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Universität LüneburgFachbereich Wirtschafts- und SozialwissenschaftenInstitut für BetriebswirtschaftslehreMUT - Marketing und TechnologiemanagementLeiterin: Prof. Dr. Ursula Weisenfeld-Schenk
Die Markteinführung von innovativen Produktenam Beispiel der ‚Grünen Gentechnologie‘
Hausarbeitim Rahmen des Seminars
„Innovationsmanagement“im WS 1999/2000
Betreuerin: Prof. Dr. Ursula Weisenfeld-Schenk
vorgelegt am: 01.02.2000
von: Stephanie Sorgatz Christian WankHerderstr. 1 Thesdorfer Weg 11725421 Pinneberg 25421 Pinneberg
Matrikel-Nr.: 119072 BWL 983253 WiSo
0
Inhaltsverzeichnis
Teil A: Theoretische Betrachtung der Markteinführung von Innovationen ................. 2
1. Einleitung..................................................................................................................... 2
2. Begriffliche Abgrenzung des Themas und Grundlagen .......................................... 2
2.1. Eigentlicher Produktbegriff................................................................................... 2
2.3. Der Begriff der Innovation.................................................................................... 3
2.3.1. Varianten der Produktinnovation ................................................................ 4
2.3.2. Definition der Prozessinnovation................................................................ 5
3. Determinanten bei der Markteinführung................................................................. 5
3.1. Timingstrategien bei der Einführung von Produktinnovationen........................... 5
3.1.1. Pionierstrategie (first-to-market)................................................................. 5
3.1.1.1.Vorteile der Pionierstrategie............................................................ 6
3.1.1.2. Nachteile der Pionierstrategie......................................................... 6
3.1.2. Strategie des frühen Folgers (early-follower) ............................................. 7
3.1.2.1. Vorteile der Strategie des frühen Folgers ....................................... 7
3.1.2.2. Nachteile der Strategie des frühen Folgers..................................... 8
3.1.3. Strategie des späten Folgers (late-to-market).............................................. 8
3.1.3.1. Vorteile der Strategie des späten Folgers ....................................... 9
3.1.3.2. Nachteile der Strategie des späten Folgers ..................................... 9
3.2. Prozess der Adaption und Diffusion durch den Verbraucher ............................. 10
3.3. Strategische Ausrichtung nach der Produkteinführung....................................... 12
3.4. Preispolitik für Neuprodukte............................................................................... 12
3.5. Internationale Einführung ................................................................................... 14
3.5.1. Sprinklerstrategie ...................................................................................... 14
3.5.2. Wasserfallstrategie .................................................................................... 15
4. Fazit Teil A ................................................................................................................ 16
II
Teil B: Neuprodukteinführung am Beispiel Monsanto.................................................. 17
1. Einleitung ................................................................................................................ 17
2. Tätigkeitsfelder des Unternehmens Monsanto .................................................... 17
3. Ist Monsanto Pionier mit einem ökologischen Produkt?.................................... 19
4. Internationale Einführung..................................................................................... 20
5. Preispolitik nach Einführung und Ablauf der Patente ....................................... 20
6. Produktnutzen ........................................................................................................ 22
6.1.Vorteile für die Landwirte ................................................................................. 22
6.2. Mangel eines Endverbrauchernutzens .............................................................. 22
7. Unterschiedliche Adoption: USA vs. Europa....................................................... 23
8. Akquisitionen und Kooperationen........................................................................ 24
9. Kritische Würdigung zu Monsantos Aktivitäten................................................. 26
Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 28
III
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Die sechs Konzeptionsebenen des Produktes.......................................................1
Abb. 2: Phasen des Innovationsprozesses...............................................................................3
Abb. 3: Phasen des Adoptionsprozesses............................................................................9
Abb. 4: Zusammenhang zwischen Adoptions- und Diffusionskurve im Kontext zum Produktlebenszyklus...............................................................10
Abb. 5: Preispolitik für Neuprodukte..............................................................................12
Abb. 6: Sprinklerstrategie................................................................................................13
Abb. 7: Wasserfallstrategie..............................................................................................14
Abb. 8: Zusammenfassung der optimalen Einführungsgeschwindigkeit........................16
Abb. 9: Umsatzverteilung nach Geschäftsbereichen 1998..............................................18
Abb. 10: Wirkungsgefüge der Einwände........................................................................23
Tab. 1: Unterschiedliche Markteinführungsstrategien bei
Konsum- bzw. Industriegütern...........................................................................16
IV
1
Teil A: Theoretische Betrachtung der Markteinführung von Innovationen
1. Einleitung
Ein wachsender Wettbewerb und die zunehmende Globalisierung des Wirtschaftslebens
stellen Produzenten unter Druck: Während die Entwicklungszeiten für Innovationen
steigen, nimmt deren Produktlebenszyklus ab. Produzenten müssen ihre Einführungs-
strategie an die Entscheidungen des Wettbewerbs anpassen, um mit einem Vorsprung
oder gezielt erst später an den Markt zu treten.
Im folgenden soll zunächst das Umfeld des Begriffes „Innovation“ abgegrenzt werden,
um dann die verschiedenen Markteintrittsstrategien zunächst allgemein darzustellen und
kritisch zu hinterfragen: Ist es immer sinnvoll Pionier zu sein bzw. in welchem Umfeld
ist ein Folgen an den Markt sinnvoll?
Im zweiten Teil der Hausarbeit wird am Beispiel des US-Biotechnologieunternehmens
Monsanto die Fragestellung des Markteintritts und der strategischen Produktausrichtung
hinsichtlich der „Grünen Gentechnologie“ erörtert.
2. Begriffliche Abgrenzung des Themas und Grundlagen
2.1. Eigentlicher Produktbegriff
Unter einem Produkt versteht man alle Güter und Dienstleistungen, die am Markt
angeboten werden und die zur Bedürfnisbefriedigung der Verbraucher führen. Dabei
kann der Produktbegriff in mehrere Ebenen unterteilt werden, die in der Abbildung 1
dargestellt sind:
Abb. 1: Die sechs Konzeptionsebenen des Produktes
Kernnutzen
Basisprodukt
Erwartetes Produkt
Augmentiertes Produkt
Potentielles Produkt
Ökologisches Produkt
2
In aufsteigender Folge muss jede Ebene dem Kunden einen weiteren Nutzen bringen.
Ausgehend von dem Kernnutzen, der die fundamentale Produktleistung angibt, stellt
das Basisprodukt diesen Nutzen in Form eines Gutes dar. Die dritte Ebene beschreibt
das erwartete Produkt, das durch mindestens fünf Merkmale gekennzeichnet ist:
Qualität, Produkteigenschaften, Styling, Markenname und Verpackung. Dieses Bündel
an Merkmalen erwartet der Verbraucher beim Kauf eines Produktes. Das augmentierte
Produkt, das sich auf der vierten Ebene befindet, schließt alle weiteren Vorteile ein, die
mit dem Produkt im Zusammenhang stehen (z.B.: Service, Garantieleistungen,
bestimmte Lieferungs- oder Zahlungskonditionen, Schulungen).1
Türck erweitert dieses Modell um eine weitere Ebene, um das ökologische Produkt.2
„[...ein] ökologisches Produkt wird als [...] ein Produkt verstanden, das im Vergleich zur
herkömmlichen Lösung, bei gleichem Gebrauchsnutzen, die Umwelt in der
Herstellungs-, Verwendungs- und Entsorgungsphase weniger belastet.“3
2.2. Der Begriff der Innovation
„Der Begriff Innovation bezeichnet jedes Produkt, jede Dienstleistung oder Idee, die
jemand als neu wahrnimmt.“4
Ausgehend von einem Bedürfnis der Nachfrager, das nicht am Markt befriedigt werden
kann, entsteht eine Idee, die innerhalb der FuE-Abteilung zu einer Erfindung
(Invention) umgesetzt wird. Es muss entschieden werden, ob Investitionen sowohl für
die Fertigung als auch für die Markterschließung aufgebracht werden sollen. Sobald das
Produkt in den Markt eingeführt wurde, spricht man von einer Innovation.
Ob sich die Innovation aber am Markt durchsetzt, entscheiden letztlich die Verbraucher.
Dieser Ausbreitungs- (Diffusionsprozess) und Annahmeprozess (Adoptionsprozess)
wird in Punkt 3.2. näher erläutert. Im Laufe der Zeit treten immer mehr Folger in den
Markt ein, die den Diffusionsverlauf der ursprünglichen Neuerung durch Imitationen
erheblich verändern. „Eine wesentliche Antriebskraft für Innovationsprozesse ist nach
einhelliger Auffassung die technologische Entwicklung.“5
1 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 670.2 Vgl. Türck (1990), S. 24.3 Vgl. Böttger (1996), S. 6.4 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 555.5 Vgl. Rüggeberg (1997), S. 18.
3
Abb. 2: Phasen des Innovationsprozesses6
In einer objektbezogenen Betrachtungsweise der Innovation hat sich die Unterscheidung
zwischen Produkt- und Prozessinnovation durchgesetzt. Dabei sind diese beiden
Begriffe nicht vollständig voneinander trennbar, denn besonders im Investitionsgüter-
bereich können Produktinnovationen eines Herstellers zu Verfahrensinnovationen beim
Verwender führen.7
2.2.1. Varianten der Produktinnovation
Alle Produkte, die ein Unternehmen neu in sein Produktions- und Absatzprogramm
aufnimmt und die sich aus Sicht mindestens eines Marktteilnehmers (Hersteller,
Handel, Verwender) von bisherigen Produkten abheben, werden als Produktinnovation
bezeichnet.8 Bei einer Neuproduktentwicklung können Innovationen in drei Haupt-
kategorien unterteilt werden:
1. Echte Neuheiten sind vor allem Weltneuheiten, die so zuvor noch von keinem
Produzenten auf keinem Markt eingeführt wurden. Es entsteht also ein völlig
neuer Eigenschaftsraum.
2. Quasi neue Produkte stellen die Weiterentwicklung oder Verbesserung eines
bestehenden Produktes dar. Somit wird lediglich die Anzahl der Dimensionen
eines bestehenden Eigenschaftsraums erweitert. Quasi neue Produkte sind also
neue Produktlinien und Produktlinienergänzungen bzw. auch Prozess-
innovationen; sie stellen eine Innovation für den Markt, nicht aber für das
Unternehmen dar.
3. Me-too-Produkte sind am Markt bereits bekannt und stellen nur für das
Unternehmen eine Innovation dar. Es handelt hierbei sich vor allem um Produkt-
imitationen, die kostengünstiger am Markt angeboten werden können.
6 Brockhoff (1992), S. 30.7 Vgl. Rüggeberg (1997), S. 16.8 Vgl. Tebbe (1990), S. 11.
Ergebnis: ImitationDiffusionInnovationi.e.S.
Invention
Konkurrenzdurch
Nachahmung
Markt-durchsetzung
Markt-einführung
Forschungund
Entwicklung
Aktivität:
Innovationsprozess i.w.S.
4
2.2.2. Definition der Prozessinnovation
Unter einer Prozessinnovation versteht man neuartige Faktorkombinationen, durch die
eine Produktion kostengünstiger, qualitativ hochwertiger oder schneller erfolgen kann.9
Prozessinnovationen sind somit vor allem in reifen Industriezweigen vorrangig, da diese
in gesättigten Märkten einem hohen Konkurrenzdruck ausgesetzt sind, ohne ein
Potential zur Produktinnovation zu besitzen.
So ist z.B. für eine Erdölraffinerie die Kostensenkung durch Verfahrens- bzw.
Prozessinnovationen bei der Herstellung von Treibstoff für die Steigerung der
Konkurrenzfähigkeit wichtiger als die Entwicklung eines „Super Ultra Benzins“.
Bei dem fiktiven „Super Ultra Benzin“ würde es sich um eine Quasi-Innovation
handeln, deren Erfolg nur durch hohen Kommunikationsaufwand erreichbar wäre, da
der Markt und der Verbraucher des Produktes erst durch das Unternehmen geschaffen
und geformt werden müsste.10
3. Determinanten bei der Markteinführung
3.1. Timingstrategien bei der Einführung von Produktinnovationen
3.1.1. Pionierstrategie (first-to-market)
Der Pionier tritt als erster mit einer marktfähigen Leistung in den Markt ein.11 Pioniere,
die als erste mit einer echten Innovation in den Markt eintreten, können sich so
zumindest vorübergehend einen Wettbewerbsvorteil sichern, da sie in einer Quasi-
Monopolstellung am Markt agieren. Dadurch hat der Pionier die Möglichkeit, wichtige
Kunden, Händler und Lieferanten an sich zu binden. Er kann Kostenvorteile so lange
nutzen, bis Marktregeln und -strukturen sich entwickelt haben.
9 Vgl. Hauschildt (1993), S. 9.10 Vgl. Berthon/Hulbert/Pitt (1999), S. 39.11 Vgl. Hörschgen (1995), S. 2468.
5
3.1.1.1.Vorteile der Pionierstrategie
Unternehmen mit innovativen Produkten fungieren als Trendsetter, für deren Kauf
innovationsinteressierte Kunden bereit sind, einen Preisaufschlag zu bezahlen. Sind die
Kunden von dem neuen Produkt überzeugt, halten sie an der Marke des Pioniers fest
und sind auch in der Zukunft bereit, einen höheren Preis zu bezahlen. Der Pionier
gewinnt mit dieser Führungsrolle an Ansehen und Prestige, und sein Bekanntheitsgrad
für nachfolgende Adoptierer steigt.12
Im weiteren erzielt der Erste am Markt von Anfang an einen höheren Gewinn und
erreicht in der Regel vor in- und ausländischen Konkurrenten den Break-Even-Point,
wobei sich die FuE-Aufwendungen des Pioniers somit auch als erstes amortisieren.
Außerdem bestehen beim Eintritt in den neuen Markt noch keine Eintrittsbarrieren, die
erst im Laufe der Zeit durch den Staat aufgebaut werden. Besonders durch Vorschriften
bezüglich des Umweltschutzes, der Sicherheit oder der Gesundheit, aber auch durch
Lizenzvergabe oder Begrenzung des Zugangs zu Rohstoffen hat der Staat die
Möglichkeit, in das Marktgeschehen einzugreifen.13 Diese Vorschriften gehen in der
Regel zu Lasten der nachfolgenden Markteinsteiger.
3.1.1.2. Nachteile der Pionierstrategie
Als erster im Markt zu sein, kann sehr lohnend sein, bringt aber auf der anderen Seite
auch Kosten und Risiken mit sich, denn es besteht eine große Unsicherheit hinsichtlich
der Marktentwicklung.
So hat der Pionier die Kosten für die Markterschließung und die Beseitigung von
Marktwiderständen vollkommen alleine zu tragen. Dabei muss der Markteinführer u.a.
Marktforschung betreiben, Verbraucher über das Neuprodukt informieren und aufklären
sowie intensive, gezielte Kommunikationspolitik praktizieren. Diese Maßnahmen
erzielen hohe Kosten bei der Einführung einer Innovation, um u.a. das Misstrauen der
potentielle Kunden für das neue Produkt auszuräumen.
Außerdem entstehen hohe Kosten im Bereich F&E, da der Pionier in der Regel auch auf
diesem Gebiet führend ist und es sich bei den Produkten und Dienstleistungen um echte
12 Vgl. Lambert, Slater (1999), S. 428.13 Vgl. Böttger (1996), S. 32.
6
Innovationen handelt. Kurze Entwicklungszeiten sind zudem erforderlich, um
tatsächlich als Erster auf dem Markt zu sein und nicht durch die Konkurrenz überholt zu
werden. Dabei besteht die Gefahr des Auftretens von „Kinderkrankheiten“, wenn die
Produktentwicklung noch nicht vollkommen ausgereift ist. Eine zu frühe Einführung
eines mit Fehlern besetzten Produktes kann zu Imageverlusten führen, denen sich die
Konkurrenten zum Vorteil nutzen.14
Ausgehend von den Nachteilen ist zu überlegen, ob ein späterer Markteintritt eher zu
verfolgen ist, um das Risiko eines Flops zu vermeiden.
3.1.2. Strategie des frühen Folgers (early-follower)
Die frühen Folger treten kurz nach dem Pionier in den Markt ein. Bei den so
eingeführten Produkte handelt es sich meist um me-too-Produkte, die sich an die
Produkte der Pioniere anlehnen. Da diese me-too-Produkte aber fast gleichzeitig mit den
echten Innovationen der Pioniere an den Markt gehen, ist eine Abgrenzung für den Ver-
braucher meist schwer.15 Die Bedingungen am Markt sind für Pioniere und frühe Folger
zunächst noch von den gleichen, wenig ausgeprägten Marktregeln gekennzeichnet.
3.1.2.1. Vorteile der Strategie des frühen Folgers
Frühe Folger können bereits auf umfangreiche Erfahrungen aus der Beobachtung der
Pioniere schöpfen. Der Markt für das Produkt ist bereits latent ausgeprägt, und die
Verbraucher haben erste Erfahrungen mit dem Produkt und dessen Verwendung
gemacht. Die frühen Folger können sowohl gezielter auf Kundenwünsche eingehen als
auch die Positionierung des Produktes anpassen und somit das Risiko des Scheiterns
verringern.
Vor allem bei der Einführung des neuen Produktes ergeben sich für den frühen Folger
Vorteile, da er als Trittbrettfahrer (free-rider-problem) die Kosten für die Markter-
schließung einsparen kann.
Gerade eine Strategie des imitativen Überbietens (out imitating) kann für den Folgenden
vorteilhaft sein. Hierbei wird das eigene Produkt zunächst zurückgehalten, um die
Markt- und Verbraucherreaktion auf die Einführung der Innovation durch den Pionier
14 Vgl. Böttger (1996), S. 33.15 Vgl. Tellis, Golder (1996), S.67.
7
abzuwarten. Mit einer bereits verbesserten Imitation kann dann das Pionierprodukt
übertroffen werden.16
Durch ein sogenanntes „Leap Frogging“ kann der Folger den Marktführer überspringen,
indem er eine Produktentwicklung „zweiter Generation“ früher als der Pionier vollzieht
und so einen wesentlichen Vorsprung in der Technologie erzielen kann. Dem Pionier
stehen für eine zweite Produktentwicklung keine finanziellen Mittel zur Verfügung, da
er hohe Kosten bei der Markteinführung investieren musste. Der Folger überspringt den
Pionier hinsichtlich des Leistungsvorteils, und der Marktführer muss seine Preise dem
Folger anpassen und verliert damit seine Marktführerschaft.17
3.1.2.2. Nachteile der Strategie des frühen Folgers
Auf der anderen Seite ergeben sich auch Nachteile, nicht als Erster in einen Markt
eingetreten zu sein. Markteintrittsbarrieren des Pioniers erschweren den Eintritt des
frühen Folgers in den etablierten Markt und engen den Entscheidungsspielraum ein.
Zudem muss der Folger im allgemeinen seine Preise niedriger gestalten als der Pionier,
denn die Kunden vermuten meist, dass der Marktführer einen Leistungsvorteil bietet,
und sie halten an dem bereits bewährten Produkt des Pioniers fest.18
Zudem besteht bei dem Eintritt des frühen Folgers immer noch Unsicherheit über die
Marktentwicklung, auch wenn diese bereits wesentlich geringer ist als beim Pionier.
Dennoch weisen entstehenden Märkte hinsichtlich der potentiellen Marktgröße oder der
Eigenschaften der Abnehmer Fragen auf.
3.1.3. Strategie des späten Folgers (late-to-market)
Späte Folger treten in den etablierten Markt während seiner Wachstumsphase ein. Sie
müssen sich an den gewachsenen Strukturen der Konkurrenzbeziehungen anpassen,
können aber auf Beobachtungen des Nachfrageverhaltens zurückgreifen, und die
Konkurrenzprodukte der Pioniere und frühen Folger imitieren. Der späte Folger
versucht meist, durch Kostenvorteile die Preisführerschaft an sich zu bringen.
16 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 577.17 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 577.18 Vgl. Böttger (1996), S. 37.
8
Problematisch jedoch ist die Abgrenzung zwischen frühen und späten Folgern im
Hinblick auf die Markteinführung ihrer Produkte. Zum Teil wird daher in der Literatur
nur zwischen Pionieren und Folgern allgemein differenziert. Der Zeitunterschied
zwischen der Produkteinführung der Pioniere und dem Nachziehen der Folger wird bei
Tellis und Golder auf durchschnittlich 13 Jahre beziffert.19
3.1.3.1. Vorteile der Strategie des späten Folgers
Durch sein spätes Folgen kann der Produzent abwarten, ob sich der Markt für das
Produkt dauerhaft etabliert und in eine Wachstumsphase übergeht. Hierfür steht ihm im
Vergleich zu den beiden erstgenannten die längste Zeit zur Verfügung und ist so in der
Lage, Marktunsicherheiten am besten zu minimieren. Erste Produktstandards haben sich
mittlerweile herausgebildet, so dass nun direkte Imitationen sicher am Markt Nachfrage
finden werden.
Die Zeit zwischen dem Pioniereintritt und dem eigenen Nachfolgen kann der späte
Folger daher nutzen, um durch Prozessinnovationen sein Hauptaugenmerk auf eine
kostengünstigere Produktion zu legen.
Neben der Preisführerschaft durch Imitation hat er darüber hinaus die Möglichkeit,
durch eine Nischenstrategie bislang von den Konkurrenten unbesetzte Marktsegment zu
bedienen. Er meidet so eine direkte Konfrontation mit der Konkurrenz, kann dennoch
die Markteintrittsbarrieren teilweise umgehen.20
3.1.3.2. Nachteile der Strategie des späten Folgers
Durch die Strategie des späten Folgens kann sich andererseits das Risiko stark
ausgeprägter Markteintrittsbarrieren sowie eine gefestigte Marktposition der etablierten
Anbieter auftun.
Als neuer Marktteilnehmer kann es so schwer sein, das Image der etablierten Anbieter
mit dem eigenen Produkt zu durchbrechen. Somit ergibt sich dann auch die Gefahr der
Fehlinvestition in Fertigungsanlagen und Marketing.
19 Vgl. Tellis, Golder (1996), S. 66.20 Vgl. Meffert (1988), S. 77, in: Böttger (1996), S. 39.
9
Beim Versuch durch Kostenführerschaft den Markt zu penetrieren, besteht vor allem die
Gefahr des Preiskampfes als Reaktion der etablierten Anbieter. Es ist somit wichtig,
dass eine ausgewogene Kapitalstruktur des Anbieters solche Phasen überwinden hilft.
3.2. Prozess der Adoption und Diffusion durch den Verbraucher
Wenngleich der Pionier durch die Einführung seiner Innovationen einen Quasi-
monopolistischen Verkäufermarkt begründen kann, wird das Produkt mit dem Eintreten
von Nachfolgern in einem Käufermarkt-Kontext sich bewähren müssen. Der Prozess
der Adoption und Diffusion beschreibt in diesem Zusammenhang den Ablauf der
Ausbreitung und der Annahme einer Innovation seitens der Verbraucher.
Rogers definiert den Diffusionsprozess (Ausbreitungsprozess) als „Ausbreitungeiner neuen Idee vom Ursprung ihrer Erfindung [...] bis hin zur Adoption durchEndverbraucher und Anwender“21
„Der Adoptionsprozess (Annahmeprozess) des Produkts beim Verbraucherbeginnt dort, wo der Innovationsprozess des Unternehmens endet. Der Prozessbeschreibt, wie der potentielle Kunde von dem neuen Produkt hört, esausprobiert, annimmt oder ablehnt.“22
Der Adoptionsprozess des Neuproduktes durch den Verbraucher durchläuft dabei ein
fünf Phasenschema:
Die Anzahl der Adoptierer während des Zeitverlaufs des Adoptionsprozesses kann
dabei modellhaft mit einer Normalverteilung beschrieben werden (vgl. Abb. 3).
Die Verteilung des Adoptionsprozesses verläuft unterschiedlich steil, wie die folgende
Darstellung verdeutlicht:
21 Rogers (1962), zitiert nach Kotler, Bliemel (1999), S. 555.22 Kotler, Bliemel (1999), S. 554.
Adoption
Abb. 3: Phasen des Adoptionsprozesses
Kauf desProduktes
InteresseWahrnehmung Bewertung ProbierenInnovation
10
Abb. 4: Zusammenhang zwischen Adoptions- und Diffusionskurve im Kontext zum Produktlebenszyklus23
Einzelne Nachfrager unterscheiden sich erheblich in ihrer Bereitschaft, eine Innovation
anzunehmen. Die ersten, die ein neues Produkt ausprobieren, bezeichnet man als
Innovatoren. Sie gehen durchaus ein bewusstes Risiko beim Erwerb einer Innovation
ein. Eher vorsichtig, aber dennoch frühzeitig erwerben die Frühadoptierer ein neues
Produkt und agieren so als Meinungsführer und Trendsetter. Daraufhin übernimmt die
frühe Mehrheit die Produktidee nach einer wohlüberlegten Betrachtung. Eine gewisse
Skepsis hingegen charakterisiert die späte Mehrheit, die erst dann ein Neuprodukt
ausprobieren, wenn dies weitläufig angenommen wurde. Zum Ende folgen die
Nachzügler, die traditionsgelenkt agieren und Neuheiten misstrauisch gegenüberstehen
und diese erst annehmen, wenn ihr gesamtes Umfeld es adoptiert hat.24
23 Vgl. Böttger (1996), S. 15.24 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 557.
kum
ulie
rte
Ant
eile
der
Ado
ptie
rer
in %
100
50
75
Zeit bis zur Diffusion der Innovation
25
Diffusionskurve
x - 2σ x - σ x x + σZeit bis zur Adoption der Innovation
Zah
l der
Ado
ptie
rer
16%Nachzügler
34%Späte
Mehrheit
34%Frühe
Mehrheit
13,5%Frühadoptierer
2,5%Innovatoren
Adoptionskurve
Produktlebenszyklus
Einführungs-phase
FuEPhase
Wachstums-phase Reifephase
Degenera-tionsphase
11
3.3. Strategische Ausrichtung nach der Produkteinführung
Die Frage nach der strategischen Ausrichtung gerät immer mehr in den Mittelpunkt, je
mehr Wettbewerber innerhalb einer Branche auftreten. Dabei verfolgen die
Unternehmen unterschiedliche Strategien, um eine Marktführerschaft zu erreichen und
um ihre individuellen Zielvorstellungen, Chancen und Ressourcen bestmöglich zu
nutzen. Porter unterteilt die strategischen Ausrichtungen in folgende drei Strategien:25
1. Strategie der Kostenführerschaft
In diesem Fall strebt das Unternehmen nach möglichst niedrigen Produktions-
und Distributionskosten, um die Preise der Konkurrenten zu unterbieten und
um einen großen Marktanteil einzunehmen. Probleme können jedoch
auftreten, wenn z.B. ausländische Konkurrenten mit noch niedrigeren Preisen
auf den Markt treten.
2. Strategie der Differenzierung
Das Unternehmen versucht bezüglich eines besonderen Kundennutzens, eine
verbesserte Produktleistung am Markt anzubieten und sich so von der
Konkurrenz abzugrenzen. Dieser Kundennutzen kann sich hinsichtlich einer
höheren Qualität, eines verbesserten Services, eines einzigartigen Produkt-
designs oder einer Technologieführerschaft äußern.
3. Strategie der Nischenbesetzung
Diese Strategie zielt darauf ab, besonders in einem Marktsegment eine
Kostenführerschaft oder Differenzierung zu übernehmen, anstatt sich auf den
Gesamtmarkt zu konzentrieren.
3.4. Preispolitik für Neuprodukte
Selbst der Pionier, der als erster in einen Markt eintritt, sollte sich langfristig überlegen,
welche Preispolitik er verfolgen wird. So hat er zwar die Möglichkeit, beim Markt-
eintritt einen hohen Preis zu verlangen, da er als Quasi-Monopolist am Markt agiert,
und die Innovatoren und Frühadoptierer bereit sind, einen Preisaufschlag zu bezahlen
und so der Abschöpfungspreispolitik folgen. Er sollte beim Eintritt der Folger jedoch
25 Vgl. Kotler, Bliemel (1999), S. 123.
12
die Preise senken, um im weiteren den Massenmarkt anzusprechen und um seine
Kunden zu behalten. Mittels der Abschöpfungspolitik hat der Pionier die Möglichkeit,
hohe Gewinne zu erzielen, damit sich seine FuE-Aufwendungen so schnell wie möglich
amortisieren. Außerdem bleibt dadurch die mit einer Flopsituation verbundene Gefahr
der Kapitaleinbuße gering, und aus den hohen Deckungsbeiträgen können sowohl die
Einführungsanstrengungen als auch die spätere Erschließung eines Massenmarktes
finanziert werden.
Andererseits sollte sich der Pionier überlegen, ob er einer Durchdringungspreispolitik
folgen sollte, indem er mit niedrigen Preisen in den Markt einsteigt und damit einer
Flopwahrscheinlichkeit entgeht. Dieser geringe Einführungspreis ermöglicht so dem
Markteinführer, den gesamten Massenmarkt zu erschließen. Zudem hält ein niedriger
Preis potentielle Folger von einem Markteintritt ab, so dass der Pionier einen hohen
Bekanntheitsgrad für seine Innovation aufbauen kann. Eine Erhöhung der Preise kann
im weiteren durch eine Qualitätsverbesserung oder eine Produktumgestaltung (z.B.
Änderung der Packungsgröße) begründet werden.26
Im folgenden ist die Preispolitik für Neuprodukte anhand eines Schemas grafisch
dargestellt:
26 Vgl. Hultink, Hart, Robben, Griffin (2000), S. 9.
Abb. 5::Preispolitik für Neuprodukte
Marktverweildauer des Produktes
Durchdringungspreispolitik
Abschöpfungspreispolitik
Zeit
Verkaufspreis/Stück
Späteres Marktpreisniveau
13
3.5. Internationale Einführung
Gerade bei Innovationen ist eine internationale Einführung des Produktes von hoher
Bedeutung, da erst so die hohen FuE-Kosten sinnvoll auf den erwartungsgemäß höheren
Umsatz verteilt werden können (economy of scale). Vorteilhaft ist die internationale
Einführung auch, da sich das Unternehmen von der Abhängigkeit des heimischen
Marktes lösen kann und u.U. attraktivere Konditionen im Ausland vorfindet.
Prinzipiell stellt sich bei jeder Einführung auf ausländischen Märkten erneut die Frage
des Eintrittszeitpunktes im Vergleich zur Konkurrenz: soll in den ausländischen Markt
also als Pionier oder früher bzw. später Folger eingetreten werden. Bei der Wahl eines
internationalen Einführungszeitpunktes sind neben den oben bereits aufgeführten
Vorteilen bzw. Risiken weitere Faktoren wichtig. So stellt sich vor allem die Frage,
inwiefern das Produkt bei einer ausländischen Einführung standardisiert (also mit den
gleichen Elementen des Marketing-Mix) eingeführt werden kann oder ob eine Adoption
der lokalen Umstände erfolgen muss. Steht die strategische Entscheidung hierüber fest,
muss im weiteren der zeitliche Ablauf der Einführungen in den einzelnen Ländern
festgelegt werden.
3.5.1. Sprinklerstrategie
Mit der Sprinklerstrategie wird die Innovation gleichzeitig auf allen internationalen
Märkten eingeführt. So können länderübergreifende Zielgruppen erreicht werden, und
sowohl der kurze Produktlebenszyklus als auch die hohen FuE-Aufwendungen können
sich möglichst schnell amortisieren. Sinnvoll ist dieser gleichzeitige Einstieg in allen
Ländern jedoch nur, wenn alle Länder den gleichen wirtschaftlichen Entwicklungstand
und geringe Markeintrittskosten aufweisen.
Abb. 6: Sprinklerstrategie
Zeit
Land CLand BLand A
Eintritt in...
14
Durch die simultane globale Einführung von Neuprodukten kann dem Unternehmen ein
Imagegewinn zugerechnet werden, da es mit hoher Wahrscheinlichkeit als weltweiter
Pionier der Innovation hervorgeht.
3.5.2. Wasserfallstrategie
Mit einer Wasserfallstrategie wird der Einstieg in die Länder sequentiell nacheinander
vollzogen (siehe Abb. 7). Die hohen Markteintrittskosten in die ausländischen Märkte
müssen somit erst nach und nach investiert werden. Vor allem bei einer hohen
Heterogenität zwischen den Länder (z.B. administrative Strukturen, technologische,
innovativer Stand) ist des sequentielle Angehen der Wasserfallstrategie von Vorteil.
Das Unternehmen kann auf Besonderheiten und Usancen des jeweiligen ausländischen
Marktes intensiver eingehen, und ggf. auf Erfahrungen in der Vermarktung der
Innovation auf dem Markt des vorhergegangenen Landes zurückgreifen. So kann das
Unternehmen mit jeder weiteren Einführungsstufe erneut die Entscheidungen bezüglich
Standardisierung oder Adoption anpassen. Dies trägt dazu bei, dass Flops vermieden
werden und dass das Investitionsrisiko minimiert wird.
Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Wettbewerber beim Wasserfallmodell versucht,
als Pionier auf noch nicht erschlossenen Märkten (ggf. dem eigenen Heimatmarkt)
einzusteigen.
Das Wasserfallmodell sollte somit immer dann dem Sprinklermodell vorgezogen werden,
wenn folgende Punkte erfüllt sind:
1. Der Produktlebenszyklus ist relativ lang.
2. Viele Märkte weisen unvorteilhafte Bedingungen auf: z.B. langsames Wachstum.
3. Es herrscht ein wenig ausgeprägtes Konkurrenz-Klima auf den meisten Märkten.27
27 Vgl. Sahay (1998), S. 3.
Abb. 7: Wasserfallstrategie
Zeit
Einstieg inLand B Einstieg in
Land C
Einstieg inLand A
15
So hat Toshiba zum Beispiel bei der Einführung von DVD-Geräten die Marktein-
führung erst in Japan (1996) vollzogen, Anfang 1997 dann in den USA und im Herbst
des Jahres in Europa. Intel hingegen befindet sich mit seinen PC-Chips in einem reifen
Markt mit ausgeprägten Konkurrenten; eine Einführung neuer Chip-Generationen wird
mittlerweile simultan in allen Märkten durchgeführt.28
4. Fazit Teil A
Wenngleich der Erfolg einer Neuprodukteinführung nicht vorhersehbar ist, kann
genauso wenig die Pionierstrategie allein als Einführungsvariante mit den besten
Chancen für dauerhaften Erfolg gewählt werden.
Zwar ergaben Studien auf PIMS- (profit impact of market strategies) Datenbasis, dass
mehr als 70% der Marktführer eines Produktes dessen Pioniere waren. Darüber hinaus
werden den Pionieren in der Reifephase des Produktes ein durchschnittlicher Markt-
anteil von 30% zugeschrieben, während frühe Folger nur 19% erreichen und späte
Folger 13%. Tellis und Golder jedoch weisen daraufhin, dass in der Betrachtung ge-
scheiterte Pioniere nicht berücksichtigt werden. Ihnen zu Folge liegt die Rate der
gescheiterten Pioniere bei 47%.29
Laut Tellis und Golder kommt es beim Erfolg der Produkteinführung vielmehr auf fünf
Haupteinflussfaktoren an:
1. Vision eines Massenmarktes2. Beharrliches Festhalten des Managements an dem Projekt3. Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel4. Anhaltende Innovationskraft5. Ausgeglichene Vermögenslage30
Wenngleich dieser Ansatz gegenüber früheren PIMS-Untersuchungen versucht,
realistischer die Anforderungen bei Neuprodukteinführungen widerzugeben, muss auch
dieses Modell kritisch betrachtet werden. Ein reines fokussieren auf einen Massenmarkt
bei anhaltender Innovationskraft, ist im Konsumgütermarkt mit geringen Margen
schwer zu realisieren. Genauso wenig kann ein hochinnovatives Unternehmen das
Nischen besetzt, ernsthafte Visionen des Massenmarktes haben, da es sonst von
vornherein seine Strategie auf einen zukünftigen Massenmarkt hätte zuschneiden sollen.
28 Vgl. Sahay (1998), S. 3.29 Vgl. Tellis, Golder (1996), S. 66.30 Vgl. Tellis, Golder (1996), S. 67.
16
Eine notwendige Unterscheidung zwischen der Einführung von Konsum- und Industrie-
gütern wird daher in der folgenden Tabelle 1 aufgezeigt.
Einführungsvariable Neue Konsumgüter Neue IndustriegüterStrategische Variablen
Wenig innovativ Eher innovativSchnelle Marktreife wahrscheinlich Schnelle Marktreife unwahrscheinlich
Produkt Strategie
Nur Modifikation (Quasi-neues Produkt) Weltneuheit (Echte Innovation)Einführung während der Reifephase des PLZ Einführung in der Einführungsphase des PLZEinführung in reife Märkte Einführung in schnell wachsenden Märkten
Markteintrittsstrategie
Unternehmen zielt auf mehrere Segmente ab Unternehmen zielt auf Nischenstrategie abKonkurrenzprodukte bieten nur marginaleVorteile
Konkurrenzprodukte bieten tatsächlicheLeistungsverbesserung
Eintritt in Märkte mit vielen Konkurrenten Eintritt in Märkte mit wenigen Konkurrenten
Konkurrenzumfeld
Innovation passt sich Markt und Konkurrenz an Innovation aufgrund technolog. KompetenzHauptsächlich „market driven“ Hauptsächlich „technology driven“Firmen StrategieZiel: technologisches Gleichziehen mit Konkurrenz Ziel ist es, technologischer Innovator zu sein
Taktisch VariablenNutzung von Marken-Ausweitung Größerer Nutzen durch FirmennamenProdukt TaktikBreiteres Sortiment als die Konkurrenz Breiteres Sortiment als die KonkurrenzNutzung gegenwärtiger Vertriebskanäle Schaffung neuer VertriebskanäleDistributionstaktikGleiche Kosten wie die Konkurrenz Geringere Kosten wie die KonkurrenzGleichziehen mit den Preisen der Konkurrenz Höhere Preise als die KonkurrenzPreis TaktikPenetrations- bzw. Durchdringungspreisstrategie Skimming- bzw. AbschöpfungspreisstrategieHöhere Etats als die Konkurrenten Gleichzeihen mit Etats der KonkurrentenKommunikationstaktikKommunikation über Massenmedien Angepasste Werbung (Direktwerbung, PR)
Tab. 1: Unterschiedliche Markteinführungsstrategien bei Konsum- bzw. Industriegütern31
Aus den Entscheidungsvariablen ergeben sich somit die möglichen Einführungs-
strategien. Im Kontext der Wachstumsrate des Umsatzes, dem Produktlebenszyklus
sowie dem Konkurrenzumfeld sollten somit die in Abbildung 8 aufgezeigten Ein-
führungszeitpunkte berücksichtigt werden. Pioniertätigkeit ist nur in dynamisch
wachsenden Märkten mit anhaltend gutem Abverkauf möglich; das Produkt sollte
darüber hinaus einen langen PLZ besitzen.
Abb. 8: Zusammenfassung der optimalen Einführungsgeschwindigkeit32
31 Vgl. Hultink, Hart, Robben, Griffin (2000), S. 8.32 In Anlehnung an Bayus (1997), S. 493.
Sei später Folger mit einemniederwertigeren Produkt
Sei Pionier oder früher Folgermit hochwertigem Produkt
Sei früher Folger mit einemniederwertigeren Produkt
Sei Pionier oder später Folgermit einem hochwertigen Produkt
Stärken der Konkurrenten- Produktleistung der Konkurrenten- Eigener Marketingvorteil ggü. der Konkurrenz
stark
schwach
Sei früher Folger mit einemniederwertigeren Produkt
Sei später Folger mit einemhochwertigen Produkt
kurz
- Produktlebenszyklus- Dauer der Spitzenverkäufe
lang
niedrig
Wachstumsratedes Umsatzes
hoch
17
Teil B: Neuprodukteinführung am Beispiel Monsanto
1. Einleitung
Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel haben in den USA bislang einen Siegeszug
erfahren: nach der Losung „mit weniger mehr erreichen“ konnten Farmer von der
Vorteilhaftigkeit der neuen Genprodukte überzeugt werden.
Während 1990 noch keine gentechnisch veränderten Pflanzen kommerziell angebaut
wurden,33 betrug der Anteil transgener Kulturpflanzen 1997 bereits 50 % der weltweiten
Produktion mit einer weiterhin steigenden Tendenz.34
Doch langsam bröckelt der Erfolg; die Umsätze im Agrarbereich der großen
Biotechnologieunternehmen stagnieren. Eine Welle der Skepsis und der Proteste in
Europa scheint nun auch die US-Amerikaner zum Überdenken anzuregen.
2. Tätigkeitsfelder des Unternehmens Monsanto
Monsanto wurde 1901 als Chemieunternehmen gegründet. Nach der Abspaltung des
klassischen Chemiebereichs Ende 1997 (Solutia Inc.) fokussiert Monsanto seine
Tätigkeit auf den Bereich „Life Sciences“, der drei Kernbereiche aufweist:35
• Landwirtschaftliche Produkte (Grüne Gentechnologie, Herbizide, Pestizide)
Unter dem Motto „Mit weniger mehr erreichen“ ist Monsanto einer
Saatgut/Herbizid Kombination (Roundup Ready Produkten/Roundup Herbizid)
international Marktführer. Durch eine gentechnische Veränderung wird das
Saatgut so verändert, dass es gegen das Herbizid Roundup resistent ist. Die
Roundup Ready Produktreihe umfasst Saatgut für Sojabohnen, Mais, Raps,
Zuckerrüben und Baumwolle.
• Pharmazeutika (Klassische Pharmazeutika, Rote Gentechnologie)
Monsanto war Anfang der 60er Jahre Pionier auf dem Gebiet oraler Verhütungs-
mittel. Heutzutage ist das Unternehmen mit seinen Arthritispräparaten Arthrotec
33 Vgl. o.V.(1999b), S. 23.34 Vgl. Hollricher (1999), S. 24.35 Vgl. o.V. (1999f).
18
und Celebrex ebenso US-Marktführer wie auf dem Markt für verschreibungs-
pflichtige Schlafmittel (mit dem Präparat Ambien).36
• Ernährung & Verbrauchsgüter (Süßstoffe, Nahrungszusatzmittel)
Monsanto kann auch im Bereich der Süßstoffe die US-Marktführerschaft
behaupten: mit den beiden Aspartamenprodukten Equal und NutraSweet bedient
das Unternehmen sowohl die Industrie als auch den Endverbraucher.
Im Geschäftsjahr 1998 beschäftigte Monsanto rund 32.000 Mitarbeiter in über 100
Ländern weltweit. Es wurde ein Umsatz von insgesamt 8,65 Milliarden US-Dollar
erzielt, der sich wie in Abb. 9 auf die drei Kernbereiche des Unternehmens verteilt.37
Abb. 9: Umsatzverteilung nach Geschäftsbereichen 199838
Für FuE wendete Monsanto 1998 1,3 Milliarden US-Dollar auf. Durch die strategische
Ausrichtung auf die drei Sparten der „Life Sciences“ kann Monsanto vor allem im
Bereich der FuE Synergieeffekte zwischen den drei Sparten nutzen. Dies erklärt auch
den mit nur rund 15% des Umsatzes branchenunüblich geringen FuE Anteil.39
36 Vgl. o.V. (1999g).37 Vgl. o.V.(1999f).38 o.V.(1999f).39 Vgl. o.V. (1999f).
Umsatzverteilung nach Geschäftsbereichen 1998
19
3. Ist Monsanto Pionier mit einem ökologischen Produkt?
Das Kernprodukt des Gesamtkonzerns ist Monsantos Herbizid Roundup. Hierbei
handelt es sich weder um eine Innovation im engeren Sinne noch um ein ökologisches
Produkt: Bei der Kombination eines Breitbandherbizides mit einem herbizidtoleranten
Saatgut handelt es sich nur um eine Erweiterung des Eigenschaftraums. Die
Herbizidtoleranz gegen Glyphosat, den Roundup Wirkstoff, die durch die gentechnische
Veränderung erreicht wird, ist also nur eine weitere Dimension in den
Eigenschaftsräumen von Saatgut und/oder Herbiziden.
Durch den gezielteren Einsatz von Herbiziden, den diese Produktkombination
ermöglicht, und die daraus resultierende Verringerung der Umweltbelastung während
der Verwendungsphase, kann von einem ökologischen Produkt im weiteren Sinne
gesprochen werden. Hierbei bleiben etwaige Schäden durch das Roundup Ready Saatgut
jedoch ebenso strittig wie unberücksichtigt.
Monsanto war 1996 mit Roundup Ready Sojabohnen der erste Anbieter mit einem für
den kommerziellen Anbau zugelassenen, gentechnisch veränderten Saatgut auf dem
Markt. Bereits Ende der 70er Jahre hatte Monsanto mit FuE-Arbeiten an gentechnischen
veränderten Pflanzen begonnen, bevor 1992 die Aktivitäten auf die Life Science
Strategie fokussiert wurden. Die Zulassung in den USA wurde 1993 beantragt und
erfolgte 1995.40
Die Patente für den Roundup Wirkstoff Glyphosat sind bereits in mehreren Ländern
ausgelaufen. Nachahmerprodukte bzw. Generika sind in Deutschland bereits erhältlich,
während der Grundstoff in den USA noch Patentschutz genießt.
Das gentechnisch veränderte Saatgut an sich (Roundup Ready Sojabohnen) ist ebenfalls
in den USA als Patent eingetragen. Zwar besteht zur Zeit eine Eintragung für Roundup
Ready Sojabohnen beim Europäischen Patentamt; die Rechtmäßigkeit wird jedoch
angezweifelt. Allen voran fordert Greenpeace die Rücknahme des Patentes, da es gegen
einen Beschluss des Europäischen Patentamtes widerspricht, der eine Anmeldung von
Pflanzen, Tieren und lebenden Organismen 1995 generell ausschloss.41
40 Vgl. o.V. (1999d).41 Vgl. o.V. (1997).
20
4. Internationale Einführung
Monsanto hat seine gentechnisch verändertes Saatgut – und Herbizid Produkte in Form
der Wasserfallstrategie auf internationaler Ebene eingeführt. Nach der erfolgreichen
Einführung in den USA folgten Europa und Mittel- und Lateinamerika. Hauptgrund für
eine Wasserfallstrategie ist in diesem Zusammenhang mit der Notwendigkeit von
staatlichen Genehmigungsverfahren zu sehen, die unterschiedliche Anforderungen an
das Unternehmen und Dauer bis zur Freigabe haben.
Monsanto hat jedoch die Vorteile der Wasserfallstrategie nicht zu nutzen gewusst: Mit
einem standardisierten Vorgehen wurde zwar im Rahmen der Genehmigungsverfahren
den jeweiligen Behörden entsprochen, eine aktive Kommunikationspolitik hingegen
wurde zum Teil zu spät gestartet und kaum an die lokalen Erfordernisse angepasst.
So schlug beispielsweise eine verspätete Aufklärungskampagne in Großbritannien fehl:
mit einem Media-Etat von 1,6 Millionen US-Dollar sollten den Verbrauchern die
Vorteile von GM Food erläutert werden. Als Folge der Kampagne sank die Zahl der
Personen, die an Vorzüge der GM Produkte glauben auf 1% der Gesamtbevölkerung
ab.42
5. Preispolitik nach Einführung und Ablauf der Patente
Monsanto erhebt eine sogenannte „Technologiegebühr“ als Zuschlag auf den Saat-
gutpreis. Die Technologiegebühr dient Monsanto zur Finanzierung von verschiedenen
Aktivitäten:
• FuE-Aktivitäten für Produkte der zweiten Generation sowie die Weiter-
entwicklung der bestehende Produktpalette.
• Weiterbildung und Schulung von Landwirten zum Verständnis der
Technologie und dem gezielten Einsatz der Roundup - Kombination.
• Risikominimierung der Landwirte: Entschädigung bei Ernteverlusten bzw.
Erstattung für Neuanpflanzungen, u.ä.
42 Vgl. o.V. (1999b), S. 24.
21
Neben der Absicherung von Ernteausfällen gewährt Monsanto Preisnachlässe und
Treuepunkte für die Landwirte. Durch die Treuepunkte kann Monsanto das Potential der
Wiederholungskäufer ausbauen bzw. die Zahl der Wechselkäufer verringern. Es werden
z.B. drei sogenannte Technology Power Points beim Kauf von 300 Säcken Roundup
Ready Soja gewährt. Diese Treuepunkte werden dann mit dem nächsten Einkauf
verrechnet.43
Monsanto verfolgt allgemein eine Abschöpfungspreispolitik. Hauptfaktor für die
Absatzsteigerung von Roundup ist eine auf Preiselastizität gegründete Vermarktungs-
strategie mit gezielten Preissenkungen bei erhöhten Verkaufsmengen. Monsanto konnte
so trotz auslaufender Patentrechte bislang den Umsatz weiter steigern.
Die Landwirte verpflichten sich für drei Jahre ab Kauf von Roundup Ready Saat, das
Saatgut nur zur einmaligen Aussaat zu nutzen und keine Restbestände der Ernte für die
nächste Aussaat aufzubewahren („Nachbau“). Darüber hinaus verpflichten sich die
Landwirte zur exklusiven Verwendung von Glyphosat Produkten der Marke Roundup.
Um eine Saatgutpiraterie (seed piracy) und Fremdherbizidverwendung zu überwachen,
setzt Monsanto staatlich zugelassene Dienstleistungsunternehmen ein, die die
Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen überprüfen.
Der Schutz des geistigen Eigentums ist für Monsanto wichtig, um die im Vorfeld
getätigten Investitionen in verbesserte Nutzpflanzen zu sichern. Dennoch ist ein
patentrechtlicher Schutz gerade in der Landwirtschaft kontrovers und neu. Eine eigene
Saatgutgewinnung seitens des Landwirts wird so ausgeschlossen.
Nachdem der Patentschutz für Glyphosat abgelaufen ist, vertreibt Monsanto den
Roundup Grundstoff mittlerweile auch an die Konkurrenten DuPont und Astra-Zeneca.
Diese stellen ihre eigenen Herbizidmischungen unter selbstständigen Markennahmen
her und vertreiben das Herbizid wiederum über eigene Vertriebswege. Für Monsanto ist
vor allem die bessere Produktionsauslastung wichtig, da sich über den erhöhten Absatz
Kosteneinsparungen erreichen lassen.
43 Vgl. Spelsberg (1998).
22
6. Produktnutzen
6.1.Vorteile für die Landwirte
Durch die Herbizidtoleranz des Saatguts ergeben sich für den Landwirt eine Reihe von
Vorteilen (die folgenden Aspekte beziehen sich speziell auf Sojabohnen):
• der Herbizideinsatz kann um mehr als 20% reduziert werden, da
Herbizide gezielter eingesetzt werden können; dies bedeutet Kosten-
reduktion und Umweltschonung.
• Der Ertrag pro Hektar steigt um rund 5% bzw. 134 kg/ha. Das bedeutet
einen Mehrverdienst des Landwirts von 30 US-Dollar pro Hektar.
• Allgemeine Verringerung der Kosten um bis zu 20% durch den
verringerten Treibstoffeinsatz für das Ausbringen von Herbiziden.44
6.2. Mangel eines Endverbrauchernutzens
Im Gegensatz zur roten Gentechnologie, die einen direkten Produktnutzen (z.B. durch
inaktive Impfstoffe) für den Endverbraucher aufweist, profitieren bislang nur Landwirte
von den gentechnisch veränderten Produkten.
Gerade aber der Mangel eines direkten Nutzens für den Konsumenten begründet zum
Teil die geringe Akzeptanz der gentechnisch veränderten Lebensmittel. Monsanto plant
in der zweiten Generation gentechnisch veränderte Produkte mit einem Endverbraucher-
Produktnutzen: erst nach 2002 soll z.B. Rapsöl mit hochkonzentriertem Beta-Karotin-
Anteil eingeführt werden, das dem Vitamin A Mangel vorbeugen soll.45
Proteste und Kritik an gentechnisch veränderten Lebensmitteln (GM Food) können
sowohl sequentiell als auch direkt vom Endverbraucher an die Biotechnologie
Unternehmen gerichtet werden.
So haben die sieben größten Lebensmitteleinzelhandelsketten aufgrund von Bürger und
NGO (Non Governmental Organisations) Protesten GM Food ausgelistet.46 Die
Hersteller reagieren ihrerseits: So wurde beispielsweise der Snack-Riegel „Butterfinger“
44 o.V.(1998a), S. 3ff.45 Vgl. o.V. (1999h).46 Vgl. o.V. (1999e).
23
von Nestlé in Deutschland Mitte 1999 wieder vom Markt genommen, da er aufgrund
des enthaltenen GM Mais in die Kritik von Verbrauchern und NGOs geraten war.47
Abb. 10: Wirkungsgefüge der Einwände.
7. Unterschiedliche Adoption: USA vs. Europa
Während Europäer nach Problemen mit Lebensmittelskandalen, BSE und Schweine-
seuchen sehr sensibel auf GM Food reagieren, setzen die US-Amerikaner dem Thema
weniger Bedenken entgegen. In diesem Zusammenhang werden drei Gründe genannt:
1. US-Amerikaner sind neuen Technologien gegenüber generell aufgeschlos-
sener; der Prozess der Adoption verläuft somit steiler. Diese Offenheit lässt
sich auch der Biotechnologie gegenüber beobachten.
2. Amerika trennt landwirtschaftlich genutzte Flächen und Wohnzonen
geographisch stärker ab. Gilt diese geographische Entfernung, sind die
Vertreter von „Not in my backyard“ beruhigt – ähnlich wie die Bedenken im
Zusammenhang mit Atomkraftwerke und Endlagern für Brennstäbe in Europa
z.T. zerstreut werden können. Die Ängste der Bevölkerung vor
Auswirkungen durch die Anpflanzung von genetisch veränderten Organismen
sind so verschwindend gering. Unerwünschte Folgen durch gentechnisch
veränderte Pflanzen sind jedoch allgemein nicht wahrscheinlicher und vom
47 Vgl. o.V. (2000a).
Monsanto Unilever MetroDuPont Nestlé TengelmannAgrEvo Procter &Gamble AldiAstra-Zeneca ReWe
SparEdeka
Saatgut-und Herbizid-Produzent
LandwirteundFarmer
Lebensmittel-hersteller
Lebensmittel-einzelhandel
Endverbraucher
PolitikRechtsprechungZulassungsbehörden
NonGovernmental Organisations(NGO): z.B. Greenpeace Weg, den Proteste,
Einwände undRegulierungeneinnehmen.
24
Ausmaß nicht risikoreicher, als jene Veränderungen, die bei konventionell
gezüchteten Pflanzen zu beobachten sind.48
3. Der kurzfristig realisierte wirtschaftliche Vorteil liegt in den USA: Die
Farmer können kostengünstiger produzieren und sind so wettbewerbsfähiger
auf dem Weltmarkt.49. Wenn mit der Effizienzsteigerung eine Entlastung für
die Umwelt einhergeht, ist dies für US-Farmer ein wünschenswerter Effekt,
jedoch keineswegs ein notwendiger Anreiz zum Anbau.
Wenngleich es Mitte der 90er Jahre so schien, als ob Amerikaner nach frühzeitigen
Debatten Anfang 1990 mit dem Thema Biotechnologie und Bedenken gegenüber den
Risiken abgeschlossen hätten, hat sich die Meinung der Farmer zum Ende der 90er
Jahre wieder gewandelt.
Proteste aus dem europäischen Ausland, Boykotte von GM Food und das damit
verbundene sinken der Preise am Weltmarkt, veranlassen die Farmer, erneut
umzudenken. Die monetären Vorteile, die eine Verwendung der Monsanto-Produkte
eigentlich verspricht, schwinden in einem Markt mit geringer Margen schnell, da die
Preise für gentechnisch behandelte Erzeugnisse schwinden, während die Preise für
gentechnisch unveränderte Produkte stark steigen.
8. Akquisitionen und Kooperationen
Bereits frühzeitig hat Monsanto mit einer horizontalen Integration verschiedener
Biotechnologie Unternehmen begonnen, um deren Know-how zu erwerben. So wurde
z.B. Anfang 1996 das für die „Anti-Matsch-Tomate“ bekannte Unternehmen Calgene
erworben.
Im Zuge von diversen vertikalen Integrationen in den Bereichen Saatgutherstellung und
–vertrieb sowie Herbizid-Herstellung konnte Monsanto neben einem Know-how-
Transfer vor allem Marktzugang sowie Distributionswege und bekannte Saatgutmarken
erwerben. So wurde 1997 Holden´s, der Weltmarktführer in der Herstellung von
Basissaatgut erworben, 1998 folgten DeKalb (Nordamerikas zweitgrößter Hersteller
von Maissaatgut) und der Saatgutbereich von Cargill (für Europa, Mittel- und Latein-
48 Vgl. Brandt (1999), S. 154.49 Vgl. o.V.(1999b), S. 24.
25
amerika, Asien und Afrika).50 Die Integration der Saatgutunternehmen lässt eingeführte
Markennamen und Geschäftsbeziehungen der Tochterunternehmen gleichermaßen
unangetastet.
Um sich auf die strategische Ausrichtung als Life Science Unternehmen zu
konzentrieren, trennt Monsanto sich konsequent von nichtstrategischen Vermögens-
werten: so wurde 1997 die Chemiesparte als Solutia Inc. ausgegliedert.51 Von 1997 bis
1998 hat Monsanto insgesamt mehr als acht Milliarden US-Dollar für Akquisitionen
aufgewendet und ist so zur zweitgrößten Saatgutfirma aufgestiegen.52 Ende 1999 haben
die beiden Unternehmen Novartis AG und Astra-Zeneca PLC angekündigt, ihre
landwirtschaftlichen Divisionen zusammenzuführen: Der neue Agrarkonzern, der unter
dem Namen Syngenta AG firmieren soll, würde mit knapp 24.000 Mitarbeitern einen
Proforma-Umsatz von 7,9 Milliarden US-Dollar nur im landwirtschaftlichem
Kerngeschäft erwirtschaften und so die Marktführerschaft übernehmen.53
Als Reaktion hierauf wurden Fusionspläne Monsanto mit Pharmacia&Upjohn
bekanntgegeben; nachdem ein bereits vorher geplantes Fusionsbestreben zwischen
Monsanto und American Home Products (AHP) als gescheitert erklärt wurde. Während
durch eine Fusion zwischen Monsanto und AHP zwei ähnlich große Agrarbereiche
ähnlich wie bei Syngenta zusammenführt worden wären (AHP hätte das Unternehmen
American Cyanamide eingebracht)54, soll nun im Zuge der Fusion die Agrar-Division
rechtlich ausgegliedert werden: Nach Ausgliederung des landwirtschaftlichen Bereichs
sollen dann 19,9 % der Unternehmensanteile im Rahmen eines Initial Public Offering
an der Börse platziert werden.55 Der auszugliedernde landwirtschaftliche Bereich wird
weiterhin unter dem Namen Monsanto firmieren, während das neue Konglomerat mit
der Firmierung Pharmacia Corporation den neuen Kernbereich Pharmazie
hervorhebt.56
50 Vgl. o.V. (1998b).51 Vgl. o.V. (1999d).52 Vgl. o.V. (1999a), S. 2.53 Vgl. o.V. (1999c), S. 22.54 Vgl. Galewitz (2000).55 Vgl. o.V. (1999i).56 Vgl. o.V. (2000b).
26
9. Kritische Würdigung zu Monsantos Aktivitäten
Atomkraft galt einstmals als Segen: Emissionen, wie sie von Kohlkraftwerken aus-
gingen wurden, bei einem gleichzeitig deutlich höheren Wirkungsgrad der innovativen
Anlagen, kurzfristig vollständig eliminiert. Rauch- und Rußwolken sollten für immer
der Vergangenheit angehören und Ängste, dass die fossilen Brennstoffe endlich sind,
waren scheinbar vergessen. Erst in der jüngeren Vergangenheit werden die Spätfolgen
erkennbar: Unfälle an maroden Anlagen, Erbgutveränderung bei Anwohnern in der
näheren Umgebung von Atomkraftwerke und vor allen Entsorgungsnöte.
Vorschnelle Euphorie kann jedoch ebenso kontraproduktiv sein wie eine übertriebene
Angst vor Risiken. Fest steht, dass weder in der roten noch in der grünen
Biotechnologie Langzeitfolgen abschätzbar sind. Der Mangel eines direkten Nutzens
verstärkt diese Einschätzung nur noch: so sagen US-Farmer, die das gentechnisch
veränderte Saatgut eher als Segen für sich und seine Äcker ausmacht: „Auch wenn der
Kunde falsch liegt, hat der Kunde recht.“ Dennoch oder gerade deshalb sollte die
Entwicklung auf dem Gebiet der Gentechnologie weiter erforscht werden – sowohl
seitens der Unternehmen wie aber vor allem auch durch öffentliche Forschungs-
anstalten. Zu groß sind die Chancen, die vertan werden könnten.
Monsanto, einst Pionier mit oralen Verhütungsmittel, Marktführer in weiten Gebieten
der Pharma- und Nahrungsmittelzusatzstoffbranche, war es in den 70er Jahren möglich,
mit „wohlgefüllten Kriegskassen“ ambitionierte Projekte in der Genforschung zu
beginnen und später durch Zukäufe im Sinne des Firmen Claims „Food-Health-Hope“
für die gute Sache einzutreten.
Es scheinen die Bedingungen, die Tellis und Golder nennen, erfüllt: Der Pharma- sowie
der Nahrungsmittelbereich sind hoch profitabel. Das Management ist trotz wachsender
Proteste zunächst am Festhalten an der landwirtschaftlichen Biotechnologie interessiert
und hat deutlich den weltweiten Agrar-Bereich als Massenmarkt vor Augen.
Dennoch scheinen die jüngsten Fusionsgespräche zwischen Monsanto und Pharmacia &
Upjohn ein anderes Bild widerzuspiegeln: Die aus Europa in die USA übersch-
wappenden Gerüchte fordern zum Umdenken auf, so dass ein Abspalten des um-
strittenen Agrar-Bereichs einen sinnvoller Weg ist, sich mit kritischen Unternehmens-
27
bereichen aus der Schusslinie zu retten und fortan nur noch an den schneller
wachsenden Bereichen Pharma und Ernährung festzuhalten.
Bereits Anfang der 80er Jahre musste Monsanto sich für die Folgen seiner
Aspartamenprodukte kritisieren lassen. Damals wurden unter anderem Kopfschmerzen,
Schwindelgefühle und Gedächtnisverlust als Folgen des Verzehrs von Lebensmitteln,
die mit dem Zuckerersatz Aspartamen gesüßt waren, festgestellt. Doch auch damals
vermochte Monsanto an dieser Produktrange festzuhalten. So ist das Unternehmen trotz
anhaltender Debatten nach wie vor US-Marktführer mit seinen Aspartamenprodukten.
Die Frage, ob Monsantos Strategie des Pioniereintritts mit gentechnisch verändertem
Sattgut vorteilhaft ist oder nicht, kann nicht abschließend geklärt werden. Fest steht,
dass ein direkter Verbrauchernutzen und eine proaktive Aufklärung über Chancen und
Risiken der grünen Gentechnologie, die Einstellung der Konsumenten und Bürger
sicher positiver gestimmt hätte und die Wogen der Proteste vielleicht abgeschwächt
hätte.
28
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