Dipl.-Psychologin Juliane Kuhn - dgvt.de · Prof. Dr. Albert Lenz Prof. Dr. Johannes Jungbauer...
Transcript of Dipl.-Psychologin Juliane Kuhn - dgvt.de · Prof. Dr. Albert Lenz Prof. Dr. Johannes Jungbauer...
Coping in Familien mit schizophren erkrankten Eltern
- gemeinsam und erfolgreich?
Projektleitung: Prof. Dr. Albert Lenz
Prof. Dr. Johannes Jungbauer
Dipl.-Psychologin Juliane Kuhn
Schizophrenie und Elternschaft
Projektleitung: Prof. Dr. Albert Lenz
Prof. Dr. Johannes Jungbauer
Dipl.-Psychologin Juliane Kuhn
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 3
Überblick
1. Forschungsfragen und Untersuchungsebenen
2. Elternschaftsrate
3. Design Familienstudie
4. Coping der Kinder
5. Psychische Beeinträchtigung der Kinder
6. Coping der erkrankten Eltern
7. Dyadisches Coping der Elternpaare
8. Familiäres Coping
9. Fazit für die Praxis
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 4
Forschungsfragen und Untersuchungsebenen
DFG-Projekt„Schizophrenie und
Elternschaft“
Epidemiologische AspekteWie viele Patienten, die an schizophrenen bzw. schizo-
affektiven Störungen erkrankt sind, haben eigene Kinder?
Belastung und BewältigungWie erleben Betroffene, Partner und
Kinder das familiäre Zusammenleben mit der psychischen
Erkrankung?
UnterstützungsbedarfWelche Hilfeangebote werden von
Betroffenen genutzt, gewünscht oder als hilfreich erachtet?
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 5DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 5
Elternschaftsraten
Männer Frauen Gesamt
Keine Kinder 178(80,2 %)
82(55,4 %)
260(70,3 %)
Kinder 34(15,3 %)
64(43,2 %)
98(26,5 %)
Unbekannt / k.A. 10(4,5 %)
2(1,4 %)
12(3,2 %)
Gesamt 222(100 %)
148(100 %)
370(100 %)
Pat. < 48 Jahre:51 (20,1 %)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 615.09.2009 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 6
Lebenssituation der PatientenMänner Frauen Gesamt
Allein lebend 94(42,3 %)
62(41,9 %)
156(42,2 %)
In Herkunftsfamilie 55(24,8 %)
23(15,5 %)
78(21,1 %)
Betreute Wohnform 39(17,6 %)
13(8,8 %)
52(14,1 %)
Mit Partner 16(7,2 %)
16(10,8 %)
32(8,6 %)
Mit Partner und Kind / Kindern
8(3,6 %)
15(10,1 %)
23(6,2 %)
Allein erziehend 2(0,9 %)
16(10,8 %)
18(4,9 %)
Sonstige Lebenssituation
8(3,6 %)
3(2,0 %)
11(3,0 %)
Gesamt 222(100 %)
148(100 %)
370(100 %)
11,1 % aller schizophrenen Patienten leben mit Kindern zusammen
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 7DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 7
Elternsein = Zusammensein?
10
20
30
40
50
60
70
40,9
Getrennt vom Kind lebend
Zusammen mit Kind lebend
46,953,1
70,6
29,4
Prozent
Getrennt vom Kind lebend
Zusammen mit Kind lebend
MütterVäteralle schizophren erkrankten Eltern
59,1
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 8
In Deutschland leben ≈ 150.000 Kinder
mit an Schizophrenie erkrankten Eltern zusammen
(Hochrechnung)
Elternsein = Zusammensein?
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 9
Partner/Expartnern=26
Erkranktes Elternteiln=57
Kindern=54
• Soziodemografischer Fragebogen (n=57/23)
• Stressverarbeitungsfragebogen (SVF120; Janke, Erdmann & Kallus 1997) (n=54)
• Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ; Henrich & Herschbach 2001) (n=57)
• Qualitatives Interview (n=57/20)
• Soziodemografischer Fragebogen (n=57/23)
• Stressverarbeitungsfragebogen (SVF120; Janke, Erdmann & Kallus 1997) (n=54)
• Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ; Henrich & Herschbach 2001) (n=57)
• Qualitatives Interview (n=57/20)
Stressverarbeitungsfragebogen für Kinder
und Jugendliche (SVF-KJ; Hampel et al.
2001) n=32
Child Behavior Checklist (CBCL / 4 -18,1998)
erkrankte Eltern: n=52; Partner: n=16
Kinder-DIPS (Diagnostisches Interview bei
psychischen Störungen im Kindes- und
Jugendalter; Wiedemann 2000) n=37
Qualitative Interviews n=37
Stressverarbeitungsfragebogen für Kinder
und Jugendliche (SVF-KJ; Hampel et al.
2001) n=32
Child Behavior Checklist (CBCL / 4 -18,1998)
erkrankte Eltern: n=52; Partner: n=16
Kinder-DIPS (Diagnostisches Interview bei
psychischen Störungen im Kindes- und
Jugendalter; Wiedemann 2000) n=37
Qualitative Interviews n=37
Design Familienstudie
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 10
Design Familienstudie
Kinder
Partner/ExpartnerErkranktes ElternteilPaarebene
• Fragebogen zum dyadischen Coping (FDCT-N Bodenmann, 2000 ) n=26 (erkr. Eltern); n=21 (Partner)
• Partnerschaftsfragebogen(PFB Hahlweg, 1996) n=25 (erkr. Eltern); n=19 (Partner)
• Bielefelder Fragebogen zu Partnerschaftserwartungen(BFPE Höger & Buschkämper; 1998)n=48 (erkr. Eltern); n=21 (Partner)
• Interviewsn=57 (erkr. Eltern); n=17 (Partner)
• Fragebogen zum dyadischen Coping (FDCT-N Bodenmann, 2000 ) n=26 (erkr. Eltern); n=21 (Partner)
• Partnerschaftsfragebogen(PFB Hahlweg, 1996) n=25 (erkr. Eltern); n=19 (Partner)
• Bielefelder Fragebogen zu Partnerschaftserwartungen(BFPE Höger & Buschkämper; 1998)n=48 (erkr. Eltern); n=21 (Partner)
• Interviewsn=57 (erkr. Eltern); n=17 (Partner)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 11
Teilnahme am problemzentrierten Interview
5731
17
67
erkranktes Elternteil
Partner
Kind bei erkranktemElternteil lebend
Kind nicht bei erkranktemElternteil lebend
Expartner
Gesamt: 118 Interviews
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 12DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 12
Coping der Kinder
WICHTIG: • Kontextuelle Angemessenheit der Bewältigung• Kontrollierbarkeit der Situation
Klein-Heßling & Lohaus (2002)
In unkontrollierbaren Situationen eher- emotionsregulierende Bewältigungsstrategien- Problemmeidung oder - die Suche nach sozialer Unterstützung
Seiffge-Krenke & von Irmer (2007)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 13
Stressverarbeitung der Kinder (SVF-KJ)
7,91,734,321,020272,468Aggression
11,351,806,571,009272,824Soziales Unterstützungsbedürfnis
-3,82-13,68-8,750,00127-3,641Ablenkung/ErholungObereUntere
95%-Konfidenzintervall der Differenz Mittlere
DifferenzSig. (2-seitig)dfT
Testwert = 50
• „Ablenkung/Erholung“ signifikant niedriger ausgeprägt als bei den Kindern der Referenzpopulation
• „Soziales Unterstützungsbedürfnis“ und „Aggression“ signifikant höher
T-Test Stressverarbeitung situationsübergreifend
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 14
Stressverarbeitung der KinderCoping-Typen
Typ I• geringe
Ablenkungsfähigkeit• Ungünstige
Emotionsregulation (hohe Aggressionswerte, geringe Fähigkeit zur Erholung)
• Geringe Bagatellisierung
• Geringe Situationskontrolle
N = 10
Typ II
• Hohe Situationskontrolle, hohe Verantwortungs-Übernahme
• hohes soziales Unterstützungsbedürfnis
• hohe positive Selbstinstruktion
• Bagatellisieren• Geringe Resignation
N = 13
Typ III
• unauffällige Werte des SVF-KJ (40<T<60)
• Unauffälligkeiten bei QIA des Copings
N = 12
Statistische Clusteranalyse in Kombination mit phänomenologischer Betrachtung der Profile und Qualitativer Inhaltsanalyse (n=35)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 15
Typ I„aggressive Emotionsbewältigung“
AU2-K: Typ 1
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte AU2_K
MW Typ 1
AU2_K 27 25 37 51 39 39 50 33 70 25 36 29 49
MW Typ 1 44 35 45 48 51 47 51 49 63 41 45 42 53
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG EMO PRB PCO NCO
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 16
Typ II„das erwachsene Meistern“
A1_K2: Typ 2
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte A1_K2
MW Typ 2
A1_K2 70 65 67 67 67 47 33 32 54 72 76 73 39
MW Typ 2 57 41 60 58 67 50 47 45 50 56 60 60 48
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG EMO PRB PCO NCO
Melanie ist gestern gekommen, und ähm da war Mama weg. Ich bin aus der Dusche rausgekommen, und da ähm hab ich Mama gesucht, da kam Melanie, und dann kam, haben wir alles abgesucht in der Wohnung. Da hab ich gesagt, rufen wir die Polizei, und dann ähm, und dann ähm, sind die gekommen…(A1_K; 8 Jahre, mit erkrankter Mutter lebend)
Melanie ist gestern gekommen, und ähm da war Mama weg. Ich bin aus der Dusche rausgekommen, und da ähm hab ich Mama gesucht, da kam Melanie, und dann kam, haben wir alles abgesucht in der Wohnung. Da hab ich gesagt, rufen wir die Polizei, und dann ähm, und dann ähm, sind die gekommen…(A1_K; 8 Jahre, mit erkrankter Mutter lebend)
Interviewerin: Wie ist das mit deiner Mutter? Woran merkst du dass sie nicht so belastbar ist? E1_K1: Ja, manchmal sagt sie einfach, wenn ich sage: "Kannst du das machen?" "Nee, ich kann nicht mehr. Ich muss mich jetzt hinlegen, mir geht es total schlecht!" Und so was und ich muss dann halt auch manchmal hier mehr machen. Ist ja auch nicht schlimm, aber manchmal kann ich auch nicht mehr und dann muss ich das trotzdem machen. (13 Jahre, weibl., bei erkrankter Mutter lebend)
Interviewerin: Wie ist das mit deiner Mutter? Woran merkst du dass sie nicht so belastbar ist? E1_K1: Ja, manchmal sagt sie einfach, wenn ich sage: "Kannst du das machen?" "Nee, ich kann nicht mehr. Ich muss mich jetzt hinlegen, mir geht es total schlecht!" Und so was und ich muss dann halt auch manchmal hier mehr machen. Ist ja auch nicht schlimm, aber manchmal kann ich auch nicht mehr und dann muss ich das trotzdem machen. (13 Jahre, weibl., bei erkrankter Mutter lebend)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 17
Typ II - Parentifizierung
Typ I Typ II Typ III
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 18
Typ III - moderate Coping-Strategien
J7_K4: Typ 3
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte J7_K4
MW Typ 3
J7_K4 59 51 53 53 55 47 47 46 57 54 55 55 48
MW Typ 3 56 46 46 51 50 51 48 50 51 54 47 49 50
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG EMO PRB PCO NCO
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 19
Belastung und Coping der Kinder
Interview / QIA:
23 (62,2%) von 37 Kindern werden als hoch belastet eingestuft
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 20
Psychische Beeinträchtigungen der Kinder (DIPS, CBCL/4-18 und Interview)
CBCL/4-18 (Einschätzung der Eltern, N=52) :21 Kinder (30,9%): Gesamtskala überdurchschnittliche Werte24 Kinder (35,3%) überdurchschnittlich auf der internalisierenden Skala, 19 Kinder (27,9%) überdurchschnittlich auf der externalisierenden Skala
Kinder-DIPS (Fremdeinschätzung; N=37):19 Kinder (51,4 %) erfüllten die diagnostischen Kriterien für
mindestens eine psychische Störung 17 Kinder mit einer internalisierenden Auffälligkeit
10 Kinder mit einer externalisierenden Auffälligkeit
Generell: .641*, INT: .487*, EXT: .430* *p < .05
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 21DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 21
Prävalenzdaten für Kinder Deutschland 2009
Barkmann, C. 2009: Systematischer Review zurGesamtprävalenzN = 72.978 Kinder und Jugendliche (Metaanalyse) M = 16,22% Primärstudienprävalenz(durchschnittlich, mit der Gesamtvalidität gewichtet)
Hölling, H. 2009: Kinder- und Jugend-GesundheitssurveyN = 14.478 Kinder und Jugendliche14,7% Verhaltensauffälligkeiten nach Elternangaben
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 2215.09.2009 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 22
Coping-Typen und Störungsbilder (DIPS) N=35
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 23
Stressverarbeitung der erkrankten Eltern (SVF-120)
02468
1012141618
Bagatellisierung
Situationskontrolle
Positive Selbstinstruktion
Soziales Unterstützungsbedürfnis
Vermeidung Flucht Soziale Abkapselung
Resignation Selbstmitleid Selbstbeschuldigung
Pharmaeinnahme
Positiv-Strategien
Negativ-Strategien
Mitt
elw
erte
erkrankte Eltern
NormstichprobeSTW95
,036*
,001** ,003**,004**
,043* ,000***
,001**,000*** ,000***
,032*,000***,001**
,000***
*: p<0,05; **: p<0,01; ***: p<0,001; N=51
N = 54
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 24
Stressverarbeitung der Partner (SVF-120)
-2,4838-10,1274-6,30558,00222-3,422Positiv-Strategien2
-3,1773-11,8770-7,52717,00222-3,589Positiv-Strategien
-1,2053-13,1461-7,17567,02122-2,493Positive Selbstinstruktion
-2,7858-10,1348-6,46025,00122-3,646Entspannung
-,8393-8,0837-4,46148,01822-2,554Ersatzbefriedigung
-2,7681-10,0323-6,40021,00122-3,654Ablenkung
-2,1008-9,5707-5,83572,00422-3,240BagatellisierungUpperLowerMean Difference
Sig. (2-tailed)dft
95% Confidence Interval of the Difference
Test Value = 50
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 25
Dyadisches Coping der Elternpaare (FDCT-N)
.019HDCP
-.540DDCP
.197SSDCP
.507ESDCP
-.067SSKE
.057ESKE
RSkala
-.056ADCE
.188HDCE
.065DDCE
-.112SSDCE
.375ESDCE
.078ADCP
RSkala
-.078WDC
.026ZDC
.700VDC
.308SGDC
.542EGDC
-.072RDCE
RSkala
4042444648505254565860
ES
KE
SS
KE
ES
DC
PS
SD
CP
DD
CP
HD
CP
AD
CP
ES
DC
ES
SD
CE
DD
CE
HD
CE
AD
CE
RD
CE
EG
DC
SG
DC
VD
CZD
CW
DC
Erkrankte Partner Norm
ESDCP emotionsbezogenes supportives dyadisches CopingDDCP delegiertes dyadisches Coping des PartnersEGDC emotionsbezogenes gemeinsames CopingVDC Vermeidung von dyadischem Coping
N(erkrankt)=46 N(Partner)=19
N = 18Eigene emotionsbezogene StresskommunikationWirksamkeit des dyadischen Copings
eigenes delegiertes dyadisches Coping
eigener Rückzug
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 26
• Niedrigere Werte der erkrankten Elternteile in „Wirksamkeit des dyadischen Copings“ (WDC): – Ich empfinde die Unterstützung meiner Partnerin und unseren
gemeinsamen Umgang mit Stress als wirksam.
[…], aber ich habe immer wieder versucht, Arbeit zu finden und immer wieder versucht, die Familie - das Ganze zu kitten, durch Arbeit und so weiter. Und da ich sie da sehr enttäuscht habe in
haushaltlichen Dingen, oder in Punkto Liebe auch oder überhaupt, hat sie sich letztendlich von mir getrennt. Dezember
2008.
J12, erkrankter Vater, 31J.
WDC – Erkrankte Elternteile
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 27
• Niedrigere Werte der Partner in„Eigene emotionsbezogene Stresskommunikation“(ESKE):– Ich zeige meiner Partnerin / meinem Partner, dass ich mich
belastet fühle und es mir schlecht geht.– Ich sage meiner Partnerin / meinem Partner offen, wenn ich
gestresst bin und ihre / seine emotionale Unterstützung brauche.
Wobei man die eigenen Probleme, die man selbst hat, die kann man ja nicht ähm…Sagen wir darüber sprechen oder
so, weil die Frau…meine Frau hat ja selbst ihre eigenen Probleme. Wenn ich meine noch dazu gebe, dann hat sie ja doppelt so viele Probleme. Also ne doppelte Belastung. Also
behalte ich meistens meine Probleme für mich selbst und löse die selbst.
Partner (zusammenlebend)\L1_P
ESKE – Partner
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 28
Familiäres Coping
Familie B14
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte B14_E
B14_K
B14_E 38 19 69 63 56 53 55 31 50 49 48 29 71
B14_K 48 62 53 37 61 59 63 64 67 55 70 57 53
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
Familie W6
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte W6_E
W6_K2W6_K3
W6_E 61 19 59 55 63 37 34 36 31 56 29 56 54
W6_K2 41 28 50 52 52 44 49 32 65 43 48 38 45
W6_K3 50 49 59 55 76 50 49 52 51 62 51 57 61
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
Familie A1
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte A1_E
A1_K2
A1_E 48 43 43 42 48 49 61 57 59 42 61 43 41
A1_K2 70 65 67 67 67 47 33 32 54 73 39 72 76
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
Familie L1
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte L1_E
L1_PL1_K
L1_E 38 55 48 53 61 57 59 55 33 48 53 54 49
L1_P 40 36 38 34 54 39 53 59 50 35 55 41 34
L1_K 61 28 57 57 67 55 54 52 58 56 56 53 57
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 29
Familiäres Coping - Familienklima
Familie HB3
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte HB3_E
HB3_PHB3_K2
HB3_E 56 50 35 42 39 59 61 73 52 39 68 41 41
HB3_P 51 46 69 69 46 51 53 31 42 62 40 55 74
HB3_K2 59 32 48 56 56 62 53 52 70 51 62 55 49
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
Wie würdest du das Familienleben beschreiben?Ja, es geht so. Mal ein bisschen anstrengend, bisschen arg anstrengend. Mal sind auch schöne Zeiten, aber eher so die anstrengenden…. Viel Streit halt in der Familie so. Wir streiten uns ziemlich viel über kleine Sachen, die sich dann hochschaukeln. Ja, die dann auch schon sehr stressen und sich dann auch ziemlich bemerkbar machen in der ganzen Familie, eigentlich ja. Ist dann da jeder mit involviert? Ja, meistens schon. Also, es wirft sich halt jeder ein, der eigentlich gar nichts mit der Sache zu tun hat. Ja, es kommen auch viele Missverständnisse so und es wird dann halt nicht geklärt. Also darüber geredet wird eher selten... eher selten.
HB3_K1, Tochter einer erkrankten Mutter, 16 Jahre
Wie würdest du das Verhältnis zu deiner Schwester beschreiben?Hektisch halt. Hektisch?Ja. Und aggressiv auch.
HB3_K2; Tochter einer ekrankten Mutter, 14 Jahre
Die ist schon herb. Also wir beschimpfen uns, sie [Tochter] schmeißt mir Sachen nach. Früher war sie aggressiv und gewalttätig. Und da hat es auch immer geklatscht zwischen uns, weil ich lass mir von meinerTochter keine knallen, ne. Sofort ein paar zurück, so wie sie in den Wald rein ruft, so schallt es raus. Also schon provoziert, sie hat immer Gewalt provoziert … ne ganz blöde Art sich Zuneigung zu holen. Habe viele Gespräche mit ihr geführt und habe ihr das auch so gesagt. Jetzt streiten wir uns einfach nur noch. Also heut Mittag hatten wir es wieder, hat sie gemeint ich wäre da größte Arschloch auf der Welt. ...Und dann sag ich du auch und dann geht´s Auge um Auge, Zahn um Zahn. Dauert aber nie lange. Wir vertragen uns hinterher. Wir mögen uns.
Vater und Partner, HB3_P
Ja die Angi [ältere Tochter] hat dann wiederum auch schlechte Karten so bei mir. Ja schlechter. Das gleicht halt mein Mann aus, so. Mhm mhm, der gleicht das aus. Ja. […] Das war total übel so. Ja und mit dem Interview ging sie auch total ab. Das hab ich ihr dann gesagt, dass das heut Mittag stattfindet. Und dann ist sie auch total abgegangen und total geschrieen so.
Erkrankte Mutter, mit 2 Töchtern lebend, HB3
Expressed Emotion (HEE)
- Feindseligkeit- Hohe Kritikbereitschaft /-äußerung- emotionales Überengagement
Partnerverhalten kann zur Aufrechterhaltung/Verstärkung der Symptomatikbeitragen, bzw. Rückfälle auslösen
► Gefahr der höheren Rückfallhäufigkeit(Berry 2007)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 30
Familiäres Coping - Parentifizierung
Familie L1
20
40
60
80
Skalen
T-W
erte L1_E
L1_PL1_K
L1_E 38 55 48 53 61 57 59 55 33 48 53 54 49
L1_P 40 36 38 34 54 39 53 59 50 35 55 41 34
L1_K 61 28 57 57 67 55 54 52 58 56 56 53 57
BAG ABL SIT POS SUB VER GED RES AGG PCO NCO EMO PRB
Ähm wenn die [Mutter] viel zu tun hat und die das nicht schafft, dann fragt die mich manchmal, wenn die traurig ist. Warum ist deine Mutter manchmal traurig?Mhm, weil sie viel arbeiten muss. Die geht nicht so gerne arbeiten. Und weil sie manchmal auch denkt, dass der Christian sie im Stich lässt so wie mein Vater. Und was sagst du ihr dann? (Pause) Was soll ich da schon…? Dass das halt nicht so ist. Dass er sie nicht im Stich lässt. Und so. Wie ist denn dann das Gefühl so, wenn deine Mutter dich das fragt? Komisch. Na ja, das finde ich irgendwie ein bisschen komisch. Und der Christian, merkt der das? Kann ich nicht so sagen. Ja, ich denke schon, aber er zeigt das eben nicht so, dass er das merkt. Kann auch sein, dass er es nicht merkt. Ich hab es ihm auch schon mal gesagt. Du hast ihm schon mal gesagt? Ja. Was der noch besser machen könnte und so. Falls er (..) (Lachen) Ja…ähm…ich hab zum Beispiel gesagt: „Die Mama ist traurig, weil (..)…weil sie Angst hat, dass du sie verlässt." und so etwas. Und was hat er da gesagt? „Mhm, mhm. Na, was kann ich da tun?„Und was hast du ihm da gesagt? Ja, mehr für sie da sein oder so.
Tochter, 13 Jahre, L1
Also da rede ich schon mit ihr drüber ein bisschen…weilirgendwo brauche ich sie dann auch. Manchmal wenn ich sehr traurig bin, dann ist sie für mich auch noch ein bisschen ein Halt. Auch wenn ich sehr depressiv bin, ist sie für mich ein Rückhalt, nicht irgendwelche schlimmen Dingen zu tun.
Erkrankte Mutter, mit Kind und Partner lebend, L1
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 31
Zusammenfassung• Elternschaftsrate unter schizophren erkrankten Patienten: ca.27%• Coping-Stile der Kinder:
– Typ I: „aggressive Emotionsbewältigung“– Typ II: „erwachsenes Meistern“– Typ III: moderate Coping-Strategien
• Coping-Stile der erkrankten Eltern und Partner: – Ungünstige Profile im Vgl. zur Norm (Flucht, Resignation, Selbstmitleid
der ekrankten Eltern; wenig Bagatellisierung, Ablenkung und Entspannung der Partner)
• Störungsbilder der Kinder: hohe Prävalenzen (35,3% CBCL/4-18; 51,4% Kinder-DIPS)
• Dyadisches Coping: gemeinsame Stressbewältigung erschwert, Ungleichgewicht
• Familiäres Coping: High Expressed Emotion; Parentifizierung
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 32
Fazit für die Praxis• Notwendigkeit der Diagnostik der Stressverarbeitung in Familien mit psychisch kranker
Eltern durch geeignete Verfahren (vgl. Seiffge-Krenke 2007)
• Intervention in den Familien zusammengesetzt aus:– Psychoedukation zu Psychose und Medikation aller Familienangehörigen– Zur Veränderung des negativen Familienklimas: Psychoedukative Rückfallprophylaxe als
Familien-/Paarmanagement• Elternprogramme für psychisch kranke Eltern (zB. AURYN)• Soziales Kompetenztraining • Effektive Problemlösegespräche• Systemischer Ansatz: Integration aller Familienmitglieder
(Hahlweg 2006)• Speziell für Kinder:
Realistische Einschätzung der Kontrollierbarkeit der Situation fördern:
Kontrollierbarkeit erhöhen (z.B. durch Krankheits-Information, Aufklärung)
vs.
Verhinderung von Parentifizierung und Verantwortungsübernahme durch Kinder (Erweiterung kindgerechter Räume und Förderung kindlichen Verhaltens)
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 33
Kuhn, J. & Lenz, A. (2008): Coping bei Kindern schizophren erkrankter Eltern -eine täuschend gute Bewältigung. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 57, 735-756.
Stelling, K., Habers, I. & Jungbauer, J. (2008): Zwischen Verantwortungsübernahme und Autonomieentwicklung: Jugendliche mit einem psychisch kranken Elternteil. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 57, 757-773
Kuhn, J.; Lägel, I. (2009): Kinder psychisch kranker Eltern. Belastungen, Bewältigungen und präventive Maßnahmen. In: Kröhnert, Arthur (Hg.): Die Jugend(hilfe) von heute. Helfen mit Risiko. 1. Aufl. Köln: Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren, S. 241–248.
Hinz, A., Kuhn, J., Decker, O., Lenz, A. & Jungbauer, J. (2010): Lebenszufriedenheit und subjektive Relevanz von Lebensbereichen bei schizophren Erkrankten. Welche Bedeutung haben Partnerschaft undElternschaft? Fortschritte der Neurologie / Psychiatrie.
Zeitschriftenbeiträge
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 34
ZeitschriftenbeiträgeEingereicht: Jungbauer, J., Kuhn, J. & Lenz, A.(2010): Zur Prävalenz von Elternschaft bei
schizophrenen Patienten. Jungbauer, J., Stelling, K., Kuhn, J. & Lenz, A.(2010): Wie erleben schizophren
erkrankte Mütter und Väter ihre Elternschaft? Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie.
in Vorbereitung• Jungbauer, J., Kinzel-Senkbeil, J., Kuhn, J. & Lenz, A. Familien mit schizophren
erkrankten Eltern. Ergebnisse einer fallrekonstruktiven Familienstudie. • Jungbauer, Kuhn, Lenz: Wie zuverlässig können psychisch erkrankte Eltern die
psychischen Befindlichkeiten ihrer Kinder einschätzen? Ist der CBCL ein brauchbares Instrument für die Einschätzung von Risikopotential?
• Lenz, Kuhn, Jungbauer: Zusammenhang zwischen elterlichem und kindlichem Coping in Familien mit schizophren erkrankten Eltern
• Kuhn, Lenz, Jungbauer, Bodenmann: Dyadisches Coping schizophren erkrankter Eltern und ihrer Partner
• Kuhn, Lenz, Jungbauer: Bindungsstile und Partnerschaftsqualität schizophren erkrankter Eltern und ihrer Partner
• Kuhn, Lenz, Jungbauer: Risikoeinschätzung bei Kindern psychisch kranker Eltern: Coping und psychische Beeinträchtigung.
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 35
Lenz, A. (2006). Kinder psychisch kranker Eltern. Göttingen: Hogrefe.
Lenz, A. (2007). Interventionen bei Kindern psychisch kranker Eltern. Göttingen: Hogrefe.
Lenz, A. & Jungbauer, J. (Hrsg.) (2008). Kinder und Partner psychisch kranker Menschen. Belastungen, Hilfebedarf, Interventionskonzepte. Tübingen: dgvt-Verlag.
Literatur
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 36
Neue Literatur zu Interventionen
(Hogrefe, Göttingen, 2009).
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Projektleitung: Prof. Dr. Albert Lenz
Prof. Dr. Johannes Jungbauer
Dipl.-Psychologin Juliane Kuhn
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 38
Aktueller Stand und Ausblick
Ergebnisaufbereitung und Publikation
Datenerhebung
Datenbearbeitung
Datenauswertung
2007 2008 2009 2010
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 39
Elternschaftsrate
47 (35,6%)82 (62,1%)3 (2,3%)
Partnerschaftja
neinkeine Angabe
66 (50%)66 (50%)
Geschlechtmännlichweiblich
N = 132 (100%)
71 (53,8%)61 (46,2%)
Kinderja
nein
24
4742
19
05
101520253035404550
männlich weiblich
Kinder ja Kinder nein
p < .001
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 40
Coping-Typen und Störungsbilder (CBCL) N=35
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 41
Coping-Typen und Geschlecht
07.03.2010 DFG-Projekt „Schizophrenie und Elternschaft“ 42
Coping-Typen und Alter
Zur Situation der betroffenen Kinder
Erhöhtes Risiko, selbst schizophren zu erkranken (Häfner, 2000)
Eine elterliche psychische Erkrankung gilt als gravierender Risiko-faktor für die kindliche Entwicklung (Mattejat & Remschmidt, 2008).
Beeinträchtigte Eltern-Kind-Interaktion (Mattejat, 2002)
Kumulation psychosozialer Stressoren (Ihle et al., 2001):sozioökonomische und soziokulturelle Belastungengeringer Bildungsgrad / Berufsstatus der ElternVerlust wichtiger Bezugspersonenerhöhtes Risiko von Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch