäaijjSdes Parteimitglied angeklagt würde. Unterernährten vornehmen sollte, eine Ampulle mit der Aufschrift „Glukose" geöffnet und Benzin darin ge- funden. Es fiel mir am Geruch auf. Als wir es anwen- deten, erkannten wir, daß es Benzin war." „Wie kamen Sie überhaupt darauf", fragte der Staats- anwalt, „die Ampulle zu untersuchen?" „Ich hatte in Auschwitz von den Praktiken der SS gehört und wollte sicher gehen, bevor ich die Ein- spritzungen machte." LONDON, 26. September (Reuter) In Japan vollzieht sich die Besetzung durch die Alli- ierten ohne Zwischenfälle; Reuters Sonderkorrespondent in Tokio, Jack Smyth, berichtet, daß Kaiser Hirohito morgen den, präzedenzlosen Schritt unternehmen und General MacArthur einen Besuch abstatten wird. Der japanische Kaiser wird vom Oberstkommandieren- den in seinem Hause und nicht in seinem Hauptquartier empfangen werden. Nach Informationen von Kreisen, die dem kaiserlich japanischen Haushalt nahestehen, wird es sich um einen reinen Höflichkeitsbesuch handeln. Der Korrespondent erklärt, der Besuch deute an, daß der Kaiser dem japanischen Volk eindringlich zum Be- wußtsein bringen will, daß er die Annahme der bedin- gungslosen Kapitulation ganz aufrichtig meine. Anderer- seits deuten japanische Kreise an, daß der Besuch im Zusammenhang stehe mit den anhaltenden Gerüchten, wonach der Kaiser abzudanken gedenke. Der französische Ernährungsminister Pineau gab eine Erklärung über die Ernährungslage Frankreichs ab. Er kündigte dabei einige Aufbesserungen in der Versorgung der Bevölkerung an. Die Brotrationierung soll am 1. No- vember aufgehoben werden, das Brot enthält 5 Prozent Soja-Mehl. Zucker- und Käsezuteilungen bleiben unver- ändert) es besteht Aussicht, für Paris mehr Fische zu beschaffen. Die Lebensmittelrationen im großen und ganzen sind aber noch unzureichend. Bedrohlich ist vor allem die Kartoffelknappheit, eine Folge der Dürre in vielen Teilen des Landes; es werden aber trotzdem keine Kartoffeln aus der französischen Besetzungszone in Deutschland nach Frankreich geschickt. In Holland werden im Laufe der ,woche alle alten Banknoten eingezogen und gegen neue eingetauscht. Sämtliche Bank- und Sparkonten sind gesperrt. Als „Taschengeld" wird den Holländern in dieser Woche ein Vorschuß von 10 Gulden ausgezahlt. Diese Maßnahme verfolgt drei Ziele: Sie soll die Gewir.ne des Schwarz- handels aufspüren, der Inflation vorbeugen und bei der Preis- und Lohnkontrolle helfen. Petkow, einer der leitenden Politiker der bulgarischen Opposition, erklärte, die Opposition werde an deri Wahlen nicht teilnehmen, wenn ihre Forderung unerfüllt bliebe, daß ein Nichtkommunist das Innenministerium übernehme. Das Haus des Bauernführers in Sofia ist zum Hauptquartier der Opposition geworden. Petkow behauptet, dokumentarische Beweise zu besitzen, daß die Opposition in der Provinz unter schwerem Terror stehe. FRANKFURT a. M., 26. September (DANA) General Eisenhower gab heute in einer Proklamation an das deutsche Volk in der amerikanischen Be- setzungszone die Bildung von drei Staaten, Großhessen, Württemberg-Baden und Bayern, innerhalb der amerikanischen Zone bekannt. Jeder der Staaten wird eine Staatsregierung erhalten. Gleichzeitig wurden die Befugnisse der Staatsregierungen umrissen. des Kontrollrates für Deutschland oder der Militär- regierung oder der hierdurch gebildeten Staaten oder eines anderen zuständigen Organs aufgehoben oder außer Kraft gesetzt worden ist. Artikel III. Jeder der hierdurch gebildeten Staaten hat unter Vor- behalt der übergeordneten Machtbefugnis der Militär- regierung volle gesetzgebende, richterliche und voll- ziehende Gewalt, soweit deren Ausübung nicht mit früher und zukünftig getroffenen Maßnahmen des Kon- trollrates für Deutschland oder einer von diesem er- richteten zentralen deutschen Behörde im Widerspruch steht. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Schaffung de- mokratischer Einrichtungen möglich sein wird, genügt es für die Gültigkeit staatlicher Gesetzgebung, daß sie von dem Ministerpräsidenten genehmigt und verkündet wird. Artikel IV. Die Befugnis zur Gesetzgebung und zur Ausübung anderer Regierungsgewalten durch Regierungspräsiden- ten, Landräte, Bürgermeister und andere Beamte ört- licher Verwaltung wird in dem folgenden Umfange an- erkannt. Diese Befugnisse stehen den vorgenannten Be- amten nach Maßgabe des deutschen Rechts zu, wie es zur Zeit der Besetzung in Kraft war und wie es zu ge- gebener Zeit durch den Kontrollrat für Deutschland oder durch die Militärregierung oder mit deren Genehmigung abgeändert worden ist oder abgeändert wird. Außerdem haben sie die Befugnisse, die notwendig oder angemessen sind, um die Aufgaben, deren Erledigung ihnen von der Militärregierung übertragen wird, zu erfüllen. Dwight D. Eisenhower General o f the A.rmv U"?',. Oberste* "btfieirisnabei' der ameiikamsciien Sireicicräfte* in Europa 26. September 1945. WASHINGTON, 26. September (Reuter) Der stellvertretende Staatssekretär Dean Acheson er- klärte heute, niemand könne erwarten, daß ein befriedi- gendes Abkommen zwischen den Regierungen der Ver- einigten Staaten und dem Spanien General Francos er- reicht werden könne. Acheson enthüllte den Inhalt eines Briefes, den Präsi- dent Roosevelt im vergangenen März dem amerika- nischen Botschafter in Spanien Norman Armour über- geben hatte. In dem Brief heißt es u. a.: „Da dem gegenwärtigen Regime in Spanien vom faschistischen Italien und Nazi- deutschland zur Macht geholfen wurde, und nachdem es sich auf totalitären Linien entwickelte, ist es natürlich, daß eine große Zahl amerikanischer Bürger ihm miß- trauen, die eine Fortführung der Beziehungen mit einem solchen Regime als schwierig ansehen." „Wir vergessen sicherlich nicht Spaniens offizielle Stellung zu unseren Achsenfeinden und seine Unter- stützung dieser Feinde zu einer Zeit, als das Kriegsglück uns weniger günstig war. Ferner können wir die Tätig- keit, Ziele und öffentlichen Aeußerungen der Falange sowohl in der Vergangenheit wie in der Gegenwart nicht außer acht lassen." BERLIN, 26. September (SNB) In den fünf östlichsten Provinzen Deutschlands sind die Vorbereitungsarbeiten für die neue Zuckerproduktion aus der Ernte 1945 beendet. Im laufenden Jahre werden die Zuckerfabriken bedeutende Mengen erzeugen. Die Fabriken aller fünf Provinzen werden zusammen hunderttausende Tonnen Zucker herstellen, wovon ein bedeutender Teil für die Bevölkerung bestimmt ist. Die größte Zeitzer Zuckerfabrik stößt im Oktober bereits 3900 Zentner Zucker täglich ab, und die Zuckerraffinerie in Halle erzeugt 160 Tonnen Raffinade täglich. ROTE ARMEE ENTLÄSST DIE FRAUEN LONDON, 26. September (BBC) Die Rote Armee wird alle Frauen entlassen, mit Aus- nahme von denen, die Sonderkenntnisse besitzen und freiwillig in der Armee bleiben wpllen. Die nächsten zehn Altersgruppen der Armee, die nicht Offiziersrang besitzen, werden noch vor Jahresende demobilisiert. HAMBURG, 26. September (APS) Gerhard Stock, Deutschlands Olympiasieger im Speer- werfen, wurde von der Militärregierung wegen seiner politischen Vergangenheit mit Startverbot belegt. WASHINGTON, 26. September (DANA) Der Arbeitsminister Lewis Schwellenbach befürwortete eine Erhöhung des für die gesamten Vereinigten Staaten einheitlich festgesetzten Mindestlohnes, um die Wirt- schaft des Landes unter Aufrechterhaltung der natio- nalen Kaufkraft zu stärken. Er erklärte, daß er einen garantierten Mindeststunden- lohn von 6,50 Mark vorschlage. Gegenwärtig beträgt det Mindeststundenlohn vier Mark. MOSKAU Der russische Fallschirmspringer Major Vasily Romanyuk stellte einen neuen Weltrekord auf. Major Romanyuk sprang aus einer Höhe von 12 800 m ab; der Fallschirm war so eingerichtet, daß er sich erst 800 m über dem Boden automatisch öffnete. Der Major sauste also 12 km mit geschlossenem Fallschirm durch die Luft. NEW YORK Der Fahrstuhlführerstreik in New York droht auf die großen Wohnhäuser überzugreifen. Die Bewohner der oberen Stockwerke von Wolkenkratzern sind aufgefor- dert worden, sich für den Notfall mit Lebensmitteln einzudecken. Das gesamte Wirtschaftsleben New Yorks ist lahmgelegt und 1% Millionen Angestellte können ihrer Arbeit nicht nachgehen. Die Post kann nicht zu- gestellt werden, und in den großen Lagerhäusern häufen sich die Waren auf. Auf den ersten Pariser Modenschauen seit Kriegs- ende ist der zur Jahrhundertwende viel getragene schwarze Jett zu sehen. Er wird in Form von Knöpfen, Stickereien und Halsketten getragen. Die verantwortlichen Stellen der alliierten Besetzungs- behörden in Wien rechnen damit, daß es sieben bis zehn Jahre dauern wird, um die 21000 kriegsbeschädigten Häuser Wiens wiederherzustellen. Der Kriegsschaden beläuft sich auf ungefähr 500 Millionen Dollar. In der ganzen Stadt sind Arbeiten im Gange, um die öffent- lichen Werke wieder in Betrieb zu setzen. Amerikanische Maschinen, wie Straßenräumungsmaschinen, Kräne und Lastwagen werden dazu benutzt. Mit dem Wiederaufbau desPraters, der bekannten Vergnügungsstätte, wurde eben- falls begonnen. Es wurde in Aussicht gestellt, ein Thea- ter mit 15 000 bis 20 000 Sitzen zu errichten, dessen ver- schiebbares Dach es gestatten wird, das Theater in Sommer als Freilichtbühne zu benutzen. BERLIN Die Berliner werden aufgefordert, sich an der Auf- findung eines kleinen Mädchens zu beteiligen, das am 22. Juli 1945 seiner Mutter im Kinderwagen vor der Kartenstelle 7 in der Köpenicker Straße gestohlen wurde. Die Pilsener Brauerei hat Dienstag zum erstenmal seit Kriegsende Bier hergestellt. Die erste Kiste ging an Marschall Stalin. HAMBURG r "~~ C Renate Ewald, ein zweijähriges Hamburger Mädchen,/ das Ende August von einer unbekannten Frau entführt/ worden war, ist wieder da. In Recklinghausen wurde das/ Kind an der Hand eines jungen Mädchens entdeckt. So- fortige Rückfragen in Hamburg bestätigten die Identität des Kindes, dessen Eltern jetzt schon auf dem Wege nach Recklinghausen sind. Das Motiv der Entführung scheint wirtschaftlicher Art zu sein, LÜNEBURG, 26.September (APS) fünfundzwanzigjährige Medizinstudentin Helene Hankrmerz, die in bunter polnische! Nationaltracht zwemar der SS aus Polen nach Ungarn entwischt und zwijnal von den Ungarn ausgeliefert wurde, bis sie im.if.7er Auschwitz Jändete, enthüllte am achten Tage dfco*-'scn-Prozesses dem Gerichtshof grauenhafte Ge- heÄi.-- aus dem Hospital. ,ph .selbst", belichtete sie, „habe in Belsen, sis ich r.jl, XJJ«SJ3 eines britischen Arztes Einspritzungen an Die Proklamation hat folgenden Wortlaut: Militärregierung Deutschland, amerikanische Zone. Proklamation Nr. 2 An das deutsche Volk in der amerikanischen Zone. Ich, General Dwight D. Eisenhower, Oberster Befehls- haber der amerikanischen Streitkräfte in Europa, erlasse hiermit folgende Proklamation: Artikel I. Innerhalb der amerikanischen Besetzungszone werden hiermit Verwaltungsgebiete gebildet, die von jetzt ab als Staaten bezeichnet werden. Jeder Staat wird eine Staatsregierung haben, die folgenden Staaten werden gebildet: Großhessen: umfaßt Kurhessen und Nassau (ausschließ- lich der zugehörigen Enklaven und der Kreise Ober- westerwald, Unterwesterwald, Unterlahn und Sankt Goarshausen) und Hessen-Starkenburg, Oberhessen und den östlich des Rheines gelegenen Teil von Rheinhessen. Württemberg-Baden: umfaßt die Kreise Aalen, Back- nang, Böblingen, Crailsheim, Eßlingen, Gemünd, Göppin- gen, Hall, Heidenheim, Heilbronn, Künzelsau, Leonberg, Ludwigsburg, Mergentheim, Nürtihgen; nördlich der Autobahn Oehringen, Stuttgart, Ulm, Vaihingen, Waib- lingen, den Landkommissarbezirk Mannheim und die Kreise Bruchsal, Karlsruhe Stadt uni Land und Pforzheim Stadt und Land. > Bayern: umfaßt ganz Bayern, wie 1 . 6M933 bestand, aus- schließlich des Kreises Lindau. 1 Artikel II. , Soweit das deutsche Recht, dajrS zur Zeit der Be- setzung in Kraft war, nicht durchf die Militärr^jjerung oder den Kontrollrat für Deutschland aufgehoben zeit- weilig außer Kraft gesetzt oder abgeändert worden ist, bleibt es in jedem Staatsgebiet e der amerikanischen Be- setzungszone anwendbar, bis e/ö durch neue Gesetzgebung AUGSBURG Einen originellen Einfall zur Erziehung der ehemaligen Hitler-Jugend führt die amerikanische 71 Infanterie- Division in Augsburg durch. Jeden Morgen lehrt sie 350 deutsche Knaben zwischen 9 und 15 Jahren die Kunst des Base-Balls. FRANKREICH HOLLAND BULGARIEN PARIS WIEN PILSEN NR.l / 1. JAHRGANG BERLIN, DONNERSTAG, 27. SEPTEMBER 1945 PREIS 20 PFENNIG ERNSTE DISKUSSION AUF DEM WELTGEWERKSCHAFTSKONGRESS INTERNATIONALE OHNE POLITIK HITLERS PLAN „SEELÖWE" DREI ARMEEN SOLLTEN ENGLAND EROBERN NSDAP UNTER ANKLAGE? BENZIN STATT GLUKOSE HIROHITO AMTSMÜDE SPIEGEL DES ERDBALLS SPANIENS FALSCHE POLITIK ZUCKER AUS DER NEUEN ERNTE STARTVERBOT FÜR STOCK 6,50 MARK STUNDENLOHN JENSEITS DER SCHLAGZEILEN DREI SÜDDEUTSCHE STAATEN DREI STAATEN IN DER AMERIKANISCHEN ZON^ PROKLAMATION EISENHOWERS

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PARIS, 26. September (Reuter)Sir Waljer Citrine, der Führer der britischen Delegation auf dem Weltgewerkschaftskongreß, drohte

heute die britischen Gewerkschaften von der geplanten Weltgewerkschaftsföderation zurückzuziehen.nK~-4.nnahme der neuen Satzungen durch die britischen Gewerkschaften hängt von einem befriedi-

gend^ Ausgang der Verhandlungen mit der Internationalen Föderation der Gewerkschaften und dem• InterJMionalen Handelssekretariat ab", erklärte er. „Wir im britischen Gewerkschaftsrat können nicht

durch eine Abstimmung mit Mehrheiten zur Annahme gezwungen werden; eine neue starke Inter-nationale muß aufgebaut werden. Der britische Gewerkschaftsrat hat nicht die Absicht, die Mitgliederder alten internationalen Gewerkschaftsföderation und des internationalen Sekretariats, die beide bereitsind, sich auf Grund angemessener Bedingungen aufzulösen, im Stich zu lassen." Die kommende Uniondürfe sich nur aus Gewerkschaften zusammensetzen, die den Grundsätzen von Treu und Glauben folgen.Es sei seltsam, daß in Zentral- und Osteuropa nach allen Verwüstungen und Kriegsereignissen die Ge-werkschaften sich wie ein Phönix aus der Asche erhoben hätten, mit Hunderttausenden von Mitgliedern, •während vorher ihre Mitgliederzahl nur Hunderte betrug. Die Internationale dürfe nicht in das Fahr-wasser der Politik geraten. Wenn sie das täte, werde sie umkommen, weil dadurch Spaltungen entstehenmüßten.

BERLIN, 26. September (APS)Die Pläne für die Invasion Englands, die im Herbst 1940 stattfinden sollte, sind jetzt in Berlin auf-

gefunden worden. 22 Divisionen sollten nach diesen Plänen bei den ersten Landungen eingesetzt, wer-den, weitere 17 Divisionen in Reserve gehalten werden. Außerdem waren größere Luftlande-Operajlonenvorgesehen.

Für den ersten Angriff wurden die 16. und die 9. Armee, die damals die Heeresgruppe A bildeten,bereitgehalten. Eine der Armeen sollte sich in Ostende, Dünkirchen, Calais, Boulogne und der Somme-Mündung einschiffen und an der Küste von Kent zwischen Margate und Hastings landen. Die andere solltevon Dieppe, Le Havre und Caen aus eingesetzt werden und Landungen zwischen Brighton und Ports-mouth versuchen.

Luftlandetruppen sollten nördlich der Romnes-Sümpfe zwischen Folkestone und Hastings abgesetztw-PfirlW~ NSSek 'ifi^/dfWd^mT .̂'j.tlerlJepres.grJinpa.A sollten VerKan.de der Heeresgr.yppeJVdfe '̂iMLgröJ?terj..„Tei?. aus der 6. Armee bestanden, von Cherbourg aus weitere Landungen in England westlidl Boufne-moiith in der Bucht von Weymouth unternehmen.

lier Plan sah vor, daß die britischen und kanadischen Abwehrkräfte in Süd - England zuerst nie>r-geMmpft werden sollten. London sollte zunächst abgeschnitten werden. Der Angriff sollte fächerförmigvorgetragen werden und zur Besetzung der wichtigsten Industriestädte in Mittel-England führen.

l|)as geheime Stichwort für die Invasion lautete: „Seelöwe".

AUFTEILUNGDER DEUTSCHEN FLOTTE

WASHINGTON, 26. September (Reuter)Präsident Truman enthüllte heute, daß die deutsche

Flotte in drei Teile aufgeteilt werden soll. Einen Teilwird England, einen Rußland und den dritten die Ver-einigten Staaten erhalten. Diese Entscheidung wurde aufder Berliner Konferenz getroffen. Ueber die japanischeFlotte ist noch nicht entschieden.

LONDONER KONFERENZVOR DEM ENDE

LONDON, 26. September (Reuter)Die Außenminister traten am Mittwochmorc, zur

23. Sitzung des Rates zusammen. Sie werden ihre Be-ratungen noch einige Tage fortsetzen, sie aber wahr-scheinlich gegen Ende der Woche einstellen, ganzgleich, ob ein grundsätzliches Uebereinkommen erreichtwurde oder nicht. Die Konferenz kann nicht zu einemErfolg führen, wenn über die Friedensverträge mit denBalkan-Staaten keine Einigung erzielt wird.

Es liegen glaubwürdige Berichte vor, daß die Außen-minister zu einer zweiten Sitzung im November undDezember zusammentreten werden, es scheint aber, daßnoch keine endgültige Entscheidung darüber getroffen ist.

Der russische Außenkommissar erklärte anläßlicheines Empfangs der Englischen Gesellschaft für kul-turelle Beziehungen mit der Sowjetunion: „Die Haupt-aufgabe des Rates der Außenminister ist, den Sieg derWaffen in einen dauernden Frieden tu verwandeln.Diese Aufgabe kann jedoch nur erfüllt werden, wennwir den demokratischen Kräften in unserem und an-deren. Ländern die denkbar größte Hilf« zuteil werdenlassen.

BERLIN, 26. Seplember (DANA)tÄt besonderem Nachdruck hat General Eisenhower

dieJEntschlossenheit betont, allen nationalsozialistischenEiafluß an leitenden Stellen in der amerikanischen Zoneauszuschalten. In einem Brief an die lefehlshaber derMilitärbezirke sagt er ausdrücklich, daß diese SäuberungselbU dort zu erfolgen habe, wo sich Schwierigkeitenod1 »'.Unzulänglichkeiten ergeben.

Oneralleutnant Lucius D. Clay, der StellvertreterEisenhowers, fügte hinzu, daß sich in der amerika-nisiert Zone 60—70 000 Parteigenossen in Haft be-finien. Ihre Zahl werde wahrscheinlich auf 100 000st^en. Man erwäge ernstlich, die ganze Partei alsboitau unter Anklage zu stellen, was zur Folge hätte,jäaijjSdes Parteimitglied angeklagt würde.

Unterernährten vornehmen sollte, eine Ampulle mit derAufschrift „Glukose" geöffnet und Benzin darin ge-funden. Es fiel mir am Geruch auf. Als wir es anwen-deten, erkannten wir, daß es Benzin war."

„Wie kamen Sie überhaupt darauf", fragte der Staats-anwalt, „die Ampulle zu untersuchen?"

„Ich hatte in Auschwitz von den Praktiken der SSgehört und wollte sicher gehen, bevor ich die Ein-spritzungen machte."

LONDON, 26. September (Reuter)In Japan vollzieht sich die Besetzung durch die Alli-

ierten ohne Zwischenfälle; Reuters Sonderkorrespondentin Tokio, Jack Smyth, berichtet, daß Kaiser Hirohitomorgen den, präzedenzlosen Schritt unternehmen undGeneral MacArthur einen Besuch abstatten wird.

Der japanische Kaiser wird vom Oberstkommandieren-den in seinem Hause und nicht in seinem Hauptquartierempfangen werden. Nach Informationen von Kreisen, diedem kaiserlich japanischen Haushalt nahestehen, wird essich um einen reinen Höflichkeitsbesuch handeln.

Der Korrespondent erklärt, der Besuch deute an, daßder Kaiser dem japanischen Volk eindringlich zum Be-wußtsein bringen will, daß er die Annahme der bedin-gungslosen Kapitulation ganz aufrichtig meine. Anderer-seits deuten japanische Kreise an, daß der Besuch imZusammenhang stehe mit den anhaltenden Gerüchten,wonach der Kaiser abzudanken gedenke.

Der französische Ernährungsminister Pineau gab eineErklärung über die Ernährungslage Frankreichs ab. Erkündigte dabei einige Aufbesserungen in der Versorgungder Bevölkerung an. Die Brotrationierung soll am 1. No-vember aufgehoben werden, das Brot enthält 5 ProzentSoja-Mehl. Zucker- und Käsezuteilungen bleiben unver-ändert) es besteht Aussicht, für Paris mehr Fische zubeschaffen. Die Lebensmittelrationen im großen undganzen sind aber noch unzureichend. Bedrohlich ist vorallem die Kartoffelknappheit, eine Folge der Dürre invielen Teilen des Landes; es werden aber trotzdem keineKartoffeln aus der französischen Besetzungszone inDeutschland nach Frankreich geschickt.

In Holland werden im Laufe der ,woche alle altenBanknoten eingezogen und gegen neue eingetauscht.Sämtliche Bank- und Sparkonten sind gesperrt. Als„Taschengeld" wird den Holländern in dieser Woche einVorschuß von 10 Gulden ausgezahlt. Diese Maßnahmeverfolgt drei Ziele: Sie soll die Gewir.ne des Schwarz-handels aufspüren, der Inflation vorbeugen und bei derPreis- und Lohnkontrolle helfen.

Petkow, einer der leitenden Politiker der bulgarischenOpposition, erklärte, die Opposition werde an deriWahlen nicht teilnehmen, wenn ihre Forderung unerfülltbliebe, daß ein Nichtkommunist das Innenministeriumübernehme. Das Haus des Bauernführers in Sofia istzum Hauptquartier der Opposition geworden. Petkowbehauptet, dokumentarische Beweise zu besitzen, daßdie Opposition in der Provinz unter schwerem Terrorstehe.

FRANKFURT a. M., 26. September (DANA)General Eisenhower gab heute in einer Proklamation an das deutsche Volk in der amerikanischen Be-

setzungszone die Bildung von drei Staaten, Großhessen, Württemberg-Baden und Bayern, innerhalb deramerikanischen Zone bekannt. Jeder der Staaten wird eine Staatsregierung erhalten. Gleichzeitig wurdendie Befugnisse der Staatsregierungen umrissen.

des Kontrollrates für Deutschland oder der Militär-regierung oder der hierdurch gebildeten Staaten odereines anderen zuständigen Organs aufgehoben oder außerKraft gesetzt worden ist.

Artikel III.Jeder der hierdurch gebildeten Staaten hat unter Vor-

behalt der übergeordneten Machtbefugnis der Militär-regierung volle gesetzgebende, richterliche und voll-ziehende Gewalt, soweit deren Ausübung nicht mitfrüher und zukünftig getroffenen Maßnahmen des Kon-trollrates für Deutschland oder einer von diesem er-richteten zentralen deutschen Behörde im Widerspruchsteht. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Schaffung de-mokratischer Einrichtungen möglich sein wird, genügt esfür die Gültigkeit staatlicher Gesetzgebung, daß sie vondem Ministerpräsidenten genehmigt und verkündet wird.

Artikel IV.Die Befugnis zur Gesetzgebung und zur Ausübung

anderer Regierungsgewalten durch Regierungspräsiden-ten, Landräte, Bürgermeister und andere Beamte ört-licher Verwaltung wird in dem folgenden Umfange an-erkannt. Diese Befugnisse stehen den vorgenannten Be-amten nach Maßgabe des deutschen Rechts zu, wie eszur Zeit der Besetzung in Kraft war und wie es zu ge-gebener Zeit durch den Kontrollrat für Deutschland oderdurch die Militärregierung oder mit deren Genehmigungabgeändert worden ist oder abgeändert wird. Außerdemhaben sie die Befugnisse, die notwendig oder angemessensind, um die Aufgaben, deren Erledigung ihnen von derMilitärregierung übertragen wird, zu erfüllen.

Dwight D. EisenhowerGeneral of the A.rmv U"?',.

Oberste* "btfieirisnabei' der ameiikamsciien Sireicicräfte*in Europa

26. September 1945.

WASHINGTON, 26. September (Reuter)Der stellvertretende Staatssekretär Dean Acheson er-

klärte heute, niemand könne erwarten, daß ein befriedi-gendes Abkommen zwischen den Regierungen der Ver-einigten Staaten und dem Spanien General Francos er-reicht werden könne.

Acheson enthüllte den Inhalt eines Briefes, den Präsi-dent Roosevelt im vergangenen März dem amerika-nischen Botschafter in Spanien Norman Armour über-geben hatte.

In dem Brief heißt es u. a.: „Da dem gegenwärtigenRegime in Spanien vom faschistischen Italien und Nazi-deutschland zur Macht geholfen wurde, und nachdem essich auf totalitären Linien entwickelte, ist es natürlich,daß eine große Zahl amerikanischer Bürger ihm miß-trauen, die eine Fortführung der Beziehungen mit einemsolchen Regime als schwierig ansehen."

„Wir vergessen sicherlich nicht Spaniens offizielleStellung zu unseren Achsenfeinden und seine Unter-stützung dieser Feinde zu einer Zeit, als das Kriegsglückuns weniger günstig war. Ferner können wir die Tätig-keit, Ziele und öffentlichen Aeußerungen der Falangesowohl in der Vergangenheit wie in der Gegenwart nichtaußer acht lassen."

BERLIN, 26. September (SNB)In den fünf östlichsten Provinzen Deutschlands sind die

Vorbereitungsarbeiten für die neue Zuckerproduktionaus der Ernte 1945 beendet. Im laufenden Jahre werdendie Zuckerfabriken bedeutende Mengen erzeugen. DieFabriken aller fünf Provinzen werden zusammen

hunderttausende Tonnen Zucker herstellen, wovon einbedeutender Teil für die Bevölkerung bestimmt ist. Diegrößte Zeitzer Zuckerfabrik stößt im Oktober bereits3900 Zentner Zucker täglich ab, und die Zuckerraffineriein Halle erzeugt 160 Tonnen Raffinade täglich.

ROTE ARMEEENTLÄSST DIE FRAUEN

LONDON, 26. September (BBC)Die Rote Armee wird alle Frauen entlassen, mit Aus-

nahme von denen, die Sonderkenntnisse besitzen undfreiwillig in der Armee bleiben wpllen. Die nächstenzehn Altersgruppen der Armee, die nicht Offiziersrangbesitzen, werden noch vor Jahresende demobilisiert.

HAMBURG, 26. September (APS)Gerhard Stock, Deutschlands Olympiasieger im Speer-

werfen, wurde von der Militärregierung wegen seinerpolitischen Vergangenheit mit Startverbot belegt.

WASHINGTON, 26. September (DANA)Der Arbeitsminister Lewis Schwellenbach befürwortete

eine Erhöhung des für die gesamten Vereinigten Staateneinheitlich festgesetzten Mindestlohnes, um die Wirt-schaft des Landes unter Aufrechterhaltung der natio-nalen Kaufkraft zu stärken.

Er erklärte, daß er einen garantierten Mindeststunden-lohn von 6,50 Mark vorschlage. Gegenwärtig beträgt detMindeststundenlohn vier Mark.

MOSKAUDer russische Fallschirmspringer Major Vasily

Romanyuk stellte einen neuen Weltrekord auf. MajorRomanyuk sprang aus einer Höhe von 12 800 m ab; derFallschirm war so eingerichtet, daß er sich erst 800 müber dem Boden automatisch öffnete. Der Major saustealso 12 km mit geschlossenem Fallschirm durch die Luft.

NEW YORKDer Fahrstuhlführerstreik in New York droht auf die

großen Wohnhäuser überzugreifen. Die Bewohner deroberen Stockwerke von Wolkenkratzern sind aufgefor-dert worden, sich für den Notfall mit Lebensmittelneinzudecken. Das gesamte Wirtschaftsleben New Yorksist lahmgelegt und 1% Millionen Angestellte könnenihrer Arbeit nicht nachgehen. Die Post kann nicht zu-gestellt werden, und in den großen Lagerhäusern häufensich die Waren auf.

Auf den ersten Pariser Modenschauen seit Kriegs-ende ist der zur Jahrhundertwende viel getrageneschwarze Jett zu sehen. Er wird in Form von Knöpfen,Stickereien und Halsketten getragen.

Die verantwortlichen Stellen der alliierten Besetzungs-behörden in Wien rechnen damit, daß es sieben bis zehnJahre dauern wird, um die 21000 kriegsbeschädigtenHäuser Wiens wiederherzustellen. Der Kriegsschadenbeläuft sich auf ungefähr 500 Millionen Dollar. In derganzen Stadt sind Arbeiten im Gange, um die öffent-lichen Werke wieder in Betrieb zu setzen. AmerikanischeMaschinen, wie Straßenräumungsmaschinen, Kräne und

Lastwagen werden dazu benutzt. Mit dem WiederaufbaudesPraters, der bekannten Vergnügungsstätte, wurde eben-falls begonnen. Es wurde in Aussicht gestellt, ein Thea-ter mit 15 000 bis 20 000 Sitzen zu errichten, dessen ver-schiebbares Dach es gestatten wird, das Theater inSommer als Freilichtbühne zu benutzen.

BERLINDie Berliner werden aufgefordert, sich an der Auf-

findung eines kleinen Mädchens zu beteiligen, das am22. Juli 1945 seiner Mutter im Kinderwagen vor derKartenstelle 7 in der Köpenicker Straße gestohlen wurde.

Die Pilsener Brauerei hat Dienstag zum erstenmal seitKriegsende Bier hergestellt. Die erste Kiste ging anMarschall Stalin.

HAMBURG r "~~ C

Renate Ewald, ein zweijähriges Hamburger Mädchen,/das Ende August von einer unbekannten Frau entführt/worden war, ist wieder da. In Recklinghausen wurde das/Kind an der Hand eines jungen Mädchens entdeckt. So-fortige Rückfragen in Hamburg bestätigten die Identitätdes Kindes, dessen Eltern jetzt schon auf dem Wegenach Recklinghausen sind. Das Motiv der Entführungscheint wirtschaftlicher Art zu sein,

LÜNEBURG, 26.September (APS)fünfundzwanzigjährige Medizinstudentin Helene

Hankrmerz, die in bunter polnische! Nationaltrachtzwemar der SS aus Polen nach Ungarn entwischt undzwijnal von den Ungarn ausgeliefert wurde, bis sieim.if.7er Auschwitz Jändete, enthüllte am achten Tagedfco*-'scn-Prozesses dem Gerichtshof grauenhafte Ge-heÄi . - - aus dem Hospital.

,ph .selbst", belichtete sie, „habe in Belsen, sis ichr.jl, XJJ«SJ3 eines britischen Arztes Einspritzungen an

Die Proklamation hat folgenden Wortlaut:Militärregierung Deutschland, amerikanische Zone.

Proklamation Nr. 2An das deutsche Volk in der amerikanischen Zone.

Ich, General Dwight D. Eisenhower, Oberster Befehls-haber der amerikanischen Streitkräfte in Europa, erlassehiermit folgende Proklamation:

Artikel I.Innerhalb der amerikanischen Besetzungszone werden

hiermit Verwaltungsgebiete gebildet, die von jetzt abals Staaten bezeichnet werden. Jeder Staat wird eineStaatsregierung haben, die folgenden Staaten werdengebildet:

Großhessen: umfaßt Kurhessen und Nassau (ausschließ-lich der zugehörigen Enklaven und der Kreise Ober-westerwald, Unterwesterwald, Unterlahn und SanktGoarshausen) und Hessen-Starkenburg, Oberhessen undden östlich des Rheines gelegenen Teil von Rheinhessen.

Württemberg-Baden: umfaßt die Kreise Aalen, Back-nang, Böblingen, Crailsheim, Eßlingen, Gemünd, Göppin-gen, Hall, Heidenheim, Heilbronn, Künzelsau, Leonberg,Ludwigsburg, Mergentheim, Nürtihgen; nördlich derAutobahn Oehringen, Stuttgart, Ulm, Vaihingen, Waib-lingen, den Landkommissarbezirk Mannheim und dieKreise Bruchsal, Karlsruhe Stadt uni Land und PforzheimStadt und Land. >

Bayern: umfaßt ganz Bayern, wie1. 6M933 bestand, aus-schließlich des Kreises Lindau. 1

Artikel II. ,Soweit das deutsche Recht, dajrS zur Zeit der Be-

setzung in Kraft war, nicht durchf die Militärr^jjerungoder den Kontrollrat für Deutschland aufgehoben zeit-weilig außer Kraft gesetzt oder abgeändert worden ist,bleibt es in jedem Staatsgebiet e der amerikanischen Be-setzungszone anwendbar, bis e/ö durch neue Gesetzgebung

AUGSBURGEinen originellen Einfall zur Erziehung der ehemaligen

Hitler-Jugend führt die amerikanische 71 Infanterie-Division in Augsburg durch. Jeden Morgen lehrt sie350 deutsche Knaben zwischen 9 und 15 Jahren dieKunst des Base-Balls.

FRANKREICH

HOLLAND

BULGARIEN

PARIS

WIEN

PILSEN

NR.l / 1. JAHRGANG BERLIN, DONNERSTAG, 27. SEPTEMBER 1945 PREIS 20 PFENNIG

ERNSTE DISKUSSION AUF DEM WELTGEWERKSCHAFTSKONGRESS

INTERNATIONALE OHNE POLITIK

HITLERS PLAN „SEELÖWE"DREI ARMEEN SOLLTEN ENGLAND EROBERN

NSDAP UNTER ANKLAGE?

BENZIN STATT GLUKOSE

HIROHITO AMTSMÜDE

SPIEGEL DES ERDBALLS

SPANIENS FALSCHE POLITIK

ZUCKER AUS DER NEUEN ERNTE

STARTVERBOT FÜR STOCK

6,50 MARK STUNDENLOHN

JENSEITS DER SCHLAGZEILEN

DREI SÜDDEUTSCHE STAATEN

DREI STAATEN IN DER AMERIKANISCHEN ZON^

PROKLAMATION EISENHOWERS

Page 2: DREI SÜDDEUTSCHE STAATEN - tagesspiegel.de · PARIS, 26. September (Reuter) Sir Waljer Citrine, der Führer der britischen Delegation auf dem Weltgewerkschaftskongreß, drohte heute

ALS PAKT DER BANKEROTTEURE dürfte sich unter derLupe des Geschichtsforschers der „Dreimächtepakt" aus-nehmen, dessen Gedenktag in unserer heutigen Nummergewürdigt wird. Die Politik der Illusionen, die ihm zu-grundelag, ist einem mit gesundem Menschenverstandwenig begabten Volke wie dem deutschen freilich höchstangemessen gewesen, aber leider haben auch andereVölker in den letzten zwölf Jahren dazu geneigt. Unterden Illusionen, die den Verlauf der Weltgeschichte indiesem Zeitraum mitbestimmt haben, spielt die Illusionder ursprünglich Neutralen keine geringe Rolle. Niemandhat sie besser gekennzeichnet als Churchill — durch denVergleich mit dem hypnotisierten Kaninchen, das furcht-sam auf das gefräßige Krokodil starrt. Der Hypnotiseurbediente sich der „Nichtangriffspakte". Mit dem Augen-blick der Unterzeichnung war der zu Hypnotisierende inSicherheit gewiegt, schlummerte er ein; die Tinte warnoch nicht trocken, als er sich schon überfallen sah.Trotzdem blieb jeder einzelne entschlossen, sich zu nichtszu entschließen, außer zu der Hoffnung, ein paar Wochenlänger leben zu dürfen als der schon verspeiste Nachbar,weil das Krokodil für den Moment gesättigt schien. Ein-mal aber mißglückten alle Hitlerschen Manöver. EndeSeptember 1939, nach dem zunächst erfolgreichen Ueber-fall auf Polen, als er versuchte, den Pakt mit Rußlandfür seine aus Bitte und Drohung gemischte Politikgegenüber den Westmächten auszuschlachten, scheiterteer an der Klugheit und Wachsamkeit Molotows: einhistorischer Vorgang, damals noch wenig durchschaut.

DAS SYSTEM DER OBLEUTE in Haus und Straße wirdnicht aus dem Mittelpunkte der Berliner Diskussionenschwinden, solange es nicht selbst verschwindet. DerMagistrat der Stadt ist der Meinung, daß es beibehaltenwerden müsse, die Bevölkerung ist größtenteils andererAnsicht. Unter diesen Umständen darf der Magistratdas von ihm ausgearbeitete neue Statut für die „Organi-sation" der Obleute, das er der interalliierten Kom-mandantur zur Genehmigung vorlegen will, auf alleerdenkliche Weise begründen, außer auf die eine,daß dadurch die Teilnahme der Bürgerschaft an denVerwaltungsaufgaben gewährleistet werden solle. Nie-mals kann und darf aus Gründen der Wahrhaftigkeitund einer reinlichen Scheidung der Begriffe auch nurdie leiseste Anleihe bei dem Ausdruck „Demokratie"gemacht werden, wenn es sich um nichts anderes handeltals darum, der Bürgerschaft ein System zu oktroyieren,ohne sich darum zu kümmern, wieviele es ablehnen. Aufgar keinen Fall dürfte, wie es von beflissener Seite ge-schehen ist, in diesem Zusammenhang das Wort „Bürger-wahl" fallen, das uns als Ausdruck demokratischenWillens und demokratischer Gesinnung dafür zu ehr-würdig ist. Es bleibt, von dem eigentlichen Für undWider ganz abgesehen, immer mißlich, wenn eineamtliche Stelle, die selbst sehnsüchtig auf demokra-tische Bestätigung und demokratische Kontrolle wartet,darauf besteht, einer Einrichtung amtlichen Charakterzu geben, die schon in ihrer Idee umstritten ist, praktischüber die ihr zugedachten Grenzen vielfach hinausreichtund sich nun obendrein, obwohl undemokratisch legiti-miert, auf die Erziehung zur Demokratie berufen soll.

W. K. 27. September 1940, fünf Jahre ist es her: ausder „Achse Berlin—Rom" wird das Dreieck „Berlin-Rom—Tokio". In Ribbentrops Diplomatensprache „vonglobalem Ausmaß" wird der Abschluß eines Dreimächte-paktes zwischen Deutschland, Italien und Japan ve--

Weitung des Krieges zu verhindern. Ein Defensivbünd-nis also? Aber es liegt ja schon die Drohung an dieVereinigten Staaten von Amerika darin: wehe euch,wenn ihr euch nicht so verhaltet, wie wir es wünschen.Die Federn, die den Pakt unterzeichneten, unterzeich-neten schon zugleich den Befehl an die Bomber, die ausheiterem Himmel Pearl Harbour treffen sollten.

Vier Jahre darauf, am 27. September 1944: amerika-nische und englische Truppen stehen an der deutschenWestgrenze. Nijmwegen, Arnheim, Aachen, Metz,Nancy — seit Tagen die Brennpunkte jener neuen Front,die das deutsche Heer nach der Niederlage am Atlantik-wall und der Aufgabe ganz Frankreichs zu stabilisierenversucht. Der willkommene Anlaß, das düstere Bildetwas aufzuhellen, ist der vierte Jahrestag des Drei-mächtepaktes. Ribbentrop, sein japanischer KollegeShigemitsu und der nach seiner „Befreiung" zur Stroh-puppe gewordene Mussolini feiern ihn durch Radio-ansprachen. Es fällt ihnen zwar sichtlich schwer, opti-

* mistisch zu sein, man kann die ernsten Rückschläge, diedrohenden Gefahren aus Ost und West, den AbfallFinnlands, Rumäniens und Bulgariens schlecht über-gehen — doch dann läuft die alte Walze ab vom Willenzum Endsieg, vom Durchhalten und der Initiative, dieman wieder an sich reißen werde. Nur — man glaubtnicht mehr daran.

Vier Jahre vorher hatte man allerdings den Siegschon in den Händen geglaubt. Der Irrtum warfür Verblendete noch nicht sichtbar. Der Westfeldzugwar entschieden) das Frankreich Petain-Lavals hattedurch den Waffenstillstand Hitler den Rücken für dieInvasion Englands freigemacht; seit Wochen tobte dieSchlacht um England; nach den Berichten des Ober-kommandos der Wehrmacht zu urteilen, war die Landungauf der Insel nur noch eine Frage von Tagen; Italienhatte seinen Kriegseintritt zu einem Ueberraschungs-vorstoß bis vor Kairo ausgenutzt, in der Ferne tauchtedie vage Möglichkeit eines Durchbruches nach Indienauf, und Amerika würde viel zu spät kommen.

Das war die Atmosphäre, in der das Abkommen derdrei Mächte zustandekam. Gewiß: auch die Gegenseiteunterschätzte nicht die ungeheuere Größe der ihr drohen-den Gefahren. Doch war in jenen Septembertagen dieSchlacht um England nicht schon verloren? Bewiesennicht die schweren Verluste der deutschen Luftwaffe,daß der Invasionsplan zum Scheitern verurteilt war?Versteifte sich nicht der englische Widerstand in Afrika?Steigerten sich nicht von Woche zu Woche die Mate-riallieferungen Amerikas? Alles Faktoren, die eineverantwortungsvolle Außenpolitik nicht übersehendurfte.

Keine der angeblichen Voraussetzungen hatte derWirklichkeit entsprochen. Der deutsche Invasionsplanwar aufgegeben, die deutschen Heere standen blockiertvor Leningrad und Moskau, die Schlacht in Afrika tobtehin und her, als sich der Abschluß des Paktes daserste Mal jährte. Um Japan rascher in den Krieg zuhetzen, und natürlich auch um die Neutralen, besondersdie Türkei, abzuschrecken, ließ Hitler durch den Munddes „Pressechefs" Dietrich verkünden, daß Rußland ent-scheidend geschlagen sei. Er selbst verstieg sich zu derberühmten Formel, daß dieser Gegner „bereits ge-brochen" sei und „sich nie wieder erheben" werde.Wieder einmal trug primitive Prahlerei den Sieg davon:Japan glaubte, nunmehr den Sprung nach Pearl Harbour

\ wagen zu können, und Hitler sprang endgültig in den\Abgrund, indem er drei Tage später Amerika den Kriegerklärte. In Berlin wie in Tokio glaubte man, Amerikalkönne nicht auf beiden Kriegsschauplätzen zugleich ge-nügend Menschen und Material einsetzen; und im stillenm&g man in der Wilhelmstraße darauf spekuliert haben,Amerika werde sich in erster Linie im Fernen Ostenengagieren, während die Männer um den Tenno sicheinredeten, zuerst werde Amerika sich auf Hitlerstürzen und unterdessen könne Japan billige Beutemactien. Die Entwicklung des Krieges ließ die Hasar-deure beide zu betrogenen Betrügern werden. Das mili-tärische Zusammenspiel zwischen Stalin, Roosevelt undChurchill war so fein ausbalanciert, daß zur entschei-

denden Stunde, am entscheidenden Orte immer dasentscheidende Uebergewicht an Menschen und Materialvorhanden war.

In den kommenden Jahren mußte der Dreimächtepaktdazu herhalten, das gefährlich absinkende Stimmungs-barometer künstlich nach oben zu treiben. 1942 — trotzSewastopol, trotz Kaukasus: den an Blitzsiege gewöhntenDeutschen dauerte der Krieg mit diesem angeblich be-reits ein Jahr vorher gebrochenen Gegner zu lange, undRommel schien mit den Engländern in Afrika auch nichtfertig zu werden, trotz Tobruk. 1943 — Stalingrad, El Ala-mein, Tunis, Sizilien, der Sprung auf die Apenninhalb-insel, Mussolinis Sturz, und im Fernen Osten Stillstandder japanischen Offensive. Der von Goebbels als „Flucht-general" verlachte MacArthur hatte sein strategischdurchdachtes Hüpfen von Insel zu Insel begonnen.

Immerhin: zu dieser Zelt konnte man In der Propagandanoch vom „ewig wechselnden Kriegsglück" sprechen,noch standen die Deutschen tief in den überfallenenLändern, noch waren Amerikaner und Engländer weitvom japanischen Mutterland entfernt, noch schien einguter Ausgang oder wenigstens ein annehmbares Kom-promiß im Bereich der Möglichkeiten zu liegen. Unddeshalb warf die Propaganda an jedem seiner Geburts-tage den Pakt in die Waagschale der Stimmungsbildung.„Das Volk hat wieder eine Spritze gekriegt". Doch nochim September 1944 in das gleiche Hörn zu stoßen, ihrenVölkern am Rande des Abgrunds das gleiche Gaukelspielwie in jedem Jahre vorzuspielen, dazu gehörte eine insPathologische gesteigerte Gewissenlosigkeit und Ver-logenheit, zwei Eigenschaften, die von jeher Merkmaleder Außenpolitik Hitlers und seiner Helfer waren.

Der gerade hinter uns liegende Weltkrieg hat beisprunghafter Industrialisierung von Ländern, die bishernur die Agrarwirtschaft kannten, die Tendenz zu be-stimmten wirtschaftspolitischen Zielen nach innen undaußen verstärkt. In den Jahren des Ueberganges vomKrieg zum Frieden liegen aber in der Regel den Staatendie Probleme der inneren Wirtschaftspolitik näher alsdie der äußeren. Die Wiedereinführung der demobilisier-ten Soldaten in die Wirtschaft, die Umstellung vonder Kriegs- zur Friedensproduktion, die Erneuerung derverschlissenen industriellen Apparatur, das Suchen näfchsoliden Wertmaßstäben und die damit zusammenhängen-den betriebswirtschaftlichen und sozialen Fragen undvieles andere dazu beschäftigen alle Länder. Die Maß-nahmen liegen auf verschiedenen Ebenen, wenn sie heuteauch weitgehend unter dem Generalnenner einer un-bedingten Vermeidung längerer Arbeitslosigkeit erfol-gen. In diesem Sinne gehören die Notstandspläne einervöllig zerstörten Stadt zur Wirtschaftspolitik in ihrenletzten Ausläufern.

tfie da und dort anzutreffende Resignation ist begreif-lich, uad doch muß diesen Regungen bei allem Verständ-nis für die unmittelbare Not Einhalt geboten werden.Sie scheinen oft auf eine falsche Einschätzung zurück-zugehen. An normalen Maßen gemessen, ist das bisherErreichte natürlich lächerliches Stückwerk und über-haupt nicht diskutabel. Wer aber darüber lächelt —und das tun allzuviele —, beweist nur, daß ihm dierichtigen Maßstäbe abhanden gekommen sind. Anderer-seits darf man auch nichts aufbauschen, und die deut-schen Stellen, die es, um ihre Tüchtigkeit zu glorifizieren,manchmal tun, sind selbst schuld," wenn ihnen mitSkepsis und Ironie begegnet wird. Es kommt auf dasrichtige Verhältnis an. Was unter anderen Umständenein Nichts wäre, ist jetzt viel, denn wenn man von einerNull ausgehen muß, bedeutet fünf schon eine hohe Zahl,während fünf natürlich eine Nichtigkeit ist, wenn manan fünfhundert denkt, und das ist heute unberechtigt, jasogar hinsichtlich der Gesinnung bedenklich. Obwohlnoch wenig sichtbar, sind jedoch die Kräfte der Er-neuerung stärker und drängender, als sie der Berlinerhinter den Staubwolken seiner Trümmerstätten vermutet.

Es gibt außer dem verlorenen Maßstab noch eine An-zahl von Zusammenhingen, die wir entweder vergessenhaben oder derer »ra gweite in der stickigen Luft einerlangjährigen a'^oritäri ia Wirtschaftsführung überhauptnie richtig erf"^t worden war. Sie weisen in eine, wennauch nicht /on vornl lerein glückliche, so doch völligneuartige Zukunft, UI1(J die Frage einer konstruktivenWirtschaftspolitik ist -mit all diesen Entwicklungen engverkiü'fk Die Technologie — es wird nützlich sein, die-sen Begriff in Deutschland einzubürgern — hat, durchden Material- und Maschu-ienkrieg außerordentlich geför-dert, derartige Fortschritte gemacht, daß alle Länder amBeginn eines tiefgreifenden ^Umbaues ihrer ganzen wirt-schaftlichen und sozialen Struktur stehen. Dabei wirdwenig Rücksicht auf Tradition, aber au<ri wemif Berayauf betriebswirtschaftliche KalkuiU-aoa (Abschreibungenusw.) genommen. Die technischen Erfindungen, die jetztan Stelle früherer Zufälligkeiten mit der Systematikwissenschaftlicher Laboratorien in einer wachsendenF.ülle und Vielseitigkeit gemacht werden, kümmern sichnicht um Gewesenes. Sie gehen ohne Rücksicht auf wirt-schaftliche, lediglich da und dort noch durch soziale Er-wägungen gehemmte Faktoren zur Tagesordnung über,und sie können; wie jetzt die amerikanische Atomloko-motive zeigt, in kürzester Zeit zu einer revolutionärenUmwälzung der gesamten industriellen und verkehrstech-nichten Apparatur großer Wirtschaftskörper führen. Die

Beherrschung der Naturkräfte wird also immer wirksamerund ausgedehnter, die Reibungsverluste des Fortschrittesnehmen ständig wachsende Dimensionen an. „Inventionis a great disturber" — Erfindungen sind große Stören-friede, so hat einmal ein amerikanischer Industriellerprägnant die ganze Problematik des modernen tech-nischen Fortschrittes gekennzeichnet. ,

Das ökonomische Prinzip im alten Sinne, als Ausdruckdes Strebens nach einem vernünftigen Verhältnis zwi-schen Aufwand und Erfolg, wird jetzt von einer dunklenWolke überschattet, wo es um die Erkenntnis geht, daßdie Erfindungen sowohl dem Fortschritt als auch der Zer-störung dienen, und daß sie mehr und mehr geeignetsind, mit gewalttätiger Plötzlichkeit hinfällig zu machen,was im Sinne einer ordentlichen Wirtschaftsführung nochauf Jahre oder Jahrzehnte hinaus brauchbar und rentabelgewesen wäre. Dadurch wird das betriebliche Lebentrotz zukunftsträchtiger und auf lange Sicht als Erleich-terung der menschlichen Arbeit zu wertenden Neuerun-gen mit einer geradezu abenteuerlichen Unsicherheit er-füllt, wenn nicht das hinter jeder kaufmännischen Kal-kulation drohende Zusatzrisiko auf breite Schultern ver-teilt wird. Unter dieser Perspektive wird künftig dieWirtschaftspolitik jede- große Erfindung betrachtenmüssen.

Wenn wir diese Entwicklungen hier jetzt schon an-deuten, bevor wir in Deutschland aus der tiefsten Notheraus sind, so werden wir von der Ueberzeugung ge-leitet, daß sich durch die beginnende Umgestaltung derTechnik und der Märkte die Voraussetzungen für eineschnellere Ueberwindung des Krieges in mancher Hin-sicht bessern können, obgleich auch die negativen Seitennicht zu übersehen sind. Auch für Deutschland wirdder Zeitpunkt kommen, in welchem die Nutzanwendungdes technologischen Fortschrittes die Schäden des Krie-ges schneller überwinden läßt, als wir heute unter demEindruck der unmittelbaren Kriegsfolgen glauben mögen.Die Ausschaltung aus der Gruppe großer Industrieländermit beherrschenden Schlüsselindustrien bedeutet gewißnicht den Verzicht auf den Fortschritt der Technik. Esverbleibt Deutschland im weiten Bereich der Konsum-güterindustrien und nicht zuletzt in der Agrarwirtschaftein bedeutender Spielraum für die technischen Fähig-keiten eines in langer Tradition ausgebildeten Arbeiter-und Ingenieurstammes. So ist es nicht, daß die uns auf-erlegte technische Beschränkung den Tod des technischenDenkens bedeutet, und daß wir von der Erörterung derwirklich entscheidenden menschlich-technischen Zusam-menhänge ,-usgeschlossen bleiben. Jetzt, da unsere Tech-niker der Ve-pfiicht'.mg in wehr- und rüstungswirtschaft-licher RichM na ledig geworden sind, wird es uns viel-leicht gegcWr* sein, in UVÜ Reservaten, die inan üS3für die Verwirklichung technischer Krä.fte und Ideen zu-gestandet hat, wieder einmal Dinge zu sagen, die An-spruch auf Allgecioingültigkeit erheben können, wobeiwiV- uns daran erinnern dürfen, daß manche technischenGroßgebiete ihre entscheidenden Fortschritte der reinenDenkarbeit hinter dem Schreibtisch verdanken. Mit derAussicht auf neuartige und reizvolle Aufgaben aber ge-winnt auch wieder der Wirtschaftsoptimismus, dieserschon halbvergessene Begriff, neues und fruchtbaresLeben, und manches, was heute so kompliziert und fastausweglo* erscheint, mag bald als weniger drückendund weniger problematisch empfunden werden. Wersich um den Zugang zu den wirklich gestaltenden Kräf-ten der Zeit bemüht, für den kann es keinerlei Zweifeldarüber geben, daß auch Deutschland auf weitere Sichtder Segen einer gesteigerten technischen und wirtschaft-lichen Dynamik nicht versagt bleiben wird.

THEATER AUS VORZEIT, ZEITUND EWIGKEIT

Vor siebzehn Jahren war „Die Dreigroschenoper' amSchiffbauerdamm ein frech-heiterer Vorstoß gegen diesatte Bürgerlichkeit. Heute scheint es, als horche imHebbel-Theater Karl Heinz Martin tastend und zögerndins Publikum, besorgt um das Echo. Der zwiespältigeEindruck rührt nicht allein von der Unzulänglichkeiteiniger Hauptfiguren her. Dieser Macheath Hubert vonMeyerincks ist kein Mann, der die Frauen umreißt, mitPastoren höfliche und mit Polizeichefs höllische Redenführt. Daß seine Damen ihn zweimal verraten, nahmenwir ihnen damals recht übel, wenn wir es auch ver-standen, bei diesem hier verstehen wir es doppelt undverzeihen es ihnen dreifach. Läßt Brecht durch denBettlerkönig Peachum hintergründige Weisheiten ver-künden, so werden diese bei Josef Sieber zu höchstvordergründigen Späßchen. Von der lieblichen Verderbt-heit Polly Peachums bleibt Reva Holseys puppenhafteLeblosigkeit weit entfernt, und Leibelts Polizeichef„Tiger-Brown" ist nur gemütlich. Tiger sollen auchhöchst ungemütlich sein.

Doch daß auch von Kate Kühls großartiger, aufgedon-nert-schlampiger Frau Peachum, von Erich Fiedlers scharfpointiertem Bettler Filch, von Helga Zülchs Spelunken-jenny der Funke trotz Beifalls auf offener Szenenicht überspringt, hat andere Gründe. Die Bekenntnissezu Brechts moralischen Thesen (man sollte nicht so„moralisch" sein, zu übersehen, daß „Erst kommt dasFressen, dann kommt die Moral" auch eine Moral ist,so anfechtbar, aber auch so vertretbar wie viele an-dere) — diese Bekenntnisse klingen wie leere Posaunen-stöße, es fehlt der letzte Bekennermut, der nicht nachlinks und rechts schaut, sondern dahin zielt, wohin ertreffen will: in die Trägheit der Herzen und Hirne.

Zielt und trifft hierher in Max Reinhardts DeutschemTheater Julius Hays „Gerichtstag", der sich anspruchs-voll „Eine deutsche Tragödie" nennt? Leider nein.Julius Hay macht es sich allzu leicht mit unsererdeutschen Tragödie. Er verlegt nicht nur das tragischeGeschehen, über das „Gerichtstag" gehalten werdensoll, in die Vergangenheit und hinter die Bühne, so daßauf ihr nur die Reflexe ausgespielt werden, er verein-facht auch die vieldeutige, gefährliche, verführerischschillernde Kompliziertheit des deutschen Wesens, in-dem er es auf die vergröbernde Formel: „Vorne Hiob,hinten Attila" bringt, was, so bestechend es klingenmag, auch nicht mehr als ein Schlagwort ist. Wäredie Partei nur so eiskalt und berechnend wie dieserSA-Führer, die Industrie nur so ölig-glatt und zynischwie dieser Repräsentant Avenarius, der politischeGschaftlhuber nur so gesinnungslos und wendig wie die-ser ehemalige SPD-Polizeipräsident Heßler, der Revolu-tionär von 1918 nur deshalb so zwiespältig in Rede

und Tat, weil auch er einem falschen deutschen Na-tionalstolz verfallen ist wie dieser einstige Arbeiter-führer Bolzmann, wären diese junge Menschen nur soeinfach durch ein Gegenerlebnis aus dem Irrtum zulösen gewesen wie der Flieger Melchior — die Farcedes Nationalsozialismus hätte sich nicht zu dieser bluti-gen Tragödie ausgewachsen. Um volles Licht in siezu bringen, bedarf es mehr als einer geschickten Dia-lektik, die zwar zuweilen zupackt, aber auch gleichwieder loslassen muß, weil sie der Oberfläche verhaftetbleibt und sich in der Konstruktion verliert.

Beide Grundschwächen des Stückes, die konstruie-rende Vereinfachung der Motive des deutschen Han-delns und die Flucht vor dem dramatischen Geschehenin die Reflexion darüber, bestimmten auch die Schwä-chen der von dem Intendanten Gustav von Wangenheiminszenierten Aufführung. Eine seltsame Starrheit lag überden Schauspielern, die sich bei Max Eckardts durchdas Erlebnis Stalingrad aufsässig gewordenem Flieger-offizier und Ruth Schillings Medizinerin bis zur Ver-krampfung steigerte. Aribert Wäscher spielte seinenAvenarius, wie er alle seine Rollen anlegt: Kabinett-stücke der Projektion des eigenen Wesens auf dasWesen der Figur, so daß dieses zugedeckt wird undjenes triumphiert. Walter Richter hätte der Feuerkopf,der er einst gewesen, mehr gelegen als der alte Bolz-mann, dessen Wesen schon 1918 den ersten Brucherhielt und der schließlich ganz zerbricht. Zog Paul Bildtsgeschäftig-überlegene Selbstironie erst an, so mußteauch seine Figur allmählich verblassen, weil statt er-füllter Worte Thesen und Proklamationen verkündetwurden. Fast bis zum Schluß hielt allein Heinrich Greifseiskalter, in seine verbrecherischen Hirngespinste ver-rannter SA-Führer, durch. Im Schuldgeständnis zu denFüßen des Vaters, In der Anklage gegen sich und derDrohung gegen die Welt mit einem dritten Kriege fehltedie erschütternde Größe. Hier windet sich nur noch einärmlich aufgeblasener Mensch, kein harmlos tuendes,gefährliches Untier. Doch woher nehmen, wenn die inder Fläche angesiedelten Worte nicht mehr geben kön-nen? Zeittheater — ?

Ewiges Zeittheater ist Lessings: „Nathan der Weise".Um so verblüffender, daß Fritz Wisten im gleichenDeutschen Theater ihn ganz in die Atmosphäre einesorientalischen Märchenspieles taucht. So schenkt erzwar dem untheatralischen Stück die Elemente desTheatralischen, doch verliert dabei das Hohe Lied vonder Humanität seine geistige Größe, bleibt Spiel imSpiel. Ebenso wie die Erinnerung an die tragischeVergangenheit Nathans den Zuschauer wie ein unvor-bereiteter Keulenschlag trifft. Das Licht war zu hell,zu heiter. Es halte gedämpfter sein müssen, zwielichü-

\ger, nm der Tragik (auch wenn sie sich am Seizum Guten wendet), um der Idee des Stückes geu^uizu werden. Paul Wegeners ganz von innen hirausheiter-weiser Nathan fand in der Recha der Jebeidig-frischen Agathe Poschmann, in der Daja Gerda Müiers,die der verschmitzten Geschwätzigkeit einer durch dasWissen von Rechas Herkunft hochnotpeinlich Gesag-ten mit den Mitteln ihrer mehr intellektuellen Schau-spielkunst Gestalt gibt, in dem Derwisch des spielreu-digen, aber leicht karikierenden Alfred Balthoff, indemeinfältig-klugen Klosterbruder des wunderbar gereiftenund beseelten Eduard von Winterstein seine ent-sprechenden Gegenspieler. Kai Möllers Sultan JundIngeborg Senkpiels Sittah fehlte jede Nüancierunj inSprache und Geste, und der Tempelherr Max Eckärdtsgeriet nicht über einen sympathischen Trotzkopf jhin-aus; von den Skrupeln über seine Liebe zu einer Judinließ er fühlen. Auch als Patriarch war Aribert Wäscherwieder der großartige Aribert Wäscher, der' mit seinemIch die Gestalt erdrückt.

Drei Abende, die vom Willen zu einem lebendigen,an die Zeit und die ewigen Fragen gebundenen Theaterzeugen. Daß es diesen Willen überhaupt vyieder gibt— dafür sollte man, trotz allem, dankbar sein,

, ~ WALTHER KARSCH

ENTLASSUNG AUS AMERIKANISCHER GEFANGEN-SCHAFT. Die amerikanischen -Besetzungsbehörden inDeutschland geben bekannt: Bisher wurden 4 400 000deutsche Soldaten aus der amerikanischen Kriegs-gefangenschaft entlassen, das sind etwa 75 Prozent leerdeutschen Soldaten in amerikanischer Kriegsgefangen-schaft. Etwa 1700 000 werden nicht freigelassen^-Wdzwar Angehörige des ehemaligen deutschen Arbeits-dienstes, die für Wiederaufbauarbeiten gebrauch wer-den, deutsche Wehrmachtangehörige nicht d<, »scherStaatsangehörigkeit, die auf Rückführung in ihre rfeimat-länder warten, Kriegsverbrecher und andere aus Sicher-heitsgründen verdächtige Personen, hohe deutsche Offi-ziere und Mitglieder des deutschen Generalstabes undferner deutsche Soldaten, die in der russischen oderfranzösischen Besetzungszone beheimatet sind.

KRIEGSGEFANGENE FÜR DEN POLIZEIDIENST. Deramerikanische Rundfunksprecher Charles Mitchellsprach im Sender New York über die Ausbildung deut-scher Kriegsgefangener für den Polizeidienst. Danachwerden Kriegsgefangene in Amerika unter der Leitungder amerikanischen Armee ausgebildet, damit sie beider Verwaltung und in der Polizei in Deutschland mit-arbeiten können. Die Schule befindet sich in den Ka-sernen der amerikanischen Küsten-Artillerie auf derInsel Jamestown an der Ostküste der Vereinigten Staa-ten. Hier lernt eine Gruppe von ausgewählten Deut-schen, Gegnern des Nationalsozialismus, die Grundsätzeeiner Regierung, die das Volk vertritt; sie lernen demo-kratische Verwaltungspraxis, damit sie der Militär-regierung helfen können. Sie studieren amerikanischeund deutsche Geschichte, die englische Sprache und dieMethoden der Militärregierung. Sie sehen, wie dieDemokratie im Rahmen der amerikanischen Armeefunktioniert und in den freundschaftlichen Beziehungenzwischen Soldat und Offizier. Diese Gefangenen helfenauch bei der Entwicklung der künftigen Erziehungs-methoden in Deutschland, denn sie bekommen eineProbe von amerikanischen Lehrmethoden und machenihre eigenen Vorschläge. Eine Gruppe dieser Gefangenengibt eine Zeitung heraus, die in allen Gefangenenlagernin Amerika verteilt wird. Die Zeitung heißt „Der Ruf".Mitchell der sie cjele-en hat, sagt, sie ist aus-gezeichnet. Durch diese Zeitung wissen die deutschen

Kriegsgcfa^gcrsn ::: Arüsrii;*, vrss iü „er Vv'eu vornan.Es gibt eine D.skussionsecke, Fragen werden beant-wortet und wissenschaftliche Entwicklungen erklärtGroße Werke amerikanischer Schriftsteller werden über-setzt und erscheinen in Fortsetzungen. Natürlich qibf es

- -ndnnn e rT r t r^ e l ^ l " P r ° g r a m m d e r K^weJlfen!ndungen der „Stimme Amerikas", denn dieger haben Empfangsapparate.

NEW YORK TIMESGegen die Wünsche der amerikanischen Soldaten nach

rascher Heimkehr wendet sich die „New York Times",weil daraus die Gefahr entstehen könnte, daß dieVereinigten Staaten den Frieden verlieren. Da Amerikalest entschlossen sei, einen neuerlichen Krieg zu ver-meiden, sei es auch entschlossen, die Fehler zuvermeiden, die nach dem ersten Weltkrieg dazu bei-getragen haben, den zweiten Weltkrieg heraufzube-schwören. Aber in einem Punkte, dem wichtigsten,scheine es im Begriff zu sein, den Fehler zu wiederholender mehr als jeder andere Irrtum den eben beendetenp " e 2 heraufbeschworen habe: überall höre man denrf, ifvuf} UnSere S o l d a t e n n ach Hause". Es sei abert l l ? MS £ r a ? duenten u n d d e s Kongresses, für aus-reichenden Nachschub und für ein angemessenes dauern-des yerteidigungssyetem zu sorgen, das allen Ansprüchengenüge. Die Vereinigten Staaten hätte neue Pflichten

sich genommen, außerdem" habe sich das Gleich-gewicht der Kräfte in der Welt geändert, und Amerikahabe geholfen, diese Aenderung herbeizuführen. EineSchwächung der Besetzungstruppen wäre zum Nachteiliur Ziele und das Ansehen des Landes. Nur seine Feindewürden das willkommen heißen.

TÄGLICHE RUNDSCHAU, BERLINAus einem Interview mit dem Präsidenten der Zentral-

verwaltung der deutschen Industrie in der sowjetischenBesetzungszone, Skrypscinski: „Aus den Trümmern dernazistischen Welterobererpolitik' soll ein normales

' wirtschaftliches Leben entstehen. Für diese Aufgabegibt es kein Beispiel. Die Entfaltung der Initiative jedeseinzelnen, ohne zentrale Lenkung, war in den Monatennach dem Zusammenbruch erste Notwendigkeit. Sie kennsich aber wegen des noch unzulänglichen Transport-wesens und Nachrichtenverkehrs, wegen der fehlendenKoordination und aller anderen zahlreichen Hemmun-w " j n U [ o r t l i c h o d e r begrenzt regional auswirken. DieWiederherstellung normaler wirtschaftlicher Produktions-verhältnisse bedingt jedoch eine systematische Planungund Lenkung der Produktion, der Rohstoffe und Halb-fabrikate, von Hilfsstoffen, Werkzeugen sowie der lot-wendigen Kohle und Energie. Der gesteuerte produk-tive Einsatz de: Arbeitskraft der werktätigen Bevöke-rung ist weiterhin eine der wichtigsten Grundlagen. FürRohstoffe, die in der sowjetischen Besetzungszone nchtoder nur ungenügend vorhanden sind, für Ersatzteile zurInstandhaltung von Anlagen und Maschinen und. denallgemeinen Reparaturbedarf wird ein Bezug HÜB derwestlichen Zone so schnell wie nur irgend möglich, aot-wemhg sein. Die Erfassung dieses .Importbedarfes' fürunsere Zone steht vor dem Abschluß." ]

AUGSBURGER ZEITUNG 1In einem Artikel über Zusammenarbeit mit d e n W

setzungsmachtea schreibt der Historiker Prof. Dr. Fned-nch Meinecke: „Nicht eine besondere Zuneigung, Vonbe,den Seiten her, sondern nur Vernunft und1 viel Re-

da9ßnadP°™ "rT? S ^ t e kÖnnen eS z u s t a n d e b ™ S ,daß der vom Gift des Nazismus freigebliebene Teil desS t % Yh°lkeS- m" ^ S i63ern 9edejWich z u s a m twirkt. Ist aber eine solche Zusammenarbeit mit, einigemfcrfolg erst begonnen, so kann es a u c h \ u einem bese-ren gegenseitigen Verstehen kommen, und der'frübreFeind wird dann entdecken, daß wir im stillen länstgewußt haben, daß die Zahl der i^utschen, die die «ölfJahre des Dritten Reiches mit innerem Protest durch ibthaben, viel größer ist, als er bisher angenommen bt,'*

^ S E R EiKÄft^GEFANGENEN

DER TAGESSPIEGEE SeiteDonnerstag, 27. September 1945

KLEINER TAGESSPIEGEL

AUCH EIN JAHRESTAG

DAS RICHTIGE MASSAN EINER WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHEN WENDE / VON ROBERT ARZET

WELTSTIMMEN

Page 3: DREI SÜDDEUTSCHE STAATEN - tagesspiegel.de · PARIS, 26. September (Reuter) Sir Waljer Citrine, der Führer der britischen Delegation auf dem Weltgewerkschaftskongreß, drohte heute

rg. Nahezu die Hälfte des einst voreilig gepriesenenzwanzigsten Jahrhunderts liegt hinter tins. Was immerdie andere Hälfte bringen mag, wird Folge dessen sein,was zwischen 1914 und heute geschah. Die für die ganzeWelt entscheidende Frage lautet, ob der Beitrag desdeutschen Volkes zur zweiten Jahrhunderthälfte ebensorühmlich sein wird, wie sein Anteil an der Gestaltungder ersten unrühmlich war.

Diese Zeilen würden nicht geschrieben, wenn wir dasGefühl hätten, unser Volk werde nach allem, was vor-gefallen ist, der Größe dieser Entscheidung zuletzt dochwieder nicht gewachsen sein. Zwar ist der Ausdruck„Volk der Dichter und Denker" niemals, auch nicht demUrsprung nach, so gerechtfertigt gewesen, wie Ruhm-redigkeit und Selbstgefälligkeit ihn anzuwenden be-liebten. Als er zum ersten Male bei Musäus in der Vor-rede zu seiner Sammlung deutscher Volksmärchen auf-tauchte, stand er dort in einem ganz besonderen Zu-sammenhang und in einer nicht unwesentlich abweichen-den Form. Denn der Satz „Was wäre das enthusiastischeVolk unserer Denker, Dichter, Schweber, Seher ohnedie glücklichen Einflüsse der Phantasie?" bezieht sich jagar nicht auf das deutsche Volk insgesamt, sondern aufein Vblk im Volke, nämlich auf die geistigen Gruppen,die mehr oder weniger aus dem Rahmen fallen. IndemMusäus die „Schweber" neben die Denker stellte, streifteer unbewußt das Gefahrdrohende. Abseits der glück-lichen Einflüsse übt die Phantasie auch unglückliche.Carl Ludwig Schleich, der große Arzt, nannte Irrtum,Einbildung, Lüge und Wahrheit Kinder derselben MutterPhantasie. Darin liegen bei uns Deutschen die gefähr-lichen inneren Elemente.

Trotzdem hat es immer ein den jeweils herrschendenMächten entgegengesetztes, weltoffenes Deutschland ge-geben, hellhörig, geistbeflissen und besonders befähigtzur Aufnahme, Zusammenfassung und Gipfelung aüerAnregungen fremder Kulturen. Dieses Deutschland hatder Welt eine Unzahl von Talenten und einige Geniesschenken können, es ist jedoch mit dem Einbruch des

"naturwissenschaftlichen Zeitalters mehr und mehr ver-lorengegangen oder unsichtbar geworden. Gewiß verliefschon seit den Tagen des ersten „Furor teutonicus" diekriegerische Linie neben der geistigen. Jetzt aber wurde

• der verhängnisvolle Bruch im Charakter enthüllt, näm-lich der bedenkenlos materialistische Grundzug bei alleridealistisch schwärmenden Sehnsucht. Von diesemAugenblick an war das Geistige dem Kriegerischenuntergeordnet und damit das deutsche Schicksal tür einJahrhundert entschieden.

Außer unserem Lande ist kein Land der zivilisiertenWelt, in dem die naturwissenschaftlich-technische Ent-wicklung so schnell und penetrant in eine Veräußerlichungdes gesamten öffentlichen Lebens eingemündet wäre.Darunter litten die menschlichen Qualitäten ebenso wiedie geistigen Fähigkeiten. Welch ein Abstand zwar vonBismarck, dem gebildeten Realpolitiker, zu Hitler, demeingebildeten Dummkopf — und doch welch bezeich-nende Gleichheit in Nährboden, Natur und Zielsetzung!Von der Gewalttätigkeit zur Bestialität, von der diplo-matischen Intrige zu unverschleiertem Lug und Trug,vom miles gloriosus zum Bramarbas ist, wenn die letztenSchranken der Sittlichkeit und der christlich-religiösenBindung einmal gefallen sind, eben nur ein Schritt, derim Zeitmaß der Geschichte gerade vierzig Jahre be-nötigte.

Da stehen wir nun — oder richtigen wir liegen amBoden. Nach dem „totalen Krieg" der totale Zusammen-bruch: ein Naturgesetz. Es ist menschlich, wenn wir dasNaturgesetz als Katastrophe empfinden, aber es ist nichtpolitisch. Die Katastrophe wurde mittlerweile fast biszumUeberdruß beschrieben: Worte reichen ohnehin nichtras für das, was jeder von uns tagtäglich am Leibeer'ahrt und noch erfahren wird. Aber das Naturgesetz-lfche diöses Zustanäes dringt 'jeJÜBT'taiyeiivigenii msBewußtsein, weil außer der Kraff auch der Wille zurEinsicht im letzten Jahrzehnt geschwunden ist. Zuvielist auf uns eingestürmt, als daß wir der Abstumpfunghätten entgehen können. Eine wirkliche, individuell be-glaubigte Jahrhundertwende ist ein großes Erlebnis.Wenn man dagegen alle paar Monate oder gar Wochenden Eindruck hat, es sei ein Pauschaljahrhundert ver-flossen, so übersteigt diese untriftige Gewaltsamkeit,diese verwaschene Ungeheuerlichkeit jedes Fassungs-vermögen. Hundert Jahre zwischen Kriegsschluß undheute; hundert Jahre zwischen Hitlers Erfolgen undHitlers Niederlage; hundert Jahre zwischen 1933 und1939; hundert Jahre zwischen Hitlers Anfang und Wei-mars Ende; und so fort, bis auf diese groteske Weisedoch noch Hitlers „Tausendjähriges Reich" zustande-kommt.

Wenn nun aber unser Volk Hunger und Elend inwahrer Schafsgeduld über sich ergehen ließ, um HitlersKrieg zu ermöglichen und „durchzuhalten", dann solltees heute zu seiner Gewissensentlastung gestehen: jetzthaben wir etwas, um das zu hungern sich lohnt. Zumersten Male in unserer Geschichte ist reiner Tisch ge-macht worden. Zum ersten Male in der Weltgeschichtesind die Hauptschuldigen an einem Kriege und an derGesinnung, die ihn entfesselte, ausnahmlos gefaßtworden, um vor einem weithin und'-noch auf spätere.Geschlechter eindrucksvoll wirkenden Gerichtshof zustehen. Zum ersten Male endlich berühren sich auf deut-schem Boden die Völker aus West und Ost in der er-klärten Absicht der Versöhnung und des Friedens.

Auch 1918 war ein Krieg verloren, doch fanden sichzu viele Gelegenheiten, es zu leugnen. Das Land warunzerstött. Die Inflation machte einer ScheinkonjunkturPlatz, Europa wies noch reiche, den Handelsverkehr för-dernde Länder auf. Geschlagene Generale brüsteten sichals „im Felde Unbesiegte", bloß weil man versäumthatte, sie zu verhaften. Wo nicht die Pensionsgelder derRepublik, versetzten die Finanzen der Schwerindustriesie in die Lage, ihre Dolchstoßlegende zu erdichten undantisemitische Vereinigungen zu gründen, um gegen dieneue Verfassung zu wühlen. Alle nationalistischen Zei-tungen erschienen weiter, als sei nichts geschehen, neueschlüpften reptilhaft aus einem einzigen faulen Ei deTmilitaristisch - chauvinistischen Reaktion. Satanischlockend nahe lag der Schluß: „Es läßt sich also auchnach einem verlorenen Kriege gut leben, folglich ren-tieren Kriege immer." Nichts von alledem ist heute mög-lich, weil nichts von alledem existiert. Glück im Un-glück: wo all und jedes vertan und verspielt ist, istneben dem Guten auch das Böse vertan und verspielt.Wir haben einen klaren Anfang. Nichts hindert uns:keine unterirdische Kanaille, keine Fememörder, keinHindenburgmythos kein Flaggenzwist, keine ihr Amtmißbrauchenden Richter, Lehrer, Professoren, keinDauer-Meißner, der bereit wäre, von Ebert bis HitlerStaatssekretär zu spielen.

Niemals ist, so betrachtet, die Situation für jedeneinzelnen Deutschen so günstig gewesen —: er steht wieGottvater am Anbeginn der Schöpfung, die Erde ist fürihn wüst und leer, aber sein Geist darf sich unbeschwertentfalten, um den schon von Goethe schmerzlich empfun-denen Widerspruch aufzuheben, daß Deutschland nichtsist, obwohl der einzelne Deutsche viel ist. Es muß mög-lich sein, die achtbaren Individuen zu einer achtbarenNation zu summieren. In der Weltordnung ist stets dasGestern im Heute, aber auch im Heute das Morgen ent-halten. Die Zukunft ist, mathematisch ausgedrückt,Vergangenheit plus Gegenwart plus x. Diasej X, dieunbekannte Größe, ruht nur zum Teil im Schößedes Schicksals, außerhalb von uns selbst. Zu einemanderen Teile richtet es sich nach dem Geist, indem wir die Tradition zu beurteilen, zu zergliedernund fruchtbar zu machen wissen. Es ist nichtwahr, daß alle Deutschen schlecht sind; aber es ist nurzu wahr, daß die vielen, die schlechte Deutsche ge-worden sind, es darum wurden, weil sie das Beste, dasaus den besten Deutschen sprach, zuerst verkannten unddann verbannten, oder in milderen Fällen zuließen, daßes verschüttet wurde. Jeder, der heute in den Ruinennach einem Rest seiner Habe gräbt, begeht eine sym-

bolische Handlung. Denn genau so müssen wir aus demTrümmerhaufen aller menschlichen und sittlichen Werte,den der leider nicht nuT erduldete, sondern auch ge-duldete Herr Hitler hinterlassen hat, ein verschüttetes,redliches und strebend bemühtes Deutschland ausgraben.

Hitlers Propaganda war darauf aus, der Welt ein „deut-sches Wunder" vorzugaukeln, das uns die Schamröte fürewige Zeiten ins Gesicht treiben müßte, wenn jetzt einwahrhaftiges deutsches Wunder mißlänge. Von derpositiven Aufgabe, deT höheren Pflicht reden heuteallerdings viele, die schon vor zwanzig Jahren davongeredet haben, ohne sie zu erfüllen. Wir werden in Zu-kunft streng unterscheiden zwischen denen, die sich imSchönrednertum erschöpfen, und denen, die sich ihrerAufgabe in Demut unterziehen. Demut ist ein sehr tiefesWort unserer Sprache. Nach seiner Wurzel bedeutet esden Mut zum Dienen. Da wir ohne den Sieg der alliiertenHeere wohl niemals mehr zu uns selbst gekommenwären, haben wir sozusagen alle als Kriegsgewinnler zugeltet. Der Preis, den wir dafür zahlen, ist im Grundegering. Folglich haben wir keine Ansprüche zu stellen,außer an uns selbst, Deutschland ist in vieler Beziehungmerkwürdig und absonderlich, voll des Bewundernswertenund voll des Hassenswerten, aber daß es nicht genugMänner hätte, eine demokratische Republik Deutschlanddemokratisch zu regieren und getarnte Feinde ebenso wieunfähige Freunde zu überwinden, ist ein Irrtum. DieseMänner sind zu einem geistigen „Volkssturm" aufge-boten, um durch ihr Selbstvertrauen dem deutschenVolke das Maß an Vertrauen der Welt zu gewinnen, dasneben vielem anderen nach den Erklärungen des Präsi-denten Truman und des Generals Eisenhower auch dieDauer der Besetzung unseres Landes bestimmen wird.

Aber nicht deswegen, bloß um dei Besatzung ledig zuwerden, wollen wir eine demokratische deutsche Repu-blik. Der Besatzung steht Deutschland ganz anders als1918 gegenüber. Damals wurde sie törichterweise bisweit in die äußerste Linke hinein als ein Unrecht ange-sehen. Von Berlin aus blickte man feindselig auf dieTruppen im Rheinland und sah in ihnen nur einen Anlaßmehr zu der ewigen Protestierpolitik, die man mangelsbesserer Einfälle verfolgte. Wer sich im Rheinland ver-nünftigerweise mit der Besatzung vertragen wollte,wurde verfemt. Heute ist niemand, der an dem gutenVerhältnis zwischen Besatzung und Bevölkerung Anstoßnimmt. Ganz im Gegenteil, jedermann begrüßt es. Unddas rührt nicht etwa daher, daß die Deutschen buchstäb-lich zu niedergeschlagen wären, um sich zu unfreund-lichen Gefühlen hinreißen zu lassen. Nein, es liegt,wenngleich oft nur im Unterbewußtsein, die Erkenntnisdarin, daß auf der Seite dieser fremden Soldaten Rechtund Wahrheit sind. Daher sehen wir sie gern. Und wennwir alles tun wollen, die Zeit der Besetzung abzukürzen,so nicht, um diese Soldaten loszuwerden, sondern indem brennenden Wunsch, endlich dahin zu gelangen,daß wir unsere Freiheit einmal uns selber verdankenund ihrer nach eigenen Verdiensten würdig sind.

Dieses persönliche Vorwort schrieb FranzWerfel im Mai 1941 von Los Angeles aus zuseinem Roman „DAS LIED VON BERNADETTE",mit dessen Abdruck wir In der nächsten Nummerbeginnen.

I n den letzten Junitagen des Jahres 1940, nachdem Zusammenbruch Frankreichs, kamen wir aufder Flucht von unserem damaligen Wohnort imSüden des Landes nach Lourdes. Wir, meine Frauund ich, hatten gehofft, noch rechtzeitig über diespanische Grenze nach Portugal entweichen zukönnen. Da jedoch sämtliche Konsuln einmütig dienotwendigen Visa verweigerten, blieb uns nichtsanderes übrig, als in derselben Nacht, da die Grenz-stadt Hendaye von den deutschen Truppen besetztwurde, unter großen Schwierigkeiten ins InnereFrankreichs zu flüchten. Die Departements der Pyre-näen waren zu einem phantastischen Heerlager desChaos geworden. Die Millionen dieser seltsamenVölkerwanderung irrten auf den Landstraßen um-her und verstopften die Städte und Dörfer: Fran-zosen, Belgier, Holländer, Polen, Tschechen, Oester-reicher, exilierte Deutsche und dazwischen die Sol-daten der geschlagenen Armeen. Nur höchst not-dürftig konnte man seinen Hunger stillen. Obdachaber gab es überhaupt keines mehr. Wer irgend-einen gepolsterten Stuhl eroberte, um die Nachtdarauf zu verbringen, wurde viel beneidet. In end-losen Reihen standen die mit Hausrat, Matratzen,Betten hochbeladenen Autos der Flüchtlinge unbe-weglich, denn Treibstoff war nicht mehr vorhanden.In Pau hörten wir von einer dort ansässigen Familie,Lourdes sei der einzige Ort, wo ein vom Glück Be-günstigter vielleicht noch Unterkunft finden könne.Da die berühmte Stadt nur dreißig Kilometer ent-fernt lag, so riet man uns, den Versuch zu wagenund an ihre Pforten zu pochen. Wir gehorchtendiesem Rat und fanden endlich Herberge.

Auf diese Weise führte mich die Vorsehung nachLourdes, von dessen Wundergeschichte ich bis da-hin nur die oberflächlichste Kenntnis besaß. Wirverbargen uns mehrere Wochen in der Pyrenäen-stadt.

Es war eine angstvolle Zeit. Es war aber zugleich

auch eine hochbedeutsame Zeit für mich, denn ilernte die wundersame Geschichte des MädcheBernadette Soubirous kennen und die wundersamTatsachen der Heilungen von Lourdes. Eines Tagesmeiner großen Bedrängnis legte ich ein Gelübde <Werde ich herausgeführt aus dieser verzweifeltLage und darf die rettende Küste Amerikas ireichen — so gelobte ich — dann will ich als erstvor jeder anderen Arbeit das Lied von Bernadesingen, so gut ich es kann.

Dieses Buch ist ein erfülltes Gelübde. Ein epischGesang kann in unserer Epoche nur die Form eirRomans annehmen. „Das Lied von Bernadette"ein Roman, aber keine Fiktion. Der mißtrauiscLeser wird angesichts der hier dargestellten Erenisse mit größerem Recht als sonst bei geschiclliehen Epen die Frage stellen: „Was ist wahr? Wist erfunden?" Ich gebe zur Antwort: All jene denwürdigen Begebenheiten, die den Inhalt diesBuches bilden, haben sich in Wirklichkeit ereignDa ihr Anbeginn nicht mehr als achtzig Jahre 2rückliegt, spielen sie im hellsten Licht dar Cschichte, und ihre Wahrheit ist von Freund uiFeind und von kühlen Beobachtern in getreu-Zeugnissen erhärtet. Meine Erzählung veräncknichts an dieser Wahrheit.

Nur dort wurde das Recht der dichterischen Freheit in Anspruch genommen, wo das Kunstwerk gwisse chronologische Zusammendrängungen erfoderte und wo es galt, den Lebensfunken aus deStoff zu schlagen.

Ich habe es gewagt, das Lied von Bernadette 5singen, obwohl ich kein Katholik bin, sondern JudDen Mut zu diesem Unternehmen gab mir ein weälteres und viel unbewußteres Gelübde. Schon iden Tagen, da ich meine ersten Verse schrieb, hatich mir zugeschworen, immer und überall durcmeine Schriften zu verherrlichen das göttliche G'heimnis und die menschliche Heiligkeit, — des Zeialters ungeachtet, das sich mit Spott, Ingrimm urGleichgültigkeit abkehrt von diesen letzten Werteunseres Lebens.

An jenem 1J. November 1620, als die erste Schar derpuritanischen „Pügerväter" in Sicht deT Küste von Neu-england, in der Kajüte des Barkschiffes „Mayflower',worin sie. über den weiten Ozean geschwommen, ihrenschlichtfeierlichen Dankgottesdienst abhielt, um dannin freier Beratung eine bündige Verfassung für die zugründende Kolonie an der vor ihren Augen liegendenwilden Küste zu entwerfen — zu jener Stunde wurde imWeltgeschichtebuch ein neues Kapitel aufgeschlagen.Dcca Vi. j<K!Ä.i Stmxde rjesrbah es.\ daß der. mt^'0'""«Demofcfättsmus seine Augen zum Dasein aufschlug. Hun-derte und Tausende von europäischen, mit Pracht undPrunk in Szene gesetzten und mit Trompeten und Paukenabgespielten Staatsaktionen kommen an Wert und Wich-tigkeit, an menschheitlicher Bedeutung und Tragweitenicht entfernt jenem Akte in der ärmlichen Kajüte der„Mayflower" gleich, wo einundvierzig Männer, um ihresGlaubens willen aus ihrem Vaterlande getrieben, denGranitgrundstein zum Riesenbau der Vereinigten Frei-staaten von Nordamerika gelegt haben.

Das große Moralgesetz der Vernunft und Humanitätfordert nichts Unmögliches, Naturwidriges. Es lautet:Sei so glücklich, wie möglich; aber sei es nicht aufKosten deiner Mitmenschen! Jedermann weiß, daß dergroße Grundsatz unbedingter Glaubens- und Denk-freiheit, unbeschränkter Toleranz einer der Pfeiler war,auf denen die riesige Republik der Vereinigten Staatenvon Nordamerika sich aufbaute. Wer hat diesen Pfeilergesetzt? Wer hat zuerst auf Erden einen Staat ge-gründet, wo, wie die Abkömmlinge aller Nationen undStände, so auch, die Bekenner aller Regionen absoluterRechtsgleichheit sich zu erfreuen hatten?

Im FebruaT 1631 kam ein puritanischer Prediger, RogerWilliams geheißen, aus England in die junge „Bai-kolonie" (Massachusetts) herüber. Er war der Verfolgungentwichen, welche damals daheim gegen seine Glaubens-genossen in erneuten und verschärften Gang gebrachtworden. Bei seiner Ankunft in Boston war er wenigüber dreißig Jahre alt. Eine Aufzeichnung von damalsbezeichnet ihn als einen „jungen Geistlichen, fromm undeifervoll, mit kostbaren Gaben ausgestattet." Was aberden Ankömmling turmhoch über die Puritaner vomDurchschnittsmaß stellte, war, daß ihn die Verfolgung,welche er erlitten, nicht zum Verfolger machte. DieUnduldsamkeit selber hatte ihn Duldsamkeit gelehrt.

Gewiß ist, daß er die Neue Welt betrat als Trägereines neuen Prinzips. Er trug in seiner Seele den soeinfachen und doch so großen Gedanken der Unverletz-lichkeit des Gewissens, er brachte auf seinen Lippen dieLehre von der religiösen Duldsamkeit, er kam als Ver-kündiger des Satzes, daß keiner geistlichen oder welt-lichen Obrigkeit das Recht zustehe, die Meinungen zubestrafen, in das Innerste und Eigenste des Menschengewaltsam einzugreifen und die Ueberzeugungen zu maß-regeln. Als ein rechter Held des Gedankens besaß er,so sanften und milden Herzens er war, jenen unbeug-samen Mut der Ueberzeugung, ohne den das Genie nureine Spielerei ist. Es lebte in diesem Manne jene straffeund starre Logik der Gesinnung, ohne welche, die leichthantierlichen Waschlappen von Anbeguemern und An-schmiegern mögen sagen, was sie wollen, nichts Großesgeschaffen, nichts Menschen- und VölkergeschickeBestimmendes vollbracht wird.

Aber der große Unterschied zwischen Williams undseinen Gegnern ist dieser gewesen, daß jener seineMeinungen nur mit Vernunftgründen behauptete, diesedagegen die ihrigen mittels brutaler Gewalt auf-rechtzuerhalten suchten.̂ Schon im November 1635wurde ein Dekret erlassen, kTaft dessen ei aus demganzen Gebiet von Massachusetts verbannt sein sollte.Als dann in Boston verlautete, der Verbannte wolle sichmit einer Anzahl seiner Anhänger von Salem aufmachen,um an der Narragansettbai eine eigene Niederlassungzu gründen, erschien das der Bostoner Regierung so be-drohlich, daß sie beschloß, den Ketzer nach der Haupt-stadt zu zitieren, ihn dort wie einen Verbrecher zu er-greifen jund gewaltsam nach England einzuschiffen.Williams erwiderte dem Regierungsboten, er wäre krank,was völlig der Wahrheit gemäß, und bäte deshalb umFrist. Statt diese zu gewähren, sandte die Behörde einbewaffnetes Boot gen Salem hinauf, um den Wider-spenstigen als Gefangenen einzubringen. Aber er warnoch rechtzeitig gewarnt worden. Die Häscher fandenihn nicht mehr in Salem. Noch halb krank hatte er sichvon seinem Lager aufgerafft und in die Wildnis ge-flüchtet.

Seine Hoffnung waren die Indianer, insbesondere derSachem der Pokanoketen, Massasoit. Williams hatte sichwährend seines früheren Aufenthaltes in der Kolonie

Plymouth liebevüll uei' Eingeborenen angenommen, wiesein humaner Sinn es ihm gebot. Er hatte ihre Sprachegelernt, ihre Anschauungen, Zustände und Sitten er-forscht, ihr Zutrauen gewonnen. Die Rothäute haben viel-leicht kein zweites Blaßgesicht so geliebt" »de diesenMann, den seine Landsleute und Mitchristen ausgestoßenhatten, weil er weiser und besser war als sie.

Er siedelte sich unter den Indianern an, von denen esdankbar gesagt hat: „Diese Raben fütterten mich in der«*"!.:•••-•. ;,'s, wo heute Rehoboth steht,' etwas land-einwärts vom Ufer des östlichen Armes der Narragan-setthai, schlug er auf einem von Massasoit erstandenenStücke Land zuerst seine Siedlerhütte auf, und hierfanden sich die ersten Bekenner seiner Anschauungenund Gefährten seiner Mühen und Leiden zu ihm: fünfMänner, Landbauern und Handwerker aus Salem, welcheden Spuren ihres Meisters in die Einöde gefolgt waren.Aber auch hier sollte der Verfolgte noch keine Ruheund Sicherheit haben. Der Gouverneur von Plymouth,Winslow, hatte kaum von der neuen Ansiedlung ver-nommen, als er, um es nicht mit den Bostonern zu ver-derben, eine Botschaft an Williams abgehen und ihmsagen ließ, der Platz, worauf er sich niedergelassen,gehöre zum „Patent" von Plymouth, was heißen wollte:Geht um einen Strich Landes weiter! Doch fügte Wins-low, welcher dem Fortgewiesenen nicht abgeneigt war,den Rat bei, Williams solle über den Fluß, das heißtüber die Bai, gehen. Drüben werde er ganz frei undunabhängig sein, da dort das Land zum Patent, nämlich

^ jzum Gebiete weder von Plymouth noch von Massachu-setts gehörte.

Der Rat war klug und wurde befolgt. In einem In-dianischen Kanu ruderte Williams mit seinen fünf Ge-nossen den Arm der Bai, jetzt gewöhnlich Fluß Seakong,hinauf. Die heimatlosen Männer fuhren um die Land-spitze Fox-Point herum und gingen am westlichen Uferan Land, da, wo nahe der Küste eine reiche Quelle ausdem Boden sprudelte. „Williams' Brunnen" wird sie nochheute genannt, zum Ehrengedächtnis des Propheten derGewissensfreiheit, des Gründers des Freistaates Rhode-Island.

Zunächst war die junge Kolonie ein Sitz härtesterMühsal und bitterster Armut. Aber allmählich gediehdieses Asyl für Gewissensfreiheit doch. Nicht ohneinnere Entwicklungskämpfe, wie sie bei einem Gemein-wesen, welchem nach und nach die buntscheckigsteMenschenmenge, welchem Gläubige und Ungläubigealler Arten zuströmten, nicht ausbleiben konnten. Dadem jungen Staatswesen Gefahr daraus zu erwachsenschien, daß die Baikolonie Miene machte, Anspruch aufdas Gebiet von Rhode-Island zu erheben, ging RogerWilliams im Jahre 1643 nach England, um einen Frei-brief zu erwirken. Es war nicht mehr die Zeit, wo ei aufenglischem Boden eines Übeln Empfangs sicher gewesenwäre. Das Parlament hatte seinen großen Kampf gegenkönigliche und priesterliche Tyrannei begonnen. Wil-liams fand in London Freunde und erwirkte eine Charte,kraft deren die Pflanzungen von Providence und Rhode-Island als eine gemeinsame, selbständige, von denübrigen unabhängige Kolonie anerkannt wurde. Sowurde Rhode-Island tatsächlich ein demokratischer Frei-staat; denn diese Charte überließ es der Mehrheit derEinwohnerschaft, Gesetze zu geben und die Regierungs-,form zu bestimmen, unter der alleinigen Bedingung, daßdie Gesetze denen Englands nicht widersprächen.

Roger Williams war kein Philosoph, kein Freidenker,der den letzten Gründen nachforschte, das Warum desWarum zu finden strebte. Die himmelstürmende philo-sophische Mathematik seines großen Zeitgenossen Spi-noza hätte ihn, wenn er sie gekannt, mit Entsetzenerfüllt. Er war und blieb ein presbyterianischerTheologe, aber — merkwürdig zu sagenl — er zog ausseinen theologischen Prämissen keine theologischen,sondern humanistische Folgerungen. Gerade das machtihn zu einer so eigentümlichen, ja, chronologisch an-gesehen, einzigen Erscheinung. Von Jugend auf bis zuseinem letzten Atemzug bekannte er sich zu dem Grund-satz: In geistigen Dingen dürfen nur geistige Waffen ge-braucht werden, und darum ist alle und jede Anwendungvon materieller Gewalt und Strafmitteln in Sachen desDenkens und Glaubens durchaus unstatthaft und ver-werflich-, niemand darf um des Gewissens willen verfolgtwerden. Dieses große Prinzip der Toleranz, bestimmt, inder Entwicklung der menschlichen Zivilisation eine un-geheuere Revolution hervorzubringen — Roger Williamshat es zuerst mit klarem Bewußtsein verkündet und mitheldischer Energie behauptet.

Und wenn heute dieser prächtige Mensch wiederkäme,wie müßte er staunen über alles das Große, was seitherseine Idee, sein Kämpfen, sein Leiden bewirkt haben auf

Erden, Insbesondere auf amerikanischer Erde! Einer d<gewaltigsten Hebel der kolossalen Kraftentfaltung d<Vereinigten Staaten ist ja die religiöse Toleranz g<worden, deren Panier Roger Williams zuerst in dfWildnis aulgepflanzt hat. Es ist etwas vom Genius diesehochherzigsten aller Pioniere in der ganzen Entwicklundes Amerikanertums, etwas in ferne Zukunft kühn unsiegessichcr Hinausgreifendes. In eine Zukunft, wo di„Welt" Amerika heißen wird. Erfrier *,'ases scheinbcspielend leicht« Bewäl t ig" riesenh?ftpr ":_?" ^e deGegenwatt, üaner dies v. agnisfrohe Hinwegi^iuyen üu:die bergehohen Bedfcr*licb.keiten europäischer Philisterc

Entnommen den kulturhistorischen Studien, dJohannes Scherr 1874 unter dem Titel „Menschliche Tragfcomödie" veröffentlichte. Scherr sah in der Geschieh„die Protokollführer«! des wirklichen Prozesses disozialen Entwicklung". Der vorstehende, hier stark gkürzt wiedergegebene Aufsatz ist im Original übeschrieben: „Ein Prophet". Auch der Verfasser erscheinmit den letzten Sätzen, als ein wahrhafter Prophet -siebzig Jahre vor der geschichtlichen Erfüllung.

Wir auf dem Lande sind immer Frühaufsteher gewesen und infolgedessen mit dem wechselnden Schalspiel des Sonnenaufgangs vertraut, das in den Horizordes Stadtbürgers stärker erst jetzt getreten ist, da seinWege weiter geworden sind und die schlechten Veikehrsverhältnisse ihn zwingen, den Tag früher als ehedem zu beginnen. Durch die Ruinen ist auch sein Blic!feld größer geworden, und manches Stück Himmel, dasonst ihm versperrt war, liegt seinem Auge nun offeiOb er es genug zu erheben vermag? Wir hier draußesind bei allen Sorgen doch immer etwas freier. Wenwir die Sonne aufgehen sehen, empfinden wir, daß deSinn der Gegenwart in der Zukunft liegt. Wir kennedie lyrischen Aufgänge, bei denen die Wölkchen wie avalten Madonnenbildern farbig erglühen und mit sieselber spielen, und die dramatischen Aufgänge, wendas Feuer mit dem Nebel ringt, so daß in der Ebene deEindruck eines plötzlich hereinbrechenden Gebirges enisteht. Manche Aufgänge sind sachlich und klar: dantritt die Sonne in ruhiger Größe wie ein abgezirkelteBall über den Horizont. Andere sind romantisch phantasievoll und schwärmerisch, wie die lichten Schnörkeauf einem Bilde von Philipp Otto Runge.

All das sehen wir auf dem Lande, auch wenn wir bisweilen, genau wie der Stadtbürger, versucht sind, nuunsere Stiefelspitzen zu sehen. Wir wissen, daß zweStunden vor der Sonne die Vögel erwachen, zuerst diAmseln, darauf der Kuckuck, zuletzt mit dem gefräßige)Lärm der Charakterlosigkeit die Spatzen. Alle außeihnen sind in diesen Herbsttagen verstummt. An Stellder Schwalben fliegt der mißtönende Ruf der Kräheidurch den grauen Morgennebel. Doch immer nocistreicht eine halbe Stunde vor der Sonne der Wimvorübergehend an der Erde hin, und im letzten Augenblick wirft flimmernder Dunst sich über die Wipfel deBirken. Der Tau steht auf den Pflanzen, als seien siiberegnet, während die rosavioletten Frühwolken wandem und die Nebel steigen und fallen.

„Von Tau die Nächte strahlen", heißt es im „Kreis deJahreszeiten" Kalidasas. Wie die Nächte, so jetzt auclder schwerelose Morgen bis weit in den Tag hinein. DiiGräser erscheinen fetter, die Blätter kräftiger und wüchsiger unter der Fülle des Taus. Da die Anmut triumphiert und die Angst vor der Glut eines Sommermittags geschwunden ist, feiern, ehe die Trauer de:Vergänglichkeit anhebt, alle Blüten noch einmal Auferstehung. Die Einjahrsblüher, die wir mit geringe:Mühe auch in diesem Jahre ausgesät haben, wuchenmit den Gaben, die ihnen die Natur geschenkt hat. Da.1weiße Alyssum Benthami, das seit Juni ununterbrocherblüht, erinnert mit seinen ausgreifenden Büschen a.: da:Stauden-Iberis des Frühlings. Calliopsis, das „Srhöngesteht", macht mit den dunkelbraunen oder hellgr^"^«Augen seinem Namen Ehre. Ein Semenkorn, jJen*-wohin gestreut, vollendet sich jetzt wie ein ZaubeAstern strahlen, der Phlox ist voller farbiger .Den Rang der Rosen machen die Dahlien st(.erenTausenderlei bunte Blumen drängen noch einmaurje»Licht, das ihnen von einem Himmel entgegenkomm^tensich gütig und warm näher herabgasenkt zu hun(jscheint. Und die Wiesen sind, wie in einem G v o nBoccaccios aus dem „Dekamerone", von „ganz ku^enund so dunkelgrünem Grase, daß es beinahe schVonanmutet" , . . , CAMPE3nze

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ilte 3 DER TAGESSPIEGEL1 Donnerstag, 27. September

ANFANG UND ZUKUNFT BAS GELÜBDE VON LO URDESV O N F R A N Z W E R F E L f

DIE GEBURTSSTUNDE DER DEMOKRATIEV O N J O H A N N E S S C H E R R

LANDTAGfiBUCH

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Wie wollt ihr hoffen, die Zeit umzugestalten, dasVaterland freizumachen, solange ihr selbst in demalten Sauerteig der Sünde und Unvernunft stecken-bleibt? Hier, in eueren nächsten Verhältnissen undeuerer Umgebung zeigt, daß es euch ernst ist mitder Wahrheit, mit dem Recht, mit der Befreiungeurer selbst von der Knechtschaft, der Verrücktheitund Erbärmlichkeit. Was der spekulative Geist derPhilosophie, was der heilige Geist des Christentumsgerichtet hat, das darf bei uns keine Stätte, keineBemäntelung finden.

Aus den Lebenserinnerungen des Arztes undPolitikers Carl Heinrich Alexander Pagen-ütecher (1799—1869). Aufgezeichnet auf Grundder Vorgänge in der deutschen Studenten-aewegung vom Frühjahr 1819.

Ortsangabe und Datum — Berlin, 27. September —stehen über einem Brief, den ein Mann seiner Frauschrieb, die, um den Bomben zu entgehen, mit ihremkleinen Kind in den letzten Kriegsmonaten nach Bayerngefahren war, von wo sie bis heute noch nicht zurück-gekehrt ist. Der Brief lautet:

Heute ist Donnerstag. Paul will morgen die Strapazeneiner Geschäftsreise nach München auf sich nehmen undden Umweg machen, um Dir einen Gruß von mir zu über-bringen. Als ich Dir im vorigen Jahr an meinem letztenUrlaubstag in den Gedichtband schrieb: ,Ich lebe für denTag, an dem ich zu Dir komme, um nicht wiader fort-zugehen', da haben wir doch nicht vorausgesehen, wie esjetzt im einzelnen sein könnte. So sehr wir uns gewünschtund so sehr wir davon überzeugt waren, daß dieser Kriegzu einem völligen Zusammenbruch des nationalsozia-listischen Deutschland führen mußte so wenig hattenwir eine Vorstellung von den katastrophalen Auswirkun-gen, die sich nun überall zeigen.

Was Deine Freundin Gerda macht, interessierte Dich.Ich könnte Dir nichts berichten, wenn ich sie nicht Sonn-tag zufällig in der U-Bahn getroffen hätte, mit der mannun von uns aus in Zehlendorf wieder bis Kurfürsten-straße fahren kann; die Zwischenstrecke Hohenzollern-platz—Nürnberger Platz ist so weit repariert, daß die Zügejetzt wenigstens eingleisig pendeln. Gerda sah sehr hübschaus, als ich sie traf. Sie fuhr zu einem Rendezvous miteinem — Engländer. Ich sprach mit ihr darüber, und ichkann nicht leugnen, daß ich zuerst kein angenehmesGefühl hatte. Aber ich glaube, ich irre mich nicht, wennich Dir sage, daß sie glücklich ist. Und wenn ich ihrerSchilderung Glauben schenken kann — und warum sollteich es nicht? — so möchte ich meinen, auch der Engländerist glücklich. Es ist selbstverständlich, daß sich in einerGroßstadt nach einer solchen Katastrophe Erscheinungenzeigen mußten, die es unter ähnlichen Umständen in allenLändern und zu alten Zeiten gab. Es wäre töricht, dietiefen Ursachen übersehen zu wollen, die für das rascheZustandekommen von Verhältnissen zwischen deutschenFrauen und Angehörigen der Besetzungsmächte bestim-mend sind. Zufällig habe ich Zahlen des Bezirkes Zehlen-dorf bekommen, aus denen ersichtlich ist, wieviel Frauenin Deutschland auf sich selbst angewiesen sind. Ueber-lege: auf 1000 Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren imBezirk Zehlendorf kommen 4585 Frauen; auf 1000 Männerim Alter von 30 bis 40 Jahren noch immer 3235 Frauen.

Nach tfo<Ji CispivfcJh mit Gerda ist mir auch dieseelisch ., 'A-*t; Fassung klaret g-oworden, aus der heraas

Mädchen und Frauen Bindung zu alliierten Soldatensuchen. Es sind tatsächlich nicht allein materielle Beweg-gründe. In diesem Krieg haben wahrhaftig dieFrauen nicht weniger zu ertragen und zu erdulden ge-habt als die Männer. Jahrelang allein. Immer in Angstum den Mann, um den Freund, um den Bruder, um denVater, um den Geliebten. Täglich in eigener Lebens-gefahr. Die Wohnung von Bomben zerstört. Evakuiert.Heimatlos. Und nun, nachdem der Krieg zu Ende ist,noch immer allein. Viele ohne Nachricht von denMännern, die in Gefangenscnaft sind. In Sorge, ob derMensch, den man liebt, noch am Leben ist. Tausendevon Frauen wachen Morgen für Morgen mit der glei-chen Frage auf: Lebt der Mann, den ich liebe, noch?Wo wird er sein? Wird eine Nachricht von ihm ein-treffen? Werde ich ihn jemals wiedersehen? Manchmalist es unerträglich. Ungewißheit, wovon man künftigleben soll. Ungewißheit, wovon die Angehörigen, diekranke Mutter, die Kinder, die Geschwister, satt werdensollen. Angst vor der Kälte dieses Winters. ,Und rings-um Menschen in gleichen Nöten.

Nie war die Sehnsucht nach einem tröstenden Zu-spruch, das Suchen nach einem Partner, mit dem mansich aussprechen kann, größer als heute. Einmal miteinem Menschen reden, der frei ist von all dem, wasbedrückt. Sehnsucht nach fröhlichen Gesichtern. Wie-der schön gefunden werden. Einmal wieder spüren,daß zum Leben auch der Lebensanspruch gehört. Frauenmöchten einen Wunsch erfüllt, eine Zärtlichkeit- gesagtbekommen. Sie möchten vergessen. Die jungen unterihnen haben so vieles nicht kennengelernt, was fürihre Mütter selbstverständlich war; kannten keineBackfischträume, kaum einen Flirt, keine Tanzstunde.Nur Abschiede. Immer wieder Abschiede.

Unter den Spaziergängern, die an diesen letztenwarmen Herbstabenden durch Straßen und Anlagen pro-menieren, bilden den Hauptteil, wie überall in der Welt,die Liebespaare. Sie gehen untergehakt, die Hände in-einander verklammert. Der Amerikaner hat sein Mäd-chen nicht anders untergefaßt als der deutsche Lieb-haber. Und daß die Paare so wenig miteinander zusprechen haben, liegt nicht nur daran, daß er eine

andere Sprache spricht als sie. Alle Liebespaare inaller Welt zeigen die Eigenschaft, sich beim Spazieren-gehen zu verstehen, ohne miteinander zu reden.

Natürlich ereignen sich auch Fälle — ich brauche Dirnichts weiter zu sagen. Manche unserer Frauen undMädchen verhalten sich so, daß — nun, daß das, was icheben geschrieben habe, auf sie nicht gerade zutrifft.Das merken auch die alliierten Soldaten. Sie wissen zuunterscheiden. Aber die weniger schmeichelhaftenAeußerungen, zu denen gewisse Frauen oder Mädchensie veranlaßten, nehmen ab. Woran kann es liegen?Weil viele unter ihnen nun ein Mädchen gefundenhaben, das sie achten können, das sich um sie küm-mert, ihnen die Wäsche wäscht und die Knöpfe an-näht. Deutsche Mädchen waren immer tüchtirj in derHäuslichkeit. In den letzten Jahren haben sie dieFähigkeit entwickelt, in der Arbeit aus Jeder Not eineTugend zu machen. Wie sollte es da ausbleiben, daßaus einer Bekanntschaft eine Freundschaft wirdl Unddie Freundschaft kann dauern, auch wenn nicht gleichdie Heirat genehmigt wird.

Als ich gestern abend aus dem U-Bahnhof stieg,tastete ich mich an einem Liebespaar vorbei; der jungeMann sagte zu seinem Mädchen: „Ich liebe dich." Inder gleichen Sekunde tauchte der Lichtkegel einesWagens die beiden Menschen, die sich an den Händenhielten, in sein Licht. Und ich erkannte, daß derSprecher dieser drei deutschen Wörter ein kanadischerSoldat war.

Mag es aussehen, wie es will, in Berlin. Mag es zu-gehen, wie es will, in dieser Stadt. Zu ihrer irdischenWirklichkeit gehört auch dieser Satz: „Ich liebe dich",gesprochen von einem kanadischen Soldaten zu einemBerliner Mädchen in einer Stadt, über der die Sterneblinken, wie anderswo, in überirdischer Gesetzmäßig-keit.

Sagen: „Ich liebe dich." Hören: „Ich liebe dich."Und das Böse vergessen, das war. Und dem Gutenglauben, das kommen muß.

Ich mußte Dir das alles schreiben. Schöner wäre esgewesen, ich hätte es mit Dir bereden können.

HELMUT KINDLER

sd. Eine seltsame Fügung des Schicksals hat mich in die-ses Zimmer eines Rathauses geschoben. Vor der Tür die-ses Zimmers stehen die Menschen Schlange und wartenauf unseren Schicksalsspruch. „Frollein, nur eine Frage,mein Sohn ist aus der Kriegsgefangenschaft gekommen,können Sie ihm nicht schnell die Einweisung geben?"„Schnell" können wir leider nicht: die Wohnzuständigkeitist maßgebend und muß bewiesen werden. Das ist nichtimmer einfach, denn oft sind Papiere im Laufe der Kriegs-handlungen abhanden gekommen. So müssen Zeugenherangebracht werden, manches Mal eine schwierigeSache.

Großäugig und sorgenvoll bitten Flüchtlinge um Auf-nahme. Wir dürfen nicht. Verzweifelte Gesichter, Trä-nen. Man möchte gern helfen. Wenigstens für einpaar Tage Brot wollen sie haben. (Ohne die Zustimmungdes Wohnungsamtes darf jäi.2 Karl,orL5.tel!e keine Markenausgeben.) Sie sind bei Verwandten oder Bekannten,in einer leeren B&racke oder einem Keller unter-gekrochen zu kurzer Rast. Aber gerade dies soll ver-mieden werien. Seuchen und Hunger drohen, wennBerlins 'Verwaltung den Ueberblick verliert, das Herzvor dem Verstand sprechen läßt. Flüchtlinge werden zuden Sammelstellen geschickt, wo vorübergehende Be-treuung und ärztliche UeberwacRung sicher ist.

Rückkehrer .kommen und wollen in ihre alte Wohnung.

Die Wohnung ist von neuen Mietern besetzt. Aufregungund Empörung. Es muß ein Weg gefunden Werden, beidenTeilen gerecht zu werden. Wer aus seiner Wohnungfortging, um das Leben zu retten, durfte nicht ohneweiteres erwarten, etwas von seinem Eigentum wieder-zufinden. Die Fremden, die es vor den Kriegseinwirkun-gen bewahrten, haben sich gewiß ein Anrecht zur Be-nutzung erworben. Daß das Mobiliar Eigentum bleibt,ist selbstverständlich. Dennoch werden die Rückkehrerversuchen müssen, mit den jetzigen Mietern die Woh-nung zu teilen. Für beide Teile ein Verzicht — aberWohnraum ist knapp.

UmquartierungenI Bis morgen früh um acht Uhr müssenfünfzig Familien ihre Wohnung räumen. Ein aufgeregterHaufen Menschen diskutiert erregt auf den Gängen vordem Wohnungsamt. Ehrenamtliche Helfer werden schnellausgeschickt, um die Notquartiere zu prüfen. DieKartei wird gewälzt. Bei einer derartigen Fluktuation istsie nicht ständig auf dem Laufenden. Eine korrekte Be-arbeitung fordert einen riesigen Stab von Mitarbeitern,den kann sich die Stadt auf die Dauer nicht leisten. Alsowird improvisiert. Bis zum Abend ist für jeden Umzu-quartierenden eine Unterkunft geschaffen.

Kombinationsfähigkeit, gesunder Verstand, Finger-spitzengefühl, Gewissenhaftigkeit und Geduld sind dieVorbedingungen für unsere Arbeit im Wohnungsamt.

An den im Pendelverkehr benutzten GIejsen derS-Bahn Richtungsanzeiger anzubringen. Dadurch würdeviel Fragerei und falsches Einsteigen vermieden werden.

An den Bahnhöfen und verkehrsreichen Straßen undPlätzen der Reichshauptstadt Plakate zu befestigen, diezurückkehrenden Kriegsgefangenen und FlüchtlingenAuskunft geben, wohin sie sich zu wenden haben, umein Quartier für die Nacht und ein Essen zu bekommen.

Wieder die auf allen Bahnhöfen und an den Halte-stellen der Straßenbahn angebrachten Papierkörbe zubenutzen, damit Straßen und Bahnhöfe einen erfreu-licheren Anblick bieten. Auch müssen die Tunnel derU- und S-Bahn nicht unbedingt verunreinigt werden.Nicht nur aus ästhetischen Gründen — die Seuchen-gefahr fordert dringend, daß Bürger und Zugereiste indieser Beziehung Disziplin üben.

Der Polizeipräsident gibt bekannt: Wenn ein Kraftfahrzeugmit GB-Kennzeichen endgültig aus dem Verkehr gezogen wird 'oder wenn die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nicht mehrbesteht, ist der Fahrzeugeigentümer oder -halter nach J 275'und 29d der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung verpflichtet,'dem Kraftverkehrsamt, Berlin N54, Linienstraße 83—85, unter1

Rückgabe des Zulassungsscheines und des Propusk unverzüg-lich Anzeige zu erstatten. Gleichzeitig müssen dieKennzeichen-iSchilder zur Entstempelung vorgelegt werden. Wer diesen Vor-!_Schriften zuwiderhandelt, wird gemäß § 71 der Straßen-V.er-jkehrs-Zulassungsordnung bestraft. j

Die erste Ausgabe einer neuen Zeitschrift „Industrie undHandel", die von der Freien Deutschen Gewerkschaft in Berlinveröffentlicht wird, ist soeben erschienen. Sie enthält zweiArtikel von Roman Chwarek. Der erste schildert die Konferenzvon Berlin, der zweite befaßt sich mit der Lage der neuen Ga>werkschaften in Deutschland.

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Freitag, 28. 9.22.15 Uhr: Orchesterkonzert. Werke von Brahras.23.15 Uhr: „England — diese Woche." (Dies wird die letzte

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Veröffentlicht unter Lizenz Nr. 16 der Nachrichtenkontrolle deramerikanischen Militärregierung. Verlag „DER TAGESSPIEGEL'"G. m. b. H., Berlin-Tempelhof, Druckhaus Berliner Str. 105/106. Verant-wortlicher Redaktiousausschuß: Walther Karsch, Dr. Edwin Rc.dslob,

Erik Reger, Dr. Heinrich von Schweinichen; sämtlich in Berlin.Anzeigenannahme: „DER TAGESSPIEGEL", Berlin-Tempelhof, Druck-haus, Berliner Str. 105/100 und i M "• -zeichne-><-n Annahmestellen,!

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