Die Potsdamer Studie in der Perspektive der Gratifikationskrisentheorie von Johannes Siegrist...
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Die Potsdamer Studie in der Die Potsdamer Studie in der Perspektive der Perspektive der GratifikationskrisentheorieGratifikationskrisentheorievon Johannes Siegristvon Johannes Siegrist
Workshop im Zentrum für Lehrerbildung - Self-Assessment
20.1.2006
GliederungGliederung
(1) Theoretische Grundlagen des Modells
(2) Gratifikationskrisen bei Lehrkräften
(3) Empirische Absicherung eines Interventionsprogramms
(4) Fazit
Arbeitsvertrag als gesellschaftliches Arbeitsvertrag als gesellschaftliches Tauschverhältnis von Leistung und LohnTauschverhältnis von Leistung und Lohn
Lohn, Gehalt Wertschätzung Aufstiegsmöglichkeiten,
Arbeitsplatzsicherheit
Veraus-gabung
Belohnung
Anforderungen Verpflichtungen
Prinzip der Reziprozität
Modell der beruflichen GratifikationskriseModell der beruflichen Gratifikationskrise
Lohn, Gehalt Wertschätzung Aufstiegsmöglichkeiten,
Arbeitsplatzsicherheit
Veraus-gabung
Belohnung
Anforderungen Verpflichtungen Verletzung der Verletzung der
ReziprozitätReziprozität
GratifikationskriseGratifikationskrise
DisstressDisstress
Gründe für die Aufrechterhaltung Gründe für die Aufrechterhaltung des Ungleichgewichtsdes Ungleichgewichts
(1) Fehlender Arbeitsplatzalternative Es können soziale Zwänge vorliegen, die eine günstigere Tätigkeits- bzw.
Berufswahl nicht zulassen „Lieber eine schlechte Arbeit als gar keine!“
(2) Strategisches Verhalten Gratifikationskrisen werden in Kauf genommen, wenn erwartet wird, dass
diese Vorleistungen später honoriert werden (z.B. durch eine Beförderung)
(3)(3) Psychische Disposition: übersteigerte Psychische Disposition: übersteigerte Verausgabungsneigung (Bezug zur Potsdamer-Studie)Verausgabungsneigung (Bezug zur Potsdamer-Studie) Stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Erfolg, Kontrolle und AnerkennungStark ausgeprägtes Bedürfnis nach Erfolg, Kontrolle und Anerkennung
Veraus-gabung
Beloh-nung
Übersteigerte berufliche VerausgabungsneigungÜbersteigerte berufliche Verausgabungsneigung
Erwartung (übersteigerte Verausgabungsneigung)
Veraus-gabung
Belohnung
Lohn, Gehalt Wertschätzung Aufstiegsmöglichkeiten,
Arbeitsplatzsicherheit
Anforderungen Verpflichtungen
Erwartung (übersteigerte Verausgabungsneigung)
Personen mit einer übersteigerten
Verausgabungsneigung können keine angemessene Einschätzungen bezüglich
Anforderungs- und Bewältigungsmöglichkeiten
treffen
Extrinsische und intrinsische Extrinsische und intrinsische Verausgabung IVerausgabung I
hoheVerausgabung
extrinsisch intrinsisch
- Anforderungen
- Verpflichtungen
-kritische Bewältigung d.h. berufliche Kontrollbestrebungen
Extrinsische VerausgabungExtrinsische Verausgabung erfolgt aufgrund des extern vorgegebenen Anforderungsprofils,
welches arbeitsplatzspezifisch ist
Intrinsische VerausgabungIntrinsische Verausgabungresultiert aus einer besonders ausgeprägten Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers
beide Verausgabungsformen wirken im beruflichen Kontext zusammen und können nicht als voneinander isoliert betrachtet werden.
Extrinsische und intrinsische Extrinsische und intrinsische Verausgabung IIVerausgabung II
FragebogenFragebogen Mit dem Fragebogen von Siegrist sollen
psychomentale und sozioemotionale Arbeitsbelastungen im Sinne des Modells beruflicher Gratifikationskrisen erfasst werden.
Der Fragebogen ermittelt VerausgabungVerausgabung am Arbeitsplatz (5 Items/eine Skala)
erhaltene BelohnungBelohnung (in Form von Gehalt, Wertschätzung, Arbeitplatzsicherheit sowie berufliche Aufstiegsmöglichkeiten) (11 Items/drei Subskalen)
VerausgabungsneigungVerausgabungsneigung (Kurzfassung: 6 Items/eine Skala)
Beispielfrage: VerausgabungBeispielfrage: Verausgabung
Aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens besteht häufig großer Zeitdruck.
Nein .......................................................................
Ja, und das belastet mich gar nicht.........................
Ja, und das belastet mich mäßig.............................
Ja, und das belastet mich stark................................
Ja, und das belastet mich sehr stark........................
Beispielfrage: BelohnungBeispielfrage: Belohnung
Ich erhalte von meinen Kollegen die Anerkennung, die ich verdiene.
Ja............................................................................. Nein, und das belastet mich gar nicht.....................
Nein, und das belastet mich mäßig.........................
Nein, und das belastet mich stark...........................
Nein, und das belastet mich sehr stark....................
Beispielfrage: Beispielfrage: VerausgabungsneigungVerausgabungsneigung
Wenn ich nach Hause komme, fällt mir das Abschalten von der Arbeit sehr leicht.
Stimme gar nicht zu
Stimme eher nicht zu
Stimme eher zu
Stimme voll zu
Gesundheitliche Auswirkungen von Gesundheitliche Auswirkungen von Gratifikationskrisen und Typ-AGratifikationskrisen und Typ-A
Personen mit Typ-A Verhaltensmustern sind im besonderem Maße anfällig für:
1. Koronare und andere Herzerkrankungen aber auch für
2. Angst- und Depressionserkrankungen
GliederungGliederung
(1) Theoretische Grundlagen des Modells
(2) Gratifikationskrisen bei Lehrkräften
(3) Empirische Absicherung eines Interventionsprogramms
(4) Fazit
Gratifikationskrisen bei LehrkräftenGratifikationskrisen bei Lehrkräften
Ergebnisse der Potsdamer Forschungsgruppe um Uwe Schaarschmidt
in der Perspektive der Gratifikationskrisentheorie
MethodeMethode
Untersuchungszeitraum: 1995- 1999
schriftliche Befragung
Längsschnittdesign
zeigten sich die angeschriebenen Schulen nach der Kontaktaufnahme interessiert, erhielten sie das Untersuchungsmaterial
die Teilnahme der LehrerInnen erfolgte nach dem Prinzip der Freiwilligkeit
alle Angaben wurden anonym erhoben
TeilnehmerTeilnehmer
7693 Personen darunter:
• LehrerInnen aus 11 Bundesländern, sowie aus Österreich, Polen, England, Russland und Tschechien
• Lehramtsstudenten aus Deutschland und Österreich
ferner:• Vergleichsgruppen von Personen mit anderem
Berufsprofil z.B. Pflegepersonal
Kern des methodischen KonzeptesKern des methodischen Konzeptes
AVEMAVEM
AArbeitsbezogenes VVerhaltens- und EErlebensmmuster
AVEM: UntersuchungszieleAVEM: Untersuchungsziele
Darstellung des individuellen Verhaltens und Erlebens in Bezug auf berufliche Anforderungen
1. Arbeitsengagement (Subjektive Bedeutsamkeit, Beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, Perfektionsstreben, Distanzierungsfähigkeit)
2. Widerstandsfähigkeit (Resignation bei Misserfolg, Offensive Problembewältigung, Innere Ruhe)
3. Emotionen (Erfolgserleben im Beruf, Lebenszufriedenheit, Erleben sozialer Unterstützung)
Vier stabile Muster im Vier stabile Muster im Antwortverhalten der BefragtenAntwortverhalten der Befragten
1. Muster G G Gesundheit
2. Muster SS Schonung
3. Risikomuster AA Typ-A
4. Risikomuster BB Burnout
Einen graphischen Überblick
liefert die folgende
zusammenfassende Abbildung
über alle vier Muster.
AchtungAchtung
Bedenklich hohe bzw. niedrige Ausprägungen auf den einzelnen Items wirken isoliert betrachtet noch nicht gesundheitsgefährdend.
Ungünstige Merkmalskombinationen der Teilaspekte von AVEM stellen eine Gefahr für die psychische und physische Befindlichkeit dar.
Diese Merkmalskombinationen definieren letztendlich die Risikogruppen.
Risikomuster A: Risikomuster A:
dieses Muster ist durch überhöhtes Engagement gekennzeichnet
eindeutig niedrigste Wert in der Distanzierungsfähigkeit
außerordentlich starkes Engagement verminderte Widerstandsfähigkeit gegenüber
Belastungen einhergeht (geringe Ausprägung in der inneren Ruhe und Ausgeglichenheit, relativ hohe in der Resignationstendenz).
Risikomuster A: Risikomuster A:
Es geht hier im Grunde um den Widerspruch, den Siegrist (1991) als ”Gratifikationskrise” bezeichnet.
Sein Kennzeichen ist die Kombination von großem Arbeitseinsatz und ausbleibendem Erleben von Anerkennung (Herz-Kreislauf-Risiko).
Schaarschmidt sieht hier einen Bezug zu dem vieldiskutierten Typ-A-Verhaltenskonzept (Friedman & Rosenman, 1974).
Zusammenfassung: Risikogruppe AZusammenfassung: Risikogruppe A
Das Gesundheitsrisiko geht hier aus von der ungünstigen Kombination:
von stark überhöhten Arbeitsengagement
und
einen niedrigen Grad an Distanzierungsfähigkeit zum Beruf
Siegrist beschreibt dies mit erhöhter intrinsischer Verausgabungsbereitschaft, der Hauptursache für das Voranschreiten der Gratifikationskrise
Deskriptive ErgebnisseDeskriptive Ergebnisse
Die nachfolgende graphische Abbildung zeigt, dass
sowohl psychische, als auch körperliche Beschwerden
deutlich häufiger von Personen genannt wurden, die
den Risikogruppen A und B zugeordnet wurden.
psychische Beschwerden
körperlicheBeschwerden
GliederungGliederung
(1) Theoretische Grundlagen des Modells
(2) Gratifikationskrisen bei Lehrkräften
(3) Empirische Absicherung eines Interventionsprogramms
(4) Fazit
Konzipierung und Ziele des Konzipierung und Ziele des Stressbewältigungstrainings Stressbewältigungstrainings
1. Abbau unrealistischer Kontrollbestrebungen,
2. Verbesserung der Fähigkeit, zwischenmenschlichen Rückhalt zu suchen und zu geben,
3. bewussterer Umgang mit Gefühlen, insbesondere mit Ärger und
4. die Verbesserung der Entspannungsfähigkeit (Siegrist & Silberhorn, 1998, S. XVIIIf.).
Methodik der Evaluation I Methodik der Evaluation I
1. Stichprobe: 124 Personen
2. Design: 2 x 3 Versuchsplan (Kontrollgruppe vs. Interventionsgruppe, Bildung der Gruppen durch Randomisierung, Messung zu Beginn der Intervention, nach der Intervention und Messung drei Monate später).
3. Durchführung: 4 Betriebe/Verwaltungen
4. Setting: Gruppentraining für 8 - 10 Personen mit 12 Sitzungen a 1 1/2 Std.
Methodik der Evaluation IIMethodik der Evaluation II
5. Messungen:
(a) Prozessevaluation: Beurteilungen der Gruppensitzungen
(b) Ergebnisevalution: berufliche Kontrollbestrebungen (Dittmann, Matschinger & Siegrist 1985)
Tabelle: Soziodemographische MerkmaleTabelle: Soziodemographische MerkmaleTrainingsgruppe (n=54)
Kontrollgruppe (n=58)
Gesamt (n=112)
absolut relativ absolut relativ absolut relativ
Geschlecht
Weiblich 16 29,6% 18 31,0% 34 30,4%
Männlich 38 70,4% 40 69,0% 78 69,6%
Altersklasse
18-24 5 9,3% 4 6,9% 9 8,0%
25-29 7 13,0% 6 10,3% 13 11,6%
30-39 16 29,6% 29 50,0% 45 40,2%
40-49 22 40,7% 13 22,4% 35 31,3%
50-59 4 7,4% 6 10,3% 10 8,9%
Berufl. Stellung
Arbeiter 20 37,1% 21 36,2% 41 36,6%
Angestellter 17 31,6% 17 29,2% 34 30,4%
Leitender Angestellter 16 29,6% 22 37,9% 38 33,9%
k.A. 2 3,3% - - 2 1,8%
Ergebnisse der EvaluationErgebnisse der EvaluationAbbildung: Summe der Beurteilungen nach Abbildung: Summe der Beurteilungen nach
Sitzungsnummer (Prozessevaluation)Sitzungsnummer (Prozessevaluation)
1 : E i n f ü h r u n g
2 : A r b e i t s b e l a s t u n g
3 : S t r e s s r e a k t i o n e n
4 : B e w ä l t i g u n g
5 : S u c h t v e r h a l t e n
6 : Ä n d e r n S u c h t
7 : Ä r g e r
8 : S e l b s t b e h a u p t e n
9 : K o n t r o l l b e s t r e b .
1 0 : P e r f e k t i o n i s m u s
1 1 : W i r k . v o n A l k o h o l 1 2 : B i l a n z
1 0 , 0 9 , 5 9 , 0 8 , 5 8 , 0 7 , 5
positiv negativ
Abbildung: Veränderungen der Abbildung: Veränderungen der “Kontrollambitionen” “Kontrollambitionen”
(Varianzanalyse F = 6,502; p < 0.01)(Varianzanalyse F = 6,502; p < 0.01)
GliederungGliederung
(1) Theoretische Grundlagen des Modells
(2) Gratifikationskrisen bei Lehrkräften
(3) Empirische Absicherung eines Interventionsprogramms
(4) Fazit
Fazit Fazit
Die Theorie der Gratifikationskrise kann – vor dem Hintergrund der Schaarschmidt-Studie – als Erklärungskonzept für die gesundheitliche Belastung von Lehrkräften (insbesondere Depressionen) verwendet werden.
FazitFazit
Offensichtlich sind es auf der individuellen Ebene die Kontrollambitionen, die zu gesundheitlichen Belastungen führen.
Die Teilnahme an dem Programm der Arbeitsgruppe um Siegrist führte zu den erwarteten Effekten. Die Absenkung der beruflichen Kontrollbestrebungen ist statistisch signifikant.
Fazit Fazit
Allerdings ist der Aufwand sehr hoch und es bleibt auch fraglich, wie lange eine derartige Intervention anhält.
Kontrollambitionen sollten deshalb vor dem Lehrerstudium als Kriterium für die Eignung einer Person für den Beruf verwendet werden.
FazitFazit
Die Skala Verausgabungsneigung (Kurzfassung: 6 Items/eine Skala) könnte deshalb Bestandteil einer Diagnostik für den Lehrberuf werden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.