Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Röntgenbild

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(Aus der oto-rhino-laryngologisehen Klirdk [Vorstand: Prof. Dr. K. Amersbach] der deutschen Universit/~t in Prag). Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Riintgenbild. Von Dr. Leonard Kraus. Mit 30 Textabbildungen. (Eingegangen am 9. Mdirz 1931.) A. Einleitung. B. N/~hereBezeichnung des Materials, auf dem sich die Untersuehungen aufbauen. C. Erweiterung des Begriffes Pyramidenspitze. D. Die anatomischen Wege der Spitzenpneumatisation. E. Ihre r6ntgenologisehe Darstellung. F. Die eigentlichen Formen der Spitzenpneumatisation. G. Bedeutung der Spitzenpneumatisation. H. Statistische Daten fiber die Spitzenpneumatisation. Verh/iltnis der Pneu- matisation des Warzenfortsatzes zur Spitze, Verh/iltnis der beiden Spitzen zueinander. I. Die Anfhellungsherde in der Pyramidenspitze und ihre Bedeutung. K. Interessante F/~lle. L. Zusammenfassung. M. Literatur. l~ber die feineren Details der Pyramidenspitze sind wit relativ sps unterriehtet. Woht kennen wit genau die anatomisehen und mikro- skopisehen Einzelheiten des Felsenbeines, wit wissen aueh, dab die Pyramidenspitze versehiedene Gestalt, Form und inneren Aufbau hat, dab sie Spongiosa bzw. pneumatisehe l~/~ume anfweisen kann. Wir kennen letzten Endes aueh die Wege, auf welehen diese Spitzen- pnenmatisation zustande kommt. Uber die n/~here Anordnung dieser pneumatisehen l~ume, ihre H/~ufigkeit, ihre Beziehungen zur Warzen- fortsatzpneumatisation ist allerdings nieht viel bekannt. Der Grund ist wohl darin zu suehen, dab sieh der Kliniker nJcht viel um diese Details gektimmert hat, weil er sie mit pathologisehen Prozessen eben- daselbst nieht n~her in Zusammenhang gebraeht hat. Erst als Gradenigo seinen Symptomenkomplex besehrieb, der dureh pathologiseh-anato- misehe Knoehenver/~nderung der Pyramidenspitze bedingt sei, wendete man der Pyramidenspitze mehr Aufmerksamkeit zu. Die klinisehe Literatur und haupts/~ehlieh theoretische ErSrterungen darfiber sind fiber- reiehlieh vorhanden. Wir wollen darauf nieht n/~her eingehen, da uns hier die Pyramidenspitze mehr anatomiseh-r6ntgenologiseh interessiert.

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(Aus der oto-rhino-laryngologisehen Klirdk [Vorstand: Prof. Dr. K. Amersbach] der deutschen Universit/~t in Prag).

Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Riintgenbild. Von

Dr. Leonard Kraus.

Mit 30 Textabbildungen.

(Eingegangen am 9. Mdirz 1931.)

A. Einleitung. B. N/~here Bezeichnung des Materials, auf dem sich die Untersuehungen aufbauen. C. Erweiterung des Begriffes Pyramidenspitze. D. Die anatomischen Wege der Spitzenpneumatisation. E. Ihre r6ntgenologisehe Darstellung. F. Die eigentlichen Formen der Spitzenpneumatisation. G. Bedeutung der Spitzenpneumatisation. H. Statistische Daten fiber die Spitzenpneumatisation. Verh/iltnis der Pneu-

matisation des Warzenfortsatzes zur Spitze, Verh/iltnis der beiden Spitzen zueinander.

I. Die Anfhellungsherde in der Pyramidenspitze und ihre Bedeutung. K. Interessante F/~lle. L. Zusammenfassung. M. Literatur.

l~ber die feineren Details der Pyramidenspitze sind wit relativ sps unterriehtet. Woht kennen wit genau die anatomisehen und mikro- skopisehen Einzelheiten des Felsenbeines, wit wissen aueh, dab die Pyramidenspitze versehiedene Gestalt, Form und inneren Aufbau hat, dab sie Spongiosa bzw. pneumatisehe l~/~ume anfweisen kann. Wir kennen letzten Endes aueh die Wege, auf welehen diese Spitzen- pnenmatisation zustande kommt. Uber die n/~here Anordnung dieser pneumatisehen l ~ u m e , ihre H/~ufigkeit, ihre Beziehungen zur Warzen- fortsatzpneumatisation ist allerdings nieht viel bekannt. Der Grund ist wohl darin zu suehen, dab sieh der Kliniker nJcht viel um diese Details gektimmert hat, weil er sie mit pathologisehen Prozessen eben- daselbst nieht n~her in Zusammenhang gebraeht hat. Erst als Gradenigo seinen Symptomenkomplex besehrieb, der dureh pathologiseh-anato- misehe Knoehenver/~nderung der Pyramidenspitze bedingt sei, wendete man der Pyramidenspitze mehr Aufmerksamkeit zu. Die klinisehe Literatur und haupts/~ehlieh theoretische ErSrterungen darfiber sind fiber- reiehlieh vorhanden. Wir wollen darauf nieht n/~her eingehen, da uns hier die Pyramidenspitze mehr anatomiseh-r6ntgenologiseh interessiert.

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Belino/] und Balan haben nun in jiingster Zeit die Pyramidenspitzen- pneumatisation an 40 anatomisehen Pr/~paraten genau studiert und damit eine Lficke in unserer Kenntnis der Pyramidenspitze ausgefiillt. Ihr hauptsiiehlichstes Augenmerk riehteten sie einmal auf die absolute Pneumatisation derselben, dann auf das Pneumatisationsverh/~ltnis zwischen Warzenfortsatz und Pyramidenspitze. Sie kamen zu dem Resultate, dab im allgemeinen die Spitze der Pyramide dem Warzenfort- satz analog aufgebaut ist ; beide Pyramidenspitzen desselben Individuums zeigen zwar meis$ denselben Aufbau, doch gibt es eine ganze Reihe yon Felsenbeinen, wo das nicht der Fall ist, und wo Warzenfortsatz und Pyramidenspitze verschiedene Struktur aufweisen. Sie fanden sogar bei vollst/~ndig gehemmtem Warzenfortsatze Zellr/iume in den Pyramiden- spitzen.

Aul~er bei Klinikern und Anatomen erregte aber in den letzten Jahren die Pyramidenspitze das ganz besondere Interesse des RSntgenologen, naeh- dem es gelungen war, das Os temporale relativ gut zur Darstellung zu bringen. Henle versuehte es bereits 1904, ohne alas sich seine Aufnahme durehsetzen konnte. Henschen 1913. Erst Stenvers gelang es 1917, eine brauehbare Aufnahme anzugeben. Sie ist aueh his heute die brauehbarste geblieben. Es gibt eine Anzahl Modifikati0nen yon ihr. Ieh erw~hne nur die yon Fischer.Sgalitzer und LSw.Beer, die beide einen /ihnliehen Strahlengang aufweisen, l~ber die Wiehtigkeit der Stenversaufnahme besteht kein Zweifel, da es mit ihrer Hilfe gelingt, Tumoren dos Porus acusticus, des Kleinhirnbriiekenwinkels, des Clivus usw. zu diagnostizieren. Pi]]l hat noeh vor 6 Jahren bei der Zusammenstellung einiger trans- labyrinth~r operierter Acustieustumoren feststellen mfissen, dub es in keinem Falle gelang, die Erweiterung des Porus r6ntgenologiseh zu dia- gnostizieren. Dutch die fortgeschrittene RSntgentechnik und Erfahrung im Lesen der Bilder sind wir heute in der Lage, in jedem Falle eine grSl3ere Erweiterung des Porus und andere pathologische Prozesse der Spitze darzustellen. Uns Ot01ogen interessieren abet weniger die Tumoren Ms in erster Linie der Aufbau und das Verhalten der Pyramidenspitze bei den einzelnen Pneumatisationshemmungen, bzw. bei den verschiedenen Formen der Otitis. Die akuten und chronischen Formen der Mittel- ohrentziindung stellen das Hauptkontingent in unserem Krankenmaterial dar. Wir legten uns nun die Frage vor, inwieweit wit r6ntgenologiseh imstande sind, auf der Stenversaufnahme odor einer ihrer Modifika- tionen, insbesondere L6w-Beer, evtl. mit Zuhilfenahme der einen oder anderen Aufnahme (Schiiller, Sonnenkalb) als Kontrolle oder ErgAnzung, den Pneumatisationszustand in der Spitze festzustellen. Es kann natiir- lieh nicht glcichg~iltig sein, ob bei einer akuten Mastoiditis oder nicht ausheilenden Otitis media die Spitzenpneumatisation selber vorhanden ist oder nieht bzw. ob pathologische Ver/~nderungen dieser Zellr/~ume erkennbar sind.

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Wir durchsuchten daher unser ganzes Filmmaterial in 4en letzten zwei Jahren. Es sind das etwa 2000 Ohrfi~lle. Herrenheiser und L6w-Beer, die als die ersten in Prag Ohraufnahmen machten, haben einige technische Neuerungen auf diesem Gebiete angegeben, die wir mit gutem Erfolge ebenfalls ihrem Vorschlage gemii• machen, ni~mlich yon jedem Ohr auf einem 24 • 30 Film vier Aufnahmen, und zwar Schidler, Sonnenkalb, Stenvers und Mayer. Wir ]~6nnen so die Pyramidenspitze und den Warzen- fortsatz gut miteinander vergleichen. Selbstverst~ndlich bflden nur schaffe Aufnahmen die Grundlage unsere~ Untersuchungen. Eine Reihe mufiten wir wegen technischer Fehler ausschalten. Jeder, der Stenvers- aufnahmen macht, weiB aus eigener Erfahrung selbst am besten, wie schwer es ist, immer gleichmi~ige Aufnahmen zu bekommen. Die Variabilit~t der Projektionen ist gerade bei dieser Alffnahme eine ziemlich gro6e; dazu kommt noch, da6 die Pyramidenspitze der Platte relativ fern liegt, und deshalb ziemlich verzerrt auf dem Film erscheint. Man mul3 also in tier Beurteilung der Bilder etwas kIitischer als sonst sein. So st z .B. die Unterscheidung zwischen kleinzelliger Pneumatisation und Spongiosierung bzw. einer Kombination yon beidem sehr sehwer. Die Unterscheidung ist oft im Warzenteil nicht zu machen, in der ver- waschenen Spitze abet reine Umn6glichkeit. V~qr muBten uns also damit begnfigen, aus dem gro~en Material nur die markantesten Bilder aus- zuw~hlen. Die R6ntgenaufnahmen stammen aus dem Material der Ohrenklinik, sowohl aus der Ambulanz als aueh den klinisehen F~llen. Es sind also die Mehrzahl der F~lle Otitiden jeglicher Art, aber auch solche, die anamnestisch keinerlei Erkrankung angaben. Eine besondere Aus- wahl aus dem Krankenmaterial win'de nicht getroffen, lediglich die Giite der l%6ntgenaufnahmen war ma~gebend ffir die Verwertbarkeit. Da~ auch viele normale F~lle darunter sind, ist leicht erkl~rlich, da wir ja auch vom anderen gesunden Ohre regelms Aufnahmen anfertigen liel~en.

Ehe wir die 1)neumatisation der Pyramidenspitze n~her betraehten, wollen wir vorher kurz einige anatomische Details rekapitulieren. Unter der Pyramidenspitze verstehen wit eigentlich den medialsten und schmalsten Tell tier Pyramide, der jenseits des Porus acusticus ist. Von wichtigeren Einzelheiten ws nut die Impressio trigemini an ihrer Vorderfl~che uncl der Karotiskanal an ihrer Unterfls zu erwi~hnen. Sie ist entsprechend der iibrigen Pyramide versehieden geformt, verjiingt sich gegen die Spitze zu, die oft etwas aufgebogen erscheint. Ihr eigent- licher Aufbau im Inneren ist ~hnlich dem des Warzenfortsatzes. Wir finden entweder eine pneumar Spitze, eine spongiosierte Spitze bzw. eine Kombinat ion yon beiden, oder eine Sklerosierung, in der wit keinerlei Hohlr~ume nachweisen k6nnen. Am hi~ufigsten weist die Spitze Spongiosierung auf. Wiihrend, wie wir schon vorhin erwi~hnten, der anatomische Begriff der Pyramidenspitze eng zu fassen ist, m6chten wit

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aus klinischen und rSntgenologischen Grfinden ihn etwas weiter fassen. Bei den gewShnliehen Ohroperationen, Antrotomien, Radikaioperationen und Attikoantrotomien kSnnen wir intra operationem nur bis zum eigent- lichen Labyrinthkern und nicht darfiber hinaus vordringen. Um die Spitze bzw. d e n Porus acusticus int. zu explorieren, mfissen wir erst das Labyrinth resezieren, was schon einen grSi~eren Eingriff bedeutet und nicht allzu h~ufig vorkommt, wenigstens im VerhMtnis zu den einfaehen Ohroperationen. F fir unsere Betrachtungen kommt aber nieht nur die Spitze allein in Frage, sondern auch der Teil der Pyramide, der hinter dem oberen vertikalen Bogengang und fiber der Schneeke liegt,

A.bb. 1.

ferner die perilabyrintharen Zellen und die Gegend der Schnecke- Tube- Karotis! Den anatomischen Aufbau dieses Knochens und auch patho- logische Ver~Lnderungen desselben kSnnen wir im RSntgenbild erkennen; aus diesen Erw~gungen heraus wollen wir einen Teil des Labyrinthes, das ist Schnecke, Porus und Meatus sowie Karotiskanal zu der erweiterten Spitze rechnen. Die Einteilung ist eine willkfirliche, doch erweist sie sich als praktisch. Das wird uns sofort klar, wenn wir ein Stenversbild n~her betrachten. Im groBen und ganzen unterscheiden wir drei Hauptteile; der erste umfai~t das Mastoid samt Sinus, Tegmen antri und Antrum, der zwcite Tell den eigentlichen Kern mit den Labyrinthhohlriiumen und der dritte die anatomisehe Spitze mit Impressio trigemini und Karotiskanal.

Da wir aber das ganze retrolabyrinthi~re Zellsystem erfassen wollen, und nieht nur die eigentlich kleine und unbedeutende Spitze, mfissen wir eine etwas andere Einteflung treffen. Wir wollen als zur Spitze geh6rig einen groBen Tell des zweiten Abschnittes reehnen und den ganzen dritten, es entspricht das demjenigen Absch~fitt, der entsteht,

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Die P y r a m i d e n s p i t z e n p l m u m a t i s a t i o n im l~Sntgeabi ld . 311

wenn wir uns durch den oberen vertikalen Bogengang eine Linie quer durch das Felsenbein gezogen denken, wie es obige Zeichnung illustriert: Die eigentliche Konfiguration der Schnecke und die Weite des Porus und Meatus interessieren uns nicht weiter.

Ffir die Betrachtung der Pyramidenspitze kommt in erster Linie die Aufnahme nach Stenvers in Frage, da auf ihr allein die Spitze frei yon stSrenden ~lberlagerungen erscheint; als Erg/inzung bei gewissen Fragestellungen die Schii]leraufnahme; bei dieser ist allerdings die Spitze meist vom Kieferk6pfchen iiberdeckt. Alle ~nderen Aufnahmen sind nieht verwertbar. Die Unterseheidung, wie die Spitze selbst aufgebant ist, ist oft schwer. Am leichtesten kann man schlieBen, wenn eine aus- gedehnte Pneumatisation im Warzenfortsatz oder eine ausgesprochene Helnmung vorhanden ist. Bei letzterer ist es natiirlieh wahrscheinlich, dab in der Spitze ebenfalls keine Luftr/tume vorhanden sin&

Nach Wittmaack ist ja die Pneumatisationshemmung auf irL der Kindheit durehgemaehte Otitiden zuriiekzufiihren. Wenn schon im Warzenfortsatz keine Zellen ausgebildet sind, ist es wahrscheinlieh, dal~ sie auch in der S10itze fehlen. Bei der guten Pneumatisation im Warzenfortsatz ist es andererseits hock lange nieht sicher, ob aueh die Pyramidenspitze pneumatisiert ist. Denn es ist ja sehr leicht m6glich, dab der Pneuma~isationsvorgang am Labyrinthkern Halt gemaeht hat. Aueh die r6ntgenologisehe Unterseheidung, ob Spongiosa oder Zellen vorliegen, ist oft sehwer.

Man sieht in der Spitze oft sine regelm~Bige k6rtfige Struktur, die aber trotz guter Pneumatisation im Warzeiffortsatz als Spongiosa anzuspreehen ist. Belino//hat in einem verh~iltnisms grol3en Prozent- satz bei vollstgndiger Pneumatisationshemmung im Warzenfortsatz Zellumina der Spitze feststellen k6nnen. Wit konnten trotz genauen Suehens nieht ein einziges Mal Spitzenpneumatisation bei totaler Hemmung konstatieren. Wenn wit gelegentlieh die oben erwghnten, k6rIfigen aufgehellten Strukturvergnderungen sahen, hielten wit sie ftir Spongiosa.

Bez/iglich tier Besehreibung der Spitze im g6ntgenbild ist nieht viel zu sagen, da sie ja bekannt ist. Man erkennt auf der Stenversaufnahme seharf die obere Begrenzung der Pyramide mit der Spitze. Der untere Teil setzt sieh oft gegen den Clivus nieht gut ab, man sieht darin eine naeh unten konvexe LiNe, die dem Karotiskanal entsprieht; an der Spitze erkennt man gelegentlieh die Impressio trigemini. Der Porus und Meatus mit seinen Einzelheiten ua4 4er umgebenden Labyrinthkapsel setzt sieh meist seharf gegen die fibrige Struktur der Spitze (Spongiosa oder Pneumatisation) ab. E. G. Mayer sehreibt in seinem Buehe, dag die .Gestalt der Spitze sehr weehselnd sei. Der obere Kontur ,zerl~uft flaeh, manehmal f/illt e r a b , und manehmal zeigt er eine aufsteigende Tendenz. Beztiglich der Pneumatisation der Spitze erw~hnt er den

Archly f. Ohren-, Ngsen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 128. It . t . 21

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peritubaren Weg nnten oder den Weg yon hinten und lateral fiber das Labyrinth spitzenw/~rts. Stenvers selbst geht in seinem Blwhe auf die Spitzenpneumatisation nieht n/~her ein. Er erw/~hnt sie nm" gelegentlieh

A.bb. 2.

und schreibt: ,,Daft die Zellen des Mastoids sich bis an die Spitze des Felsenbeines fortsetzen kSnnen. Es seien diejenigen F/~lle, die pr/~- disponiert sind zur Enr einer Meningitis oder des Gradenigoschen

.A.bb. 3.

Symptomenkomplexes. Auch komme es vielfach vor, dab die Zellen sich ausbreiten bis in den Bereieh des Porus acusticus internus. Dies kSnnte unter Umst/~nden irrefiihrend wirken, dab dort eine Arrosion best/~nde."

Daft die Pyramidenspitze neben verschiedener Gestalt eine dreifaehe Struk~ur zeigen kann, beweisen am besten die folgenden 3 Bflder, auf

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denen man je eine oneumatisehe, spongiosierte und sklerotische Spitze sehen kann.

Aus den Untersuehungen frfiherer Autoren wissen wir, d~B nur eine bestimmte Anzahl yon Spitzen pneumatisiert sind. Auf die Einzelheiten kommen wit sparer noeh zu spreehen. Vorlgufig interessierml uns die Wege, anf denen diese Spitzenpneum~isat ion zust~nde kommt, denn es ist ja klar, dab sie yore Mastoid her sich medial ausbreiten muB und nieht selbstgndig entstehen kann. Welche Wege sind das nun nnd wie welt lassen sie sich r6ntgenologisch erkennen ? Aus den Untersuchungen yon Mouret-Portmann-Wittmaack-U//enorde-Lange-Mayer, O. u. a. wissen

A1)b, t .

wit, dal~ dies hauptsgchlich auf 2 ~regen geschieht. Die eine Zel]gruppe kommt veto !geeessns epitympanicus nnd zieht sieh fiber den oberen vertikalen Bogengang, unter der Kortikalis zungehst in die Gegend de*" Fossa snbareuata un4 setzt sioh oberhalb des Porus gegen die eigentliehe iPyramidenspitze zu fort. Die zweite Hauptgruppe kommt yon den peritnbaren bzw. hypotyrnpanalen Zellen un4 zieh$ sieh hypolabyrinth/s um die Cochlea nnd Karotis gegen die Spitze zu. Sie bleibt mehr im unteren und breitm:en Tell der Pyl"amide lokalisie~t. Aneh einen d~itten Weg de," Spitzenpnenmatisation mSehten wir annehmen; er vollzieht sieh mit Hilfe der perilab~'inthgren Zellen im engeren Sinne. Sie si~ld meistens sehr klein und regdmgBig, dringen zwisehen den einzelnen Bogenggngen Vestibnlum nnd Coehle~ yon l~ter~l medialwgrts nnd bevorzugen mehr den mittleren Teil der Pyramide bzw. Spitze.

Die klinisehe Bedeutnng dieser Zellgrnppen war im grol~en und ganzen schon v. Tr~iltsch bekannt nnd seitdem ist ja von versohiedenen Autoren

21"

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darauf hingewiesen worden. Sie kSnnen einerseits bei Erkrankung des Zellsystems im Warzenfortsatz mit erkranken und so zu schweren Komplikationen ffihren oder trotz ausgeheflten Mittelohrrgumen erkrankt bleiben. Haupts~chlich sind es zwei Momente, die eine Rolle dabei spielen, und zwar kann der yon ihnen ausgehende Krankheitsherd einmal ins Labyrinth einbrechen oder aber eine tSdliche Meningitis bzw. einen Hirnabscel] verursaehen. Im a]lgemeinen wird dabei die Hinterfl~che der Pyramide bevorzugt. Das erkl~rt sich aus anatomischen Grtinden, da ja die Vorderfl~che viel kleiner ist und nicht so viel Zellen enthgltundda dieKarotis dort verl~nft. Aul~er den topographischen Verhgltnissen spielt dabei aueh der Infektionserreger eine Rolle. Nicht jede Spitzenpneumatisation ist bei der akuten Otitis oder Mastoiditis gef~hrlieh, meist ist der Streptococcus mueosus oder Diplokokkus mit im Spiele. Bei der Niehtausheilung solcher Spitzenherde spielen die Abflu6bedingungen eine gro6e Rolle; es sind s Verh~itnisse, wie wir sie bei peribulbgren, retrosinuSsen Zellen usw. finden, ein Umstand, auf den U//enorde aufmerksam macht. In erster Linie ist also die Topographie des Zellsystems ffir solehe Komplikationen ver- antwortlich zu maehen. Es sind solehe histologisehe Befunde mehffach eingehendst besehrieben worden. Ich erwghne nur die Arbeiten yon Lange, Griinberg, Brock, U/]enorde, Goerke u.a. Brock besehrieb einen Fall, wo yon einer Empyemzelle ganz an der Pyramidenspitze eine tSdliehe Meningitis ausging. Ostitisehe oder osteomyelitisehe Prozesse ghnlieher Lokalisation kommen auch bei chronischen Otitiden und Choleste- atomen usw. vor, Haymann und O. Mayer beschrieben ebenfalls histo- logisch seh5ne Einschmelzungsherde. Auf die Symptomatologie dieser Pyramidenerkrankungen wollen wir nieht ngher eingehen. Im Vorder- grund stehen jedenfalls die starken Sehmerzen und der eigenartige Verlauf der Krankheit. Aueh beztiglieh der peritubaren bzw. hypo- tympanalen Ze]len, also der ersten Etappe der Spitzenzellen sind klinische Beobaehtungen bekannt, ebenso fiber die Erkrankung der Spongiosa bzw. des oberen Zellzuges (fiber dem oberen vertikalen Bogengang), wie O. Mayer in zwei F~tllen zeigen konnte. Knick meint zwar, dal~ vom perflabyrinth~r erkrankten Zellsystem selten Kom- plikationen ausgehen, aber wie oben erw~hnt, sind sie doch bekannt.

Wir woUen nun versuehen, ob und wie sieh die einzelnen Wege rSntgenologisch darstellen lassen. Wenn es aueh ffir die Diagnose eines retrolabyrinth~ren Herdes nieht direkt notwendig ist, ist es sieher nicht gleichgfi]tig, ob man den ~berleitungsweg zu diesem Herd kennt. Denn meistens wird es auch eine direkte 13berleitung geben, wenn wir yon den Resorptionsherden in der Spitze fern vom Herde der Erkrankung oder einer Metastasierung absehen. Der ~berleitungsweg wird meistens aueh den Gang der Operation oder den Entlastungsweg bestimmen.

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Am leichtesten und exaktesten k6nnen wir den oberen Zellweg erkennen, wenn Pyramidenspitzenzellen vorhanden sind und die Pneumatisat ion fiber den oberen vertikalen Bogengang gegangen ist. Es fiegt das daran,

.~bb. 5.

weil die obere P3R'amidenpartie im I{6ntgenbild durch keine anderen Knochenteile verdeekt wird, sondern sieh seharf abhebt. Dieser Zellweg stellt sieh meist so dar, dab unter der Kortikalis yore 10eriantralen System

Abb. 6. llclativ g'ut, c PnomnatisaLion im "r cino l~eihe Yon Zellen boi g, die m i l e r tier :lsXortikalis gegen di~ :P:y~-amidonspit, ze zu z iohen u n d s ich soh'a.rf a b s e t z e n .

~usgehend eine Gruppe ,Ton feinen Zellen fiber dem oberen Bogengang medialw'hrts zur Fossa subarcuata zieht. Dort verbreiten sieh meist diese Zellen und sind ganz genau zu erkennen. Je nachdem das Massiv des vertikalen Bogenganges yon dem oberen Pyramide~kontur entfernt ist, sind such diese Zellen direkg fiber dem Bogengang mehr oder weniger sehm~ler oder breiter. Unmittelbar hinter dem Bogengang verbreiten

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sie sich fast immer. Im weiteren Verlaufe ziehen sie darm je nach der Pneumatisation nach medial und bflden eine Zellreihe, die fiber dem Porusmassiv unter der Kortikalis bis an die s Spitze zieht.

2Lbb. 7.

Gelegentlich verbreiten sie sich wohl auch mehr gegen die Mitre um den Porus herum. Die Zellreihe yon der Fossa subarcuata ab is~ verh/~ltnis- m/~Big oft sehr regelmi~f~ig uncl die einzelnen Zellen retativ gro6. Dieser

dr

Abb. 8. Kind l i che r ~Varzenfortsatz m i t beg innender P y r a m i d e n s p i f z e n p n e u m a t i s a t i o n bei a.

Zellzug ist nicht in allen F/tllen roll ausgebildet, manchmal macht er auf halbem Wege Halt oder ist nut angedeutet, bisweilen endigt er in tier Fossa subarcuata. Einzig auf der Stenversaufnahme ist seine Beurteilung mSglich. Auf der Sehfilleraufnahme ist er zwar gelegentlich erkennbar, aber nieht verlaillich. Im allgemeinen ist also zu sagen, daft er fast immer naehweisbar ist, wenn Spitzenpneumatisation vor- handen ist.

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Der zweite Weg geht, wie oben erw~hnt, yon den peritubaren bzw. hypotympanalen Zellen aus. Diese Ze]]gruppe liegt auf der Schiiller- aufnahme, wie E. G. Mayer festgestellt hat, v o r u n d unter dem s GehSrgang in dem unteren Teile der Pyramidenspitze. Auf der Stenversaufnahme ist diese Zellgruppe oft schwer erkennbar, sie kann oft nur vermutet werden, da sie sieh in die Gegend der Pauke projiziert und dor~ versehiedene stSrende Knoehenlinien dariiber gehen. Bei der eigent- lichen Erkennung der Spitzen bzw. perilabyrinth~ren Zellen medial zu ist es umgekehrt. Man sieht dann am Stenvers besser.

Die zweite Zel]gruppe geht also yon der peritubaren Gegend bzw. mehr vom Hypo tympanum aus und zieht sich an der Unterfl/~ehe der Pyramide um Karotis und Sehnecke medi~lw~rts zu. Man sieht anf tier Stenvers- aufnahme dann um die Schneeke eine wabige Struktur, die gegen die Spitze zu meist deutlieher wird. Die Luftrs medial sind oft besser und scharfer zu sehen, da sic racist gr6Ber sind und unbedeekt erseheinen. Bekanntlich ist die Stelle der Pauke auf der Stenversaufnahme am undeutlichsten, da dort Zygomatikuswurzel, Crista lateralis usw. sieh darauf projizieren, ws die eigentliche untere mediale Spitze wieder frei erscheint. Nur die Karotis liegt dort, die aber weiter keinen st6rcn(ten Sehatten gibt und leicht abzugrenzen ist. Der zweite ZelIweg ist also sehon nieht mehr so cinfaeh naehzuweisen, und ben6tigt eigentlieh zum exakten Nachweis zwei Aufnahmen. Er finder sieh meist bet ausgedehnter Pneumatisation im Warzenfortsatz, oder dann, wenn die Spitze pneu- matisierL ist und auch der untere Tell des Warzetffortsatzes gute Pneu- matisation aufweist; man sieht ihn gemeinsam mit dem oberen Weg, aber aueh isoliert wie das folgende Bild illustriert. Oft ist die Unter- scheidung, ob untere Zellen vorliegen oder nut Spongiosa sehr sehwer, und nur dem Erfahrenen m6glieh. M~n mul3 sieh in solehen F~llen mehr nach kleinen Anzeiehen riehten und kann keine bestimmten Riehtlinien daftir angeben (Pneumatisation mehr im unteren Teil des Warzerffortsatzes, wabige Struktur um die Cochlea usw.). Fehldiagnosen sind jedenfalls m6glieh.

Der dritte Weg der Pyramidenspitzenpneumatisation ist der peri- labyrinth5re im engeren Sinne. Eigentlieh geh6ren die ersten beiden auch hierher, es sind eigcntlieh immer perilabyrinth~re Zellen, yon denen die Pyramidenspitzenpneumatisation ausgeht; wegen der guten Darstellung und der M6gliehkeit des exakten Naehweises haben wir sic abet gesondert besprochen. Wie stellt sieh nun diese Zellgruppe dar ? Wenn wit die R6ntgenbilder bei den versehiedensten Aufnahmen darauf- bin nntersuehen, so Iinden wit, dal3 vor Mlem die Sehfiller- und Stenvers- aufnahme heranzuziehen ist. Bei der Aufnahme naeh Mayer ist sie gar nieht oder selten und bei der nach Sonnenkalb ebenfalls sehwer zu beurteilen. Wenn wit nns vergegenw/~rtigen, dag diese Zellen meist sehr klein sind, und zwisehen den ]dogenggngen, Vestibulum und Sehnecke

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3] S Leonard Kraus:

sich medial driingen, leuchtet es ohne weiteres eiu, daI3 sie yore Knochen- massiv des Labyrinthkernes leicht abgedeck% werden. Tatss kaml man bei vielen Aufnahmen nichts dariiber aussagen, und mull aus anderen

Abb. 9.

Uberlegungen die Pneumatisation der Spitze nachzuweisen versuchen. Sind diese Zellen aber sehr ausgepr~gt oder zahlreich, darm sehen wir sie sowohl auf tier Schfiller- ~ls aueh Stenversaufnahme. Auf ersterer haupt- s~chlich dann, wenn der Verlauf des Sinus zwischen oberem Knie und

_kbb. 10. Gute P~eumat i sa t ion i m Waxze~for~satz, s t a rk ausgebi lde te Zellen im un~eren Antei l der Pyramidonspi tzo bei a (unterer Weg).

Bulbus gut ausgepri~gt ist (Schiillers Pyramidenfeld). Wenn im Warzen- fortsatz eine exquisit gute Pneumatisation vorherrscht, und die peri- labyrinCh~ren Zellen aueh spitzenw~rts sich fortseCzen, dann erscheint der Labyrinthkern oft nur als ein k]einer Knochenring, der aul~en yon wabiger Struktur umgeben und innen durch die beiden Porus aeustiei ausgeh6hlt ist. Die Pyramiedenspitze sehen wit dann meist aueh ganz hell; solche Bilder sieht man nicht allzu oft, wenn man sie aber sieht, kann man mi$ BestimmCheit sagen, dal3 perflabyrinth~re Zellen vorhanden sind. I m Mlgemeinen sind perilabyrinth~re Zellen retrolabyrinthi~r als

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solche nicht mehr nachweisbar. Wenn sic dort vorhanden sind, kann man nicht mehr erkcnncn, ob sie voln erstcn oder dri t tcn Weg kommen. Es liegt das wohl auch an der Projektion der Pyramidenspitze, die plattcnfern erscheint. Ebenso wie bei dem zwcitcn Weg lassen sick die perilabyrintharen Zellcn oft schwcr yon dcr Spongiosa differenzieren. Man sieht oft aueh auf der Schiillcraufnahme Aufhellungen an der Spitze, die am Stenvcrs fchlen. Man mul~ daher mit dcr Deutung solchcr Auf- hellungsherde vorsichtig sein.

Wcnn sick auch bei guter Spitzenpneumatisation nicht alle Wege nackweisen lasscn, einer oder der andcre ist fast immer erkennbar. Es wird Aufgabe weiterer Forschungen sein, die Falle mit obigen Destruktionsherden an der Pyramidenspitze zu sammeln unct kritisch zu verwerten. Die meisten Autore,1 sind sick einig, da6 sic bei akuten Otitiden yore perilabyrinth/~ren Zellsystem ausgehen. Wir miissen trachten, solche Herde auch r6ntgenologisch zu diagnostizieren, um einen evtl. Weg ffir die Operation zu finden. Da6 gewisse Zellgruppen for einc Nichtausheilung nach einer Antrotomie verantwortlich zu machen sind, haben uns 0. Mayer, U//enorde u. a. gezeigt.

P[hnlich wie im Warzenfortsatz k6nnen wir auch in der P)u'amiden- spitze gewisse Pneumatisationstypen unterscheiden. Die Einteilung ist natiirlick eb~facher zu machen und wit wollen 3 Grade unterscheiden. Zuerst die gute Pncumatisation, wo die ganze Spitze yon Luftraumen erffillt ist, die mehr oder miader regelmaltig sind. Als zweite Gruppe jene Spitzen, bei denen nur vereinzelt Hohlraume sich nachweisen lassen, das waren z. B. nur einige wenigc Zellen hinter dem vertikalen Bogengang, octer ein feiner singularer Zellzug im unteren Teil der Pyramide, eine isolierte Zelle in cter Spitze, oder wenige perilabyrinth/ire Zelleu mehr in der Mitte tier Pyramide. Als letzter Grad ware die absolute Hemmung zu nennen, wo also keinerlei pneumatische Hohh.aumc sick retro- labyrinthar nachweisen lassen und die Spitze entweder spongiosiert ocier sklerosiert, mit einem Wort kompakt ist. Bei diesen Fallen bekommt mau oft eigentiimliche Bilder. Der Labyrinthkern t r i t t namlich bei spongiosierter Spitze (oft bei Kindern zu sehen) ganz plastisck hervor, das andere Mal zeiehnet er sich yon dem iibrigen Knochen ~ficht allzu scharf ab.

I m allgemeinen ist zu sagen, da~ die feinen, schlanken un4 schmalen Spitzen meist keine Zcllraume aufweisen; wenn Zellraume vorhanden sind, ist die Spitze meist breitcr unct aucb hoeh. Ob die Kleinheit der Spitze die Ursache odor die Folge der fchlenden P~teumatisation ist, laitt sich r6ntgenologisch nicht entschciden.

Is t die ganze Pyramide um die Langsachse starker gedreht, so folgen auch die Zellen dieser Drehung und speziell an der oberen Gruppe ist das zu konstatieren. Die gute Pneumatisation der Pyramidenspitze ist relativ leicht zu erkcnnen. Man sieht auf der Stenversaufna.hme die

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820 Leonard Kraus:

Kortikalis oben gut konturiert, meist dtinn, in der Spitze fiber dem Porus und naeh medial unten zu eine feine wabige Struktur. Einzelne Septa oft sti~rker, die Zellgruppen gelegentlich gut voneinander zu unterscheiden. I m unteren Teile der Spitze die Karotis, die aber nieht immer hervortrit t . Den oberen Zellweg kann man bei diesen F/tllen fast immer gut verfolgen; unmittelbar hinter dem oberen Bogengang, dort wo bei gehemmter Pneumatisation die Fossa subarcuata sich deutlich marMert, sieht man mehrere ldeine oder 2- -3 gr61~ere Zellen, die medial rosenkranzartig welter ziehen. Die peritubaren Zellen erkennt man an der Aufhellung bzw. Wabenstruktur um Cochlea und Karotis. Die perilabyrinth/~ren Zellen sieht man am besten im sog. Pyramidenfeld nach Schiiller.

Eine etwas grSBere Variation bildet die sog. mittlere Pneumatisation. Ieh bin mir bewul3t, daft die Einteilung in gute, mittlere und schleehte Pneumatisation eigentlich eine willkfirliche ist. Nach den feinen und ausfiihrlichen Untersuchungen yon Wittmaack wissen wit, daft die Pneumatisationseinteilung ja eine viel kompliziertere ist und es die versehiedensten Typen mit den diversen l~bergangsstadien gibt. Auf Grund seiner histologischen Untersuehungen h/ingt die Pneumatisation in erster Linie yon dem Zustand der Schleimhaut ab. So wichtig es w/ire, der Wittmaackschen Einteflung zu folgen, so schwer ist es, rSntgeno- logisch die verschiedensten Typen auseinander zu halten. Wir haben in den vorliegenden Untersuehungen das Hauptgewicht auf die r6ntgeno- logisehe Darstellbarkeit des Zellsystems gelegt, und mtissen notgedrungen die etwas gr6bere Einteilung in gute, mittlere und sehleehte Pneumati- sation beibehalten. Bei der mittleren Pneumatisation sieht man nun die versehiedensten Formen. Es ist oft nut die eine Zellgrupp~ oder nur eine Zelle ausgebildet. Diese tr i t t oft sehr plastisch hervor und ist gut zu erkennen, speziell wenn sie zum oberen Weg geh6rt. An der oberen Pyramidenbegrenzung sieht man oft 2--3 kleine oder eine grol3e Zelle, meist sehon ziemlieh weir in der Spitze. Singulitre Luftr/~ume k6nnen dabei dureh die Sutura sphenosquamosa abnorm groft und versehleiert erseheinen. Lang gezogene Zellen an der Unterfl/tche der Pyramide geh6ren aueh hierher. Nieht verwechseln mit einer Zelle im medialen Teil der Spitze, daft man einen ausgezogenen Porus. Es gibt Felsenbeine, bei denen der 8. Hirnnerv sehr schr/ig in den Labyrinthkern eintritt und der Porus abnorm ausgezogen ist. Am g6ntgenbild imponiert bei fliich- tiger Beobaehtung so eine Spitze als pneumatisiert. Man schiitzt sieh aber Ieicht, wenn man fiberlegt, dal3 solche t tohlr/mme direkt dem Porus ent- spreehen. Auch mit der Impressio trigemini ist eine Verweehslung m6glieh.

Aueh an der ganzen Konfiguration des medialsten Kerntefles hat man einen Anhaltspunkt; es ist ni~mlich bei solchen F/~llen die Umgebung des Hohlraumes viel diehter. Auf einzelne interessante F/tlle wollen wir sp/~ter eingehen.

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Die Pyramidenspitzenpneumatisation im t~Sntgenbild. 821

Welche Bedeutung hat nun die Spitzenpneumatisation fiir die Klinik ? U//enorde sagt im Handbuch Katz.Blumen/eld: ,,Wiewei~ eine geeignete I~6ntgenuntersuehung in Fgllen mit ostitischen oder osteomyelitischen Pyramidensl0iCzenherden die Diagnose weiterbringen kann, darfiber

Abb. 11.

fehlen noch Erfahrungen. Sehon aus dem Nachweis eines zellreiehen Warzenfortsatzes diirfen wit auf perilabyrinthgre Zellen sehlieBen." Dazu m6ehte ieh folgendes bemerken: Dureh die fortgesehrittene Teehnik

'Abb . 12. ~uto Pneu lna t i sa t ion im Warzenfor t sa tz , a.bnorm lang'e Aufhel lung in der Pyramidonsp i tze boi a (ilni)ressio tr igomini) .

sind wir heute imstande, exakt die Spitzenpneumatisation festzustellen und werden friiher oder spgter aueh sieher solehe Herde diagnostizieren und aueh genau lokalisieren. Den Weg der Spitzenpneumatisa~ion k6nllen wir heute sehon naehweisen, ebenso die Pneumatisation selbst, genau wie beim Warzenfortsatz.

In den meisten F/~llen kSnnen wit sogar sehon sagen, dag sie gemeinsam mit den anderen erkrankten Zellen im Warzenforgsatz versehleiert sind

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822 Leonard Kraus:

oder mehr oder minder frei geblieben sind. Um eine sichere Destruktion fes~zustellen, mfif3te man fiber me~'ere F/file verffigen. In der Literatur sind einige solche Ft~lle bekann$, und aueh wit verffigen fiber ein derartiges

Abb . 13.

Bfld. Auf die eigen~liche Symptomatologie bzw. Klinik derartiger l~rozesse, ich denke da an den Gradenigo-Symptomenkomplex, darauf wollen wit nieht n/~her eingehen. Tats~chlich sind solche Knoehen-

Abb . l l . Re la t iv galto P n o u m a t i s a ~ i o n i m W a r z o n f o r t s a t z bei 0 t i l l s reed. a c u t m ; in der P y r a m i d e n s p i t z o bei ~ b i rnfOrmigo AufheI lung .

prozesse wiederhol$ histologisch beschrieben worden, und an uns liegt es nun, solche Herde auch rSntgenologisch darzustellen. Sie sind bei ent- sprechenden Aufnahmen und richtiger Beurteflung sieher erkennbar. Eisinger har im Buche yon E. G. Mayer eine genaue Zusammenstellung der bis jetzt beschriebenen RSntgenbilder beim Gradenigo-Symptomen- komplex gegeben; ein Toil dieser F~lle scheint nich~ verwertbar zu sein, da die RSntgenbefunde nich~ ganz klar sind. Die Falle von Bigler,

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Die Pyramidenspitzenpneumatisation ira g6ntgenbild. 8'2~I

Neumann, Schlander, Mayer und Eisinger sind aber doch klinisch und rSntgenologisch gut bearbeitet und lassen eiaen Sehlull zu. Eisinger kommt zum Ergebnis, dab der RSntgenbefund dem klinischen Befunde meist en%spricht, 5fter geringer, 5fret auch gr61]er ist. Auffallend an allen diesen Fallen ist, clal~ sie s/tmtlich ohne Operation geheilt sin4, trotz manchmal - - wenigstens rSntgenologisch - - weitgehender ZerstSrungen (Defekte, Aufhellungen usw.) in clef Spitze. Wir haben wiederholt aueh verd/tchtige Pyramidenspitzen unter unserem Material im RSntgenbfld gesehen; sie fanden sich bei akuten Otitiden, Mastoiditiden, nicht aus- heilenden Antrotomien oder Rezidiven naeh solchen mit den ent- sprechenden Symptomen. Auch bei uns heilten s/tmtliche F/tlle kon- servativ aus. Diese tiberraschende ~bereinst immung in der ]~eurteilung solcher F/tlle gibt uns allerdings zu denken. Es dtirfte wohl der RSntgen- befund bier immer mehr anzeigen, als de facto vorhanden ist. Es ist doch nicht anzunehmen, dab ein wirldicher ZerstSrungsherd (Abscessus usw.) der tieferen Pyramide jedesmal ausheilt, wo er doch topographisch- anatomiseh so we~fig Chancen dazu hat. Man denke nut an den er- sehwes~en Abflul~, N/the der Meningen usw. In den bis jetzt beschriebenen Herden scheint es sich um Entkalkungen, grSItere, sekretgefiillte Hohl- r/tume usw. zu handeln. Klinisch ist tats/tchlich abet eine Anzahl yon F/tllen bekannt, die nicht ausheilten und solche mfissen wir rSntgeno- logisch aufznnehmen traehten. Leider ist es so, dab solehe Patienten nleist schwer krank sind und schwer zu photographieren sind. Allzu hs kommen sie aul~erdem aueh ~fieht vor. Die Versehleierung der Spitzenzellen kSnnen wir schon unterscheiden. Speziell bei spezifischer Erkrairkung im Warenfortsatz (Tbc.) haben wir 2 F/tlle gesehen, wo die Spitzenzellen effektiv mitbeteiligt waren, ebenso bei luetischen zerebralen Affektionen. Es wird viel Erfahrung dazu gehOren, um }tier exakte Arbeit zu leisten.

Wir dm:ehsuchten etwa 2000 Ohrf~Ile, konnten aber nur 604 F/tile dazu verwenclen, davon 30 Doppeff/ille, alas sind jene F/tlle, deren lin]r und reehtes Ohr auf der Stenvers~ufnahme gut getroffen waren. Die auffallend geringe Zahl yon Doppelf/tllen erkl/trt sich damit, dal~ wir nieht immer yon beiden Seiten einen Stenvers machen, und davon aueh nicht alle Bilder in punkto Spitze verwertbar sind. Unter diesen 604 Felsenbeinen wiesen

177 eine gute Pneumatisation, 193 eine nfittlere Pneumatisation, 243 eine vollst/tndige Pneumatisationshemmung

im Warzenfortsatz auf. Die Pneumatisation des" Pyramidenspitze verteilte sich folgendermal~en:

46 Spitzen zeigen eine gute Pneumatisation; in 97 F/tllen konnten in des" Spitze Zellen naehgewiesen werden (mittlere Pneumatisation)und bei den iibrigen 461 war keinerlei Raumbildung nachweisbar. Wir

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8P,4 Leonard Kraus:

finden also absolut gerechnet in 143 Fallen yon 604 Fallen eine retro- labyrinthare Zellbildung, d. i . 23,7o/0 . Also etwa ein Viertel samtlieher Felsenbeine hat pneumatisierte Spitzen.

Wenn wir die einzelnen Gruppen naher betrachten, so sehen wir,

A b b , 15.

dal3 yon den 177 gut pneumatisierten Warzenfortsatzen 45 auch eine gute Spitzenpneumatisation aufweisen, 58 eine mitr Spitzen- pneumatisation und 74 Falle, die absolut gehemmt sind. Von den gut

'- ( ' - ~ j. --jli

2~bb. 16. ~ e r s c h l e i e r u n g e iner Sp i t zenze l l engruppe (a) bei t ube rku lSse r Nastoidii~is.

pneumatisierten Warzenfortsatzen ist also eine bedeutend hShere Zahl (103) spitzenpneumatisiert, und zwar 58,20/0, also die Halfte der gut pneumatisierten Warzenfortsatze hat auch Spitzenraume. Immerhin ist aber auffallend, dal~ fast in der Halfte der Falle trotz guter Warzen- ~ortsatzpneumatisation die Pneumar in der Spitze fehlt. Bedeutend weniger Spitzenpneumatisation finder sich bei Fallen mit sog. mittlerer Warzenfortsatzpneumatisation. Nur in einem Falle konnte eine gute

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Die Pyramidenspitzenpneumatisation im R6ntgenbfld. 325

Spitzenpneumatisation dabei festgestellt werden. Von den 193 F~llen hat ten nur 39 eine mittlere Spitzenpneumatisation. Der Prozentsatz dieser Spitzenpneumatisation betrs 21~ also nur ein Fiinftel. Die iibrigen 153 F/~lle wiesen ebenfalls keine Zellr/~ume in der Sloitze auf.

Die letzte Gruppe war die einfaehste; eine sichere Zellgruppe konnte unter den 234 total gehemmten Warzenforts/ttzen in keinem Falle naehgewiesen werden.

Auf das absolute Verh/~ltnis der einzelnen Warzenfortsatzpneumati- sationen woUen wit nicht erst eingehen, das ist yon Zuckerkandl u. a. wiederholt festgestellt worden. Uns interessiert hier nur die Beziehung der Warzenfortsatzpneumatisation zur Spitzenpneumatisation und letztere an uncl fiir sich. Brock land unter 152 F/tllen, dig nieht n/~her gekennzeiehnet sind, l I Spitzenpneumatisationen, d. i . 7,20/0 . Belino/ und Balan fanden sogar in 350/0 der F/~lIe Spitzenpneumatisation, also eine relativ viel h6here ZahI. DiG untersuehte Zahl der Felsenbeine betrug allerdings nur 40. D .h . es gibt, naeh diesem Autor, fast so viel Spitzenpneumatisationen, als es pneumatisierte Warzeifforts/~tze gibt. Wir fanden yon 177 gut pneumatisierten Warzenforts/~tzen 103 mit Pyramiden- spitzenpneumatisation, das ist etwa 580/0, also die H~lfte, eine Zahl, dig mit Bdino/ nieht fibereinstimmt. Von den 193 F~llen mittlerer Warzenfortsatzpneumatisation kommen 39 auf ebensolehe mittlere Spitzenpneumatisation und nur 1 Fall auf gute Spitzenpneumatisation; im ganzen also 40, d. i . 21~ . Mit einem Wort, yon 370 iiberhaupt pneumatisierten Warzenforts~tzen haben 143 P3a'amidenspitzenzellen, also nur 380/0 und Ifieht 100~ . Auffallend ist, dab wit in keinem der gehemmten Warzenfortsatzf/tlle, das sind 234, eine Spitzenpneumatisation naehweisen konnten, obwohl das Belino/ in 2 yon 40 _Fallen feststellen konnte. An seinen Untersuehungen ist nieht zu zweifeln, da sie ja anatomiseh untersueht wurden. Wir miissen annehmen, dab uns da die R6ntgenaufnahme im Stiehe lagt, sonst h/ttte man das doeh bet der groBen Zahl der untersuchten F~tlle einmal sehen miissen. Vielleieht gibt es doeh aueh im R6ntgenbild solehe F~lle; es mfigten das solche F~lle sein, bet denen ~;oi' ahem in der Pyramidenspitze bet gehemmtem Warzenfortsatz ein zentraler Aufhelhmgsherd zu sehen ist.

Interessant sind nun die Betraehtungen fiber die doppelseitigen F~lle, d. h. jene, wo wit beide Warzenforts/~tze und beide Spitzen miteinander vergleiehen konnten. Die Gesamtzahl betr/~gt 70, also 140 Pyramiden. I m Vergleieh. zu der grof3en Anzahl der durchgesehenen ]~ilder und der 600 F.~lle eigentlieh keine hohe Zahl. Der Grund liegt darin, da[t wit eben night yon jedem Ohr alle Aufnahmen (gemeint ist reehts nnd links) gemaeht haben, und wenn sie schon u sind, waren sie oft nieht zu verwerten, weft die Projektionen bet der Stenversaufnahme allzusehr variierten. Wenn wit nun n~her zusehen, so l~13t sich zwanglos eine gewisse Gruppen- und Typeneinteilnng maehen. Die erste und grSgte

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326 Leonard Kraus:

Gruppe ist die, bei der Warzenfortsatz uncl Spitze auf beiden Seiten symmetrischen Aufbau zeigen, d .h . beide Warzenforts~tze und ebenso beide Spitzen gut pneumatisiert sind, bzw. die Warzenforts~r mittelgut und auch die Spitzen einen solchen Aufbau zeigen. Es sind im ganzen 21 F~lle, also ein Drittel. Allerdings f~llr die Mehrzahl auf die totale Hemmung, wo eben beide Warzenfortsi~tze und beide Spitzen gehemmt sind.

Die n~chste Gruppe betrifft diejenigen F~lle, bei denen oifenbar die Spitzen beiderseits symmetrisch um einen Grad geringer pneumatisiert sind, also z .B. beide WarzenfortsiiCze gut und beide Spitzen mittel- pneumatisiert sind, oder beide Warzeifforts~tze mittelpneumatisiert und beide Spitzen gehemmt erscheinen. Ihre Anzahl betr~gt 13, dazu kommen noch 3 F~lle, die dieselben absteigenden Pneumatisationslinien haben, wo nur zwischen rechts un4 links eine Differenz besteht. Also z .B. rechter Warzenfortsatz gut, rechte Spitze mittel, linker Warzen- Iortsatz mittel und linke Spitze gehemmt pneumatisiert erscheinen. Im ganzen 16, also etwa ein Viertel aller F~lle. Das Charakteristikum dieser Gruppe ist demnach die verminderte Pneumatisation der Spitze gegenfiber der des Warzenfortsatzes.

Eine weitere Gruppe sind 9 F~lle, die um 2 Grad beziiglich der Spitzenpneumatisation sinken, d. li. wo beide Warzenfortsiitze gut und doch beide Spitzen absolu~ gehemmt sind.

Der Rest yon 24 F/~llen 1/~13t sicli in kein Schema bringen, da die Warzenfortsiitze uncl Spitzen versehie4en kombiniert erscheinen.

Absolut genommen interessiert uns noch, wie bei den 70 doppel- seitigen l~iillen die Spitzen in jedem Falle sieh zueinander verhalten, ohne jede Riicksicht auf die Pneuma*isation im Warzenfortsatz. Da zeigt sich nun, dab in 52 F/~llen, d. i. in drei Viertel der F/~lle die Spitzen selbst symmetriscli gebaut sind.

Die Spitzenpneumatisation scheint in erster Linie yon der Beschaffen- heir der Pneumatisation im Warzenfortsatz abzuh~ngen; wenn irgend- welche StSrungen dort eintreten, wird sich das auch in der Spitze aus- wirken. Der symmctrische Aufbau der Spitzen 1/~Bt aber aucli annelimen, dal~ der anatomische Bau cler Spitze selbst, bedingt durch gewisso Kon- stitutionskomponenten, dabei eine Rolle spielt. Keine Bedeutung h/~tte dieser Punkt, wenn wir in der Mehrzahl gehemmte Warzenforts/~tze und gehemmte Spitzen unter den 140 ~/~llen h/itten; es ist ja klar, dai3 bei gehemmtem Warzenfortsa~z keine Zetlen in der Spitze zu finden sincl. Wir haben es wenigstens in dem ganzea Material nicht ein einziges Mal beobachtet. Man kSnnte auch dann yon keinerlei Konstibution sprechen, weft eo ipso alle Spitzen fast symmetrisch sein mfiBten. Wir hatten abet unter den 140 Felsenbeinen (70 doppelt) 103 davon pneu- matisiert, und zwar 63 gu$ und 40 mittel; es mul~ also dieser Einwurf abgelehnt werden un4 doch eine Konstitutionskomponente bei der

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Die Pyramidensloitzenpneumatisation im R6ntgenbild. 327

Spitzenpneumatisation mitspielen, nieht nut St6rungen yon seiten des Warzenfortsatzes.

Eine besondere Bespreehung erfordern noeh gewisse r6ntgenologisehe Ver~nderungen in der Pyramiden~pitze. Wie wir sehon oben erw/~hnten, sehen wir bei pneumatisierten Spitzen pathologisehe Ver/~nderungen bei akuten Otitiden bzw. Mastoiditiden ira Sinne yon Versehleierung der Spitzenstellen, ganzer Hecde hinter dem oberen Bogengang, Kon- fluierung mehrerer Spitzenzellen usw. Abgesehen yon diesen Herden bei pneumatisierter Spitze gibt es eine ganze Reihe yon Ver/inderungen bei vollkommen gehemmter Spitze. Wenn wir viele Stenversaufnahmen bei ehronisehen Otitiden mit oder ohne Cholesteatom durchsehen, so linden wit in ei~em nieht geringen Prozentsatze der Fglle Aufhelkmgen in der Pyramidenspitze. Die meisgen Pyramidenspitzen, soweit sie nieht vollkommen sklerosiert sind - - also die spongiosierten oder gemisehten Spitzen - - , zeigen sehon an sieh eine gewisse Aufhellung. Wenn n~tmlieh die Kortikalis der Pyramide etwas dicker ist, also die Spongiosierung der eigentliehen Sloitze auf einen kleinen Raum beschrgnkt ist, die nach augen vom Labyrinthkern, -con unten her durch die Karotis noch ein- geengt wird, dann erseheint dem fliiehtigen Beobaehter eine pathologisehe Helligkeit, die abet vollst/~ndig normal ist und dureh genaue Beobaehtung unter Berficksiehtigung der oben erw'~hnten Umst~nde erkannt werden kann. Sloeziell vorsiehtig mug man dann sein, wenn es sieh um kindliehe Pyramiden handelf. Die Stenversaufnahme ist da oft besond_ers scharf und auetl die Gr61~emmtersehiede sitld anders a.ls beim Erwaelasenen. W/~hrend n/~mlieh bei letzterem die ganze Pyramide, also Warzenfortsatz und Spitze in einem gewissen ausgegliehenen Verh/fltnis zur Labyrinth- kal0sel steht, finder sieh bei S/tuglingen und kleinen Kindern ein deutliehes MiBverhaltnis. W/~hrend in spateren Lebensjahren der Warzenfortsatz und die Spitze an Gr6ge zutmhmen, ist der Labyrinthkern mehr oder minder bei Kindern in seiner zuktinitigen GrSge angelegt. Dieser grebe dunkle Kern stieht dann gegen die kleine spongiosierte Spitze meist seharf ab. Die ttelligkeit der Spitze darf in solehen F/~llen nieht als paghologiseh betraehtet werden, sie ist relativ.

Es gibt eine Gruploe yon F/~llen, bei denen Aufhellungen der Spitze vorhanden sind, die trotzdem nieht paghologiseh zu nennen sind. Es sind das meisg diffuse Aufhellungen, die in tier Spitze selbst zu liegen seheinen nnd aueh tiber sie hinausgehen. Sehon E. G. Mayer sagt, dab sie wohl dutch Vertiefungen der Seh/tdelkapsel entstehen, also nur in die Sloitze hinein projiziert sind. Langenbeek erw/thnt sie ebenfalls und r/~t dann, eine Stereoaufnahme zu maehen, bei der das Bild leieht aufgel6st und der Aufhellungsherd als nieht zur Spitze geh6rig gedeutet werden kann. Wenn man genau zusieht, oder noeh eine zweite Aufnahme, die ja der ersten hie ganz gleieht, maeht, kann man eventuell, diese ]?/ille aueh ohne Stereoaufnahme diagnostizieren. Sie sind nieht mlr dutch die

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Igiehlkopfheilkunde. Bd. 128. I t . 4. 2~

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328 Leonard Kraus:

Verdfinnungen der Sch/~delkapsel allein bedingt, sondern auch dureh den anatomischen Aufbau der Spitze selbst; wie wir wissen, verjfingt sich die Pyramide medial zu stark, ferner ist sie noch ira unteren und vorderen Abschnitt durch die Karotis ausgehShlt und vorne oben durch die weehselnd grol~e Impressio trigemini eingebuchtet. Wenn nun eine kleine Spitze da ist, die medial stark spongiosiert ist, so kann beim Zusammentreffen obiger Umst/~nde ein Aufhellungsherd resultieren, der an sich keine pathologisehe Bedeutung hat.

DaB eine kleine Zelle oder etwas grSi3ere Spongiosar/~ume durch die fiber die Spitze laufende Sutura sphenosquamosa vergr513ert werden und ffir pathologiseh gelten kSnnen, haben wir sehon frfiher erw/s

Wenn wi. ~ alle diese Fehldeutungen aussch]iei~en, bleibt unter unserem Ohrmaterial doch eine ganz stattliche AnzahI yon FAllen fibrig, die wirldiche Aufhellungsherde in der Spitze haben. Unter welchen Um- st/~nden linden wir sie nun und wie sind sie zu erklaren. Um es gleieh vorwegzunehmen, sehen wir relativ die meisten Aufhellungen bei totalen Pneumatisationshemmungen und darunter vorwiegend bei chronischen Otitiden und bei Cholesteatomen. Mit Labyrintheiterungen, was vielleicht anzunehmen w/~re, haben sie wahrscheinlich niehts zu tun. Wir haben wenigstens Aufhellungsherde in keinem Falle yon Labyrinthitis gesehen. Wir konnten verschiedene Labyrinthaffektionen rSntgenologisch sieher diagnostizieren. Ob die Aufhellungsherde mit gewissen frischen, ent- zfindlichen Erseheinungen (akute Exazerbation oder akutes Rezidiv) bei vorhandenem Cholesteatom zusammenzubringen sind, konnten wir nicht entscheiden, ist aber wohl anzunehmen. Im allgemeinen dfirften die Aufhellungsherde anf Entkalknng zurfickzuffihren sein. Dal~ man sie gerade an der Spitze am besten sieht und nieht in den ns Labyrinthteilen, liegt am anatomisehen Aufbau and an der sch/~rferen Darstellung der Knoehenstruktur an der Spitze. MSglich, dab sie aueh an der Labyrinthkapsel histologisch nachweisbar wi~re. RSntgenologiseh am Labyrinthkern solche Ver/~nderungen festzustellen, geht derzeit noch nicht an.

Ob diese Herde bei Cholesteatomen und bei chronisehen Entzfindungen mit mesotympanaler Perforation eine klinisehe Bedeutung haben, I/s sich derzeit noch nieht mit Sicherheit feststellen. Wir haben sie jedenfalls auch bei F/~tlen konstatiert, wo keinerlei besondere Spitzensymptome vorhanden waren. In 3 F/~llen sahen wir sie auch nach Antrotomien: Hier waren allerdings klinische Symptome vorhanden. Trotz aus- geheiltem Mittelohr klagten alle diese Patienten fiber starke Kopf- schmerzen im Bereich des ganzen Trigeminus. Es ist daher wahrseheinlieh, dab diese Herde damit in einem Zusammenhange stehen. Der direkte Beweis ist natfirlich nicht leieht zu erbringen. Man mfiBte diese Felsen- beine zur histologisehen Untersuchung bekommen. Die Tatsache, dal~

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Die Pyramidenspitzenpneumatisation im I~6ntgenbild. 3'29

in tier Pyramidenspitze bei den verschiedensten Prozessen im Mittelohr sich Aufhellungsherde linden, steht jedenfalls lest. Ffir einen grogen Teil haben wh" auch klinisehe AnhMtspunkte daffir, dab sie wirkliehe

~kbb. 17.

entzfindliehe oder kalkresorbierende Prozesse im Knochen der Spitze d,~rstellen. Trotz dieser positiven Befunde ist ein grol~er Tell dieser F~tlle

_~kbb. 18. Die Zellen i m ~Varze~fortsatz mlsgerSumg, ii~ der P y r a m i d o n s p i t z e ein D e s t r u k t i o n s h e r d bei a,. (Aufnahme nach Schi~ller.)

ohne klinisehe Bedeut.ung. Wir mfissen jedenfalls diesen Vergnderungen weiterhin unser Augenmerk zuwenden, und bei Mastoiditiden und Antro- tomien, die langsam ausheilen, ferner aueh bei Cholesteatomfgllen, die fiber sts Kopfsehmerzen klagen, die Pyramidenspitze genau auf pathologisehe Vergnderungen untersuehen.

22*

Page 24: Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Röntgenbild

330 Leonard Kraus:

W i r haben in dem bisher Ausgef i ihr ten zum Teil einige typ i sche Beispiele illustrier~. E in grSBeres Mater ia l ist in einer kurzen Abhand lung unm6glich zu demonst r ieren . Ich m6chte im folgenden einige besondere

Abb. 19.

F/~lle bringen. Sic re ihen sich in das Vorhergesagte zwanglos ein und sollen im groBen und ganzen auf die Wicht igke i t des R6ntgenbi ldes der Py ramidensp i t ze hinweisen.

Abb. 20; Fast ~otale Pneumatisationshemmung bei O~itis meal. chron., Aufhellnngsherd in der PFraraidenspitze bei a.

1. Fall. Metzger (Herpes zoster oticus dexter). Beiderseits gute Pneumatisation des Warzenfortsatzes, die linke Pyramidenspitze

sicher pneum~tisiert, in der rechten etwa I/2 cm fiber dem Porus eine 1/~ngs ovale Aufhellung, die oben bis an die Cortikalis, medial bis an die Spitze reicht, nach oben seharf begrenzt ist und nach unten zu in die Spongiosa allm/~hlieh iibergeht.

Page 25: Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Röntgenbild

Die Pyramidenspitzenpneumatisation im RSntgenbild. 3.31

Der Zusammenhang des Aufhellungsherdes mit dem Herpes ist wahrseheinlieh. Eine 0titis konnte nicht naehgewiesen werden. Ob eine lokale ser6se Meningitis oder eine prims Neuritis als Ursache des Herpes zoster angenommen wird, ist

Abb. 21. (F~ll)Ietzger.) l~.

gleiehgiiltig; eine Verhnderung in der Pyramidenspitze ist jedenfalls vorhanden, ob prim/~r oder sekund/~r, ist nieht zu entseheiden.

2. Fall. Dole i al (La, byrinthse(tuestration), siehe K . A mersba& : l~6ntgenkongreB C. S. I~. 1929.

Linkes Ohr o .B. Reehtes Ohr ehronisehe Otitis. Entfernung des ganzen

Abb. 22. (Fall Metzger.) 1s t~olativ gnlte Pnmm~atis~tion im Warzenfortsatz, in der Pyramidettspitzo Aufhellung bet a.

sequestrierten L~byrinthes intra eperationem. Linkes Ohr gute Pneumatisation im Warzenfortsatz. Aueh die Pyramidenspitze gut pneumatisiert, speziell der obere Zellweg deutlieh, man sieht mehrere gleiehm~gige Zellen unter der oberen Pyramidenkante jenseits des ]~ogenganges, Die eigentliehe Spitze weist ebenfalls pneumatisehe lg/~ume auf, der nntere Zellweg ebenso deutlieh; kein pathologiseher

Page 26: Die Pyramidenspitzenpneumatisation im Röntgenbild

332 Leonard Kraus:

Befund zu erheben. Rechtes Ohr: Totale Pneumatisationshemmung im Warzen- fortsatz. Erweitertes Antrum, Defekt des Tegmen antri, keine feinen Labyrinth- zeichnungen erkennbar, der ganze Labyrinthblock bis inklusive Porus aeusticus

Abb. 23. (Fall 1YIetzger.) L.

internus durch eine breite Demarkationslinie aus dem Felsenbein isoliert, die eigentliche Spitze intakt.

Bei einer chronischen Otitis wird wegen einer Fazialislghmung, Surditas und Unerregbarkeit des Vestibularis die Radikaloperation gemacht. Bei der Operation

2kbb. ~g. (Full 5Ietzger.) L. Gute Pneumatisa~ion, Zellon o. B.

gelingt es, ohne jedwede Duraverletzung das ganze sequestrierte Labyrinth in einem Stfick zu extrahieren. Heilung. Der Fall ist, abgesehen yon seiner relativen Selten- heir, es bestand kein Cholesteatom, keine Tuberkulose, sondern eine rarefizierende Ostitis, nicht nut wegen des gtinstigen Ausganges interessant, sondern aueh beziiglieh seiner Demarkation und der rSntgenologischen Darstellung; Die Demarkationslinie des Sequesters folgte fast haargenau dem Zellsystem, wie es am anderen Ohr die Pyramidenspitze ausffillte. Aus den histologischen Untersuehungen solcher Falle, wie sie Lange, G6rke, U//enorde, Hinsberg u. a. besehrieben, wissen wir, dab zu einer

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Die Pyramidenspitzenpnenmatisation im R6ntgenbild. 33g

Labyrinthsequestration der VersehluB der Arteria auditiva interna gehSrt und sekund~r erst der Block sequestriert. Wenn wir die R6ntgenbilder betraehten, ist es doeh nieht ganz ausgeschlossen, d~[l sich die rarefizierende Otitis und Ostitis

Alob. 25. (Fall Lienert.)

primgr im perilabyrinth~ren Knoehen (Spongiosa) ausbreitete, bzw. gleiehzeitig mit dem Verschlug der Endarterie ihretl Verlauf nahm.

Ausfiihrliehe Publikation dieses FMles erfolgt an anderer Stelle. 3. Fall. Lie~ert (Otitis media aeuta dextr~, Mastoiditis, Antrotonfie).

Abb. 26. (Fall IAenert.) 1%. Naeh tier Operation der Aufhollung'sher,I bei a, gTSfler, verschloierte Zellgruppe bei b.

R6ntgenologiseh im Warzenfortsatz ausgedehnte Pneumatisation, s~tmtliehe Zellen verschattet, beginnende Knoehendestruktion an der Spitze und periantral. ttillter dem oberen Bogengang nnd fiber dem Porusmassiv eine stark verschMerte Zellgruppe, der obere Zellweg deutlich erkennbar, eine Reihe kleinerer Zellen im unterell Teile der Pyramidenspitze; in der Spitze selbst zentral, mediM, ein bohnen- groBer deutlieh scharf begrenzter Aufhellungsherd.

Operation wegen Mastoiditis, keine Heilungstendenz, trotz guter Ausrhumtmg. SenkungsabszeB am Halse. Zweite RSntgenauf~hme: Warzenfortsatz gut aus-

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334 Leonard Kraus:

ger/~umt, der Aufhellungsherd der Spitze doppelt so groB, setzt sich vorwiegend in dem unteren Teile der Spitze fort, seharfe Grenzen. Erysipel, Heilung.

Schon ante operationem konnte bei Mastoiditis und mittlerer Spitzenpneu- matisation ein Aufhellungsherd in der Spitze, der aber nieht dureh versehleierte

2~bb. 27. (Fall Hoffmann.)

Zellen bedingt war, festgestellt werden. Nach der Operation und naeh 3 Woehen deutliche Vergr6Berung dieses Herdes. Heilung. Drit te Kontrolle konnte nieht gemaeht werden. Der Herd diirfte dureh Kalkresorption infolge der entzfindlichen Vorg/~nge in den Mittelohrr~umen bedingt gewesen sein. Auffallend waren nur die

Abb. 28. Fall Hoffmann.) Operativer Defek~ im Sinne einer An~ro~omie bei a; bei bder scharf begrenzte, doppel$ konturierte Spitzenherd.

starken Kopfsehmerzen des 1%tienten. DaB der Herd mit dem MittelohrprozeB in Zusammenhang stand, beweist seine Vergr69erung naeh der Operation bzw. Weiterbestehen des entziindlichen Prozesses.

4. Fall. Ho]/mann (Gradenigo). Wegen Mastoiditis und Sinusthrombose wird der Warzenfortsatz ausger/~umt und

die Jugularis unterbunden. Ebenso der Sinus oben abtamponiert. Nach. 6 Wochen ist Patient geheilt, das Ohr troeken. N a c h weiteren 4 Wochen kam Patient wieder mit folgenden Beschwerden: Zeitweise Doppeltsehen, starke Kopfschmer~en auf der operierten Seite, ins Auge ausstrahlend. RSntgenaufnahme: Warzerffortsatz

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Die I)yramidenspitzenpneumatisation im RSntgenbild. 335

ausgergumt, Labyrinth o.B., Spitze spongiosiert. Jenseits des Porus eine grol]e scharf begrenzte, doppelt konturierte, fast die ganze Spitze einnehmende Aufhellung. Geh6r gut, keine Abducenslghmung. Auf konservative Behandlung Heilung.

Abb. 29. (Fall Vauickov's

:DaB der Aufhellungsherd in Zusammenhang mit den Kopfschmerzen stand, ist ohne Zweifel. Ob ein wirklieher Knoehendestruktionsherd oder nur eine Ent- kaIkung best, and, konnten wir nieht entscheiden, wahrscheinlieh ist das Erstere.

Abb. 30,

/

FallVanicko~-~.) Ei~selmmlzungsherd im "W~rzcnfor~satz bei a, Aufhelhmgshcr4 in dor l~ bei b.

Patient entzog sieh der weiteren Behandlung, wir konn~cn das Verhalten des Herdes nicht weiter verfolgen.

Fall 5. Vanickovd (Cholesteatom). R. 0. : Totale Pneumatisationshemmung, grebes Cholesteatom im Attik und

Antrum, das weit nach unten reicht. Labyrinth o . B . Die Pyramidensitze spongiosiert, unmittelbar hinter dem Porus, welt nach medial und abw~rts reichend, eine grebe Aufhellungszone. Es diirfte sich um einen gew6hnlichen Entkalkungs- herd gehandelt haben, der bedingt war dureh den chronisehen MittelohrprozeB (Cholesteatom).

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336 Leonard Kraus:

Wie wir schon oben erw~hnten, sehen wir solche Herde ohne Cholesteatom und Pneumatisationshemmung relativ hi~ufig.

6.Fall. Schwarz, Isidor (Otitis media aeuta recidivans bei guter Pneumatisation). R6ntgen: Warzenfortsatz sehr gut, aber leicht unregelm~Big pneumatisiert,

die Zellen in der N~he des Antrums stark versehattet, die l~andzellen frei; in der Pyramidenspitze, die sehr breit ist, sieht man mehrere Zellen, die versehleiert sind; in der Mitre eine gr6~ere Zelle, die durch die Naht vergr6Bert erscheint.

Bei einem akuten Rezidiv, wo nur ein Teil des Zellsystems im Warzergortsatz erkrankt ist, sieht man verschleierte Spitzenzellen.

7. Fall. Blahova. Akute Otitis mit Zerst6rung der hinteren Geh6rgangswand. Im Warzenfortsatz bis auf wenige Zellen totale Pneumatisationshemmung.

Im Attik und Antrum ein DestruktionsprozeB nachweisbar, der die hintere Geh6r- gangswand bereits zerst6rt hat. Die fibrigen Zellen verschattet. Labyrinth o. B. In der Spitze jenseits des Porus ein groBer zentraler Aufhellungsherd.

Bei guter sonstiger Knochenzeictmung sieht man bei rarefizierender akuter Otitis einen solchen Aufhellungsherd.

Zu den gezeig~en Bildern mSchten wir noch einige Bemerkungen allgemeiner Natur hinzuffigen. Wenn die Kortikalis des Warzenfortsatzes sehr dick ist, ~anden wir moist schlanke Spitzen, die keine Pneumatisation aufwiesen, auch wenn der Warzenfortsatz mindestens mittlere Pneumati- sation zeigte. Ebenso fanden wir trotz groBem und breitem Warzen- fortsatz auch bei Hemmungen schlanke Spitzen. Bezfiglich der Pneumati- sation wi~re zu erw~hnen, daft der obere Weg der Pyramidenspitze meist ausgebildet ist, wenn die Mehrzahl des pneumatischen Systems eben/alls im Warzenfortsatz mehr oben gelegen ist; die eigentliche Warzenfortsatzspitze kann dabei sogar gehemmt sein. Eine groBe Fossa subarcuata darf nicht verwechselt werden mit Zcllen, speziell, wenn sie lang ausgezogen erscheint. Die Zellen dcr Spitze werden oft vergr6Bert dutch die darfiber laufende Sutur, Impressio trigemini oder durch Ver- tiefungen der Sch~delkapsel. Bci Kindern finder man oft schon friih- zeitig Spitzenpneumatisation. An der Trigeminusstelle sieht man oft Aufhellungen, die die obere Pyramidenkontur durchbrechen, das sind abet keine Zellen. Bei bestehender Mastoiditis und vorhandener Spitzen- pneumatisation sind die Spitzen selbst meist auch mit verschleiert. In solchen F/fllen bestehen oft starke Schmerzen im Gebiet des Nervus V. Man sieht bei Mastoiditidcn auch oft in der nieht pneumatisierten Spitze Aufhellungsherde, die nicht mit Zellen verwechselt werden dfirfen.

Ergebnisse. Bei guten Stenversaufnahmen lgBt sich in einer hohen Prozentzahl

der F/~lle die Pneumatisation der Pyramidenspitze nachweisen, je besser die Bflder, desto sicherer die Erkennung.

Die Pneumatisation der Pyramidenspitze vollzieht sieh auf drei Wegen, die relativ gut im RSntgenbild erkennbar sind. Speziell der Weg fiber den vertikalen Bogengang ist am besten zu sehen.

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Die Pyramidenspitzenpneumatisution im R6ntgenbild. 337

Wie im Warzenfortsatz gibt es auch in der Pyramidenspi tze drei F o r m e n yon Pneumat i sa t ionsgraden; die gute, mit t lere Pneumat i sa t ion u n d als dri t tes die to ta l gehemmte, kompakte Spitze.

Die Pneumat i sa t ion der Pyramidenspi tze hs in erster Linie yon der Pneumat i sa t ion des Warzenfortsatzes ab, wenn auch eine gewisse ~egelmiLl~igkeit im Aufbau beider Spitzei1 unabh~ngig vom Warzen- for tsatz besteht. I n vielen F/~llen geling~ es, die isolierte oder Mit- e rkrankung der Spitzenzellen fes$zustellen.

I n der Pyramidenspi tze sieht m a n in einer grol3en Anzahl von F~llen zentrale Aufhellungsherde, die sich vorwiegend bei chronischen Oti t iden u n d Cholesteatomen l inden. E in grofter Tell davon sind Entka lkungs- herde. Auffallend ist, dab solche Spitzenherde meist kliniseh mit s tarken Trigemimlsschmerzen einhergehen.

Ungef/ihr ein Viertel aller Felsenbeine weist Pneumat i sa t ionsr~ume in den Spitzen auf. Je besser aber der Warzenfortsatz pneumat is ier t ist, desto hSher die Prozentzahl der Spi tzenpneumat isa t ion. Von den ideal pneumat i s ie r ten Warzenforts~Ltzen zeigen ungef/ihr die I-I'~lfte gute Aus- b i ldung der Spitzenzellen. W e n n im Warzenfortsatz totale Pneumat i - sa t ionshemmung besteht, lassen sich auch rSntgenologisch keine Pneu- mat isat ionsr~ulne in der Spitze erkennen.

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