Die Bedeutung des Gleichgewichts für Motorik, Lernen und ... ·...
Transcript of Die Bedeutung des Gleichgewichts für Motorik, Lernen und ... ·...
Pädagogische Praxis -‐ Dipl.Päd. Jarmila Kraft, M.A. -‐ www.jarmila-‐kraft.de 1
Die Bedeutung
des
Gleichgewichts
für Motorik, Lernen und Verhalten
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
!
Gibt es einen Zusammenhang
zwischen Sinnesbeeinträchtigungen
des Hörens, des Sehens,
des Gleichgewichts
und den Schulleistungen?
2
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
!
8.000 (Vor-‐)Schüler 5 – 19 Jahre alt
Sehschwierigkeiten: 8% auffällig
Hörschwierigkeiten: 10% auffällig
Gleichgewichtsschwierigkeiten:
68% auffällig
3
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
Verschlechterung der Zensuren durch Auffälligkeiten in der Wahrnehmung:
Hör-‐ und Sehprobleme: Mathematik / Sport: -‐0,1-‐ 0,2 Punkte Deutsch: -‐ 0,2 -‐ 0,3 Punkte !Gleichgewichtsprobleme: Mathematik/Sport: -‐ 0,6 Punkte Deutsch: -‐ 0,7 Punkte
4
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
2010 – 2014
Studie zur Evaluation pädagogischer Maßnahmen
nach dem Gleichgewichtskalender
von Dorothea Beigel
mit 17 Interventionsklassen
und 10 Kontrollklassen
Endergebnisse unter: www.bildung-‐schnecke.de 5
Ergebnisse Gleichgewicht
6Quelle: Faltblatt Projekt Schnecke / Bildung braucht Gesundheit II, HKM)
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
Erste Ergebnisse haben bewiesen:
Regelmäßiges Gleichgewichtstraining von wenigen Minuten täglich führt zu
A) signifikanten Verbesserungen in:
▪ Lesefähigkeit
▪ Mathematik
▪ Rechtschreibung
7
8
Ergebnisse Lesetest
Quelle: Faltblatt Projekt Schnecke / Bildung braucht Gesundheit II, HKM
9
Ergebnisse Mathematik
Quelle: Faltblatt Projekt Schnecke / Bildung braucht Gesundheit II, HKM
Projekt „Schnecke – Bildung braucht Gesundheit“ des Hessischen Kultusministeriums 2007 -‐ 2009
B) Zu positiven Veränderungen in: !▪ Feinmotorik ▪ Auge-‐Hand-‐Koordination ▪ Anstrengungsbereitschaft ▪ Lernfreude ▪ Soziale Integration ▪ Gefühl des Angenommenseins ▪ Klassenklima ▪ Wohlbefinden des Kindes in der Schule !
(Einzelheiten s. Faltblatt Projekt Schnecke II, HKM)
10
Sichtbare
Veränderungen
11
Augen-‐Hand-‐Koordination Augenfolgebewegungen Orientierung (Raum-‐Lage)
Ergebnisse Lernfreude
12Quelle: Faltblatt Projekt Schnecke / Bildung braucht Gesundheit II, HKM
!-‐ Meist unbewusst
-‐ Hilfe im Kampf gegen die Schwerkraft
-‐ Aufrichtung und Aufrechthaltung
-‐ Orientierung (Raum-‐Lage)/Koordination
-‐ Bewegungskontrolle (grob-‐ und feinmotorisch)
-‐ Kontrolle der Kopf-‐ und Körperlage usw.
-‐ Regulation des Muskeltonus
13
Gleichgewichtssinn – was ist das?
Gleichgewichtsentwicklung 1
1. Schwangerschaft
!!• 9. SSW : Das Gleichgewichtssystem ist bereits aktiv und gibt dem Kind einen Richtungs-‐ und
Orientierungssinn im Uterus !!• Mütterliches Bewegungsverhalten im letzten Drittel der Schwangerschaft hat Einfluss auf das spätere
Gleichgewicht des Kindes und seine kognitiv-‐intellektuellen Fähigkeiten (Studie G. Teuchert-‐Noodt/A. Schlotmann 2009) !!• Störfaktoren: Stress jeder Art, Bewegungsmangel, Krankheiten, Mangelernährung, Intoxikationen,
Stoffwechselstörungen, Umweltbelastungen
! !
14
Gleichgewichtsentwicklung 2
2. Geburt : Störungen des Gleichgewichts durch:
Stress jeder Art für Mutter und Kind z.B. durch
• Schwierige / operative Geburt / Sturzgeburt
• KISS und andere Verletzungen
• Trennung von der Mutter
• Lebensgefahr
generell
15
Gleichgewichtsentwicklung 3
3. Erstes Lebensjahr: !• Beeinträchtigung der physiologischen Entwicklung, des
Gleichgewichts und der Wahrnehmungssysteme und damit auch der späteren kognitiven Fähigkeiten durch
Maxi-‐Cosi, Wippe, Hopser, Gehfrei & Co
!• „Vorgreifen“ in der Entwicklung durch Sitzhilfen (Stützkissen)
oder Gehhilfen (Puppenwagen / Rasenmäher) sind Kompensationshilfen und dienen nicht der Entwicklung des Gleichgewichts
16
Gleichgewichtsentwicklung 4
4. Störfaktoren im Kindergartenalter !
• Familie: Eltern oft überlastet, wenig Bewegung, Gefahr im Straßenverkehr, Spielplätze ungeeignet, Elektronik im Kinderzimmer
!• Kindergärten: zu große Gruppen, Personal oft überlastet, akademische „Förderung“ am Tisch (Vorschulmappen/PC-‐Kurse)
• Waldkindergärten selten !• Beginn von Therapien auf Symptomebene
17
Gleichgewichtsentwicklung 5
5. Schulzeit !• Zu wenig Schulsport
!• Schulweg per Bus oder Auto
!• TV-‐ und PC-‐Konsum steigt
!• Leistungsdruck in Elternhaus und Schule (G8) !• Aktive Freizeitgestaltung kommt zu kurz
18
Symptomatik im Vorschulalter
Motorische Auffälligkeiten: ▪ Stolperkind, tollpatschig und ungeschickt, ängstlich in neuen
Situationen ▪ Verzögerte motorische Entwicklung im 1. Lj. ▪ Abneigung gegen Höhen / Tiefen, Schaukeln, Karussells, Autofahren ▪ Schlaffer Muskeltonus, bewegungsfaul („Couchpotato“) ▪ Schnelle motorische Entwicklung im 1. Lj. ▪ Ständig in Bewegung, kann nicht still sitzen, kann alles nur
schnell, sehr guter Sportler ▪ Erhöhter Muskeltonus („Rennpferd“) ▪ Neuromotorische Defizite
19
Symptomatik im Schulalter 1
Wahrnehmungsstörungen auf allen Sinnesebenen
(vestibulär, visuell, auditiv, taktil, propriozeptiv, gustatorisch, olfaktorisch)
Probleme beim Erlernen der Kulturtechniken !▪ Orientierungsprobleme in Raum und Zeit
(Raum von 1-‐10, Uhr, chaotisch, unstrukturiert, Uhr -‐) ▪ Störungen der Augenmotorik
(Buchstaben-‐ und Zahlendreher, Lesen-‐, +/-‐ Wechsel, Augen-‐Hand-‐Koordination -‐, chaotische Heftführung)
▪ Unreife Fein-‐/Grafomotorik (Krakelige Schrift, bevorzugt Druckschrift) ▪ Störungen in der Hörverarbeitung (hört / gehorcht nicht, fehlende Aufmerksamkeit)
!
20
21
▪ Konzentrationsprobleme ▪ Leichte Ablenkbarkeit ▪ Langsamkeit (clever, aber Probleme mit der Zeiteinteilung)
▪ Verhaltensauffälligkeiten (kaspert, hält sich nicht an Regeln, aggressiv oder depressiv/weinerlich)
▪ Erschöpfungszustände „Energiefresser“ (durch Kompensation der Defizite)
Blockierung höherer kognitiver Leistungen
Symptomatik im Schulalter 2
22
Gleichgewichtstest mit Ablenkung nach 10 sec. „Umkehrung“
Symptomatik psychosomatisch
!Vegetative Störungen: ▪ Einnässen, Einkoten, Übelkeit, Herzrasen, Atemnot, extremes Schwitzen, Erschöpfungszustände, Überempfindlichkeiten (taktile Abwehr, hörempfindlich, geruchsempfindlich usw.)
!Psychosoziale Verhaltensauffälligkeiten: ▪ Vermeidungsverhalten, Überreaktionen, Herumkaspern, Ängstlichkeit, Aggressivität, Impulsivität, mangelndes Selbstvertrauen, Hypersensibilität (führt zu Kampf-‐oder-‐ Flucht-‐Verhalten aufgrund persistierender Reflexe z.B. infolge Stimulusabhängigkeit)
!
23
24
Erklärungsversuch
Großhirn
Hirnstamm
Vestibulariskerne: !Sammlung und Koordination
von Informationen
Thalamus
Kleinhirn
Hirnstamm
Rückenmark
Sehen Augenmotorik
Hören Hörverarbeitung
!Formatio reticularis
Folgen
Auswirkungen von Gleichgewichtsdefiziten auf die gesamte Wahrnehmung, da alle Sinneseindrücke das vestibuläre System auf Hirnstammebene
passieren, bevor sie weitergeleitet werden.
25
Umkehrschluss
26
Eine Verbesserung des Gleichgewichts führt automatisch
zu Verbesserungen in der Wahrnehmung und damit zu besseren (nicht nur) kognitiven
Leistungen.
Wahrnehmungssysteme / Bewegung
27
Auditiv Visuell Propriozeptiv
Taktil
Vestibuläres System
Olfaktorisch Gustatorisch
FeinmotorikGrobmotorik
Frühkindliche Reflexe
Schutzreflexe
Halte-‐ und Stellreaktionen
Das Labyrinth
28
1. Vestibularorgan (Gleichgewicht): !3 Bogengänge (Cupulaorgane): Informationen über Rotations-‐ beschleunigung !2 Vorhofsäckchen (Sacculus/Utriculus): Informationen über die lineare Beschleunigung vertikal und horizontal und die Lage des Kopfes !2. Cochlea (Hörschnecke/akust. System):
Vom mechanischen Reiz zum elektrischen Signal
29
Funktionsweise
Verarbeitung von Beschleunigung durch: ➢ Bewegung der Lymphe in den Bogengängen, Sacculus und Utriculus !
➢ Reizung der Sinneshaarzellen (mechanisch) !
➢ Signal über N. vestibulocochlearis (elektrisch) !
➢ Hirnstamm – Vestibulariskerne !
➢ Neuronale Verschaltung und Informationsaustausch zwischen Körper und Gehirn !
➢ Langsame Pendel-‐Bewegungen erforderlich! !
30
Therapie?
• Gleichgewichtsstimulation möglich – Individuelles Programm in der Familie – Kindergarten-‐ und Schulprogramm
• Dadurch Verbesserungen auf allen Wahrnehmungs – und Bewegungsebenen
• Nur wenige Minuten täglich ausreichend • Keine Geräte erforderlich • Immer und überall durchführbar • Anpassung an Alter und Konstitution möglich
31
Spiel!
32
Förderung von Anfang an:
✓Viel Bewegung in der Schwangerschaft
✓Vermeidung von unphysiologischen
Hilfsmitteln (Wippe, Gehfrei usw.)
✓Pendelwiege zum Schlafen / Schaukeln
✓Taktile Stimulation durch Körperkontakt
✓Körper-‐Rhythmus-‐Spiele / Singen / Tanzen
✓Freie Bewegung in der Natur
Motivation
Auf Wiedersehen und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
!Dipl.Päd. Jarmila Kraft
Am Rinnweg 5
36037 Fulda
www.jarmila-‐kraft.de
33