Die mikrografisch kontrollierte Chirurgie...M.E., Krekels G.A., Neumann H.A.: Mohs’ micrographic...
Transcript of Die mikrografisch kontrollierte Chirurgie...M.E., Krekels G.A., Neumann H.A.: Mohs’ micrographic...
18
med
icos
5/2
004
Die mikrografische Chirurgie stellt heute ein
wichtiges therapeutisches Verfahren in der
Behandlung von Hauttumoren dar. Mit dieser
gewebesparenden und kosteneffizienten Me-
thode können szirrhös wachsende und rezidi-
vierende Basalzellkarzinome oder schlecht
differenzierte Plattenepithelkarzinome be-
handelt werden. Eine gute interdisziplinäre
Zusammenarbeit zwischen Chirurg und Histo-
pathologe ist sehr wichtig.
ie Inzidenz epithelialer Tumoren ist aufgrund desgeänderten Freizeitverhaltens mit höherer UV-Lichtbelastung und dem stetig zunehmenden
Anteil älterer Menschen steil angestiegen. In der Behand-lung dieser Tumoren stehen verschiedene konservativeAlternativen (Kryotherapie, fotodynamische Therapie, Ra-diotherapie, topisches Imiquimod) sowie die chirurgischeSanierung zur Verfügung. Ungefähr 20 Prozent allerepithelialen Hauttumoren sind jedoch klinisch schlechtabgrenzbar. Das heisst, histologisch lässt sich beim Basa-liom (Basalzellkarzinom) ein szirrhöses Wachstum mit Aus-läufern in einem fibrösen Stroma oder beim spinozellulären
Karzinom ein schlechter Differenzierungsgrad nachwei-sen. In diesen Fällen stellt die mikrografisch kontrollierteChirurgie die Therapie der Wahl dar.
In den Vierzigerjahren beschrieb Frederic Mohs zumersten Mal die Technik der In-vivo-Gewebefixierung. DurchEinführung der Frischgewebetechnik in den Fünfzigerjah-ren entwickelte er diese Methode weiter. Erst in den Sieb-zigerjahren gewann die mikrografische Chirurgie an Be-deutung. In Europa wurde die Methode von Günter Burgeingeführt.
Die Hauptindikationen sind das szirrhöse, das rezi-divierende Basalzellkarzinom sowie Basalzellkarzinome inchirurgisch anspruchsvollen Lokalisationen wie zum Bei-spiel der Augen-, Nasen- und Lippenregion. Beim spino-zellulären Karzinom sind vor allem das entdifferenzierteund das rezidivierende spinozelluläre Karzinom hervorzu-heben. Weitere Indikationen sind eine perineurale Infiltra-
C H I R U R G I E
Die mikrografischkontrollierte Chirurgievon Monika Hess Schmid und Werner Kempf
D
Abbildung 1:Randstreifenmethode (Tübinger Torte)
19
med
icos
5/2
004
tion, das Dermatofibrosarcoma protuberans, dermale Sar-kome, das mikrozystische Adnexkarzinom sowie das Mer-kelzellkarzinom.
Obwohl zahlreiche Variationen der mikrografischkontrollierten Chirurgie beschrieben worden sind, liegendie meisten klinischen Erfahrungen für folgende drei Ver-fahren vor: die «Mohs-Methode», die «Randstreifen»- oder«Tübinger-Torte-Methode» und die «Münchner Methode».Alle drei Methoden haben die systematische Markierungdes Präparates gemeinsam. Diese drei Verfahren unter-scheiden sich durch die Entnahmetechnik und die Art derhistologischen Aufarbeitung. Bei der «Mohs-» und der«Münchner Methode» handelt es sich um Untersuchungs-techniken an Gefriergewebe (fresh tissue technique), beider Randstreifenmethode um eine histologische Aufarbei-tung am Formalin-fixierten und Paraffin-eingebettetenGewebe.
Bei der so genannten Schnellfixationwird das Resektat bei 60 °C innertweniger Stunden in Formalin fixiert.Diese zeitsparende Fixation mit derMöglichkeit der Paraffineinbettungermöglicht eine bessere Gewebeer-haltung als die Aufarbeitung mitGefrierschnitten. Zudem wird damitdie Diagnostik insbesondere beimszirrhös wachsenden Basaliom, beiperineuraler Invasion und bei Tumo-ren mit ausgeprägter peritumoralerEntzündungsreaktion verbessert.Intraoperative Wartezeiten werdensomit vermieden und die Kosten imVergleich zur Schnellschnittuntersu-chung gesenkt.
In der Schweiz hat sich vorallem die Randstreifenmethodedurchgesetzt, bei der in einer zwei-zeitigen Operation vorgegangenwird. Dabei wird der exzidierteTumor beziehungsweise das Resek-tat kranial, in der Regel bei 12 Uhr,markiert (Abbildung 1). Der Primär-defekt wird mit einem Verband (z.B.
Epigard®) vorübergehend gedeckt (Abbildung 2 bis 4). Imhistologischen Labor wird dann das Präparat zugeschnit-ten (Abbildung 5), wobei die unterste Schicht (Basis desResektates) und der Rand des gesamten Resektates ring-förmig abgetrennt und in mehrere etwa gleich grosse Frag-mente zerschnitten werden (Abbildung 6). Gegebenenfallskann für eine histologische Untersuchung des zentralenTumors das Präparatzentrum quer geschnitten werden. DieEinbettung erfolgt so, dass die äussere Seite jedes Seg-mentes wie auch die Basis parallel zum Resektatrandgeschnitten werden.
Am zweiten postoperativen Tag liegen die histologi-schen Resultate vor, sodass bei histologisch gesicherterTumorfreiheit der Defekt direkt oder mit einem Verschiebe-lappen (Abbildung 7 bis 8) beziehungsweise einem Trans-plantat gedeckt werden kann. Bei verbleibenden Tumorres-ten (Abbildung 9) werden eine Nachexzision und eine
Abbildung 2:Einzeichnen des Tumors miteinem geringen Sicherheitsab-stand (Tag 1)
Abbildung 3:Defekt nach vorgängiger Tumor-entfernung (Tag 1)
Abbildung 4:Eingenähter provisorischerVerband (Tag 1)
Abbildung 5:Exzidierter und markierterTumor wird nach der mikrogra-fisch kontrollierten Technik imLabor zugeschnitten (Tag 1)
Abbildung 6:Basis und Tumorränder werdenim Labor eingebettet (Tag 1)
Abbildung 7 und Abbildung 8:Defektdeckung nach histologisch gesicherter Tumorfreiheit derSchnittränder und der Basis mit einem Verschiebelappen (Tag 3)
20
med
icos
5/2
004
erneute provisorische Defektdeckung vorgenommen. Dieoperativen und histologischen Befunde können in Form vonBildern und Skizzen mittels Fax oder E-Mail übermittelt wer-den, was die Kommunikation zwischen Operateur undHistopathologen vereinfacht.
Durch die dreidimensionale, lückenlose, histologi-sche Aufarbeitung der Schnittränder in der mikrografischenChirurgie lässt sich die Rezidivrate bei den szirrhösenBasalzellkarzinomen von zirka 20 auf 1 Prozent und beiden entdifferenzierten spinozellulären Karzinomen von zir-ka 30 auf 2 bis 4 Prozent senken. Somit resultiert dieseMethode in einer erhöhten Heilungsrate sowie einer radi-kalen Tumorentfernung unter optimaler Schonung desgesunden umliegenden Gewebes. Weiterhin erlaubt diemikrografische Chirurgie die Darstellung des subklinischenTumorwachstums in allen Richtungen, sodass starr definier-te Sicherheitsabstände und damit verbundene grosse Haut-defekte vermieden werden können. Mit dieser Methodekann zudem bereits bei der klinischen Diagnose das unbe-rechenbare Wachstumsverhalten miteinbezogen werden.Neuere Studien belegen dabei eine Kosteneffizienz derMohs-Technik im Vergleich zur traditionellen chirurgischenExzision. Voraussetzung für diese Methode ist jedoch eineeingespielte Teamarbeit zwischen dem durchführendenOperateur und dem beurteilenden Histopathologen. ●
Referenzen:Arndt K.A., Robinson J.K., LeBoit P.E., Wintroub B.U.: Cutaneousmedicine and surgery,. Saunders W.B 1996; 1403–1408.Burg G., Hirsch R.D., Konz B., Braun-Falco O.: Histographic sur-gery: accuracy of visual assessment margins of basal-cell epithelio-ma, J Dermatol Surg Oncol 1975; 1: 21-–4.Kopke L.F., Konz B.: Mikrographische Chirurgie, Hautarzt 1995;46: 607–14.Mohs R.E.: Chemosurgery: a microscopically controlled surgery forskin cancer, Arch Surg 1941; 42: 279–295.Robins P., Menn H.: Chemosurgery in the treatment of skin cancer,Hosp Pract 1970; 5: 40–50.Smeets N.W., Kuijpers D.I., Nelemans P., Ostertag J.U., VerhaeghM.E., Krekels G.A., Neumann H.A.: Mohs’ micrographic surgery fortreatment of basal cell carcinoma of the face – results of a retrospec-tive study and review of the literature, Br J Dermatol 2004; 151:141–7.Snow S.N., Madjar D.D.: Mohs Surgery in the management ofcutaneous malignancies, Clin Dermatol 2001; 19: 339–347.Vuyk H.D., Lohuis P.J.: Mohs micrographic surgery for facial skin can-cer, Clin Otolaryngol 2001; 26: 265–273.
Korrespondenzadressen:
Dr. med. Monika Hess SchmidDermatologie und Venerologie FMHDermatochirurgieDufourstr. 318008 ZürichE-Mail: [email protected]: www.dufour31.ch
PD Dr. med. Werner KempfDermatologie und Venerologie FMH kempf und pfaltzhistologische diagnostikSchaffhauserplatz 38006 ZürichE-Mail: [email protected]: www.kempf-pfaltz.ch
Merksätze● Die mikrografisch kontrollierte Chirurgie (MGC)
erlaubt eine lückenlose dreidimensionale Aufarbei-tung von Tumorresektaten.
● Die MGC ist im Vergleich zur traditionellen chirurgi-schen Exzision gewebesparend und kosteneffizient.
● Hauptindikation für die MGC sind szirrhös wachsen-de und rezidivierende Basalzellkarzinome, schlechtdifferenzierte Plattenepithelkarzinome, Hauttumorenmit perineuraler Invasion, seltene Karzinome und Sar-kome der Haut.
● Die Markierung des Resektates mittels Faden ist vonzentraler Bedeutung.
● Voraussetzung für die MGC ist eine eingespielte Team-arbeit zwischen Operateur und Histopathologen.
Abbildung 9:Resektat eines Basalzellkarzinoms mit perineu-raler Invasion