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Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz
Prof. Dr. Rainer Hüttemann Dr. Carsten Meinert
Institut Finanzen und Steuern e.V. · www.ifst.de
In Medienkooperation mit
SCHRIFT NR. Berlin, März 2013 486
aa.
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Zitiervorschlag:
Hüttemann/Meinert, Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz, IFSt-Schrift Nr. 486 (2013)
Institut Finanzen und Steuern e.V. · www.ifst.de
In Medienkooperation mit
Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz
Prof. Dr. Rainer Hüttemann
Institut für Steuerrecht der Universität Bonn
Dr. Carsten Meinert
Richter, Köln
SCHRIFT NR. Berlin, März 2013 486
aa.
DasInstitutFinanzenundSteuernüberreichtIhnendieIFSt-SchriftNr.486:
Die Lifo-Methode in Handels- und Steuerbilanz
WozudientdieLifo-Methode(last in first out)inderbilanziellenGewinnermitt-lung?Handeltessich(nur)umeinvereinfachendesVerfahrenderVerbrauchsfolge-feststellungundBewertungfürdasVorratsvermögenoderauchumeinInstrumentzurVerhinderungeinerScheingewinnbesteuerung?VondieserGrundfragenachSinnundZweckhängtdieKlärungpraktischerAnwendungsfragendieserfürdieBilanzierungspraxiseminentwichtigenMethodeab.
DieAnwendungsvoraussetzungenderLifo-MethodefürsteuerbilanzielleZweckesindinsbesonderedurcheinUrteildesBFHausdemJahr2000unsichergeworden.DerBFHhattehierausdemVereinfachungsnormzweckabgeleitet,dassdieAn-wendungderLifo-Methodeausgeschlossenseinsoll,wenn„Vorrätemit–absolutbetrachtet–hohenErwerbsaufwendungeninFragestehen,dieAnschaffungskostenohneweiteresidentifiziertunddeneinzelnenVermögensgegenständenangesichtsderenindividuellerMerkmaleohneSchwierigkeitenzugeordnetwerdenkönnen.“DieAnwendungderLifo-MethodewurdeinderFolgeinBetriebsprüfungenzu-nehmendkritischdiskutiert.ZueinerausreichendenöffentlichenDiskussionundauchOffenlegungder–uneinheitlichen–HaltungderFinanzverwaltungistesbis-langnichtgekommen;berichtetwerdenFälleinoffiziellerAbstimmungen,dieall-gemeinenBesteuerungsgrundsätzenwidersprechen(§85AO).
DieswarAnlassfürdasIFSt,erneuteineSchriftzuAnwendungsfragenderLifo-Methode inHandels- und Steuerbilanz vorzulegen.DemBFH-Urteil folgt siezwar insoweit,alssiedieLifo-MethodeteleologischalleinalsVereinfachungs-methodeeinordnet.SiekommtallerdingsauchzudemErgebnis,dass–andersalsesdieweitformuliertenAussagendesBFHüberdenEinzelfallhinausvermutenlassen–derGoB-VorbehaltundderVereinfachungszweckderAnwendungderLifo-MethodelediglichinAusnahmefällenentgegenstehenkönnen.DieLifo-Me-thodeistfolglichauchbei„höherwertigen“Vermögensgegenständengrundsätz-lichzulässigundwirdauchdurchdielediglichtheoretischeMöglichkeiteinerEin-zelbewertungaufGrundmodernerLagerungssystemenichtausgeschlossen.
INSTITUTFINANZENUNDSTEUERNProf. Dr. Johanna Hey
Berlin/Köln,imMärz2013
Inhaltsverzeichnis
I. AnlassderUntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
II. Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.EntwicklungdersteuerrechtlichenRechtsprechung . . . . . . . . . . . . . 11
3.EinführungderPreissteigerungsrücklage(§74EStDV) . . . . . . . . . 14
4.Aktienrechtsreform1965 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
5.Lifo-BewertungbeiEdelmetallen(§74aEStDV) . . . . . . . . . . . . . . . 17
6.Bilanzrichtliniengesetz(BiRiLiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
7.EinführungdersteuerlichenLifo-Methode(§6Abs.1Nr.2aEStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
8.Änderungdes§256HGBdurchdasBilanzrechts-modernisierungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
III. AnwendungderLifo-MethodeimHandelsbilanzrecht . . . . 22
1.EinzelbewertungsgrundsatzundBewertungsvereinfachung . . . . . . 22
a.GrundsatzderEinzelbewertung(§252Abs.1Nr.3HGB) . . . . . 22
b.AusnahmenvomGrundsatzderEinzelbewertung . . . . . . . . . . . . 24
c.EinzelbewertungsgrundsatzundBewertungsvereinfachung . . . . 25
aa. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
bb.GesetzlichgeregelteAusnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
cc. BewertungsvereinfachungundWirtschaftlichkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
dd.SonstigeAusnahmefällenach§252Abs.2HGB . . . . . . . . . 28
2.GemeinschaftsrechtlicheVorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.FestwertverfahrenundGruppenbewertung(§240Abs.3und4HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
a.Festwertverfahren(§240Abs.3HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
b.Exkurs:„EisernerBestand“imVorratsvermögen . . . . . . . . . . . . . 31
c.GruppenbewertungmitdemgewogenenDurchschnittswert(§§256S.2,240Abs.4HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
4.Verbrauchsfolgeverfahren(§256S.1HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
a.Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
b.Fifo-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
c.Lifo-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
aa. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
bb.AnwendungsformenderLifo-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
cc. PraktischeAuswirkungenundRegelungszweck . . . . . . . . . . 42
d.SonstigeVerfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
5.HandelsrechtlicheVoraussetzungenderVerbrauchsfolgemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
a.VermögensgegenständedesVorratsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . 46
b.Gleichartigkeitund„annähernde“Preisgleichheit . . . . . . . . . . . . 46
aa.Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
bb.Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
c.GoB-Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
aa. VereinbarkeitmitderViertenRichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
bb.DoppelteFunktiondesGoB-Vorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
6.ZulässigkeiteinervereinfachtenBewertungimAllgemeinen . . . . . 53
a.TeleologischeEinschränkungdervereinfachtenBewertung(BFH-Urteilvom20.6.2000–VIIIR32/98) . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
b.ReaktionenimSchrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
c.Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
aa. GoB-VorbehaltalszutreffenderAusgangspunkt . . . . . . . . . . . 56
bb.Wirtschaftlichkeits-undWesentlichkeitsgrundsatzsindinterpretationsbedürftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
cc. „Typische“Anwendungsfällezuenggewählt . . . . . . . . . . . 58
dd.Normzweckgebietet„Regel-Ausnahme-Verhältnis“ . . . . . . 58
ee. KritischeUntersuchungderAusschlusskriteriendesBFH . . 60
ff. MehrkostenderEinzelbewertungbei„individualisierbaren“Vermögensgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
gg.VereinfachunginderHGB-HandelsbilanztrotzDurchschnittsbewertungimIFRS-Abschluss? . . . . . . . . . . . . 65
d.Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
7.ZulässigkeitderLifo-MethodeimBesonderen . . . . . . . . . . . . . . . . 67
a.MissbrauchsverbotundabweichendetatsächlicheVerbrauchs-reihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
aa.Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
bb.Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
b.BeschränkungaufVorrätemitinflationsbedingtenPreissteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
c.MethodenwechselundStetigkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
IV. AnwendungderLifo-MethodeimSteuerbilanzrecht . . . . . 71
1.EinzelbewertungundBewertungsvereinfachunginderSteuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.SteuerlicheVoraussetzungendesLifo-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . 76
a.§6Abs.1Nr.2aEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
b.PersönlicherAnwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
c.WirtschaftsgüterdesVorratsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
d.Gleichartigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
e.EinschränkungendurchGoB-Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
3.Lifo-MethodealssteuerlichesInstrumentzurVerhinderungeiner„Scheingewinnbesteuerung“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
a.Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
b.Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.LifoalssteuerlichesWahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.LifoundNiederstwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
6.ErstmaligeAnwendungundAbweichungvonderLifo-Methode . . 101
7.BranchenbezogeneEinzelfragenderAnwendungderLifo-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
a.Automobilhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
b.ChemischeIndustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
c.ComputergesteuerteLagerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
d.CO2-Emissionsberechtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
e.FischverarbeitendeIndustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
f. FleischverarbeitendeIndustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
g.Hausgeräteindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
h.LeichtverderblicheWarenundSaisonbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . 108
i. Mineralölwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
j. Pharmaindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
k.Sekundärrohstoff-undEntsorgungswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . 110
l. Tabakindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
aa. Gruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
bb.Automatenverkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
m.Textilindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
n.UnfertigeoderfertigeErzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
o.Weinwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
p.Wertpapierhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
q.Zwischenprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
V. Exkurs:ZulässigkeitderLifo-MethodenachIFRS/IAS,US-GAAPunddenVorschlägenderEU-KommissionzurGKKBundzueinergeändertenJahresabschluss-RL . . . . . 119
1.IFRS/IAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
2.US-GAAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
3.GKKB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
4.EntwurfeinerneuenJahresabschluss-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
VI. Überlegungendelegeferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
1.AbschaffungdesLifo-VerfahrensinderHandelsbilanzundFortführunginderSteuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
2.GesetzlicheKonkretisierungdesAnwendungsbereichsderLifo-MethodeimHandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
3.AbkoppelungdersteuerrechtlichenLifo-MethodevomHandelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
4.ErsatzloseAbschaffungdes§6Abs.1Nr.2aEStG . . . . . . . . . . . . 133
5.AlternativeInstrumentezursteuerlichenBerücksichtigungvonPreissteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
6.VergleichendeBetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
VII. ZusammenfassungderErgebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 138
VIII. Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
9
I. AnlassderUntersuchung
Seit 1990dürfendeutscheUnternehmengleichartigeWirtschaftsgüter desVorratsvermögensinderSteuerbilanznachdersog.Lifo-Methodebewerten(last in first out).DabeiwirdfürZweckederBewertungunterstellt,dass„die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsät-zen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht“(§6Abs.1Nr.2aS.1EStG).ImhandelsrechtlichenJahresabschlussistdieLifo-MethodeinDeutschlandschon seit den 50er-Jahren als zulässiges Bewertungsvereinfachungsver-fahrenanerkannt.ImVergleichzurBewertungmitdemgewogenenDurch-schnittswertoderderFifo-Methode(first in first out)führteineBewertungnachLifobeisteigendenPreisenzueinemgeringerenErgebnisausweis.DieLifo-MethodestelltdeshalbausUnternehmenssichtzugleicheingeeignetesInstrumentzurVerhinderungeinerScheingewinnbesteuerungdar.
DieAnwendungsvoraussetzungenderLifo-Methode in derSteuerbilanz–insbesondere die Reichweite desGoB-Vorbehalts – sind vor allem durchdieEntscheidungdesVIII.SenatsdesBFHvom20.6.2000unsichergewor-den.1IndiesemUrteilhatderBFHausdemVereinfachungszweckderVer-brauchsfolgeverfahren abgeleitet, dass dieAnwendung der Lifo-Methodeausgeschlossen sein soll,wenn„Vorräte mit – absolut betrachtet – hohen Erwerbsaufwendungen infrage stehen, die Anschaffungskosten ohne Weite-res identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen angesichts deren individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können“.Wennmanbedenkt,dassdasVorratsvermögenz.B.indenmetallverarbeiten-denBetriebentypischerweiseaushochwertigenRohstoffenundErzeugnis-senbestehtundEDV-gestützteLagerungsverfahrenesheuteerlauben,denAnschaffungs-oderHerstellungsprozessdereinzelnenStückezurückzuver-folgen,liegtdieFragenahe,obdieZulässigkeitderLifo-MethodenachdenGrundsätzendesBFH-UrteilsdurchdentechnischenFortschrittzunehmendinfragegestelltwird.2
AuflegislatorischerEbeneistfestzustellen,dassderdeutscheGesetzgeberzwar i.R.d.BilanzrechtsmodernisierungbewusstamLifo-Verfahren inderHandelsbilanz festgehalten hat, dieLifo-Methode aber auf internationalerundauchaufeuropäischerEbenegegenwärtigeherkritischbeurteiltwird.SoistdieLifo-BewertungdesVorratsvermögensnachIFRSnichtmehrzu-
1 BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.2 DazuetwaHennrichs,Ubg2011,705;Hildebrandt,DB2011,1999.
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lässig,unddieaktuellenVorschlägederKommissionfüreine„Gemeinsa-meKonsolidierteKörperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage(GKKB)“vom16.3.20113undfüreineRichtlinieüberdenJahresabschluss,denkonsolidier-tenAbschlussunddamitverbundeneBerichtevonUnternehmenbestimmterRechtsformenvom25.10.20114sehenbislang–abweichendvonArt.40Abs.1VierteRL–keineLifo-BewertungdesVorratsvermögensvor;imHinblickaufdieHandelsbilanzhatsichhierallerdingspolitischerWiderstandgeregt(vgl.Abschn.V.4.).
DievorstehendenBeobachtungenunddieTatsache,dassdieAnwendungs-voraussetzungenderLifo-MethodenachdenGrundsätzendesBFH-Urteilsvom20.6.2000auchinBetriebsprüfungenzunehmendkontroversdiskutiertwerden,sindfürdasInstitutFinanzenundSteuernAnlassgewesen,erneuteineIFSt-Schrift5zudenGrundlagenundAnwendungsfragenderLifo-Me-thodeinHandels-undSteuerbilanzvorzulegen.
DieUntersuchunggliedert sich in siebenAbschnitte.AmAnfang soll zu-nächst die Rechtsentwicklung in Deutschland von der frühen Rechtspre-chungdesRFHbiszurBilanzrechtsmodernisierungnachgezeichnetwerden.Dadie steuerrechtlicheLifo-Bewertungnach§6Abs.1Nr.2aEStGaufdenhandelsrechtlichenVorgabenaufbaut,wirdineinemzweitenTeileinge-hendzudenhandelsrechtlichenVoraussetzungendesLifo-Verfahrensnach§256S.1HGBStellunggenommen.IndiesemZusammenhangwirdauchaufdasBFH-Urteilvom20.6.2000einzugehensein.ImAnschlusswerdendanndiesteuerrechtlichenVoraussetzungeneinerLifo-Bewertungnach§6Abs. 1Nr. 2aEStGnäher untersucht,wobei auch ausgewählte branchen-bezogeneAnwendungsfragen behandelt werden. Ein rechtsvergleichenderRundblick, einigeÜberlegungen de lege ferenda und eine Zusammenfas-sungderErgebnissebeschließendieUntersuchung.
II. Rechtsentwicklung1. Einführung
DieZulässigkeitderLifo-MethodeistinDeutschlandhandelsrechtlicherst-malsdurch§155Abs.1S.3AktG1965anerkanntwordenundheute in§256S.1HGBgeregelt.FürZweckedersteuerlichenGewinnermittlung
3 KOM(2011)121/4endg.4 KOM(2011)684endg.5 Vgl.bereitsdieIFSt-SchriftenNr.218(1982)undNr.401(2002).
11
istdieLifo-Methodesogarerstseit1990mitderEinfügungdes§6Abs.1Nr.2aEStG1990zugelassenworden.DerdeutscheSteuergesetzgeberhatdamitdieLifo-Bewertungerstvielspäteranerkanntalsz.B.dasUS-ameri-kanischeSteuerrecht.Dortwurdeeserstmals1934voneinemCommitteedesAmericanPetroleumInstitutesauchfürsteuerlicheZweckeempfohlenundbereitsimRevenueAct1938–zunächstbegrenztfürdieGerberei-undBuntmetallindustrie–steuerlichzugelassenundeinJahrspäterausGründendersteuerlichenGleichbehandlungaufandereIndustriezweigeausgedehnt.6
DieimVergleichzudenUSAvergleichsweisespätegesetzlicheVerankerungderLifo-Methode imdeutschenHandels- undSteuerbilanzrecht darf abernicht denBlickdarauf verstellen, dassFragenderVorratsbewertungnachbestimmtenVerbrauchsfolgenbereitsseitden20er-JahrenauchinDeutsch-landdiskutiertwordensind.SobestandschonvorderEinfügungdes§155Abs.1S.3AktGimhandelsrechtlichenSchrifttumder50er-JahreEinigkeitüberdiegrundsätzlicheZulässigkeitvonVerbrauchsfolgeverfahrenimhan-delsrechtlichenJahresabschluss.7HingegenwardiesteuerrechtlicheZuläs-sigkeiteinerVerbrauchsfolgebewertungdesUmlaufvermögensindersteu-errechtlichenRechtsprechungdesRFHzunächstumstritten,wurdeaberinderNachkriegszeitbiszurEinführungdes§74aEStDVbzw.des§6Abs.1Nr.2aEStGgrundsätzlichverneint.ImWeiterensolldieRechtsentwicklunginDeutschlandkurznachgezeichnetwerden.
2. EntwicklungdersteuerrechtlichenRechtsprechung
DiesteuerrechtlicheZulässigkeiteinerLifo-Bewertungwird–ohnedenBe-griff„Lifo“zuverwenden–erstmalsindenRFH-Urteilenvom13.6.19288und13.12.1928angesprochen,9indenenderRFHüberdieErmittlungdesVeräußerungsgewinnsbeiWertpapierverkäufenzuentscheidenhatte.Wäh-rendderRFHimUrteilvom13.6.1928betreffendWertpapieredesPrivatver-mögens–offenbarmitBlickaufdiedreimonatigeSpekulationsfrist–nochverlangte, dass dem Veräußerungsgeschäft zwingend „derAnschaffungs-preisdesnächstenvorausgegangenenAnschaffungsgeschäftsgegenüberge-
6 Schönfeld/Holzer,ZfB1965,472,491f.Vgl.auchHax,DieSubstanzerhaltungderBetriebe,1957,139.
7 ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 1957,§133Rz.106;GroßkommAktG-Mellerowicz,2.Aufl.1961,§133Anm.11.
8 RFHv.13.6.1928–VIA593/28,RStBl.1928,328f.9 RFHv.13.12.1928–VIA899/28,RStBl.1929,136.
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stelltwird“(diesentsprächederLifo-Methode),bejahtederRFHinderEnt-scheidungvom13.12.1928betreffendWertpapieredesBetriebsvermögenssogareinWahlrechtdesKaufmannshinsichtlichderZuordnung.Eskommenicht darauf an,welcheStücke tatsächlichgeliefertwerden, „sondernnurdarauf,welchenAnkaufderKaufmannalsrealisiertansehenwillundinsei-nenBüchernalsrealisiertbehandelt“.AllerdingshatderSenatoffengelas-sen,obeinesolcheZuordnungbuchhalterischimVorausgetroffenwerdenmuss.OhneeineZuordnungkönne„beiWertpapieren,diejaandersalsWa-rendemVerderbenichtausgesetztsind,nurangenommenwerden,dassbeijedemVerkaufediezuletztangeschafftenWertpapierealsverkauftzugeltenhaben“(wasebenfallsderLifo-Methodeentsprechenwürde).
DieseRechtsprechung, die auch später noch zugunsten derLifo-Methodeangeführtwordenist,10hatderRFHinderFolgenichtfortgeführt.ZwarhatderRFHgegeneineSammel-oderGruppenbewertungbeigleichartigenWa-renundVorräten(z.B.Holzbestände)keineEinwändeerhoben,solangesichwegenderGleichartigkeitder„angesetzteDurchschnittspreisüberschlägigermittelnlasse“.11FernererlaubtederRFHfüreinenstetsetwaingleicherHöhe benötigtenBestand anWirtschaftsgütern (z.B. kurzlebigeWerkzeu-ge)denAnsatzeinesFestwertsmitderFolge,dasseinerseitsAbsetzungenfürAbnutzungenunterbleibenundandererseitsErsatzbeschaffungenalslau-fendeUnkostenbehandeltwerden.12MitUrteilvom19.10.193813lehntederRFHdenAnsatzeinesFestwertsimSinneeines„EisernenBestands“beiWa-renvorräten (hier:Großhandel fürBergwerksprodukte) jedochkategorischab.VielmehrmüssealsAnschaffungspreisfürdieimBestandzumStichtageinheitlichzubewertendenSachen„zunächstderneuesteAnschaffungspreisgelten,soweitdieneuesteAnschaffungmengenmäßigdemvorhandenenBe-standentspricht“.NachAnsichtdesSenatswarsomitimErgebniszwingenddieFifo-Methodeanzuwenden.EineBegründungfürdiesevondenfrüherenUrteilenaus1928abweichendeSichtweiselässtdasUrteilindesvermissen.14
10 Vgl.etwaSpitaler,StuW1948,379.11 SoRFHv.5.7.1933–VIA1756/32,RStBl.1933,763;zurDurchschnittsbe-
wertungalszulässigesSchätzungsverfahrenvgl.auchRFHv.30.3.1927–VIA108/27,RFHE21,62;vgl.auchBlümich,EStG,5.Aufl.1943,§6Anm.9.
12 Vgl.RFHv.16.12.1937–VIA588/35,RStBl.1937,272;sieheauchUrteildesRFHv.19.12.1934–IA108/33,RStBl.1935,675,betreffendEisenbahnanla-gen.
13 RFHv.19.10.1938–VI593/38,RStBl.I1939,26.14 Vgl.auchdieKritikvonSpitaler,StuW1948,379.
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EsdauerteweiterezehnJahre,bisderObersteFinanzgerichtshof(OFH)Ge-legenheiterhielt,sichvordemHintergrundderWährungsumstellungzurBe-wertungvonWarenbeständenzuäußern.InseinemGutachtenvom3.6.1949stellte derOFH15 allgemein fest, dassweder dasLifo-VerfahrennochdasFifo-Verfahren„mitdemgeltendendeutschenEinkommensteuerrechtver-einbar“seien.Erbegründetediesdamit,dassderLifo-AnsatzbeifallendenPreisenzueinemüberdemTeilwertliegendenWertführenkönne,wasgegen§133Ziff.3AktGverstoßenwürde.DieseBegründungistimSchrifttum16zuRechtkritisiertworden,weilauchbeiAnwendungdesLifo-VerfahrensdasstrengeNiederstwertprinzipzubeachtenist,sodasseineÜberschreitungderTeilwertemithinausgeschlossenist.AbweichendvomRFH-Urteilvom19.10.193817ließderOFHallerdings–unterHinweisaufdenvonSchma-lenbachvertretenenBegriffder„gebundenenVorräte“–dieBildungeines„EisernenBestands“fürsolcheGüterdesVorratsvermögenszu,die„anla-geähnliche“Eigenschaftenhaben:DazusolltederMindestbestandanWaren(insbesondereRohstoffen)zu rechnensein,dernotwendig ist,umdie rei-bungsloseFortführungdesBetriebsbiszumEingangvonErsatzgüternuntergemeingewöhnlichenVerhältnissenzusichern.
DasGutachten desOFH stieß inKreisen der Finanzverwaltung zunächstaufWiderspruch, dadieGemeinsameSteuer- undZollabteilungder briti-schen Zonemit Erlass vom 8.10.1948 aufDrängen derWirtschaftsverei-nigung Nichteisen (NE-)Metalle dieAnwendung der Lifo-Methode unterbestimmten Voraussetzungen (Gleichartigkeit, keine Beschaffenheitsver-änderung durch Lagerung, Unmöglichkeit des Identitätsnachweises) wie-derzugelassenhatte18.IndeswurdedieAnwendungderLifo-undFifo-Me-thodeunterBezugnahmeaufdasOFH-GutachtendurchAbschn.52Abs.2der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) II/1948 und 194919 untersagt undfürsolchevertretbarenGegenständendesVorratsvermögens,beidenendieAnschaffungs-oderHerstellungskostennichtmehreinwandfreifeststellbarsind,dieDurchschnittsbewertungvorgeschrieben.InAbschn.52Abs.2derEStR195120wurdedanneineAnwendungderLifo-Methodefürden(Aus-
15 OFH-Gutachten v. 3.6.1949 – I D 2/49, Entscheidungen und Gutachten desReichsfinanzhofsunddesOberstenFinanzhofs,Bd.54,338.
16 IFSt-SchriftNr.218(1982),41f.17 RFHv.19.10.1938–VI593/38,RStBl.I1939,26.18 GemS2130–189/St1A,DB1948,431.19 Vgl.SteuerblattNRW1950,319,339.20 BStBl.I1952,289,319.
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nahme-)Fall erlaubt,dassderSteuerpflichtigeglaubhaftmacht,dassdieseVerbrauchsreihenfolge den tatsächlichen Verhältnissen in seinem Betriebentspricht.
3. EinführungderPreissteigerungsrücklage(§74EStDV)
InReaktionaufdiedurchdieKorea-Krise21ausgelöstenPreissteigerungenbei Importwaren ermächtigte derGesetzgeber dieBundesregierung durchdasSteuerneuordnungsgesetzvom16.12.1954in§51Abs.2Ziff.2bEStG195522, Steuererleichterungen für entstandene Preissteigerungen durchRechtsverordnungzugewähren. ImVorfeldderGesetzesänderungwarer-wogenworden,denPreissteigerungenunddendadurchausgelöstenSchein-gewinnendurchZulassung einer eisernenBestands- oderLifo-Bewertungzubegegnen.NachderGesetzesbegründung23nahmmanvondereisernenBestandsbewertungjedochAbstand,weildieserBegriffnochzuwenigum-rissenseiundauchmitdemHandelsrechtabgestimmtwerdenmüsste;dieEntwicklungderRechtsprechungseiabzuwarten.DieEinführungdesLifo-Verfahrensseinichtmöglich,dahierzueinewesentlicheÄnderungdesHan-delsrechtsVoraussetzungwäre.Auch imFinanzausschuss sind beideMe-thodeneingehendgeprüft,aberabgelehntworden.24DerVerordnungsgebermachtevonderErmächtigungmit§74EStDV195525Gebrauch,derfolgen-deRegelungenthielt:
„Steuerpflichtige, die den Gewinn aufgrund ordnungsmäßiger Buch-führung nach § 5 des Gesetzes ermitteln, können für die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, halbfertigen Erzeugnisse und Waren, die vertretbare Wirtschaftsgüter sind und deren Börsen- oder Marktpreis (Wiederbe-schaffungspreis) am Schluß des Wirtschaftsjahres gegenüber dem Bör-sen- oder Marktpreis (Wiederbeschaffungspreis) am Schluß des voran-gegangenen Wirtschaftsjahres um mehr als 10 vom Hundert gestiegen ist, im Wirtschaftsjahr der Preissteigerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage für Preissteigerungen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 bilden.“
21 Vgl.BT-Drucks.2/481,99.22 BGBl.I1954,441,465.23 BT-Drucks.2/481,100.24 BT-Drucks.2/961,10.25 BGBl.I1955,756,772.
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DieEinführungderPreissteigerungsklauselnahmderBFHinseinemUrteilvom1.3.195526zumAnlass,dievomOFHanerkannteeiserneBestandsbe-wertungabdem1.1.1955zuuntersagen.DiewirtschaftlichenVoraussetzun-gen für dieBildung eines EisernenBestands seien durch Einführung des§51Abs.2Ziff.2bEStG1955weggefallen,daderGesetzgeberdasWirt-schaftsproblemderPreisschwankungennunmehrineinembestimmtenSinnundohneEinschränkungengeregelthabe.AlsFolgedieserRechtsprechungstrichdieFinanzverwaltungdurchR36EStR195527dieursprünglichinAb-schn.52Abs.2eingeräumteMöglichkeitzureisernenBestandsbewertungundfordertedieAuflösungder„EisernenBestände“.28DieAusführungenzurLifo-MethodewurdenausAbschn.52Abs.2EStR1951inR36Abs.2EStR1955übernommenundbiszurNeufassungderEStR199029beibehalten.
LediglichfürdenSonderfalldessog.UmlaufmetallstockshatderBFHimWegeeinerwirtschaftlichenBetrachtungsweisedieRealisationstillerReser-veneingeschränkt.ImUrteilvom17.5.195230befandderBFH,dassderrei-ne(Aus-)TauschvonWirtschaftsgüternimWegederErsatzbeschaffungbeiUmarbeitungsgeschäften–d.h.solchen,beidenendasproduzierendeUnter-nehmendasverarbeiteteMetallvomBestellerzurückerhält–grundsätzlichkeineRealisationbegründe.AndieserBeurteilunghatderBFHimGutach-tenvom26.8.196031festgehalten:SofernessichumreineUmarbeitungsge-schäftehandelt, lehntederBFH– trotzzwischenzeitlicherEinführungderPreissteigerungsrücklage–unterHinweisaufseinUrteilvom17.5.1952eineRealisation stiller Reserven ab. Im Fall eines sog.Vollpreisgeschäfts, beidemderBestellerkeinMetallanliefert,seieineFestwertbewertunghingegennichterlaubt,weilderUmlaufmetallstockdanndemumlaufendenBetriebs-vermögen zuzurechnen sei.Auchdie vomRFH imUrteil vom13.6.1928geforderteLifo-Bewertungseinichtzulässig,weilsieüberdenvomRFHentschiedenenSonderfallnichtallgemeinangewendetwerdenkönne.Viel-
26 BFHv.1.3.1955–I140/52U,BStBl.III1955,144ff.Vgl.auchBFHv.3.3.1955–IV203/53U,BStBl.III1955,222ff.
27 BStBl.I1956,81,99f.28 Vgl.hierzuauchIFSt-SchriftNr.218(1982),37.29 Geändert durchdie allgemeineVerwaltungsvorschrift über dieÄnderungder
Einkommensteuer-Richtlinien1987(EStÄR1990),BStBlI1990,Sondernum-mer1.
30 BFHv.17.5.1952–I4/52U,BStBl.III1952,208.31 GutachtendesBFHv.26.8.1960–ID1/59U,BStBl.III1961,31ff.
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mehrmüssebeiderVermischungundVermengungvonGegenständendesUmlaufvermögensstetseinDurchschnittswertgebildetwerden.
SeineablehnendeHaltunggegenüberdenVerbrauchsfolgeverfahrenhatderBFHsodannnocheinmalmitUrteilvom15.2.196632bestätigt:DerKauf-mannhabe–entgegendemRFH-Urteilvom13.12.1928–beisammelver-wahrtenWertpapierenkeinWahlrecht,welchesPapiereralsverkauftanse-henwill.SoferninfolgeVermischunggattungsgleicherSachenUnklarheitenbezüglich der tatsächlichenAnschaffungskosten bestehen, müsse derAn-schaffungspreisderEinzelsachegeschätztwerden.OhnesonstigeAnhalts-punkteseidabeiderDurchschnittswertderzutreffendeSchätzungsmaßstab.
4. Aktienrechtsreform1965
AbweichendvondersteuerrechtlichenEntwicklunghatderGesetzgeberderAktienrechtsreform1965dieAnwendungvonVerbrauchsfolgeverfahrenimhandelsrechtlichenJahresabschlussdurch§155Abs.1S.3AktG196533aus-drücklicherlaubt.DieVorschriftlautete:
„Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermö-gens unterstellt werden, daß die zuerst oder daß die zuletzt angeschaff-ten oder hergestellten Gegenstände zuerst oder in einer sonstigen be-stimmten Folge verbraucht oder veräußert worden sind.“
DieRegelungwurdeerstaufgrundderBeratungendesRechtsausschusseseingefügt,dermitseinenweitreichendenÄnderungendesGesetzesentwurfsdieIntentionverfolgte,stilleReservenabzuschaffenund„aufdasamerika-nische System“ umzuschalten.34 Die Zulassung der Bewertungsmethodenfür„gleichartige“GegenständebringezumAusdruck,dassessichnichtumgenau gleicheGegenstände zu handeln brauche.DerGoB-Hinweis sollte„Missbräuche“verhindern,35lösteallerdingsschonbaldeineintensiveDis-
32 BFHv.15.2.1966–I95/63,BStBl.III1966,274.33 Aktiengesetzvom6.9.1965,BGBl.I1965,1089,1127.34 Vgl.BerichtdesAbgeordnetenWilhelmi,in:Berichtvonder187.Sitzungdes
4. Deutschen Bundestages am 25.5.1965, Stenographische Berichte, Bd. 59,9377,9404.
35 Vgl.zuBT-Drucks.IV/3296,31.
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kussionimFachschrifttumaus.36NebendenVerbrauchsfolgeverfahrenbe-treffend dasVorratsvermögen hatte der Rechtsausschuss auch über einenAntragaufEinführungeiner„Anlagenerhaltungsrücklage“zurVermeidungvonSubstanzausschüttungen betreffend dasAnlagevermögen zu entschei-den.Diesenlehnteerab,weili.R.d.AktienrechtsreformkeineEntscheidungmitsolchersteuerlicherTragweitegetroffenwerdenkönne.Demberechtig-tenAnliegenderSubstanzerhaltungseiinsoweitvielmehrdurchdieBildungfreierRücklagennach§55AktG-E1965Rechnungzutragen.
DieEinführungdes§155Abs.1S.3AktG1965ändertenachwohlallge-meinerAnsichtwegendessteuerrechtlichenBewertungsvorbehaltsnichtsander steuerrechtlichenUnzulässigkeitderVerbrauchsfolgeverfahren.Sohatetwa die Bundesregierung in denBeratungen des ESt-Änderungsgesetzesvom16.5.1969zurNeufassungdes§5EStG37ausgeführt:„In seinem mate-riellen Gehalt unberührt bleibt der steuerliche Vorbehalt, wonach handels-rechtliche Bewertungsvorschriften nur insoweit gelten, als das Steuerrecht keine andere Bewertung vorschreibt. Zu den steuerrechtlich nicht verbindli-chen handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften rechnet […] insbesondere auch § 155 Abs. 1 Satz 3 AktG […]“.
5. Lifo-BewertungbeiEdelmetallen(§74aEStDV)
Endeder70er-JahreentstanderneutsteuerpolitischerHandlungsbedarf,weiles imletztenDritteldesJahres1979zuerheblichenPreissteigerungenbeiEdelmetallengekommenwarunddieseinnurgeringemUmfangdurchdiePreissteigerungsrücklageaufgefangenwerdenkonnten.38 InReaktionhier-aufwurdezunächst imBilligkeitswegezugelassen,dassUnternehmenderedelmetallbe-und-verarbeitendenIndustrie inderBilanzzum31.12.1980einedensteuerlichenGewinnminderndebesondereRücklagebildendurf-ten,sofernfürsienichtwegenderArtderLagerungdieBewertungnachderLifo-Methodezugelassenwar.39FünfJahrespäterwurdedieRegelungdurchdieEinführungvon§51Abs.1Nr.2Buchst.zEStGdurchdasSteuerbe-
36 Vgl.u.a.Döllerer,BB1965,1405,1412;Görres,BB1966,264f.;Kamprad,DB1967,875,875f.;Kropff,WPg1966,369,376ff.; Langen,BB1966,551f.
37 BT-Drucks.V/3187,4.38 Gasper,DieLifo-Bewertung:Zielsetzung,GoB-Konformität,Verfahren,1995,62.39 ErlassdesFinMinNRWvom10.6.1981–S1915–8–VC3,DStZ/E1981,211,
unddesFinMinNdsvom15.4.1981–S2174–41–311,DB1981,1259,1259f.sowiedesFinMinNdsvom14.4.1983–S2174–41311,DB1983,913.
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reinigungsgesetz198540ersetzt41unddemLifo-VerfahrenaufdiesemWegzueiner steuerlichenRenaissanceverholfen.MitderNormschufderGe-setzgeberdieErmächtigung,eineLifo-BewertungbeiWirtschaftsgüterndesVorratsvermögensfürdenWertansatzvonGold,Silber,PlatinundPalladi-umzuzulassen,soweitdiesdenGoBentsprichtundeineBearbeitungimei-genenBetriebstattfindet.FürdenFall,dassderSteuerpflichtigeLifowählt,solltennachS.2derNormdieBildungderPreissteigerungsrücklageaus-geschlossenundbereitsgebildeteRücklagenaufzulösensein.DieErmäch-tigungwurdedurch§74aEStDVausgefüllt,dergem.§85Abs.4aEStDVerstmalsaufWirtschaftsjahreanzuwendenwar,dienachdem31.12.1984en-deten.DurchdasSteuerbereinigungsgesetz198642wurdederAnwendungs-bereichaufRhodiumundKupferausgedehnt.
6. Bilanzrichtliniengesetz(BiRiLiG)
InfolgedesBilanzrichtliniengesetzes (BiRiLiG)vom19.12.198543kameszeitgleichmitderEinführungdes§74aEStDVauchzueinerhandelsrechtli-chenNeuregelung.DasBiRiLiGdientederUmsetzungder4.EG-Richtlinie(Bilanzrichtlinie),44mitderdieexternenRechnungslegungsvorschriftenvonKapitalgesellschaften inderEGharmonisiertwerden sollten.45DieRicht-linieräumtedenMitgliedstaateninArt.40Abs.1folgendesWahlrechtein:
„Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß die Anschaffungs- oder Her-stellungskosten gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermö-gens sowie alle beweglichen Vermögensgegenstände einschließlich der Wertpapiere nach den gewogenen Durchschnittswerten oder aufgrund
40 Steuerbereinigungsgesetz1985vom14.12.1984,BGBl.I1984,1493.41 ImBerichtdesFinanzausschussesvom14.11.1984(BT-Drucks.10/2370,13)
heißtesdazu:„Durch eine weitere Ermächtigung wird die nach großen Preis-schwankungen bei Edelmetallen zunächst im Erlaßwege ausnahmsweise zuge-lassene Bewertung nach der Lifo-Methode sanktioniert. Es bestand keine Ab-sicht des Ausschusses darüber hinaus auf evtl. Rechtsmittelverfahren Einfluß zu nehmen, die sich grundsätzlich mit der steuerrechtlichen Zulässigkeit des Lifo-Verfahrens entsprechend dem Handelsrecht auseinandersetzen.“
42 Steuerbereinigungsgesetz1986vom19.12.1985,BGBl.I1985,2436.43 BGBl.I1985,2355;BStBl.I1985,704.44 78/660/EWGvom25.7.1978,ABl.EG1978Nr.L222,11.45 Gasper,Lifo-Bewertung,38.
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des „First in – First out (Fifo)“- oder „Last in – First out (Lifo)“-Ver-fahrens oder eines vergleichbaren Verfahrens berechnet werden.“
VondieserErmächtigungmachtederdeutscheGesetzgebernurinsoweitGe-brauch,alserdieRegelungdes§155Abs.1S.3AktG1965nahezuwort-gleichin§256S.1HGB46übernahmundlediglichdasWort„Gegenstände“durch„Vermögensgegenstände“ersetzte.InderBegründungdesGesetzent-wurfsheißteshierzu:
„Die Verbrauchsfolgeverfahren nach Absatz 2 Satz 2 entsprechen § 155 Abs. 1 Satz 3 AktG. Von der Möglichkeit, diese Verfahren für alle beweg-lichen Wirtschaftsgüter einschließlich der Wertpapiere zuzulassen, wur-de nicht Gebrauch gemacht, weil ein Bedürfnis offenbar nicht besteht.“
Eine Änderung der steuerlichen Rechtslage sollte damit nicht verbundensein,dennimBerichtdesRechtsausschussesheißteszu§256:„[…]; die Verbrauchsfolgeverfahren werden in Fortführung des geltenden Rechts für das Vorratsvermögen zugelassen. Das geltende Recht wird nicht geändert, weil sonst der Grundsatz der steuerneutralen Umsetzung gefährdet werden könnte.“47
7. EinführungdersteuerlichenLifo-Methode(§6Abs.1Nr.2aEStG)
MitdemStReformG199048wurdedasLifo-VerfahrenschließlichauchfürdiesteuerlicheGewinnermittlungdurch§6Abs.1Nr.2aEStG1990allge-meinerlaubt:
„Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 ermitteln, können für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unter-stellen, daß die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handels-rechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, die-se Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge auch für den Wertansatz in der
46 ImGesetzentwurf(vgl.BT-Drucks.317/10,15)wardieRegelungnoch–ge-meinsammitderRegelungüberdieDurchschnittsbewertung–in§266Abs.2unterderÜberschrift„Bewertungsvereinfachungsverfahren“verortet.
47 BT-Drucks.10/4268,102.48 Steuerreformgesetz1990vom25.7.1988,BGBl.I1988,1093.
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handelsrechtlichen Jahresbilanz unterstellt wird und kein Bewertungs-abschlag nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe m vorgenommen wird.“
Gem.§52Abs.7S.1EStG1990wardieLifo-MethodeerstmalsfürWirt-schaftsjahre anwendbar, die nach dem 31.12.1989 endeten.Aufgrund desWoBauFGvom22.12.198949wurdederSatzbestandteil„diese Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge auch für den Wertansatz in der handelsrechtlichen Jahresbilanz unterstellt wird“ jedoch bereits mit Inkrafttreten der Neu-regelungwiedergestrichen,weilzwischenzeitlichin§5Abs.1S.2EStGdasErfordernis der formellenMaßgeblichkeit aufgenommenwordenwar.ZugleichwurdederBuchwertstattdesDurchschnittswertsalssteuerlicherAusgangswert bei erstmaliger Lifo-Anwendung zugelassen.50 Zur Einfüh-rung der Lifo-Methode wird in der Begründung des Gesetzentwurfs derFraktionenderCDU/CSUundFDP51u.a.ausgeführt:
„Das Problem der Scheingewinnbesteuerung ist durch die Preissteige-rungsrücklage für den Fall lang anhaltender Preissteigerungen nicht ge-löst worden, da die Rücklage spätestens nach 6 Jahren gewinnerhöhend aufgelöst werden muß. Für bestimmte Edelmetalle und Kupfer wurde die Lifo-Methode daher auch für das Steuerrecht bereits in § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe z EStG i.V.m. § 74a EStDV zugelassen. Die mit der Ge-setzesänderung vorgesehene allgemeine Einführung der Lifo-Methode im Steuerrecht soll dem Problem der Scheingewinnbesteuerung auch bei anderen Wirtschaftszweigen abhelfen. Mit der allgemeinen Zulas-sung der Lifo-Methode im Steuerrecht wird darüber hinaus eine weitere Angleichung an das Handelsrecht erreicht. Um sicherzustellen, daß ein Wechsel in die weiterhin zulässige Durchschnittsbewertung nicht will-kürlich möglich ist, soll ein Methodenwechsel von der Zustimmung des Finanzamts abhängig gemacht werden. Auf das Instrument der Preis-steigerungsrücklage und die Sonderregelung der Lifo-Methode für be-stimmte Edelmetalle und Kupfer kann mit der allgemeinen Einführung der Lifo-Bewertung im Steuerrecht verzichtet werden.“
49 GesetzzursteuerlichenFörderungdesWohnungsbausundzurErgänzungdesSteuerreformgesetzes1990(Wohnungsbauförderungsgesetz–WoBauFG)vom22.12.1989,BGBl.I1989,2408.
50 Vgl.auchHHR-Richter,§6Rz.1122b.51 BT-Drucks.11/2157,140.
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ImerstenBerichtdesFinanzausschusses52heißteshierzuu.a.:
„Der Ausschuß übernimmt die generelle Zulassung des Lifo-Verfahrens im Ertragssteuerrecht als Bewertungsvereinfachung, die im Handelsrecht be-reits seit langem anerkannt ist. Dieses Bewertungsverfahren ermöglicht es, die Einkaufs- und Verkaufspreise zeitnah zu verrechnen. Die Besteuerung eines preissteigerungsbedingten Scheingewinns wird dadurch vermieden, so daß auf die Preissteigerungsrücklage verzichtet werden kann. Der Vereinfa-chungseffekt der Lifo-Methode ist um so stärker, je größer die Gruppen sind, in denen die jeweils gleichartigen Wirtschaftsgüter zusammengefaßt sind. Entsprechend einem in der Anhörung vorgetragenen Anliegen geht der Aus-schuß davon aus, daß bei der Gruppenbildung in der Praxis nicht kleinlich verfahren wird.“
DieinderRegelungvollzogeneBezugnahmeauf§51Abs.1Nr.2Buch-stabembetrifftdenImportwarenabschlagfürWirtschaftsgüterausländischerHerkunft,derenPreisaufdemWeltmarktwesentlichenSchwankungenun-terliegt(§80EStDV).ImRahmendesSteuerreformgesetzes1990wurdeervon20auf10%derAnschaffungskostenabgesenkt,womitmandemUm-stand Rechnung trug, „dass die Lifo-Bewertungsmethode langfristig eineniedrigereBewertungdesVorratsvermögensermöglicht“.53MitEinführungderLifo-MethodewurdezudemdasAuslaufenderPreissteigerungsrückla-genach§74EStDVbestimmt.54I.R.d.NeufassungderEStR199055hatdieFinanzverwaltunggleichzeitigeinenAbschn.36aeingeführt,dersichaus-schließlichmitdenAnwendungsvoraussetzungenderLifo-Methodebefasst.DurchdasStEntlG1999/2000/2002vom24.3.199956 hat derGesetzgeberdie Formulierung „und kein Bewertungsabschlag nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe m vorgenommen wird“ infolgedergenerellenAbschaffungdesImportwarenabschlags(§80EStDV)aufgehoben.IndenEStR200557wurdedieRegelungdesAbschn.36aschließlichinR6.9umbenannt,indersiebisheuteerhaltengebliebenist.
52 BT-Drucks.11/2536,47.53 BT-Drucks.11/2536,47.54 Vgl.hierzuHHR-Richter,§6Rz.1122b.55 Bekanntmachung der Neufassung der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR
1990)vom10.11.1990,BStBl.ISondernummer4/1990.56 Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002vom24.3.1999,BGBl.I1999,402.57 Vom16.12.2005,BStBl.I2005,Sondernummer1/2005.
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8. Änderungdes§256HGBdurchdasBilanzrechts-modernisierungsgesetz
DurchdasBilMoG58sindin§256HGBdieWörter„oder in einer sonsti-gen bestimmten Folge“gestrichenworden.ImhandelsrechtlichenJahresab-schlusssindalsonurnochdasFifo-unddasLifo-Verfahrenzulässig,wasimReferentenentwurf damit begründetwird, dass dieÄnderung der bes-serenVergleichbarkeit der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse diene.Derweitergehenden Forderung einer Beschränkung der Bewertungsvereinfa-chungsverfahrenaufdieBewertungmitdemgewogenenDurchschnittwer-de,obwohldieseBewertungsmethodeeinerdentatsächlichenVerhältnissenentsprechendenDarstellung derVermögens-, Finanz- und Ertragslage amnächstenkomme,allerdingsnichtgefolgt,weilsteuerlichsowohlLifo-alsauchDurchschnittsbewertung zulässig seien.DerRegierungsentwurf59 hatdieseBegründungnahezuwortgleichübernommen.
III.AnwendungderLifo-MethodeimHandelsbilanzrecht1. EinzelbewertungsgrundsatzundBewertungsvereinfachung
a. GrundsatzderEinzelbewertung(§252Abs.1Nr.3HGB)
Nach§252Abs.1Nr.3HGBsinddieVermögensgegenständeundSchuldeneinzelnzubewerten.DerEinzelbewertungsgrundsatzistAusflussdesPrin-zipsder„einzelobjektbezogenenBetrachtung“.60Erfordert„die Betrachtung des jeweils kleinsten Sachverhalts, der nach der Verkehrsanschauung als selbständig realisier- und bewertbar angesehen wird“.61DerEinzelbewer-tungsgrundsatzknüpftandenGrundsatzderEinzelbilanzierungan,der in§240Abs.1HGBverankertist.DanachhatderKaufmannzuBeginnseinesHandelsgewerbes(undfürdenSchlusseinesjedenGeschäftsjahrs)die„ein-zelnenVermögensgegenständeundSchulden“mit ihremWert anzugeben.
58 GesetzzurModernisierungdesBilanzrechts(Bilanzrechtsmodernisierungsge-setz)vom25.5.2009,BGBl.I2009,1102.
59 BT-Drucks.16/10067,61f.bzw.BR-Drucks.344/08,133f.60 Eingehend Meinert, Die Bildung objektübergreifender Bewertungseinheiten
nachHandels-undSteuerrecht,2010,26ff.61 SoChristiansen,DStZ1995,385.
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FernerwirdderEinzelbewertungsgrundsatzdurchdasSaldierungsverbotdes§246Abs.2HGBergänzt.62
ZweckdesEinzelbewertungsgrundsatzesistdieObjektivierungderhandels-rechtlichenRechnungslegungimSinneeiner„möglichstgenauenundinter-subjektivnachprüfbarenWertzuordnung“.63FernersolldurchdieEinzelbe-wertung verhindertwerden, dass unrealisierteGewinne in dieBewertungeinfließenbzw.amAbschlussstichtagschonverursachte,abernochnichtrea-lisierteVerlusteaußerBetrachtbleiben.DerGrundsatzderEinzelbewertungstehtsomitinengemZusammenhangmitdemRealisations-undImparitäts-prinzip(§252Abs.1Nr.4HGB).64
Der Einzelbewertungsgrundsatz bindet dieBewertung an die „individuel-lenGegebenheitenjedeseinzelnenBewertungsobjekts“.65Deshalbistfrag-lich,obdemEinzelbewertungsgrundsatzschondanngenügtwird,wennje-derVermögensgegenstand überhaupt einzeln bewertetwird, oder ob aucheine Bewertung mit den tatsächlichen individuellen Anschaffungs- bzw.Herstellungskostengebotenist.ImSchrifttumfindetsichdazudieAuffas-sung, dass dem Einzelbewertungsgrundsatz auch bei einer vereinfachtenBewertungderVermögensgegenstände(z.B.miteinemgewogenenDurch-schnittswertodermittelseinerVerbrauchsfolgefiktion)genügtwerde.EinesolchevereinfachteBewertung–wie siedasHGB in§§240Abs.4,256HGBausdrücklichzulässt–beinhaltedahernochkeineAbweichungvomEinzelbewertungsgrundsatz.66DasIdWsprichtimZusammenhangmitVer-brauchsfolgeverfahrenwiederLifo-Methodedeshalbauchvoneiner„indi-rektenEinzelbewertung“.67
DemgegenüberistderBFHderAnsicht,dassdieLifo-MethodedenGrund-satzderEinzelbewertunginsoferndurchbreche,
„als die Vorräte nicht einzeln erfasst und mit ihren Anschaffungskosten angesetzt, sondern – zumindest teilweise – mit den Erwerbsaufwendun-
62 Kleindiek, inStaub,§252Rz.19.63 Oestreicher,161.64 StattvielernurKleindiek,inStaub,§252Rz.19.65 SoetwaKleindiek,inStaub,§252Rz.20.66 ADS,§252Rz.58a.E.;Kessler-Suchan,DStR2003,345,346; Mayer-Wegelin,
DB2001,554,554f.67 IdWFN2002,219,220;soauchHennrichs,Ubg2011,705,705.
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gen anderer – nämlich zu einem früheren Zeitpunkt angeschaffter – Ver-mögensgegenstände bewertet werden“.68
Auch imSchrifttumwerdendieBewertungsvereinfachungsverfahrenganzüberwiegendals„Ausnahmen“vomEinzelbewertungsgrundsatzeingeord-net.69DieseSichtweiseistdeshalbvorzugswürdig,weilsiedavonausgeht,dass sich derEinzelbewertungsgrundsatz eben nicht in einer auf den ein-zelnenVermögensgegenstandbezogenenBewertungerschöpft,sondernimZusammenhangmitdemRealisations-undImparitätsprinzip(§252Abs.1Nr.4HGB)zusehenist.Diesebeziehensichaberebenfallsaufdieeinzel-nenVermögensgegenständeundverlangenimGrundsatzeine„Bepreisung“der einzelnen Vermögensgegenstände mit den tatsächlichen individuellenAnschaffungs-bzw.Herstellungskosten,damiteinzutreffenderVermögens-undErtragsausweismöglichist.DenKritikerndesBFHistaberdarinzuzu-stimmen,dassmitderFeststellung,dassaucheinevereinfachteBewertungdenEinzelbewertungsgrundsatz„durchbricht“,nochkeineAussageüberdierechtlicheZulässigkeiteinersolchenAbweichungverbundenwerdendarf,da alleBewertungsgrundsätze gewissenEinschränkungen unterliegen unddasGesetzinden§§240Abs.3und4,256HGBausdrücklicheineverein-fachteBewertungunterbestimmtenVoraussetzungenzulässt.
b. AusnahmenvomGrundsatzderEinzelbewertung
Wieallein§252Abs.1Nr.1bis6HGBgeregelten„allgemeinen“Bewer-tungsprinzipien unterliegt auch der Einzelbewertungsgrundsatz gewissenEinschränkungenbzw.Ausnahmen.DabeilassensichnachdemrechtlichenAnknüpfungspunktdieserAusnahmefälledreiArtenvonAbweichungenun-terscheiden:
─ Gesetzliche Bewertungsvorschriften, die als speziellere Regelung derallgemeinenBewertungsvorschrift in § 252Abs. 1Nr. 3HGBvorge-hen.DazugehörtnebendenVorschriftenbetreffenddie Inventur-undBewertungsvereinfachung (§§ 240, 256 HGB) insbesondere die 2009
68 BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.69 Schneider/Siegel, WPg 1995, 261, 261; Mayer-Wegelin, in Küting/Pflitzer/
Weber,HandbuchderRechnungslegung,5.Erg.-Lfg.März2010,§256HGBRz.6;Wohlgemuth/Radde,inBonnerHandbuchderRechnungslegung,2.Aufl.,53.Erg.-Lfg.Januar2011,§256HGBRz.3;Werndl,inK/S/M,163.Erg.-Lfg.März2006,§6EStGRz.A64.
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neueingefügteRegelungüberdieBildungvonBewertungseinheitenin§254HGB.
─ AußerhalbsolcherspezialgesetzlichgeregeltenFallgruppenistderEin-zelbewertungsgrundsatz auch in „begründetenAusnahmefällen“ nach§252Abs.2HGBnichtanzuwenden.Ein„begründeterAusnahmefall“istz.B.beiderBildungvonPauschalrückstellungengegeben,weileineEinzelbewertungderRisiken–wiederEuGHfestgestellthat–nichtge-eignetist,„umeindentatsächlichenVerhältnissenentsprechendesBildvonderHöhederAufwendungenzugeben,diealsPassivazuverbuchensind.“70DievomEuGHaufArt.2Abs.5derViertenRLgestützteAb-weichungvomEinzelbewertungsgrundsatzkönnteimnationalenRechtaufdieimLichtdesEinblicksgebotsnach§264Abs.2HGBauszule-gendeAusnahmevorschriftdes§252Abs.2HGBgestütztwerden.71
─ DrittensistandieMöglichkeiteinerteleologischenReduktiondesEin-zelbewertungsgrundsatzeszudenken.EinesolcheEinschränkungwärenach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen dann begründet, wenn derWortlautdes§252Abs.1Nr.3HGBgemessenanseinenRegelungs-zweckenimEinzelfallzuweitgefasstist.72AufdiesenBegründungsan-satzistvorderEinfügungdes§254HGBimSchrifttumvoneinigenAu-torendieBildungvonBewertungseinheitenbeimsog.Micro-Hedginggestütztworden.73InsoweitwäreallerdingsmitBlickaufdiegesetzlicheAusnahmevorschrift in§252Abs. 2HGBzuüberlegen,welcherAn-wendungsbereichfüreineteleologischeReduktionnochverbleibt.
c. EinzelbewertungsgrundsatzundBewertungsvereinfachung
aa. Problemstellung
Sieht man von Bewertungseinheiten nach § 254 HGB ab, unterliegt derEinzelbewertungsgrundsatz vor allem dort gewissenAusnahmen, wo eineBewertung der einzelnen Vermögensgegenstände mit den individuellenAnschaffungs-oderHerstellungsaufwendungenaustatsächlichenoderwirt-
70 EuGHv.14.9.1999–C-275/97DE+ES,Slg.1999,I-05331.71 Meinert,Bewertungseinheiten,82und138ff.72 DazunäherMeinert,Bewertungseinheiten,95ff.73 Meinert,Bewertungseinheiten,95ff.
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schaftlichenGründenanGrenzen stößt.74MandenkeanFlüssigkeitenundGase, die in Tankbehältern gelagert werden, sodass aufgrund der Vermi-schungvonZu-undAbgängen(vgl.auch§947BGB)eineindividuelleBe-wertungtatsächlichunmöglichist.GleichesgiltfürfesteStoffewieGetrei-deoderBaustoffe,die ingroßenBehältnissengelagertwerden.FernergibteszahlreicheFälle,indeneneineEinzelbewertungzwartheoretischdenkbarist,weileineVermischungoderVermengungnichtstattfindet,eineeinzelneBewertungabermit„unverhältnismäßigenKosten“verbundenwäre.SoistbeivertretbarenSachen(mandenkez.B.anBeständevonKleinmaterialoderMaterialvorräte)eineindividuelleZuordnungvonAnschaffungs-bzw.Her-stellungskostenzudeneinzelnenBewertungsobjektenzwartechnischdurch-aus möglich. Eine solche Einzelbewertung wäre aber offensichtlich „un-wirtschaftlich“,weildermiteinerIndividualisierungverbundeneZeit-undKostenaufwandinkeinemVerhältniszumWertdeseinzelnenBewertungsob-jektsunddenmöglichenAuswirkungenaufdieVermögens-undErtragslagestehenwürde.
bb.GesetzlichgeregelteAusnahmen
IsteineEinzelbewertungaustatsächlichenGründen„unmöglich,unzumut-baroderunwirtschaftlich“,liegtansicheinbegründeterAusnahmefalli.S.v.§252Abs.2HGBvor,indemvomEinzelbewertungsgrundsatzabgewichenwerdenkann.75DersachlicheGrundfürdieseAbweichunglägeentwederinder tatsächlichenUnmöglichkeiteinerEinzelbewertungoder indenunge-schriebenenGrundsätzenderWirtschaftlichkeitundWesentlichkeit.76EinerAnwendungdes§252Abs.2HGBbedarfesindiesenFällenallerdingsre-gelmäßignicht,weilderGesetzgeberfürdiepraktischwichtigstenFällespe-zielleRegelungenzurBewertungsvereinfachungvorgesehenhat,diegegen-überder„allgemeinen“Ausnahmevorschriftvorrangiganzuwendensind:
74 Statt aller nur ADS, § 252 Rz. 57; Schulze-Osterloh, in Baumbach/Hueck,GmbHG,18.Aufl.2006,§42Rz.325.
75 Vgl. BFH v. 17.2.1998 –VIII R 28/95, BStBl. II 1998, 505, 508; BFH v.22.11.1988–VIIIR62/85,BStBl.II1989,359,362;BFHv.16.7.1981–IVR89/90,BStBl.II1981,766,767.
76 Vgl. etwaBaetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 10.Aufl. 2009, 126;ADS, § 252Rz.57f.
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─ § 240Abs. 3HGBbetreffend denAnsatz vonFestwerten fürVermö-gensgegenständedesSachanlagevermögenssowieRoh-,Hilfs-undBe-triebsstoffe,
─ §§240Abs. 4, 256S. 2HGBbetreffenddieBewertunggleichartigerVermögensgegenstände des Vorratsvermögens mit dem gewogenenDurchschnittswert,
─ § 256 S. 1 HGB betreffend die Bewertung gleichartiger Vermögens-gegenstände des Vorratsvermögens nach einer Verbrauchsfolgefiktion(„Fifo-Methode“und„Lifo-Methode“).
cc. BewertungsvereinfachungundWirtschaftlichkeitsgrundsatz
InRechtsprechungundSchrifttumbestehtEinigkeitdarüber,dasssichallegesetzlichgeregeltenBewertungsvereinfachungsverfahren aufdenGedan-kender„Wirtschaftlichkeit“derRechnungslegungzurückführenlassen.77SohatderBFHdie„Lifo-Methode“nach§256S.1HGBimAnschlussanAus-sagenimSchrifttumals
„Wertungskompromiss, der durch den Aspekt einer vereinfachenden Rechnungslegung und damit durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit getragen wird“,
bezeichnet.DieseCharakterisierunglässtsichaufdieanderenFormendervereinfachtenBewertungübertragen.DasunabweisbareBedürfnis für ge-wisseVereinfachungenbeiderBewertungwarauchderGrund,weshalbdieGruppen-undFestbewertungbereitsvorihrererstmaligengesetzlichenVer-ankerungdurch§155Abs.5S.1AktG1965i.R.d.Grundsätzeordnungsmä-ßigerBuchführungallgemeinfürzulässiggehaltenwurde.78EinegesetzlicheRegelungwurdenurdeshalbfürsinnvollgehalten,umdiesen„nebendemGesetzentwickeltenBewertungsverfahreneinesichereRechtsgrundlagezugeben“.79
Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass derHinweis auf dieungeschriebenenGrundsätzederWirtschaftlichkeitundWesentlichkeitdas
77 Vgl.nurBFHv.2.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636;Hennrichs,Wahl-rechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, 1999, 399; Baetge/Kirsch/Theile,Bilanzen,351.
78 Vgl.ADS,3.Aufl.1957,§133Rz.106.79 SieheBegründungBT-Drucks.IV/3296,31.
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Spannungsverhältnis zwischen Einzelbewertungsgrundsatz und Bewer-tungsvereinfachung zunächst nur beschreibt, aber noch nicht auflöst. DerRechtsanwenderstehtinsoweitvorderSchwierigkeit,dasssichderGrund-satzder„Wirtschaftlichkeit“mangelseinerhinreichendenQuantifizierbar-keitderwechselseitigen InteressennurwenigalskonkreterAbgrenzungs-maßstab eignet.Selbstwennmandiemit einerBewertungsvereinfachungimEinzelfalleingespartenKostenannäherndbeziffernkönnte,wäreesdochkaummöglich, diese Ersparnis gegen die Einschränkungen beimVermö-gens- undErgebnisausweis „abzuwägen“,weil sich derartigeEinblickser-schwernissezulastenderJahresabschlussadressatennichtseriösquantifizie-renlassen.NichtsanderesgiltfürdenWesentlichkeitsgrundsatz,derindenhierinteressierendenFällennacheinerverbreitetenAnsichtimSchrifttumandieStelledesWirtschaftlichkeitsprinzipstretensoll.80ErerlaubtzwareinequalitativeUmschreibungdesAbgrenzungsproblems(keine„wesentlichen“AbweichungenvomVermögens-undErtragsausweis),ermöglichtaberebenkeine eindeutigen quantitativenAussagen.Diese Schwierigkeit dürfte derHauptgrunddafür sein, dass über dieGrenzen derZulässigkeit einer ver-einfachtenBewertung inverschiedenenBereichen–und insbesonderebeiderLifo-Methode– bis heuteStreit besteht.Auf dieseBeobachtungwirdindernachfolgendenUntersuchunganverschiedenenStellenzurückzukom-mensein.
dd.SonstigeAusnahmefällenach§252Abs.2HGB
Abschließendistdaraufhinzuweisen,dasswegendergesetzlichgeregeltenBewertungsvereinfachungsverfahrenfürsonstigeAbweichungenvomEin-zelbewertungsgrundsatz nach§252Abs. 2HGBnurwenigRaumbleibt.Zwarsinddie§§240,256HGBnichtabschließend,aberebeninihremAn-wendungsbereichgegenüber § 252Abs. 2HGBvorrangig.Zudenken istinsbesondereaneineGruppenbewertungvonVermögensgegenständenau-ßerhalbdesVorratsvermögens.EinBeispielistdievonderDeutschenTele-komAGi.R.d.Anfangsbilanzierungvorgenommenesog.ClusterbewertungvonGrundstücken,diealsunbeweglicheVermögensgegenständenichtun-ter§240Abs.4HGBfallen.Hierwaru.a.umstritten,obsicheinesolcheGruppenbewertungvon12.000GrundstückeninderAnfangsbilanznachderPrivatisierungmitderÜberlegungrechtfertigenlässt,dasseineEinzelbewer-
80 Baetge/Kirsch/Thiele,Bilanzen,121;eingehendzumWesentlichkeitsgrundsatzOssadnik,WPg1993,617ff.
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tungmitunverhältnismäßigemZeit-undKostenaufwandverbundengewe-senwäre.81
2. GemeinschaftsrechtlicheVorgaben
DiegeltendeRegelungimHGBfindetihregemeinschaftsrechtlicheGrund-lage in denVorgabenderViertenEG-Richtlinie über den JahresabschlussvonGesellschaftenbestimmterRechtsformen(78/660/EG)vom25.7.1978.AlsGrundlagefürdieweiterenÜberlegungenistinsbesonderehinzuweisenauf:82
─ denGrundsatzderEinzelbewertung(Art.31Abs.1Buchst.e4.VierteRL),
─ dasUnternehmenswahlrechtbetreffendeineFestbewertungvonGegen-ständendesSachanlagevermögenssowieRoh-,Hilfs-undBetriebsstof-fe,dieständigersetztwerdenundderenGesamtwertfürdasUnterneh-menvonnachrangigerBedeutungist(Art.38VierteRL),
─ das Mitgliedstaatenwahlrecht betreffend eine vereinfachte BewertunggleichartigerGegenstände desVorratsvermögens sowie aller bewegli-chenVermögensgegenstände einschließlichderWertpapierenachdemgewogenen Durchschnitt sowie nach dem Fifo- bzw. Lifo-Verfahren(Art. 40Abs. 1VierteRL), verbundenmit einer besonderenAngabe-pflicht(Art.40Abs.2VierteRL).
3. FestwertverfahrenundGruppenbewertung(§240Abs.3und4HGB)
a. Festwertverfahren(§240Abs.3HGB)
Das Festwertverfahren erlaubt es demKaufmann,Vermögensgegenständedes Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die re-gelmäßigersetztwerdenundderenGesamtwertfürdasUnternehmen„vonnachrangigerBedeutung“ist,miteinergleichbleibendenMengeundeinemgleichbleibendenWertanzusetzen,„sofernihrBestandinseinerGröße,sei-nemWertundseinerZusammensetzungnurgeringenVeränderungenunter-liegt“.DasFestwertverfahrennach§240Abs.3HGBhat–andersalsdieBe-
81 Vgl.dazuSigloch/Schmidt/Hageböke,DB2005,2598.82 DazueingehendHennrichs,Wahlrechte,394ff.
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wertungsvereinfachungsverfahrennach§§256S.2,240Abs.4HGB–einedoppelteZielrichtung:83EssollnichtnurdieBewertungvereinfachen(vgl.auch§256S.2HGB),sondernauchdieInventurerleichtern,weileinekör-perlicheBestandsaufnahmeinderRegelnuralledreiJahrezuerfolgenhat.DassdieFestbewertungaufgrundderVerrechnungvonErsatzbeschaffungenzugegenwartsnahenPreisenimErgebnisauchzueinergewissenSubstanz-erhaltungführt,istlediglichFolge,nichtaberZweckdiesesVerfahrens.84
Neben der sachlichenBeschränkung auf bestimmteVermögensgegenstän-de(„SachanlagevermögensowieRoh-,Hilfs-undBetriebsstoffe,dieregel-mäßigersetztwerden“)85wirdderAnwendungsbereichderFestbewertungvorallemdurchdieunbestimmtenRechtsbegriffeder„nachrangigenBedeu-tung“undder nur „geringenVeränderungen“ festgelegt. Insbesondere dieAuslegungdeserstenMerkmalsistimSchrifttumnichtunumstritten,86wo-beiwohlüberwiegendaufeineRelationzwischenBilanzsummeunddemeinzelnenFestwert(5bis10%)abgestelltwird,87teilweiseaberauchaufdieRelationzwischenBilanzsummeundderSummeallerFestwerte.88Nachan-dererAnsichthandeltessichbeiderNachrangigkeitvorallemumeinPro-blemder„Wesentlichkeit“,sodasssichreinquantitativeAussagenverbietensollen.89DiePraxiswirdnichtunwesentlichdurchdieAuffassungderFi-nanzverwaltungmitgeprägt,dadieFestbewertungüberdieMaßgeblichkeitauchfürdieSteuerbilanzgilt.90NachAnsichtderFinanzverwaltungisteineNachrangigkeitanzunehmen,wenndereinzelneFestwert„andendemBi-lanzstichtagvorangegangenenfünfBilanzstichtagenimDurchschnitt10%derBilanzsummenichtüberstiegenhat.“91InsgesamtbestehtwohlEinigkeitdarüber,dasses inderSacheumeineAbwägungzwischendemInteresse
83 Vgl.dazuHüffer,inStaub,§240Rz.48;ADS,§240Rz.74.84 SoauchADS,§240Rz.74.85 BeispielefürweitereAnwendungsfällebeiADS,§240Rz.93.86 ÜberblickzumMeinungsstandbeiHüffer,inStaub,§240Rz.50ff.;ADS,§240
Rz.79ff.87 Für5%alsbrauchbareOrientierungetwaADS,§240Rz.81;großzügiger–10%,BMFv.26.2.1992,BStBl.I1993,276.
88 SoetwaBeckBilKomm-Winkeljohann/Philipps,§240Rz.87.89 IndiesemSinnevorallemHüffer, inStaub,§240Rz.55;Walz,inHeymann,
§240Rz.14;Schulze-Osterloh,inBaumbach-Hueck,§41Rz.51.90 EStRR5.4Abs.2.91 BMF,BStBl.I1992,276,277.
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aneinemmöglichstrichtigenVermögens-undErtragsausweisaufdereinenunddenGrundsätzenderWirtschaftlichkeitundWesentlichkeitaufderan-derenSeitegeht.92GleichesgiltfürdieFrage,wanneineVeränderungdesFestwertsals„gering“anzusehenist.Auchinsoweitorientiertsichdiehan-delsrechtlicheDiskussionnichtunwesentlichandenVorgabenderFinanz-verwaltung.Siestelltdaraufab,obsichbeiderÜberprüfungdesFestwertseineErhöhungvonmehrals10%ergibt.93
LiegendiegesetzlichenVoraussetzungenvor,dürfendieVermögensgegen-ständemiteinergleichbleibendenMengeundeinemgleichbleibendenWertangesetztwerden.DieEntscheidungdarüber,welcheVermögensgegenstän-demitwelchemFestwertzusammengefasstwerden,liegtbeimBilanzieren-den.BeiderBildungdesFestwertskönnenDurchschnittswerte(sog.Anhal-tewerte)zugrundegelegtwerden.94BeiderFolgebewertungsindallenfallsaußerplanmäßigeAbschreibungenerlaubt,währendErsatzbeschaffungenalssofortabziehbarerAufwandgebuchtwerden.FernerkommteineKorrekturdesFestwertsnurbei(größeren)BestandsveränderungeninBetracht.Einem(willkürlichen)ÜbergangzurEinzelbewertungwirdregelmäßigdasStetig-keitsgebotentgegenstehen(§252Abs.1Nr.6HGB).
b. Exkurs:„EisernerBestand“imVorratsvermögen
AndersalsdieFestbewertung,dieausschließlichderVereinfachungvonBe-wertungundInventurdient,zieltdervonSchmalenbachbegrifflichgepräg-tesog.„EiserneBestand“inersterLinieaufdieSubstanzerhaltungunddenAusgleich von Preisschwankungen.95 Ihm liegt dieÜberlegung zugrunde,dassjedesUnternehmenzurAufrechterhaltungseinerbetrieblichenTätigkeiteinengewissenBestandvonVorrätenbenötigt,derdeshalbnachSchmalen-bachdenCharaktervonAnlagevermögenhat.96UmdieWirkungvonPreis-schwankungenauszugleichen,solldieserEiserneBestandmiteinemFest-preisbepreistwerden.BeidieserSichtweisewirdaberübersehen,dasses
92 ZutreffendHüffer,inStaub,§240Rz.55,AbwägungimEinzelfall.93 Vgl.dazuEStRR5.4Abs.3.94 SiehenäherADS,§240Rz.101;BFHv.26.2.1992,BStBl.I1993,276,277.95 DazunäherSchmalenbach,DynamischeBilanz,12.Aufl.1956,186 ff.;Fül-
ling,GrundsätzeordnungsmäßigerBilanzierungfürVorräte,1976,193.96 Vgl.zum„anlageähnlichen“VorratsvermögenauchOFHv.3.6.1949–ID2/49,
OFHE54,338,undBFHv.1.3.1955–I140/52U,BStBl.III1955,144;kritischFülling,Grundsätze,193.
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sichinsoweitnurumeinerechnerischeGrößehandelt.BetrachtetmandieeinzelnenVermögensgegenstände,sowerdendiese–ebensowiealleande-renVorräte–laufendumgeschlagen,sodassnachallgemeinenGrundsätzeneineBewertungmitdentatsächlichenAnschaffungs-undHerstellungskos-tengebotenist.DerEiserneBestandentsprichtauchnichtdernach§240Abs.3HGBerlaubtenFestwertmethode,weilessichnichtumeinetatsäch-lichabgrenzbareGruppevonVermögensgegenständen,sondernnurumeine– rein betriebswirtschaftlich definierte –TeilmengedesVorratsvermögenshandelt.DasgeltendeHandelsbilanzrechtkenntaberkeinebilanzielleSon-derbehandlung desMindestvorratsvermögens, sodass derEiserneBestandnichtmitdenGoBvereinbarist.97EinegewisseÄhnlichkeitbestehtmitdemLifo-Verfahren,dasebenfallsbeisteigendenPreisenüberdieBildungstillerReservenzurSubstanzerhaltungbeiträgt.98AllerdingshatbeimEisernenBe-standeineUnterschreitungderMindestmengewegendesFestwertansatzeskeine bilanziellenAuswirkungen,während einBestandsabbau beimLifo-VerfahrenimmerauchzueinerAuflösungderangesammeltenstillenReser-venführt.99
DiesteuerrechtlicheRechtsprechunghatdasKonzeptdesEisernenBestandslediglichimGutachtendesOFHvom3.6.1949100für„TeiledesVorratsver-mögensmitanlageähnlichenCharakter“undmiteinemdeutlichenGoB-Vor-behaltvorsichtigaufgegriffen.DerBFHhatsichvondiesenÜberlegungenaberunterdemEindruckderPreissteigerungsrücklagebereitsmitUrteilvom1.3.1955101wiederverabschiedet.LediglichfürdenbesonderenFallderUm-arbeitungsgeschäfte beim sog.Metallumlaufstock verneinte derBFHeineGewinnrealisierung,begründetediesaberletztlichnichtmitdemGedankeneinesEisernenBestands,sondernunterHinweisaufdiespezifischentech-nischenNotwendigkeitendermetallverarbeitendenBetriebemiteinerwirt-schaftlichenBetrachtungsweise.102Zusammenfassendistsomitfestzustellen,dassdieIdeeeines„zurBetriebsfortführungnotwendigen“EisernenBestandswederimHandelsrechtnochindersteuerrechtlichenGewinnermittlungeine
97 Vgl.auchHüffer,inStaub,§240Rz.49;WalzinHeymann,§240Rz.11.98 Vgl.auchOFHv.3.6.1949–ID2/49,OFHE54,338.99 Fülling,Grundsätze,193.100OFHv.3.6.1949–ID2/49,EntscheidungenundGutachtendesReichsfinanz-
hofsunddesOberstenFinanzhofsBd.54,338.101BFHv.1.3.1955–I140/52U,BStBl.III1955,144.102Vgl.dazuBFHv.17.5.1952–I4/52U,BStBl.III1952,208;Gutachtendes
BFHv.26.8.1960–ID1/59U,BStBl.III1961,31.
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größereRollegespielthat.Schmalenbachselbsthatanerkannt,dassdas(da-mals)geltendeRechteineVerwirklichungseinerwirtschaftlichenZielenichtgestattet.DassseinKonzeptwedervomGesetzgebernochvondenGerich-tenaufgegriffenwordenist,dürfteauchdamitzusammenhängen,dassderBegriffdesEisernenBestandsinderpraktischenAnwendungaufdasVor-ratsvermögen erhebliche Ermittlungsprobleme („Betriebsnotwendigkeit“)aufwerfendürfte.
c. GruppenbewertungmitdemgewogenenDurchschnittswert(§§256S.2,240Abs.4HGB)
Nach§§256S.2,240Abs.4HGBkönnengleichartigeVermögensgegen-stände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annäherndgleichwertige beweglicheVermögensgegenstände „jeweils zu einerGrup-pezusammengefasstundmitdemgewogenenDurchschnittswertangesetztwerden“.BeideVorschriftenerlaubennureineBewertungmitdem„gewo-genenDurchschnittswert“.InderPraxiswirdzwischendemeinfachen(aufeinePeriodebezogenen)gewogenenDurchschnittswertunddemgleitenden(permanenten)gewogenenDurchschnittswertunterschieden.103WährendimerstenFalldieSummederPreisedurchdieSummederMengen(jeweilsbe-zogenaufdieSummevonAnfangs-undZugangsmengen)zudividierenist,wirdimzweitenFallnachjedemZugangeinneuerDurchschnittswertermit-telt.DieGruppenbewertungdientimUnterschiedzurFestbewertungnurderBewertungsvereinfachung, denn sie führt nicht zu einerErleichterungderInventur.104Siegiltüber§256S.2HGBauchfürdieBewertungimJahres-abschluss.
Eine Durchschnittsbewertung setzt nach demWortlaut des § 240Abs. 4HGBbeiVermögensgegenständendesVorratsvermögensnureine„Gleich-artigkeit“derVermögensgegenständevoraus,wasallgemeini.S.v.Art-oderFunktionsgleichheit verstanden wird.105 Völlige Gleichheit i.S.v. Identitätwirdnichtverlangt.NacheinerwohlnochvorherrschendenAnsichtsollda-rüberhinauszumindestannäherndePreisgleichheiterforderlichsein,obwohldemGesetzeswortlauteinesolcheEinschränkungnichtunmittelbarzuent-
103Statt vieler die Erläuterungenmit Beispielsrechnungen beiHüffer, in Staub,§240Rz.70,undHundsdoerferinHdJ,Abt.II/4Rz.75.
104Vgl.Hüffer,inStaub,§240Rz.65;ADS,§240Rz.112.105StattvielernurADS,§240Rz.120;Hüffer,inStaub,§240Rz.67.
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nehmenist.106Dieh.M.leitetdasErfordernisderannäherndenPreisgleichheitauseinemungeschriebenenGoB-Vorbehaltentsprechend§256S.1HGBab:107NurbeiannähernderPreisgleichheitwerdeverhindert,dassstrukturel-leÄnderungen inderZusammensetzungeinerGruppezuerheblichenBe-wertungsabweichungengegenübereinerEinzelbewertungführen.108Einsol-cherGoB-VorbehaltlässtsichinderTataufdieEntstehungsgeschichtederNormstützen,dabereits inderGesetzesbegründungzurVorläufernormin§40Abs.4HGBa.F.davondieRedeist,dassderEntwurfdiesesVerfahren,„soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht“,ausdrücklichhandelsrechtlichanerkenne.109EineannäherndePreisgleichheitseibeiabsolutgeringwertigenVermögensgegenständennochanzunehmen,wenndieDifferenzzwischendemniedrigstenunddemhöchstenEinzelpreis20%nichtübersteigt.110BeihöherenEinzelwertensollnureinegeringereSchwankungsbreitezulässigsein.NachderGegenansicht111isteine„Preis-gleichheit“jedenfallsunterderGeltungdes§240Abs.4HGBentbehrlich,weilüberdieBewertungzumgewogenenDurchschnittbereitshinreichendgewährleistetsei,dasssichStrukturveränderungeninderZusammensetzungauchbeigrößerenPreisunterschiedennurimVerhältnisderjeweiligenMen-genauswirkenkönnen.112FernerwerdedurchdasKriteriumder„annähern-denPreisgleichheit“derSpielraumfüreineGruppenbewertungübermäßigeingeschränkt.Schließlichwirdaufdie imGesetzexplizitvorgenommeneTrennungzwischen„gleichartig“und„annäherndgleichwertig“hingewie-sen.113AuchdieFinanzverwaltunghältPreisunterschiedeimGrundsatzfürunschädlich,siehtdarinabereinmöglichesIndizfüreinefehlendeGleich-
106FürannäherndePreisgleichheitetwaADS§240Rz.121 f.;Hüffer, inStaub,§240Rz.67;Schulze-Osterloh,inBaumbach/Hueck,§41Rz.53;Siegel,DB1991,1941.
107SieheADS,§240Rz.122.108ZumProblemderStrukturverschiebungauchFülling,Grundsätze,187f.109Vgl.BT-Drucks.IV/2865,7.110SoetwaADS,§240Rz.128.111Vgl.BeckBilKomm-Winkeljohann/Philipps,§240Rz.136;Mayer-Wegelin,in
HdR,§256Rz.28;Küting/Weber-Knop,§240Rz.76;Ballwieser,inMünch-KommHGB,§240Rz.28.
112Dazu etwa Küting/Weber-Knop, § 240 Rz. 76; vgl. auch Brezing, StbJb1990/1991,51ff.
113SoBallwieser,inMünchKommHGB,§240Rz.28.
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artigkeit.114DieStreitfragesollandieserStellenochoffenbleiben,weilsiesichingleicherWeisebei§256S.1HGBstelltunddortabschließendbe-handeltwerdensoll.115
4. Verbrauchsfolgeverfahren(§256S.1HGB)
a. Allgemeines
NachderÄnderungdes§256S.1HGBdurchdasBilanzmodernisierungs-gesetz116 sind nur noch zwei sog. Verbrauchsfolgeverfahren zulässig, dassog.Fifo-Verfahrenunddassog.Lifo-Verfahren.Verbrauchsfolgeverfahrenunterscheiden sich von einer Gruppenbewertung zum gewogenen Durch-schnittswertnach§240Abs.4HGBdadurch,dassdenentnommenenVer-mögensgegenständen nicht durchschnittlicheAnschaffungs- bzw. Herstel-lungskosten,sonderndieAnschaffungs-bzw.Herstellungskostenderzuerstbzw. zuletzt beschafften Vermögensgegenstände zugeordnet werden. DieBewertungerfolgtsomitaufderGrundlageeinerbestimmtenunterstelltenVerbrauchsfolge, diemit der tatsächlichenVerbrauchsfolge nicht überein-stimmenmuss(„Verbrauchsfolgefiktionen“).
DieVerbrauchsfolgeverfahrennach§256S.1HGBdienen–wiesichbe-reitsausderÜberschriftderNormergibt–derBewertungsvereinfachung,dennsiemacheneine„faktischeEinzelbepreisung“,117d.h.eineErmittlungdertatsächlichenindividuellenAnschaffungs-bzw.Herstellungskostendereinzelnen Vermögensgegenstände, entbehrlich. In dieser Hinsicht bestehtkeinfunktionalerUnterschiedzurGruppenbewertungmitdemgewogenenDurchschnittswertnach§§240Abs.4,256S.2HGB,dieebenfallsderVer-einfachungderBewertungdienten.BeidenVerbrauchsfolgeverfahrenistal-lerdingsaucheinevereinfachteBewertung„gleicher“(alsoidentischer)Ver-mögensgegenstände denkbar (z.B. „Einzel-Lifo-Methode“). Im Regelfallwerdenaber–wiebei§240Abs.4HGB–„gleichartige“Vermögensgegen-ständezunächstinGruppenzusammengefasstunddanndieBeständeaufderGrundlageeinerbestimmtenVerbrauchsfolgebewertet(z.B.„Mengen-Lifo-Methode“).IndiesemFallbedarfesalsovorderAnwendungeinerbestimm-
114EStR6.8Abs.4und6.9Abs.3.115Vgl.untenIII.5.b.116Vgl.Gesetzvom25.5.2009,BGBl.I2009,1102.117SoFülling,Grundsätze,140.
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tenVerbrauchsfolge zunächst noch einerGruppenbildung und derZuord-nungderVermögensgegenständezudenverschiedenenGruppen.
b. Fifo-Verfahren
BeimFifo-Verfahrenwird fürZweckederBewertungunterstellt,dassdiezuersterworbenenVermögensgegenständeauchzuerstveräußertoderver-brauchtwerden.DieAnwendungderFifo-MethodeberuhtalsoaufderAn-nahme, dass sich derEndbestand zumStichtag aus den letztenZugängenzusammensetzt.VerglichenmiteinerVorratsbewertungmitdemgewogenenDurchschnittführtdieAnwendungderFifo-MethodebeisteigendenPreisenzueinemhöherenPeriodenergebnis.Diesgilt–erstrecht–imVergleichzurLifo-Methode.
Im betriebswirtschaftlichen Schrifttum wird zugunsten der Fifo-Methodeangeführt,dasssieinderRegelzugleichdertatsächlichenVerbrauchsfolgeentspreche.118SonenntBrezing vierGründe,weshalbdiemoderneIndustriehäufiggezwungensei,dieälterenBeständezuverbrauchenbzw.zuverkau-fen,alsotatsächlichdie„Fifo“-Methodezupraktizieren:119
─ Lagerungsgründe(z.B.diebegrenzteHaltbarkeitvonPaletten)zwingendazu,diealtenBeständeinangemessenerZeitherauszuholen.
─ DiegelagertenWarensindnurbegrenzthaltbar,weilsiedurchZeitab-laufQualitätsverlusteerleiden.
─ DietechnischeFortentwicklungzwingtdazu,ältereVersionenmöglichstbaldzuverwendenoderzuverkaufen,weilsiesonstdrastischanWertverlieren.
─ AuchderWandeldesPublikumsgeschmacks(insbesonderebeiSaison-waren)verlangtnacheinemschnellenWarenumschlag.
EineandereAnsichtversuchtdieÜberlegenheitderFifo-Methodemitbe-triebswirtschaftlichenErwägungenzubegründen.Siegel120hältdietatsäch-licheVerwendungsreihenfolgeausökonomischerSichtfürganzirrelevant,weilesfürdiebilanzielleBewertungnichtdaraufankommenkönne,welcheskonkreteLagerstückverwendetwird.Erwillstattdessen–nichtunähnlich
118DazuetwaSiegel,DB1991,1941,1943.119Brezing,StbJb1990/91,51,54f.120Siegel,DB1991,1941,1943.
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demsteuerlichenVeranlassungsprinzip–aufdieökonomischenZusammen-hängeabstellen,diederBeschaffungsentscheidungzugrunde liegen.Gehemandavonaus,dassdas„allerersteStück“auchfüreine„bestimmteersteVerwendungvorgesehenist“,dannkönnenurdieFifo-MethodedieAntwortaufdie„richtigen“Anschaffungskostengeben.
BeideÜberlegungenzeigen,dassesauspraktischerundökonomischerSichtguteGründefürdieAnwendungderFifo-Methodegibt.ObdiesesachlichenVorzüge der Fifo-Methode auch für die Rechtsanwendung relevant sind,hängtdavonab,obdasinden§§240Abs.4,256HGBverankerteWahl-rechtzwischenmehrerenMethodendervereinfachtenBewertungdahinge-hend eingeschränkt ist, dass derBilanzierende diejenigeMethodewählenmuss,dieder tatsächlichenVerwendungsreihenfolgeambestenentspricht.DieseFragewird imZusammenhangmitdemGoB-Vorbehaltnach§256S.1HGBzuvertiefensein.121
c. Lifo-Verfahren
aa. Allgemeines
BeiderAnwendungderLifo-MethodewirdfürZweckederBewertungun-terstellt,dassdiezuletztzugegangenenVermögensgegenständezuerstver-äußertoderverbrauchtwordensind.DieLifo-MethodeberuhtalsoaufderAnnahme,dasssichderEndbestandausdemAnfangsbestandsowieggf.denerstenZugängenzusammensetzt.
bb.AnwendungsformenderLifo-Methode
(1) Permanentes-LifoundPerioden-Lifo
MitBlickaufdenZeitraum,aufdenBezuggenommenwird,sindzunächstdasPerioden-unddaspermanenteLifo-Verfahrenzuunterscheiden.122BeimpermanentenLifo123(perpetuallifo-method)wirdjederlaufendeZu-undAb-gang fortlaufend erfasst und nach Lifo bewertet,was sehr aufwendig ist.Hinzukommt,dassreinzufälligeBestandsschwankungenwährenddesJah-reszurAuflösungderindenjeweiligenBeständenliegendenBewertungsre-
121Vgl.dazuuntenIII.7.a.122Vgl.auchR6.9Abs.4EStR2011.123Vgl.dazuADS,§256Rz.34ff.;Hundsdoerfer, inHdJ,II/4Rz.80ff.(jeweils
mitBeispielen).
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servenführenkönnen.124ZurAnwendungdesNiederstwertprinzipsistbeimpermanentenLifodersichfürdenEndbestanderrechnendeDurchschnitts-wertmitdembeizulegendenWertnach§253Abs.3S.3HGBzuverglei-chen.125
In der Praxis wird hingegen fast ausschließlich das Perioden-Lifo126angewendet,127weildiesesgegenüberdempermanentenLifodenVorteilhat,dassdieZu-undAbgängeunterjährignicht einzelnzugeordnetundwert-mäßigfortgeschriebenwerdenmüssen.VielmehrerfolgtdiemengenmäßigeBestandsaufnahmenuramPeriodenende,wobeialsPeriodei.d.R.dasGe-schäftsjahrzugrundegelegtwird.ZumStichtagwirddannderEndbestandmitdemAnfangsbestandverglichen.Hierbeikannsicheinerhöhter,einge-minderterodereinkonstanterBestandergeben.
─ InletztererKonstellationistderBilanzansatzdesVorjahresunverändertzuübernehmen,sofernnichtdasNiederstwertprinzipeingreift.
─ TritteineBestandsminderungein,istderEndbestandmitdengleichenStückpreisenzubewerten,dieauchbeiderBewertungdesVorjahresbe-standszugrundegelegtwurden.
─ HathingegeneineBestandserhöhungstattgefunden,istzunächstderBa-sisbestand,d.h.derdemAnfangsbestandentsprechendeTeildesEndbe-stands,mitdemWertansatzdesVorjahreszubewerten.DerMehrbestandunterliegtaufgrunddesspäterenZugangsi.d.R.anderenAnschaffungs-kostenalsderBasisbestand,weshalbermitaktuellenWertenanzusetzenist.BeiderErmittlungdiesesWertskannwiederumaufLifozurückge-griffenwerden,sodassunterstelltwird,dassderMehrbestandaufdieäl-testenEinkäufedesJahreszurückgeht.AlternativkannderMehrbestandaberauchmitdenDurchschnittskostenallerZugängedesGeschäftsjah-resbewertetwerden.
Wendet man das Perioden-Lifo in Form der sog. Gesamtbestandsbewer-tung an, sowerden dieMehrbestände in einemnächsten Schrittmit demAnfangsbestandzueinemneuenGesamtbestandzusammengefasstundeinDurchschnittswertgebildet,deralsVortragfürdienächstePeriodegilt.Die
124ADS,§256Rz.36.125ADS,§256Rz.35.126Vgl.dazuADS,§256Rz.37ff.127SoetwaWeber/Standke,BB1993,393,394.
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individuellenAnschaffungskostengeheninsoweitunter.128DiemitderLifo-Bewertung i.d.R.verbundeneundbeabsichtigteErhaltungstillerReservenwirdhierbeinurbegrenztverwirklicht,weildieMethodeimErgebniseine–zulässige–AnnäherunganeineDurchschnittsbewertungbedeutet.
Alternativ besteht dieMöglichkeit des Perioden-Lifomit sog. Layer-Bil-dung,welchesdiegrößtenEffekteerzielt.129KommtesinnerhalbeinerPe-riode zu einer Bestandserhöhung, wird der Mehrbestand hiernach nichtdemGesamtbestandzugeführt,sondernfortanineinemeigenenPostenalssog.JahresschichtoderLayergeführt.Umdieszuermöglichen,wirdjedeMehrmenge,dieamEndeeinerPeriodefestgestelltwird,gesondertmitih-renMengenund ihremAnschaffungspreis festgehaltenund für jedes Jahrseparat fortgeführt.Bei derWertermittlung für dieMehrbestände ist nachR6.9Abs.4EStR2011„von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der ersten Lagerzugänge des Wirtschaftsjahres oder von den durchschnittlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten aller Zugänge des Wirtschaftsjahres auszugehen“.Hörtig/Puderbach130wollendiesdahingehendverstehen,dassfürdiePreisbildungderMehrbeständeauchdiedurchschnittlichenAnschaf-fungs-oderHerstellungskostenderZugängedes1.Monats,1.Quartalsbzw.1.Halbjahrsinfragekommen.DenZeitraumbesonderskurzzubemessen,vergrößertdabeii.d.R.denSubstanzerhaltungseffekt,erhöhtaberauchdasRisiko, zufällig auf extremePreissituationen abzustellen.GebildeteLayerwerdennebendemBasisbestandsolangefortgeführt,bisineinerspäterenPeriodeeinMengenrückgangeintritt.DieMinderbeständesinddannretro-grad,d.h.beginnendbeimletztenLayer,zukürzen.131NachteildesPerioden-LifomitLayerbildungist,dassfürjedeVorratspositionjeGeschäftsjahrdieMehrmengenmitihrenPreisenvorgehaltenwerdenmüssen,waszueinemerheblichen Datenvolumen führen kann; der hiermit verbundene Verwal-tungsaufwandlässtsichdurchGruppenbildungenreduzieren.132
128ADS,§256Rz.46mitBerechnungsbeispielinRz.40;weitereBerechnungsbei-spielebeiHörtig/Puderbach,DB1991,977f.,sowiebeiJungkurz/Köbrich,DB1989,2285,2287f.
129Vgl.hierzuADS,§256Rz.49ff.;Hundsdoerfer, inHdJII/4Rz.84ff.;sieheauchHörtig/Uhlich,DB1994,1045.
130Hörtig/Puderbach,DB1991,977.131BerechnungsbeispielefindetsichbeiHörtig/Puderbach,DB1991,977f.,und
beiJungkurz/Köbrich,DB1989,2285,2287f.132Hörtig/Puderbach,DB1991,977f.,mitVereinfachungsvorschlägen.
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(2) Einzel-LifoundLifomitGruppenbildung
DarüberhinausisthinsichtlichdesUmfangsdererfasstenWareneineDiffe-renzierungzwischenEinzel-undGruppen-Lifovorzunehmen.133Vorausset-zungfürdieBewertungsvereinfachungistnach§256HGBdasVorhanden-seingleichartigerVermögensgegenständedesVorratsvermögens.Damit istsowohlderFallgemeint,dasseinezumStichtagvorhandeneMengegleicher(identischer)StückenacheinerbestimmtenVerbrauchsfolgebewertetwird,als auch die zusammenfassendeBewertung von „gleichartigen“ (also nurlediglichfunktions-oderartgleichen)StückenineinerGruppenacheinemVerbrauchsfolgeverfahren.EsliegtaufderHand,dassdiepraktischenAus-wirkungendesLifo-Verfahrens(VereinfachungundVerhinderungdesAus-weisesvon„Scheingewinnen“beisteigendenPreisen)umsogrößersind,jegroßzügigerdasMerkmal„gleichartig“verstandenunddieGruppengebildetwerden.134
(3)Mengen-LifoundIndex-Verfahren
Letztendlich ist zwischen dem (klassischen) sog.Mengen-Lifo und der –vorallemindenUSAverbreiteten–Index-Methodezuunterscheiden.DieDurchführung des klassischeMengen-Lifo135 erfolgt dergestalt, dass nachden herkömmlichen Verfahren eine Inventuraufnahme durchgeführt wirdunddieMengenundWertedereinzelnenVermögensgegenständeineinemBestandsverzeichnisdokumentiertwerden.VorteildieserVorgehensweiseistes,dassauchbeimehrjährigerAnwendungderLifo-MethodealleWertansät-zedereinzelnenVermögensgegenständeverfolgtwerdenkönnen.
Grundgedankedersog.Indexmethodenisthingegen,dassdieBestandsver-änderungennichtdurchdenVergleichvonMengenalsphysischeEinheiten,sonderndurchdieGegenüberstellungvonWertenerhobenwerden.136Auf-bauendaufdiesenGrundgedankensindeineVielzahlverschiedenerIndex-verfahrenentwickeltworden,vondenendasbekanntestedasDollar-Value-Verfahren ist,welches indenUSAhandels-undsteuerrechtlichanerkannt
133Vgl.dazuWeber/Standke,BB1993,393,394.134StattallernurTreptow/Weismüller,WPg1991,571.135Vgl.dazuWeber/Standke,BB1993,393,394.136ADS, § 256Rz. 56.Vgl. auchSchulz/Fischer,WPg 1989, 489, 493;Weber/
Standke, BB 1993, 393 f.;Herzig/Gasper, DB 1991, 557, 562; Siepe/Huse-mann/Borges,WPg1994,645ff.,jeweilsmitBerechnungsbeispielen.
41
wird.137VerglichenwerdenhierbeidiezuBasispreisenbewertetenInventur-bestände aufeinanderfolgenderGeschäftsjahre. Ergeben sichUnterschiedeinFormvonMehr-oderMinderbeträgen,sowerdendiesealsMengenunter-schiedebetrachtet.VerbleibteinMehrbetrag,sowirddieseraufdiePreisedesGeschäftsjahreshochgerechnetunddemLifo-WertansatzdesVorjahreshinzugerechnet;einMinderbetragwirdaufdiePreisedesoderderLayer,dieaufzulösenoderzuverringernsind,hochgerechnetundvondemLifo-WertdesVorjahresabgezogen.138DasDollar-Value-Verfahrenstelltalsokeinevöl-ligneueBewertungsmethodedar,sondernverzichtetnuraufdieBeschrän-kungderGruppenbildungaufgleichartigeGegenstände,139weshalbdieZu-sammenfassungvonVermögensgegenständensichzumTeilundifferenziertbisaufdieEbenedesGesamtvorratseinesUnternehmenserstreckenkann.140
DieIndexverfahrenbieteneineReihevonVorteileninsofern,alssichkeineProblemebeiderGruppenbildungergebenundaufderEbenegroßerGrup-pen Strukturveränderungen weitgehend bereinigt werden können.141 Den-nochwerdendieIndex-VerfahrenimdeutschenBilanzrechtüberwiegendzuRechtfürunzulässiggehalten.142Hintergrundistzumeinen,dassdieDol-lar-Value-Methode–andersalsdie§§256,240Abs.3und4HGB–kei-neGleichartigkeitderVermögensgegenständevoraussetzt.143Zumanderenentspricht dieMethodenicht demVerständnis desGesetzgebers, derLifoalsMengenrechnungauffasse,diedenVerbrauchoderdieVeräußerungbe-stimmterWirtschaftsgüterunterstelle.144
137AusführlichdazuSchulz/Fischer,WPg1989,489,492.138Schulz/Fischer,WPg1989,489,492ff.,mitausführlichemBerechnungsbeispiel.139Schulz/Fischer,WPg1989,489,492f.140Hörtig/Puderbach,DB1991,977,981.141Weber/Standke,BB1993,393,394f.142Vgl.Kleindiek,inStaub,§256Rz.14;Ballwieser,inMünchKommHGB,§256
Rz.12;Schulze-Osterloh, inBaumbach-Hueck,§42Rz.387;Mayer-Wegelin,inHdR§256Rz.24,60ff.;Schneider/Siegel,WPg1995,261;a.A.ADS,§256Rz.56ff.;Herzig,DB1993,1252ff.;Siepe/Husemann/Borges,WPg1994,645ff.;weitereNachweisezumMeinungsstandbeiHundsdoerfer,inHdJII/4Rz.115ff.
143Jungkurz/Köbrich,DB1989,2285;Weber/Standke,BB1993,393,394.144StattvielernurKleindiek, inStaub,§256Rz.14;Gatermann, inMüller,FR
1991,8,9.EingehenddazuauchHörtig/Puderbach,DB1991,977,981f.
42
cc. PraktischeAuswirkungenundRegelungszweck
EineBewertungnachderLifo-MethodeführtbeisteigendenPreisenimVer-gleichmiteinerDurchschnittsbewertung(understrechtimVergleichzurBe-wertungnachderFifo-Methode)zueinemniedrigerenPeriodenergebnis.145DieseTatsacheerklärtzugleichdasgroßeInteressederUnternehmenanderAnwendungderLifo-MethodegeradeauchinsolchenFällen,indenendieseMethodenichtdertatsächlichenVerwendungsreihenfolgeentspricht.DenndieLifo-MethodeerlaubtesdenUnternehmen,beiInflationstilleRücklagenzubildenund–nachdemderGesetzgeberdieLifo-Methodein§6Abs.1Nr.2aEStG1990auchsteuerrechtlichakzeptierthat–„Scheingewinne“vorderBesteuerungzuschützen.146
Fraglich ist, ob die Substanzerhaltung und dieVerhinderung desAuswei-sesvon„Scheingewinnen“nichtnur faktischeAuswirkungenderAnwen-dungderLifo-Methodesind,sondernnebenderBewertungsvereinfachungaucheigenständigeRegelungszweckediesesBewertungsverfahrensdarstel-len.WährendderBFH147undeinTeildesSchrifttums148dieLifo-Methodeausschließlich alsBewertungsvereinfachungsverfahrenverstehen, sind an-dereAutorenderAnsicht,dassdieLifo-MethodenichtnurVereinfachungs-zwecken,sonderndurchdenAusweisniedrigererErgebnissebeisteigendenPreisenzugleichauchderSubstanzerhaltungdiene.149DieFragenachdemRegelungszweckhatinsbesondereBedeutungfürdieAuslegungdesMerk-mals„gleichartig“unddesGoB-Vorbehaltsin§256S.1HGB,derz.B.nachAnsichtdesBFHdieäußereGrenzederVerbrauchsfolgeverfahrenmarkiert.
145Vgl. nur die vergleichendenBerechnungsbeispiele beiHundsdoerfer, inHdJII/4Rz.73ff.
146ZurSichtderWirtschaftvgl.nurTreptow/Weismüller,WPg1991,571;Brezing,StbJb1990/1991,51ff.; fernerdieBeiträge inHerzig (Hrsg.),Vorratsbewer-tungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990.
147BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.148Vgl.etwaHennrichs,inMünchKommAktG,§256HGBRz.8;ders.,Ubg2011,
705;Kleindiek,inStaub,§256Rz.6;Siegel,DB1991,1941;Hunds doerfer,inHdJII/4Rz.116:Schulze-Osterloh,inBaumbach/Hueck,§42Rz.386;wohlauchADS,§256Rz.8(SubstanzerhaltungnichtalseigentlicheAufgabe).
149Vgl.insbesondereHerzig/Gasper,DB1991,557,558f.;Gasper,Lifo-Bewer-tung,75ff.;Moxter,DB2001,157;Mayer-Wegelin,DB2001,554f.;Kessler/Suchan,DStR2003,345;Werndl,inK/S/M,§6Rz.C2,12.
43
GehtmanvonderSystematikdesArt. 40Abs.1derViertenRLundder§§240Abs.4,256HGBaus,sohandeltessichbeiderLifo-Methodeeben-sowiebeiderFifo-MethodeundderDurchschnittsbewertungumeinesvonmehreren alternativ zulässigen Bewertungsvereinfachungsverfahren, des-senVoraussetzungen (insbesondere dasMerkmal der „gleichartigen“Ver-mögensgegenstände) sichnichtvondenanderenVerfahrenunterscheiden.DieserZusammenhangsprichtinsystematischerHinsichtgegendieAnnah-me,dassderGesetzgebermitderLifo-MethodeimSpeziellennochanderealsWirtschaftlichkeitsüberlegungenverfolgthat.FernerbestehenerheblicheZweifel,wiesichdasZielderSubstanzerhaltungundderVerhinderungdesAusweises von Scheingewinnenmit übergeordnetenGoB – insbesonderemitdemZieldes„richtigen“Periodenergebnisses(vgl.§§252Abs.1Nr.4und5,264Abs.2HGB)vereinbaren lässt.Zwar ist imSchrifttumdaraufhingewiesenworden,dassdieLifo-MethodezueinerbesserenDarstellungderErtragslageführe,weilderWaren-undMaterialeinsatzmitgegenwarts-näherenPreisenverrechnetwerde.150DieserEinwandüberzeugtaberschondeshalbnicht,weil dieunterstellteVerbrauchsfolgevielfachnicht der tat-sächlichenVerwendungsreihenfolgeentspricht,sodassdieErtragslage(undVermögenslage)beiAnwendungdesLifo-Verfahrensgeradenichtrealitäts-gerechtdargestelltwird.151WasdiehistorischeAuslegunganbetrifft,sofin-densichindenGesetzesmaterialienzumAktG1965imZusammenhangmitderEinfügungdes§155Abs.1S.3AktGkeineHinweisedarauf,dassderGesetzgebermitderLifo-MethodenebenVereinfachungszweckenauchbe-wusstdieSubstanzerhaltungderUnternehmenerleichternwollte.152Andie-ser Einschätzung hat sich auch durch dasBiRiLiG 1985 nichts geändert,zumaldieVierteRichtliniedieLifo-MethodeinArt.40Abs.1alseinesvonmehreren Bewertungsvereinfachungsverfahren für „gleichartige“ Vermö-gensgegenständeregelt,sodassnichtdavonausgegangenwerdenkann,dasssichderRegelungszweckdurchdieAnpassungdesHGBandaseuropäischeBilanzrechtgeänderthat.
DerNormzweckdes§256S.1HGBhatsich–entgegeneinerimSchrift-tumvertretenenAnsicht–auchnichtdurchdie1990erfolgteEinführungdes
150SoHennrichs,Wahlrechte,399f.;sieheauchKnobbe-Keuk,Bilanz-undUnter-nehmenssteuerrecht,§5III2dbb.
151Fülling,Grundsätze,177.152Vgl.BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636,639;Moxter,zfbf
28(1976),694,698.
44
§6Abs.1Nr.2aEStGgeändert.153DabeikannandieserStellederUntersu-chungnochoffenbleiben,obdieVerhinderungeinerScheingewinnbesteue-runglediglicheingesetzgeberischesMotivfürdiesteuerlicheZulässigkeitderLifo-Methodegewesen istoder–etwamitBlickaufdenWegfallderPreissteigerungsrücklagenach§74EStDVa.F.– aucheineneigenständi-genRegelungszweckdes§6Abs.1Nr.2aEStGdarstellt.154Jedenfallsgibtes rechtlichkeinenGrund für dieAnnahme, dass eine steuerlicheBewer-tungsvorschriftaufdieAuslegungeiner1990unverändertgebliebenenhan-delsrechtlichenGewinnermittlungsnorm „zurückschlägt“,155 zumal letztereauchnochinUmsetzunggemeinschaftsrechtlicherVorgabenerlassenwor-denist.156
Ander vorstehendenBeurteilunghat sich schließlich auchdurchdieÄn-derungdes§256S.1HGBdurchdasBilanzrechtsmodernisierungsgesetznichtsgeändert.157DerGesetzgeberhatlediglichdenHinweisaufeine„sons-tige bestimmte Folge“ gestrichen, aber an der Zulässigkeit der Fifo- undLifo-Methode festgehaltenunddamitForderungen,nurnocheineBewer-tungzumgewogenenDurchschnitt zuzulassen, eineAbsageerteilt. InderBegründungheißtes:158
„Sicherlich handelt es sich bei der Bewertung zum gewogenen Durch-schnitt um eines der – aus theoretischer Sicht – neutraleren Bewertungs-vereinfachungsverfahren, das einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage am nächsten kommt. Jedoch ist zu berücksichtigten, dass steuerlich das Lifo-Verfahren und die Durchschnittsbewertung zulässig sind.“
ManwirddiesePassagedahinverstehenmüssen,dassesdemGesetzgeberschlichtdarumgegangenist,denStatusquo–ZulässigkeitderLifo-Metho-deinHandels-undSteuerbilanz–zuerhalten.159AnderZwecksetzungdes
153SoabervorallemHerzig/Gasper,DB1992,1301ff.;Gasper,Lifo-Bewertung,70ff.
154DazuuntenIV.3.155DezidiertgegenHerzig/GasperauchBareis/Elschen/Siegel/Sigloch/Streim,DB
1993,1249ff.156EbensoHennrichs,Wahlrechte,296f.157SoauchHennrichs,Ubg2011,705,706f.158BT-Drucks.16/10067,62.159EbensoHennrichs,Ubg2011,705,707.
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§256S.1HGBhatsichfolglichnichtsgeändert.DasZielder„Substanzer-haltung“durchstilleReservendürfteimÜbrigenauchmitdemGrundanlie-gendesBilanzrechtsmodernisierungsgesetzesundanderenÄnderungenwiez.B.derstriktenWertaufholungspflichtundderAbschaffungderErmessens-abschreibungen(§253Abs.5HGBa.F.)nichtzuvereinbarengewesensein.
ImErgebnis ist somit fürdasHandelsbilanzrechtdavonauszugehen,dassdenZielenSubstanzerhaltungundVerhinderungdesAusweisesvonSchein-gewinnenfürdieAuslegungdes§256S.1HGBkeineeigenständigeBe-deutung zukommt.160 Dieser Befund ändert aber nichts daran, dass beideEffekte inZeiten steigender Preise eine zwangsläufige Folge derAnwen-dungderLifo-MethodedarstellenunddieserUmstanddenGesetzgeberne-benVereinfachungserwägungenbewogenhabenmag,nebenderBewertungmitdemgewogenenDurchschnittauchdieVerbrauchsfolgeverfahrenzuzu-lassen.Hennrichs161 weist indiesemZusammenhangzuRechtdaraufhin,dassdieBewertungsvereinfachungsverfahreninderViertenRLalsMitglied-staatenwahlrechteausgestaltetsind,sodassdernationaleGesetzgeberauchnur einesdergenanntenVerfahren (z.B.dieBewertungmitdemgewoge-nenDurchschnitt) hätte zulassen dürfen. Insoweitwirdman fürDeutsch-landannehmendürfen,dassderGesetzgeberdieLifo-MethodenichtohneRücksicht auf ihrepraktischenAuswirkungenaufdenErgebnisausweis inderHandels-undSteuerbilanzalsalternativesBewertungsvereinfachungs-verfahrenzugelassenhat.
d. SonstigeVerfahren
SeitderÄnderungdes§256S.1HGBi.R.d.Bilanzrechtsmodernisierungsind nur nochdieFifo- unddieLifo-Methode erlaubt. Folglich bedarf eskeinerinhaltlichenAuseinandersetzungmitdenzumfrüherenRechtdisku-tiertenweiterenVerfahren(z.B.Hofo-,Lofo-oderHifo-Methode)162mehr.
160EbensoBFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636;Hennrichs,Ubg2011,705,707.
161Hennrichs,Wahlrechte,399.162Vgl.dazuBallwieser, inMünchKommHGB,§256Rz.13ff.
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5. HandelsrechtlicheVoraussetzungenderVerbrauchsfolge-methoden
a. VermögensgegenständedesVorratsvermögens
Im Unterschied zur Festwertmethode und zur Gruppenbewertung (vgl.§240Abs.3und4HGB)istdieAnwendungderVerbrauchsfolgemethodennach§256S.1HGBaufVermögensgegenständedesVorratsvermögensbe-schränkt.Dazugehören(vgl.§266Abs.2Buchst.B.I.)Roh-,Hilfs-undBetriebsstoffe,unfertigeErzeugnisse,unfertigeLeistungen,fertigeErzeug-nisse undWaren sowie geleisteteAnzahlungen. Zwar ließe das gemein-schaftsrechtliche Mitgliedstaatenwahlrecht ausArt. 40Abs. 1 Vierte RLaucheineAusdehnungderVerbrauchsfolgeverfahrenaufallebeweglichenVermögensgegenständeeinschließlichderWertpapierezu.DerdeutscheGe-setzgeberhatsichaberbereitsbeiderUmsetzungderBilanzrichtliniendurchdasBiRiLiG1985füreinenureingeschränkteUmsetzungdiesesWahlrechtsentschieden,weilmanfüreinenweiterenAnwendungsbereichkeinprakti-schesBedürfnissah.163DamitstehtdereindeutigeWortlautdes§256S.1HGB einerAnwendung auf andereVermögensgegenstände außerhalb desVorratsvermögensentgegen.RechtspolitischeForderungennacheinerAus-weitungdes§256S.1HGB164hatderGesetzgeberbishernicht–auchnichtimRahmendesBilMoG2009–aufgegriffen.
b. Gleichartigkeitund„annähernde“Preisgleichheit
aa.Meinungsstand
NebendemGoB-VorbehaltimEingangssatzdes§256S.1HGBwirddieAnwendung derVerbrauchsfolgeverfahren imVorratsvermögen durch dasErfordernisder„Gleichartigkeit“derVermögensgegenständeeingeschränkt.DerBegriffder„Gleichartigkeit“i.S.v.§256S.1HGBistnachderüberwie-gendenAnsichtimgleichenSinnezuverstehenwiein§240Abs.4HGB.ErforderlichsinddemnacheineArt-oderFunktionsgleichheitsowieannä-hernde Preisgleichheit (Gleichwertigkeit).165 Eine annähernde Preisgleich-heitsoll–jedenfallsbeigeringwertigenGegenständen–nochbeiPreisun-
163Vgl.BegründungRegierungsentwurf,BT-Drucks.10/317,91,zu§266HGB-E.164SoetwaIFSt-SchriftNr.401(2002).165IndiesemSinneADS,§256Rz.22;Kleindiek,inStaub,§256Rz.5;Schulze-
Osterloh,inBaumbach/Hueck,§42Rz.384.
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terschiedenvonbiszu20%anzunehmensein.166NachderGegenansichtist–ebensowiebei§240Abs.4HGB–auchi.R.v.§256S.1HGBeinean-näherndePreisgleichheitnichterforderlich,zumaldasGesetzeinederartigeEinschränkungnichtvorsehe.167DiesistauchderStandpunktderFinanzver-waltung.168AllerdingskönnennachdieserAnsichtgrößerePreisunterschiedeimEinzelfalleinIndizfürdieZugehörigkeitzuverschiedenenWarengattun-gendarstellen.169Schließlichbesteht–ungeachtetallersonstigenMeinungs-verschiedenheiten–imGrundsatzEinigkeitdarüber,dassdasMerkmalderGleichartigkeitwegendesgleichlautendenWortlautsder§§240Abs.4,256S.1HGBundmangelsabweichendersachlicherGesichtspunkteinbeidenNormeneinheitlichauszulegenist.
bb.Stellungnahme
Der Streit um dieAuslegung der „Gleichartigkeit“ betrifft allein die Fra-ge,obdieAnwendungderBewertungsvereinfachungsverfahrennebeneinerArt-undFunktionsgleichheitderVermögensgegenständeaucheinegewis-sePreisgleichheitvoraussetzt.DemWortlautderNormundderSystematikdes§256S.1HGBlässtsichfürdieseFragenichtsentnehmen.AllerdingszeigteinBlickauf§240Abs.4HGB,dassderGesetzgeberimZusammen-hangmitderDurchschnittsbewertungsehrwohlzwischen„gleichartig“und„annäherndgleichwertig“unterschiedenhat.170In§256S.1HGBistdem-gegenübernurvon„gleichartigen“VermögensgegenständendieRede.DiesdürfteauchderGrundsein,weshalbdieh.M.daszusätzlicheErfordernisder(annähernden) Gleichwertigkeit mit übergeordneten Erwägungen begrün-det(GoB-Vorbehalt).OhneeinederartigeEinschränkungkönneeine(weite)GruppenbildungbeispäterenstrukturellenÄnderungen inderZusammen-setzungderGruppezueinerzuweitgehendenEinschränkungdesEinblicksindieVermögens-undErtragslageführen.171DemhältdieGegenansichtent-
166Vgl.dazunäherADS,§240Rz.128;engerKleindiek, inStaub,§256Rz.5(„imRegelfallzuhoch“).
167EingehendMayer-Wegelin, inHdR § 256Rz. 28;Herzig/Gasper, DB 1991,557,559f.;sieheauchBeckBilKomm-Ellrott/Krämer,§256Rz.23.
168Vgl.EStR6.9Abs.3.169SoetwaMayer-Wegelin,inHdR§256Rz.28;BeckBilKomm-Ellrott/Krämer,
§256Rz.23;gegendieBerücksichtigungvonPreisunterschiedenaberHerzig/Gasper,DB1992,1301,1303ff.
170DazuBallwieser,inMünchKommHGB,§240Rz.28.171StattvielerADS,§240Rz.122;Fülling,Grundsätze,187.
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gegen,dassderGesetzgeberdesBiRiLiG–andersalsunterderGeltungdes§155Abs.1S.2AktG1965–derGefahreiner(unbemerkten)VerzerrungderVermögens-undErtragslagemitdergesetzlichenVerankerungderBe-wertungzumgewogenenDurchschnittswertunddergesondertenAngabe-pflichtnach§284Abs.2Nr.4HGBausreichendvorgebeugthabe.172DieserHinweisrelativiertsichaberdadurch,dassdieBewertungzumgewogenenDurchschnitt–schonwegenihrersteuerlichenAnerkennung173–bereitsun-terderGeltungdesAktG1965inderPraxisverbreitetwar.FernerbetrifftdieAngabepflichtin§284Abs.2Nr.4HGBnichtdieErgebnisabweichungengegenübereiner(fiktiven)Einzelbewertung(odereinerBewertungmitdemgewogenenDurchschnitt),sonderninformiertdenBilanzlesernurüberUn-terschiedezwischendemBuchwertundeinerBewertungmitaktuellenBör-senkursenoderMarktpreisen.174AllerdingskannmanausderAngabepflichtnach§284Abs.2Nr.4HGB(Art.40Abs.2VierteRL)schließen,dassdemGesetzgeberdieMöglichkeitvon–unterEinblicksgesichtspunktenrelevan-ten(vgl.§264Abs.2S.2HGB)–Abweichungen,diesichinsbesondereausderAnwendungderLifo-Methodeergebenkönnen,bewusstwar.175
DamitmüssenletztlichteleologischeGesichtspunktedenAusschlaggeben.Insoweitist–wieeingangsbereits176dargelegtwordenist–einAusgleichzwischendemInteressederJahresabschlussadressatenaneinem„richtigen“Vermögens-undErgebnisausweisaufderGrundlagederEinzelbewertungeinerseitsunddenPrinzipienderWirtschaftlichkeitundWesentlichkeitan-dererseits herzustellen. Die durch eine vereinfachte Bewertung bedingtenErgebnisabweichungenwerden aberbei späterenÄnderungenderZusam-mensetzungeinerGruppemitzunehmenderGruppengrößetendenziellumsoerheblicher ausfallen, je größer die Preisunterschiede zwischen den in ei-nerGruppezusammengefasstbewertetenVermögensgegenständensind.AusdiesemGrund können die Preisverhältnisse innerhalb derGruppe bei derAuslegungdesMerkmals„gleichartig“nichtvölligaußerBetrachtbleiben.Dies sieht auch dieMinderansicht so, die zwar ein gesondertesMerkmalder„annäherndenPreisgleichheit“fürverzichtbarhält,aberPreisunterschie-de letztlich doch bei der Feststellung einerArt- bzw. Funktionsgleichheitberücksichtigenwill,weilsichunterschiedlicheQualitätsstufenregelmäßig
172Vgl.Mayer-Wegelin,DB1989,937,939;Brezing,StbJb1990/91,51,62.173SieheOFHv.3.6.1949–ID2/49,OFHE54,338.174Vgl.Siegel,DB1991,1941,1943.175SoauchHennrichs,Wahlrechte,398.176Vgl.obenIII.1.c.cc.
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auch in unterschiedlichenPreisstufen niederschlagendürften.BeispielhaftheißtesdazubeiBaetge/Kirsch/Thiele:177
„Aufgrund des Erfordernisses der Gleichartigkeit ist zwangsläufig auch eine gewisse Wertgleichheit geboten. Ein zwingender Zusammenhang zwischen Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Vermögensgegen-stände besteht indes nicht. Die in einer Gruppe zusammengefassten Ver-mögensgegenstände dürfen sich allerdings in ihrem Wert nicht wesent-lich unterscheiden.“
BeideAuffassungenstimmenalsoimKerndarinüberein,dassdieAnwen-dungdes§256S.1HGBnichtzueiner„wesentlichen“VerzerrungderVer-mögens- bzw. Ertragslage führen darf, gehen aber bei der Lösung diesesAbwägungsproblemsunterschiedlicheWege.WährenddieMindermeinungdasVereinfachungsinteressebetont,demnurbeieinerentsprechendgroßenGruppenbildung ausreichend Rechnung getragen werden könne, und denNachteilen„großer“GruppenmitgewissenEinschränkungen(z.B.auchderAnwendung sog. Indexverfahren)Rechnung tragenwill, schlägt die h.M.einen„konservativeren“WegeinundwillderGefahrzugroßerErgebnis-abweichungendurchdasMerkmalder „annähernden“Preisgleichheit ent-gegensteuern,wasaber–jenachMesslatte–zueinerdeutlichenEinschrän-kungderBewertungsvereinfachungführenkann.
Letztlichzeigen sichandieserStellewiederumdie tatsächlichenSchwie-rigkeiten,dieeineKonkretisierungdesWirtschaftlichkeitsprinzipsbzw.desWesentlichkeitsgrundsatzes aufwirft. Diese Schwierigkeiten dürften auchderGrundsein,weshalbselbstinnerhalbderh.M.bisherkeinKonsensüberdieFrageerzieltwerdenkonnte,wanneinenoch„annähernde“Preisgleich-heitgegebenist.DieinsoweitgenanntenProzentgrenzen(5%,10%oder20%)178reichensogarnochüberdieansonstenbeiderKonkretisierungdesWesentlichkeitsgrundsatzes vertretenen „Wesentlichkeitsschwellen“ hi-naus.179Sieverdeutlichenaberzugleich,dassesbeiderFrageder„Preis-gleichheit“nichtumabsoluteGrößengehenkann,sondernimmernurum„Wertrelationen“.Insoweitleuchtetesein,dassbeigeringwertigenVermö-gensgegenständenauchgrößerePreisunterschiedenochals„unwesentlich“angesehen werden, während die gleiche Preisschwankung bei hochwerti-genVermögensgegenständen für problematisch gehalten wird.Allerdings
177Baetge/Kirsch/Thiele,Bilanzen,349.178DazunurHüffer,inStaub,§240Rz.68.179DazuvorallemOssadnik,BB1993,1763ff.
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erscheint die in derLiteratur vertreteneHöchstgrenzevon20% so langeunbefriedigend,wiedieentscheidendeBezugsgrößeder„Geringwertigkeit“nichtnäherpräzisiertwird,zumaldieGrenzederGeringwertigkeitanande-rerStelle–beiderAktivierungspflicht(vgl.§6Abs.2und2aEStG:Sofort-abschreibungbzw.Poolabschreibung fürWirtschaftsgütermit einemWertbiszu410bzw.1.000€)–durchausnichtganz„gering“angesetztwird.Je-denfallswäreesmitdemVereinfachungszwecknichtzuvereinbaren,wennmanselbstbeiKleinmaterialmiteinemEinzelwertvonwenigenEurodieGruppenbildung nach der 20%-Grenze vornehmenwürde.180Ohnehin istderh.M.entgegenzuhalten,dasssieeineüberzeugendeAbleitungderOber-grenzevon20%ausdemWesentlichkeitsgrundsatzschuldigbleibt.ZwarerweistsichdieGrenzziehungaufdemBodenderGegenansicht,diePreis-unterschiedenlediglicheineindizielleBedeutungfüreinefehlendeGleich-artigkeitbeimessenmöchte,ebenfallsalsnichteinfach.DieserAnsatzdürfteaber besser in derLage sein, den verschiedenenLebenssachverhalten ge-recht zuwerden.Schließlich fragt sich, obmannicht nachbeidenAnsät-zen zusätzlich noch das relativeGewicht der einzelnenGruppe innerhalbderBilanzposition„Vorratsvermögen“berücksichtigenmüsste,sowieauchdie„Nachrangigkeit“desFestwertansatzesnachderRelationdeseinzelnenFestwerteszurBilanzsummebeurteiltwird.181WenndiesesweitereKriteri-umi.R.v.§256HGBbisherkeinegrößereRollegespielthat,dannwohldes-halb,weildasMerkmalder„Gleichartigkeit“lediglicheinenFunktions-undPreisvergleichderVermögensgegenstände zueinander fordert, aber keinenBezugzur (relativen)BedeutungderGruppe innerhalbdesVorratsvermö-gensaufweist.
Für die weiteren Überlegungen ist somit festzuhalten, dass „Gleichartig-keit“i.S.v.§256S.1HGBzwaraucheinegewissePreisgleichheitverlangt.Allerdings lässt sich demGesetz keine konkreteSchwelle entnehmen, abwannPreisunterschiedeso„wesentlich“sind,dasssieeinevereinfachteBe-wertung von bestimmten Vermögensgegenständen ausschließen. InsoweiterweisensichauchdieinderLiteraturgenanntenObergrenzen(z.B.20%PreisschwankungenbeigeringwertigenVermögensgegenständen)alsvielzuschematisch,zumalnichthinreichendklarwird,wasz.B.mit„geringwerti-
180Vgl.auchSiegel,DB1991,1941,1946:„HinsichtlichderPreisgleichheitmagmangroßzügig sein, solange dasErgebnis noch vomGrundsatz derWesent-lichkeit getragen sein kann“.Weitergehend Brezing, StbJb 1990/91, 51, 62,derimBereich(gleichartiger)HandelswarenauchbeiPreisunterschiedenvon10.000%eineGruppenbildungzulassenmöchte.
181Vgl.dazunurHüffer,inStaub,§240Rz.55.
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gen“Vermögensgegenständengenaugemeintseinsoll.Angesichtsderblo-ßen„Scheingenauigkeit“derh.M.dürftendieAbweichungenzurGegenauf-fassung,diePreisunterschiedenlediglicheineindizielleBedeutungfüreinefehlendeGleichartigkeitbeilegtund–wieesderFinanzausschuss182gefor-derthat–beiderGruppenbildung„nichtkleinlich“vorgeht, inderPraxisnichtallzugroßsein.
c. GoB-Vorbehalt
aa. VereinbarkeitmitderViertenRichtlinie
Nach § 256 S. 1 HGB steht dieAnwendung derVerbrauchsfolgeverfah-renunterdemVorbehaltder„ÜbereinstimmungmitdenGrundsätzenord-nungsmäßigerBuchführung“.InArt.40Abs.1VierteRLfehlteinesolcheEinschränkung,sodassmanzweifelnkönnte,obderdeutscheGesetzgeberzu einementsprechendenVorbehalt –wie erbereits in§155Abs.1S. 2AktG1965 enthaltenwar – befugt gewesen ist.NachAnsicht vonHenn-richssollsichdieRegelungskompetenzdesnationalenGesetzgebersbereitsdarausergeben,dassArt.40Abs.1VierteRLalsMitgliedstaatenwahlrechtausgestaltetist,sodassesdemdeutschenGesetzgeberfreistehenmüsse,dieAnwendung der Verbrauchsfolgeverfahren von weiteren einschränkendenVoraussetzungenabhängigzumachen.183Indeserscheintzweifelhaft,obdasMitgliedstaatenwahlrechtübereinegegenständlicheBeschränkungderVer-brauchsfolgeverfahren (z.B.aufdasVorratsvermögen)hinausauchandere„sachfremde“Beschränkungenerlaubt.DieseFragebedarfde lege lataaberkeinerweiterenBehandlung,weilderGoB-Vorbehaltdes§256S.1HGBohnehinnuraufdieübergeordnetenSystemgrundsätze(insbesonderedieBe-wertungsgrundsätzedesArt.31sowiedas„Trueandfairview“-PrinzipnachArt.2Abs.3und5VierteRL184)Bezugnimmt,dieauchbeieinersystemati-schenAuslegungdesArt.40Abs.1VierteRLzubeachtenwären.DerGoB-Vorbehaltistsomitrichtlinienkonform.
182BT-Drucks.11/2536,47.183Hennrichs,Wahlrechte,394.184ZumgemeinschaftsrechtlichenTrue and fair view-Grundsatz vgl. statt vieler
Hüttemann,inStaub,§264Rz.13ff.
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bb.DoppelteFunktiondesGoB-Vorbehalts
DemErfordernisderGoB-KonformitätkommtfürdieAnwendungderVer-brauchsfolgeverfahren eine erhebliche Bedeutung zu, weil alle diskutier-tenEinschränkungenderLifo-Methode,soweitsienichtdasMerkmalder„Gleichartigkeit“betreffen,ausdemGebotderGoB-Konformitätabgelei-tetwerden.185Auch dieGrundsatzentscheidung desVIII. Senats desBFHvom20.6.2000186nimmthierihrenAusgangspunkt.BetrachtetmandenMei-nungsstandnäher,solassensichzweiEbenenunterscheiden,aufdenenderGoB-VorbehaltzumTragenkommensoll:
─ ZumeinengehtesumdieFrage,unterwelchenVoraussetzungeneinevereinfachteBewertungüberhaupt„GoB-konform“unddamitzulässigist.DieseFrageistkeineBesonderheitderLifo-MethodeoderderVer-brauchsfolgeverfahren, sondern stellt sich in gleicherWeise,wenn esumdieZulässigkeiteinerGruppenbewertungnachden§§256S.2,240Abs.4HGBgeht.SiestehtauchimMittelpunktdesBFH-Urteilsvom20.6.2000,dassichwenigermitderZulässigkeitderLifo-MethodeimBesonderen, sondern inersterLiniemitderZulässigkeit einerverein-fachtenBewertungimAllgemeinenauseinandergesetzthat.187
─ Zumanderenwird derGoB-Vorbehalt herangezogen,wenn zwar einevereinfachteBewertung (z.B.mit demgewogenenDurchschnittswert)als zulässig angesehen wird, aber die Zulässigkeit der Lifo-MethodeinZweifelsteht. IndiesenKontextgehört insbesonderedievomBFHoffengelassene Frage, ob eine Lifo-Bewertung auch dann erlaubt ist,wenndieVerbrauchsfolgefiktiondentatsächlichenVerhältnissenvölligwiderspricht.188
185Vgl. statt vieler nur ADS, § 256 Rz. 14 ff.;Mayer/Wegelin, in HdR § 256Rz.21ff.;Hennrichs,inMünchKommAktG,§256HGBRz.11ff.
186BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.187BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.188Vgl.dazuuntenIII.7.a.
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6. ZulässigkeiteinervereinfachtenBewertungimAllgemeinen
a. TeleologischeEinschränkungdervereinfachtenBewertung(BFH-Urteilvom20.6.2000–VIIIR32/98)
Während sich der Fachdiskurs zum praktischenAnwendungsbereich des§256HGBbisEndeder90er-JahreimWesentlichenaufdasMerkmalder„Gleichartigkeit“unddieAuswahlzwischendenvon§256HGBerlaubtenBewertungsvereinfachungsverfahrenbeschränkte,189hatderVIII.SenatdesBFHmitUrteil vom 20.6.2000190 eine grundsätzlicheDiskussion darüberausgelöst,obdierechtlicheZulässigkeiteinervereinfachtenBewertungauchdurchdenVereinfachungszweckselbstteleologischeingeschränktwird.ImAusgangssachverhalthattedieKlägerin–eineKfz-Vertragswerkstatt–ihrezumVerkaufbestimmtenNeu-undGebrauchtfahrzeugenachderLifo-Me-thodegemäߧ6Abs.1Nr.2aEStGbewertet.191DabeibildetesiefürdieNeufahrzeugeBewertungsgruppennachdenWagentypen,dieGebrauchtwa-gengliedertesie–ohneRücksichtaufderenHersteller,Kilometerleistungoder dasAlter – nach ihremWert (bis 5.000DM, 5.000 bis 15.000DM,15.000DMbis25.000DM,über25.000DM).DasFinanzamthieltdieseBewertungfürunzulässig,EinspruchundKlagebliebenohneErfolg.AuchderVIII.SenatverneintedieAnwendbarkeitderLifo-MethodeimErgebnis,ließjedoch–imGegensatzzurVorinstanz192–dieFrageder„Gleichartig-keit“derbetreffendenWirtschaftsgüterebensooffenwiedieFrage,obdieLifo-MethodeimkonkretenFalldeshalbnichtanwendbarwar,weilsienichtder tatsächlichenVerwendungsreihenfolge entsprochen habe. ImZentrumdesUrteilsstehenvielmehrgrundsätzlicheAusführungenzurratio legisderLifo-MethodeunddenKonsequenzen,die sichhieraus fürdieAuslegungdesGoB-Vorbehaltsin§6Abs.1Nr.2aEStG(§256S.1HGB)ziehenlas-sen.DieinsoweitwesentlichenPassagenderUrteilsbegründunglauten:
„Die Bewertung nach der Lifo-Methode führt auch dann, wenn sie den tatbestandlichen Erfordernissen des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG (§ 256 Satz 1 HGB) im Einzelfall genügt, regelmäßig dazu, dass verschiedene sog.
189SiehedazuetwadenSammelbandvonHerzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,1990.
190BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.191ZurAnwendungderLifo-MethodeinderAutomobilindustrievgl.auchWeber/
Standke,BB1993,393.192Vgl.FGMünsterEFG1998,999.
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„obere“ Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht beachtet wer-den […].
Wenn § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG (§ 256 Satz 1 HGB) gleichwohl die Wahl der Lifo-Methode gestattet, ‚soweit dies den handelsrechtlichen Grund-sätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht‘, so statuiert das Ge-setz mit Rücksicht auf die Durchbrechung der genannten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung keine nicht erfüllbare und damit wi-dersprüchliche Voraussetzung […], sondern bringt vielmehr zum Aus-druck, dass – im Einklang mit der amtlichen Überschrift des § 256 HGB […] – die Grundsätze der Einzelbewertung sowie der periodengerech-ten Aufwandsabgrenzung aus Gründen der Bewertungsvereinfachung im Einzelfall zurücktreten und eine Abkehr von der tatsächlichen Ver-brauchsfolge rechtfertigen können. Das Erfordernis der GoB-Konfor-mität kennzeichnet das Wahlrecht der Lifo-Methode (Verbrauchsfolge-verfahren) mit anderen Worten als Wertungskompromiss, der durch den Aspekt einer vereinfachten Rechnungslegung und damit durch den vom Wesentlichkeitsprinzip bestimmten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ge-tragen wird […]. Das Wahlrecht ist deshalb typischerweise auf Sachver-halte zugeschnitten, bei denen entweder die Ermittlung der individuellen Anschaffungskosten (oder Herstellungskosten) der Vermögensgegen-stände im Einzelfall ausgeschlossen ist (z.B. im Falle der Vermischung von Flüssigvorräten) oder – wie beispielsweise bei Massenartikeln – mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden wäre.
Das anhängige Verfahren gibt dem erkennenden Senat keine Gelegen-heit, darüber zu entscheiden, ob in den beschriebenen Bewertungser-schwernissen zugleich eine äußere und somit durchgängig zu beachten-de Grenze für den Anwendungsbereich des Lifo-Verfahrens zu sehen ist. […] Denn der Vereinfachungszweck vermag jedenfalls dann ein Zurück-treten der genannten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung nicht mehr zu rechtfertigen, wenn – wie vorliegend im Hinblick auf den zum Verkauf bestimmten Fahrzeugbestand der Klägerin – Vorratsgegenstän-de mit (absolut betrachtet) hohen Erwerbsaufwendungen infrage ste-hen, die Anschaffungskosten ohne weiteres identifiziert und den einzel-nen Vermögensgegenständen angesichts deren individueller Merkmale ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können […]. Mangels einer die Rechnungslegung vereinfachenden Wirkung ist es hierbei – im Ein-
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klang mit der systematischen Unterscheidung von § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG (§ 256 Satz 1 HGB) zwischen Gleichartigkeit und GoB-Konformität – auch unerheblich, ob die nach diesen Voraussetzungen identifizierbaren und bewertbaren Vorräte der gleichen Art (oder Gattung) angehören.“
b. ReaktionenimSchrifttum
DasBFH-Urteil vom 20.6.2000 hat im (handels- und steuer-)bilanzrecht-lichenSchrifttumeine regeDiskussionüber dieGrenzenderVerbrauchs-folgeverfahren ausgelöst, diebis indieGegenwart anhält.193Der amhäu-figstenvorgebrachte–abererst imsteuerrechtlichenTeil194zubehandeln-de–EinwandbetrifftdiePrämissedesBFH,dassdieLifo-Methodenach§ 6Abs. 1Nr. 2aEStG auch imKontext der steuerlichenGewinnermitt-lungausschließlichderBewertungsvereinfachungdiene.195DarüberhinausistdemBFHvorgeworfenworden,dasserdenAnwendungsbereichderBe-wertungsvereinfachungsverfahren übermäßig eingeschränkt habe.196 DieseKritikbetrifftgleichermaßendieimUrteilangeführten„typischen“Anwen-dungsbereiche des Bewertungswahlrechts (Vermischung bzw.Massenarti-kel)alsauchdievomBFHgenanntenAusschlusskriterien.SchließlichwirdimneuerenSchrifttumdiskutiert,obdievomBFHaufgestelltenKriterienangesichts moderner EDV-unterstützter Lager- und Buchhaltungssystemestrenggenommennichtdazuführenmüssten,dassVerbrauchsfolgeverfahrenindenmeistenBranchennichtmehrerlaubtwären,weilmitHilfesolcherVerfahren(z.B.durchdieBezeichnungdereinzelnenWirtschaftsgütermitChargennummern) eine Einzelbewertung desVorratsvermögens technischrelativproblemlosmöglichsei.197
193Vgl.Moxter, DB 2001, 157;Mayer-Wegelin, DB 2001, 554;Kessler/Suchan,DStR2003,345;zuletztHennrichs,Ubg2011,705;Hildebrandt,DB2011,1999.
194Vgl.untenIV.3.195Vgl.BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.196StattvielerKrumbholz,StuB2001,74.197DazuausdemneuerenSchrifttumvorallemHildebrandt,DB2011,1999ff.;
Hennrichs,Ubg2011,705,710;vgl.aberauchbereitsKrumbholz,StuB2001,74;sowiebereitsinden80er-Jahren–fürdenFestwert–Funk,inFSvonWy-socki,1985,73.
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c. Stellungnahme
aa. GoB-VorbehaltalszutreffenderAusgangspunkt
Auchwenn sich derBFH zurAnwendung derLifo-Methode in der steu-erlichenGewinnermittlungnach§6Abs.1Nr.2aEStGgeäußerthat,be-treffenseineAusführungendochinderSachedieAuslegungdeshandels-bilanzrechtlichenGoB-Vorbehaltnach§256S.1HGBundbedürfendaheran dieserStelle einer eingehendenWürdigung.Die „Maßgeblichkeit“ desHandelsrechtsergibtsichfürdenBFHausder–anandererStellenochzubehandelnden198–Prämisse,dassderGoB-Vorbehalt in§6Abs.1Nr.2aEStG inhaltsgleich zu§ 256S. 1HGBzuverstehen ist.Bei diesemVer-ständniswirdderAnwendungsbereichderLifo-Methode imHandels-und SteuerrechtzumeinendurchdasMerkmalder„Gleichartigkeit“undzuman-derendurchdenGoB-Vorbehaltbestimmt.DemVIII.Senatistdarinzufol-gen,dassdiein§256HGBgeregeltenVerbrauchsfolgeverfahrenzumindesti.R.d.handelsrechtlichenGewinnermittlungausschließlichVereinfachungs-zweckendienen,sodassandereGesichtspunkte–wiez.B.dasZielderSub-stanzerhaltungbeisteigendenPreisen–fürdasVerständnisderNormkeineRollespielen.Die§§240Abs.4,256HGBberuhenalso–wieesderVIII.Senat199ausdrückt–aufdergesetzgeberischenWertung,dass„die Grundsät-ze der Einzelbewertung sowie der periodengerechten Aufwandsabgrenzung aus Gründen der Bewertungsvereinfachung im Einzelfall zurücktreten und eine Abkehr von der tatsächlichen Verbrauchsfolge rechtfertigen können“.DieseAbweichung von den allgemeinenBewertungsgrundsätzenwird al-lein„durchdenvomWesentlichkeitsprinzipbestimmtenGrundsatzderWirt-schaftlichkeitgetragen“.200
bb.Wirtschaftlichkeits- undWesentlichkeitsgrundsatz sind interpretations-bedürftig
Mit diesenAussagen hat derBFHdieFrage nach den handelsrechtlichenGrenzenderLifo-Methodeallerdingsnochnichtgelöst, sondern lediglichsystematischverortet.DieshatseinenGrunddarin,dassdievomBFHzuRecht herangezogenen (ungeschriebenen) Grundsätze der Wesentlichkeit
198DazuuntenIV.2.199Vgl.BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636,638.200SoBFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636,638unterHinweis
aufKempermann,inK/S/M,§5Rz.B73.
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undWirtschaftlichkeitinhöchstemMaßeausfüllungsbedürftigsind.201DieallgemeineAussage,eineDarstellungimJahresabschlusshabezuunterblei-ben,wennderfürsieerforderlicheAufwanddenNutzenderzusätzlichge-botenenInformationübersteigt,dürftezwarallgemeingeteiltwerden,202hilftaberalsAbgrenzungsmaßstabimEinzelfallkaumweiter.DennderNutzeneiner „genaueren“Rechnungslegung lässt sich nicht seriös quantifizieren,sodasssichausdemWirtschaftlichkeitsgrundsatzauchkeinekonkretenAus-sagen zum „richtigen“Maß an Bewertungsvereinfachung ableiten lassen.DiesemangelndeQuantifizierbarkeitistauchderGrund,weshalbimSchrift-tumdasWirtschaftlichkeitsprinzipdurchdenWesentlichkeitsgrundsatzer-setztwird.203Dieserbesagt,dass„bei der Rechnungslegung alle Tatbestände zu berücksichtigen sind, die für die Adressaten des Jahresabschlusses von Bedeutung sein können, während umgekehrt Sachverhalte von untergeord-neter Bedeutung, die wegen ihrer Größenordnung keinen Einfluss auf das Jahresergebnis haben, vernachlässigt werden können“.204 Indes ist festzu-stellen,dassalleVersuche,demWesentlichkeitsgrundsatzquantitativeKon-turenzugeben,bisherebensogescheitertsindwiedieFestlegungallgemei-nerBezugsgrößenoderGrenzwerte.205ImRegelfallmussesdaherbeieinem„relativgrobenVergleich“bleiben.Esmacht–soeininderLiteraturver-wendetesBeispiel206 – „wenig Sinn, einzelne sehr unterschiedlicheRech-nungsabgrenzungspostenmithöchsterGenauigkeitzuberechnen,wenndervoraussichtlicheGesamtbetragfürdenGewinnausweisohnejedeBedeutungist“.Umgekehrtdürfemannicht„Posten oder Beträge, die als solche ein-deutig feststehen und keiner weiteren Bewertung mehr bedürfen, nur deshalb weglassen, weil sie betragsmäßig ohne größere Bedeutung sind“.207
201Dazu Baetge/Zülch, HdJ, I/2 Rz. 64; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 121 f.; Kempermann, in K/S/M, Erg.-Lfg. Juli 1994, § 5 Rz. B 73; Leffson, GoB,7.Aufl.1987,180ff.;aussteuerrechtlicherSichtWendt,inFSHerzig,2010,517ff.
202SoetwaBaetge/Kirsch/Thiele,Bilanzen,121.203Baetge/Kirsch/Thiele,Bilanzen,121.204SoADS,§252Rz.127.205DazuOssadnik,Wpg1993,617ff.;ders.,BB1993,1763ff.;ders.,Wpg1995,
33ff.206ADS,§252Rz.128.207ADS,§252Rz.128.
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cc. „Typische“Anwendungsfällezuenggewählt
DerVIII.SenathatsichdemschwierigenAbwägungsproblemzwischenEin-zelbewertungsgrundsatzundvereinfachterBewertungdadurchzuentziehenversucht,dassersichaufAussagenzu(scheinbar)eindeutigenSachverhaltenbeschränkthat.DasseinevereinfachteBewertungindenFälleneinerVermi-schungvonFlüssigvorrätenbzw.derLagerungvonMassenartikelnerfolgendarf,stehtaußerStreitundgibtfolglichfürdieAuslegungdes§256S.1HGBnichtsher.GingeesnurumsolcheFälle,wäre§256HGBsogareineüberflüssigeRegelung,weilsichdieseFällebereitsüber§252Abs.2HGBlösenließen.208Esistabernichtanzunehmen,dassderGesetzgeberinden§§240Abs.4,256HGBlediglichdiematerielleAussagedes§252Abs.2HGBhatwiederholenwollen.GegendieseAnnahmesprichtbereits,dassdie§§240Abs.4,256HGBeinevereinfachteBewertunganeigenständigeVo-raussetzungen knüpfen („gleichartigeVermögensgegenstände desVorrats-vermögens“).DieseRegelungstechnikwirdman bei einer systematischenAuslegungdahinverstehenmüssen,dassbeiVorliegender in§256HGBnormiertentatbestandlichenVoraussetzungen–alsobei„gleichartigen“Ver-mögensgegenständendesVorratsvermögens–einevereinfachteBewertung„inderRegel“auchzulässigistundauchdurchdenGoB-Vorbehaltnur„aus-nahmsweise“untersagtwird,wenndiesnachdenkonkretenUmständenimLichtdesWesentlichkeitsgrundsatzesgebotenerscheint.Dieses„Regel-Aus-nahme-Verhältnis“dürfteauchderBFHimBlickgehabthaben,wenneranderzentralenStellederEntscheidungformuliert,dassderVereinfachungs-zweck„jedenfalls“unterdenUmständendesUrteilsfallseineAbkehrvonderEinzelbewertungnichtmehrrechtfertigenkönne.209Darüberhinausbe-steht auch dieGefahr einesZirkelschlusses,wennman versuchenwürde,ausdrücklichgesetzlichnormierteAusnahmenvomEinzelbewertungsgrund-satzwiederumimLichtdesEinzelbewertungsgrundsatzesauszulegen.
dd.Normzweckgebietet„Regel-Ausnahme-Verhältnis“
EinRegel-Ausnahme-Verhältnis,demzufolgederGoB-VorbehalteinerAn-wendungder§§240Abs.4,256HGBbeigleichartigenVermögensgegen-ständen„inderRegel“nichtentgegensteht,entsprichtauchdemNormzweckderBewertungsvereinfachungsvorschriften.WolltemandieGoB-Konformi-
208Vgl. zuAbweichungen vom Einzelbewertungsgrundsatz nach § 252Abs. 2HGBnurBFHv.17.2.1998–VIIIR28/95,BStBl.II1998,505,508.
209BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636,638.
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täteinesBewertungsverfahrensimEinzelfallstetsdavonabhängigmachen,dasseinüberwiegenderVereinfachungseffektkonkretnachweisbarist,wür-denichtnurdasMerkmalder„Gleichartigkeit“weitgehendleerlaufen,son-dernauchderAnwendungsbereichder§§240Abs.4,256HGBübermäßigeingeschränkt.Diesergibtsichzumeinendaraus,dasssichdie„Wirtschaft-lichkeit“einervereinfachtenBewertungimVerhältniszueinerEinzelbewer-tungausdenbereitsdargelegtenGründenkaumseriösquantifizierenlässt.210Fernerdarfnichtvergessenwerden,dassderNachweiseinerVereinfachungseinerseitsmitAufwendungenverbundenwäre,diedemmitderAnwendungvonBewertungsvereinfachungsverfahren verbundenenWirtschaftlichkeits-überlegungenzuwiderlaufen.211Esgingedaherzuweit,wennmanaußerhalbdervomVIII.Senatbenannten„typischen“Anwendungsfälle(Vermischung,Massenware)auchbeiansich„gleichartigen“Vermögensgegenständenim-mereinennachweisbarenVereinfachungseffektverlangenwürde.DemVer-einfachungszweckder§§240,256HGBwirddahernureineAuslegungge-recht,dieausgehendvondemobenskizziertenRegel-Ausnahme-VerhältnisdenGoB-VorbehaltaufsolcheFällebeschränkt,indeneneinnennenswerterVereinfachungseffekt„offensichtlich“nichtvorhandenist.
DieseVoraussetzungendürftenindemvomBFHentschiedenenFallwohlvorgelegenhaben,auchwennimmitgeteiltenSachverhaltAngabenzurZahlderFahrzeugeoderzurrelativenBedeutungdesVorratsvermögensfürdieVermögens-undErtragslagefehlen.DenneinevereinfachteBewertung(seiesmitDurchschnittswertenodermittelsVerbrauchsfolgefiktion)wird sichbei einem (kleinen) Kfz-Vertragshändler mitWerkstattbetrieb und einemüberschaubarenBestandanunterschiedlichenNeu-undGebrauchtfahrzeu-gen (verschiedeneMarken,Modelle etc.) kaummitWirtschaftlichkeitser-wägungenrechtfertigenlassen.212DennzumeinenisteinetatsächlicheEin-zelbewertungaufderGrundlagederindividuellenAnschaffungskostenderFahrzeugesowohlbeiNeufahrzeugenalsauchbei(inZahlunggenomme-nen) Gebrauchtwagen angesichts der vorhandenen Unterlagen unschwermöglich,sodasseineKostenersparniskaumeintretendürfte.ZumanderenhandeltessichumeineüberschaubareZahlvonindividuellenVermögens-
210Vgl. zur „Unlösbarkeit“ des Quantifizierungsproblems nur Baetge/Kirsch/Thiele,Bilanzen,121.
211ZurRolledesVereinfachungsgedankensbeiderKonkretisierungdesWesent-lichkeitsgrundsatzessieheinstruktivADS,§252Rz.128.
212GegendieAnwendungderLifo-Methodebei„kleinenGebrauchtwagenhänd-lern“auchKrumbholz,StuB2001,74,76.
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gegenständenmitvergleichsweisehohenEinzelwerten,sodasseineverein-fachteBewertungdesVorratsvermögensggf.mit (relativ) erheblichenEr-gebnisauswirkungenverbundenseinkann.Zubedauernistallerdings,dassderBFHdieFrageder„Gleichartigkeit“offengelassenhat,denngeradeinHinsicht auf den Gebrauchtwagenbestand sind erhebliche Zweifel an der„Gleichartigkeit“ der Fahrzeuge angebracht, da gebrauchte Fahrzeuge imGeschäftsverkehrzuPrivatkunden(auchzivilrechtlich)als„Unikate“behan-deltwerden.213AndieserStellewirdwiederumdeutlich,dassdiepraktischeBedeutungdesGoB-VorbehaltsfürdieAnwendungder§§240,256HGBnichtunwesentlichdavonabhängt,wieengoderweitmandasMerkmalderGleichartigkeitversteht.
ee. KritischeUntersuchungderAusschlusskriteriendesBFH
DerBFHhatsichnichtdaraufbeschränkt,dieZulässigkeitderLifo-MethodefürdenkonkretenFalleinerVertragswerkstattzuverneinen,sonderndreiall-gemeineVoraussetzungengenannt,unterdenen–wennsiekumulativerfülltsind – eine vereinfachteBewertung „mangels einer dieRechnungslegungvereinfachendenWirkung“unzulässigseinsoll:
(1)Vorratsgegenständemit (absolutbetrachtet)hohenErwerbsaufwendun-gen,
(2)dieAnschaffungskostensindohneWeiteresidentifizierbar,
(3)dieAnschaffungskostenlassensichdeneinzelnenVermögensgegenstän-denangesichtsderenindividuellerMerkmaleohneSchwierigkeitenzu-ordnen.
Wennman versucht, dieseMerkmale imLicht desWesentlichkeitsgrund-satzes teleologisch einzuordnen, ergibt sichFolgendes:DieMerkmale (2)und (3) beziehen sich auf dieMehrkosten einerEinzelbewertung, die beieinervereinfachtenGruppenbewertungnichtanfallen,weildieErmittlungdertatsächlichenAnschaffungskostendereinzelnenVermögensgegenständeentfällt.DieseMehrkosteneinerEinzelbewertungsindalso,wenndieBe-dingungen(2)und (3)erfüllt sind,vergleichsweisegering,weilalledafürerforderlichenInformationen imUnternehmenbereitsvorhandensindund„ohneWeiteres“–alsoohnenennenswerteZusatzkosten–fürbuchhalteri-
213Vgl.auchdieAnmerkungvonAmmelungzumFG-Urteil,BB1998,2357,2360;zurBehandlungvonKaufverträgenüber gebrauchteFahrzeuge als „Spezies-kauf“vgl.nurBGHv.7.6.2006–VIIIZR209/05,NJW2006,2839.
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scheZweckegenutztwerdenkönnen.DennindiesemFallbeschränkensichdieMehraufwendungeneinerEinzelbewertungaufdieÜbernahmederindi-viduellenAnschaffungskostenindieBuchhaltung.GeringeMehrkostenrei-chenabernachAnsichtdesVIII.Senatfürsichgenommennochnichtaus,umdieAnwendungdes§256HGBauszuschließen.VielmehrmussessichentsprechendBedingung(1)auchnochumVermögensgegenständemit„(ab-solutbetrachtet)hohenErwerbsaufwendungen“handeln.214
HinterdiesendreiVoraussetzungen,diekumulativerfülltseinmüssen,stehtoffenbar folgendeÜberlegung:Wenn eineEinzelbewertung einerseits nurmitgeringenMehrkostenverbundenist,andererseitsaberVermögensgegen-ständemitabsoluthohenErwerbsaufwendungenbetroffensind,dannfallendieKostenvorteileimVergleichzudenErwerbsaufwendungen(undmögli-chenErgebnisverzerrungengegenüber einerEinzelbewertung) nichtwirk-lichinsGewicht,sodassesbeieinerEinzelbewertungbleibenmuss.EsgehtalsoumeineAbwägungzwischendemVereinfachungseffekteinerseitsunddenAuswirkungeneinervereinfachtenBewertungaufdenEinblick indieVermögens-,Ertrags-undFinanzlageandererseits.EinesolcheAbwägungsprichtimkonkretenUrteilssachverhaltgegendieZulässigkeiteinerverein-fachtenBewertung,sielässtsichabernichteinfachaufeinen„großen“Kfz-HandelsbetriebmitvielenHundertNeu-bzw.neuwertigenGebrauchtfahr-zeugenübertragen.215DennbeieinerhinreichendgroßenZahlwerdenauchVermögensgegenständemit individuell bestimmtenMerkmalen (z.B.Mo-dell,Karosserieform,Kraftstoffart,Motorstärke,Getriebe, Farbe etc.) ausderSichtdesHändlersunddesGeschäftsverkehrszugleichartigen„Mas-senartikeln“,weildierelativeBedeutungdieserUnterschiede,bezogenaufdieGesamtzahlderFahrzeugeunddenGesamtwertdesFahrzeugbestands,immermehrabnimmt.Diesgiltjedenfallsdann,wenndieGegenständenichtfürdenVerkaufanPrivatkundenbestimmtsind,sondern–z.B.inLosgrö-ßenvon100undmehrneuenoderneuwertigenFahrzeugen–anZwischen-händlerweiterveräußertwerden sollen. InHinsicht auf dieVereinfachungderRechnungslegungmachtesalsodurchauseinenUnterschied,obeinklei-nerVertragshändler z.B. 20 verschiedeneGebrauchtfahrzeuge auf seinemHofstehenhatoderobeineuropaweittätigerKfz-HandelsbetriebjedesJahrvieleHundertesog.„Leasing-Rückläufer“mitvergleichbarerMotorisierungundAusstattung als Jahreswagen oder „junge Gebrauchte“ an Zwischen-
214BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636,638.215Krumbholz,StuB2001,74,76.
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händlerimIn-undAuslandweiterveräußert.216Beiderartigen„neuwertigen“FahrzeugenwirdbeiFahrzeugeneinesModells(z.B.VWPassat)nachdenAnschauungendesGeschäftsverkehrsungeachtetgewisserAusstattungsun-terschiedeaucheineGleichartigkeiti.S.v.§§240Abs.4,256S.1HGBge-gebensein.217
DievorstehendenÜberlegungenmachenauchdeutlich,weshalbdasKriteri-umder„(absolutbetrachtet)hohenErwerbsaufwendungen“fürsichgenom-menniemalseingeeignetesAusschlusskriteriumdarstellenkann.DenndieGrundsätze derWirtschaftlichkeit undWesentlichkeit verlangen stets einerelative Betrachtung,beiderdieKostenersparniseinervereinfachtenBewer-tung zu berücksichtigen ist und schließlich auch die (relative)BedeutungeinerBilanzpositioninHinsichtaufdieVermögens-undErtragslagedesUn-ternehmensnichtaußerBetrachtbleibenkann.ZudemistdasKriteriumder„(absolutbetrachtet)hohenErwerbsaufwendungen“inhohemMaßkonkre-tisierungsbedürftig,weilderBFH–siehtmanvomkonkretenUrteilsfallab–keineAussagendazugetroffenhat,wasmanals„hohe“Erwerbsaufwen-dungenanzusehenhat.WieeinBlickauf§6Abs.2und2aEStGzeigt,siehtderGesetzgebersogarGegenständemiteinemEinzelwertvonbiszu1.000€inanderemZusammenhangals„geringwertig“an.218FürdieNotwendigkeiteiner relativenBetrachtung kann schließlich auch auf dieGrundsätze zurFestwertmethode(§240Abs.3HGB)verwiesenwerden,dienachwohlall-gemeinerAnsichtauchbeiVermögensgegenständenmit (sehr)hohenEin-zelwerten anwendbar ist, wie das Beispiel der Signal- und Gleisanlagenzeigt.219DortwirdzuRechtfürdieFrageder„Nachrangigkeit“nichtaufdieabsolutenWerte,sonderndierelativeBedeutungderbetreffendenBilanzpo-sitionabgestellt.220NachAnsichtderFinanzverwaltungsolldieGrenzeso-garerstdortgezogenwerden,woderGesamtwertderimeinzelnenFestwertzusammengefasstenVermögensgegenständemehrals10%derBilanzsum-
216IndieseRichtungauchKrumbholz,StuB2001,74,76.217A.A.FGMünsterv.20.3.1998–11K5125/96F,EW,G,EFG1998,999:Neu-
fahrzeugekeine„gleichartigen“Vermögensgegenstände.218SiehedazuauchHildebrandt,DB2011,1999,2000.219Vgl.dazunurHüffer, inStaub,§240Rz.51ff.220EindrücklichHüffer,inStaub,§240Rz.55:„WeilgeradeaufdieRelationenin-
nerhalbderBilanzabzustellenist,stehtesderFestwertfähigkeiteinesBestandsnichtentgegen,dasserabsolutgesehenmiteinerhohenSummeausgewiesenwerdenmuss.“
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mebeträgt.221VordiesemHintergrundwäreeswidersprüchlich,wennmanbei derVorratsbewertung, die keinen solchen „Nachrangigkeitsvorbehalt“kennt,demabsolutenWertdereinzelnenVermögensgegenständeeineaus-schlaggebendeBedeutungbeilegenwürde.
ff. MehrkostenderEinzelbewertungbei„individualisierbaren“Vermögens-gegenständen
EinweitererKritikpunktbetrifftdieUnterstellungdesVIII.Senats,dassun-terdenBedingungen(2)und(3)dieMehrkosteneinerEinzelbewertungre-gelmäßigvernachlässigbargeringseien.DieseTheseistdeshalb–überdenkonkretenentschiedenenFall hinaus–vongroßerpraktischerBedeutung,weilheutevieleUnternehmeninsbesondereausrechtlichenGründen(insbe-sondereProdukthaftung)gleichartigeVermögensgegenständemittelsEDV-gestützterLagersystemez.B.mitChargennummern„individuell“kennzeich-nen.DieseEntwicklunghatoffenbarTeilederFinanzverwaltungveranlasst,dieAnwendungderLifo-Methode insolchenBranchenunterHinweisaufdasBFH-Urteilzunehmend infragezustellen.222RichtigerweisewirdmanaberausderbloßentechnischenMöglichkeiteinerindividuellenZuordnungvonErwerbsaufwendungennochnichtaufdieUnzulässigkeiteinerverein-fachtenBewertung schließendürfen.223DennauchwenndieGegenständedesVorratsvermögens (also insbesondereRohmaterial,Zwischenprodukte,fertigeErzeugnisseoderHandelswaren)imbetrieblichenProzessmiteinerindividuellenNummergekennzeichnetwerden,umihreHerkunftundVer-wendungnachvollziehen zu können, ist eine buchhaltungstechnischeEin-zelerfassung und -bewertung derVermögensgegenstände imVergleich zueinervereinfachtenGruppenbewertungregelmäßigmitnichtunerheblichenzusätzlichenAufwendungenverbunden.ZwaristdemBFHzuzugeben,dassdieseMehrkosten umso geringer sind, je „individueller“ dieGegenständesind,sodassz.B.beimEintauschundderWeiterveräußerungvonGebraucht-wageneineskleinenVertragshändlersallewesentlichenDaten„ohneWei-teres“verfügbarsind.HierdürfteesaberohnehinbereitsanderGleichwer-tigkeit fehlen,weilgebrauchteFahrzeuge regelmäßigals „Speziessachen“gehandelt werden.224 Bei einem Fahrzeug-Handelmit sehr großen Stück-
221Vgl.BMFv.26.2.1992,BStBl.I1993,276,277.222DazuetwaHildebrandt,DB2011,1999.223ImErgebnisebensoHildebrandt,DB2011,1999,2001;Hennrichs,Ubg2011,
705,710.224Vgl.BGHv.7.6.2006–VIIIZR209/05,NJW2006,2839.
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zahlen vergleichbar ausgestatteter neuwertiger Fahrzeuge (z.B. Leasing-Rückläufer)undinsbesondereinderAutomobilindustrieselbst225dürfteeineEinzelbewertungnicht„ohneWeiteres“leichtmöglichsein,weileineIden-tifizierungdereinzelnenPkwimBestandletztlichnurüberdieFahrgestell-nummeretc.möglichist.
NochandersliegendieDingebeisolchenVermögensgegenständen,dieihrerArtnachfüreinenDrittenüberhauptnichtunterscheidbarsind,abergleich-wohlausGründeneinereffizientenLagerhaltung(„Justintime“)odermitRücksichtaufhaftungsrechtlicheRisiken(Produkthaftung,Arzneimittelhaf-tungetc.)durchNummernetc.individuellgekennzeichnetwerden,umihrenWegdurchdenBetrieb zu dokumentieren.Eine solche IndividualisierungmitdenMittelnmodernerdigitalgesteuerterLagerungstechnikistabernochkeinGrund,diehandelsrechtlicheZulässigkeiteinervereinfachtenBewer-tunginfragezustellen.DenneinesolcheIndividualisierbarkeitmachtzwareineEinzelbewertungüberhauptersttechnischmöglich,istabernicht„kos-tenlos“undlöst,wenndieVermögensgegenständeeinzelnbewertetwerdensollen,regelmäßigzusätzlicheKostenaus,weilüberdieMarkierungderein-zelnenStückehinauseinegesonderteZuordnungderErwerbsaufwendungeninderBuchführungerfolgenmuss,d.h.derZugangundAbgangdereinzel-nenStückeauchwertmäßigzuerfassenist.IndiesemFallsindalsodievomBFHaufgestelltenKriterien(2)und(3)nichterfüllt,weildieAnschaffungs-kostenweder„ohneWeiteres“identifiziertwerdennochohnegroßeSchwie-rigkeitendeneinzelnenStückenimBestandzugeordnetwerdenkönnen.Fer-nerdürfteeswohlallgemeinerAnsichtentsprechen,dassdiekonkreteArtundWeisederLagerhaltungnichtüberdieZulässigkeiteinervereinfachtenBewertungentscheidenkann.226Wäreesanders,würdengesetzlichvorgese-heneVereinfachungsverfahren„modern“organisiertenBetriebenverwehrt,wasfalscheAnreizeinHinsichtaufdenEinsatz„moderner“LagertechnikensetzenundauchdieVergleichbarkeitvonJahresabschlüssenbeeinträchtigenwürde.FernerweistHennrichszuRechtdaraufhin,dassmanfürdieFest-stellungdesvomBFHgeforderten„Vereinfachungseffekts“aufdiegesetz-lich vorgeschriebenen Buchhaltungssysteme abstellen müsse. Das Gesetz(vgl.§§238,239HGB)schreibtaberkeinecomputergestützteBuchhaltungvor,227sodassderfreiwilligeEinsatzmodernerLagerhaltungssystemenichtdazuführenkann,dassdieAnwendungder§§240Abs.4,256HGBversagt
225DazuWeber/Standke,BB1993,393ff.;Krumbholz,StuB2001,74,76.226ZutreffendHennrichs,Ubg2011,705,710;ADS,§256Rz.17.227Hennrichs,Ubg2011,705,710.
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wird.AusdengleichenErwägungenistaucheine„dynamische“Auslegungder§§240,256HGBindemSinne,dasswegenderheutigenMöglichkei-tencomputergestützterLager-undBuchhaltungssystemederAnwendungs-bereichderVereinfachungsverfahrenvonvornhereinimmerkleinerwerde,abzulehnen.Wäre der Gesetzgeber dieserAnsicht, hätte er i.R.d. Bilanz-rechtsmodernisierungsgesetzdie§§240,256HGBentsprechendeinschrän-kenmüssen.228
gg.VereinfachunginderHGB-HandelsbilanztrotzDurchschnittsbewertungimIFRS-Abschluss?
Fraglichistschließlich,obderAnwendungeinerVerbrauchsfolgemethodeinderHGB-HandelsbilanzderUmstandentgegensteht,dassdasUnternehmenimparallelaufgestelltenIFRS-AbschlusseinevereinfachteBewertungnachdemgewogenenDurchschnittvorgenommenhat.DiepraktischeRelevanzdieser–imneuerenSchrifttumsoweitersichtlichnochnichtbehandelten–FrageergibtsichausdenabweichendenBilanzierungsvorgabender IFRS.Abweichendvon§256HGBsindnachIAS2.25(dazuuntenV.1.)lediglichdieFifo-MethodeunddieBewertungmit demgewogenenDurchschnitts-werterlaubt,sodassdieAnwendungderLifo-MethodeinderHGB-Handels-bilanzbeiparallelerAnwendungderDurchschnittsbewertungimIFRS-Ab-schlussaufdenerstenBlickkeine„Vereinfachung“bedeutet,sondernsogarmitzusätzlichemAufwandverbundenist.
AllerdingserweisensichentsprechendeBedenkengegeneineLifo-Bewer-tung in der HGB-Bilanz bei paralleler Durchschnittsbewertung im IFRS-Abschlussalsunbegründet.DenndervomBFHzuRechtgeforderte„Ver-einfachungseffekt“beziehtsichnachderSystematikder§§252,256HGBlediglich auf die Abweichung von einer tatsächlichen Einzelbewertung(§252Abs.1Nr.3HGB),nichtaberaufdieEntscheidungzwischendenverschiedenen vom Gesetz erlaubten vereinfachten Bewertungsverfahren(Durchschnittsbewertung,Fifo-oderLifo-Methode).BeiallendreiVerfahrenbestehtdieentscheidendeVereinfachungdarin,dassdeneinzelnenVermö-gensgegenständennichtihretatsächlichenindividuellenAnschaffungs-undHerstellungskostenbzw.Veräußerungspreisezugeordnetwerden,sondern–bezogenaufeinebestimmteGruppegleichartigerVermögensgegenstände–eine vereinfachteBewertung stattfindet.Aus diesemGrund beziehen sichdievomBFHausdemGoB-VorbehaltabgeleitetenäußerenGrenzeneiner
228EbensoHildebrandt,DB2011,1999,2002.
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vereinfachtenBewertungauchnicht aufdieWahl zwischendenverschie-denenzulässigenVerfahren,sondernalleinaufdieDurchbrechungdesEin-zelbewertungsgrundsatzes.EinVereinfachungseffektwürdesomitlediglichdannfehlen,wennimIFRS-AbschlusseineEinzelbewertungvorgenommenwird. IndiesemFallwäreeineparalleleAnwendungderLifo-Methode inderHGB-BilanzwohlinderTatalsGoB-widriganzusehen,weildieabwei-chendeBewertung inderHGB-BilanznichtdurchVereinfachungszwecke(Wirtschaftlichkeitsgrundsatz)gerechtfertigtwerdenkann,da imRegelfalleineÜbernahmederIFRS-WerteohneWeiteresmöglicherscheint.Außer-halb dieses (Ausnahme-)Falls schließt die Anwendung unterschiedlicherBewertungsvereinfachungsmethoden im IFRS-Abschluss und in derHan-delsbilanz eine Lifo-Bewertung im HGB-Einzelabschluss nicht aus, weilderentscheidendeVereinfachungseffektbereitsinderAbweichungvondertatsächlichenEinzelbewertungundderdamitverbundenenMöglichkeitbe-steht,nichtnachverfolgenundfeststellenzumüssen,welcherVermögensge-genstandkonkretdenBestandverlassenhat.
d. Ergebnis
FürdieweitereUntersuchungistfestzuhalten,dassderGoB-Vorbehaltdes§256S.1HGBdervereinfachtenBewertunglediglichin„Ausnahmefällen“eineäußereSchrankesetzt.IndiesemSinneistauchdieEntscheidungdesBFHvom20.6.2000zuverstehen,inderderVIII.SenatfürdenkonkretenAusgangssachverhalt–„jedenfallsdann“–dieZulässigkeitderLifo-Metho-deverneinthat,weileinevereinfachteBewertungnachdenUmständendesEinzelfallsausnahmsweisenichtgebotenerschien.DiedreivomBFHaufge-stelltenAusschlusskriterien,diezudemstetskumulativerfülltseinmüssen,umschreibensomitlediglichinallgemeinerFormdenAusnahmefall,indemtrotz „gleichartiger“ Vermögensgegenstände eine vereinfachte BewertunggegendieGoBverstößt,weilsieerkennbarnichtmehrvomVereinfachungs-gedankengetragenwird.FürdenRegelfalllässtsichden§§240,265S.1HGBaberdiegesetzgeberischeWertungentnehmen,dassbei„gleichartigen“Vermögensgegenständen des Vorratsvermögens eine vereinfachte Bewer-tungstetszulässigist,weileineAbweichungvomEinzelbewertungsgrund-satzdurchVereinfachungsgründe(Wirtschaftlichkeits-undWesentlichkeits-grundsatz)gerechtfertigtist.Füreinsolches„Regel-Ausnahme-Verhältnis“sprichtinsbesonderederVereinfachungszweckder§§240Abs.4,256S.1
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HGB.229Eswäreoffensichtlichwidersinnig,wennmandieAnwendungder§§240Abs.4,256S.1HGB imEinzelfallvomkonkretenNachweisei-nesüberwiegendenVereinfachungseffektsabhängigmachenwürde.Konkretfolgtdaraus,dassBewertungsvereinfachungsverfahrenwiedieLifo-Metho-deauchbei„höherwertigen“Vermögensgegenständengrundsätzlichzuläs-sigsindundauchdurchdietheoretischeMöglichkeiteinerEinzelbewertungaufgrundmodernerLagerhaltungssystemenichtausgeschlossenwerden.Le-diglich in solchenFällen, indenen–wie imUrteilssachverhaltdesBFH-Urteilsvom20.6.2000–einVereinfachungszweckkaumnocherkennbarist,schließtderGoB-VorbehalteinevereinfachteBewertungaus.
7. ZulässigkeitderLifo-MethodeimBesonderen
a. MissbrauchsverbotundabweichendetatsächlicheVerbrauchs-reihenfolge
aa.Meinungsstand
BereitsnachEinführungdes§155Abs.1S.2AktG1965istdiskutiertwor-den, ob dieAnwendung eines bestimmtenVerbrauchsfolgeverfahrens vo-raussetzt, dass die unterstellteVerbrauchsfolge auch imWesentlichendentatsächlichenVerhältnissenentspricht.230DieseFragestelltsich imBeson-derenfürdieLifo-Methode,derenVerbrauchsfolgefiktion–andersalsdieFifo-Methode–vielfachnichtdemtatsächlichenBetriebsablaufentsprechendürfte231unddieinderPraxisvorallemalsInstrumentzurSubstanzerhal-tunggewähltwird.DieheuteherrschendeMeinunggewährtdemKaufmanngrundsätzlicheinWahlrechtundhältdieLifo-Methodeerstdannnichtmehrfürzulässig,wenndieunterstellteVerbrauchsfolgenachden tatsächlichenVerhältnissen praktisch unmöglich ist.232Als Beispielewerden leicht ver-
229Zum Vereinfachungsgedanken als Leitlinie bei der Konkretisierung desWesentlichkeitsgrundsatzesvgl.nurADS,§252Rz.128.
230SoetwaDöllerer,BB1966,629,631:Lifomüsse„imGroßenundGanzen“dentatsächlichenVerhältnissen entsprechen; ähnlichFülling,Grundsätze, 180 ff.m.w.N.
231Vgl.auchSiegel,DB1991,1941,1943.232ADS,§256Rz.18;Mayer-Wegelin,inHdR§256Rz.20;Kleindiek,inStaub,
§256Rz.6;Hennrichs, inMünchKommAktG,§256HGBRz.12 f.;ders.,Ubg2011,705,708f.;Schulze-Osterloh, inBaumbach/Hueck,§42Rz.299;MünchKommHGB-Ballwieser,§256Rz.1,16.
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derblicheWarenoderSaisonbetriebegenannt.233EineMindermeinunggehtsogarnochdarüberhinausundgewährtdenUnternehmen–vorallemunterHinweisaufdenmit§6Abs.1Nr.2aEStGverfolgtenZweckderVerhinde-rungeinerScheingewinnbesteuerung–einuneingeschränktesWahlrecht.234
bb.Stellungnahme
DadasGesetz selbstdieWahlzwischeneinerBewertungmitdemgewo-genenDurchschnittundeinerbestimmtenVerbrauchsfolge(FifooderLifo)nicht davon abhängig macht, ob diese dem tatsächlichen Geschehensab-laufentspricht,kannsicheineentsprechendeEinschränkungalleinausdemGoB-Vorbehaltdes§256S.1HGBergeben.235BeiseinerAuslegungistinteleologischerHinsichtzuberücksichtigen,dassdiein§256HGBzugelas-senenVerbrauchsfolgeverfahren–wieobenbereitsdargelegt236–ausschließ-lichderBewertungsvereinfachungdienen,sodass–auchinHinsichtaufdieAnwendungderLifo-Methode–dasZielderVerhinderungeinerScheinge-winnbesteuerungoderderSubstanzerhaltunghandelsrechtlichunbeachtlichist.AusdiesemGrundkannderMindermeinungnichtgefolgtwerden,diedieLifo-MethodeganzohneRücksichtaufdietatsächlichenVerhältnissefürzulässighält.
DamitbleibtdieFrageübrig,obderin§256HGBzumAusdruckkommen-de„Wertungskompromiss“zwischenEinzelbewertungundWirtschaftlich-keitsüberlegungenüber denGoB-Vorbehalt das gesetzlicheWahlrecht da-hingehendeinschränkt,dassnurnochdasjenigeVerfahrengewähltwerdendarf, das der tatsächlichenVerwendungsreihenfolge am nächsten kommt.GegeneinesolcheAuslegungsprichtinteleologischerHinsicht,dasssiedermitderFiktiondes§256HGBbezwecktenVereinfachungundWirtschaft-lichkeitzuwiderlaufenwürde,weildannimmerzunächstdiekonkretentat-sächlichen Verhältnisse ermittelt werden müssten, damit man beurteilenkann,obdasgewählteVerfahrenabweichtodernicht.Fernerdürfteeskaummöglichsein,den(noch)erlaubten„GradanAbweichung“hinreichendkon-
233StattvielerHennrichs,inMünchKommAktG,§256HGBRz.12.234SoHerzig/Gasper,DB1991,557,559.235Diesistunstreitig,vgl.nurADS,§256Rz.14ff.236Vgl.dazuobenIII.4.c.cc.
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kretausdemGoB-Vorbehaltabzuleiten.237Selbstwenndiesgelänge,würdenentsprechendeFeststellungenimEinzelfallunterdemVereinfachungsgedan-kenwidersinnigerscheinen.Darüberhinausistzuberücksichtigen,dasseineAbweichungvomtatsächlichenVerlauf„inderNatur“dervomGesetzge-ber ausdrücklich zugelassenenVerbrauchsfolgenfiktion liegt.238 Ferner hatderGesetzgeber von einer Einschränkung desWahlrechts abgesehen, ob-wohl die Fifo-Methode in der größeren Zahl der Fälle dem tatsächlichenGeschehensablaufnäherkommendürftealsdieLifo-Methode.239AusallendiesenGründenwirdmanschließenmüssen,dassdasWahlrechtnach§256S.1HGBimRegelfallunabhängigdavonbesteht,obdiegewählteBewer-tungsmethodedertatsächlichenVerwendungsreihenfolgeentspricht.GegendieMaßgeblichkeitdertatsächlichenVerhältnissesprichtabschließendnocheine folgende Erwägung: Der Bilanzierende kann den betrieblichen Ge-schehensablaufinvielenFällenleichtändern.MandenkenuranmodernecomputergestützteHochregallager,beidenendieArtderLagerungunddieAuswahlderzuerstabgehendenStückemehroderwenigerbeliebigvorge-gebenwerdenkönnen.WürdemanausschließlichdentatsächlichenAblauffürmaßgeblichhalten,könntederBilanzierendedurcheineentsprechendetechnischeAnpassungimmernochdas–z.B.aussteuerrechtlichenGründengewünschte–Bewertungsverfahrenwählen.
HängtdieZulässigkeiteinerBewertungsmethodesomitnichtdavonab,obsiedemtatsächlichenGeschehensablaufentspricht,bleibtabschließendzuüberlegen,obmannichtzumindestverlangenmuss,dassdiegewählteVer-brauchsfolgenachdentatsächlichenVerhältnissenzumindestmöglichwäre.Diese von der h.M. befürworteteEinschränkung240 lässt sich in teleologi-scherHinsichtdamitrechtfertigen,dassderVereinfachungsgedankeledig-licheinWahlrechtzwischenmehrerennachdentatsächlichenVerhältnissen„denkbaren“Verbrauchsfolgenrechtfertigt,nichtaberdieUnterstellungei-nerVerbrauchsfolge,diemitdembetrieblichenGeschehensablaufvölligun-vereinbarist.Auchhierergibtsichsomit–wieobenzumBFH-Urteilvom20.6.2000ausgeführt–ein„Regel-Ausnahme-Verhältnis“.ImRegelfallkannderBilanzierendeausVereinfachungsgründenzwischenderBewertungmit
237DieszeigtletztlichauchderVorschlagvonDöllerer,BB1965,1405,1412,dasgewählteVerfahrenmüssedertatsächlichenVerbrauchsfolge„imGroßenundGanzen“entsprechen.
238ZutreffendKleindiek,inStaub,§256Rz.6.239DazunurSiegel,DB1991,1941,1944.240StattvielerHennrichs,Ubg2011,705,708f.
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demgewogenenDurchschnittundderLifo-bzw.Fifo-Methodewählen,weilihmauf dieseWeise eineEinzelbewertung ebenso erspart bleibtwie eineFeststellung der tatsächlichenVerbrauchsfolge. DerVereinfachungszweckistabernichtmehrerfüllt,wenneineVerbrauchsfolgeunterstelltwird,dienachdentatsächlichenVerhältnissenoffensichtlichausgeschlossenist.
In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass dieseEinschränkungdesWahlrechtsmitBlickaufdentechnischenFortschrittinder Praxis eine immer geringereBedeutung haben dürfte.Angesichts derFortschrittebeiderKühltechnikgibtesinvielenBereichenpraktischkeine„leicht verderblichenWaren“mehr,weil selbst Lebensmittel bei geeigne-terAufbewahrungüberlangeZeitohneQualitätseinbußeneingelagertwer-denkönnen.DieseEinsichtkönntemöglicherweiseaucherklären,weshalbdieFinanzverwaltungdieAnwendungderLifo-MethodeauchbeiderBe-wertungvonTiefkühlfisch zugelassenhat.241ÄhnlicheFragen stellen sichbeicomputergesteuertenLagerverfahren,wojederzeiteinebestimmteVer-brauchsfolgevorgegebenwerdenkann,sodasskeineVerbrauchsfolgefiktionmitden tatsächlichenVerhältnissen„unvereinbar“ ist.WiediesesBeispielzeigt, dürftenWahlrechtseinschränkungeneine aufbestimmteSachverhal-te (z.B. Saisonbetriebe ohne die Möglichkeit der Zwischenlagerung) be-schränkteAusnahmedarstellen.
b. BeschränkungaufVorrätemitinflationsbedingtenPreissteigerungen
MoxteristderAnsicht,dassdurchdenGoB-VorbehaltdieAnwendungderLifo-MethodeaufsolcheVermögensgegenständebeschränktwird,beidenenmitinflationsbedingtenPreissteigerungenzurechnenist.242DieseEinschrän-kung erscheint nicht nurwegender tatsächlichenSchwierigkeitenbei derAbgrenzungvoninflationsbedingtenundnichtinflationsbedingtenPreisstei-gerungenproblematisch.SiefindetvorallemimWortlautdesGesetzeskeineStütze.DarüberhinausvermageinesolcheEinschränkungauchinteleologi-scherHinsichtnichtzuüberzeugen,denneswärenurdannbegründet,wennman–mitMoxter –inderSubstanzerhaltungbeisteigendenPreiseneinenwesentlichenRegelungszweckderNormsehenwürde.Diesistaberausden
241OFDHannoverv.16.2.2000–S2174–74–StH221,DB2000,597,dazuauchuntenIV.7.q.
242Moxter,DB2001,157,159.
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obendargelegtenGründen243nichtderFall,sodasseineUnterscheidungzwi-schen inflationsbedingtenPreissteigerungenund anderenPreisschwankun-genkeinenSinnergibt.
c. MethodenwechselundStetigkeitsgebot
NachallgemeinerAnsichtistderGoB-Vorbehaltschließlichheranzuziehen,wennesumeinenMethodenwechsel(z.B.vonderEinzelbewertungzurLifo-Methodeundzurück)geht.244DerGoB-VorbehaltnimmtinsoweitBezugaufdasStetigkeitsgebot,undzwarinGestaltdesGrundsatzesderBewertungs-stetigkeitnach§252Abs.1Nr.6HGB.MitdiesemGrundsatzsindreinbi-lanzpolitischmotivierteMethodenwechselnichtzuvereinbaren,sodasseinÜbergangvoneinerMethodezuranderenlediglichdannzulässigist,wennein „begründeterAusnahmefall“ nach § 252Abs. 2HGBvorliegt.245DasStetigkeitsgebot gilt aber nicht nur für dieWahl zwischenDurchschnitts-bewertungundLifo-Methode, sonderngleichermaßenfürdienähereAus-gestaltungdesLifo-Verfahrens(Permanentes-Lifo,Perioden-Lifo,LifomitLayer-Bildung).WerdenLayergebildet,unterliegtauchdieWahldesZeit-raums(jährlich,monatlich)demStetigkeitsgebot.
IV. AnwendungderLifo-MethodeimSteuerbilanzrecht1. EinzelbewertungundBewertungsvereinfachunginder
Steuerbilanz
AlleBewertungsvereinfachungsverfahren stehen ineinemgewissenSpan-nungsverhältniszumEinzelbewertungsgrundsatz.AuchdieFragedersteuer-rechtlichenZulässigkeiteinervereinfachtenBewertunglässtsichdahernurunterBerücksichtigungdesGebotsderEinzelbewertungbeantworten.DenndieserfürdasHandelsrechtin§252Abs.1Nr.3HGBnormierteGrundsatzwirdalsGoBüberdieMaßgeblichkeitnach§5Abs.1S.1EStGauchfürdasSteuerrechtrelevant.246DarüberhinausisterimEinleitungssatzdes§6Abs.1EStGspezialgesetzlichgeregelt.NachdemBewertungsvorbehaltdes§4Abs.1S.9i.V.m.§5Abs.6EStG,dereinenVorrangsteuerlicherSpe-
243SieheobenIII.4.c.cc.244DazueingehendHennrichs,Wahlrechte,393ff.;ADS,§256Rz.20.245StattvielerHennrichs,a.a.O.246Vgl.Meinert,Bewertungseinheiten,150ff.
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zialvorschriften vor den handelsrechtlichen GoB zumAusdruck bringt,247gehtletztereNormderhandelsrechtlichenRegelungvor.UngeachtetdiesesRangverhältnisseswirddasGebotderEinzelbewertunginRechtsprechung248undLiteratur249jedochregelmäßigparallelausderhandelsrechtlichenRege-lungdes§252Abs.1Nr.3HGBunddersteuerlichenVorbehaltsnormdes§ 6Abs. 1EStG hergeleitet,weshalb grundsätzlich von einerKongruenzderbeidenVorschriftenausgegangenwerdenkann.250Bestätigungfindetdie-seAuslegungdarin,dassderBFHauchdensteuerrechtlichenEinzelbewer-tungsgrundsatzdendurchhandelsrechtlicheAusnahmeregelungenangeord-netenEinschränkungenunterwirft.251
FürdiesteuerlicheZulässigkeitderLifo-MethodeistdasVerhältnisderbei-den Einzelbewertungsvorschriften zueinander und derenAuslegung heuteallerdingsnurnochvonnachrangigerBedeutung,dennihreZulässigkeitistseitEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStGpositivrechtlichfestgeschrieben.FrüherentsprachesjedochallgemeinerAuffassung,dasseineLifo-Bewer-tung in der Steuerbilanz nicht zulässig sei, obwohl für dieHandelsbilanz–spätestensmitEinführungdes§155Abs.1S.3AktG1965–keineBe-denkengegeneineLifo-Bewertungbestanden.Begründetwurdediesediffe-renzierendeBetrachtungmitdemHinweisaufdensteuerlichenBewertungs-vorbehalt.252DerLifo-BewertungstündensteuerlicheSonderbestimmungenentgegen,nachdenendietatsächlichvorhandenenWirtschaftsgütermitih-renAnschaffungs-bzw.Herstellungskostenanzusetzenseien.DennsowohlbeiLifoalsauchbeiFifowerdedasWirtschaftsgutnichtmitseinentatsäch-lichenAnschaffungs-oderHerstellungskosten,sondernmitdeneneinesan-
247Meinert,Bewertungseinheiten,171m.w.N.248Vgl. BFH v. 16.7.1968 – GrS 7/67, BStBl. II 1969, 108, 111; v. 1.10.1975
– I R 207/73, BStBl. II 1976, 202, 202; v. 22.11.1988 – VII R 62/85,BStBl.II1989,359,362;v.12.10.1995–IR179/94,BStBl.II1996,402,403;v.27.3.1996–IR3/95,BStBl.II1996,470,471,undv.15.10.1997–IR16/97,BStBl.II1998,249,250.
249Crezelius,inKirchhof,§6Rz.9f.;Hoffmann,inLittmann/Bitz/Pust,§6Rz.66;Knobbe-Keuk,§5III2a),156;K/S/M-Werndl,§6Rz.A148ff.DiesgaltbereitsvorEinführungdes§252HGB,vgl.Blümich,5.Aufl.1943,§6Anm.9.
250Vgl.Meinert,Bewertungseinheiten,172.251Vgl.BFHv.22.11.1988–VIIIR62/85,BStBl.II1989,359m.w.N.252Gesetzesbegründung zum Einkommensteueränderungsgesetz vom 16.5.1969,
BT-Drucks.V/3187,4;weitereNachweiseinIFSt-SchriftNr.218(1982),44.
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derenWirtschaftsgutsbewertet.253DiesmusswohlalsHinweisaufden in§6Abs.1EStGverankertenEinzelbewertungsgrundsatzverstandenwerden,dernebendereinzelnenBewertungeines jedenWirtschaftsgutsauchdes-senBewertungmit seinen tatsächlichen individuellenAnschaffungs- bzw.Herstellungskostengebietet.254AllerdingserscheintdieseBegründungkei-neswegszwingend,wennmanberücksichtigt,dassandereBewertungsver-einfachungsverfahren, wie die Fest- und die Durchschnittsbewertung, beivergleichbarerSachlageseitjeherauchsteuerlichfürzulässigerachtetwur-den.
Dasnachden§§240Abs.3,256S.2HGB(fürAnlagevermögen)zulässigeFestwertverfahrenunddieGruppenbewertungzumgewogenenDurchschnittnachden§§240Abs.4,256S.2HGBstellenebensowiedasLifo-VerfahrenAusnahmenvomGrundsatzderEinzelbewertungdar.255Steuerrechtlichfehltes jeweils anentsprechendenRegelungen.Dennoch ist seitdenAnfängendesEStG1934–unddamitauchbereitsvordererstmaligenhandelsrecht-lichenNormierung–anerkannt,dassbeideVerfahrenauchinderSteuerbi-lanzzulässigsind.256MangelseinersteuerrechtlichenNormierungkommendabeialsRechtsgrundlagefürdiesteuerbilanzielleAnwendungderbeidenVerfahrenalleindiehandelsrechtlichenVorschrifteninBetracht,257dieüberdenMaßgeblichkeitsgrundsatzdes§5Abs.1S.1EStG–sofernessichumGoBhandelt–auchfürdasSteuerrechtverbindlichwerden.258DieRechtsla-geentsprichtmithinderSituation,wiesiesichvorEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStGauchfürdieLifo-Bewertungdarstellte.Auchdiesteuerbilan-zielleAnwendungvonFest-undDurchschnittswertenhättedahereigentlich
253Rau,BB1966,439;Vogel,DB1966,909,911.254Vgl.dazubereitsobenIII.1.a.255BFHv.22.11.1988–VIIR62/85,BStBl. II 1989,359,362;Funk,FSvon
Wysocki, 1985, 73, 75;K/S/M-Mathiak, § 5Rz.A 315;K/S/M-Werndl, § 6Rz.A163undA167.
256Blümich,5.Aufl.1943,§6Anm.9und11;Funk,FSvonWysocki,1985,73,76m.w.N.ZurGruppenbildungmitDurchschnittsbewertungvgl.K/S/M-Mathiak,§5Rz.A325m.w.N.,sowieH/H/R-H. Richter,§6Rz.136;zumFestwertver-fahrenvgl.K/S/M-Werndl,§6Rz.A167m.w.N.,sowieH/H/R-H. Richter,§6Rz.146.
257IFSt-SchriftNr.218(1982),66.258K/S/M-Mathiak,§5Rz.A315m.w.N.undA325;K/S/M-Werndl,§6Rz.A168
m.w.N.;H/H/R-H. Richter,§6Rz.116und146.
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ebenfalls unterHinweis auf denBewertungsvorbehalt der §§ 5Abs. 6, 6Abs.1S.1EStGbezweifeltwerdenkönnen.
Für dieDifferenzierung zwischenFest- undGruppenbewertung einerseitsund den Verbrauchsfolgeverfahren andererseits findet sich in Rechtspre-chungundSchrifttumkeineüberzeugendeErklärung.H. Richterbekundet:„Wegen der Maßgeblichkeit der HBil. für die stl. Gewinnermittlung […] ist für Stpfl., die ihren Gewinn nach §§ 4, 5 Abs. 1 ermitteln, mangels eines Be-wertungsvorbehalts nach § 5 Abs. 6 EStG die Gruppenbewertung gem. § 240 Abs. 4 iVm. § 256 Satz 2 HGB auch stl. erlaubt.“WarumaberdiebeiderGruppen-undDurchschnittsbewertunggleichfallsauftretendeKollisionmitdemEinzelbewertungsgrundsatznichtzueinerVerletzungder§§5Abs.6,6EStGführensoll,lässteroffen.Mathiak259führtimZusammenhangmitderFest-undderGruppenbewertungaus:„Nicht hier zu behandeln sind die Verbrauchsfolgeregelungen für das Vorratsvermögen (last in – first out […]), die Sonderregelungen zur Einzelerfassung und -bewertung mit Unterstellun-gen sind“.DieseUnterscheidungvermagabernicht zuüberzeugen.DennbeigenauerBetrachtungerkenntman,dasssichentsprechendeFeststellun-genauchüberdieFest-unddieDurchschnittsbewertungtreffenlassen.HierliegtdieUnterstellungzugrunde,dasssichderWertgarnichtverändertbzw.alleWirtschaftsgütereinerGruppedenselbenWerthaben.260Darüberhinausverfolgen sowohlFestwert- undDurchschnittsmethode als auchdasLifo-VerfahrendieselbeZielrichtung,indemsieeineSchätzungderWertverhält-nisseermöglichen,umsodemGrundsatzderWirtschaftlichkeitRechnungzu tragen.Damit solldervomBFH261anerkanntenÜberlegungRechnunggetragenwerden,dassvoneinemKaufmannbeiderRechnungslegungkeinimVerhältniszurBedeutungdesErgebnissesunangemessenerArbeitsauf-wandverlangtwerdendarf.262
DassdieFestwert-undDurchschnittsbewertungsteuerlichzulässigseinsol-len,dieLifo-Methodehingegen–vorihrerNormierungimEStG–nicht,er-scheintvordiesemHintergrundbefremdlich.DieDifferenzierunglässtsichallenfallsdadurcherklären,dassmanentwederschlichtwegversuchte,han-
259K/S/M-Mathiak,§5Rz.A315.260Ähnlich auch K/S/M-Werndl, § 6 Rz.A 162, der jedoch nur in der Durch-
schnittsbewertung,nichthingegeninderBewertungzuFestwerteneineUnter-stellungmitSchätzungscharaktersieht.
261BFH v. 25.3.1954 – IVD 1/53 S,BStBl. III 1954, 195, und v. 23.9.1966 –VI117/65,BStBl.III1967,23.
262Vgl.Funk,FSvonWysocki,1985,73,85.
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delsrechtlicheGestaltungsspielräumeeinzuschränken,oderdassmandavonausging,dieErgebnissedererstenbeidenMethodenwürdenzuWertansät-zenführen,dienäherandemWertliegen,dersichbeiEinzelbewertungerge-benwürde.I.d.SistwohlauchderEinwandvonVogelzuverstehen,derdieDurchschnittsmethodeinAbweichungzurLifo-Methodefürzulässigerach-tet,weilsieeinfacherseiundzurichtigerenErgebnissenführe.263
Indes soll auchdieDurchschnittsbewertung imsteuerlichenBereichnichtuneingeschränktanwendbar sein.ZwarstimmendieVoraussetzungen,un-terdeneneineFest-oderDurchschnittsbewertunginderSteuerbilanzzuläs-sigist,weitestgehendmitdenhandelsrechtlichenVorgabenüberein,264undauchdieFinanzverwaltungerkenntdieFest-265unddieGruppenbewertungmitdemgewogenenDurchschnittswertan.DiessollfürdieDurchschnitts-bewertung jedochnur insoweit gelten, als sienicht gegendieGrundsätzeordnungsmäßigerBuchführungverstößt.266EinenderartigenGoB-Vorbehaltenthieltauch§40Abs.4HGBa.F.,derbiszurEinführungdes§240Abs.4HGBdurchdasBiRiLiG267Geltunghatte.Liestmanmitderh.M.268auchin§240Abs.4HGBeinensolchenVorbehalthinein–wasnichtunumstrittenist269–,sosolldieGruppen-Durchschnittsbewertungnurzulässigsein,wenneinMissverhältniszwischenAufwandunderzielterGenauigkeitvermiedenwird oder das Ergebnis einer Einzelbewertung durch Gruppenbewertungmindestensannähernderreichtwird.270Eineähnliche–wennauchnichtaufeinenGoB-Vorbehaltgestützte–EinschränkunghatauchderBFHinseinemUrteilvom15.2.2001271formuliert,woerausführt:
263Vogel,DB1966,909,911.264SoauchK/S/M-Mathiak,§5Rz.A317undA325ff.ZudenVoraussetzungen
vgl.bereitsIII.5.265R5.4Abs.3EStR2011.266R6.8Abs.4EStR2011.267Bilanzrichtliniengesetzvom19.12.1985,BGBl.I1985,2355,BStBl.I1985,704.268DazunurADS,§240Rz.122.269Vgl.H/H/R-H. Richter,§6Rz.120,dereinenVorrangdes§240Abs.4HGB
vor§243Abs.1HGBerwägt.270H/H/R-H. Richter,§6Rz.120unterHinweisaufBernert,inLeffson/Rückle/
Grossfeld, Handwörterbuch unbestimmter Rechtsbegriffe imBilanzrecht desHGB,1986,221.
271BFHv.15.2.2001–IVR19/99,BStBl.II2001,549.
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„Zwar ist diese Zusammenfassung einzelner Wirtschaftsgüter des An-lagevermögens unter Ansatz des gewogenen Durchschnittswerts eine zulässige Bewertungsmethode, die auch dem buchführenden Land- und Forstwirt gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 i.V.m. § 240 Abs. 4 HGB offen steht, wenn es sich um annähernd gleichwertige Vermögensgegen-stände handelt. Sie durchbricht indessen den Grundsatz der Einzelbe-wertung, dem aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung im Steu-er- und Handelsrecht (vgl. § 6 Abs. 1 EStG und §§ 240 Abs. 1, 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) stets Vorrang gegenüber der nur als Vereinfachungs-regelung konzipierten Gruppenbewertung zukommt. Dem entspricht es, dass die Inanspruchnahme dieser Vereinfachungsmaßnahme besonderer Rechtfertigung bedarf, sodass etwa bei Vorhandensein einer geringen Anzahl gleichartiger Vermögensgegenstände kein Bedarf für eine Ver-einfachung des Nachweises, der Inventur und der Bewertung erkennbar ist (s. Knop in Küting/Weber, a.a.O., § 240 HGB RdNr. 65).“
AllerdingsvermagauchdieseErwägungdesBFHnichtdievorEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStGherrschendeAblehnungderLifo-BewertunginderSteuerbilanzzuerklären,daauchLifozuWertansätzenführenkann,diedemWertnachEinzelbewertungnahekommenbzw.sogarnäherkommenalseineDurchschnittsbewertung.Mitderpositiv-rechtlichenRegelung in§6Abs.1Nr.2aEStGhatsichdieseFragejedochseit1990erledigt.
2. SteuerlicheVoraussetzungendesLifo-Verfahrens
a. §6Abs.1Nr.2aEStG
DiesteuerlicheRegelungdesLifo-Verfahrensin§6Abs.1Nr.2aS.1EStGlautet:
„Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 ermitteln, können für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unter-stellen, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschafts-güter zuerst verbraucht oder veräußert worden sind, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ent-spricht.“
Abgesehendavon,dassdiehandelrechtlicheRegelungdes§256S.1HGBnebenderLifo-MethodeauchdieFifo-Methodezulässt, indemsieformu-liert„kann […] unterstellt werden, daß die zuerst oder daß die zuletzt ange-schafften oder hergestellten“,entsprechensichdiebeidenNormenimWe-
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sentlichenwörtlich.Vor diesemHintergrund überrascht es nicht, dass diehandels-undsteuerrechtlichenAnwendungsvoraussetzungenweitestgehendübereinstimmendausgelegtwerden.
Darüberhinausbestimmt§6Abs.1Nr.2aEStGindenSätzen2und3:
„Der Vorratsbestand am Schluss des Wirtschaftsjahres, das der erstma-ligen Anwendung der Bewertung nach Satz 1 vorangeht, gilt mit sei-nem Bilanzansatz als erster Zugang des neuen Wirtschaftsjahres. Von der Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge nach Satz 1 kann in den folgen-den Wirtschaftsjahren nur mit Zustimmung des Finanzamts abgewichen werden.“
b. PersönlicherAnwendungsbereich
Der persönlicheAnwendungsbereich der Option zur Lifo-Bewertung be-schränktsichdemWortlautderNormnachaufsolcheSteuerpflichtige,dieihrenGewinnnach§5EStGermitteln.ErfasstsinddamitGewerbetreiben-de,dieaufgrundgesetzlicherVorschriften–§§238ff.HGB,141AO–ver-pflichtetsind,BücherzuführenundregelmäßigAbschlüssezumachen,oderdiefreiwilligBücherführenundregelmäßigAbschlüssemachen.Obdarü-berhinausauchbuchführendeSteuerpflichtige,dieihrenGewinnnach§4Abs.1EStGermitteln,zurAnwendungderLifo-Methodeberechtigtsind,istumstritten.TeilweisewirddieswegendesVerweisesin§141AOaufdiehandelsrechtlichenVorschriftenzurkaufmännischenBuchführungfürbuch-führendeLandwirtebejaht.272DemstehtjedochderklareGesetzeswortlautdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStGentgegen,der aufdieGewinnermittlungnach§5EStGundnichtaufdiehandelsrechtlichenBuchführungspflichtenabstellt;§5EStGgiltabernurfürGewerbetreibende.273UnstreitigkeineAn-wendungfindetdieOptionzurLifo-BewertungfernerfürSteuerpflichtige,dieihrenGewinndurchEinnahmen-/Überschussrechnungnach§4Abs.3EStGermitteln,dadiesewederdieGoBbeachtennochhiereinAnsatzodereineBewertungvonVorratsvermögen inBetracht kommt.274Darüber hin-ausist§6Abs.1Nr.2aS.1EStGwederbeiVollschätzfällennochi.R.d.GewinnermittlungnachDurchschnittssätzeneinschlägig.275
272L/B/P-Hoffmann,§6Rz.131.273SoauchK/S/M-Werndl,§6Rz.C28;weitereNachweisebeiH/H/R-H. Rich-
ter,§6Rz.1123.274H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123;L/B/P-Hoffmann,§6Rz.131.275K/S/M-Werndl,§6Rz.C28.
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c. WirtschaftsgüterdesVorratsvermögens
EntsprechendderhandelsrechtlichenRegelungistderAnwendungsbereichderLifo-Methodeauchi.R.d.SteuerbilanzaufWirtschaftsgüterdesVorrats-vermögensbeschränkt;dersteuerlicheBegriffdesWirtschaftsgutsstehtdemhandelsrechtlichenBegriffdesVermögensgegenstandsdabeigleich.276DieAusführungenzudenhandelsrechtlichenVoraussetzungen277gelteninsoweitentsprechend.
Ergänzend istdaraufhinzuweisen,dassdieFinanzverwaltungbei fertigenundunfertigenErzeugnissenauchdiesog.Lifo-Komponentenbewertungzu-lässt.BeidervoralleminderEdelmetallindustrieangewendetenKomponen-tenbewertungwerdenErzeugnisseohne einzelne ihrerBestandteile– z.B.den inAkkusenthaltenenBleigehalt278–bewertet.DiebeiderBewertungausgelassenenBestandteilewerdenvielmehrmitdennochnichtverarbeite-tenBeständenderselbenGattungzusammengefasstundanschließendbewer-tet.HintergrunddieserHandhabungist,dassdasMaterialalssolchesmeistohnenennenswerteVerlustewiederzurückgewonnenwerdenkann.279NachalterRechtslagewar dieKomponentenbewertung gem. § 74aEStDVa.F.i.V.m.§51Abs.1Nr.2Buchst.zEStG1985bereitsfürEdelmetallgehalteausdrücklicherlaubt.Diesog.Formkosten,d.h.diesonstigenHerstellungs-kostenwiez.B.FertigungslöhneundAbschreibungen,warenhingegenvonderLifo-Bewertungausgenommen.280
R6.9Abs.2S.4EStR2011ermöglichtdieKomponentenbewertungnun-mehrallgemeinbeiderBewertungderMaterialbestandteileunfertigeroderfertigerErzeugnisse,wennderMaterialbestandteil dieserWirtschaftsgüterinderBuchführunggetrennt erfasstwirdunddiesdenhandelsrechtlichenGoBentspricht.ObdarausderSchlusszuziehenist,dassdieLifo-Kompo-nentenbewertungüberdasMaterialhinausauchaufweitereKostenbestand-teilevonVorratserzeugnissen, insbesondere aufFertigungslöhne, anwend-bar ist, istumstritten.Teilweisewirddiesbejaht,weiles indiesemPunktkeinenUnterschiedzwischeneinemKostenbestandteil„Metall“undeinemKostenbestandteil „Fertigungslohnstunde“ gebe. Ohne eine solche Mög-
276Niemann,IFSt-SchriftNr.401(2002),38.277Vgl.dazuIII.5.a.278ADS,§256Rz.26.279ADS,§256Rz.26.280Herzig/Gasper,DB1991,557,565.
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lichkeit sei eine Lifo-Bewertung bei langfristigerAuftragsfertigung nichtsinnvolldurchführbar;281hierwürdenzunächstnurPlanungskostenvorlie-genundkörperlicheBestandteileimLaufederHerstellungerstspäterhin-zutreten.282 DieAnsicht, dass Lohnbestandteile von der Komponentenbe-wertung ausgeschlossen seien,283 beruhe auf einemMissverständnis, dennR6.9Abs.2S.4EStGsprechenichtvon„Materialbeständen“,sondernvon„Materialbestandteilen“.284
LetztereInterpretationdesWortlautsvonR6.9Abs.2S.4EStGistdenkbar,aberkeinesfallszwingend.DennmitdemBegriffder„Materialbestandteile“können–z.B.inAbgrenzungzudenFertigungslöhnen–gleichfallsdieals„Material“zuqualifizierendenBestandteileunfertigeroderfertigerErzeug-nissegemeintsein.ZudemfehltesderreinnorminterpretierendenVerwal-tungsrichtlinieohnehinaneinemverbindlichenCharakter.285Entscheidendist vielmehr dieVereinbarkeitmit dengesetzlichenRegelungen.Mit demGebotderEinzelbewertungdürfteeineseparateBewertungsämtlicherKos-tenbestandteile nach demLifo-Verfahren jedoch nur schwerlich vereinbarsein,weilsiezueinerAtomisierungdes–eigentlich inseinerGesamtheitzubewertenden–Wirtschaftsgutsführt.286Zudemfehltes,bezogenaufdieLohnkosten,auchanderMöglichkeit,dieseKomponentewiederzurückge-winnenzukönnen,wasinsoweitauchdiewirtschaftlicheLegitimationderKomponentenbewertungentfallenlässt.
d. Gleichartigkeit
WeitereVoraussetzungderLifo-BewertungistdieGleichartigkeitderzube-wertendenWirtschaftsgüter.DieGleichartigkeitistdasentscheidendeMerk-mal zurBegrenzung desGruppenumfangs.Als solches steht es imSpan-nungsverhältniszwischendemBedürfnisnachPraktikabilität,dasnacheinergroßzügigenAuslegungverlangt,undderGefahr,dassbeizugroßzügigerGruppenbildungAnschaffungskosten eines Wirtschaftsguts auf einAliud
281Treptow,inHerzig,Vorratsbewertung,1990,20,26.282Mayer-Wegelin,inBordewin/Brandt,§6Rz.382.Vgl.auchBäuerle,BB1990,
1732,1732.283Richter,inH/H/R,§6Rz.1123a.284Mayer-Wegelin,inBordewin/Brandt,§6Rz.382.285Vgl.dazuauchBrezing,StbJb.1990/91,51,52.286Herzig/Gasper,DB1991,557,565;Kronenwett,FR1991,286,289.
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übertragenwerden.287GleichzeitigistmitderExistenzdesTatbestandsmerk-malsklargestellt,dassdieLifo-MethodenichtaufdasgesamteVorratsver-mögenangewandtwerdenmuss,288sonderndasWahlrecht–sofernderSteu-erpflichtigeeineGruppenbildungvorgenommenhat–fürjede„gleichartige“GruppezurgesondertenDispositionsteht.289
DasGesetzenthältkeinenäherenRegelungendazu,wasgenauunter„Gleich-artigkeit“zuverstehenist.DerFinanzausschusshatsichlediglichdahinge-hendgeäußert,dassbeiderGruppenbildunginderPraxis„nichtkleinlich“verfahrenwerdensolle.290DemfolgtimGrundsatzauchdieFinanzverwal-tung:NachR6.9Abs.3S.2EStR2011sindzurBeurteilungderGleichar-tigkeitdiekaufmännischenGepflogenheiten,insbesonderediemarktüblicheEinteilung in Produktklassen unter Beachtung der Unternehmensstruktur,unddieallgemeineVerkehrsanschauungheranzuziehen.DerBFHhingegenhatzumMerkmalderGleichartigkeitbislangnichtStellunggenommen.ImUrteilvom20.6.2000291hat–undkonnte–ersicheinerStellungnahmeent-halten,weilerinderkonkretenFallgestaltungbereitseinenVerstoßgegendenGoB-Vorbehaltdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStGerkannte.AngesichtsderVerwendungderselbenBegrifflichkeitenwiein§240Abs.4und§256HGBkann sich die steuerrechtliche Interpretation jedoch an der handelsrechtli-chenAuslegungorientieren.292DanachbestehtEinigkeitdahingehend,dassGleichartigkeitangenommenwerdenkann,wennWirtschaftsgüteridentischsind,siedergleichenWarengattungangehörenoderfunktionsgleichsind.293
AbweichendvonderimHandelsrechtgeführtenDiskussion294wirddasEr-forderniseinerPreisgleichheitfürdasSteuerrechtallgemeinnegiert.295An-dererseitsüberzeugtesaberauchnicht,wenndemBestehenvonPreisun-
287Vgl.auchMayer-Wegelin,inBordewin/Brandt,§6Rz.387.288R6.9Abs.2S.3EStR2011.289K/S/M-Werndl,§6Rz.C34.290BT-Drucks.11/2536,47.291BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.292Vgl.dazuIII.5.b.293Ammelung,BB1988,2357,2357;K/S/M-Werndl,§6Rz.C36m.w.N.undC
39;Schulz/Fischer,WPg1989,525,525.294Vgl.zumMeinungsstandbereitsIII.5.b.295Hörtig/Uhlich,DB1994,1045,1045;H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123bm.w.N.
SoauchK/S/M-Werndl,§6Rz.C37,allerdingsunterHinweisaufdasZielderVermeidungeinerScheingewinnbesteuerung.
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terschiedennach teilweisevertretenerAnsichtüberhauptkeineBedeutungzukommen soll.296 Schließlich kann nicht ignoriertwerden, dass auch derPreis nach derVerkehrsanschauung einenEinfluss auf denCharakter vonWirtschaftgüternhatunddamiteinmöglichesKriteriumderGleichartigkeitbildet.DementsprechendmessensowohldieFinanzverwaltung297 alsauchdieüberwiegendenStimmeninderLiteratur298bestehendenPreisunterschie-den eine Indizwirkung für Qualitätsunterschiede zu. Bestätigt wird dieseSichtdurchdieGesetzgebungsmaterialen,woesimerstenBerichtdesFi-nanzausschusses299zumStReformG1990heißt:
„Die Wirtschaftsgüter müssen nicht gleichwertig sein, obwohl der Preis als Anzeichen für unterschiedliche Qualitätsmerkmale Einfluß auf die Gruppen-bildung nehmen kann.“
ImErgebnisentsprichtdiesteuerlicheInterpretationdamitderjenigen,die–angesichtsderpraktischenProblemebeiderBestimmungderPreisgleichheit–vorstehendauchbereitsfürdasHandelsrechtalszutreffenderachtetwur-de.300NachderhiervertretenenAnsichtistdasMerkmalderGleichartigkeitfolglichinSteuer-undHandelsrechtübereinstimmendauszulegen.
e. EinschränkungendurchGoB-Vorbehalt
DieLifo-BewertungunterliegtauchsteuerrechtlicheinemGoB-Vorbehalt.Dieserin§6Abs.1Nr.2aS.1EStGniedergelegteVorbehaltstimmtnahezuwörtlichmitdemdes§256HGBüberein–diesteuerrechtlicheNormstelltlediglichergänzendklar,dassdieLifo-Bewertungden„handelsrechtlichen“GoBentsprechenmuss,wasjedochselbstverständlicherscheint.
VordiesemHintergrunderscheintesmehralsnaheliegend,denGoB-Vorbe-halt imHandels-undSteuerrechtübereinstimmendauszulegen301unddem
296SoaberHerzig/Gasper,DB1991,557,565unterHinweisaufdieZielsetzungder Vermeidung einer Scheingewinnbesteuerung; ihnen folgend Ehmcke, inBlümich,§6Rz.75.
297R6.9Abs.3S.4EStR2011.298Vgl.nurH/H/R-H. Richter,§6Rz.1123bm.w.N.299BT-Drucks.11/2536,47.300Vgl.III.5.b).301SoauchH/H/R-H. Richter,§6Rz.1123c;Mayer-Wegelin,inBordewin/Brandt,
§6Rz.394.
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Vorbehaltdes§6Abs.1Nr.2aEStGkeinerestriktivereWirkungbeizumes-sen als der handelsrechtlichenRegelung.Dafür spricht nicht nur die ver-gleichbareAusgestaltungvon§256HGBund§6Abs.1Nr.2aEStG,son-dernauchderUmstand,dassdieaufdenGoBfußendenRegelungen–wiebeispielsweisederEinzelbewertungsgrundsatz–ohnehin alshandels-undsteuerrechtlichinhaltsgleichanzusehensind.302Hinzukommt,dassderVor-behaltdes§6Abs.1Nr.2EStGexplizitaufdie„handelsrechtlichenGoB“und nicht auf vergleichbare steuerrechtliche Parallelvorschriften verweist.EinemdivergierendenVerständnisderbeidenVorbehaltestehtdamitbereitsderausdrücklicheWortlautderNormentgegen.
ZweifelaneinerparallelenAuslegungkönntensichallenfallsmitBlickaufdasUrteildesBFHvom19.7.2011303zurRückstellungsbildungbeiNach-betreuungsverpflichtungen ergeben.Dort hatte derBFHentschieden, dassesbereitsaneiner rechtlichenGrundlagefürdieAnnahmederFinanzver-waltungfehle,dieBildungeinerRückstellungseinurbeiwesentlichenVer-pflichtungenzulässig.WürdemanhierineineAbsageandiesteuerbilanziel-leAnwendbarkeitdesWesentlichkeitsgrundsatzessehen,sokönntesichdiesaucheinschränkendaufdiesteuerlicheAnwendbarkeitder–ebenfallsaufdemWesentlichkeitsgrundsatzbasierenden304–Lifo-Methodeauswirken.
EinederartigeKonsequenzwirdman jedochverneinenmüssen.DerBFHhatseineEntscheidungdamitbegründet,dasssichwederden(handelsrecht-lichen)GrundsätzenordnungsmäßigerBuchführungnochdenRegelungendesEStGeineEinschränkungderPflichtzurBildungvonRückstellungenaufwesentlicheVerpflichtungenentnehmenlasse.DassderBFHeineein-schränkende Wirkung des Wesentlichkeitsgrundsatzes im konkreten FallnichtnuraufGrundlagederRegelungendesEStG,sondernauchaufGrund-lagederGoBverneinte,machtbereitsdeutlich,dasserkeinesteuerrechts-spezifischeAussagezumWesentlichkeitsgrundsatztreffenwollte.Dieshät-teauchüberrascht,daerdieseninfrüherenEntscheidungen305ausdrücklich
302Vgl.dazubereitsunterIV.1.303BFHv.19.7.2011–XR26/10,BFH/NV2011,2147.304Vgl.dazubereitsIII.1.c.cc.305BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636zurLifo-Methode,und
v.18.3.2010–XR20/09,BFH/NV2010,1796zumAnsatzvonRechnungsab-grenzungsposteninFällengeringerBedeutung.
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auch für das Steuerrecht anerkannt hat.306 Zudemhat derBFH in einer –ebenfallsdieRückstellungsbildungbeiNachbetreuungsverpflichtungenbe-treffenden – Parallelentscheidung307 gänzlich aufAusführungen zumWe-sentlichkeitsgrundsatzverzichtetund lediglichfestgestellt,dassessich imStreitfallumeinenwesentlichenAufwandhandele.
VordiesemHintergrundwirddieEntscheidungvom19.7.2011308teilweisesogardahingehendverstanden,dassderBFHmitseinerAbsageanein„We-sentlichkeitserfordernis“ alsVoraussetzung für denAnsatz einerVerbind-lichkeitsrückstellunggarkeineAussageüberdenallgemeinenRechnungs-legungsgrundsatzderWesentlichkeittreffenwollte.309Tiedchen310hingegenverstehtdieAussagedesBFHdahingehend,dassderWesentlichkeitsgrund-satzzwarfürdieBewertung,nichtaberfürdenAnsatzvonBilanzpositionenanzuwendensei.AberauchdieswärefürdieBestimmungdessteuerbilan-ziellenAnwendungsbereichs der Lifo-Methode unerheblich, da das Lifo-VerfahrennurdieBewertung,nichtaberdenAnsatzvonWirtschaftsgüternundVermögensgegenständenbetrifft.311DarüberhinausließensichauseinerEinschränkungdesWesentlichkeitsgrundsatzesohnehinkeineRückschlüsseaufdenAnwendungsbereichderLifo-Methode(inderSteuerbilanz)ziehen,dennmitdergesetzlichenNormierungderaufdemWesentlichkeitsgrund-satzfußendenLifo-BewertunghatderGesetzgeber–zumindestindiesemkonkretenFall–zugleichauchdenWesentlichkeitsgrundsatzfüranwendbarerklärt.DasLifo-Verfahrenistmithinauchsteuerbilanziellnurdannunan-wendbar,wenn derVereinfachungseffekt „offensichtlich“ fehlt312 oder diedurchLifounterstellteVerbrauchsfolgenachdentatsächlichenVerhältnissendeskonkretenFallsgänzlichunmöglichist.313
306ZumWesentlichkeitsgrundsatzimSteuerrechtvgl.auchTiedchen,FR2012,22,24;Wendt,FSHerzig.
307BFHv.19.7.2011–XR48/08,BFH/NV2011,2032.308BFHv.19.7.2011–XR26/10,BFH/NV2011,2147.309SoPrinz,FR2012,36,37.310Tiedchen,FR2012,22,24f.311Vgl.dazubereitsIII.1.a.312Vgl.III.6.d.313Vgl.III.7.a.
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3. Lifo-MethodealssteuerlichesInstrumentzurVerhinderungeiner„Scheingewinnbesteuerung“?
a. Meinungsstand
Der sachlicheAnwendungsbereich der Lifo-Methode in der SteuerbilanzlässtsichnichtohneeineAbgrenzungdesRegelungszwecksvon§6Abs.1Nr. 2a S. 1 EStG bestimmen.Konkret stellt sich dabei die Frage, ob dieNormüberihreBewertungsvereinfachungsfunktionhinaus–alsgleichwerti-genoderzumindestsekundärenZweck–auchdieVermeidungeinerSchein-gewinnbesteuerung314verfolgtundsodieSubstanzerhaltunggewährleistensoll.BeisteigendenPreisenkanneineScheingewinnbesteuerungdazufüh-ren, dass dieWiederbeschaffungverbrauchterVorräte nicht aus derenEr-lösenzufinanzierenist.315ImBereichdesVorratsvermögensentsprichtderScheingewinndemBetrag,derüberdieinderGewinn-undVerlustrechnungangesetztenAufwendungenhinauserforderlichist,umdieWiederbeschaf-fung der verbrauchtenVorräte zu ermöglichen.316Die Lifo-Methodemin-dertsolcheScheingewinne,indemsieunterstellt,dassdiezuletztteueran-geschafften/hergestelltenWirtschaftsgüterzuerstveräußertoderverbrauchtwurden.317RelevanzhatdievorliegendeProblematik jedochnur insoweit,alsdieAnwendungderLifo-Methodenichtohnehinbereitszulässigist,weilsiedenhandelsrechtlichenGoBentspricht.EsgehtalsoumdieFrage,obdieLifo-MethodetrotzVerstoßesgegendenGoB-Vorbehaltanwendbarist,wenndiesderVermeidungvonScheingewinnendient.
VorallemHerzig/Gasper318sindunterHinweisaufdieGesetzesbegründungzudemSchlussgekommen,derGesetzgeberhabemitderallgemeinensteu-erlichen Anerkennung der Lifo-Methode insbesondere das Ziel verfolgt,demAusweisundderBesteuerungvonScheingewinnenentgegenzuwirken.ZwarseidieseZielsetzungerstimZusammenhangmitderEinführungdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStGerkennbarverfolgtworden.DieswirkejedochauchaufdiebisdatoausschließlichinderBewertungsvereinfachunggese-henehandelsrechtlicheZielsetzungderLifo-Methodezurück.Aufgrundder
314ZurscheingewinnreduzierendenWirkungderLifo-Methodevgl.Gasper,Lifo-Bewertung,270ff.
315H/H/R-H. Richter,§6Rz.1122d.316Gasper,Lifo-Bewertung,256mitAusführungenzurBerechnungdesScheinge-
winns.Vgl.hierzuauchSiegel,DB1991,1941,1941.317H/H/R-H. Richter,§6Rz.1122d.318Herzig/Gasper,DB1991,557,558ff.
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(umgekehrten)MaßgeblichkeitkönnedieVermeidungderScheingewinnbe-steuerunginderSteuerbilanznämlichnurerreichtwerden,wennbereitsinderHandelsbilanz dieEntstehung vonScheingewinnen vermiedenwerde.DiesmacheeineWeiterentwicklungderhandelsrechtlichenGoBerforder-lich.Dass derGesetzgeber nur die Lifo-Methode, nicht aber die anderenVerbrauchsfolgeverfahren des § 256HGB steuerlich anerkannt habe,ma-chegleichfallsdeutlich,dassderHauptzweckderGesetzesänderunginderVermeidungeinerScheingewinnbesteuerungliege.BeidergleichfallsinderGesetzesbegründungerwähntenAngleichungdesSteuerrechtsandasHan-delsrecht319könneessichhingegennurumeinenNebenzweckhandeln.320
EinederartigeRückwirkungdersteuerlichenGesetzesänderungaufdiehan-delsrechtlichenGoBistbereitsobenmiteingehenderBegründungabgelehntworden.321DerGesetzgeberkannmiteinerÄnderungdesEStGgrundsätzlichkeinenEinflussaufdasVerständnisderhandelsrechtlichenGoBnehmen;322diesgiltumsomehr,alsdiehierfraglicheRegelungselbstuntereinemGoB-Vorbehaltsteht.DiedamitverbundeneProblematikistjedochentschärft,seitderGesetzgeberdurchdasBilMoGdieumgekehrteMaßgeblichkeitabge-schaffthat.323DennnachheutigerRechtslagewäreesnunmehrdenkbar,ei-nenmöglichenSubstanzerhaltungszweckisoliertinderSteuerbilanzzuver-wirklichen.Allerdingswürdediesvoraussetzen,dassdieSubstanzerhaltungalseinRegelungszweckdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStGanzuerkennenist.
DemhatderBFHjedochimUrteilvom20.6.2000324eineklareAbsageer-teilt.DieVermeidungeinerScheingewinnbesteuerungbildetnachseinerAn-sichtkeineeigenständigeZielsetzungdersteuerlichenLifo-Bewertung.Sieergebesichwederaussystematisch-teleologischenErwägungen,nochfindesieinderEntstehungsgeschichtederNormeinenAnhalt.§6Abs.1Nr.2a
319Vgl.dazuBT-Drucks.11/2157,140.320Herzig/Gasper,DB1992,1301,1301.321Vgl.III.4.c.cc.SoauchBFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.KritischauchSiegel,DB1991,1941,1942,jedochmitdemArgument,dassdasgesetzgeberischeMotivdersteuerlichenZulassungvonLifodieFörderungderInvestitionsbereitschaftderWirtschaftgewesensei,diekeinenEinflussaufdasHandelsrechthabe.
322Vgl. Meinert, Bewertungseinheiten, 221. So auch Hennrichs, Wahlrechte,395ff.,Mayer-Wegelin,inKüting/Weber,§256Rz.18m.w.N.
323Vgl.bereitsII.8.324BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.
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S.1EStGgeheauf§155Abs.1S.3AktG1965zurück,dernachganzherr-schenderMeinungausschließlichdasZielverfolgthabe,dieBewertungdesVorratsvermögenszuvereinfachen.Obgleichaucherunterstelle,dassnichtnurVereinfachungserwägungendenGesetzgeberbewogenhätten,dieVer-brauchsfolgenbewertungzuzulassen,könnederVermeidungeinerScheinge-winnbesteuerungkeineigenerRegelungszweckbeigemessenwerden.Dennbei älterenGesetzenkönneder subjektivenVorstellungder amGesetzge-bungsverfahren Beteiligten nur insoweit Bedeutung beigemessenwerden,„alssieimGesetzselbsteinenhinreichendbestimmtenAusdruckgefundenhabenundhierdurchdieRichtigkeitdesdurchdenGesetzeswortlautsowiedenSinnzusammenhangermitteltenobjektiviertenWillensdesGesetzgebersbestätigtwird“.Diesschließenichtnuraus,denerkennbarenGesetzeszweckeinerNormdurchweitgehendspekulativeErwägungenüberdieMotivederAbgeordnetenzuerweitern;ausgeschlossenseiferner„anhandderinhaltlichnichtbestimmtenunddamitnuranhanddesGesetzeszweckskonkretisier-barenÄußerungdesRechtsausschusses,mitdemErfordernis,dassdasVer-fahrendenGrundsätzenordnungsmäßigerBuchführungentsprechenmüsse,seien Missbräuche ausgeschlossen (BT-Drucks IV/3296, S. 31), das Tat-bestandsmerkmalderGoB-Konformität imSinneeineräußerenunddamitweit zu fassendenGeltungsgrenzedesLifo-Verfahrenszudeuten,diedenNormanwendernurinAusnahmefällendazuzwinge,denGesichtspunktderBewertungsvereinfachunggegendieDurchbrechungderoberenGrundsät-zeordnungsmäßigerBuchführung(Einzelbewertung;periodengerechteAuf-wandsabgrenzung,vgl.obenAbschn.II.2.a.)abzuwägen“.
DieEntscheidungdesBFHistinderLiteraturüberwiegendkritischbeurteiltworden.Moxter325merktan,dass–andersalsderBFHessuggeriere–dieWortlautevon§256S.1HGBund§6Abs.1Nr.2aS.1EStGnichtiden-tischseien,dennderGesetzgeberhabeausderhandelsrechtlichenRegelungzwardieLifo-,nichtaberdieFifo-MethodefürdasSteuerrechtübernom-men.Hätte derGesetzgeber aber lediglich eineBewertungsvereinfachungerlaubenwollen,sohättedieÜbernahmebeiderVerfahrennahegelegen.DiesindiziereeineneigenständigenRegelungszweckinFormderVermeidungei-nerScheingewinnbesteuerung,dadieAusschaltungvonScheingewinneneinSpezifikumderLifo-MethodegegenüberanderenVerbrauchsfolgefiktionenbilde.Mayer-Wegelin326 istderAuffassung,dassderBFHzudemdenGe-samtzusammenhangderLifo-EinführungdurchdasStReformG1990ver-
325Moxter,DB2001,157,158.326Mayer-Wegelin,DB2001,554,554.
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kenne.Zielseiesnämlichgewesen,dieimSubventionsberichtaufgeführtePreissteigerungsrücklageunddenImportwarenabschlagdurcheinebessereundwenigerangreifbareRegelungzuersetzen. Insoferngebeeseinen in-nerenZusammenhangzwischenderAbschaffungder–derMinderungderScheingewinnbesteuerung dienenden – Preissteigerungsrücklage und derEinführungderLifo-Methode.327
NochweitergehenKessler/Suchan328,dieimZielderSubstanzerhaltungdieRechtfertigung einer generellen – dannwohl auch handelsrechtlich gülti-gen–AbweichungvomEinzelbewertungsgrundsatzsehen.Sogeltees,dieSubstanzdesUnternehmenszuerhalten,umdieErreichungdeswirtschaftli-chenUnternehmenszwecks,nämlichdieEinkommenserzielung,zusichern.GewinnelägennachdiesemVerständniserstnachErhaltungdesAusgangs-reinvermögensvor.Dementsprechendgeltees,geldentwertungsinduzierteScheingewinnezuvermeiden.SelbstwennmaninderLifo-MethodeeinenVerstoßgegendasGebotderEinzelbewertungsehe,bestündedanachregel-mäßigeineRechtfertigungfürdieEinschränkungobererGoB.
b. Stellungnahme
DenStimmeninderLiteratur,dieinderVermeidungeinerScheingewinn-besteuerungeineneigenenRegelungszwecksehen,istzuzugeben,dassdieGesetzgebungsmaterialien keineswegs so frei vonAnhaltspunkten hierfürsind,wiederBFHglaubenmachenwill.Dennbereits inderBegründungdesGesetzentwurfsdesStReformG1990329heißteszu§6Abs.1Nr.2aS.1EStG330:
„Das Problem der Scheingewinnbesteuerung ist durch die Preissteige-rungsrücklage für den Fall lang anhaltender Preissteigerungen nicht ge-löst worden, da die Rücklage spätestens nach 6 Jahren gewinnerhöhend aufgelöst werden muß. Für bestimmte Edelmetalle und Kupfer wurde die Lifo-Methode daher auch für das Steuerrecht bereits in § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe z EStG i.V.m. § 74a EStDV zugelassen. Die mit der Ge-setzesänderung vorgesehene allgemeine Einführung der Lifo-Methode
327ÄhnlichauchMayer-Wegelin,inKüting/Weber,§256Rz.18.328Kessler/Suchan,DStR2003,345,346f.329Steuerreformgesetz1990v.25.7.1988,BGBl.I1988,1093.330BT-Drucks.11/2157,140.
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im Steuerrecht soll dem Problem der Scheingewinnbesteuerung auch bei anderen Wirtschaftszweigen abhelfen.“
ÄhnlichäußertsichauchderFinanzausschussinseinemerstenBerichtzumStReformG,331woerzurallgemeinenEinführungderLifo-Methodeausführt:
„Die Besteuerung eines preissteigerungsbedingten Scheingewinns wird dadurch vermieden, so daß auf die Preissteigerungsrücklage verzichtet werden kann.“
DerBFHignoriertdieseAusführungenimRahmenseinerMotivanalyseundbeschäftigtsichausschließlichmitdengesetzgeberischenErwägungenzurEinführungdes§155Abs.1S.3AktG inBT-Drucks. IV/3296,31.Diesüberrascht angesichts derTatsache, dassGegenstand seiner EntscheidungprimärdieAuslegungdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStGistunderdessenGe-setzesbegründunganandererStelledanndochnochheranzieht,umdarzu-legen,dassesdemGesetzgeberletztlichumeineAngleichungandasHan-delsrechtgegangensei.
UngeachtetdieserBegründungsschwächen istdemUrteildesBFHimEr-gebniszuzustimmen.Niemann332weistindiesemKontextzutreffenddaraufhin,dassdieRechtsfolgedesLifo-VerfahrensnichtdeshalbzudessenZweckwird,weilsie„denanderGesetzgebungBeteiligtenbekanntgewesenunddamitvonihnenakzeptiertseinmuss“.TatsächlichgiltvielmehrauchinBe-zugauf§6Abs.1Nr.2aS.1EStGdervomVIII.SenatdesBFHfür§155Abs.1S.3AktGherangezogeneGrundsatz,dassdieinderGesetzesbegrün-dung gemachtenErwägungen nur dann für denRechtsanwender verbind-lichsind,wennsieimGesetzestextverankertwurden;andernfallswirkensienichtüberdenRangeineshistorischenIndizeshinaus.333ImGesamtkontextderRegelungentfaltetdasvorliegendeIndizjedochausmehrerenGründenkeinsogroßesGewicht,dassesdieSubstanzerhaltungzueinemeigenstän-digenRegelungszweckerhebenkönnte.
DerAnnahme eines eigenen Regelungszwecks der steuerlichen Lifo-Me-thodestehtbereitsentgegen,dassderWortlautderhandels-undder steu-errechtlichenVorschrift,bezogenaufdasLifo-Verfahren, imWesentlichenidentischist.AlsderGesetzgeberdieNormdes§6Abs.1Nr.2aS.1EStG
331BT-Drucks.11/2536,47.332Niemann,IFSt-SchriftNr.401(2002),62.333Vgl.Meinert,Bewertungseinheiten,221.
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geschaffenhat,warihmjedochbekannt,dassdieSubstanzerhaltungfürdiehandelsrechtlicheRegelungalseigenständigeZielsetzungweitestgehendab-gelehnt334wurde.HätteersichfürdieSteuerbilanzdavonabgrenzenwollen,sohätteesnahegelegen,diesimWortlautderNormzumAusdruckzubrin-gen.Dies ist jedochnichtgeschehen.DarüberhinaushatderGesetzgeberdieAnwendbarkeitderLifo-MethodeauchsteuerrechtlichunterdenVorbe-haltgestellt,dasssiedenhandelsrechtlichenGoBentspricht.EinsingulärersteuerrechtlicherRegelungszweck,derüberdiehandelsrechtlicheZulässig-keithinausgeht,würdehingegenamGoB-Vorbehaltscheitern.HättederGe-setzgeberalsodieVermeidungderScheingewinnbesteuerungindenRege-lungszweckdersteuerrechtlichenRegelungaufnehmenwollen,sohätteerentwederdenGoB-VorbehaltinsoweitaufweichenoderaberdieSubstanz-erhaltungauchalshandelsrechtlichenRegelungszweckverankernmüssen.Diesistjedochersichtlichnichtgeschehen,da§254S.1HGBvonderÄn-derungunberührtgebliebenist.
ZueinemanderenErgebniswürdemanallenfallsgelangen,wennmanmitKessler/Suchan335imZielderSubstanzerhaltungbereitseinegerechtfertig-teEinschränkungdesEinzelbewertungsgrundsatzessieht,diedannfürdasHandels-unddasSteuerrechtparallelgeltenwürde.DasseinederartigeFol-gehandelsrechtlichnicht anzunehmen ist,wurde aberbereitsdargelegt.336Hinzu kommt, dass es dann –wäre dieseHypothese zutreffend – für dieAnwendungvonLifogarkeinerhandels-odersteuerrechtlichenRegelungbedurft hätte.Ganz imGegenteil hätten§256S. 1HGBund§6Abs. 1Nr.2aS.1EStGsogarvielmehreineeinschränkendeWirkung,dasieLifonurfürgleichartigeVermögensgegenstände/WirtschaftsgüterdesVorratsver-mögens,nichtaberfürdassonstigeUmlauf-oderAnlagevermögenzulassen,beidemgleichfallsdasRisikoeinerScheingewinnbesteuerungbesteht.
Nicht verkanntwird an dieser Stelle, dass derGesetzgeber zeitgleichmitEinführungderallgemeinenLifo-MethodediefrüherePreissteigerungsrück-lagenach§74EStDVa.F.abgeschaffthat,welchebisdatoderVermeidungeinerScheingewinnbesteuerungdiente.Diesezeitlicheund–nachderGe-setzesbegründung337 – auch innere Verknüpfung macht deutlich, dass diePreissteigerungsrücklagedurchdieLifo-Methodeersetztwerdensollteund
334Vgl.bereitsIII.4.c.cc.NachweisebeiHennrichs,Wahlrechte,394f.335Kessler/Suchan,DStR2003,345,346f.336Vgl.III.4.c.cc.337BT-Drucks.11/2157,140.
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durchderenEinführungüberflüssiggewordenist.DieskannalsweiteresIn-dizfürdieEinordnungderSubstanzerhaltungalseigenständigeZielsetzungdes§6Abs.1Nr.2aEStGgewertetwerden.Allerdingsfolgthierausnichtzwingend,dassallebislangvonderPreissteigerungsrücklageabgedecktenFälleauchvonderLifo-Methodeabgedecktwerdenmüssen,denndieLifo-MethodeistimVerhältniszurPreissteigerungsrücklagekeinMehr,sonderneinAliud.338HättederGesetzgeberdenAnwendungsbereichderPreisstei-gerungsrücklageerhaltenunddurchdieNeuregelungausdehnenwollen,sohätteerdiesdurcheineErweiterungderbisherigenRegelung–z.B.durchdieErhöhungdesrücklagefähigenBetragsoderdieVerlängerungderAuflö-sungsfristen–getan.
Letzteresistjedochnichtgeschehen.DerGesetzgeberhatsichvielmehrfürdieEinführungeinergänzlichanderenMethodeentschieden.NatürlichhatteerhierbeiauchdasProblemderScheingewinnbesteuerungimBlickundihmdürftebewusstgewesensein,dassauchmitderLifo-Bewertungeineschein-gewinnreduzierendeWirkungverbundenist.DassdieseWirkungüberdenrechnerischenReflexhinausaberauchzumRegelungszweckdes§6Abs.1Nr.2aEStGerhobenwerdenunddamitderAnwendungsbereichderNormauchaufsolcheFälleerweitertwerdensollte,indenendieLifo-BewertunggegendieGoBverstößt–dennnurumdieseFällegehtesindervorliegendenDiskussion–,lässtsichnachdenvorstehendenAusführungenjedochnichtfeststellen.DieVermeidungeinerScheingewinnbesteuerungistdaherkeinderBewertungsvereinfachungvergleichbaresRegelungszieldes§6Abs.1Nr. 2aS. 1EStGgeworden.339Eine extensiveAuslegungderNormunterHinweisaufdenZweckderSubstanzerhaltungistfolglichausgeschlossen.
4. LifoalssteuerlichesWahlrecht
MitderVerwendungderBegriffe„kann“in§256S.1HGBbzw.„können“in§6Abs.1Nr.2aS.1EStGhatderGesetzgeberdieLifo-Bewertungso-wohlhandels-alsauchsteuerrechtlichalsWahlrechtausgestaltet.340Fraglichistjedoch,obdasWahlrechteinheitlichausgeübtwerdenmussoderobauch
338ZudenalternativensteuerlichenInstrumentenzurVerhinderungeinerSchein-gewinnbesteuerungvgl.Mayer-Wegelin,DB1982,2052.
339SoimErgebnisauchHennrichs,Ubg2011,705,707;Siegel,DB1991,1941,1943;Wacker,BB2000,2355.
340Vgl.auchH/H/R-H. Richter,§6Rz.1123f.
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einedivergierendeWahlrechtsausübunginHandels-undSteuerbilanzzuläs-sigist.
BislangstandeinereinheitlichenWahlrechtsausübungdieumgekehrteMaß-geblichkeitnach§5Abs.1S.2EStGa.F.entgegen,nachdersteuerlicheWahlrechtenurinEinklangmitderhandelsrechtlichenJahresbilanzausge-übtwerdenkonnten.341DiesedurchdasWoBauFG342 ab1990 eingeführteRegelungistjedochdurchdasBilMoG343fürallenachdem31.12.2009be-ginnendenGeschäftsjahreaufgehobenworden,sodassdieseEinschränkungderWahlrechtsausübungentfallenist.
Dessen ungeachtet könnte der Grundsatz der formellen Maßgeblichkeitauchweiterhin eine einheitlicheWahlrechtsausübunggebieten.Unter die-sem–zumindestvorBilMoGvonderherrschendenMeinung344anerkannten–GrundsatzverstehtmandieAbhängigkeitderSteuerbilanzvonderkon-kretenHandelsbilanz.345DerSteuerpflichtige istdemnachnichtnurandieabstraktenhandelsrechtlichenVorgabengebunden,sondernmussdarüberhi-nausauchdenkonkretenzulässigerweisegebildetenhandelsrechtlichenAn-satz in die steuerlicheGewinnermittlungübernehmen,was zurFolge hat,dass inhaltsgleicheWahlrechte in der Handels- und Steuerbilanz einheit-lichauszuübensind.346DerBFHhatdiesenGrundsatzbereitsfrühzeitigausdemWortlautdes§5EStGabgeleitet.347Knobbe-Keuk348hatzudemauf§60Abs.2EStDVhingewiesen,der fürdie steuerlicheGewinnermittlungderUnternehmen,diehandelsrechtlichzurBuchführungverpflichtetsind,kei-neeigenständigeSteuerbilanzfordert.VielmehristderSteuererklärungdie
341Vgl.hierzuKnobbe-Keuk,§2III,28ff.342GesetzzursteuerlichenFörderungdesWohnungsbausundzurErgänzungdes
Steuerreformgesetzes 1990 vom 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408, BStBl. I1989,505.
343Gesetz zurModernisierung des Bilanzrechts vom 25.5.2009, BGBl. I 2009,1102.
344NachweisebeiMeinert,Bewertungseinheiten,167,sowiebeiAnzinger/Schlei-ter,DStR2010,395,396.
345K/S/M-Kempermann,§5Rz.B133.346Knobbe-Keuk,§2II2,22.347BFHv.17.9.1969–I189/65,BStBl.II1970,107m.w.N.;v.25.4.1985–IVR
83/83,BStBl.II1986,350;v.21.10.1993–IVR87/92,BStBl.II1994,176.348Knobbe-Keuk,§2II.2,22m.w.N.KritischhierzuSchildbach,StbJb1990/91,
31,45;Weber-Grellet,DB2009,2402,2402.
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Handelsbilanz beizulegen. Sofern dieseAnsätze oderBeträge enthält, dieden steuerlichenVorschriften nicht entsprechen, sind diese durchZusätzeoderAnmerkungen den steuerlichenVorschriften anzupassen.DemgemäßhättensowohlRFHalsauchBFHdie„Steuerbilanz“inständigerRechtspre-chungstetsals„eine Handelsbilanz mit den durch das Steuerrecht bedingten Korrekturen“verstanden,wasderAnnahmeeinerformellenMaßgeblichkeitentspreche.NachEinführungderumgekehrtenMaßgeblichkeitin§5Abs.1S.2EStGdurchdasWoBauFG349ab1990wurdedieAnnahmederformellenMaßgeblichkeitergänzenddamitbegründet,dassdieumgekehrteMaßgeb-lichkeitlogischdieformelleMaßgeblichkeitvoraussetze.350
BereitsnachalterRechtslagewardieformelleMaßgeblichkeitjedochnichtfreivonKritikundwurdevonmanchenAutorenschondamalsalsüberholtundgegenstandslosbetrachtet.351ZudemgebederWortlautdes§5Abs.1S.1EStGa.F.keineeindeutigegesetzlicheGrundlagefürdieMaßgeblich-keitvonkonkretenhandelsrechtlichenWertansätzen;eswürdennurRech-nungslegungsvorschriftenangesprochen.352SeitderGesetzgeberi.R.d.Bil-MoG§5Abs.1S.2a.F.EStGgestrichenundin§5Abs.1S.1EStGeinenzweitenHalbsatzeingeführthat–„[…] es sei denn, im Rahmen des Aus-übung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt“–,mehrensichdieStimmen,diedieformelleMaßgeblichkeitals–ganzoder teilweise–abgeschafftbetrachten.SogehtdieFinanzverwal-tung–wohlmitBlickauf§5Abs.1S.1HS.2EStG–davonaus,dassreinhandelsrechtlicheWahlrechte,die–wiedieFest-oderGruppenbewertung353–nurüberdieMaßgeblichkeitfürdasSteuerrechtrelevantwerden,weiterhininÜbereinstimmungmit derHandelsbilanz auszuüben seien. Steuerrecht-lich ausdrücklich normierteWahlrechtewie dieLifo-Bewertungnach§ 6Abs.1Nr.2aEStGkönntennunmehrhingegenautonom,d.h.unabhängigvomhandelsrechtlichenAnsatzausgeübtwerden,waseineTeilabschaffung
349GesetzzursteuerlichenFörderungdesWohnungsbausundzurErgänzungdesSteuerreformgesetzes 1990 vom 22.12.1989, BGBl. I 1989, 2408, BStBl. I1989,505.
350Wassermeyer,DStJG14(1991),29,33.351NachweisebeiMeinert,Bewertungseinheiten,167.Vgl.auchAnzinger/Schlei-
ter,DStR2010,395,398konkretzurLifo-Methode.352Schildbach,StbJb1990/91,31,45.353Vgl. dazu BMF-Schreiben v. 12.3.2010 – IV C 6-S 2133/09/10001,
2010/0188935,BStBl.I2010,239Rz.7.
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derformellenMaßgeblichkeitbedeutenwürde.354EineEinzelbewertunginderHandelsbilanzstehedersteuerbilanziellenAnwendungvonLifodahernicht längerentgegen.355AnderegehendarüberhinausundvertretenunterHinweisaufdieAufhebungdes§5Abs.1S.2EStGa.F.dieAnsicht,dassdieformelleMaßgeblichkeitinsgesamt,d.h.auchbezüglichdernurausdenGoBabgeleitetenWahlrechteentfallensei.356
LetztereAnsichtfindetallerdingskeineStützeindemneueingefügten§5Abs. 1 S. 1HS. 2 EStG und basiert damit imWesentlichen auf derKri-tik,diebereitsvorBilMoGgegendieformelleMaßgeblichkeitvorgebrachtwordenist.Zwaristihrzugutezuhalten,dasssichdieformelleMaßgeblich-keit nicht länger unterVerweis auf § 5Abs. 1 S. 2EStG a.F. begründenlässt.Dies ändert jedoch nichts an demUmstand, dass dasGesetz –wiesichaus§60Abs.2EStDVergibt–nachwievorvondemGrundsatzaus-geht, dass die steuerlicheGewinnermittlung auf derGrundlage einer ent-sprechend den steuerrechtlichenVorschriften modifizierten Handelsbilanzerfolgt.Hinzukommt,dassauchbeiteleologischerBetrachtungkeinGrunddafürersichtlich ist,warumdemSteuerpflichtigen–vonsteuerrechtlichenSubventionswahlrechtenabgesehen–eineigenständigersteuerlicherGestal-tungsspielraumeingeräumtwerdensollte.DenndieBesteuerungnachdemLeistungsfähigkeitsprinzip357verlangtnacheinerObjektivierungdersteuer-lichenGewinnermittlung,die sichnurausderOrdnungsfunktionderhan-delsrechtlichenRechnungslegungergebenkann.358
SoferndieFinanzverwaltungundanderevoneinerTeilaufhebungder for-mellenMaßgeblichkeitausgehen,berufensiesichimWesentlichenaufdendurchdasBilMoGeingeführtenzweitenHalbsatzdes§5Abs.1S.1EStG.Die Norm stellt denMaßgeblichkeitsgrundsatz unter denVorbehalt, dassnicht ein steuerlichesWahlrecht zu einemanderenAnsatz führt, ohneda-beizwischendenverschiedenenArtensteuerrechtlicherWahlrechtezudif-
354BMF-Schreibenv.12.3.2010–IVC6-S2133/09/10001,2010/0188935,BStBl.I2010,239Rz.17.SoauchBeckBilKomm-Förschle/Usinger,§243Rz.120;Buciek,inBlümich,§5Rz.202;Prinz,DB2010,2069,2071.
355BMF-Schreibenv.12.3.2010–IVC6-S2133/09/10001,2010/0188935,BStBl.I2010,239Rz.17.
356H/H/R-Stobbe,§5Rz.62;Herzig/Briesemeister,DB2009,926,929f.;Weber-Grellet,DB2009,2402,2402f.
357Meinert,Bewertungseinheiten,214ff.358Hüttemann,DStZ2011,507,513.Vgl.auchArbeitskreisBilanzrechtderHoch-
schullehrerRechtswissenschaft,DB2009,2570,2572.
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ferenzieren.DiesenweitgefasstenWortlautnimmtdiewohlüberwiegendeAnsichtimSchrifttumzumAnlass,dieVorschriftnichtnuraufSubventions-wahlrechte–diebislangvorallemGegenstandderumgekehrtenMaßgeb-lichkeitwaren359–,sondernaufallesteuerlichenWahlrechteanwendenzuwollen.360
EinederartweiteAuslegungdes§5Abs.1S.1HS.2EStGistnichtunpro-blematischundwirddaherauchvoneinemTeilderLiteratur361bestritten.BedenkengegendieseAuslegungergebensichvorallemmitBlickaufdieEntstehungsgeschichtederNorm,derenNeufassunglediglichsicherstellensollte,dasssteuerlicheSubventionswahlrechtetrotzderprinzipiellenMaß-geblichkeit derGoB und trotzWegfalls der umgekehrtenMaßgeblichkeitweiterhin ausgeübtwerden können.362 Zudemwar die Frage der steuerbi-lanziellenWahlrechtsausübungauchimGesetzgebungsverfahrendiskutiertworden.SohattederBundesrat363inseinerStellungnahmezumRegierungs-entwurfdesBilMoGeinekonkretereAusgestaltungdes§5Abs.1EStGan-geregt,weilnachderEntwurfsfassungu.a.offensei,obeineinderHandels-bilanz wegen voraussichtlich dauerhafter Wertminderung vorgenommeneAbschreibungaufdenniedrigerenbeizulegendeWertnach§253Abs.3S.3und4HGB-EauchinderSteuerbilanzvorgenommenwerdenmüsseoderobinsoweiteinsteuerlichesWahlrechtbestehe.InihrerGegenäußerunghierzuvertratdieBundesregierung364dannaberdieAnsicht,dassderGrundsatzderMaßgeblichkeitdurchdiebeabsichtigtenÄnderungennichtberührtundderbisherigeRechtszustandbeibehaltenwerde.
BeideAspektelassendaraufschließen,dassdieErfassungsämtlichersteuer-licherWahlrechtenichtvomgesetzgeberischenWillengetragenistund§5Abs.1S.1HS.2EStGdahereinerteleologischenReduktionbedarf.365Die
359Vgl.Knobbe-Keuk,§2III2.,29ff.;Hennrichs,Ubg2009,533,538.360NachweisebeimArbeitskreisBilanzrechtderHochschullehrerRechtswissen-
schaft,DB2009,2570,2571,sowiebeiHennrichs,Ubg2009,533,535.361Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, DB 2009,
2570,2571f.;Hennrichs,Ubg2009,533,538f.;Hüttemann,DStZ2011,507,509;Schenke/Risse,DB2009,1957,1957f.;Wehrheim/Fross,StuW2010,195,200ff.
362Wehrheim/Fross,StuW2010,195,200f.363BT-Drucks.10067,120.364BT-Drucks.16/10067,124.365Vgl.bereitsHüttemann,DStZ2011,507,509.
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FragederReichweiteder formellenMaßgeblichkeit ist jedoch eineFragevongrundsätzlicherBedeutung,dieimvorliegendenZusammenhangnichtabschließendentschiedenwerdenkann.AndieserStellesei jedochdaraufhingewiesen,dasssichsteuerlicheWahlrechtemitdemZielderErmittlungdes zutreffenden, d.h. eines gleichheitsgerechten, möglichst willkürfreienund periodengerechtenGewinns grundsätzlich nicht vertragen.366Vor die-semHintergrundistnichtersichtlich,warumdemSteuerpflichtigenerlaubtwerden sollte,Wahlrechte, die ihm aufgrund gleichlautender RegelungeninHandels-undSteuerbilanzgleichermaßenzustehen,inunterschiedlicherWeiseauszuüben.FolgedieserPrämisseist,dassauchdieLifo-BewertunginderSteuerbilanz–aufgrundderformellenBindungderkonkretenAnsätzeinderHandelsbilanz–nurdannzulässigist,wennsieauchhandelsbilanziellAnwendungfindet.
Aberauch,wennmandenAnwendungsbereichdes§5Abs.1S.1HS.2EStGmitderherrschendenMeinungweitauslegt,führtdies–andersalsesimBMF-Schreibenvom12.3.2010367zumAusdruckkommt–keineswegsdazu, dass trotz einer handelsrechtlichenEinzelbewertung steuerbilanzielldie Lifo-Methode angewendet werden kann. Dem steht bereits der GoB-Vorbehalt des § 6Abs. 1Nr. 2aEStGentgegen.Denn in dieserKonstel-lationfehlteserkennbaranderVereinfachungsfunktionderLifo-Methode,dieabererforderlichist,umüberhaupteineAbweichungvomEinzelbewer-tungsgrundsatzzurechtfertigen.368ImGegenteilbegründetdieAnwendungderLifo-MethodeindiesemFallsogareinenMehraufwand,dazusätzlichzudenEinzelwertendieLifo-Wertansätzezuermittelnsind.SiewürdebereitsdamitnichtdenhandelsrechtlichenGrundsätzenordnungsmäßigerBuchfüh-rungentsprechen.EinenursteuerbilanzielleLifo-BewertungwäreindieserKonstellationallenfallsdanndenkbar,wennmandieLifo-BewertungtrotzGoB-WidrigkeitimkonkretenFallunterHinweisaufdenZweckderVermei-dungvonScheingewinnenzulassenwürde.Dassdiesabzulehnenist,wurdejedochbereitsausgeführt.369UnschädlichwärederGoB-Vorbehalthingegendann,wenn inderHandelsbilanzzwarnichtdieLifo-Methode,wohlabereinanderesBewertungsvereinfachungsverfahrenangewendetwordenist,dadann–trotzderdivergierendenWahlrechtsausübung–nichtausgeschlossen
366Vgl.hierzuHennrichs,Ubg2009,533,539.367BMF-Schreibenv.12.3.2010–IVC6-S2133/09/10001,2010/0188935,BStBl.
I2010,239Rz.17.368Vgl.dazubereitsIII.6.369Vgl.dazuIII.4c.cc.
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werdenkann,dasssichinsgesamtimmernocheinVereinfachungseffektimVergleichzurEinzelbewertungergibt.
Wie bereits an anderer Stelle370 dargelegt, ist der erforderliche Vereinfa-chungseffektauchdannnochgegeben,wennderSteuerpflichtigenichtinderHandelsbilanz,sondernimIFRS-AbschlusseinanderesBewertungsverein-fachungsverfahren(z.B.eineBewertungmitdemgewogenenDurchschnitts-wert)anwendet.DieAnwendungderLifo-MethodeinderSteuerbilanzistwegendesGoB-Vorbehaltserstdannalsunzulässiganzusehen,wenndiebe-treffendenVermögensgegenstände inderhandelsrechtlichenRechnungsle-gung(HGB-BilanzoderIFRS-Abschluss)tatsächlicheinzelnbewertetwer-den.DennindiesemFallkanndieAnwendungderLifo-Methode(odereinesanderenBewertungsvereinfachungsverfahrens) imVergleich zurÜbernah-mederEinzelwerteindiesteuerlicheGewinnermittlungzukeinemweiterenVereinfachungseffektführen.
5. LifoundNiederstwert
DarüberhinausstelltsichdieFrage,inwieweitimRahmeneinerzulässigenLifo-Bewertung auch dem handelsrechtlichen Niederstwertprinzip Rech-nungzutragenist.ÄhnlichwiedievorstehendbehandelteProblematikderWahlrechtsausübung hängt diese Frage in erster Linie davon ab, obmandasPrinzipderformellenMaßgeblichkeitauchnachdenRechtsänderungendurchdasBilMoGweiterhinanerkennt.
FürdasHandelsrechtnormiert§253Abs.4HGB,dassVermögensgegen-ständedesUmlaufvermögens zwingendaufdenniedrigerenBörsen-oderMarktpreis oder niedrigeren beizulegenden Zeitwert abzuschreiben sind.VondieserRegelungweichtdasSteuerrechtab,indemnach§6Abs.1Nr.2S.2EStGeindauerhaftniedrigererTeilwertangesetztwerden„kann“.Ob-wohldieNormihremWortlautnachalsWahlrechtausgestaltetist,bestandbis2010bereitsaufgrundderumgekehrtenMaßgeblichkeitaucheinsteu-erbilanziellesAbschreibungsgebot.DieseWechselwirkung ist durchStrei-chungderumgekehrtenMaßgeblichkeitentfallen,was–zusammenmitderEinführungdes§5Abs.1S.1HS.2EStG–einenStreitüberdasVerständ-nisderFormulierung„kann“in§6Abs.1Nr.2S.2EStGausgelösthat.
370Vgl.obenIII6.c.gg.
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Diejenigen, die die formelle Maßgeblichkeit insgesamt für abgeschaffthalten,371unddiejenigen,dieunterHinweisauf§5Abs.1S.1HS.2EStGeineTeilabschaffungbeiBestand eines eigenständigen steuerlichenWahl-rechtsvertreten,372wollen auchdieTeilwertabschreibungnach§6Abs.1Nr.2S.2EStGderEntscheidungdesSteuerpflichtigenüberlassen.DieGe-genauffassung,diedieformelleMaßgeblichkeitweiterhinanerkenntund§5Abs. 1S. 1HS. 2EStGnur aufSteuervergünstigungswahlrechte bezieht,geht hingegen davon aus, dass das handelsrechtliche NiederstwertprinzipauchnachBilMoGweiterhinzueinemsteuerbilanziellenAbschreibungsge-botführt.373EinendrittenWeggehtSchulze-Osterloh374,derzwardenWort-lautdes§5Abs.1S.1EStGwörtlichverstehenwillunddamiteinefor-melleMaßgeblichkeit ablehnt, aber dennochvon einem steuerbilanziellenAbschreibungsgebotausgeht,weiler§6Abs.1Nr.2S.2EStGtrotzdesWortlauts„kann“unterHinweisaufdenTelosderNormundseinehistori-scheEntwicklungbereitsnichtalssteuerlichesWahlrechtansieht.DasWort„kann“ bringe vielmehr nur eine Grenze für dieAbschreibung auf einenniedrigerenWertzumAusdruck.
NichtunerwähntbleibensollandieserStelleauchdievonWerndl375vertre-teneAnsicht,wonachdieAnwendbarkeitdeshandelsrechtlichenNiederst-wertprinzipsi.R.d.steuerbilanziellenLifo-Bewertung–unabhängigvonderFragederformellenMaßgeblichkeit–bereitsausdemGoB-Vorbehaltdes§6Abs.1Nr.2aEStGableitbarsei.DenndieLifo-BewertungstehestetsunterdemVorbehalt,denhandelsrechtlichenGoBentsprechenzumüssen,wozuauchdasNiederstwertprinzipgehöre.
Zumindest letztereAnsichtvermagnichtzuüberzeugen.Denn§6Abs.1Nr.2aEStGsiehtbereitsseinemWortlautnachnichtvor,dassi.R.d.Lifo-BewertungdenhandelsrechtlichenGoBeingenerellerVorrangvordensteu-erlichen Bewertungsvorschriften zukommen soll. Die Norm enthält zwar
371Vgl.bereitsIV.4.372Vgl.BMF-Schreibenv.12.3.2010–IVC6-S2133/09/10001,2010/0188935,
BStBl.I2010,239Rz.15;Buciek,inBlümich,§5Rz.202;Ernsting,FR2010,1067,1069;Herzig/Briesemeister/Schäperclaus,DB2011,1,3.
373Anzinger/Schleiter,DStR2010,395,398;ArbeitskreisBilanzrechtderHoch-schullehrerRechtswissenschaft,DB2009,2570,2571f.;Hennrichs,Ubg2009,533,541;Hüttemann,DStZ2011,507,509.
374Schulze-Osterloh,DStR2011,534,535ff.375K/S/M-Werndl,§6Rz.C51.Vgl.zurProblematikauchH/H/R-H. Richter,§6
Rz.1123g,derjedochkeineeigeneStellungnahmeabgibt.
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einenGoB-Vorbehalt.Dieserbesagtjedochnur,dassdievonderLifo-Me-thodeangenommeneUnterstellungeinerVerbrauchsfolgedenGoBentspre-chenmüsse.DerVorbehaltgiltdamitfürdieAnwendbarkeitvonLifodemGrunde nach, nicht aber für die konkretenWertansätze bei der Lifo-Be-wertung.DieseAuslegungbestätigtsichauchbeihistorischerBetrachtung.DennnachdemBerichtdesRechtsausschusseszumAktG1965376dientderGoB-Vorbehaltnurdazu,Missbräucheauszuschließen.DadieFormulierungnahezuwortgleichin§6Abs.1Nr.2aEStGübernommenwurde,istdavonauszugehen,dass auchdemsteuerrechtlichenGoB-VorbehaltkeineweiterreichendeWirkungzukommt.
DieFragenachdemverbliebenenGeltungsbereichderformellenMaßgeb-lichkeitundnachdergenerellenVerbindlichkeitdeshandelsrechtlichenNie-derstwertprinzipsfürdieSteuerbilanzstellthingegeneinederumstrittens-tenFragestellungen desBilMoGdar. Selbst dieFinanzverwaltung vertrittdiesbezüglichkeineeinheitlicheAuffassung,dasieimBMF-Schreibenvom12.3.2010377demSteuerpflichtigendieEntscheidungzurTeilwertabschrei-bungüberlassenwill,inR6.9Abs.6EStR2011aberweiterhindaraufhin-weist,dassi.R.d.Lifo-BewertungdasNiederstwertprinzipzubeachtensei.AngesichtsderübergreifendenBedeutungdieserProblematikkanndieFra-gestellungimspeziellenRahmendervorliegendenUntersuchungnichtab-schließendbeantwortetwerden.Esistjedochdaraufhinzuweisen,dassfüreine Fortgeltung desNiederstwertprinzips spricht, dass die FrageGegen-standderDiskussionimGesetzgebungsverfahrengewesenistunddieBun-desregierungzudervergleichbarenVorschriftdes§6Abs.1Nr.1S.2EStGin ihrerGegenäußerungzueinerStellungnahmedesBundesrates378ausge-führthat:379
„Auch nach dem Verzicht auf die umgekehrte Maßgeblichkeit ändert sich an der Systematik der außerplanmäßigen Abschreibungen/der Teil-wertabschreibungen wegen dauernder Wertminderung nichts. Ein An-satz mit dem niedrigeren beizulegenden Wert nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB-E ist vorzunehmen (Niederstwertprinzip). Aufgrund der Maßgeb-lichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ist steuerlich eine Teil-
376BT-Drucks.IV/3296,31.377BMF-Schreibenv.12.3.2010–IVC6-S2133/09/10001,2010/0188935,BStBl.
I2010,239Rz.15.378Vgl.dazubereitsunterIV.4.379BT-Drucks.16/10067,124.
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wertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorzunehmen. Ein steuerliches Wahlrecht besteht insoweit nicht.“
DerWilledeshistorischenGesetzgebersstehtdamitimoffenenWiderspruchzumwörtlichenVerständnisdes§5Abs.1S.1HS.2EStG.Zudemist–mangels lenkenderSubventionswirkung380 – auch in diesemKontext keinGrunddafürersichtlich,warumdemSteuerpflichtigeneinWahlrechteinge-räumtunddamitdieObjektivitätundVergleichbarkeitdersteuerlichenGe-winnermittlunggemindertwerdensollte.
Im Kontext der Lifo-Bewertung ist mit der Teilwertabschreibung jedochnocheineweitereProblematikverbunden,dennesstelltsichdieFragenachderenkonkreterUmsetzung.FürdenFall,dasseineTeilwertabschreibungvorgenommenwerdensoll/muss,istdabeiinsbesonderezweifelhaft,obderTeilwertalsSummedeszuTagespreisenbewertetengesamtenBestandsei-nerGruppe381 fürdenBasisbestandderGruppeundjedenLayerseparat382odersogarfürjedesinderGruppebefindlicheWirtschaftsgutisoliertzuer-mittelnist.383BeidenerstenbeidenMethoden–dieauchdieFinanzverwal-tung in Form der zweitenVariante zu befürworten scheint384 – kommt eszwangsläufig zur Saldierung vonWertminderungen undWerterhöhungeninnerhalb einerGruppe.Teilweisewird darin einVerstoß gegen dasRea-lisationsprinzipgesehen,weilaufdiesemWegauchnichtrealisierteWert-steigerungenbeiderTeilwertermittlungBerücksichtigungfänden.385ZudemwendendieBefürworter derBetrachtungder gesamtenGruppegegendieisolierteLayer-Betrachtungein,dassessichbeidenLayernnichtumisoliertbewertbareWirtschaftsgüterhandele.386
AuchdieseProblematikhängtmittelbarvonderDiskussionüberdieFort-geltungderformellenMaßgeblichkeitunddieUnabhängigkeitsteuerlicher
380ZurEinordnungdes§6Abs.1Nr.2S.2EStGvgl.Hennrichs,Ubg2009,533,536.
381SoBäuerle, BB 1990, 1732, 1733;Blümich-Ehmcke, § 6Rz. 79;H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123g.
382So B/B-Mayer-Wegelin, § 6 Rz. 402; BeckBilKomm-Ellrott/Krämer, § 256Rz.100;Kulosa,inSchmidt,§6Rz.419.
383GEFIU,DB1990,1977,1978;Treptow,inHerzig,Vorratsbewertung,20,26f.384Vgl.R6.9Abs.6EStR2011.385GEFIU,DB1990,1977,1978;Treptow,inHerzig,Vorratsbewertung,20,26f.386Ehmcke,inBlümich,§6Rz.79.
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Wahlrechteab.Gehtmannämlichdavonaus,dassderSteuerpflichtigenachBilMoGohnehinnichtmehrgehaltenist,zwingendaufdenniedrigstensteu-erlichzulässigenWertabzuschreiben,sostelltsichdievorstehendeProble-matiknicht.DerSteuerpflichtigekanndannnämlichdieAnschaffungs-oderHerstellungskosten,denTeilwertoderaucheinenZwischenwertansetzen.387FürdiesenFallistesjedochegal,obderinnerhalbeinerGruppeermittelteTeilwertmitdemTeilwertbeiEinzelbetrachtungübereinstimmtoder–auf-grund derBerücksichtigung von unrealisiertenWertsteigerungen – diesenübersteigtunddamitletztlicheinenebenfallszulässigenZwischenwertbil-det.Entscheidend ist nur, dassunrealisierteWertsteigerungennicht insge-samtzumAnsatzeineshöherenWerts führen,was jedochbereitsdadurchausgeschlossenist,dassnach§6Abs.1Nr.2EStGnureinniedrigererTeil-wertberücksichtigtwerdendarf.InsofernkönnteesdemSteuerpflichtigenüberlassenbleiben,wieeri.R.d.Lifo-BewertungdenTeilwertermittelt.
FolgtmanhingegenderhierpräferiertenBeschränkungdes§5Abs.1S.1HS.2EStGaufsubventiveWahlrechte,sobedarfdieFrageeinerEntschei-dung.DabeiistzunächstdemArgumententgegenzutreten,dassessichbeiLayernnichtumisoliertbewertbareWirtschaftsgüterhandele,weshalbderTeilwertnurfürdiegesamteGruppeermitteltwerdenkönne.DiesesArgu-mentverfängtnicht,denneswirdnichtderTeilwertdesLayersalssolcher,sondernderTeilwertderimLayerabgebildetenWirtschaftsgüterermittelt.DochauchwenndamitdenWertunterschiedeninnerhalbderGruppebereitsbesserRechnunggetragenwirdalsbeiBetrachtungdergesamtenGruppe,führteinederartigelayerbezogeneTeilwertabschreibunggrundsätzlichzuei-nemVerstoßgegendenEinzelbewertungsgrundsatz.
ZwarwerdendieVertretereinerGesamtbetrachtunghiergegeneinwenden,dass dies zu einemVerwaltungsmehraufwand führt, den die Lifo-Bewer-tungjageradevermeidensoll.DiesesArgumentistjedochtrügerisch.Dennauch die Formulierung „Teilwert der zu einer Gruppe zusammengefass-tenWirtschaftsgüter“388 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die-serGruppenteilwertnurdurchAdditionderisoliertermitteltenTeilwertedereinzelnenWirtschaftsgüterbestimmenlässt.EinUnterschiedzwischendenverschiedenenVerfahrenergibtsichmithinnuraufdernächstenStufe,wennesdarumgehtzuvergleichen,obdersoermittelteTeilwertniedrigeristalsderBuchwert.WährenddieEinzelbetrachtunghierdazuführt,dassdasAb-
387Ehmcke,inBlümich,§6Rz.561bf.m.w.N.388SoR6.9Abs.6EStR2011.
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schreibungserfordernis aufdenniedrigerenTeilwert für jedesWirtschafts-gutisoliertbestimmtwird,kommtesbeiderGruppenbetrachtungzumVer-gleichzwischendemGruppenteilwert–indemauchnichtrealisierteWert-steigerungenenthaltensind–unddemGruppenbuchwert.FüreinederartigeGesamtbetrachtungliefert§6Abs.1Nr.2aEStGjedochkeineLegitimati-on,denndieRechtfertigung,vomEinzelbewertungsgebotabzuweichen,be-schränktsichgrundsätzlichaufdieUnterstellungeinerVerbrauchsfolge.Et-wasanderesgiltjedochdann,wennesbereitsi.R.d.Lifo-BewertungzueinerzulässigenDurchschnittsbewertunggekommenist,weilesdannanindivi-duellenBuchwertendereinzelnenWirtschaftsgütermangelt.FürdiesenFallistaberzumindesteinegesonderteBetrachtungdesBasisbestandesundderverschiedenenLayergeboten.389
6. ErstmaligeAnwendungundAbweichungvonderLifo-Methode
Für die erstmaligeAnwendung desLifo-Verfahrens ist § 6Abs. 1Nr. 2aS.2EStGzubeachten,nachdemalsersterZugangdesWirtschaftsjahresmiterstmaligerLifo-BewertungderBilanzansatzdesVorratsbestandesamSchlussdesvorangegangenenWirtschaftsjahresgilt.Ursprünglichwar imStReformG1990vorgesehen,dieVorrätemit ihremDurchschnittswertalserstenZugangzuberücksichtigen.Umzuverhindern,dassdieUnternehmeneinenetwaigenImportwarenabschlaggewinnerhöhendauflösenmussten,istderGesetzgeber hiervon abgerückt undhat imWoBauFGden letztenBi-lanzansatzalsmaßgeblichenWertvorgeschrieben.390
BeiihrererstmaligenAnwendungbedarfdieLifo-BewertungkeinerZustim-mungderFinanzverwaltung.391BegehrtderSteuerpflichtigeindenFolgejah-renjedoch,dieLifo-Bewertungwiederaufzugeben,sobedarfdiesnach§6Abs.1Nr.2aS.3EStGderZustimmungdesFinanzamts.ZweckderRege-lungistnachderGesetzesbegründung,sicherzustellen,dasseinWechselindieweiterhin zulässigeDurchschnittsbewertung nichtwillkürlichmöglichist.392ObschondieGesetzesbegründungnuraufdieDurchschnittsbewertungBezugnimmt,sprechensowohlderWortlautalsauchderTelosderNorm
389ÄhnlichauchADS,§256Rz.53;Hundsdoerfer,inHdJII/4,Rz.167.390Vgl.Müller-Gatermann,inHerzig,Vorratsbewertung,28,29f.391H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123i.392BT-Drucks.11/2157,140.
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dafür,eineentsprechendeZustimmungauchfürdieRückkehrzurEinzelbe-wertungzuverlangen.393
Die Zustimmung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung,die insbesondere394möglicheVerstößegegendashandelsrechtlicheStetig-keitsgebot395 zu berücksichtigen hat.396AlsNebenentscheidung zumSteu-erbescheid ist siemit diesem zu überprüfen.397Verweigert das FinanzamtdieZustimmung, bleibt – soweit keinVerstoß gegen das Stetigkeitsgebotvorliegt–derhandelsbilanzielleAnsatzhiervonunberührt.398Teilweisewirddarüber hinaus vertreten, dass dieLifo-Methode in der Steuerbilanz auchohneZustimmungentfalle,wennsiezulässigerweise inderHandelsbilanzaufgegebenwerde,weildanndasMaßgeblichkeitsgebotdieLifo-Bewertungverhindere.399DemstehtjedochderausdemBewertungsvorbehaltfolgendeVorrangdes§6Abs.1Nr.2aEStGentgegen.
KeinerZustimmungderFinanzverwaltungbedarfeshingegen,wennnurge-wisseVorrätegruppen,diebishernachderLifo-Methodebewertetwurden,auslaufenundfürneueVorrätegruppenvondemVerbrauchsfolgeverfahrenkeinGebrauchgemachtwerdensoll.400
7. BranchenbezogeneEinzelfragenderAnwendungderLifo-Methode
a. Automobilhandel
DieZulässigkeit einerGruppenbewertungvonNeu-undGebrauchtwagenimHandelsbestandeinesAutomobilhändlersnachderLifo-MethodebildetedenGegenstanddesbereitsobenausführlichbehandeltenBFH-Urteilsvom
393SoimErgebnisauchK/S/M-Werndl,§6Rz.C65.394ÄhnlichauchK/S/M-Werndl,§6Rz.C65,fürden§6Abs.1Nr.2aS.3EStGkeineüberdieBeachtungdesStetigkeitsprinzipshinausgehendenzusätzlichenmateriellenAnforderungenaneinenMethodenwechsel,sondernlediglicheineverfahrensrechtlicheBarrieredarstellt.
395Vgl.dazubereitsIII.7.c.396BeckBilKom-Ellrott/Krämer,§256Rz.104.397H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123jm.w.N.398H/H/R-H. Richter,§6Rz.1123j.399Jungkunz/Köbrich,DB1989,2285,2287.400Jungkunz/Köbrich,DB1989,2285,2287.
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20.6.2000.401ImSchrifttumwardieAnwendungderLifo-MethodeimBe-reichdesAutomobilhandelsbiszudieserEntscheidungwohlüberwiegendfürzulässigerachtetworden.402HierbeiseizunächstzwischenNeu-undGe-brauchtwagenzuunterscheiden.BeideGruppensolltendann–ohneRück-sichtaufdieTypenvielfalt–indieUntergruppenKleinwagen,FahrzeugederunterenMittelklasse,deroberenMittelklasseundOberklassefahrzeugeun-terteiltwerden.403AlsZuordnungskriterienfürFahrzeugefremderHerstellersolltendiePS-StärkeoderderHubraumdienen.404Ausreißer(Sonderanferti-gungenoderselteneFahrzeugewiez.B.einTrabantoderRolls-Royce)seiendenvorhandenenGruppensolangezuordenbar,solangeihrmengenmäßigerBestandnurvonuntergeordneterBedeutungsei.UmdasStrukturprobleminnerhalbderGruppezuumgehen,seiesjedochsinnvoll,insofernvonvorn-hereineineEinzelbewertungvorzunehmen.405DerBFHistinseinemUrteilvom20.6.2000dieserSichtweiseimErgebnisnichtgefolgt.DerVIII.SenatbrauchteallerdingszurFragederGruppenbildungnichtStellungzunehmen,daerdasLifo-VerfahrenbereitsdemGrundenachfürunanwendbarerach-tete.
Wiebereitsobendargelegt, istdemBFHfürdenentschiedenenEinzelfalleines(kleinen)Kfz-HandelsbetriebsmiteinemüberschaubarenBestandanindividuellenFahrzeugenzu folgen.AllerdingskanndasUrteil u.E.nichtdahinverallgemeinertwerden,dassPkwalleinwegenihrerhohenAnschaf-fungskosten grundsätzlich einer Lifo-Bewertung nicht zugänglich wären.Vielmehrist–entsprechenddemWirtschaftlichkeits-undWesentlichkeits-prinzip – darauf abzustellen, ob eine relevante Bewertungsvereinfachunggrundsätzlichdenkbarist.DiesistbeigroßenBeständenanNeufahrzeugenoderneuwertigenFahrzeugenmitvergleichbarerAusstattung(z.B.imGroß-handelmitLeasing-Rückläufern)durchausvorstellbar.DasGleichegiltauchfürdenHandelmitGebrauchtfahrzeugen,wenndiesenicht als „Unikate“an Privatpersonen veräußertwerden sollen, sondern von „Aufkäufern“ ingroßenStückzahlen insAuslandverbrachtwerdensollen,weilessichumFahrzeugehandelt, diewegen ihresAltersundGewährleistungsrisikos imdeutschenMarktnichtmehr abgesetztwerdenkönnen.Schließlich ist da-raufhinzuweisen,dassdieEntscheidungdesBFHunmittelbarnurdenKfz-
401BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.402Vgl.dazueingehendWeber/Standke,BB1993,393,399.403Jungkurz/Köbrich,DB1989,2285,2291;Mayer-Wegelin,DB1989,937,940.404Weber/Standke,BB1993,393,399.405Weber/Standke,BB1993,393,400.
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Handelbetroffenhat.Davon istdieAnwendungvonBewertungsvereinfa-chungsverfahrenimBereichderAutomobilindustrieselbstzutrennen.HierbestehengegeneineAnwendungderLifo-Bewertung,z.B.imBereichderErsatzteillager,regelmäßigkeineEinwände.Denneshandeltsichregelmä-ßigumgroßeBeständeangleichartigenVermögensgegenständenmiteinemehergeringenWert(wiez.B.Schrauben,Keilriemen,Zündkerzen,Stoßstan-genundScheibenwischer),beideneneinetatsächlicheEinzelbewertungmitunverhältnismäßigenKostenverbundenwäre.
b. ChemischeIndustrie
MitderAnwendungderLifo-Methode inderchemischen IndustriehabensichvorallemHörtig/Puderbach406ausführlichauseinandergesetzt.Siewei-senzunächstdaraufhin,dassdieLifo-BewertungtraditionellalsMengen-berechnungkonzipiertseiunddahergrundsätzlicheinbelastbaresMengen-gerüsterfordere,anwelchemesimDienstleistungssektor,beimAnlagenbauoderinbestimmtenZweigenderchemischenIndustrie(Mikrobiologie,or-ganischeChemie)fehle.IndiesenFällenseizuerwägen,obmanaufErsatz-Mengengerüste,wiez.B.Fertigungs-oderMaschinenstunden,zurückgreifenkönne.EinesolcheAusweitungderBewertungsvereinfachungistu.E.aberausdenbereitsobenimZusammenhangmitderKomponentenbewertung407dargestelltenGründenabzulehnen,weilesaneinervermögensgegenstands-bezogenenBewertungfehlt.
c. ComputergesteuerteLagerverfahren
ComputergesteuerteLagerverfahrenführeninderPraxisnichtseltendazu,dassdietatsächlichenLagerabgängeineinerReihenfolgeerfolgen,diedemFifo-Verfahren entspricht.408 ImRahmen einerArbeitssitzung des Fachin-stitutsderSteuerberaterausAnlassderEinführungderLifo-Methodewur-dederdamalszuständigeRegierungsdirektorimBMF,Müller-Gatermann,dazugefragt,obdieseinersteuerlichenAnwendungderLifo-Methodeent-gegenstünde.ErwolltehierzunichtabschließendStellungnehmen,weilervonderMateriehernichtbeurteilenkönne,obeinVergleichmitdenleichtverderblichenWarenmöglichsei.Immerhinzeigeaberdierechtgroßzügige
406Hörtig/Puderbach,DB1991,977ff.407Vgl.IV.2.d.408Bäuerle,BB1990,1732,1732.
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VerwaltungsmeinungzumWeinhandel,dassdieVerwaltungkeinkleinlichesVerfahrenwolle.409DemArgument, dieUnternehmen könnten durch eineÄnderungderProgrammierungjederzeitaufeineLifo-Verbrauchsfolgeum-stellen,maßMüller-GatermannkeineentscheidendeBedeutungzu.410DieseBeurteilungistinderLiteraturwiederholtkritisiertworden.Währendeinigemit derEliminierung der Scheingewinnbesteuerung argumentieren,411 ver-weisenanderedarauf,dassdieTechnikderLagerungnichtfürdieZulässig-keitdesVerfahrensentscheidendseindürfe.412
NachderhiervertretenenAnsichtbildetdieVerhinderungeinerScheinge-winnbesteuerung zwar kein eigenständigesZiel derLifo-Methode, sodassalleinVereinfachungsüberlegungeneineRollespielenkönnen.DerVerein-fachungszweckistaberbeigrößerenLagerbeständenimmererfüllt,sodasssichnurnochdieFragestellt,inwieweitderGoB-VorbehaltderAnwendungderLifo-Methodeentgegensteht.Diesist–wieobendargelegt413–nurdannder Fall,wenn die gewählteVerbrauchsfolge nach den tatsächlichenVer-hältnissenganzunmöglichist,wasbeicomputergesteuertenLagerndeshalbnichtderFallist,weildieWahlderLifo-Verbrauchsfolgetechnischumsetz-barist.FürdieseAuslegungsprichtauchdieÜberlegung,dassdieArtderLagerungstechniknichtüberdieAnwendbarkeiteinervereinfachtenBewer-tungentscheidenkann.
d. CO2-Emissionsberechtigungen
Die Finanzverwaltung vertritt dieAuffassung, dass die Lifo-Methode aufCO2-Emissionsberechtigungennichtanwendbarsei.VielmehrsollnurdieDurchschnittsbewertungmöglichsein.414DieseAnsicht istu.E.zutreffend,daEmissionsberechtigungenmitWertpapierenvergleichbarsind,fürdieder
409Herzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990,Diskus-sionsbeitragvonMüller-Gatermann,41.
410Herzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990,Diskus-sionsbeitragvonMüller-Gatermann,69.
411Herzig/Gasper,DB1992,1301,1302;Weber/Standke,BB1993,393,399.412ADS,§256HGBRz.17.413Vgl.obenIII.7.a.414BMF-Schreibenvom6.12.2005–IVB2-S2134a-42/05,BStBl.I2005,1047
Rz.13.
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deutscheGesetzgeberdieihmnachderRichtliniezustehendeMöglichkeit,eineLifo-Bewertungzuerlauben,nichtgenutzthat.415
e. FischverarbeitendeIndustrie
ZurLifo-BewertunginderfischverarbeitendenIndustrie(Tiefkühlfisch)hat-tedieOFDHannoverzunächstineinerVerfügungvom16.02.2000416Stel-lunggenommen.Hierbeiwiessiezwardaraufhin,dassLifoz.B.beileichtverderblichenWarennichtanwendbarsei,weildieMethodenichtvölligun-vereinbarmitdembetrieblichenGeschehensablaufseindürfe.GleichzeitigerteiltesiejedochdieWeisung,vonabschließendenEntscheidungenbiszurKlärungderAngelegenheitabzusehen.MitVerfügungvom7.11.2000hobdieOFDHannover die vorstehendeVerfügung auf und erklärte, dass dasLifo-VerfahrenauchbeiderBewertungvonTiefkühlfischunterBeachtungderallgemeinenGrundsätzeinBetrachtkommenkönne.417
DerAnwendungderLifo-MethodeaufLagerbeständeanTiefkühlfischlässtsich nur entgegenhalten, dass die gewählteVerbrauchsfolge nach den tat-sächlichenVerhältnissenpraktischunmöglich ist. Insoweit liegt inderTatderVergleichzuleichtverderblichenWarennahe.ObdieserVergleichtat-sächlichzutreffendist,hängtletztlichalleinvondentechnischenMöglich-keitenderLagerungab.SoweitesnachdemStandderTechnikunddengel-tendenLebensmittelgesetzenmöglich und zulässig ist, auchTiefkühlfischübereinenlängerenZeitraumzulagern,wirdmanderfischverarbeitendenIndustrie dieAnwendung der Lifo-Methode nicht unter Hinweis auf denGoB-Vorbehalt untersagen können, selbstwenn die gewählteVerbrauchs-folgeregelmäßigvondertatsächlichenVerbrauchsfolgeabweichendürfte.
f. FleischverarbeitendeIndustrie
MitSchreibenvom2.5.1997418hatdasBMFzurAnwendungdesLifo-Ver-fahrensaufFleischStellunggenommenundausgeführt,dassLifobeileichtverderblichenWarenwieFleischdembetrieblichenGeschehensablaufvölligwiderspreche.Dagegenlassesichauchnichteinwenden,dassdieHaltbarkeit
415Vgl.dazubereitsobenIII.5.a.;soauchKulosa,inSchmidt,§6Rz.412.416OFDHannoverv.16.2.2000–S2174-74-StH221/S2174-59-StO221,DB
2000,597.417OFDHannoverv.7.11.2000–S2174-74-StH221,S2174-59-StO221.418BMF-Schreibenv.2.5.1997–IVB2-S2174-17/97,DB1997,1251f.
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durchmoderneGefriertechnikengesteigertwerdenkönne.AuchindiesemFallkönnederbetrieblicheGeschehensablaufnicht i.S.v.Lifoumgestaltetwerden,weilesnachwievordasBestrebenseinmüsse,dieälterenBeständevordenneuenzuverbrauchenoderzuveräußern.Aufgrunddiesertatsächli-chenAbweichungkönneLifoaufFleischnichtangewendetwerden.
DieeherrestriktiveHaltungderFinanzverwaltungbeifleischverarbeitendenUnternehmenerscheintimVergleichzudervorstehenddargestelltengroßzü-gigenHandhabungbeifischverarbeitendenBetriebenwidersprüchlich.Wennestatsächlichzutrifft,dassdieHaltbarkeitvonFrischfleischdurchmoderneGefriertechnikensoweitgesteigertwerdenkannundeinVerbrauchnachderLifo-Methode auch nach Lebensmittelrecht innerhalb gewisser Lagerzeit-räumegesetzlichzulässigist,dannwäredieLifo-MethodeauchbeiFleischmitdemtatsächlichenGeschehensablaufnichtvölligunvereinbarundfolg-lichzulässig.Jedenfallsist,ausgehendvondengeltendengesetzlichenRah-menbedingungen,nichtunbedingteinsichtig,weshalbTiefkühlfischgrund-sätzlichandersbehandeltwerdensolltealsTiefkühlfleisch.
g. Hausgeräteindustrie
Zur Frage der Gruppenbildung in der Hausgeräteindustrie haben Schulz/Fischer419eingehenderStellunggenommen.Sieführenaus,dassdieGrup-penzusammensetzungimEinzelfallauchvonderVielfaltderVorratspositio-nenundderArtdesUnternehmensabhinge.Sowürdez.B.einHerstellervonStaubsaugernseineProduktpaletteinkleineHandgeräte,Bodenstaubsaugerund Staubsauger für professionelle Anwendung durch Reinigungsfirmenaufteilen.Sofernerdaneben jedochnochandereHaushaltsgerätewiez.B.Waschmaschinen,Trockner,Geschirrspülmaschinenetc.herstelle,könntendiesezujeweilseinerGruppezusammengefasstwerden.Zudemseidiere-lativeBedeutungderjeweilszusammenzufassendenVorratsartenzubeach-ten,da es zweckmäßigerscheine, imBereichderwertmäßigbedeutendenVorratsartenandieGleichartigkeithöhereAnforderungenzustellen.FürdiewesentlichenRoh-,Hilfs-undBetriebsstoffe seiendaherGruppenmit re-lativ genauerGruppenumschreibung,wie z.B.Stahlgussteile,Blecheoderoberflächenbehandelt,zubilden,währendfürdieunbedeutendenVorratsar-tenumfassenderdefinierteGruppenzulässigseien,wiez.B.:
419Schulz/Fischer,WPg1989,525,526.
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Gruppe1: Öle,Fette,Schmierstoffe
Gruppe2: Lacke,Farben
Gruppe3: Metallkurzwaren(Schilder,Schrift-undWarenzeichen,Masseteile,Federn,Kleinteile,Beschläge,Schellen,Knöpfe,Kontakteetc.)
Gruppe4: Plastikteile
DiesebeispielhaftenAusführungenzurGruppenbildungbetreffenrechtlichdieFrageder„Gleichartigkeit“vonVermögensgegenständendesVorratsver-mögens(§§256S.1,240Abs.4HGB).InsoweitistSchulz/Fischerdarinzuzustimmen,dassbeiderGruppenbildung–ausgehendvomübergeordne-tenGedankenderWirtschaftlichkeitundWesentlichkeit–auchdierelativeGewichtigkeitdereinzelnenGruppeninnerhalbdesVorratsvermögensvonBedeutungist.Diesergibtsichu.E.ausdengleichenÜberlegungen,mitde-nenobenauchdasKriteriumder„annäherndenPreisgleichheit“abgelehntwordenist:DieGrenzeneinerzulässigenBewertungsvereinfachunglassensichebennichtmitabsolutenoderschematischenKriterienbestimmen,son-dernmüssen stets unterBerücksichtigungderVerhältnissedesEinzelfallsgezogenwerden.
h. LeichtverderblicheWarenundSaisonbetriebe
FürleichtverderblicheWarensiehtR6.9Abs.2S.2EStR2011eineUn-anwendbarkeit des Lifo-Verfahrens vor, weil das Verfahren nicht völligunvereinbarmit dem betrieblichenGeschehensablauf sein dürfe. Entspre-chendesgiltnachAnsichtderFinanzverwaltunginanderenFällen,indenendieVorräteamBilanzstichtagnichtmehrvorhandensind,wiez.B.beiSai-sonbetrieben,beidenendasLagerimLaufedesJahresvölliggeleertwird(Zuckerfabrik).420
DerFinanzverwaltungistdarinzufolgen,dasseinVerbrauchsfolgeverfahrenunzulässigist,wenndieunterstellteVerbrauchsfolgenachdentatsächlichenVerhältnissenganzausgeschlossenist.InsoweitführtdervollständigeAbbaueines(Alt-)Bestandszwingenddazu,dasseine„neue“RechnungbeginntundeindanachgebildeterBestand ausschließlichmit denAnschaffungskostenderspäterenZugängebewertetwerdenkann.KommtesaustechnischenoderwirtschaftlichenGründen(z.B.Saisongeschäft)dazu,dassalleZugängeei-
420Herzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990,Diskus-sionsbeitragvonMüller-Gatermann,67.
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nesWirtschaftsjahresindemselbenWirtschaftsjahrverbrauchtwerden,dannistfürdieAnwendungderLifo-MethodeinderTatkeinPlatz.Allerdingsistdaraufhinzuweisen,dassdieEinordnungeinesBetriebsals„Saisonbetrieb“nochnichtzwingendzumAusschlussderLifo-Methodeführenmuss,solan-geesdenkbarist,dassdieamEndederSaisonvorhandenenRestbeständefüreineVerwendungimnächstenWirtschaftsjahrohneHaltbarkeitsproble-meeingelagertwerdenkönnen.
i. Mineralölwirtschaft
ZuAnwendungsmöglichkeitenderLifo-MethodeinderMineralölwirtschafthat sichUtemark421 geäußert. In einerVeranstaltung ausAnlass der Ein-führungderLifo-Methode schilderte er 1990, dassmanbeabsichtige, ausderProduktpalettevonca.2.000ErzeugnissenachtBewertungsgruppenzubilden,wiez.B.Rohöle,Mitteldestillate(z.B.DieselkraftstoffundleichtesHeizöl),Benzine,SchmierstoffeundSchmieröle.Die letzteGruppe sollteProduktemitWertenvon400DMbis10.000DMjeTonne(1990)undso-wohlFertig- als auchHalbfertigerzeugnisseumfassen.Allerdings sei diesinsoferngerechtfertigt, alsdieGruppevon ihrerWertigkeit nur etwa5%desGesamtwertsdesBestandsausmache.Anders seidieSituationbei ei-nemMineralölhändlerzubeurteilen,dernurmitMineralölerzeugnissenwieSchmierstoffenundSchmierölenhandele–dortseieinehöhereAnzahlvonBestandsgruppenerforderlich.FürspäterePeriodensolledannnurnochdieGesamtmengeinnerhalbderbetreffendenGruppeausschlaggebendsein;aufderenZusammensetzunghinsichtlichdereinzelnenProdukttypenkommeesnichtmehr an.Verglichenwerdenur, obderWert aufgrundder aktuellenQualitätszusammensetzung inderGruppehöheroderniedriger sei alsderVorjahreswert derBestandsgruppe bei gleicherMenge. InBezug auf denUmfangderGruppenbildungäußerte sichderVertreterderFinanzverwal-tung–Müller-Gatermann–damalszustimmend.422Erbestätigte,dassmaninBereichen,diewertmäßignichtsoinsGewichtfallen,nachdemGrund-satzderWesentlichkeitbeiderGruppenbildungdurchausgroßzügigerseinkönne.HierzuverwieserwiederumaufdasBMF-SchreibenzurWeinwirt-schaft.423
421Utemark, inHerzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990,DiskussionsbeitragvonUtemark,43.
422Herzig,VorratsbewertungnachderLifo-Methodeab1990,Köln1990,Diskus-sionsbeitragvonMüller-Gatermann,45.
423BMF-Schreibenvom28.3.1990–IVB2-S2174-18/90,BStBl.I1990,148.
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DieVorschlägevonUtemarkentsprechendemzumMerkmalder„Gleich-artigkeit“ entwickelten Standpunkt, dass es bei derGruppenbildung nichtnuraufdieArt-undFunktionsgleichheitankommenkann,sondernauchdasrelativeGewichtdereinzelnenGruppeninnerhalbdesVorratsvermögenszuberücksichtigenist.424SieverdienendahergrundsätzlichZustimmung.
j. Pharmaindustrie
FürdiePharmaindustriefehltesbislanganeinerveröffentlichtenStellung-nahme der Finanzverwaltung.Arzneimittelrechtlich siehtArt. 84 der RL2001/83/EG425vor,dassdieKommissionLeitlinienfürdieguteVertriebspra-xisveröffentlicht.NachRn.15derbislanggütigenLeitlinie94/C63/03426wardieausschließlicheAnwendungderFifo-Methodevorgesehen,umdenUmschlagdesBestandszugarantieren.ImEntwurfeinerneuenüberarbeite-tenLeitlinievom15.7.2011wirddasFifo-Prinzipdurchdas„Fefo“-Prinzip(first expiredfirst out) ersetzt,was in derPharmaindustrie ohnehin schongängigePraxisist.427
DaeineLifo-BewertungmithinimBereichderPharmaindustriearzneimit-telrechtlichnichtzulässigist,kannsieauchinderHandels-undSteuerbilanzderPharmaunternehmenkeineAnwendungfinden.
k. Sekundärrohstoff-undEntsorgungswirtschaft
AufeineAnfrage,nachwelchenGrundsätzeninderSekundärrohstoff-undEntsorgungswirtschafteineGruppeneinteilungvorgenommenwerdenkön-ne,wenndieWarenvorrätenachderLifo-Methodebewertetwerdensollen,hatdasBMFimJahr1992428zunächstunterVerweisaufAbschn.36aAbs.3EStRdaraufhingewiesen,dasszurBeurteilungderGleichartigkeitdiekauf-
424Vgl.dazuobenIII.5.b.425Vom 6.11.2001,ABl. L 311.Art. 84 wurde durch die RL 2011/62/EU vom
8.6.2011,ABl.L174/74nichtgeändert.426Die Leitlinie wurde auf Grundlage von Art. 10 der RL 92/25/EWG vom
31.3.1992überdenGroßhandelsvertriebvonHumanarzneimitteln,ABl.Nr.L113erstellt.
427Becker,GMPJournal,Ausgabe20.Juli/August2011,4,4.428Vgl. Verfügung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen vom
12.5.1992 – 32-S 2174-4/4-17171 und der OFD Münster vom 15.6.1992 –S2174-26/2St41,BB1992,1388.
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männischenGepflogenheiten, insbesonderediemarktüblicheEinteilung inProduktklassenunterBeachtungderUnternehmensstruktur,unddieallge-meine Verkehrsanschauung heranzuziehen seien. Ausgehend von diesenGrundsätzenbestündenkeineBedenken, folgendeGruppeneinteilungvor-zunehmen:
Gruppe1: Eisen-Schrotte Gruppe7: Zink-Schrotte
Gruppe2: legierteStahl-Schrotte Gruppe8: Zinn-Schrott
Gruppe3: Aluminium-Schrotte Gruppe9: Altglas
Gruppe4: Blei-Schrotte Gruppe10: Altholz
Gruppe5: Kupfer-Schrotte Gruppe11: Altkunststoff
Gruppe6: Messing-Schrotte Gruppe12: Altpapier
DieLegierungenseiendabeiimBereichderMetall-Schrottemitdenzugrun-de liegendenRohstoffen art- und funktionsgleich,wenn ihre zusätzlichenMetallkomponenten„wert-undmengenmäßignurvonuntergeordneterBe-deutungseien“.
ImvorliegendenZusammenhangkannoffenbleiben,obdievonderFinanz-verwaltungerlaubteGruppenbildungauchheutenochdentatsächlichenVer-hältnissenentspricht.WichtigistalleinderHinweis,dassdieFinanzverwal-tungbeiderBeurteilungder„Gleichartigkeit“wiederumauchdie(relative)„wert-undmengenmäßige“BedeutungdereinzelnenGruppenberücksich-tigt.MitdemKriteriumder„untergeordneten“BedeutungwirdunmittelbaraufdenWirtschaftlichkeits-undWesentlichkeitsgrundsatzalsdementschei-dendenteleologischenAnsatzpunktfürdieBewertungsvereinfachungBezuggenommen.429
l. Tabakindustrie
aa. Gruppenbildung
ZurGruppeneinteilungvonTabakvorrätenzumZweckderLifo-BewertunginderZigarettenindustriehatdasBMFzunächstinseinemSchreibenvom9.4.1992430Stellungbezogen.UnterVerweisaufAbschn.36aAbs.3EStRführteesdabeiaus,dassesgerechtfertigtsei,dieHaupttabaksortenVirginia
429DazuobenIII.1.c.cc.430BMF-Schreibenv.9.4.1992–IVB2-S2174-15/92,DB1992,1103.
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undBurleyinRippenundStripszuunterteilen,dageradebeidiesenTabak-sortenbereitsbeimEinkaufeineEinteilungindieseProduktklassenerfolgeundsomitderfürdieLifo-MethodegefordertenMarktüblichkeitRechnunggetragenwerde.Weiterhinseiesgerechtfertigt,diesog.homogenenTabake(HTL)unddiesodannnochverbleibendenanderenreinenTabakvarietäten(z.B.TabakderSorteMaryland)aufzuteilen.WennauchbetragsmäßigvoneheruntergeordneterBedeutung,habedieAufteilungdennochihreBerechti-gunginderTrennungderanderenreinenTabakevondenausverschiedenenTabakbestandteilenhergestelltenhomogenenTabaken.DieAnwendungderLifo-MethodeerforderegleichartigeVermögensgegenständedesVorratsver-mögens;alleinhieraufstelledieTrennunginhomogeneTabakeundanderereineTabakeab.HiernachbestündenkeineBedenken,wenndieTabakvorrä-teinderZigarettenindustriemindestensinfolgendeGruppeneingeteiltwür-den:
1.VirginiainRippen
2.VirginiainStrips
3.BurleyinRippen
4.BurleyinStrips
5.Orient
6.homogeneTabake(HTL)
7.sonstigeTabake
BeiderGruppe„homogeneTabake“(HTL)handeleessichumeinegepress-teTabakfolie,diesichausMaterialienwiekleinenRippen(Winnowings),nichtmehrschneidbarenTabakbruchstücken(ScrapsoderFines)undTabak-staubzusammensetzten.DieGruppe„SonstigeTabake“umfassealleande-renreinenTabakvarietäten,wiebeispielsweiseTabakderSorteMaryland.
bb.Automatenverkauf
In Reaktion auf das nicht veröffentlichte Urteil des FG Baden-Württem-berg vom 19.2.2004431 hat die Finanzverwaltung in einerVerfügung vom
431UrteildesFGBaden-Württembergv.19.2.2004–6K19/01.
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23.10.2009432abermalszurAnwendungvonLifobeiderBewertungvonTa-bakwarenStellunggenommen.Hierinstelltesieheraus,dassdieArgumentedesFGBaden-Württemberg–welchesdieZulässigkeitvonLifoverneinthatte–nichtüberzeugten.DennzumeinenseidieLifo-MethodeaufTabak-vorräteanwendbar,sodassfürdieverarbeitetenProdukte(Tabakwarenwiez.B.Zigaretten)nichtsanderesgeltenkönne.ZumanderenliegeauchkeinVerstoßgegendieGoBvor.LifoseiauchbeimAutomatenverkaufmitdembetrieblichenGeschehensablauf nicht völlig unvereinbar.Darauf, dass dieAutomatendiezuerstbefülltenProduktezuerstabgeben,kommeesdeshalbnichtan,weildieAutomaten in relativgeringenAbständenwiederbefülltwürden.VorallemseifürdiebeiderBefüllungverwendetenProdukte–je-denfallssolangekeinePreisänderungeintritt–keinezwingendeReihenfolgevorgegeben.FernerstelledieWarenumschlaghäufigkeitkeinKriteriumdar,dasfürdieFragederZulässigkeitvonLifoheranzuziehensei.AuchdürfederGesichtspunktderBewertungsvereinfachungnichtüberstrapaziertwer-den.Esseinichtzutreffend,dassLifonurdannzulässigsei,wennsiezuei-nererkennbarenVereinfachungderBewertungführe.Dementsprechendlas-sedieFinanzverwaltungbei derBewertungvonWeinvorrätenLifo selbstdannzu,wenneineEinzelbewertungohneWeiteresmöglichsei.GemessenamBFH-Urteilvom20.6.2000lägenbeidenVorrätenanTabakwarenzudem– absolut betrachtet und aufdie einzelnePackungbezogen–wederhoheErwerbsaufwendungenvor,nochseienindividuelleMerkmalegegeben,dieeineIdentifizierungundZuordnungdereinzelnenAnschaffungskostenzu-lassenwürden.
DieaufdenerstenBlickrechtgroßzügigerscheinendeAuffassungderBay-erischenFinanzverwaltungverdientZustimmung.AusderTatsache,dassin-nerhalbderZigarettenautomateneinebestimmteVerbrauchsfolgetechnischvorgegebenist,lässtsichfürdenBestandsabbaubeimHerstellernochnichtsentnehmen.Entscheidend istvielmehr,wiedieAutomatenbefülltwerden,undinsoweitgibteskeinezwingendeVerbrauchsfolge,sodassdieAnwen-dungderLifo-Methodenichtzwingendausgeschlossenist.
432Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern v. 23.10.2009 – S2174.1.1-5/16St33/St32,DStR2009,2318.
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m. Textilindustrie
Mit derAnwendung der Lifo-Methode in der Textilindustrie haben sichJungkurz/Köbrich433befasst.UnterBezugnahmeaufSchulz/Fischer434wei-sensiedaraufhin,dassmanbeieinersehrweitenDefinitiondesBegriffsderGleichartigkeitggf.mitdenGruppenRohstoffe,Hilfsstoffe,Betriebsstoffe,unfertigeErzeugnisse, fertigeErzeugnisseundWarenauskäme.JedenfallssolltendieGruppenbeieinemeinstufigenTextilbetriebsoweitgefasstsein,dassnichtmehrals10Gruppengebildetwerdenmüssten.BeimehrstufigenBetriebenkönnesichdieZahlderGruppenentsprechendderStufenerhöhen.Rohstoffe in einerSpinnereioderWeberei sollten z.B.maximalwie folgtaufgeteiltwerden:Baumwolle,künstlicheSpinnfasern(Zellwolle),synthe-tischeSpinnfasern,WolleundfeineTierhaare,sonstigeFasern.GarnvorrätekönntenentsprechenddeneingesetztenRohstoffen, entsprechenddembe-triebsindividuellen Einsatzzweck (Produktgruppen) oder evtl. auch über-hauptnichtaufgegliedertwerden.
ObdievorgeschlageneGruppeneinteilungzulässigistodernicht,lässtsichnurunterBerücksichtigungderkonkretenVerhältnissedieserBranchebeur-teilenundsolldaherandieserStellenichtweitervertieftwerden.Richtigistaber,dassbeiderGruppeneinteilungauchdieVerhältnissedeseinzelnenBe-triebsnichtunberücksichtigtbleibendürften.InsoweitkönnenfürGroßbe-triebeandereMaßstäbeangemessenseinalsfürkleineBetriebemitwenigenProduktenundentsprechendwenigerenRohstoffen.
n. UnfertigeoderfertigeErzeugnisse
NachR6.9Abs.2S.4EStR2011darfdieLifo-Methode„auchbeiderBe-wertungderMaterialbestandteileunfertigeroderfertigerErzeugnisseange-wandtwerden,wennderMaterialbestandteildieserWirtschaftsgüterinderBuchführunggetrennterfasstwirdunddieshandelsrechtlichenGrundsätzenordnungsmäßigerBuchführung“entspricht.
DieBezugnahmeaufdiegetrennteErfassungdesMaterialbestandteilshatimFachschrifttumzueinerDiskussiondarübergeführt,obdasLifo-Verfah-ren bei derErmittlung derAnschaffungs- oderHerstellungskosten einzel-nerGüteraufdieMaterialbestandteilebeschränktistundeineAusdehnung
433Jungkurz/Köbrich,DB1989,2285,2290ff.434Schulz/Fischer,WPg1989,525,527.
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auch auf die Fertigungskosten generell ausgeschlossen ist.435DiemeistenAutorengehenjedochdavonaus,dasseineBeschränkungdesLifo-Verfah-rensaufdieMaterialbestandteilederHerstellungskostennichtbeabsichtigtwar.Vielmehr habe dieFinanzverwaltung beabsichtigt, die in den achtzi-gerJahrenentwickeltesog.Komponentenbewertung,nachderschonbisherderEdelmetallgehaltbestimmterProduktevondenübrigenKostensepariertwerdendurfte,beizubehalten;eineAusweitungaufandereBranchenseije-dochgleichfallsnichtbeabsichtigtgewesen.436
DieFragederKomponentenbewertungistanandererStellebereitsbehandeltworden.AufdieseAusführungenwirdzurVermeidungvonWiederholungenverwiesen.437
o. Weinwirtschaft
ZurZulässigkeitderLifo-Methode i.R.d.WeinwirtschafthatdasBMFimSchreiben vom 28.3.1990438 Stellung genommen. Hiernach sollen wederweinrechtlicheVorschriften,dieeineEinzelbewertungdesgelagertenWeinsermöglichen, noch die handelsrechtlichenGoB einer Lifo-Bewertung derWeinbeständeentgegenstehen.ZurAnwendungvonLifoseiengleichartigeWeine inGruppen zusammenzufassen,wobei für dieZuordnung zu einerGruppegrundsätzlichvonderArtdesWeins(StillweinoderSchaumwein)unddessenQualitätsstufe auszugehen sei.EineweitereUnterteilungnachFarbe,Rebsorte,LageundJahrgangseiausGründenderBewertungsverein-fachungnichterforderlich.DieineinerGruppezusammengefasstenWeinemüsstenzudemnichtgleichwertigsein.DanachseiinländischerWeinmin-destensinfolgendeGruppeneinzuteilen:
1.Tafelwein
2.Qualitätswein
3.Kabinett
4.Spätlese
435SovertretenvonBäuerle,BB1990,1732,1732.436Weber/Standke,BB1993,393,397m.w.N.437Vgl.obenIV.2.d.438BMF-Schreibenv.28.3.1990–IVB2-S2174-18/90,BStBl.I1990,148.
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5.Auslese,Beerenauslese,TrockenbeerenausleseundEiswein
6.EinfacherSchaumwein
7.Qualitätsschaumwein(Sekt),QualitätsschaumweinbestimmterAnbauge-biete(SektbestimmterAnbaugebiete)
ZuderGruppederTafelweinegehörtendanachauchEG-Verschnitte.Aus-ländischerWeinseiderGruppezuzuordnen,dererinArtundQualitätent-spreche.ImEinzelfallkönneauchderPreisAnzeichenfürunterschiedlicheQualitätsmerkmaleseinunddeshalbEinflussaufdieGruppenbildungneh-men.SofernWeineinerGruppeaufgrunddergelagertenMengeimVerhält-niszumgesamtenWeinvorratvonuntergeordneterBedeutungsei,könneerinArtundQualitätnächststehendenGruppenzugerechnetwerden.
DasBMF-SchreibenzurWeinwirtschaftentsprichtimWesentlichenderhiervertretenenAuffassungzurGruppenbildung,wonachdemPreisderWarele-diglicheineIndizwirkungfürdiefunktionelleGleichartigkeitzukommtunddieGruppenbildungumsogroßzügigerausfallenkann,wenndiebetreffendeGruppeimVerhältniszumgesamtenVorratlediglichvon„untergeordneterBedeutung“ist.439
p. Wertpapierhandel
WährendderRFHimUrteilvom13.12.1928440einemKaufmannnocheinWahlrechtinHinsichtaufdieFrageeingeräumthat,welchesWertpapierbeieinemVerkauferalsverkauftansehenwill(wasletztlicheineLifo-Bewer-tungermöglichenwürde),hatderBFHmitUrteilvom15.2.1966dieAnwen-dungderLifo-MethodefürdenBereichdesWertpapierhandelsuntersagtund(insbesondereunterHinweis aufdieSammelverwahrung) eine zwingendeBewertungmitdemgewogenenDurchschnittspreisangeordnet.441DerBFHhatdieswiefolgtbegründet:
„Sofern sonstige Anhaltspunkte für einen zutreffenden Schätzwert feh-len, bleibt als einzige feststehende Schätzungsgrundlage nur der An-schaffungspreis des vermischten Gesamtbestandes übrig, der sich aus
439Vgl.dazuIII.5.b.440RFHv.13.12.1928–VIA899/28,RStBl.1929,136.441BFHv.15.2.1966–I95/63,BStBl.III1966,274.
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der Zusammenrechnung der Einzelkosten ergibt. Daraus folgt für das einzelne Wertpapier ein Durchschnittswert. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Steuerpflichtige nur noch Sammeldepotanteile bilanzie-ren darf; auch nach der Ansicht des BdF ist es nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige weiter „Wertpapiere“ bilanziert.“
DieseGrundsätzehatderBFHimUrteilvom24.11.1993442aufdenBereichderSpekulationsgeschäftenach§23Abs.1Nr.1bEStGübertragen.Auchhier sei die Unterstellung einer bestimmten Verbrauchsfolge – selbst fürZweckederBeweiserleichterung–unzulässig.Vielmehrsei„dieSechsmo-natsfristnurgewahrt,wenn(derArtundderStückzahlnach)ausgeschlossenwerden kann, dass die veräußertenWertpapiere außerhalb dieser Frist er-worbenwurden.SoweitSpekulationsgeschäftevorliegen,sinddieAnschaf-fungskostennachDurchschnittswertenzuermitteln.
DieRechtsprechungdesBFH ist schondeshalbkonsequent,weildieAn-wendungderLifo-MethodeaufWertpapierebereitshandelsrechtlichausge-schlossenist,daderdeutscheGesetzgebervondemMitgliedstaatenwahlrechtnachArt.40Abs.1VierteRLzurAusdehnungderVerbrauchsfolgeverfahrenaufWertpapierekeinenGebrauchgemachthat.443Darüberhinausgeltendie§§256,240HGBbzw.§6Abs.1Nr.2aEStGnurfürkaufmännischeUnter-nehmenbzw.Gewerbetreibende,sodasseineAnwendungvonVerbrauchs-folgeverfahrenimBereichderÜberschusseinkünfteausscheidet.
q. Zwischenprodukte
GegenstanddivergierenderStellungnahmenderFinanzverwaltungistdieFra-ge,obdieLifo-MethodeauchaufZwischenprodukteanwendbarist.AuslöserderDiskussionisteineVerfügungderOFDRheinlandvom30.11.2007444zurAnwendungdesBFH-Urteilsvom20.6.2000(VIIIR32/98,BStBl.II2001,636).HiernachseidieLifo-MethodezwargrundsätzlichauchbeiSachver-haltenanwendbar,beidenenwährendeinesmehrstufigenVerarbeitungsver-fahrens Zwischenprodukte entstünden, die mit eigenen Chargennummernversehenunddamitselbstständig identifizierbarseien.Maßgeblich fürdieZulässigkeitvonLifoseialleindieFragedermöglichenZuordnungderfürdie Herstellung verwendeten Rohstoffe; sei diese nicht gegeben, komme
442BFHv.24.11.1993–XR49/90,BStBl.II1994,591.443StattvielernurKleindiek,inStaub,§256Rz.2.444OFDRheinlandv.30.11.2007–S2174–1000–St141.
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auchfürfertigeZwischenprodukteeineLifo-BewertunginBetracht.ErfolgejedochlediglicheineWeiterverarbeitungvonerworbenenWirtschaftsgütern(z.B.Walzplatten), ohne dass sich hierbeiVermischungen ergäben, so seieinekonkreteZuordnungzudenerworbenenWalzplatten(Rohstoffen)mög-lich,diedieAnwendungvonLifoausschließe.Diesgeltesowohlfürkupfer-produzierendeUnternehmenalsauchfürdieAluminiumindustrie.
WährenddieFinanzverwaltungdesLandesSachsen-AnhaltsichdieserAuf-fassungangeschlossenhat,445istihrdasniedersächsischeFinanzministeriumentgegengetreten.DerBFH-Entscheidungvom20.6.2000könnenichtent-nommenwerden,dassdieLifo-Methode immerdann,wenndie individu-ellenAnschaffungs-bzw.Herstellungskostenermitteltwerdenkönnen,vonvornhereinausscheide.InsbesonderewirdaufdieUrteilspassageverwiesen,inderesheißt:
„Das anhängige Verfahren gibt dem erkennenden Senat keine Gelegen-heit, darüber zu entscheiden, ob in den beschriebenen Bewertungser-schwernissen eine äußere und somit durchgängig zu beachtende Grenze für den Anwendungsbereich des Lifo-Verfahrens zu sehen ist.“
DamithabederBFHgeradenichtentschieden,dassdasFehlenvonerhebli-chenBewertungserschwernissenautomatischeineVersagungderLifo-Me-thodezurFolgehabensolle.DerBFHhabefolgendeKriterienfürrelevanterachtet:
─ IstdieBewertungbesondersaufwendig?
─ Entspricht der tatsächlicheGeschehensablauf imGroßen undGanzenderLifo-Methode?
─ GehtesumVorratsgegenständemithohenErwerbsaufwendungen?
Daes sichhierbei jedochumeine typisierendeBetrachtungsweisehande-le, sei es nicht erforderlich, dass alle dieseKriterien erfüllt seien.ZudemmüsstenauchnachH6.9EStHdieKriterien„hoheErwerbsaufwendungen“,„ohneWeiteres identifizierbareAnschaffungskosten“und „ZuordenbarkeitohneSchwierigkeitenzudeneinzelnenVermögensgegenständen“kumulativvorliegen,umdieLifo-Methodeversagenzukönnen.
445Schreibenv.14.8.2008.
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U.E.istderAuffassungderniedersächsischenFinanzverwaltungzuzustim-men.DennbereitsanandererStelle446istdargelegtworden,dassesfürdieZulässigkeitderLifo-BewertungaufdieIdentifizierbarkeitderWirtschafts-güterunddamitaufdiepotenzielleMöglichkeit,eineEinzelbewertungvor-nehmen zu können, nicht ankommen kann. Schließlich besteht trotz in-dividueller Zuordenbarkeit der Wirtschaftsgüter die Möglichkeit, durchAnwendungderLifo-MethodeeineBewertungsvereinfachungzuerzielen.
V. Exkurs:ZulässigkeitderLifo-MethodenachIFRS/IAS,US-GAAPunddenVorschlägenderEU-KommissionzurGKKBundzueinergeändertenJahresabschluss-RL
1. IFRS/IAS
ÄhnlichdemdeutschenHandelsrechtgeht auch IAS2.23vomGrundsatzderEinzelbewertungaus.DiesergiltfürsolcheVorräte,„dienormalerwei-senichtaustauschbar sind“,undsolcheErzeugnisse,WarenoderLeistun-gen,„diefürspezielleProjektehergestelltundausgesondertwerden“.DieEinzelbewertungbedeutetindiesemKontextdieZuordnungspeziellerAn-schaffungs-undHerstellungskostenzudenVorräten.HiervonabweichendbetrachtetIAS2.24dieEinzelzuordnungalsungeeignet,wennessichku-mulativ um eine großeAnzahl vonVorräten handelt und diese normaler-weiseuntereinanderaustauschbar sind.FürdiesenFall sieht IAS2.25diezwingendeVerwendungvereinfachterVerfahrenvorundschließtausObjek-tivierungsgründeneinWahlrechtzugunstenderEinzelbewertungaus.447Zu-lässigeVerfahren–dieinIAS2.25als„Zuordnungsverfahren“bezeichnetwerden–sindhiernachdasFifo-VerfahrensowiedieDurchschnittsmethode,diebeideinIAS2.27definiertwerden.Einedem§240Abs.3HGBver-gleichbareFestwertbewertungistinIAS2nichtvorgesehen.Dennochwirdteilweisevertreten,dassaufgrunddesWesentlichkeitsgrundsatzesauchunterIAS2eineFestwertbewertungzulässigsei.448
DarüberhinauswarnachIAS2(1993)ursprünglichaucheinWahlrechtzu-gunstenderLifo-MethodealsalternativesVerfahren(„Allowed Alternative Treatment“) zugelassen. DiesesWahlrecht ist jedoch i.R.d. „improvement
446Vgl.III.6.c.ff.447Quick, DB 2008, 2206, 2209; Pellens/Fülbier/Gassen, Internationale Rech-
nungslegung,362.448ZumStreitstandvgl.Kümpel,DB2003,2609,2613f.
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projects“fürAbschlüssen,dieamodernachdem1.1.2005beginnen,Ende2003abgeschafftworden.AlsReaktionaufanhaltendeKritik449verfolgtedasInternationalAccountingStandardsBoard (IASB)mit demProjekt nebender sprachlichenKonkretisierungdasZiel,Wahlrechtezueliminierenundinhaltliche Widersprüche zu bereits bestehenden Rechnungslegungsstan-dards auszuräumen.450Hintergrund für dieAbschaffungderLifo-MethodewardabeinachIAS2.BC10und11zunächst,dassdieLifo-MethodeanAn-sichtdesIASBdenWareneinsatznichtrealitätsgerechtabbildetunddamitzueinerunrealistischenKostendarstellungführt.DarüberhinausseidieAn-wendungderLifo-Methodezumeiststeuerlichveranlasst.DiedemzugrundeliegendenErwägungenseienjedochunsystematischundwürdenimErgeb-niszurVerfälschungderErtragslageführen.451ZudemdürftensteuerlicheEf-fektekeinenEinflussaufdieRechnungslegunghaben,wennsieeinerange-messenenBilanzierungentgegenstehen.452IndiesemZusammenhangsetztesichdasIASBinIAS2.BC15und16auchmitdemArgumentauseinander,dass dieLifo-Methode zurAbbildung eines – demEisernenBestandver-gleichbaren–Sicherheitsbestandsbessergeeignetsei,lehntediesjedochimErgebnisab.DergrundsätzlichenAbschaffungderLifo-MethodestehenachIAS2.BC19jedochnichtderMöglichkeitentgegen,inAusnahmefälleneinedemLifo-VerfahrenähnlicheVerbrauchsfolgeanzunehmen,wenndiesedentatsächlichenWareneinsatzbesserabbilde.
BezüglichdernunmehrnochzulässigenVerfahrenordnetIAS2.25an,dasseinUnternehmenfüralleVorräte,dievonähnlicherBeschaffenheitundVer-wendungfürdasUnternehmensind,dasgleicheKosten-Zuordnungsverfah-renanwendenmuss.FürVorrätevonunterschiedlicherBeschaffenheitoderVerwendung können hingegen unterschiedliche Zuordnungsverfahren ge-rechtfertigtsein.Vorräte,dieineinemGeschäftssegmentverwendetwerden,könnendabeinachIAS2.26beispielsweisefürdasUnternehmeneineande-reVerwendunghabenalsdiegleicheArtvonVorräten,dieineinemande-renGeschäftssegmenteingesetztwerden.EinUnterschiedimgeografischenStandortvonVorräten(oderindenjeweiligenSteuervorschriften)istjedochalleinnichtausreichend,umdieAnwendungunterschiedlicherKosten-Zu-ordnungsverfahrenzurechtfertigen.
449Vgl.IAS2.IN2und2i.d.F.v.31.3.2004.450Zülch,KoR2004,153,153.451Vgl.IAS2.BC12f.452Vgl.IAS2.BC20.
121
2. US-GAAP
AndersalsnachIAS2istnachUS-GAAP453–nebenderDurchschnittsbe-wertungundderFifo-Methode–weiterhinaucheineBewertungnachderLifo-Methodezulässig.Soheißtesinchapter4(„InventoryPricing“)state-ment4desimJuni1953vomCommitteeonAccountingProcedure(CAP)desAmerican Institute ofAccountants veröffentlichten „Restatement andRevisionofAccountingResearchBulletins“(ARB)454:
“Cost for inventory purposes may be determined under any one of seve-ral assumptions as to the flow of costs factors (such as first-in first-out, average, and last-in first-out); the major objective in selecting a method should be to choose the one which, under the circumstances, most clear-ly reflects periodic income.”455
ZwarstehtdieAnwendungderLifounterdemVorbehaltderübergeordnetenZielsetzungderbestmöglichenperiodengerechtenErfolgsabbildung.DieseEinschränkungistjedochwenigkonkretformuliert.AuchinderBegründungzustatement4heißteslediglich:
“The cost to be matched against revenue from a sale may not be the identified cost to the specific item which is sold, especially in cases in which similar goods are purchased at different times and at different prices. While in some lines of business specific lots are clearly identified from the time of purchase through the time of sale and are costed on this basis, ordinarily the identity of goods is lost between the time of acqui-sition and the time of sale. In any event, if the materials purchased in various lots are identical and interchangeable, the use of identified costs of the various lots may not produce the most useful financial statements. This fact has resulted in the development of general acceptance of seve-ral assumptions with respect to the flow of cost factors (such as first-in first-out, average, and last-in first-out) to provide practical bases for the measurement of periodic income. […]”
453UnitedStatesGenerallyAcceptedAccountingPrinciples.454AICPA(1953)AccountingResearchBulletinNo.43:RestatementandRevisi-
onofAccountingResearchBullettins,NewYork1953,Abrufbarunterhttp://clio.lib.olemiss.edu/cdm4/document.php?CISOROOT=/deloitte&CISOPTR=9764&CISOSHOW=9620.
455Entspricht330-10-30-9derzum1.7.2009eingeführtenAccountingStandardsCodification(ASC),diediezudiesemZeitpunktgültigenRegelungenineinesystematischeZusammenstellungübernommenhaben.
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VordiesemHintergrundüberraschtesnicht,dasssichdieLifo-MethodebeiderBewertungdesVorratsvermögens inUS-amerikanischenUnternehmenweitestgehend durchgesetzt hat.456 Voraussetzung für die steuerliche An-wendungderLifo-Methodeistdabeinachsec.472(c)desInternalRevenueCodes(IRC)jedoch,dasssieauchinderHandelsbilanzzurAnwendungge-langt.DieskommteinerumgekehrtenMaßgeblichkeitderSteuerbilanzfürdieHandelsbilanzgleichundstellteineAusnahmezuderansonsteninderUS-amerikanischenBilanzierungspraxisvorherrschendenstriktenTrennungvonhandels-undsteuerrechtlicherRechnungslegungdar.457
InjüngererZeitistdieLifo-MethodejedochauchindenUSAunterDruckgeraten.HintergrundistzumeinendasÜbereinkommendesIASBunddesUSFinancialAccountingStandardsBoard(FASB),eineKonvergenzzwi-schenU.S.GAAPundIASzuerreichen.ZumanderengibtesvonseitenderUS-amerikanischen Börsenaufsicht (SEC458) Bestrebungen, auch US-Ge-sellschaftendieEinreichungvonIAS/IFRS-Abschlüssenzuermöglichen.459AngesichtsderVerknüpfungvonSteuer-undHandelsrechtdurchIRCsec.472(c)würdemitderAbschaffungderLifo-MethodejedocheineerheblicheSteuerbelastungfürdieUS-Unternehmeneinhergehen.460Demdarausresul-tierendenVorschlagderSEC,dieIFRS/IASfürUS-Zweckezumodifizieren,umdieLifo-Methodezuerhalten,istdasFASBjedochentschiedenentge-gengetreten.461
456Pellens/Fülbier/Gassen,InternationaleRechnungslegung,392.457Pellens/Fülbier/Gassen,InternationaleRechnungslegung,6.Aufl.2006,392.458U.S.SecuritiesandExchangeCommission.459Vgl.dazudievomSECveröffentlichte“Roadmapfor thepotentialuseoffi-
nancialstatementspreparedinaccordancewithinternationalfinancialreportingstandards by U.S. issuers”, abrufbar unter http://www.sec.gov/rules/propo-sed/2008/33-8982.pdf. Nicht US-Gesellschaften, die in den USA registriertesind,istbereitsfürallenachNovember2007endendenGeschäftsjahreerlaubt,einenAbschluss nach IAS/IFRS aufzustellen, vgl. “acceptance from foreignprivateissuersoffinancialstatementspreparedinaccordancewithinternatio-nalfinancialreportingstandardswithoutreconciliationtoU.S.GAAP”,abruf-barunterhttp://www.sec.gov/rules/final/2007/33-8879.pdf.
460Vgl.dazueingehendBloom/Cenker,TheDeathofLifo?, JournalofAccoun-tancy,Januar2009,abrufbarunterhttp://www.journalofaccountancy.com/issu-es/2009/jan/deathofLifo.htm.
461Vgl.BriefdesFASBandieSECvom7.11.2007,abrufbarunterhttp://www.fasb.org/cs/BlobServer?blobcol=urldata&blobtable=MungoBlobs&blobkey=id&blobwhere=1175818772343&blobheader=application%2Fpdf.
123
3. GKKB
ObwohldieLifo-Methodein19der27MitgliedsstaatenderEUalsMethodefürdieBewertungvonVorratsvermögenfürsteuerlicheZweckezugelassenist,462siehtderVorschlagderEuropäischenKommissionfüreineRichtliniedesRatesübereineGemeinsameKonsolidierteKörperschaftsteuer-Bemes-sungsgrundlage(GKKB)vom16.3.2011463–inAnlehnunganIAS2–keineBewertungnachderLifo-Methodevor.VielmehrheißtesinArtikel29„Vor-räteundunfertigeErzeugnisse“:
„Die Kosten von Vorräten und unfertigen Erzeugnissen, die norma-lerweise nicht austauschbar sind, sowie von hergestellten Gütern und Dienstleistungen, die für bestimmte Vorhaben getrennt werden, werden einzeln ermittelt. Die Kosten anderer Vorräte und unfertiger Erzeugnis-se werden nach dem First-in-First-out-Verfahren (FIFO) oder nach der gewichteten Durchschnittsmethode ermittelt.“
Auch der dänische Präsidentschaftsvermerk vom 4.4.2012,464 der in derAprilsitzungderRatsgruppe„Steuerfragen“zurDiskussiongestelltwurde,stelltdieseRegelungnichtinFrage.
4. EntwurfeinerneuenJahresabschluss-RL
Eine ähnlicheVorstellungverfolgt dieEuropäischeKommissionnunmehrauch für die handelsrechtlicheRechtslage, indem sie dort gleichfalls eineAbschaffungderLifo-Methodeanstrebt.SoheißtesinArtikel11Nr.8desEntwurfs einer „Richtlinie über den Jahresabschluss, den konsolidiertenAbschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmterRechtsformen“vom25.10.2011465:
462Vgl.StudievonCPBNetherlands„TheeconomiceffectsofEU-reformsincor-porateincometaxsystems“zurGKKBFolgenabschätzung,Okober2009,ab-rufbar unter http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/publications/stu-dies/index_de.htm.
463KOM(2011)121/4;abrufbarunterhttp://ec.europa.eu/taxation_customs/taxati-on/company_tax/common_tax_base/index_de.htm.
464Abrufbar unter http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/12/st08/st08387.en12.pdf.
465KOM(2011)684endg.
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„Die Mitgliedstaaten können zulassen, dass der Erwerbspreis oder die Herstellungskosten gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens sowie alle beweglichen Vermögensgegenstände einschließlich der Wert-papiere nach den gewogenen Durchschnittswerten oder aufgrund des ,First in – First out (Fifo)‘-Verfahrens oder eines vergleichbaren Verfah-rens berechnet werden.“
Zwarerscheintes–angesichtsderfunktionalenÄhnlichkeitvonLifoundFifo–naheliegend,auchdieLifo-Methodealsein„vergleichbaresVerfah-ren“ i.S.d. Vorschrift anzusehen. Die englischsprachige Begründung desRichtlinienentwurfes steht einer solchen Interpretation jedoch entgegen,dennsieführtaus:
“[…] this article also excludes the last-in, first-out (LIFO) method of valuation as a permitted valuation method for stocks and fungible items. These changes will ensure better comparability of financial statements.”
IrreführendisthingegendiedeutschsprachigeFassungderEntwurfsbegrün-dung, indervoneinemAusschlussderFifo-MethodedieRede ist.Ange-sichtsdeseindeutigenWortlautsvonArt.11Nr.8desRichtlinienentwurfskannessichhierbei jedochnurumeinVersehenhandeln.DasVerbotderLifo-Methodewird indenpolitischenBeratungenaufeuropäischerEbeneallerdingsdemVernehmennachkeinenBestandhaben;derKommissions-vorschlagstößtindiesemPunktaufWiderstand.Diesüberraschtnicht,wennmandieweitesteuerrechtlicheAnerkennungderLifo-MethodeindenMit-gliedstaatenberücksichtigt.
VI.Überlegungendelegeferenda1. AbschaffungdesLifo-VerfahrensinderHandelsbilanzund
FortführunginderSteuerbilanz
I.R.d.BilanzrechtsmodernisierunghatsichderdeutscheGesetzgeber2009–nichtzuletztmitRücksichtauf§6Abs.1Nr.2aEStG–bewusstfüreinFesthaltenanderLifo-MethodeinderHandelsbilanzentschieden.466DieseEntscheidunghättegemessenandenZielsetzungendesBilMoG(u.a.einegewisseAnnäherungdernationalenRechnungslegungandieIFRS/IAS)467
466Vgl.BT-Drucks.16/10067,62.467DazuBT-Drucks.16/10067,34:„…maßvolle Annäherung der handelsrechtli-
chen Rechnungslegungsvorschriften an die IFRS“.
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auchandersausfallenkönnen,dadieLifo-Methode–wieobendargestellt468– nach den IFRS/IAS nicht (mehr) zulässig ist.Aus rein nationaler SichtsindgegenwärtigkeineBestrebungenerkennbar,dieLifo-Bewertunghan-delsrechtlichaufzugeben.AllerdingsenthältArt.11Abs.8desVorschlagsderEU-KommissionfüreineRichtlinieüberdenJahresabschluss,denkon-solidiertenAbschlussunddamitverbundeneBerichtevonUnternehmenbe-stimmter Rechtsformen vom 25.10.2011469 eine entsprechende Beschrän-kung des bisherigen Mitgliedstaatenwahlrechts nach Art. 40 Abs. 1 derViertenRL.SolltedieserVorschlagumgesetztwerden,müsstederdeutscheGesetzgeber§256S.1HGBdahingehendändern,dasshandelsrechtlichnurnoch eine Bewertungmit gewogenenDurchschnittswerten oder nach derFifo-Methodezulässigwäre.
DieKommissionbegründetihrenÄnderungsvorschlagdamit,dassdievor-gesehenen Änderungen „eine bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssengewährleisten“würden.470Daran ist richtig, dass jede Einschränkung vonMitgliedstaatenwahlrechtengeeignetist,dieVergleichbarkeitvonJahresab-schlüsseninnerhalbEuropaszuverbessern.Ferneristzuzugeben,dassbeieinerstriktenDeduktionausdenJahresabschlusszielen–Vermittlungeinesden tatsächlichenVerhältnissenentsprechendenBildsderVermögens-undErtragslage–dieFifo-FiktiondenökonomischenSachverhaltvielfachbes-serabbildendürftealsdieLifo-Fiktion.471DaesaberdemSinngehaltvonVerbrauchsfolgefiktionenwidersprechenwürde,injedemEinzelfalldiedentatsächlichenVerhältnissenbesserentsprechendeVerbrauchsfolgezuermit-teln,erscheintdiegeltendeRegelunginArt.40Abs.1VierteRLjedenfallsunterVereinfachungsgesichtspunktenkonsequenter.Ferneristzubeachten,dass die europäischen Jahresabschlussrichtlinien wegen unterschiedlicherRechnungslegungstraditionen in den Mitgliedstaaten zwangsläufig immereinengewissenKompromisscharakterhabenwerden.InsoweitdürfteesfürdieZulässigkeitderLifo-MethodeaucheinewichtigeRollespielen,obdie-seBewertungsmethodeineinzelnenMitgliedstaaten–wieinDeutschland–auchfürZweckedersteuerlichenGewinnermittlungakzeptiertwird.DennindiesemFallerscheinteinGleichlaufvonHandels-undSteuerrechtschonausGründenderBewertungsvereinfachungwünschenswert,umdenUnter-nehmenunterschiedlicheWertansätze inHandels-undSteuerbilanzzuer-
468Vgl.obenV.1.469KOM(2011)684endg.470Vgl.KOM(2011)684endg.471DazunurSiegel,DB1991,1941,1942f.
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sparen. ImGanzengibtesalsosachlicheGründe,andembisherigenMit-gliedstaatenwahlrechtfestzuhalten.DemVernehmennachsollArt.11Abs.8desKommissionsvorschlagsauchindenlaufendenBeratungenaufeuropäi-scherEbeneaufWiderspruchseitensderMitgliedstaatengestoßensein.So-weitesdemRichtliniengebeninersterLinieumeineVerbesserungdesIn-formationsgehalts des Jahresabschlusses geht („true-and-fair-view“),wäreauchdaranzudenken,dieAnwendungderLifo-MethodeanzusätzlicheAn-gabepflichtenzuknüpfen,wasallerdingsdemVereinfachungsgedankenzu-widerlaufenwürde.
Unabhängig von den Realisierungschancen des KommissionsvorschlagsstelltsichdieFrage,obeineStreichungderLifo-MethodeinderHandels-bilanz einhinreichenderGrundwäre, dieLifo-Methodeauch für steuerli-cheZweckeaufzugeben. Insoweit zeigt einBlickaufdiehistorischeEnt-wicklungderLifo-Bewertung inDeutschland,dasseskeinenzwingendenGleichlauf von Handels- und Steuerbilanz bei der Frage derVerbrauchs-folgeverfahrengibt.Gehtman–abweichendvonderhiervertretenenAn-sicht472–mitdemBMF-Schreibenvom12.3.2010davonaus,dassdersteu-errechtlicheWahlrechtsvorbehaltin§5Abs.1S.12.HS.EStGseit2009eine unterschiedliche Vorratsbewertung in Handels- und Steuerbilanz er-laubt, dann hat es einen solchenGleichlauf inDeutschland nur zwischen1990und2009gegeben.Fernerhat dasSteuerrechtdieFifo-Methode alsreineVerbrauchsfolgefiktionbisheutenichtakzeptiert(wahrscheinlich,umweitere Gestaltungsoptionen auszuschließen). Schon diese Beobachtungzeigt,dassderSteuergesetzgeberanderLifo-Methodealsreinsteuerrecht-lichesBewertungsvereinfachungsverfahrengrundsätzlichauchdannfesthal-tenkönnte,wenndiesez.B. aufgrundgeändertergemeinschaftsrechtlicherVorgabenhandelsrechtlichabgeschafftwürde.Dies folgtnichtnurdaraus,dassderdeutscheSteuergesetzgeberandieVorgabenderBilanzrichtliniennichtgebundenist.AuchinteleologischerHinsichtistzubeachten,dassdieSteuerbilanzimUnterschiedzumhandelsrechtlichenJahresabschlusskeinenInformationszweckendient,sodasseineinersterLiniemitInformationsge-sichtspunktenbegründeteAbschaffungderLifo-MethodedurchdenRicht-liniengeberkeineAuswirkungenaufdieSteuerbilanzhabenmüsste.
Außer Frage steht jedoch, dass einAuseinanderfallen von Handels- undSteuerbilanzimBereichderBewertungsvereinfachungnichtwünschenswertist.DiesergibtsichausdengleichenErwägungen,diebereitsimZusammen-
472DazuobenIV.4.
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hangmit derMaßgeblichkeit ausgeführtworden sind.473VerstehtmandieLifo-MethodealsBewertungsvereinfachungsverfahren,dannwirdnureineeinheitlicheHandhabung inHandels-undSteuerbilanzdiesemZweckun-eingeschränktgerecht,weildenUnternehmenaufdieseWeiseunterschiedli-cheBewertungsansätzeinHandels-undSteuerbilanzerspartwerden.DieserGrundhatauchdenGesetzgeberdesBilMoGbewogen,anderLifo-Methodein§256S.1HGBfestzuhalten,474unddieseBegründungerscheintauchheu-tenochüberzeugend.
SolltesichdasHandelsbilanzrechtgleichwohl(z.B.aufgrundgeändertereu-ropäischerVorgaben)vonderLifo-MethodeverabschiedenundderSteuer-gesetzgeberan§6Abs.1Nr.2aEStGfesthalten,hättediesauchnichtzwin-gendeineÄnderungdesZwecksdersteuerlichenLifo-MethodezurFolge.Siewäre–wennihrAnwendungsbereichnichtgrundlegendgeändertwürde–weiterhinalsBewertungsvereinfachungsmethodeeinzuordnen,undzwarauchdann,wennderGesetzgebermitderAufrechterhaltungdes§6Abs.1Nr.2aEStGdenUnternehmenauchdieMöglichkeitgebenwill,imBereichdesVorratsvermögensdensteuerlichenGewinnausweisbeisteigendenPrei-sen abzumildern. Bei diesem Szenario könnte der Steuergesetzgeber denWortlautdesheutigen§6Abs.1Nr.2aEStGsogarweitgehendunverän-dertlassen.LediglichderGoB-Vorbehaltin§6Abs.1Nr.2aEStGmüss-tegeändertwerden,weildieAnwendungderLifo-Methode inderSteuer-bilanznichtmehrvonihrerVereinbarkeitmitdenhandelsrechtlichenGoBabhängiggemachtwerdenkönnte.WolltemandieanderenbisherausdemGoB-Vorbehalt abgeleiteten Einschränkungen gleichwohl für Zwecke derSteuerbilanzerhalten,müsstendiesedannallerdingsalsgesonderteVoraus-setzungengesetzlich festgeschriebenwerden.Diesgilt z.B. fürdieFrage,obdieLifo-BewertungauchinsolchenFällenzulässigist,indenendieVer-brauchsfolgenachdentatsächlichenVerhältnissenausgeschlossenist.Denk-baristschließlich,dasseinisolierterFortbestandderLifo-MethodeimSteu-errechtmittel- und langfristig gewisseRückwirkungen auf dieAuslegungdes§6Abs.1Nr.2aEStGhabenkönnte.Diesgiltinsbesonderedann,wennderSteuergesetzgeberdieBeibehaltungderLifo-MethodeinderSteuerbi-lanztrotzÄnderungdes§256S.1HGBsogarausdrücklichmitdemZielderVerhinderungderBesteuerungvonScheingewinnenrechtfertigenwür-
473Vgl.obenIV.4.474BT-Drucks.16/10067,62.
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de,wasu.U.zueinemgroßzügigerenVerständnisdesAnwendungsbereichsführenkönnte.475
2. GesetzlicheKonkretisierungdesAnwendungsbereichsderLifo-MethodeimHandelsrecht
Fraglichist,obessichdelegeferendaempfiehlt,denhandelsrechtlichenAn-wendungsbereichderLifo-Methode(undderanderenBewertungsvereinfa-chungsverfahren)–auchmitBlickaufihresteuerrechtlicheAnwendung–in§256S.1HGBnäherzukonkretisieren.Insoweitistzunächstzubeachten,dassderdeutscheGesetzgeberbeiderAusgestaltungderBewertungsmetho-dennicht frei, sondernandieVorgabenderJahresabschluss-RLgebundenist.DeshalbistesDeutschlandz.B.verwehrt,dasLifo-Verfahrenhandels-rechtlichsoauszugestalten,dassesinersterLiniealsInstrumenteinerrein„bilanzpolitischmotiviertenErgebnisverstetigung“eingesetztwerdenkönn-te.476Dieswäreetwaanzunehmen,wenndieLifo-MethodeaufgrundeinerÄnderungdes§256S.1HGBauchaufSachverhalte angewandtwerdendürfte,beideneneinVereinfachungszweckoffensichtlichnichtmehrerkenn-baristodereineentsprechendeVerbrauchsfolgenachdentatsächlichenVer-hältnissenganzausgeschlossenist.DaessichbeiArt.40Abs.1VierteRLumeinMitgliedstaatenwahlrechthandelt,istumgekehrtzuüberlegen,obderdeutscheGesetzgeber denAnwendungsbereichderLifo-MethodebeliebigeinschränkenundihreAnwendungz.B.auchdavonabhängigmachendürfte,dasssie„imWesentlichen“dertatsächlichenVerbrauchsfolgeentspricht.477GegeneinesolcheÄnderungkönntesprechen,dasssiedemgemeinschafts-rechtlichvorgegebenenZweckderBewertungsvereinfachungwiderspricht,weileinkonkreterVergleichzwischendemtatsächlichenunddemunterstell-tenbetrieblichenGeschehensablaufdemVereinfachungsgedankenzuwider-laufenwürde.
Überlegenswert erscheint hingegen eine gesetzliche Konkretisierung desMerkmals der „gleichartige[n] Vermögensgegenstände des Vorratsvermö-gens“in§§240Abs.4,256S.1HGB.EinesolcheÄnderungbegegnetauchgemeinschaftsrechtlichkeinenBedenken,solangesichdieKonkretisierungdesinArt.40Abs.1VierteRLverwandtenBegriffs„gleichartig“amZiel
475ZurFrageeinerweitergehendenAbkoppelungvomHandelsrechtbeiFortbeste-hendes§256S.1HGBvgl.untenVI.3.
476DazuHennrichs,Wahlrechte,400.477IndieseRichtungbereitsdelegelataDöllerer,BB1966,629,631.
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derBewertungsvereinfachungorientiert unddenWesentlichkeitsgrundsatzalsäußereGrenzederBewertungsvereinfachungbeachtet.ZudenkenisthiervorallemaneinenerläuterndenZusatz,dasseine„annäherndeWertgleich-heit“ nicht erforderlich ist.Auf dieseWeisewürde derGesetzgeber nichtnureineseitderEinfügungdes§155Abs.1S.3AktG1965 imSchrift-tumumstritteneundvonderRechtsprechungbislangnichtgeklärteStreit-frageentscheiden,sondernauchden–unterVereinfachungsgesichtspunktenwünschenswerten–GleichlaufzwischenderhandelsrechtlichenRechtslageunddemsteuerrechtlichenVerständniszu§6Abs.1Nr.2aEStGverbes-sernhelfen.FernerhatdieUntersuchunggezeigt,dassesauchdenVertreternder h.M. bisher nicht gelungen ist, einheitlicheMaßstäbedafür zu entwi-ckeln,wanneine„annähernde“Preis-oderWertgleichheitvorliegensoll.478Schließlichistdeutlichgeworden,dasssichausdemmit§§240Abs.4,256S.1HGBverfolgtenVereinfachungszweckohnehinkeinekonkretenundall-gemeingültigenKriterien für eine „annähernde“Gleichwertigkeit ableitenlassen,weshalbauchdieh.M.–jenachabsolutemWertderVermögensge-genstände–unterschiedlichhoheSchwankungsbreitenvorschlägt.ImGan-zendürftedaherdievonderMinderansichtundderFinanzverwaltungver-treteneGrenzziehung,479diein(wesentlichen)PreisunterschiedenlediglicheinIndizfürdiefehlendeGleichartigkeitsieht,demRegelungsziel„Verein-fachung“bessergerechtwerden.
Fraglichist,welcheAuswirkungeneineisolierteÄnderungin§§240Abs.4,256HGBaufdiesteuerrechtlicheBewertungsvereinfachunghätte.ImBe-reichderDurchschnittsbewertungnach§240Abs.4HGBwürdeeineÄnde-rungdesHandelsrechtsüberdieMaßgeblichkeit(§5Abs.1S.1EStG)un-mittelbaraufdiesteuerlicheGewinnermittlung„durchschlagen“.DiesistbeiderLifo-MethodeimAusgangspunktanders,weil§6Abs.1Nr.2aEStGdasMerkmalder„Gleichartigkeit“eigenständigregelt.ZwarsetztnachAnsichtder Finanzverwaltung weder die Durchschnittsbewertung noch die Lifo-MethodeeineGleichwertigkeitderbetreffendenWirtschaftsgütervoraus.480Gleichwohldürfteessinnvollsein,beieinerÄnderungdes§256S.1HGBauch§6Abs.1Nr.2aEStGentsprechendanzupassen,umdengewolltenGleichlaufvonHandels-undSteuerrechtauchgesetzlichklarzustellen.
478Vgl.obenIII.5b.aa.479Vgl.EStRR6.8Abs.4.480Vgl.EStRR6.8Abs.4.
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3. AbkoppelungdersteuerrechtlichenLifo-MethodevomHandelsrecht
AlternativzuÄnderungenimHandelsrechtstelltsichdieFrage,obsichum-gekehrtaucheinevollständigeoderteilweiseAbkoppelungdersteuerrecht-lichen Lifo-Bewertung vom Handelsrecht empfiehlt. Dabei soll zunächsteinevollständigeAblösungvomHandelsrechtbetrachtetwerden,beiderdiesteuerrechtlicheLifo-Methode–ganzentsprechenddenÜberlegungenvonHerzig/Gasper481–nichtmehrnuralsBewertungsvereinfachungsverfahrenverstanden,sondernalseigenständigessteuerlichesInstrumentzurVerhin-derungeinerScheingewinnbesteuerungausgestaltetwird.DerGesetzgeberwürdedamitpraktischdievomBFHinderEntscheidungvom20.6.2000482vermissteteleologische„Anreicherung“des§6Abs.1Nr.2aEStGnachho-len.DieskönntebeispielsweiseinderWeiseerfolgen,dassbeieinerNeufas-sungderZweckderVerhinderungeinerScheingewinnbesteuerungimGe-setzverankertwird(z.B.durchfolgendeErgänzung:„Steuerpflichtige,diedenGewinnnach§5ermitteln,könnenzur Verhinderung des Ausweises von Scheingewinnen fürdenWertansatzgleichartigerWirtschaftsgüterdesVor-ratsvermögensunterstellen,dassdiezuletzt…“).
AllerdingserscheintdieAufnahmeeinessolchenZusatzesfürsichgenom-mennicht ausreichend,umdie steuerlicheLifo-Methode teleologischneuauszurichten.DenndasZielderVerhinderungvonScheingewinnenistfürsichgenommen„inhaltsleer“,solangederGesetzgebernichtauchdurcheineÄnderungderkonkretenVoraussetzungen in§6Abs.1Nr.2aEStGeinebestimmteRichtungvorgibt, inderderAnwendungsbereichderLifo-Me-thodegegenüberdembisherigenRechtszustanderweitertwerdensoll.Al-lerdingskönnteeinegesetzlicheBezugnahmeaufdieScheingewinnbesteu-erungden–unerwünschten–Nebeneffekthaben,dassdieAnwendungderLifo-Methode–ebensowiebeiderfrüherenPreissteigerungsrücklagenach§74EStDVa.F.–denkonkretenNachweiseinerwesentlichenPreissteige-rungvoraussetzenwürde,wasdieUnternehmenmitzusätzlichenDokumen-tationspflichtenbelastenwürde.483FernermüssteinsbesonderederGoB-Vor-behalt entfallen,weilderRechtsanwender anderenfallsbeiderAuslegungzu schwierigenAbwägungen zwischendemZiel derBewertungsvereinfa-
481DB1991,557.482BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.483FüreineBeschränkungderLifo-MethodeaufinflationsbedingtePreissteigerun-
gendelegelataMoxter,DB2001,157,159.
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chungeinerseitsunddemZielderSubstanzerhaltungandererseitsgezwun-genwäre.EineStreichungdesGoB-VorbehaltshätteinsbesonderezurFol-ge,dassdieEinschränkungen,diederBFHimUrteilvom20.6.2000484ausdemGoB-Vorbehaltabgeleitethat,praktischaufgegebenwürden,sodassdasLifo-VerfahrenimSteuerrechtauchinFällenwiedemUrteilssachverhaltzu-lässigwäre,indeneneinVereinfachungszweckpraktischnichtmehrerkenn-bar ist.Bei einemWegfall desGoB-Vorbehaltsmüssten allerdings solcheEinschränkungen,diebishernochausdemGoB-Vorbehaltabgeleitetwor-densindundandenenweiterhinfestgehaltenwerdensoll(mandenkeandieUnzulässigkeitderLifo-MethodebeitatsächlicherUnmöglichkeitderLifo-Verbrauchsfolge),imGesetzkonkretverankertwerden.
WasdensachlichenAnwendungsbereichdersteuerrechtlichenLifo-Metho-deangeht,dürftederSteuergesetzgeberzwarnichtvonderBeschränkungderLifo-Methodeauf„gleichartigeWirtschaftsgüterdesVorratsvermögens“abgehenwollen.Fraglichistaber,obmanamMerkmalder„Gleichartigkeit“ansetztunddievomFinanzausschussdesDeutschenBundestagsbeiEinfüh-rungderLifo-MethodegeäußerteHoffnung,manwerdebeiderGruppen-bildung„nicht kleinlich verfahren“,485 imGesetzeswortlautdes§6Abs.1Nr.2aEStGverankert.Dieskönntez.B.inderWeisegeschehen,dassman–überdieschonbishervonderFinanzverwaltungvertreteneAuffassunghi-naus–festschreibt,dassauchwesentlichePreisunterschiedeeineGruppen-bildungbeiimÜbrigenfunktions-oderartgleichenWirtschaftsgüternnichtausschließen.
JedeAbkoppelung der steuerrechtlichen Lifo-Methode vomHandelsrechtundvomZielderBewertungsvereinfachunghätteallerdingsauchRückwir-kungen auf die steuersystematische Einordnung und gleichheitsrechtlicheRechtfertigungdes§6Abs.1Nr.2aEStG.DieLifo-Methodewirdbisher–zuRecht486–indenSubventionsberichtenderBundesregierungnichtauf-geführt.487DieseEinordnunglässtsichbishermitderÜberlegungrechtferti-gen,dassdieLifo-MethodebeikaufmännischenUnternehmeneinauchhan-delsrechtlichzulässigesBewertungsvereinfachungsverfahrendarstellt,das–
484BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.485Vgl.dazuBT-Drucks.11/2536,47.486Anders–ohneüberzeugendeBegründung–dieBegründungimRegierungsent-
wurf einesGesetzes zumAbbauvonSteuervergünstigungenundAusnahmen(Steuervergünstigungsabbaugesetz),BT-Drucks.15/119,37.
487Vgl.dazunurden23.SubventionsberichtderBundesregierung.
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entsprechenddemGrundgedankenderMaßgeblichkeit–durch§6Abs.1Nr.2aEStGlediglichindasSteuerrechtübernommenwird.AndieserEin-ordnungwirdman nicht ohneWeiteres festhalten können,wennman dieLifo-MethodeinersterLiniealseinaufdasVorratsvermögenbeschränktesInstrumentzurVerhinderungderBesteuerungvon„Scheingewinnen“ver-steht.Denndie„Scheingewinne“,derenBesteuerungverhindertwerdensoll,sindebeneinezwangsläufigeFolgedesNominalwertprinzips,dasdengel-tendenBesteuerungsvorschriftenzugrundeliegt.
MitderFragenachdemSubventionscharaktereinervomHandelsrechtab-gekoppeltenLifo-BewertunghängtauchdieweitereFragenachderverfas-sungsrechtlichenRechtfertigungeinervorrangigauf„Gewinnglättung“aus-gerichtetenLifo-Methodezusammen.DieseFragestelltsichsolangenicht,wiedieLifo-Methodenur ein– auchhandelsrechtlichanerkanntes–Ver-fahrenzurBewertungsvereinfachungdarstelltunddieAbweichungvonderEinzelbewertungmitGründenderMaßgeblichkeitbzw.Wirtschaftlichkeits-erwägungengerechtfertigtwerdenkann.StelltderGesetzgeberaberdasZielder Verhinderung einer „Scheingewinnbesteuerung“ in den Vordergrund,dannbedürfteesinHinsichtaufdenGleichheitssatz(Art.3Abs.1GG)ei-nersachlichenRechtfertigungfürdiesteuerlicheSonderbehandlungdesVor-ratsvermögens.Insoweitwärezumeinendarzulegen,weshalbmangeradeimBereichdesVorratsvermögens undnur für bilanzierendeGewerbetrei-bendepunktuellvomGrundsatzderNominalbewertungabweicht.Zuman-derenwäre–wennmanz.B.aufdieGefährdungdes langfristigenUnter-nehmenserhaltsdurcheineScheingewinnbesteuerungabstellenwollte–zufragen,obeineallgemeineAnwendungderLifo-MethodeimVorratsvermö-gendenAnforderungendesBVerfGgenügt,dasinständigerRechtsprechungbei steuerlichenVergünstigungen verlangt, dass ein „Lenkungszweckmithinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet und gleichheits-gerechtausgestaltetseinmuss“.488Insoweiterscheintesjedenfallsfraglich,obdiebisherigeAnknüpfungandasVorratsvermögendiesenAnforderungenentsprichtoderobeineaufdasProblemderScheingewinnbesteuerungbe-zogenereinsteuerrechtlicheLifo-MethodeaufsolcheBranchen(z.B.NE-Metallwirtschaft) oderRohstoffe (Edelmetalle,Mineralöl etc.) beschränktwerdenmüsste, in denen Preisschwankungen (durch Inflation oder ande-reEreignisse)inderPraxistypischerweisebesondersgravierendausfallen.DieserAnsatzentsprächeletztlichderzwischen1985und1990bestehendenRechtslage,beiderdieLifo-Methode lediglich fürbestimmtepreissensib-
488St.Rspr.seitBVerfGv.22.6.1995–2BvL37/91,BVerfGE93,121,148.
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leBranchenzugelassenwar.489ImVergleichzumgeltendenRechtkämeesfolglichnichtzueinerAusweitung,sonderngenauumgekehrtzueinerEin-schränkungderLifo-Methode.
4. ErsatzloseAbschaffungdes§6Abs.1Nr.2aEStG
Fraglich ist,ob sichauchbeiFortbestehendes§256S.1HGBeineAb-schaffungder steuerrechtlichenLifo-Methode empfiehlt.WürdederSteu-ergesetzgeber§6Abs.1Nr.2aEStGersatzlosstreichen,wäreinsoweitderRechtszustandvor1990wiederhergestellt,allerdingsohnedievor1990be-stehenden Ersatzinstrumente zur Berücksichtigung von Preissteigerungeninden§§74,74aEStDV(z.B.diePreissteigerungsrücklage).EineBewer-tungdesVorratsvermögensnachVerbrauchsfolgeverfahrenwäredannzwargrundsätzlichuntersagt.DieLifo-Bewertungbliebe aber inden (eher sel-tenen)Fällen zulässig, indenenderSteuerpflichtige– entsprechendR36Abs.2EStR1955–glaubhaftmachtenkann,„dassinseinemBetriebinderRegeldiezuletztbeschafftenWarenzuerstverbrauchtoderveräußertwordensind–daskannsichz.B.ausderArtderLagerungergeben“.DennsoweitLifodertatsächlichenVerbrauchsfolgeimeinzelnenBetriebentspricht, istsiesteuerrechtlichnichtnurzulässig,sondernauchgeboten.Diesergibtsichschlichtdaraus,dassdievereinfachteBewertungdesVorratsvermögensmitdemgewogenenDurchschnittnurdortsachgerechtist,wokeinebesonderenAnhaltspunkteüberdietatsächlicheVerbrauchsfolgebestehen.490
Wennmanversucht,diepraktischenKonsequenzeneinerAbschaffungdes§6Abs.1Nr.2aEStGfürdiewesentlichenFallgruppenaufzuzeigen,solas-sensichvierArtenvonBetriebenunterscheiden:
Betriebe, bei denen die tatsächliche Verbrauchsfolge zwar nicht der Lifo-Methode entspricht, bei denen die Lifo-Methode mit dem tatsäch-lichen Geschehensablauf aber nicht völlig unvereinbar ist, dürften die Lifo-Methode nicht länger anwenden und müssten für Zwecke der steu-erlichen Gewinnermittlung auf eine Bewertung zum gewogenen Durch-schnittswert oder auf eine Einzelbewertung umstellen. Dies dürfte für die wohl überwiegende Zahl der Betriebe zutreffen, die gegenwärtig noch in der Steuerbilanz das Lifo-Verfahren anwenden.
489Vgl.obenII.5.490Vgl.auchBFHv.15.2.1966–I95/63,BStBl.III1966,274.
134
Betriebe, bei denen die Lifo-Methode dem tatsächlichen Geschehensab-lauf entspricht (z.B. aufgrund der Lagerung des Vorratsvermögens), wä-ren weiterhin berechtigt, ihre Vorräte nach der Lifo-Methode zu bewer-ten.
Betriebe, die aufgrund von technischen Voraussetzungen (z.B. computer-gesteuerte Hochregallager) oder nach den tatsächlichen Verhältnissen die Verbrauchsfolge frei wählen können, könnten ihre tatsächliche Ver-brauchsfolge auf „Lifo“ umstellen, um weiterhin nach Lifo zu bewerten. Diese Option findet ihre praktische Grenze dort, wo aus Gründen der Alterung oder der Produktverbesserung ein tatsächlicher Verbrauch der Lagerbestände nach der Lifo-Methode nicht möglich ist.
Fraglich ist schließlich, wie im Sonderfall des Metallumlaufstocks zu verfahren ist. Hier hatte der BFH zumindest für das Umarbeitungsge-schäft eine Gewinnrealisierung durch Vermischung verneint.491 Für sol-che Betriebe der Halbzeugbranche wäre zu überlegen, ob die seit der Einführung der Lifo-Methode 1990 praktisch nicht mehr relevante Rechtsprechung wieder zur Geltung käme.492
Insgesamtistfestzustellen,dasseineAbschaffungderLifo-MethodeindenletztendreiFallgruppenvoraussichtlichzudeutlichmehrPrüfungsaufwandundRechtsstreitigkeitenführenwürde,weildieVereinbarkeitderLifo-Be-wertungmitdemtatsächlichenbetrieblichenGeschehensablauffürdenkon-kretenEinzelfallgeklärtwerdenmüsstebzw.dieAnwendbarkeitderaltenBFH-Rechtsprechungzuprüfenwäre.InderdrittenFallgruppewürdesichzudemdieRechtsfragestellen,obdietatsächlicheVerbrauchsfolgeauchdortfürdiesteuerrechtlicheBewertungrelevantseinsoll,woderSteuerpflichti-gedie tatsächlicheVerbrauchsfolgeaufgrundder technischenVerhältnissepraktischfreiwählenkann.493DasStreitpotentialdürftesichweitererhöhen,wennesinZukunftimZugederBewältigungderFinanz-undSchuldenkrisezudeutlichhöherenInflationsratenkäme,sodassdasThema„Scheingewinn-besteuerung“ fürdieWirtschaft insgesamteinegrößerepraktischeBedeu-
491Vgl.BFH-Gutachtenv.26.8.1960–ID1/59U,BStBl.III1961,31.492IndiesemZusammenhang istdaraufhinzuweisen,dassesauchnachEinfüh-
rungdes§6Abs.6EStGFällegibt,indenen(wiez.B.beiderUmlegungvonGrundstücken i.R.d. Flurbereinigung) eine Gewinnrealisation verneint wird(vgl.dazuKulosa,inL.Schmidt,§6Rz.734.
493Sohältz.B.Siegel,DB1991,1941,1943,dietatsächlicheVerbrauchsfolgeausökonomischerSichtfürgänzlichirrelevant.
135
tunggewinnenwürde.Schonheutedürftezumindest insolchenBranchenmiterheblichemWiderstandgegeneineAbschaffungderLifo-Methodezurechnensein,diewiedieEdelmetall-oderNE-Industrieschon immermitstarkschwankendenRohstoffpreisenzukämpfenhatten.
Betrachtetman die Rechtsentwicklung der letzten 60 Jahre, so lässt sichfeststellen,dassdasProblemederScheingewinnbesteuerungdenSteuerge-setzgeber seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland beschäftigthat.Währenderzunächstpunktuellundmitoriginär steuerrechtlichen In-strumenten(Preissteigerungsrücklage,Importwarenabschlag,RücklageausBilligkeitsgründen) aufdieseProblem reagiert hat,wurdeMitteder80er-Jahre die Lifo-Methode zunächst branchenbezogen und dann allgemeinsteuerrechtlich zugelassen. Diese Beobachtung zeigt, dass eineAbschaf-fungderLifo-BewertungimVorratsvermögennichtnurdieobendargeleg-tenFolgefragenaufwerfenwürde,sondernhöchstwahrscheinlichauchnichtohnegleichzeitigeWiedereinführung alternativer Instrumente zurBerück-sichtigungvonPreisschwankungenmöglichwäre.494UnterdieserPrämissegehtesalsowenigerumdieAlternative„AbschaffungoderFortbestandderLifo-MethodeinderSteuerbilanz“,sonderndarum,obdieLifo-MethodeimVergleichzualternativenInstrumenten(dazugleich)dievorzugswürdigereAlternativedarstellt.BeidieserSichtweisesprichtvielesfürdengegenwär-tigenRechtszustand,dernichtnurdemSteuergesetzgeberdieAusgestaltungunddenVollzugvonpunktuellenSonderregelungenerspart, sondernauchdenUnternehmendieÜbernahmehandelsrechtlicherBewertungsansätzeindasSteuerrechterlaubt,waseinenichtunerheblicheVereinfachungbedeutet.SchließlichentsprichteineweitgehendvereinheitlicheBewertungsvereinfa-chunginHandels-undSteuerbilanzauchderGrundentscheidungdesSteuer-gesetzgeberszugunstenderMaßgeblichkeit.DenndiefürdasHandelsrechtgeltendenVereinfachungserwägungentreffeningleichemMaßeauchfürdieSteuerbilanz zu, sodass es –wie oben dargelegt – auch vor 1990 eigent-lichkeinenwirklichüberzeugendenGrundgab,diehandelsrechtlicherlaubteLifo-Methodesteuerrechtlichnichtzuzulassen.
494Anders aber der Regierungsentwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes2002,BT-Drucks.15/119,37,unterHinweisaufdieabgesenktenSteuersätze.
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5. AlternativeInstrumentezursteuerlichenBerücksichtigungvonPreissteigerungen
SolltederSteuergesetzgebernachsteuerrechtlichenAlternativenzumgelten-den§6Abs.1Nr.2aEStGsuchen,kämewohlnurdieRückbesinnungaufdiealtePreissteigerungsrücklagenach§74EStDVa.F.inBetracht.Siestell-te (abgesehenvomImportwarenabschlagnach§80EStDVa.F.)zwischen1955und1990dieeinzigegesetzlicheRegelungdar,diespezielldemZweckdiente,dieBesteuerungvonScheingewinnenzumildern.AndersalsdieLifo-MethodesetztediefrüherePreissteigerungsrücklagenichtbeiderBewertungdesVorratsvermögensan,sodassauchdasNominalwertprinzipformalunan-getastetblieb.495EswurdelediglichdersteuerpflichtigeGewinndurcheinesteuerfreieRücklagevorübergehendneutralisiert,derenBildungalleininderSteuerbilanzerfolgenkonnte (keineumgekehrteMaßgeblichkeit). In sach-licherHinsicht setzt dieBildung einer Preissteigerungsrücklage eine „we-sentliche“Preissteigerungvoraus(mehrals10%),sodassderSteuerpflichti-geeinePreissteigerungbiszu10%selbsttragenmusste(Selbstbehalt).DieRücklageführtlediglichzueinerbefristetenSteuerstundung(Liquiditätsge-winn),dasienacheinigenJahren(zuletztzumEndedesaufdieBildungfol-gendensechstenWirtschaftsjahres)gewinnerhöhendaufzulösenwar.
VergleichtmandiePreissteigerungsrücklagemitderAnwendungderLifo-Methode, so ergeben sich einigeUnterschiede,diedenGesetzgeberEndeder80er-Jahrebewogenhaben,dieLifo-Methodeauchsteuerlichzuzulas-sen.Zunächstistfestzustellen,dassdieBildungderPreissteigerungsrückla-gealsoriginärsteuerrechtlichesInstrumentmitnichtunerheblichenVerwal-tungskostenbeidenUnternehmenunddenüberwachendenFinanzbehördenverbundenwar.DennesbedurftestetsdesNachweiseseiner(wesentlichen)Preissteigerung für die jeweiligeGruppe von begünstigtenWirtschaftsgü-ternunddergesondertenErmittlungderHöhederPreissteigerungsrückla-geunterBerücksichtigungdesSelbstbehalts.FernermusstendiegebildetenRücklagen(unterBeachtungetwaigerPreissenkungen)fortgeschriebenundnachAblaufdergesetzlichenHöchstdaueraufgelöstwerden.DemgegenüberhatdieLifo-MethodenichtnurdenVorzug,dass sie imEinklangmitderHandelsbilanzaufderEbenederBewertungangewandtwerdenkannunddemSteuerpflichtigeneinenzusätzlichenVerfahrensaufwanderspart.Sieer-möglichtesdenUnternehmenauch,dass–soweiteineentsprechendeVer-brauchsfolgenichtnachdentatsächlichenVerhältnissenganzausgeschlos-senist–niedrigeAnschaffungskostendauerhaftbilanziellerhaltenbleiben,
495Vgl.Mayer-Wegelin,DB1982,2052,2054.
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währenddiePreissteigerungsrücklagelediglichzueinertemporärenEntlas-tung führt.Dieses systembedingteDefizit einer zeitlichbefristeten steuer-freienRücklagewarauchderGrund,weshalbderGesetzgeberbereits1985dieLifo-MethodeimEdelmetallbereichzugelassenhatte.ImGanzenistfest-zustellen,dassdiePreissteigerungsrücklage imVergleichzurLifo-Bewer-tungnureine„second-best-Lösung“darstellt.
6. VergleichendeBetrachtung
Wennman versucht, die vorstehendenÜberlegungen zusammenzuführen,dannlassensichfolgendeFeststellungentreffen.Handelsrechtlichgibtes–entgegendenVorschlägenderEU-Kommission–keinenzwingendenGrundfürdieAbschaffungderLifo-Methode.VielmehrentsprichtesdemGrund-gedankenvonVerbrauchsfolgefiktionen,dassdenUnternehmenschonausVereinfachungsgründendieWahlzwischenmehreren–grundsätzlichdenk-baren –Verbrauchsfolgefiktionen belassenwird, sodass dieLifo-MethodenebendemFifo-Verfahrenweiterhinerlaubt seinsollte.SolangedasHan-delsrecht neben der Durchschnittsbewertung auchVerbrauchsfolgeverfah-ren als weitere Bewertungsvereinfachungsverfahren erlaubt, sollte auchder Steuergesetzgeber entsprechend demGrundgedanken der steuerlichenMaßgeblichkeit der handelsrechtlichen Gewinnermittlung für das Steuer-rechtauchdieLifo-MethodealsVerfahrenzurvereinfachtenBewertungzu-lassen.SolangedieLifo-Methodeauchsteuerrechtlich lediglichdiedurch§256S.1HGBgezogenenGrenzenalsBewertungsvereinfachungsverfah-renübernimmt,gibtesauchingleichheitsrechtlicherHinsichtkeineBeden-kengegendieseBewertungsmethode.Demstehtauchnichtentgegen,dassdieLifo-MethodeimErgebnisbeisteigendenPreisenzueinemgeringerenErgebnisausweisführtundderGesetzgeberdamitdenUnternehmeneinIns-trumentzurpartiellenVerhinderungeinerScheingewinnbesteuerungimVor-ratsvermögeneröffnet.Diesgiltjedenfallsdann,wenndieseWirkungswei-selediglicheingesetzgeberischesMotivundnichtdenvorrangigenZweckdersteuerlichenLifo-Bewertungdarstellt.EinAusbaudersteuerlichenLifo-MethodezueinemeigenständigensteuerrechtlichenInstrumentzurVerhin-derungvonScheingewinnenistzwardenkbar,bedürfteaberalsAbweichungvomNominalwertprinzipeinersachlichenRechtfertigungundüberzeugen-dentatbestandlichenEingrenzung.EineAbschaffungderLifo-MethodeundeineRückkehrzuraltenPreissteigerungsrücklagesindnichtzuempfehlen.
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VII. ZusammenfassungderErgebnisse(1)Die Lifo-Methode gehört inDeutschland seit den 50er-Jahren zu denhandelsrechtlichzulässigenBewertungsvereinfachungsverfahrenundwurdeerstmalsin§155Abs.1S.3AktG1965gesetzlichverankert.ImSteuerrechthabendieFinanzgerichtedieAnwendungderLifo-Methode–andersalsdieDurchschnittsbewertung–stetsfürunvereinbarmitdemdeutschenEinkom-mensteuerrechtgehalten.496DieshatdenSteuergesetzgeberderNachkriegs-zeit veranlasst, zur Lösung des Problems der ScheingewinnbesteuerungaufandereInstrumentezurückzugreifen(Preissteigerungsrücklage).DieserRechtszustandändertesicherstdurchdieEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStG1990,mitdemdieLifo-Methode–verbundenmiteinemGoB-Vorbe-halt–auchsteuerlichzugelassenwurde.
(2)DieUntersuchungderhandelsrechtlichenGrundlagenhatergeben,dasssichdieLifo-MethodewiedieanderenBewertungsvereinfachungsverfahrenauf denGedanken der „Wirtschaftlichkeit“ der Rechnungslegung zurück-führenlässt.AllerdingswirdmitdemHinweisaufdenWirtschaftlichkeits-grundsatzdasSpannungsverhältniszwischenEinzelbewertungundBewer-tungsvereinfachungzunächstnurbeschrieben,abernochnichtgelöst,weilsichdiemiteinerBewertungsvereinfachungverbundenenVorteilenichtein-fachgegenmöglicheVerzerrungendesVermögens-undErgebnisausweisesabwägen lassen.Daranändert sichnurwenig,wennmandasWesentlich-keitsprinzipandieStelledesWirtschaftlichkeitsgedankenssetzt.DieseUn-schärfedürfteeinHauptgrunddafürsein,dassüberdieGrenzeneinerver-einfachtenBewertung(undinsbesonderederZulässigkeitderLifo-Methode)bisheutekeineletzteEinigkeiterreichtwerdenkonnte.
(3)§256S.1HGBerlaubtnurbei„gleichartigen“VermögensgegenständendesVorratsvermögennebeneinervereinfachtenBewertungmitdemgewo-genenDurchschnittswert(vgl.die§§240Abs.4,256S.2HGB)aucheineBewertungnachdemLifo-Verfahren.Bei derPrüfungderGleichartigkeitkommtesvorrangigaufdieArt-undFunktionsgleichheitan.Eineannähern-de„Gleichwertigkeit“istentgegenderwohlnochh.M.keinezwingendeVo-raussetzung für eine vereinfachteBewertung.DerGrundsatz derWesent-lichkeitgebietetvielmehreineaufdietatsächlichenVerhältnissebezogeneBetrachtungsweise,beiderauchdie relativeBedeutungderzusammenge-fasstenVermögensgegenständezuberücksichtigenist.Fernerdürftenerheb-liche Preisabweichungen regelmäßig ein Indiz für eine fehlendeArt- undFunktionsgleichheitdarstellen.
496SoausdrücklichOFH-Gutachtenv.3.6.1949–ID2/49,OFHE54,338.
139
(4)DemBFH-Urteilvom20.6.2000497istdarinzufolgen,dassdieLifo-Me-thodehandelsrechtlichnurVereinfachungszweckendient.DieVerhinderungdesAusweisesvonScheingewinnenbzw.dieSubstanzerhaltungsinddaherlediglicheineFolgederAnwendungdiesesVerfahrens,nichtaberseinge-setzgeberischerZweck.DaranhatsichauchdurchdieEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStGnichtsgeändert.
(5)Entgegenden rechtweit formuliertenAussagendesBFH-Urteils vom20.6.2000498stehtderGoB-Vorbehaltdes§256S.1HGBundderTelosderBewertungsvereinfachungsverfahrenderAnwendungderLifo-Methodele-diglichinAusnahmefällenentgegen.AuchdievomBFHaufgestelltenAus-schlusskriterien,diezudemstetskumulativerfülltseinmüssen,umschreibenlediglichinallgemeinerFormden„Ausnahmefall“,indemeinevereinfachteBewertungtrotzansichgleichartigerVermögensgegenständegegendieGoBverstößt,weilsieerkennbarnichtmehrvomVereinfachungsgedankengetra-genwird.Fürdieses„Regel-Ausnahmeverhältnis“sprichtinsbesonderederNormzweckder§§240,256HGB,weilderkonkreteNachweiseinesüber-wiegenden Vereinfachungseffekts demWirtschaftlichkeitsprinzip und derVereinfachung zuwiderlaufenwürde.Konkret folgt daraus, dass dieLifo-Methodeauchbei„höherwertigen“VermögensgegenständengrundsätzlichzulässigistundauchdurchdielediglichtheoretischeMöglichkeiteinerEin-zelbewertung aufgrundmoderner Lagerungssysteme nicht ausgeschlossenwird.FerneristeinevereinfachteBewertungaufgrunddesGoB-Vorbehaltsin§256S.1HGBausgeschlossen,wenndiegewählteVerbrauchsfolgemitdemtatsächlichenbetrieblichenGeschehensablaufschlechthinunvereinbarist.SchließlichunterliegtdieWahlzwischenmehrerenvereinfachtenBewer-tungsmethodendemStetigkeitsgrundsatz.
(6)DiesteuerrechtlicheAnalysedesLifo-Verfahrenshatgezeigt,dassesbeisystematischerBetrachtungnurschwerlichnachvollziehbarist,warumdieLifo-MethodevorEinführungdes§6Abs.1Nr.2aEStGtrotzihrerhandels-rechtlichenNormierungnachallgemeinerAuffassung fürdieSteuerbilanznicht anerkanntwurde.SeitdemdasEinkommensteuergesetz dieLifo-Be-wertungausdrücklicherlaubt,hatsichdieseFragejedocherledigt.
(7) In seinem sachlichenAnwendungsbereich und seinenTatbestandsvor-aussetzungenstimmt§6Abs.1Nr.2aEStGvollumfänglichmit§256S.1HGB–demernachgebildetist–überein.InsbesondereistdasMerkmalder
497BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.498BFHv.20.6.2000–VIIIR32/98,BStBl.II2001,636.
140
„Gleichartigkeit“nachderhiervertretenenAuffassunghandels-undsteuer-rechtlichübereinstimmenddergestaltauszulegen,dasseinefehlendeGleich-wertigkeit inbeidenRechtsbereichen lediglichein Indiz füreine fehlendeGleichartigkeitdarstellt.ZudemistderAnwendungsbereichdes§6Abs.1Nr.2aEStGnichtdurcheineneigenenRegelungszweckderVermeidungvonScheingewinnbesteuerungenauchaufsolcheFälleerweitertworden,inde-nendieLifo-BewertunggegendiehandelsrechtlichenGoBverstößt.
(8)Gehtman–mitgutenGründen–davonaus,dassdieformelleMaßgeb-lichkeitauchnachBilMoGweiterhinBestandhatund§5Abs.1S.1HS.2EStGsichnuraufSubventionswahlrechtebezieht,kanndasWahlrechtzurLifo-Bewertung inderHandels-undderSteuerbilanznur einheitlichaus-geübtwerden.UnterdieserPrämisseistzudemauchi.R.d.Lifo-BewertungzwingenddashandelsrechtlicheNiederstwertprinzipzubeachten,wassteu-erbilanziell zu einem Gebot der Teilwertabschreibung führt. DieAbwei-chungvonder einmalgewähltenLifo-BewertungbedarfderZustimmungderFinanzverwaltung.HierbeihandeltessichumeineErmessensentschei-dung,diesichamStetigkeitsgebotzuorientierenhat.
(9)ImRechtsvergleichergibtsicheingemischtesBild,wasdieZulässigkeitderLifo-Methodeangeht.WährendsienachIFRS/IASheutenichtmehrer-laubtist,findetsieindenUS-GAAPundauchimUS-amerikanischenSteu-errechtweiterhinAnwendung.AufeuropäischerEbeneistdieLifo-Methode–abweichendvonArt.40Abs.1VierteRL–indenVorschlägenderEU-KommissionfüreineGKKBundeinegeänderteJahresabschluss-RLbishernichtmehrvorgesehen.
(10)Delegeferendagibtes–insbesonderewennArt.40Abs.1VierteRLnichtgeändertwird–handelsrechtlichkeinenzwingendenGrundzurAb-schaffungderLifo-Methode.FernersprichtdasmitdenVerbrauchsfolgeme-thodenverfolgteVereinfachungsanliegendafür,denUnternehmendieWahlzwischen mehreren grundsätzlich denkbaren Verbrauchsfolgefiktionen zubelassen.SolangedieLifo-Methodehandelsrechtlichanerkanntbleibt,solltedasSteuerrechtschonmitRücksichtaufdenGrundgedankendersteuerlichenMaßgeblichkeitdieLifo-MethodeebenfallsalsVerfahrenzurvereinfachtenBewertungzulassen.EineFortentwicklungder steuerlichenLifo-MethodezueinemeigenständigensteuerrechtlichenInstrumentzurVerhinderungvonScheingewinnen ist zwardenkbar, bedürfte aber als partielleAbweichungvomNominalwertprinzipeinersachlichenRechtfertigungundüberzeugen-dentatbestandlichenEingrenzung.EineAbschaffungderLifo-MethodeundeineRückkehrzuraltenPreissteigerungsrücklagesindnichtzuempfehlen.
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