Die 29. Internationale Dental-Schau (IDS) des Verbandes ... · Endodontie Der Einsatz von...

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Zahnmedizin aktuell Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 111: 5/2001 599 Zahnmedizin aktuell 27.–31. März 2001 in Köln Die 29. Internationale Dental-Schau (IDS) des Verbandes der Deutschen Dental-Industrie Dr. med. dent. Michael Bornstein, Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie, Bern Die seit 1995 im 2-Jahres-Turnus stattfindende Internationale Dental-Schau (IDS) eröffnet immer wieder neue Perspektiven im Bereich der Arbeitsmittel und Werkstoffe sowie anderer Dentalprodukte für zahnärztliche und / oder zahntechnische Zwecke. Die bei der IDS 2001 in Köln von über 1300 internationalen Austellern demonstrierten Produkte sind das Spiegelbild der derzeitigen Situation auf dem Dentalmarkt. Zu den Exponaten gehören dabei seit Jahren bekannte und anerkannte Geräte und Materialien sowie allerneuste Entwicklungsergebnisse ohne klinische Bewährung. Nach dem grossen Erfolg der IDS ’99 und deren weltweiter Resonanz zählten vom 27. 3.–31. 3. 2001 über 1300 Firmen aus 43 Ländern zum IDS-Austellungs- programm in Köln. Rund 60 000 Fachbe- suchern aus der ganzen Welt bot sich auf einer 92 000 m 2 grossen Ausstellungsflä- che in den Hallen 13 und 14 des Gelän- des der KölnMesse eine beachtliche Pro- duktevielfalt dar. Deutsche und interna- tionale Unternehmen der Dentalbranche präsentierten ihre Innovationen sowie Weiterentwicklungen bestehender be- ziehungsweise bewährter Produkte. Auch über bereits etablierte und seit längerem eingeführte Produkte konnte man sich auf der Messe umfassend informieren und beraten lassen. Im folgenden Bericht über die IDS 2001 sollen nun einige in- teressante Innovationen und Weiterent- wicklungen – nach Fachgebiet geordnet – aus der grossen Palette der Exponate vorgestellt werden. Prophylaxe Auf dem Gebiet der Präventivzahnmedi- zin hat sich wiederum viel getan. Die An- zahl der Neu- beziehungsweise Weiter- entwicklungen bekannter Zahnpasten, -bürsten, Spülflüssigkeiten etc. ist kaum zu überblicken. Ein Trend hin zur «Run- dum»-Prophylaxe mit einer bestimmten Produktelinien ist unverkennbar. Stell- vertretend sollen hier nur einige Beispie- le genannt werden. Die neue Zahnbürstengeneration elmex interX und die neue elmex sensitive Zahnspülung (Gaba) wurden den Besu- chern präsentiert. Mit diesen Produkten besteht nun ein wirkungsvolles Schutz- und Putzsystem bei Karies-, Hypersensi- bilitäts- oder parodontalen Problemen. Mit der Oral-B 3D Excel (Braun) wurde eine neue Elektrozahnbürste vorgestellt, die auf der Technik der Oral-B 3D auf- baut. Neu ist dabei der verkleinerte Os- zillationswinkel und die Erhöhung der pulsierenden 3D-Bewegung auf 340 Hz. Corsodyl (GlaxoSmithKline) hat das An- gebot in Richtung Prophylaxe erweitert und bietet zur Basis-Prophylaxe eine Zahnbürste, eine Daily-Floss-Zahnseide und eine Dental-Aktiv-Zahnpasta an. Um parodontalen Problemen und der Karies vorzubeugen, steht nun ein Zahn- fleisch-Fluid mit 0,06% Chlorhexidin- digluconat beziehungsweise ein Karies- Fluid mit 250 ppm Natrium- und Amin- fluorid und 0,05% Cetylpyridiniumchlo- rid zur Verfügung. Parodontologie Ultraschall-Energie ist zur Bearbeitung harter Werkstoffe immer dann geeignet, wenn es gilt, einen besonders schonen- den Materialabtrag zu gewährleisten. Das Vector-System (Dürr Dental) ermög- licht es, mit einem Ultraschall-Gerät ähnlich umzugehen wie mit konventio- nellen Bohrern. Bisher war dieses System nur für die Parodontaltherapie vorgese- hen, mit neuen Instrumenten, die in das Winkelstück eingesetzt werden, emp- fiehlt sich das Vector-System auch als mi- nimalinvasive Option für die konservie- rende Zahnheilkunde. Immer mehr Bedeutung beim Handling parodontaler Erkrankungen erlangen diagnostische Methoden. So wurden auf der IDS 2001 eine Vielzahl von Tests zur Identifikation unterschiedlichster par- odontaler Risikofaktoren vorgestellt. Ein solcher Test ist zum Beispiel der Geno- Type PRT (Hain Diagnostika), welcher es ermöglicht, das individuelle Parodonti- tisrisiko eines Patienten anhand des In- terleukin-1-Genotyps zu bestimmen. So könnte eine Parodontitis durch gezielte prophylaktische Massnahmen verhindert oder bei bereits vorhandener Erkrankung eine Aussage über die zu erwartende Progredienz gemacht werden. Zahnerhaltung Die Miniaturisierung der Kavitäten mit minimalinvasiver Präparationstechnik ist ein klarer Trend in der konservierenden Zahnheilkunde. Die Skala der dazu dien- enden rotierenden und oszillierenden Instrumente sowie chemo-mechanischer Hilfsmittel wurde erneut ausgedehnt. Auch der Trend zur ästhetisch zufrieden- stellenden Restauration im Seitenzahn- gebiet ist nicht aufzuhalten. Davon zeu- gen viele Verbesserungen im Bereiche der Komposite und der dazugehörigen Ad- häsivsysteme. Mit neuem Konzept und vielen neuen Produkten präsentierte sich Ivoclar Viva- dent an der IDS 2001, von welchen hier stellvertretend zwei genannt werden sol- len. Die Produktefamilie Tetric Ceram wurde durch Tetric Ceram HB ergänzt, ei- ner hochviskösen Form des Füllungsma- Blick auf den Kölner Dom mit seinen 157 Meter hohen Türmen. An der IDS 2001 beteiligten sich auf ei- ner Brutto-Hallenfläche von 92 000 m 2 1301 Unternehmen aus 43 Ländern.

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Zahnmedizin aktuell

27.–31. März 2001 in Köln

Die 29. Internationale Dental-Schau (IDS) des Verbandes der Deutschen Dental-IndustrieDr. med. dent. Michael Bornstein, Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie, Bern

Die seit 1995 im 2-Jahres-Turnus stattfindende Internationale Dental-Schau (IDS) eröffnetimmer wieder neue Perspektiven im Bereich der Arbeitsmittel und Werkstoffe sowie andererDentalprodukte für zahnärztliche und / oder zahntechnische Zwecke. Die bei der IDS 2001 inKöln von über 1300 internationalen Austellern demonstrierten Produkte sind das Spiegelbildder derzeitigen Situation auf dem Dentalmarkt. Zu den Exponaten gehören dabei seit Jahrenbekannte und anerkannte Geräte und Materialien sowie allerneuste Entwicklungsergebnisseohne klinische Bewährung.

Nach dem grossen Erfolg der IDS ’99und deren weltweiter Resonanz zähltenvom 27.3.–31.3.2001 über 1300 Firmenaus 43 Ländern zum IDS-Austellungs-programm in Köln. Rund 60 000 Fachbe-suchern aus der ganzen Welt bot sich aufeiner 92 000 m2 grossen Ausstellungsflä-che in den Hallen 13 und 14 des Gelän-des der KölnMesse eine beachtliche Pro-duktevielfalt dar. Deutsche und interna-tionale Unternehmen der Dentalbranchepräsentierten ihre Innovationen sowieWeiterentwicklungen bestehender be-ziehungsweise bewährter Produkte. Auchüber bereits etablierte und seit längeremeingeführte Produkte konnte man sichauf der Messe umfassend informierenund beraten lassen. Im folgenden Berichtüber die IDS 2001 sollen nun einige in-teressante Innovationen und Weiterent-wicklungen – nach Fachgebiet geordnet– aus der grossen Palette der Exponatevorgestellt werden.

ProphylaxeAuf dem Gebiet der Präventivzahnmedi-zin hat sich wiederum viel getan. Die An-zahl der Neu- beziehungsweise Weiter-entwicklungen bekannter Zahnpasten,-bürsten, Spülflüssigkeiten etc. ist kaumzu überblicken. Ein Trend hin zur «Run-dum»-Prophylaxe mit einer bestimmtenProduktelinien ist unverkennbar. Stell-

vertretend sollen hier nur einige Beispie-le genannt werden.Die neue Zahnbürstengeneration elmexinterX und die neue elmex sensitiveZahnspülung (Gaba) wurden den Besu-chern präsentiert. Mit diesen Produktenbesteht nun ein wirkungsvolles Schutz-und Putzsystem bei Karies-, Hypersensi-bilitäts- oder parodontalen Problemen.Mit der Oral-B 3D Excel (Braun) wurdeeine neue Elektrozahnbürste vorgestellt,die auf der Technik der Oral-B 3D auf-baut. Neu ist dabei der verkleinerte Os-zillationswinkel und die Erhöhung derpulsierenden 3D-Bewegung auf 340 Hz.Corsodyl (GlaxoSmithKline) hat das An-gebot in Richtung Prophylaxe erweitertund bietet zur Basis-Prophylaxe eineZahnbürste, eine Daily-Floss-Zahnseideund eine Dental-Aktiv-Zahnpasta an.Um parodontalen Problemen und derKaries vorzubeugen, steht nun ein Zahn-fleisch-Fluid mit 0,06% Chlorhexidin-digluconat beziehungsweise ein Karies-Fluid mit 250 ppm Natrium- und Amin-fluorid und 0,05% Cetylpyridiniumchlo-rid zur Verfügung.

ParodontologieUltraschall-Energie ist zur Bearbeitungharter Werkstoffe immer dann geeignet,wenn es gilt, einen besonders schonen-den Materialabtrag zu gewährleisten.Das Vector-System (Dürr Dental) ermög-licht es, mit einem Ultraschall-Gerätähnlich umzugehen wie mit konventio-nellen Bohrern. Bisher war dieses Systemnur für die Parodontaltherapie vorgese-hen, mit neuen Instrumenten, die in dasWinkelstück eingesetzt werden, emp-fiehlt sich das Vector-System auch als mi-nimalinvasive Option für die konservie-rende Zahnheilkunde.Immer mehr Bedeutung beim Handlingparodontaler Erkrankungen erlangendiagnostische Methoden. So wurden aufder IDS 2001 eine Vielzahl von Tests zurIdentifikation unterschiedlichster par-

odontaler Risikofaktoren vorgestellt. Einsolcher Test ist zum Beispiel der Geno-Type PRT (Hain Diagnostika), welcher esermöglicht, das individuelle Parodonti-tisrisiko eines Patienten anhand des In-terleukin-1-Genotyps zu bestimmen. Sokönnte eine Parodontitis durch gezielteprophylaktische Massnahmen verhindertoder bei bereits vorhandener Erkrankungeine Aussage über die zu erwartendeProgredienz gemacht werden.

ZahnerhaltungDie Miniaturisierung der Kavitäten mitminimalinvasiver Präparationstechnik istein klarer Trend in der konservierendenZahnheilkunde. Die Skala der dazu dien-enden rotierenden und oszillierendenInstrumente sowie chemo-mechanischerHilfsmittel wurde erneut ausgedehnt.Auch der Trend zur ästhetisch zufrieden-stellenden Restauration im Seitenzahn-gebiet ist nicht aufzuhalten. Davon zeu-gen viele Verbesserungen im Bereiche derKomposite und der dazugehörigen Ad-häsivsysteme.Mit neuem Konzept und vielen neuenProdukten präsentierte sich Ivoclar Viva-dent an der IDS 2001, von welchen hierstellvertretend zwei genannt werden sol-len. Die Produktefamilie Tetric Ceramwurde durch Tetric Ceram HB ergänzt, ei-ner hochviskösen Form des Füllungsma-

Blick auf den Kölner Dom mit seinen157 Meter hohen Türmen.

An der IDS 2001 beteiligten sich auf ei-ner Brutto-Hallenfläche von 92 000 m2

1301 Unternehmen aus 43 Ländern.

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teriales. Als spezielle Indikation wird derSeitenzahnbereich genannt, wo durchdie Konsistenz eine bessere Adaption er-reicht werden soll. Ein neues Restaura-tionssystem zur direkten Füllungsthera-pie wurde präsentiert, bestehend ausdem neuen Komposit InTen-S, demHaftvermittler Excite und der Hochleis-tungs-Polymerisationslampe Astralis 10.Neue Geräte zur Lichtpolymerisationgab es viele zu begutachten, im Folgen-den seien nur zwei erwähnt. Elipar Free-light (3M ESPE) ist ein kabelloses Poly-merisationsgerät auf Basis neuster LED-Technologie. Das Gerät wiegt ca. 200 gund ein schnurloser Dauerbetrieb mitAkku von 45 Minuten ist möglich. AbSeptember 2001 soll das Gerät europa-weit erhätlich sein. Translux Energy(Heraeus Kulzer) besitzt eine Standard-Lichtleistung von 900 mW/cm2. Über denintegrierten Tester kann die aktuelleLichtleistung jederzeit überprüft werden,wodurch die Zuverlässigkeit der Polyme-risation verbessert wird.Die Carisolv-Methode (MediTeam Den-tal) beruht auf einer chemo-mechani-schen Entfernung des kariösen Dentins.Mit dem Carisolv Power Drive – einemdurch einen Mikromotor angetriebenenInstrument – erfuhr diese minimalinvasi-ve Technik eine Weiterentwicklung. Bis-her standen nämlich zur Entfernung deskariösen Gewebes nur speziell ent-wickelte Handinstrumente zur Verfü-gung. Herkömmliche rotierende Instru-mente werden aber nicht ganz ersetzt,häufig müssen nämlich Kavitäten eröff-net oder auch alte Füllungen entferntwerden.

EndodontieDer Einsatz von Nickel-Titan-Instrumen-ten nimmt ständig zu, sodass alle be-kannten Hersteller diese Produkte in ihrSortiment aufgenommen haben. Bis aufdie Anwendung einiger Spezialwinkel-stücke wurde dem Antrieb maschinellerInstrumente bisher wenig Aufmerksam-keit geschenkt. Mit dem ATR-Technika-Endo-Mikromotor (Dentsply Maillefer)wurde ein Gerät zur maschinellen Anwen-dung von GT Rotary Files und Pro-File-Wurzelkanal-Instrumenten entwickelt. Fürjedes Instrument werden dabei die ent-sprechenden Drehmomente und Ge-schwindigkeiten vorgegeben.Mit dem RetroPost-Set (Komet Brasseler)ist nun ein komplettes Stiftsystem zurextraoralen, retrograden Wurzelkanalbe-handlung von traumatisch oder intentio-nal isolierten Zähnen, die re- oder trans-plantiert werden sollen, vorhanden. In

der Schweiz wurde diese Methode vorallem durch die Arbeiten von PD Dr.Andreas Filippi bekannt.

ProthetikVom provisorischen Versorgungsmaterialüber neue Methoden zur Gerüstherstel-lung bis zum Befestigungszement wur-den in beinahe allen Gebieten der festsitzenden und auch abnehmbaren Pro-thetik Neuerungen gezeigt. So steht zumBeispiel mit dem Protemp 3 Garant (3MESPE) eine neue Protemp-Generationfür provisorische Versorgungen zur Verfü-gung, die sich durch eine besondereBruchfestigkeit auszeichnet.Im Blickpunkt der IDS 2001 stand beson-ders die CAD/CAM-Technologie. DasdiGident-Frässystem (Girrbach Dental)soll mit Hilfe der CAD/CAM-Technikden Guss zur Gerüstherstellung im Be-reiche des fest sitzenden Zahnersatzesin vielen Teilen ersetzen. Das diGident-Sytem eignet sich speziell zur Verarbei-tung von Keramik, aber auch Materialienwie Titan, Gold oder Kunststoff könnenbearbeitet und daraus Gerüste für Kro-nen beziehungsweise Brücken herge-stellt werden.Panavia F (Kuraray Dental), ein dualhär-tender Dentalzement, hat eine Weiter-entwicklung erfahren und ist neu in vierunterschiedlichen Farbtönen erhältlich.Neu im Set ist der Alloy Primer, der dieAdhäsionstechnik bei Edelmetallen ent-scheidend vereinfacht. Das bislang not-wendige Verzinnen vor jeder adhäsivenBefestigung bei Edelmetallen wird da-durch überflüssig.Für die abnehmbare Prothetik wurde mitPhysiodens Anteriores und Posteriores(Vita Zahnfabrik) ein neues Zahnsorti-ment präsentiert. Ziel war es, beim Sei-tenzahn- und Frontzahnsortiment aufForm, Funktion, Phonetik und Ästhetik

zu achten. Die Zähne sollen sich durcheine erhöhte Abrasionsfestigkeit aus-zeichnen, ohne durch übersteigerte Här-te zu spröde zu sein. Die Farben des neu-en Systems orientieren sich am bekann-ten und bewährten Vita-Farbensystem.

ImplantologieAnbieter von Implantatsystemen zähltenmit über 40 Ausstellern im IDS-Pro-gramm 2001 zu den Schwerpunkten derFachausstellung. Titan ist – beschichtetoder nicht – der anerkannte Implantat-werkstoff der Wahl und wird in vermehr-tem Masse auch für Suprakonstruktio-nen eingesetzt.Für das ITI-Dental-Implantatsystem(Straumann) stehen neue Keramik-Komponenten zur Verfügung, die von derVita-Zahnfabrik hergestellt wurden undauf dem Vita-In-Ceram-System basieren.Das Straumann-Navigationssystem isthervorgegangen aus einer Partnerschaftder Charité Berlin mit ihren Arbeitsgrup-pen der Professoren Jürgen Bier und TimLueth sowie dem Institut Straumann.Dieses Navigationssystem ermöglicht es,die optimale Lage des Implantates prä-operativ zu planen und die Planung beimoperativen Eingriff präzise umzusetzen.Die Hardware beinhaltet neben einemhandelsüblichen Computer eine Naviga-tionseinheit – bestehend aus einer Infra-rotkamera und zwei kleinen Infrarot-Sensoren. Die Sensoren werden an einzahnärztliches Bohrer-Handstück undeiner individuellen Bissschablone des Pa-tienten aufgebracht.Mit TiUnite (Nobel Biocare) wurde einebesondere Implantatoberfläche vorge-stellt. Sie hat eine kontrolliert nach apikalstärker werdende Titanoxidschicht. DieTiUnite-Oberfläche ist auf der Universal-fixtur Mk III und der Fixtur für weicherenKnochen Mk IV des Brånemark-Systems

«Wir hatten am Stand ‹Full House› an allen Messetagen» – dies galt für die Mehr-heit der Aussteller an der 29. IDS in Köln.

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erhältlich. Diese neue Oberfläche soll füreine höhere Primärstabilität, einen bes-seren Knochen-Implantat-Kontakt undeine vermehrte Knochenanlagerung wäh-rend der Einheilphase sorgen.

Neben den oben besprochenen Themen-bereichen waren auch die Ergonomieund EDV-Anwendungen Schwerpunkteder diesjährigen IDS. Die Beachtung er-gonomischer Leitlinien bei der Entschei-dung für Ausrüstung und Ausstattungder Funktionsbereiche in der zahnärztli-chen Praxis wurde bei vielen Ausstellernzentral behandelt. Die Zahl der Hard-und Softwareaussteller ist in diesem Jahrerneut angestiegen. Waren in der IDS ’99noch Abrechnungsprogramme im Blick-punkt der EDV-Anwendungen in Zahn-arztpraxis und Dentallabor, gibt es heuteAnwendungsmöglichkeiten zur Unter-stützung von Diagnostik, Planung undTherapie.Längst nicht alle Innovationen konntenin diesem Bericht über die IDS 2001 ge-bührend gewürdigt werden – stellvertre-tend wurden einige interessante Weiter-entwicklungen und/oder neue Produkteaus den verschiedenen zahnmedizini-schen Fachgebieten ausgewählt. Schonjetzt sei auf die IDS 2003 verwiesen, dievon Dienstag, 25., bis Samstag, 29. März,stattfinden wird. An der IDS kann mansich nämlich nicht nur ein generelles Bildvom Entwicklungsstand zahnärztlicherund zahntechnischer Arbeitsmittel undWerkstoffe machen, sondern auch ihrWert als Fortbildungsveranstaltung kannnicht hoch genug eingeschätzt werden.So werden an vielen Ständen neben denExponaten sicherlich wieder Vorträge re-nommierter Referenten (wie in diesemJahr zum Beispiel von Professor Pasler)angeboten. Am Schluss sei zudem ge-sagt, dass Köln Ende März allemal eineReise wert ist – ein Aufenthalt in derRheinmetropole bietet neben dem Mes-se-Besuch Kunst, Kultur und Kulinari-sches vom Feinsten. ■

Ein Schwerpunkt an der IDS 2001: Na-vigations- und Robotersysteme für dieexakte Platzierung von Implantaten.

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Einschätzung und Verhalten der VersichertenReferat von Ludwig Gärtner, Leiter Fachdienst Wirtschaft, Grundlagen, Forschung (Zusammenfassung)

Die Versicherten haben innerhalb des KVG eine doppelte Rolle: Als Prämienzahlerinnen und-zahler und als Leistungsbezügerinnen und -bezüger. Diese beiden Rollen prägen auch dieWahrnehmung des KVGs und das Verhalten der Versicherten. Präsentiert werden Ergebnisseeiner repräsentativen Befragung von Versicherten: Zum einen die Einschätzung des KVGs undzum anderen das Verhalten der Versicherten zur Kostenoptimierung.

Die Einschätzung des KVG durch die VersichertenDie Zufriedenheit mit der medizinischenVersorgung ist hoch. Hingegen wird dasKrankenversicherungssystem unter Kos-tenaspekten kritisch eingeschätzt. Dies

zeigt sich bei der Beurteilung verschiede-ner Aspekte des KVG. Die Kostenfrage do-miniert denn auch bei der Zufriedenheitmit dem KVG: Je höher die subjektive Be-lastung des Haushaltes durch die Prämien,desto kritischer fällt das Urteil aus.

Es ist jedoch bemerkenswert, dass trotzder Sorge um die Kosten und trotz derheute bereits als gut beurteilten medizi-nischen Versorgung fast 40% für einenAusbau der Leistungen sind, lediglich8% plädieren für einen Abbau. Zudemsind es gerade die Haushalte mit hoherPrämienbelastung, welche einen Ausbauder Leistungen unterstützen. Die Ergeb-nisse lassen vermuten, dass dieser schein-bare Widerspruch einen verteilungspoli-tischen Hintergrund hat: Wirtschaftlichschlechter gestellte Haushalte könnenoder wollen das Risiko durch das KVGnicht gedeckter Leistungen nicht tragenund können diese auch nicht durch Zu-satzversicherungen decken.

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Kostenoptimierung durch die VersichertenDie Versicherten können ihre Kosten inder Grundversicherung durch die Wahleines günstigeren Versicherers oder einerbesonderen Versicherungsform (erhöhteFranchise, HMO etc.) optimieren. Nur12% haben seit der Einführung des KVGden Versicherer gewechselt. Als Gründefür einen Wechsel werden hohe Prämienoder ein schlechtes Preis-Leistungs-Ver-hältnis beim vormaligen Versicherer ange-geben. Auf der anderen Seite scheint fürden Verbleib beim aktuellen Versicherernur selten die Prämie (14%), häufiger je-doch Tradition («schon die Eltern warenbei diesem Versicherer versichert, 33%)ausschlaggebend zu sein. Die hohe Treue

der Kundinnen und Kunden erklärt sichauch mit der grossen Zufriedenheit derVersicherten mit «ihrem» Versicherer.Fast 58% der Versicherten haben einealternative Versicherungsform gewählt.Weitaus am verbreitetsten sind erhöhteFranchisen (48%). Solche alternativen Mo-delle werden jedoch eher von Versichertenmit höherem Einkommen und tiefererPrämienbelastung gewählt. Vermutlichhängt dies damit zusammen, dass diealternativen Versicherungsformen im Falleiner Krankheit mit einem höheren finan-ziellen Risiko verbunden sind, welches vonwirtschaftlich schlechter gestellten Perso-nen nicht getragen werden kann. ■

Quelle: Bundesamt für Sozialversicherung

und diese Daten sind in der Regel nochnicht euphorisch.• Noch unpublizierte Resultate von un-serer Gruppe haben den effektiven Zeit-gewinn bei Gebrauch einer Plasmalampeim Vergleich zu üblichen Systemen un-tersucht (je ca. 100 mod Kavitäten mitPlasmalampe oder mit normaler Lampe;horizontale Mehrschichttechnik; klinischunter Praxisbedingungen) – die vorläufi-gen Resultate zeigen bei Gebrauch einerPlasmalampe einen effektiven Zeitge-winn pro Füllung von 20–30% – wasnicht mit den Angaben der Herstellerübereinstimmt und auch keinen wirt-schaftlich interessanten Aspekt darstellt.• Noch unpublizierte Daten einer deut-schen Forschergruppe haben gezeigt,dass die Leistung der Plasmalampe beinormalem täglichem Gebrauch nach ca.1 Jahr markant zurückgeht – Berechnun-gen weisen darauf hin, dass für die Er-haltung dieses hohen Energiepotenzialsein Lampenwechsel (Kostenpunkt ca.Fr. 1000.–!) alle paar Jahre notwendig er-scheint.Dies und andere Überlegungen scheinenmir den routinemässigen Einsatz dieserLampen im Moment noch nicht zurechtfertigen. Die Resultate weiterer Un-tersuchungen und v.a. klinischer Datenwerden hoffentlich mehr Klarheit ver-schaffen. Die Entwicklungen dieser Lam-pen verläuft rasant, und es ist anzuneh-men, dass die Technik sich irgendeinmalbewähren wird. Bis diese Daten vorlie-gen, würde ich den Gebrauch von Plas-malampen vorsichtig einstufen und dieAushärtungszeiten auf mindestens 10–15Sekunden verlängern. ■

PlasmalampenZum Einsatz von Plasmalampen hat sich im «dentoforum» (www.dentoforum.ch) eine inte-ressante Diskussion ergeben, aus der wir hier die Stellungnahme von A. Stassinakis wieder-geben:

Plasma- und andere Hochenergielam-pen sind interessant und werden sichwahrscheinlich einmal etablieren.Dennoch sind verschiedene Punkte beiden bisher verfügbaren Modellen zu be-rücksichtigen.• Es ist heute bekannt, dass das einge-schränkte Emissionsspektrum dieser Lam-pen nicht immer mit dem Anregungsbe-reich für Polymerisation verschiedenerKomposite übereinstimmt. Daher ist esäusserst wichtig, dass man nur diejeni-gen Komposite mit einer Plasmalampeaushärtet, welche vom Hersteller frei ge-geben sind. Ansonsten kann die Aushär-tung unvollständig sein.Das Gleiche gilt für Bondingsysteme!• Verschiedene Studien haben zeigenkönnen, dass unter optimalen Verhältnis-sen (d.h. im Laborversuch) ab ca. 5 Sek.Belichtungsdauer Adhäsion und Här-tungsgrad vergleichbar mit «normalen»Lampen sind (eigene Untersuchung in:SMFZ 5: 9–14, 2000), aber klinisch habenwir eher selten diese optimalen Bedin-gungen (orthoradiale Belichtung, kürzes-te Belichtungsdistanz ...). Das Risiko ei-ner Minderdurchhärtung steigt damithoch an und es ist sicherlich empfehlens-wert, eine oder zwei Belichtungssequen-zen mehr durchzuführen als vom Her-

steller angegeben (10 Sek. und mehr).• Bisher ist meines Wissens nach nochkeine einzige klinische Lang- oder sogarKurzzeitstudie mit diesen Lampen veröf-fentlicht worden.Viele der zitierten Pub-likationen waren Auftragsuntersuchun-gen der Hersteller. Daten von unabhän-gigen Zentren «tröpfeln» langsam ein,

LESERBRIEF

Präsidentenwechsel bei der SchweizerischenGesellschaft für Dentomaxillofaziale Radiologie SGDMFRAn der Generalversammlung vom 30. März in Basel wurde Dr. Karl Dula, Leiter derStation für zahnärztliche Radiologie an der Klinik für Oralchirurgie der UniversitätBern, zum Präsidenten der Schweizerischen Gesellschaft für dentomaxillofazialeRadiologie SGDMFR gewählt. Er tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Dr. J. ThomasLambrecht an, der das Amt des Vorstehers des Departements Zahnmedizin an derUniversität Basel übernommen hat. Dr. Dula ist Gründungsmitglied der SGDMFRund war zunächst Kassier und danach Vizepräsident der Gesellschaft.Die SGDMFR hat sich für die nahe Zukunft das Ziel gesetzt, die Qualität derzahnärztlichen Radiologie nachhaltig zu fördern durch praxisrelevante Fachtagun-gen und Unterstützung des Angebotes von Fortbildungskursen an den Univer-sitätszentren. Ein weiteres Ziel ist die Anerkennung der Zahnärztlichen Radiologieals Prüfungsfach im Eidgenössischen Diplom. In Bearbeitung ist ein Patienten-Merkblatt als Hilfsmittel für eine sachliche Aufklärung über das Strahlenrisikodurch die zahnärztliche Radiologie.

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Das «Pflichtprogramm» war am Freitag,4. Mai, zu bewältigen. ERO-PräsidentPeter Müller-Boschung (Schweiz) konnteunter anderen den FDI-Präsidenten Dr.Jacques Monnot (Frankreich) begrüssensowie den Präsidenten des Zahnärztli-chen Verbindungsausschusses zur EU,Dr. Robert Welter (Luxemburg), denSchatzmeister der FDI, Dr. Heung RyulYoon (Korea), Dr. Heinz A. Erni(Schweiz), als ehemaligen FDI-Präsiden-ten, und Kollegen Antoine Zimmer,SSO-Präsident. Die Traktandenliste warderart befrachtet, dass es völlig ausge-schlossen ist, an dieser Stelle einenlückenlosen Überblick über die behan-delten Geschäfte zu vermitteln. Zu be-

sprechen waren das Protokoll der letztenSitzung in Prag sowie die bereits vor derSitzung eingereichten Länderberichte.Besondere Aufmerksamkeit wurde derDemografie der Zahnärzte in Europa,präsentiert von Dr. Dirk Vandeputte, zu-teil. Mit Ausnahme der Schweiz und vonFinnland sind alle europäischen Ländermit einer namhaften Zunahme von Neu-diplomierten konfrontiert.Die Resolution «Kriterien für den zahn-medizinischen Leistungskatalog einersolidarisch finanzierten Grundversor-gung in Europa» (s. Kasten), vorgelegtvon der Arbeitsgruppe «Freie zahnärztli-che Berufsausübung in Europa», wurdeeinstimmig gutgeheissen. Die Resolution

basiert auf der Prophylaxe und derSelbstverantwortung des Patienten – einKonzept, das der Schweiz natürlich sehrvertraut ist. Diskutiert wurden auchProbleme, die sich aus der Aufnahme derbaltischen Staaten in die EU ergeben. Be-kannt ist, dass sich die ersten mitteleu-ropäischen Länder um 2004 der EU wer-den anschliessen können, wobei eineÜbergangsregelung vorgesehen ist, die inetwa derjenigen der Schweiz in den bila-teralen Verträgen entspricht. Ein grossesProblem sieht man in den stark unter-schiedlichen Bruttoinlandprodukten (BIP)der verschiedenen Länder. Die Abge-ordnete Belgiens (und Mitglied des Ratesder FDI), Dr. Michèle Aerden, machteschliesslich darauf aufmerksam, dass inKuala-Lumpur ein ganzer Tag den Zahn-ärztinnen gewidmet sein werde.Der Freitagnachmittag war zum grossenTeil den Wahlen gewidmet. Dr. ErikSchmølker (Dänemark), bisher Presidentelect, wurde an Stelle des turnusgemässaus dem Amt scheidenden Peter Müller-Boschung zum ERO-Präsidenten ge-wählt. Dr. José Font-Buxo wurde zumneuen President elect gewählt. Bei der

Europa-Zahnärzte: Krankenversicherung und Qualität als Schwerpunkte

Jean-Baptiste Perret, Nationalsekretär FDI (Übersetzung: Peter Jäger)

Die Europäische Regional-Organisation der FDI versammelte sich vom 3.–5. Mai 2001 inBern; dieser Anlass ist schon zum vierten Mal in der Schweiz durchgeführt worden und erst-mals nun in der Bundesstadt. 31 von 34 Mitgliedsländern waren in Bern samt ihren Vertre-tern anwesend.

Die ERO umfasst 34 Länder in West- und Mitteleuropa. Mit der Resolution «Kriterien für den zahnmedizinischen Leistungska-talog einer solidarisch finanzierten Grundversorgung in Europa» ist eine wichtige Empfehlung abgegeben worden, die dieeuropäischen Sozialversicherungssysteme im Bereich Zahnmedizin auf einen prophylaxeorientierten und von der Schweiz be-reits eingeschlagenen Weg weist.

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«Kriterien für den zahnmedizinischen Leistungskatalog einer solidarischfinanzierten Grundversorgung in Europa»Resolution beschlossen durch die Vollversammlung der Europäischen Regional-Organisation der Fédération Dentaire Internationale am 4. Mai 2001 in Bern (Schweiz)

Die europäische Zahnärzteorganisation ERO-FDI sieht die Notwendigkeit, in einem zusammenwachsenden Europafür den Bereich der zahnmedizinischen Versorgung klare EU-kompatible «Kriterien für den zahnmedizinischen Leis-tungskatalog einer solidarisch finanzierten Grundversorgung in Europa» zu definieren. Damit können auf der Grund-lage national-staatlicher Traditionen und unterschiedlicher Finanzierungsmöglichkeiten adäquate zahnmedizinischeLeistungsstrukturen und -kataloge erstellt werden. Dabei sind die Strukturen so zu gestalten, dass die für die euro-päische Integration notwendige Kompatibilität (nicht die Harmonisierung) der nationalen Gesundheitssysteme ver-wirklicht wird.

Für die Bemessung des Umfangs einer solidarisch finanzierten zahnmedizinischen Grundversorgung in Europa sindfolgende Faktoren zu würdigen:• die zahnärztlich fachliche Konzeption• die Souveränität der Nationalstaaten, weiter allein über den Anteil des Bruttoinlandsprodukts für solidarisch finan-

zierte zahnmedizinische Leistungen zu entscheiden,• das sehr unterschiedliche absolute wirtschaftliche Leistungsvermögen der Nationalstaaten und ihrer Gesundheits-

systeme.

Folgende Grundvoraussetzungen struktureller Art müssen beachtet werden, um im europäischen Rahmen für denzahnärztlichen Bereich kompatible solidarisch finanzierte Grundversorgungsstrukturen sinnvoll zu realisieren:1. Eigenverantwortung muss Vorrang vor Solidarität haben. D.h., was der einzelne Bürger oder Patient ohne nachhal-

tige Reduktion seines Lebensstandards selbst finanzieren kann, darf nicht Bestandteil einer Grundversorgung sein.2. Das Risiko vorhersehbarer und vermeidbarer Erkrankungen darf nicht durch eine Grundversorgung finanziert

werden.3. Bei alternativen Versorgungsformen darf nur der Betrag zur Verfügung gestellt werden, der hinreicht, einfache The-

rapieformen zu finanzieren.4. Um den Zugang zu komplexeren, aufwändigeren Therapieformen offen zu halten, sind diese Beträge als Festzu-

schüsse zur Verfügung zu stellen.5. Festbeträge bieten darüber hinaus folgende Vorteile:5. a. Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg.5. b. Einfache und unbürokratische Anpassung der Festzuschusshöhe in Abhängigkeit zum nationalen Honorarniveau.5. c. Anpassung der Festzuschusshöhe zum insgesamt zur Verfügung stehenden Finanzvolumen der solidarischen

Grundsicherung.5. d.Festzuschüsse fördern die Eigenverantwortung, da sie graduell die finanzielle Eigenbeteiligung als Element der

Eigenverantwortung in das System der Grundsicherung einführen können.5. e. Festzuschüsse helfen Patient und Zahnarzt, eine individuell sinnvolle Relation zwischen zahnmedizinischem

Nutzen und finanziellen Folgen zu finden.

Nur die Zahnärzteschaft ist qualifiziert, Kriterien für Prioritäten bei der Erstellung eines solidarisch finanzierten Leis-tungskatalogs zu erarbeiten. Den Umfang des solidarisch finanzierten Leistungskatalogs wird aber immer der verant-worten müssen, der auch die Höhe der zur Verfügung stehenden Finanzmittel bestimmt – also die national politischVerantwortlichen.

Die ERO-FDI benennt hierzu folgende vorrangige Reihenfolge der fachlichen Prioritäten:1. Prävention für Kinder und Jugendliche, als Beitrag zu Erziehung zur Eigenverantwortung, mit dem Ziel, dass sich

die Kariesbehandlung von Kindern in der Zukunft erübrigt2. Schmerz- und Notfallbehandlungen3. Behandlung von Kindern und Jugendlichen (bis max. 18 Jahre)4. Behandlung von Schäden des Kauorgans, die Folge von Tumoren,Traumen, angeborenen Erkrankungen oder einer

schweren systemischen Erkrankung sind5. Risikodiagnostik mit Beratung6. Chirurgische Grundversorgung (in Kombination mit Notfallbehandlungen)

Die ERO-FDI stellt damit ein Konzept vor, wie unter Wahrung von Elementen nationaler Traditionen ein entschei-dender Schritt zur Weiterentwicklung der Strukturen der zahnmedizinischen Versorgung in Europa realisiert werdenkann. Die Bürger Europas werden in Eigenverantwortung so ideale Voraussetzungen für eine verbesserte Mundge-sundheit erhalten.

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Wiederwahl des Generalsekretärs EROunterlag der bisherige Dr. Edward Cim-bura (Tschechien) Frau Dr. Rodica Aldica(Rumänien). Die ausscheidenden Dr.Peter Müller-Boschung (Schweiz) undDr. Jacques Reignault (Frankreich) wur-den durch Dr. Patrick Hescot (Frank-

reich) und Prof. Alexandre Mersel (Israel)ersetzt.Der Samstagvormittag war ganz demThema Qualitätssicherung gewidmet.Die Problematik stösst in Europa zuneh-mend auf Interesse, und der Schweizkommt mit ihren Qualitätsleitlinien eine

Vorreiterrolle zu. Dr. Daniel Kempf, sei-nerzeit Vizepräsident der SSO und Orga-nisator der Interdisziplinären Fortbil-dungswoche IFW ’99, kam es im Rahmenseiner Erläuterungen der schweizeri-schen Qualitätsleitlinien zu, das Publi-kum darauf aufmerksam zu machen,dass die zahnärztlichen Organisationengut beraten wären, hier selbst aktiv zuwerden und nicht zuzuwarten, bis sievon Seiten der Politik oder der Behördenmit unzweckmässigen oder nicht in diePraxis umsetzbaren Projekten konfron-tiert würden. (Die Referate zu diesemSymposium «Qualität in der zahnärztli-chen Praxis» werden in der nächstenAusgabe der SMfZ publiziert.)Bevor sich die Teilnehmer auf den Wegins Berner Oberland machten, bereitetensie ihrem bisherigen Präsidenten mit ei-nem warmen Applaus einen würdigenAbschied. Festzuhalten ist – da an sol-chen Veranstaltungen nicht selbstver-ständlich – die perfekte Organisation, diedie Sitzung der ERO-Vollversammlungvom 3.–5. Mai 2001 in Bern zu einemdenkwürdigen Anlass werden liess. ■

Der abtretende ERO-Präsident, Dr. Peter Müller-Boschung (Schweiz)

21.–27. Januar 2001 in Going,Tirol

10. WintersymposiumDr. Peter Heuzeroth, Winterthur

Veranstalter: Zentrum für Zahnmedizin der Universität Basel, Institut für zahnärztlicheWerkstoffkunde, Technologie und Propädeutik. Unterstützung durch: ITI, Waldenburg undInstitut Straumann, Waldenburg. Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Jakob Wirz.

schiedenen intra- und extraoralen bild-gebenden Verfahren auf, welche heuteVerwendung finden, und betonte, dassder Trend klar zur Digitalisierung derDaten geht. Das OPT ist eine Grund-voraussetzung jeder Planung und eineTomographie kann weitere Informatio-nen liefern. Mit der Röntgenschienekann ein Zahnfilmhalter einpolymeri-siert werden, so können reproduzierba-re Follow-ups gemacht werden. Com-puter-Tomographie kann gemacht wer-den, die Strahlenbelastung ist jedochdeutlich höher als bei der Tomographiemit der Scanora-Maschine. Sinnvollscheint diese, wenn eine CT-Reforma-tierung gemacht werden muss, um eineschwierige anatomische Situation zuanalysieren.In der Schweiz hat sich anscheinend imBereich des DDI Digital Dental Imagingdas System der Lumineszenz-Radiogra-phie durchgesetzt, da an die 10% derSchweizer Zahnärzte das System Digoraverwenden. In den praktischen Kursenbesprach Prof. Lambrecht mit den Kurs-kandidaten verschiedene Röntgenbilder,deren Diagnosen und Differentialdiag-nosen.

ChirurgieZur Planung des chirurgischen Eingriffshaben diverse Referenten Stellung bezo-gen.

ReferentenDr. Dr. Dr. Chr. Foitzik, DarmstadtProf. Dr. K. Jäger, AarburgProf. Dr. F. Kasa, LörrachDr. M. Jungo, RheinfeldenProf. Dr. Dr.Th. Lambrecht, BaselDr. M. D. S. Siervo, MilanoDr. Dr. Chr. Will, KitzingenProf. Dr. J. Wirz, BaselDr. G. Zimmerli, Binningen

Bei strahlendem Sonntagnachmittags-wetter eröffnet Prof. Dr. J. Wirz das10. Wintersymposium im «Stangelwirt»in Going im Tirol. Eingefunden habensich an die 60 Teilnehmer aus 5 Ländern,um Neues zum Thema «PraxisbezogeneProthetik mit und ohne Implantate» zuerfahren Das Symposium findet zum

10. Mal in Going statt und wurde mitdem Jubiläums-Festvortrag von Prof. Dr.F. Kasa aus Lörrach/Deutschland, wel-cher die Entwicklung der Osteosyntheseam Beispiel der Tiermedizin erläutert,begangen. Eindrückliche Bilder und Be-richte über Osteosynthese-Behandlun-gen bei Eisbären und Haustieren bis hinzu Fledermäusen und Singvögeln ver-setzten die Zuhörer in Staunen und Be-wunderung.Der Kurs umfasste diverse Gebiete derChirurgie, der prothetischen Versorgungund der Materialkunde.

RadiologieDie präprothetische-implantologischeRöntgendiagnostik wurde von Prof. Th.Lambrecht dargelegt. Er zeigte die ver-

KONGRESSE / FACHTAGUNGEN

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Dr. Foitzik ging auf die Forensik und aufdie notwendigen Besprechungen vor ei-nem Eingriff ein. Es ist sehr wichtig, dassalle Gespräche dokumentiert werden unddass der Patient sein Einverständnis zumgeplanten Eingriff schriftlich abgibt. EineEinwilligung zum Eingriff ist ohne ausrei-chende Aufklärung ungültig. Die Auf-klärung sollte immer durch den Opera-teur stattfinden. Es ist nicht Sache desZahnarztes, chirurgische Aufklärung zubetreiben. Er müsste bei einem Misser-folg, sollte die Einwilligung auf Grunddieser Erläuterungen stattgefunden ha-ben, einen Teil der Verantwortung tragen.Es gibt in jedem Land rechtliche Vorga-ben, welche beachtet werden müssen. EinMisserfolg ist jedoch nicht zwangsweiseein Kunstfehler. Weiter ist festzuhalten,dass der Honoraranspruch des Arztesdurch den Misserfolg nicht verfällt. BeiMisserfolgen sollte der Behandler kein«Schuldbekenntnis» eingehen. Der Fallkann, sofern es der Patient verlangt, derHaftpflichtversicherung angemeldet wer-den. Diese wird nach Klärung des Sach-verhaltes Massnahmen ergreifen. Früh-zeitige Schuldbekenntnisse führen zumVerlust der Versicherungsdeckung.Dr. Will ging auf die Indikationen undKontraindikationen für zahnärztlicheImplantate ein. Er unterscheidet zwi-schen den subjektiven und den objekti-ven Indikationen, den allgemeinen, loka-len, und speziellen Indikationen undKontraindikationen. Insbesondere mussdie Compliance des Patienten und dieÜberweisung mit in die Überlegungeneingebracht werden.In Abhängigkeit der Indikation und derchirurgischen Erfahrung des Operateurserläuterte Dr. Will die Früh- und Spät-misserfolge und zeigte die Fehler auf,welche zu Misserfolgen führen können,sowie die Therapie bei Gingivitis undmarginalem Einbruch.

Dr. Foitzik beschrieb das chirurgische Vor-gehen. Die Philosophie des ITI-Bonefit-Implantatsystems fördert und unterstütztdie interdisziplinäre Zusammenarbeit.Wichtig ist die Zuordnung der Verant-wortlichkeiten. Der Prothetiker wird dieprothetischen Voraussetzungen abklären,damit ein Implantat dort eingesetzt wird,wo es zur Erhaltung einer ungestörtenKaufunktion sinnvoll ist. Der Implanto-loge wird dann abklären, ob dort eine In-sertion möglich ist.Eine Praxis, in welcher implantologischeEingriffe durchgeführt werden, sollteentsprechend eingerichtet sein. Das Per-sonal sollte insbesondere Notfallsituatio-nen meistern können und die nötigenEinrichtungen für eine sterile Durch-führung des Eingriffs müssen vorhandensein. Dr. Foitzik bespricht step by stepsorgfältig die Durchführung der Implan-tation, wobei er grossen Wert auf dieKühlung des Knochens bei der Präpara-tion legt. Die neuen Osteotome der Fir-ma Straumann, mit welchen man denKnochen bis zu 40% dehnen kann, wer-den vorgestellt.Dr. Foitzik stellte die Augmentationsver-fahren in der Implantologie vor. Die Ent-wicklungsgeschichte und der chemischeAufbau wurden besprochen sowie dieAnwendungen. Vorgestellt wurde dasAufbaumaterial Cerasorb und der Refe-rent berichtete über die Erfahrungen,welche er seit einiger Zeit mit diesemMaterial sammeln konnte.Eine praktische Übung diente dazu, dieHerstellung von Platelet Rich PlasmaPRP zu demonstrieren und mögliche An-wendungsbereiche aufzuzeigen.Dr. Siervo behandelte folgende chirurgi-sche Themen: Die Implantation, die Risi-koerfassung bei regenerativen Massnah-men sowie die Knochenregenerations-materialien und Membrantechniken. Zurparodontologischen Risikoerfassung las-

sen sich heute Tests durchführen, um dasDestruktionsrisiko abzuschätzen (Perio-dontal Susceptibility Test). Siervo be-schrieb weiter die Materialien und Me-thoden der Membrantechnik und zeigteverschiedene Methoden der Lappenbil-dung um die augmentierten Bereiche ab-decken zu können.In der praktischen Übung konnten dieKursteilnehmer am Kunststoffmodell dieInsertion aller Bonefit-Implantate übenund sich mit dem Instrumentarium ver-traut machen.Dr. Will ging auf die Optimierung derWeichteilsituation in ästhetischer undfunktioneller Hinsicht ein. Bindegewebeoder freie Schleimhauttransplantate Roll-lappen,Verschiebelappen, Papillenplastiketc. wurden aufgezeigt. In der nachfol-genden Übung konnten Nahttechnikenam einem Moosgummi geübt werden

Prothetisches VersorgungskonzeptDie prothetische Versorgung umfasst ei-ne Planungs- und Ausführungsphase.Nach Prof. Jäger ist eine Dokumentationder Entschlussfassung aus forensischenGründen sehr wichtig. Es ist wichtig zudokumentieren, welches der Ist-Zustandist, was der Patient wünscht, was die So-fortmassnahmen sind und das Zeit- undKostenbudget führen am Ende zur Ent-schlussfassung. Die Entschlussfassungsollte eine Befundanalyse, eine Modell-analyse, die Abwägung der klinischenMöglichkeiten und Grenzen, die radiolo-gische Diagnostik, die finanzielle Trag-barkeit sowie die Würdigung der Kontra-indikationen und die Alternativen um-fassen.Die Ausführungsphase beginnt mit derHygienephase, gefolgt von der Parodon-taltherapie und Chirurgie, der Funk-tionstherapie, der Kieferorthopädie, derkonservierenden und endodontischenTherapie und führt zur Reevaluation. Die

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prothetische Ausführungsphase folgt mitdem Provisorium, der Präparation undAbformung, der Übertragungsmethode,der technischen und ästhetischen Ein-probe bis hin zur provisorischen Abgabeund Befestigung.Dr. Jungo stellt das prothetische Versor-gungskonzept ITI vor. Nach einemÜberblick über die Entwicklung derImplantat-Typen, des Designs und derOberflächen werden die Möglichkeitenmit dem Bonefit aufgezeigt. Es werdendie verschiedenen prothetischen Ele-mente vorgestellt und auf Vor- undNachteile eingegangen. Es soll an dieserStelle darauf hingewiesen werden, dassdie Modellpfosten für die Solid-Abut-ments ungenau sind, ebenso die Innen-teile der Transferkappen geben die Posi-tion nur ungenau wieder. Es empfiehltsich, nur die Transferkappe aufzusetzenund eine Abformung darüber zu machenund ein gewöhnliches Gipsmodell her-zustellen. Wenn man nach der Abfor-mung Modellteile im Polyethergummi(Impregum) reponieren muss, sollte manmindestens 3 Stunden warten, da dieelastische Rückstellung Zeit braucht.Die Systemdemo erlaubt den Kursteil-nehmern mittels einer Übungskiste dieverschiedenen Teile und Systeme zu stu-dieren und das Handling zu üben.Prof. Jäger behandelt das ProthetischeVersorgungskonzept mit ITI-Implanta-ten. Die Planung besteht aus der Denk-phase und der Handlungsphase. JedePlanung sollte zwecks Dokumentations-pflicht aufgeschrieben und belegt wer-den. Es ist sinnvoll, sich einen schemati-schen Ablauf für diese Phasen zurecht-zulegen und immer nach diesem zuverfahren, um möglichst keine wichtigenPunkte zu vergessen.Prof. Jäger rekapituliert die Möglichkeitender fest sitzenden und abnehmbarenprothetischen Möglichkeiten. Die Kom-binationsprothetik erlaubt die Vermi-schung diverser Verankerungssysteme,wobei darauf geachtet werden sollte, dassjeder Zahn so versorgt wird, dass er nichtüberlastet wird und dass alle Pfeiler ähn-liche retentive oder frikative Kraft auf-weisen.Geschiebe sollten am Pfeilerzahn zusätz-lich eine Führungsfräsung aufweisen. ImWeiteren werden die Lokalisationen derGeschiebe und die Gestaltung der Pro-thesenkörper besprochen.Die Suprastruktur mit Implantaten un-terscheidet sich nicht grundlegend vonden rein parodontal getragenen. Die pro-thetischen Grundsätze gelten gleichwohlfür alle Bereiche der Versorgungen.

Prof. Jäger ist der Meinung, dass nichtjede Versorgung rein implantatgetragenhergestellt werden muss. Man sollte anstrategisch wichtigen Orten ein Implan-tat zur Halt- oder Stabilitätsverbesserungeingliedern und eine hybridprothetischeVersorgung herstellen.Es ist erlaubt, in fest sitzenden ArbeitenImplantate und natürliche Pfeilerzähnezu kombinieren.Prof. Jäger geht im Weiteren auf die reinimplantatgetragenen Versorgungen ein.Beim Einzelzahnimplantat geht er auf dieÄsthetik und die Behandlungschritte ein.Die Versorgung der Seitenzahnlücke unddie Unterbrechung in der Front werdenmit klinischen Beispielen erläutert. Diegemischt parodontal/implantatgetrageneVersorgung ist immer erlaubt.Eine Fallplanungsübung ergänzt dieAusführungen und erlaubt eine angereg-te Diskussion anhand der mitgebrachtenFälle.

WerkstoffwissenschaftProf. Dr. Jakob Wirz bringt in verschiede-nen Vorträgen im Laufe des Symposiumsden Teilnehmern die Grundsätze dermodernen zahnärztlichen Werkstoffkun-de näher. Nach einem geschichtlichenRückblick der Entwicklung einigerzahnärztlicher Materialien werden dieGrundsätze der Allergie, Toxizität undBiokompatibilität besprochen. Es werdendie Formen der Korrosion in der Mund-höhle dargestellt, die toxischen Metallio-nen im Einzelnen diskutiert und derenVorkommen in den zahnärztlich verwen-deten Legierungen besprochen.

Schlussfolgerung:1. genaue Befolgung der Qualitätsricht-

linien führt zum Erfolg.2 Nur Co-Basislegierungen, Implantat-

metalle, Titan, Tantal, Niob und Zirkonund deren Legierungen sowie hoch-goldhaltige Legierungen (ohne Ga undIn) sollten Verwendung finden.

3 Nie Löten! Nur schweissen, Lasern,kleben, nieten oder Blockguss.

Prof. Wirz kann mit Hilfe der Ausführun-gen zum Verhalten diverser Werkstoffedie Spätmisserfolge und die materialbe-dingte Osseodesintegration bei Implan-taten belegen und aufzeigen. Anhand derwissenschaftlichen Untersuchungen kanndeutlich gezeigt werden, welche Metall-ionen natürlicherweise vorkommen undwelche Konzentrationen toxisch wirkenkönnen und somit zur Osteolyse führenkönnen.Prof. Wirz geht im Weiteren auf neueTechnologiekonzepte, Systeme und Werk-

stoffe in der zahnärztlichen Prothetikein. Besonders hervorgehoben wird derWerkstoff Titan, dessen Verarbeitung undEinbezug in prothetische Arbeiten. Hier-zu kommen die Lasertechnologie, dieniederschmelzende Keramik und dasGalvanoforming. Bei sachgerechter Ver-arbeitung und Einsatz dieser Technolo-gien können alle Bereiche der zahnärzt-lichen Versorgung mit bioverträglichenMaterialen abgedeckt werden. Die Ver-ankerung mit Magneten hat sich in denletzten Jahren zunehmend verbessert,die Palette wurde vergrössert und die an-gebotenen Teile sind jetzt sehr zuverläs-sig einsetzbar, sofern richtig eingesetzt.Prof. Jäger geht auf die zahnärztliche Ke-ramik ein. Ein geschichtlicher Rückblicksowie die verschiedenen Anwendungs-gebiete und Verarbeitungsrichtlinien wa-ren Thema dieser Vorträge. Dass sichtrotz intensiver Forschung und Produk-teverbesserung die Vollkeramik nicht alsStandard durchgesetzt hat, liegt an derKomplexität des Einsatzes dieser Mate-rialien. Eine Abwägung der Vor- undNachteile dieser Verfahren bringt aber invielen Fällen hervorragende prothetischeErgebnisse.Dr. Zimmerli berichtet von seinen Erfah-rungen mit den Hard-Laser. Der CO2-Laser hat sich in den letzten Jahren in derZahnmedizin durchgesetzt, da sein Ein-satzbereich am grössten im Vergleich zuandren Typen ist. Der Lasereinsatz er-laubt dem geübten Anwender etliche Be-handlungen in kürzerer Zeit und oft oh-ne Anästhesie durchzuführen. Typischer-weise ist der Einsatz in den Weichteilenam umfangreichsten, es können aberauch Hartsubstanzbearbeitungen vorge-nommen werden.Es konnte mit dem CO2-Laser und demErbium-Laser an Gewebe geübt werden.Die Teilnehmer konnten im Handlingund Einsatzbereich erste Erfahrungensammeln und die verschiedenen Anwen-dungen und Unterschiede besprechen.

Wie es natürlich für jedes Symposium er-wartet wird, bleibt auch einige Zeit fürdas gesellige Zusammensein, die Diskus-sionen bis in alle Nacht und das gemein-same Geniessen des prächtigen Ambien-tes im Stangelwirt und der umliegendenBerge. Fazit des Schreiberlings: rundumgelungene Veranstaltung und Mitnahmewertvoller Informationen und Konzeptefür die tägliche Praxis. Das Wintersympo-sium 2002 wird vom 20.–26. Januar 2002stattfinden, frühzeitige Anmeldung istempfohlen, da die Teilnehmerzahl limi-tiert ist. ■

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Abformung und ModellProf. Dr. Jakob Wirz, BaselIn diesem Kurzreferat wurde über dieVerwendung von Abformmassen undderen Handhabung berichtet. Von denvier anfänglichen Stoffgruppen werdensich nur die Polyethergummimassen unddie Vinylpolysiloxane ins dritte Jahrtau-send hinüberretten können. In jüngsterZeit erzielte Verbesserungen beruhennicht nur auf den Materialien, sondernauch auf optimierten Darreichungsfor-men, Verarbeitungshilfen und neuenMischsystemen. Die bewährte Handmi-schung mit genau dosierbaren, einge-

färbten Pasten-Komponenten lässt sichheute durch ein mechanisch-dynami-sches Mischgerät (Pentamix®) ersetzen.Für ein präzises Modell und damit einepassgenaue Arbeit sind heute individuelllichtgehärtete Kunststofflöffel, chemi-sche und mechanische Haftvermittler so-wie Spezialhartgipse unerlässliche Zuta-ten. Bei der Loslösung vom Abformob-jekt in der Mundhöhle verbleibt eine sogenannte Restverformung, die relativ ge-ring ist, bei den Polyethergummimassenaber um ein Vielfaches höher liegt als beiden Polyvinylsiloxanen. Während bei denPolyvinylsiloxanen bereits bei der Ent-

nahme der Abformung aus der Mund-höhle die Endhärte erreicht ist, dauertdies bei den Polyethergummimassen biszu 24 Stunden. Erfolgt die Repositionvon z.B. für die Implantatprothetik not-wendigen Analogteilen vor Erreichen derEndhärte, ist die Deformation stärkerund die Restverformung somit grösser,d.h., sie kann ein Mass erreichen, das diePräzsions-Toleranz überschreitet.

Einsatz des Co2-Lasers in der PraxisDr. Gerhard Zimmerli, BinningenIn diesem sehr anschaulichen Referat be-richtete Dr. Gerhardt Zimmerli vornehm-lich über den Einsatz des Co2-Lasers inder eigenen Praxis. Der Einsatz von La-sergeräten vor allem der Co2-Laser mitdem breitesten Anwendungsgebiet etab-liert sich zunehmend in der Zahnmedi-zin. Seine Wellenlänge von 10,6 _m wirdhervorragend von Wasser absorbiert. DieKombination dieser Eigenschaft mit derklar definierten Eindringtiefe von 0,2 mmmacht ihn zum bevorzugten Lasergerät.Laser mit anderen Wellenlängen habenin Einzelfällen Vorteile, bieten aber ein zukleines Anwendungsgebiet. Laserlichtreagiert wellenspezifisch auf Gewebe. Eskann reflektiert, gestreut, absorbiert oderremittiert werden. Gewebe reagiert beiEinwirkung von Wärme bekanntlich inAbhängigkeit der Zeit und der aufge-brauchten Energie. Es durchläuft dem-nach einen Prozess von Erwärmung, re-versibler Schädigung und irreversiblerSchädigung. Dieser Ablauf ist an defi-nierte Temperaturbereiche gekoppelt, soerreicht man bei Temperaturen über300 °C eine Pyrolyse, Karbonisation undVerdampfung von Gewebestücken. DasEinsatzgebiet eines Co2-Lasers in derMundhöhle umfasst beinahe alle Berei-che der Zahnmedizin, von zahnärztlicherChirurgie, Implantologie, Stomatologie,Parodontologie bis hin zum Einsatz inder restaurativen und konservierendenZahnheilkunde. Das eigentliche Poten-zial des Co2-Lasers ist noch lange nichtausgeschöpft.

Pathophysiologie der zahnärztlichenWerkstoffeProf. Dr. Jakob Wirz, BaselDie biologische Verträglichkeit von zahn-ärztlichen Materialien und Werkstoffenwird durch den Begriff der Biokompatibi-lität genau definiert. Dieser Begriff um-fasst u.a. die Onkogenität, Mutagenität,Allergenität und Toxizität der Werkstoffe.Speziell die Toxiziät spielt als lokale Re-aktion in der Mundhöhle eine wichtigeRolle. Hingegen betrifft die Allergenität

Bericht über den Zahnärzte-Fortbildungskurs St. Moritz, vom 11.–18. März 2001

Klinische Werkstoffwissenschaft in der rekonstruktiven ZahnmedizinBjörn Lang, Susanne Naumann, Basel

Im Suvretta-House fand von Sonntag, dem 11., bis Samstag, dem 18. März 2001, die112. St. Moritzer-Fortbildungswoche unter dem Titel «Klinische Werkstoffwissenschaft in derrekonstruktiven Zahnmedizin» statt. Durch die immer wichtig werdendere Qualitätssiche-rung und die gesetzlichen Bestimmungen zur Produkthaftung tritt die Werkstoffwissenschaftimmer mehr ins Zentrum des klinischen Geschehens, vor allem die klinikbezogene Werkstoff-wissenschaft. Biokompatibilität, also die biologische Verträglichkeit von zahnärztlichen Werk-stoffen, wird ein dominierender Begriff der restaurativen Zahnmedizin. Dank der angeneh-men Atmosphäre im Suvretta-House gelang wieder einmal die Verbindung aus Fortbildungund Erholung, die vor allem durch das schöne Rahmenprogramm ermöglicht wurde. Nebendem «Tanz mit dem Wehrwolf» bei Vollmond am Mittwochabend konnte man sich auch beimerlesenen Gala-Diner am Freitagabend in zwanglosem Rahmen über Fachliches und Fach-fremdes austauschen. Den Organisatoren sei an dieser Stelle ein grosses Lob ausgesprochen,der Ablauf klappte völlig reibungslos, es blieben seitens der Teilnehmer keine Wünsche offen.

Staatsexamen Herbst 2000

Der Anerkennungspreis der SSO wird verliehen an Herrn Marcel AuerIm Namen der Schweizerischen Zahnärztegesellschaft SSO und des Direktoriumsder Zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern gratuliere ich dir herzlich

zum erfolgreichen Abschluss der eidgenössischen Fachprü-fung und zu deinen hervorragenden Leistungen währenddes Studiums und im Examen.Der von der SSO gestiftete Anerkennungspreis im Wertvon Fr. 2000.–* wurde dir anlässlich der offiziellen Diplom-feier am 27. März im Casino ausgehändigt. Die Schweizeri-sche Zahnärztegesellschaft würdigt damit ausgezeichneteLeistungen während des Zahnmedizinstudiums, wobei so-wohl fachliche wie auch charakterliche und menschlicheAspekte berücksichtigt werden sollen.Wir wünschen dir für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

* Das gesamte Preisgeld wurde den Unwettergeschädigten im Kanto Wallis im Herbst 2000 gespendet.

Im Namen des Direktoriums der Zahnmedizinischen Kliniken:Prof. Dr. U. BräggerGeschäftsführender Direktor

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nicht nur den Patienten, sondern auchdas gesamte Praxispersonal bis hin zumZahntechniker. Die physiologische Me-tallbelastung des menschlichen Gewebesstellt die Grundlage zur Beurteilung vonpathologischen Reaktionen dar, welchesich in lokaltoxischen Reaktionen insbe-sondere auf Metallionen zeigt. Durchklare Therapiekriterien, wie z.B. die Wahlder geeigneten Legierung bei fest sitzen-dem Zahnersatz oder bei Implantatsup-rastrukturen, können Misserfolge ver-mieden werden. Die Begriffe Allergenitätund Toxizität sollte man genau auseinan-der halten. Die Allergie sollte keinesfallsmit einer lokal toxischen Reaktiongleichgesetzt werden, während wirklicheAllergien auf zahnärztliche Werkstoffeeher selten sind, trifft man bei den werk-stoffbedingten Erkrankungen in derMundhöhle vor allem auf lokaltoxischeReaktionen, die chronisch oder akut ver-laufen können. Eine lokaltoxische Reak-tion tritt normalerweise kurz nach Ein-gliederung des Werkstückes auf (beiFrauen 3:1 häufiger als bei Männern), al-lergische oder systemisch-toxische Reak-tionen dagegen erst Monate oder Jahrespäter. Grundsätzlich liegt metallbeding-ten Erkrankungen immer ein korrosivesGeschehen zu Grunde, der korrosive An-griff erscheint immer lokal, man sprichtdaher von Lochfrass oder Spaltkorrosion.Korrosion ist definiert als «sichtbare Zer-störung oder Zerfall eines Metalles odereiner Legierung durch Reaktion mit derUmgebung», die Reaktion ist chemisch,mechanisch oder elektrochemisch. Dietoxischen Metallionen üben in Abhän-gigkeit ihrer unterschiedlichen toxischenPotenz und der anfallenden Menge aufdas Parodont und das periimplantäreGewebe ähnliche Wirkungen aus wieAntigene, Enzyme und Toxine von Bakte-rien.

Metall- und Vollkeramiksysteme –Entwicklung und heutiger Stand bei Kronen, Brücken, Inlays und LaminatenProf. Dr. Kurt Jäger, BaselDentalkeramische Massen haben Feld-spat, Quarz und Kaolin als Grundroh-stoffe. Als Zusätze sind Flussmittel, Alka-lioxide, hydrothermale Gläser, Farbzusät-ze bzw. Trübungsmittel, Fluoreszenzbild-ner und gefügeverstärkende Kristallitemöglich. Das Einsatzgebiet der Metallke-ramik liegt im Bereich des fest sitzendenZahnersatzes. Aus biologischen Über-legungen heraus dürfen als zahnärztlicheLegierungstypen für die Gerüstgestal-tung nur hoch goldhaltige Legierungen,

Co-Basis-Legierungen oder Reintitanle-gierungen zum Einsatz kommen. Nebender konventionellen VMK-Technik kom-men als Varianten in zunehmenden Mas-se die Leichtbau- und vor allem die Gal-vanotechnik zur Anwendung. Die Vollke-ramiksysteme der neueren Generation –keramische Verblendung eines Keramik-gerüstes – kommen seit 1980 in derzahnärztlichen Praxis zur Anwendung.Die Hauptproblematik und die damit ver-bundenen Nachteile liegen zurzeit vor-wiegend in der exzessiven Präparationder Zähne, den höheren Behandlungs-kosten und der noch nicht ausreichen-den klinischen Erfahrung.

Titan in der Zahnmedizin: aktueller StandProf. Dr. Jakob Wirz, BaselProf. Dr. Jakob Wirz, ein Vorreiter in derTitantechnologie, berichtet in seinem Re-ferat über den aktuellen Stand dieserTechnologie. Titan ist ausserordentlichreaktiv, es steht in der thermodynami-schen Spannungsreihe an unterster Stel-le, sodass es innerhalb einer Tausends-telsekunde passiviert, d.h. mit Sauerstoffeine schützende elektroisolierende Oxid-schicht bildet. Es nimmt durch seineminimale Löslichkeit und geringe Korro-sionsrate die Spitzenposition in der bio-logischen Verträglichkeit ein. Bedingt durchden hohen Schmelzpunkt (1668 °C) ka-men in der Zahnheilkunde bisher nurkonfektionierte, kaltverformte Werk-stücke aus Titan zum Einsatz, mittels mo-derner Einbettmassen und optimierterGusssysteme lassen sich heute im Ex-pansionsguss Titanwerkstücke herstel-len, die in ihrer Präzision und Gefüger-einheit den hoch goldhaltigen Edelme-talllegierungen kaum nachstehen.Kürzlich eingeführte spezielle Poliersetserlauben neuerdings auch eine Politur,die der von Edelmetallen vergleichbar ist.Durch tribochemische Oberflächenbe-handlung (Rocatec) oder andere Silani-sierverfahren wird ein guter Kunststoff-Titanverbund ermöglicht; der Keramik-Titanverbund wird mittels spezieller,niedrig schmelzender Keramiken herge-stellt. In der Hybridprothetik wie auch inder festsitzenden und abnehmbaren im-plantatgetragenen Kronen/Brückenpro-thetik ist die erstrebte Einheit, Restaura-tionen aus nur einem Metall herzustel-len, mühelos zu erreichen. Sowohl in derImplantalogie als auch in der konventio-nellen Kronen- und Brückenprothetikhaben sich Kombinationen Titan/Gal-vanotechnologien bestens bewährt. ImSpeziellen erstreckt sich das Indikations-

spektrum von Gussfüllungen, Kronen-und Brückenprothetik über Klebebrü-cken, Adhäsivelemente, Prothesengerüste,Stifte/Schrauben bis hin zu den bewähr-ten Implantaten.

Lasern statt LötenDr. Michael Hopp, BerlinWährend in der Anfangszeit eher einverhaltenes Zugehen der Zahntechnikerauf den Laser zu beobachten war, siehtman heute eine mehr und mehrflächendeckende Anwendungen derLasertechnologie. Diese Technologie hatsich von den verfügbaren Geräten seitder 70er-Jahren bis in die 90er-Jahrekaum verändert. Gemeinsamkeit allerDentaltechniklaser ist bis heute das ak-tive Medium, ein Neodym dotierterYttrium-Aluminium-Granat (Nd:YAG),mit der charakteristischen Wellenlängevon 1064 µm. Das Laserschweissen er-folgt unter Schutzgas. Die mechanischeStabilität von Lotverbindungen und dieInhomogenität der Fügezone konntedurch das Lasern deutlich verbessertwerden. Ferner wird eine bessere Korro-sionsfestigkeit erreicht. Eine geringeSpaltbreite verbessert die Passgenauig-keit. Die ersten Fixierungen sollten mitabgesenkter Energie erfolgen. Das Ge-füge einer Schweissnaht ist meist sehrfeinkristallin und radiär, entsprechendder Erstarrungsrichtung im Schmelz-bereich, gerichtet. Grosser Vorteil ist diebiologische und mechanische Verbesse-rung beim Verbund von Strukturen mit-tels Laser, dies ermöglicht einen Verzichtauf die Dentallote samt der damit ver-bundenen Nachteile.

Galvanotechnologie – die Innovationfür moderne ProthetikProf. Dr. Jakob Wirz BaselUnter Berücksichtigung der ästhetischenund biologischen Anforderungen kommtder neuen Technologie des Galvanofor-ming in Anbetracht der heutigen Legie-rungsvielfalt und der damit verbunde-nen Unverträglichkeitserscheinungen ei-ne zentrale Bedeutung zu. Zu den wich-tigsten Vorteilen gehören neben hoherBiokompatibilität, Passgenauigkeit, Pul-paschonung sowohl anspruchsvolleÄsthetik als auch vernünftige Herstel-lungskosten. Die Goldkappen oder Fül-lungsinnenflächen werden innerhalbvon 10 bis 12 Stunden durch den Prozessdes Galvanisierens in einer Dicke von 0,2bis 0,4 mm aufgetragen. Das Gerüst be-steht aus mindestens 99,8% Feingold.Zur keramischen Verblendung eignensich alle handelsüblichen Keramikmas-

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sen. Der klinische Einsatz erstreckt sichvon Einzelkronen über Galvanoinlaysund Galvanobrücken bis hin zu telesko-pierenden Teilprothesen bzw. Hybridpro-thesen und teleskopierenden Galvano-brücken. Die Vorteile der perfekten Pas-sung mit den anfinierbaren Rändern unddie unbestrittene hervorragende Bio-kompatibilität bilden beste Vorausset-zungen für eine lange Haltbarkeit undFunktionstüchtigkeit.

Klinische Erfahrungen mit TitanDr. Markus Jungo, BaselIn diesem Referat berichtete Dr. MarkusJungo über seine klinische Erfahrungenmit Titan im Zeitraum von Januar 1994bis Mai 1999. Insgesamt wurden in die-sem Zeitraum bei 628 Patienten 1045 Ar-beiten eingesetzt. Bei diesen Arbeitenhandelte es sich um 858 fest sitzende und187 abnehmbare Restaurationen. DasInteresse zielte auf das klinische Lang-zeitverhalten dieser Titanrestaurationen.Diesbezüglich wurden klinische Parame-ter wie gingivale Veränderungen, Passge-nauigkeit der Rekonstruktion, Stabilitätder Verblendung, aber auch die Akzep-tanz und die Zufriedenheit der Patientenuntersucht. Es fiel auf, dass grössere sig-nifikante Unterschiede zwischen Arbei-ten aus Titan und herkömmlichen Legie-rungen einzig im fest sitzenden Bereichbestehen. Im abnehmbaren Bereichkonnten keine signifikanten Unterschie-de gefunden werden. Als Ergebnis dieserUntersuchung kann festgehalten wer-den: 1. Mit Titan können alle Arbeitenausgeführt werden. 2. Misserfolgsratensind nicht höher gegenüber Arbeiten auskonventionellen Legierungen. 3. Es tre-ten keine toxischen Probleme auf Grundder Korrosionsresistenz und absolutenBiokompatibilität auf.

Klinik der Kronen- und Brückenpro-thetik auf Pfeilern und ImplantatenProf. Dr. Kurt JägerEin erfolgreicher Abschluss einer Ge-samtbehandlung basiert einerseits aufden fachlichen Kenntnissen und demmanuellen Geschick des Behandlers, an-derseits auf der individuellen Planung.Diese erforderliche Planung gliedert sichin folgende Abschnitte: 1. Sofortmass-nahmen zur Schmerzbekämpfung, 2. Be-fundaufnahme, 3. Entschlussfassung, 4.Zeitbudgetierung und Kostenberech-nung und 5. Besprechung mit dem Pa-tienten. Die Befundaufnahme umfasstneben der Aktualisierung der Anamneseeine stomatognathe Befunderhebung mitErfassung des extraoralen und intraora-

len Zustandes. Befundanalyse und Prog-nose, Modellanalyse, klinische Möglich-keiten und Grenzen, radiologische Diag-nostik, finanzielle Tragbarkeit für Patien-ten sowie Alternativlösungen und Kon-traindikationen werden bei der Entschei-dung miteinander betrachtet. Jeder Ar-beitsschritt ist detailliert zu planen, dieKostenschätzung wird schriftlich vorbe-reitet und dem Patienten zum Studiumabgegeben. Zum Schluss sollte die Be-sprechung mit dem Patienten erfolgen.Sie umfasst die Orientierung des Patien-ten über seinen klinischen Zustand undüber die stomatognathe Prognose. DemPatienten sollte genügend Zeit für Fragenzur Verfügung stehen, er sollte auf keinenFall zu einer Entscheidung gedrängt wer-den. Das Einhalten einer für die erfolg-reiche Behandlung notwendigen Pla-nung fördert die Verständigung zwischenZahnarzt und Patient, räumt Zweifel ausdem Weg und führt für beide Seiten zumbestmöglichen Resultat.

Hybrid- und Altersprothetik – unter Berücksichtigung biologischerAspekteProf. Dr. Jakob WirzAls bevorzugtes Therapiemittel werdenbei älteren Menschen vorwiegend Hyb-ridprothesen eingesetzt. Dieser Zahner-satz sollte einfach, zweckmässig, kosten-günstig und biokompatibel sein. Unab-hängig von den Befestigungsmechanis-men gelten für Prothesen immer die sel-ben nachfolgenden Faustregeln: stati-sche Aufstellung der Zahnreihen, keineEckzahnführung, maximale Basisaus-dehnung (Schneeschuhprinzip), muskel-freie Lagerung des Prothesenbasisran-des, ungehinderte Prothesendynamikwährend des Kauaktes, erleichterte Pro-thesenhygiene und dosierbare Prothe-senretention. Man unterscheidet bei denSteg-Gelenkprothesen zwei Versorgungs-arten. Einerseits ist es die klassischeSteg-Gelenkprothese nach Dolder miteiförmigem Steg-Profil und 3 Freiheits-graden (vertikale Translation, sagittaleund frontale Rotation). Anderseits rücktim Zeitalter der Implantation die vonenossalen Implantaten getragene Steg-Gelenkprothese immer mehr in den Mit-telpunkt. Die moderne Titan- und Laser-technologie erlaubt den Verzicht aufkostspielige Edelmetalllegierungen. Diesbringt den Vorteil, dass einerseits nichtgelötet wird und anderseits ein günstige-res Korrosionsverhalten entsteht, wo-durch metallinduzierte Osseodesintegra-tion vermieden werden können. Die mo-derne Magnetprothese darf als echter

und innovativer Therapiebeitrag zurAltersprothetik gewertet werden. DasMaterialproblem ist heute gelöst, da dieMagnetlegierung sowohl beim Prothe-senmagnet, wie auch beim Implantat-abutment geschickt in eine korrosions-resistente Titanhülle eingelasert ist. Ge-stützt auf experimentelle Untersuchun-gen und zahlreiche klinische Langzeiter-fahrungen weiss man, dass die Steg-Ge-lenkprothese im Unterkiefer mit nurzwei Implantatpfeilern mittlerer Längeden Langzeiterfolg zuverlässig zu sichernvermag. Somit wird mit geringem Be-handlungsaufwand und damit geringererBelastung für den Patienten die volleKautüchtigkeit wiederhergestellt.

Abnehmbare ProthetikDr. Markus Jungo, BaselTrotz der heutigen Möglichkeiten, grosseSchaltlücken oder Freiendsituationen mitenossalen Implantaten zu versorgen,muss häufig, je nach den anatomischenBegebenheiten, Wünschen und Möglich-keiten des Patienten, seiner psychischenund sozialen Situation auf abnehmbarengingival, parodontal getragenen Zahner-satz zurückgegriffen werden. Basierendauf einer Planung wird gemeinsam mitdem Patienten eine geeignete Lösungerarbeitet. Eine Drahtklammerprothesedient nur als provisorische Versorgung,auf Grund der Nachteile durch die feh-lende Zahnabstützung der Klammernsollte sie nur wenige Monate getragenwerden. Die Modellgussprothese ist eineeinfache, kostengünstige Langzeitver-sorgung, allerdings bestehen oft ästheti-sche Einschränkungen.Eine Prothese mitWurzelstiftkappen bietet sich bei weni-gen, koronal geschädigten Restzähnenals Versorgung an. Es steht eine grosseVielzahl an Halteelementen zur Verfü-gung, die auf die Wurzelkappen aufgela-sert werden sollten. Diese Art von Pro-thesen haben einen guten Halt, optima-les Kauvermögen und Tragekomfort undmeist eine gute Ästhetik vor allem imFrontzahnbereich. Prothesen mit Konus-kronen und Teleskopen eignen sich fürSituationen mit günstig verteilten Rest-zähnen, die ein grosses Abstützungspo-lygon bilden. Ästhetik, Halt und Kauver-mögen sind hier sicher optimal, Nachteilist der hohe Preis. Prothesen mit Kronenund Geschieben haben den Nachteil ei-ner mangelhaften Aesthetik nach Entfer-nen der Suprastruktur, was viele Patien-ten als störend empfinden, die Ästhetikder Suprastruktur ist im Vergleich zu denDoppelkronen bzw. Teleskopen verbes-sert.

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Praxiserfahrungen mit neuen TechnologienDr. Sandro Siervo, MailandIm Zuge der ständigen Weiterentwick-lung gibt es immer neue Methoden undMaterialien. In diesem Referat ging esvor allem um die Technik des Galvano-forming und die Titantechnologie. Diebiokompatiblen Werkstoffe eröffnen neueWege, in der abnehmbaren und Hybrid-prothetik wird der Einsatz von Titan undGalvanorekonstruktionen sicher in dennächsten Jahren steigen, es bietet sichzum Beispiel an, Primärkronen aus Titanherzustellen, die Sekundärkronen in derGalvanotechnik und die Tertiärstrukturaus Titan herzustellen. Durch die optima-le Passung ist die Friktion und die Kraft-leitung optimiert, auf Grund der reinenMaterialien besteht auch keinerlei Ge-fahr für korrosive Veränderungen.

BodymodifikationenOA Dr. Michael Hopp, BerlinKörperverändernde Massnahmen, Body-modifikationen, erfreuen sich immergrösser werdender Beliebtheit, dabei istgrundsätzlich die Gruppe der hautpenet-rierenden von der der nichthautpenet-rierenden Veränderungen zu unterschei-den. Für den Mediziner sind zum einendie Verletzungen bei der Durchführungsolcher Techniken interessant, zum an-deren aber auch die in der Folge erwor-benen Körperschädigungen durch Ge-websdefekte und Allergien. Der Arzt undder Zahnarzt dürfen selbst nicht aktiv ander Herstellung von Körperveränderun-gen eingreifen. Allergien in den verschie-denen Bereichen können, sofern sich dieMaterialien mit den in der Mundhöhleverwendeten ähneln, durchaus eine Be-deutung für den Zahnarzt haben, eineUrsachenabklärung ist jedoch oft äus-serst schwierig, da die Quelle einer Aller-gie oft nur im Ausschlussverfahren auf-gedeckt werden kann, was oft ein fastkriminalistisches Vorgehen erfordert.

Die Bedeutung der Werkstoffe für die KieferorthopädieProf. Dr. Andrea Wichelhaus, BaselIn der Kieferorthopädie spielen die ver-wendeten Materialien eine wichtige Rol-le bei der Behandlungsmechanik, alsoder benötigten Kräfte und Momente, alsauch bei der Behandlungseffizienz undVerträglichkeit der Materialien. In derdargestellten Untersuchung zeigte sich,dass der Behandler die von den verschie-

denen Herstellern angebotenen Materia-lien selektionieren muss, um die Nickel-exposition zu reduzieren, sodass auchPatienten mit nachgewiesener Allergiebehandelt werden können. Eine Ab-klärung durch den Dermatologen ist zuempfehlen, neben systemischen Reaktio-nen können Allergien auch ein erhöhtesRisiko in Bezug auf Wurzelresorptionendarstellen.

Zementieren und KlebenProf. Dr. Kurt Jäger, BaselDie Art der Befestigung von Rekonstruk-tionen entscheidet oft über deren Erfolgbzw. Misserfolg. Es gibt Unterschiedezwischen dem Zementieren und demKleben von Restaurationen, das Zemen-tieren von Kronen ist auf Grund der Frik-tion indiziert, hingegen sollten Kera-mikinlays, Veneers und Adhäsivbrückenvorzugsweise geklebt werden, da dieKeramik erst durch das Befestigungsver-fahren eine klinisch ausreichende Ge-samtfestigkeit erreicht. Aus den verschie-denen Zementarten werden Phosphat-zemente und Kompositzemente vorge-stellt. Die Qualität des Phosphatzementsist stark abhängig von der Verarbeitung,es sollten keine Kapseln im Mischgerätverwendet werden, da deren Qualitätnicht gleich bleibend zuverlässig ist. DerZinkoxidphosphatzement wird seit 1878erfolgreich verwendet und es gibt bisherkeinen vergleichbaren oder qualitativhochwertigeren Ersatz. Bei den Kompo-sitzementen ist die vorherige Konditio-nierung der Pfeilerzähen notwendig, dieeine Adhäsion erst ermöglicht. In dieseGruppe sind Panavia F und Variolink IIeinzuordnen. Die Adhäsiven Systemeteilen sich in 4 Gruppen, je nachdem, obder Smearlayer aufgelöst oder konditio-niert wird und ob Adhäsiv und Primerseparat oder in einem Produkt aufgetra-gen werden.

RestaurationshilfenDr. Markus Jungo, BaselDer devitale Seitenzahn dominiert im Be-handlungsspektrum, er soll auf einfacheWeise dauerhaft in Funktion bleiben, so-mit ist hier das Verankerungsmaterial vongrosser Bedeutung, korrodierende Schrau-ben-Stift-Systeme zerstören den Zahnmehr als suffiziente Wurzelkanalbehand-lungen. Da die Herstellung gegossenerAufbauten im Seitenzahnbereich aufwen-dig und teuer ist, sind genormte Stift-Schrauben-Systeme aus korrosionsresis-

tenten Nichtedelmetalllegierungen vor-zuziehen, die sich mit jedem plastischenMaterial kombinieren lassen. Der devitaleFrontzahn eignet sich entweder zur Ver-sorgung mittels individuell hergestelltem,gegossenem Aufbau, was als Nachteileine zusätzliche Sitzung benötigt, dies istzu umgehen, wenn präfabrizierte Front-zahnaufbauten verwendet werden. Diesesind mit den Systemen zur Versorgung imSeitenzahnbereich identisch. Für die Ver-sorgung vitaler, stark zerstörter Zähnewerden parapulpäre Aufbausysteme vor-gestellt, wo auch auf eine geeignete Le-gierung zu achten ist. Als Aufbaumaterialkann auf Grund seiner Korrosionsresis-tenz und Passivierung Amalgam weiter-hin empfohlen werden, da es auch unterMetallkronen durch korrosive Vorgängenicht gelöst wird.

Risikoerfassung bei rekonstruktivenMassnahmenDr. Sandro Siervo, MailandDie rekonstruktive Zahnheilkunde, vorallem der implantatgetragene Zahner-satz, gewinnt immer mehr an Bedeutung.Dies ist vor allem durch eine zunehmen-de Nachfrage nach ästhetischen, funk-tionellen und biokompatiblen Versor-gungen begründet. Eine umfangreichePatientenaufklärung sowie eine korrek-te Risikoerfassung, die eine detaillierteAnamnese mit genauer Materialkenntnisvoraussetzt, ist notwendig. Die Therapie-konzepte bezüglich einer Implantatver-sorgung haben sich dahingehend geän-dert, dass man heute die Implantate dortplatziert, wo sie aus prothetischer Sichtam besten sind und nicht mehr dort, woein genügendes Knochenangebot vor-handen ist. Der fehlende Knochen wirdan der Lokalisation aufgebaut. Ähnlichsind auch die Konzepte bei der Versor-gung von Pfeilerzähnen mit infraossärenDefekten; auch hier werden die verlorengegangenen Gewebe regeneriert. DieMaterialkunde betreffend ist das Risikoabängig von der verwendeten Legierung,bei einer minderwertigen Legierung be-steht ein 387fach höheres Risiko, die Im-plantate samt Suprastruktur innerhalbder ersten 3 Jahre nach Insertion zu ver-lieren. Das Risiko verschwindet, sobaldbiokompatible Materialien benutzt wer-den. Wissenschaft, Klinik und auch dieIndustrie versuchen die Risikofaktorenzu erforschen, um die Vorhersehbarkeitder regenerativen Massnahmen zu opti-mieren. ■

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Als Vorsteher des ZfZ hatte ProfessorJ. Thomas Lambrecht die Ehre, die rund250 Teilnehmer in Basel zu begrüssen.Launisch und pointiert machte er auf diewachsende Überalterung der Bevölke-rung aufmerksam, die nicht nur die Me-dizin, sondern eben auch die Zahnmedi-zin vor neue Herausforderungen stellt.Die demografische Entwicklung bringtder Privatpraxis einerseits vermehrt Risi-

kopatienten und andrerseits eine wach-sende Zahl älterer oder betagter Patien-ten. Dabei spielen heute, anders alsfrüher, die Zähne auch für Senioren einezentrale Rolle, sei es generell für das in-dividuelle Wohlbefinden oder für ihresoziale Kompetenz. Die Universitätenkönnen längst nicht mehr alle diese sogenannten Spezialfälle behandeln. DieBelastbarkeit der Privatpraxen muss des-halb unbedingt erhöht werden.

«Ich bin geistig behindert, und du bist normal behindert» – oder:geistige Behinderung als spezifischeAusprägung einer allgemeinen Behinderung(Eugen X. Frei, Bremgarten)Eugen Frei ist Heilpädagoge am St. Jo-sephsheim in Bremgarten und als solcherbefasst er sich täglich mit der Ausbildungund Förderung von behinderten Men-schen. An den Anfang seines Referatsstellte er ein Zitat von Paul Moor: «Erstverstehen, dann erziehen.» Im Gegen-satz zu anderen, körperlichen Behinde-rungen ist geistige Behinderung begriff-lich nicht zu fassen. Mit Blinden, Taubenoder Stummen zum Beispiel können wir,wenn auch erschwert, kommunizieren.Meist ist dies mit geistig Behindertenkaum oder gar nicht möglich. Trotzdemmuss der Behandelnde, welcher Fach-richtung auch immer, um dem Behinder-ten zu helfen, versuchen mit diesem inVerbindung zu treten, um seine Würdeals Individuum zu respektieren.

Geistige Behinderung resultiert aus derDiskrepanz zwischen dem in bedeutsa-men Erlebnis- und Handlungsdispositio-nen mehr oder weniger beeinträchtigtenIndividuum einerseits und der vorge-gebenen, komplexen, gesellschaftlich be-stimmten Alltagswirklichkeit andrerseits.Ob die Behinderung die Wahrnehmung,Bewegung, Sprache, die intellektuellenoder andere Fähigkeiten einschränkt, sieverursacht eine Verminderung der Erleb-nis- oder Handlungsfähigkeit. Arbeit,Freizeit, Ernährung, Mobilität, Strassen-verkehr oder auch der Besuch beimZahnarzt sind Beispiele für Tätigkeitenoder, in der Sprache des Heilpädagogen,«Handlungsfeldern», die in unserer Ge-sellschaft gewissen Regeln unterstelltsind. «Wohl nun dem, der diese Regelnkennt!», kommentierte Eugen Frei. Wirsollten nicht vergessen, dass auch wir, dieso genannt «Normalen» in Situationengeraten können, in denen wir denDurchblick nicht (mehr) haben. Was unsvon geistig Behinderten unterscheidet,ist grundsätzlich nur das Mass der Hilflo-sigkeit, respektive der Handlungsfähig-keit. Denn je geringer die Kompetenzendes Individuums gegenüber der Alltags-wirklichkeit werden, umso mehr entstehtBehinderung. Somit ist die geistige Be-hinderung nicht als Verlust oder Vermin-derung der kognitiven oder intellektuel-len Fähigkeiten zu definieren, sonderneher als Diskrepanz zwischen dem Le-bensalter und dem Entwicklungsalter.Für den Heilpädagogen gilt es nun, dieAbhängigkeit der Behinderten von Drit-ten zu akzeptieren und deren Bereit-schaft zu fördern, Hilfe in Anspruch zunehmen. Er muss versuchen, dem behin-derten Menschen möglichst viele Regelnbeizubringen, Sprache (oder Zeichen,Symbole) zu vermitteln, komplexe Situa-tionen zu entwirren und ihn generelldazu zu bringen, wenn immer nötig, umHilfe zu bitten. Das oberste Ziel der Aus-bildung muss immer sein, den Behinder-ten im Rahmen seiner individuellen Kom-petenz zur Selbstverantwortung zu erzie-hen, und ihm dadurch die Würde als Indi-viduum, als Mensch zu vermitteln. Somithat der Heilpädagoge die Aufgabe, demBehinderten die Welt zu erschliessen undihm Lebensqualität zu garantieren.

Zahnärztliche Versorgung undFührung von Tumorpatienten(Dr. Dr. Harald Schiel, Klinik fürzahnärztliche Chirurgie, Radiologie,Mund- und Kieferheilkunde, Basel)Um eine optimale Betreuung der Patien-ten mit Tumoren im Kopf- und Halsbe-

Bericht über die 10. Jahrestagung der SGZBB am 29. März 2001 in Basel

Hilfestellungen in der Behindertenbehandlung,Prophylaxe und TherapieThomas Vauthier, Basel

Ich gehe gern an Nischenkongresse. Nischenkongresse behandeln Themen, die nicht in denüblichen Rahmen der grossen, offiziellen Kongresse passen. Und an Nischenkongressen trifftman auch viele interessante Leute, die man an anderen Kongressen nicht immer antrifft.Nischenkongresse öffnen zudem die Augen für Probleme, die man sonst nicht so wahrnimmtoder die man sogar irgendwie verdrängt. Die zahnärztliche Behandlung von behindertenMenschen ist so ein Thema. Die SGZBB, die Schweizerische Gesellschaft für die Zahnmedizi-nische Betreuung Behinderter und Betagter, die, wie ihr Präsident, Stephan Gottet, treffendbemerkte, eigentlich ein drittes B, nämlich für «Benachteiligte», tragen müsste, hatte ihre10. Jahrestagung in erster Linie verschiedenen Aspekten der zahnmedizinischen Betreuungvon Behinderten gewidmet. «Ich fühle mich total behindert und total als Mensch. Ich fühlemich als Ganzes.» Dieses Zitat eines Patienten stand ganz oben in der Einladung zum Kon-gress, und es begleitete die Tagung wie ein roter Faden, wie ein unsichtbares Motto. Denngrundsätzlich geht es darum, unsere Einstellung gegenüber den Behinderten zu überdenken,die Bedürfnisse der «Anderen» kennen zu lernen und zu versuchen, die durchzuführende Be-handlung zu optimieren. Zum ersten Mal fand dieses Jahr am 29. März die Tagung im Zent-rum für Forschung und Lehre Basel unter der Schirmherrschaft des Zentrums für Zahnmedi-zin Basel statt. Obwohl die SGZBB nur 193 Mitglieder zählt, waren gegen 250 Teilnehmer an-gemeldet. Auch der Präsident der SSO, Antoine Zimmer, war aus Lausanne angereist.

Präsident Stephan Gottet

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reich zu gewährleisten, hat die Univer-sität Basel seit neustem ein einzigartigesZentrum geschaffen. Im interdisziplinärstrukturierten Kopf-Hals-Tumorzentrumprofitieren die Patienten von der fachli-chen Kompetenz der Chirurgen, Radio-onkologen, Pathologen, Spezialisten inHNO oder Chemotherapie und auch derFachleute des Zentrums für Zahnmedi-zin, die im Team die jeweils bestmöglicheTherapie erarbeiten.Die Prävalenz der Karzinome im Mund-bereich beträgt zur Zeit etwa 5% in Euro-pa, 3% in den USA, aber 40% in Indien!Zu den bekannten Ätiologien gehörender Tabak, Alkohol, Infektionen undStrahlenschäden. Unter den Lokalisatio-nen sind die Unterlippe (35%) und dieZunge (25%) als häufigste Regionen zunennen, andere sind weitaus seltener.Metastasen verbreiten sich meist überdie Lymphgefässe, in 60 bis 70% der Fäl-le sind die ersten Ableger gleichseitigoder kontralateral respektive in der sub-klavikulären Region zu finden. Gefürch-tet sind auch die Fernmetastasen in derLunge, der Leber oder im Skelett, die ge-gebenenfalls die Prognose stark beein-trächtigen. Bedenklich muss stimmen,dass im Moment der Diagnose des Pri-märtumors 21% der Patienten bereitsMetastasen aufweisen. Dadurch kommtder Frühdiagnose eine zentrale Bedeu-tung zu. Gerade die zahnärztliche Unter-suchung bietet die beste, meist einzigeGelegenheit, pathologische Veränderun-gen der Schleimhaut aber auch der extra-oralen Gewebe im frühstmöglichen Sta-dium zu erkennen und den Patienten imVerdachtsfall an einen Spezialisten wei-

terzuleiten. Hier besteht in der stomato-logischen Aus- und Weiterbildung derPrivatpraktiker weiterhin ein grosser Be-darf.Malignome in unserem Bereich sind aus-serordentlich hinterhältig, denn sie ma-nifestieren sich klinisch erst sehr spät inihrer Entwicklung. In frühen Stadien sindsie kaum oder nur wenig symptomatisch.Initiale Schmerzen sind selten und nurselten spezifisch. Erst in fortgeschritte-nen Fällen tritt ein typischer, ekelhafterFoetor auf, der durch die anaerobe Misch-infektion der nekrotischen Gewebe aus-gelöst wird. Karzinome des Kopf-Hals-Bereichs betreffen meist Männer über40 Jahre (Frauen viermal seltener). Auf-geschlüsselt nach den verschiedenen Ty-pen sind 60% der Karzinome im Mund-bereich als endophytisch-ulzerös zuklassifizieren, 30% verrukös und 10%flach (als Leukoplakie auftretend).Das Ziel der Behandlung und Betreuungvon Tumorpatienten im Kopf-Hals-Be-reich ist die Erhaltung der Lebensqua-lität, insbesondere weil gerade die Chir-urgie in diesem Gebiet meist sehr radikalsein muss und entsprechend verstüm-melnde Gewebsdefekte schafft. ZurPrognose erklärte der Spezialist, dass imStadium I (T1N0M0, d.h. Tumoren mit ei-nem Durchmesser von weniger als 2 cm,weder Lymphknotenbefall noch Metas-tasen nachweisbar) eine 5-Jahres-Über-lebensrate von gegen 85% erwartet wer-den darf. Im Stadium IV (T4N2–3M1) sinktdieselbe Prognose auf unter 19%. Statis-tisch gesehen, beträgt der Durchschnittder 5-Jahres-Überlebensrate weniger als50%.Nach wie vor ist die Radiotherapie, ne-ben der chirurgischen Entfernung derprimär befallenen Gewebe, die thera-peutisch wichtigste und auch häufigsteBehandlungsmethode. Bei der Betreuungbestrahlter Patienten steht die Vermei-dung oder Behandlung der bekanntenNebeneffekte im Vordergrund. Xerosto-mie, strahlenbedingte Karies, Mukositis,Wundheilungsstörungen, verschiedensteInfektionen und im schlimmsten Fallauch die gefürchtete Osteradionekrosebedürfen kompetenter und zum Teil auf-wendiger Betreuung. Die gefährlichenFolgen einer Bestrahlung können heutedank neuer radioonkologischer Metho-den bis zu einem gewissen Grad vermie-den werden. Die so genannte hyperfrak-tionierte Radiotherapie erlaubt, bis zu84 Gy – in mehrere kleine Einzeldosenaufgeteilt – pro Tag zu applizieren. Zu-dem kann die Bestrahlung mit Hilfe di-gitaler Behandlungsplanung und com-

putergesteuerter Apparate extrem gezielt(«bis auf den Prämolaren genau!», soHarald Schiel) eingesetzt werden.Die professionelle Zahnreinigung oderdie Anfertigung von Fluorschienen alsprophylaktische Massnahmen nach derRadiation gehören auf jeden Fall in denKompetenzbereich jedes Privatprakti-kers. Auch die Vorbehandlung, wie Ka-ries- und Parodontalsanierung so wie dieExtraktion aller nicht erhaltenswürdigeroder retinierter Zähne kann durchaus inder Privatpraxis vorgenommen werden.Allerdings sollten komplexere Therapienin jedem Fall der Fachklinik vorbehaltenbleiben.

Die Angle-Klasse-II-Therapie unterspeziellen funktionellen Aspekten(Prof. Dr. Andrea Wichelhaus, Klinik fürKieferorthopädie und Kinderzahnmedizin,Basel)Ein grosser Teil des Erfolges kieferor-thopädischer Massnahmen, insbesonde-re bei behinderten Patienten, ist zum ei-nen abhängig von der richtigen Ein-schätzung der möglichen Kooperationdes Patienten, der richtigen Diagnoseund zum anderen von der Effizienz derangewandten Apparatur. Bei behinder-ten Patienten spielen bezüglich derÄtiologie der Zahnfehlstellungsanomaliefunktionelle Aspekte eine wesentlicheRolle. Durch genetische Ursachen be-dingte Anomalien (20,3% der Fälle) sindgegenüber exogenen Kausalfaktoren(44,3%) prognostisch ungünstiger einzu-stufen. Exogene Faktoren wie Zungen-pressen, Lutschen oder Mundatmungsollten in jedem Fall kieferothopädischbeseitigt werden, da sie besonders beiBehinderten Zahnfehlstellungsanoma-lien verursachen respektive einen additi-ven Effekt auf eine genetisch bedingteAnomalie haben können. Insbesonderebei der Behandlung der Angle-Klasse-IIsind diese funktionellen Aspekte zuberücksichtigen. Präventiv kann bei jun-gen Patienten eine interzeptive kiefero-thopädische Therapie mit der elastischenMundvorhofplatte (Dentaurum) einge-leitet werden. Gegebenenfalls ist eine in-terdisziplinäre Zusammenarbeit mit demHNO-Arzt und/oder Logopäden erfor-derlich.Ob vorgefertigt oder individuell konfek-tioniert, die Mundvorhofplatte kann –vorausgesetzt sie wird 3-mal täglich fürungefähr 10 Minuten eingesetzt – mit-helfen, einen korrekten Mundschlussund eine kontrollierte Zungenlage zu er-reichen. Zudem fördert sie durch die ver-besserte labiale Kompetenz die Retru-

Info-Tisch

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sion der Inzisiven, reduziert die Klasse IIund dient der Entwöhnung von uner-wünschten Habits wie Lutschen oder Be-ruhigungssaugen.Des Weiteren stehen für die funktionelleBehandlung der Klasse II auch bimaxillä-re Geräte zur Verfügung, wie der Aktiva-tor (Monobloc), der Bionator, oder Appa-raturen nach Fränkel. Diese sind jedochbei Behinderten eher ungeeignet, weilsie, um zum Erfolg zu führen, ein gewis-ses Mass an Kooperation und Muskelko-ordination erfordern. Hingegen kann dieSander-II-Apparatur auch bei behinder-ten Patienten zur Korrektur der dentalenwie auch der skelettalen Klasse II einge-setzt werden. Die sagittalen und skelet-talen Resultate stellen sich relativ raschein, insbesondere weil das friktionsloseGleiten auf der schiefen Ebene auch beigeringen Muskelkontraktionen eine or-thopädische Wirkung garantiert. Ausser-dem führt die schiefe Ebene den Unter-kiefer nach anterior, was den Mund-schluss verbessert: Dieses Problem istbesonders bei Behinderten von einigerBedeutung, da diese häufig eine geöffne-te Mundhaltung haben und nachts mitoffenem Mund schlafen. Auch die Ak-zeptanz seitens der Patienten ist hoch, dasie mit dem Gerät im Mund sprechenkönnen.

Klinik, Mikrobiologie und Entzündungsmediatoren derDown-Syndrom-Parodontitis(Prof. Dr. Wolf-Dieter Grimm, Klinik fürParodontologie der Universität Witten/Herdecke, Deutschland)Parodontale Entzündungen beim Mor-bus Down (Down Syndrome, DS) basie-ren auf der Interaktion anaerober Patho-gene und der genetisch bedingten, alte-rierten Immunantwort auf diese Bakte-rien und deren Stoffwechselprodukte.Die dabei entstehenden Zytokinexpri-mierungen spielen eine entscheidendeRolle bezüglich des Schweregrades derParodontis beim Morbus-Down-Patien-ten.Verschiedene Studien haben gezeigt,dass die mikrobielle Belastung, gekop-pelt mit der wirtsbedingten gestörtenImmun- und Entzündungsreaktion, zurDS-Parodontitis führt. Generell führtdie Triplikation des Chromosoms 21 zueiner vermehrten genetischen Expres-sion der Superoxyd-Dismutase (SOD),eines Enzyms, das in der Entstehung dererhöhten Entzündungsbereitschaft allerGewebe eine Rolle zu spielen scheint.Grundsätzlich ist somit das DS eineGen-Dosis-Erkrankung, wobei auch diegestörte Zelldifferenzierung der B und

T-Lymphozyten mitwirkt. Diese so ge-nannte neutrophile Defizienz führt zu ei-ner eigentlichen Immunsuppression.Die DS-Parodontitis ist nach der neustenKlassifizierung der American Assocationfor Periodontology AAP als eigene Enti-tät zu betrachten. Es handelt sich umeine aggressive Form, die früher zum Be-reich der Early Onset Periodontitis ge-zählt wurde. Dank besserer Prophylaxeund Betreuung ist die Lebenserwartungvon Patienten mit Morbus Down mar-kant gestiegen. Im Gegensatz zu frühererreichen viele dieser Menschen das Er-wachsenenalter, und damit ist auch dieDS-Parodontitis von klinischer Relevanz,denn gegen 96% der DS-Patienten lei-den unter parodontalen Krankheiten.Die Therapie muss auf eine Reduktionsowohl der bakteriellen Belastung wieauch der Entzündung ausgerichtet sein.Und damit leitete Prof. Grimm nach die-sen grundsätzlichen und abstrakten Be-trachtungen zum nächsten Referat über.

Ergebnisse von klinisch kontrollierteninterventionsstudien zur Therapieder Down-Syndrom-Parodontitis(Dr. Peter Cichon, Abteilung für Parodontologie der Universität Witten/Herdecke, Deutschland)Die auffälligsten Manifestationen desMorbus Down sind die geistige Retardie-rung und die gestörten immunologi-schen Reaktionen. Letztere machen DS-Patienten unter anderem auch besondersanfällig für Infektionen, eine Eigenheit,die sich früher in einer sehr reduziertenLebenserwartung von Down-Patientenauswirkte. Im Vordergrund dieses Refe-rats standen jedoch die Konsequenzender immunologischen Störungen in Formeiner erhöhten Prävalenz gingivaler Er-krankungen und parodontaler Destruk-tionen beim DS. Gemäss neueren Studi-en ist die gingivale Situation bei DS-Pa-tienten nicht so dramatisch, wie bisher inder Literatur beschrieben. Erst ab einemAlter von etwa 25 Jahren nehmen dieSondierungstiefen und der Attachment-verlust markant und rapide zu. Die beider DS-Parodontitis hauptsächlich impli-zierten Bakterien unterscheiden sich we-nig von jenen, die bei parodontalen Er-krankungen bei nicht Behinderten imVordergrund stehen. Ausser P. gingivalis,B. forsythus, T. denticola und A. ac-tinomycetemcomitans scheinen aber imFall der DS-Parodontitis noch die so ge-nannten sulfatreduzierenden Bakterieneine Rolle in der Pathogenese zu spielen.Da Plaque und harte Ablagerungen all-gemein als Risikofaktoren gelten, welche

die Entstehung entzündlicher parodon-taler Erkrankungen wenn nicht kausalauslösen, so zumindest begünstigen, soll-te die supragingivale professionelle Zahn-reinigung, in Verbindung mit einem eng-maschigen Recall, eigentlich eine Verbes-serung der klinisch-parodontalen Situa-tion bewirken. Solche Ergebnisse konn-ten aber bisher bei Down-Syndrom-Pa-tienten nicht erreicht werden.Eine unter der Leitung von P. Cichon undW.-D. Grimm durchgeführte neuere Stu-die konnte hingegen aufzeigen, dass eineadjuvante medikamentöse Therapie mit-tels lokaler Applikation von Metronida-zol das Resultat der supragingivalen me-chanischen Behandlung wesentlich ver-bessern kann. Obwohl gegebenermassenbei derartigen Patienten die Plaque in-nert kürzester Zeit die Zähne massivwieder besiedelt, ergab die RNA-Analyseeine signifikante Veränderung der Reko-lonisationszeiten der massgebenden pa-rodontal schädlichen Flora. Die Studiezeigte ebenfalls, dass sich die hauptsäch-lichen klinischen Parameter der gingiva-len Entzündung (sowohl der GI als auchdas BOP) über längere Zeit auf tieferemNiveau bewegen. Aus dieser Verminde-rung des Entzündungszustands kannauch eine wesentliche Reduktion desRisikos späterer parodontaler Destruk-tionen gefolgert werden. Die Autorenschliessen aus diesen Daten, dass die su-pragingivale Zahnreinigung in Verbin-dung mit einer zusätzlichen lokalenApplikation von Metronidazol die klini-sche Situation bei Patienten mit MorbusDown signifikant verbessern kann. Esgilt nun, diese Resultate in künftigenStudien bezüglich des Langzeitverlaufszu überprüfen.

«Superbrush» – eine Alternative in der Zahnbürst-Technik?(Dr. Dr. Catherine Weber, Institut für Präventivzahnmedizin und orale Mikrobiologie, Basel)Während die jüngere Hälfte der Schwei-zer Bevölkerung in den letzten Jahrzehn-ten markante Fortschritte in der oralenGesundheit erreicht hat – was durch denRückgang der Karies von bis zu 90% beiKindern und Jugendlichen eindrücklichdemonstriert wird –, hat die ältere Hälftevon der Prävention weniger spektakulärprofitiert. Insbesondere bei den über 60-Jährigen ist ein Nachlassen bei derSelbstpflege und der Nachfrage nachzahnmedizinischer Behandlung festzu-stellen. Die Häufigkeit und Intensität dertäglichen Zahnreinigung, die in diesemSegment der Bevölkerung immer noch

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überwiegend mit der Handzahnbürstedurchgeführt wird, nimmt ab.Da eine Veränderung der individuellenMundhygienegewohnheiten vor allemim Alter nur schwer zu erreichen ist,könnte möglicherweise eine Verbesse-rung der Zahnbürste zu einer Verbesse-rung der Zahnreinigung beitragen. Aufdem Markt sind seit einiger Zeit neueZahnbürsten eingeführt worden, die auchohne anspruchsvolle Anpassung derBürsttechnik eine bessere Plaqueentfer-nung versprechen. Zu ihnen gehört unteranderen die norwegische Superbrush.Ihr Design basiert auf drei U-förmig an-geordneten Bürstenköpfen, die den Zahnkörperlich umfassen und somit einegleichzeitige Reinigung der bukkalen,lingualen und okklusalen Zahnflächenermöglichen. Die Anordnung der Bürs-ten in einem Winkel von 45° soll eben-falls die interdentale Penetration undPlaqueentfernung garantieren. Auch dieElmex-Inter-X-Zahnbürste beschreitetneue Wege: In ihrem eher traditionellenBürstenkopf sind mehrere kreuzförmigangeordnete Teile eingebaut, die ohnegrosse Veränderung der Bürsttechnik ei-ne verstärkte Reinigung von Nischen er-lauben sollen.In einer Pilotstudie wurde am ZfZ in Ba-sel die Wirksamkeit dieser neuen Zahn-bürsten bei älteren Personen getestet.36 Probanden, 19 Frauen und 17 Männermit einem durchschnittlichen Alter von74 Jahren, unter ihnen 9 mit Mobilitäts-einschränkung infolge von Morbus Alz-heimer oder nach einem Iktus, wurdenmittels Fragebogen und anhand klini-scher Parameter (QHI = Quiley-Hein-Plaque-Index, und API = Approximal-raum-Plaque-Index) vor und nach einer

Testperiode von zwei Wochen unter-sucht. Die subjektive Beurteilung derneuen Zahnbürsten fiel dabei sehr unter-schiedlich aus. Die meisten Teilnehmergaben an, dass die Handhabung eherschwierig sei und dass die Bürsten sehrgewöhnungsbedürftig seien. Auch beider Beurteilung der Plaque-Indizes gabes Probleme, da die Probanden eine Viel-zahl von prothetischen Materialien auf-wiesen, die bei der Anfärbung keine ein-deutigen Resultate zeigten. Grundsätz-lich lässt sich aber aus dieser erstenStudie schliessen, dass die Borsten derneuen Zahnbürsten nur eine begrenzteReichweite haben und somit ein sicheresErfassen und Reinigen des Gingivalsau-mes nicht möglich ist. Auch die häufiganzutreffenden keilförmigen Defekte inden zervikalen Bereichen werden nurunzureichend erfasst. Für Patienten mitderartigen Läsionen respektive mit At-tachmentverlust sind daher traditionelleReinigungsmethoden vorzuziehen. Wei-tere Studien sollen nun abklären, ob sichdie neuen Alternativen bei behindertenoder betreuten Patienten dazu eignen,eine Verbesserung der Zahnhygiene zuerreichen.

Chlorhexidin – eine unentbehrlicheHilfestellung in der Behinderten-behandlung(Prof. Dr. Carlo-P. Marinello, Klinik fürProthetik und Kaufunktionslehre, Basel)Chlorhexidindiglukonat oder geläufigerChlorhexidin ist ein Desinfektionsmittel,das in der Zahnmedizin sowohl für dieProphylaxe als auch die Therapie weiteVerbreitung gefunden hat. Seine guteWirksamkeit mit einem Spektrum, das

die meisten oralen Pathogene (gramposi-tive wie gramnegative Bakterien, aberauch Hefen) umfasst, bei einer relativgrossen Sicherheit machen Chlorhexidinin primären und sekundären prophylak-tischen und therapeutischen Anwendun-gen zum Mittel der Wahl. Allergische Re-aktionen sind äusserst selten; die auffäl-ligste Nebenwirkung ist die Bildung derbekannten gelblich braunen Verfärbungder Zähne und des Zungenrückens. Die-se Beläge sind jedoch oberflächlich undkönnen leicht entfernt werden. Ausser-dem besitzt Chlorhexidin Substantivität,d.h. eine verlängerte Anbindung an dieMukosa und die Zahnhartsubstanz, vonwo es langsam in aktiver Form abgege-ben wird. Das kationische Chlorhexidin-Molekül hat eine hohe Affinität zu anio-nischen Verbindungen, unter anderemsolchen in den Makromolekülen der Pel-likel und der Speichelglykoproteine. Derkontinuierliche bakteriostatische Effektdes Chlorhexidins ist eine Ergänzung derhohen bakteriziden Aktivität des Anti-septikums kurz nach der Applikationund führt zu einer effizienten Plaque-hemmung.Chlorhexidin steht in verschiedenen An-wendungsformen zur Verfügung, sei esals klassische Spüllösung (Konzentratoder gebrauchsfertig verdünnt), als Geloder auch als Spray. Zudem gibt es neueFormen für spezielle Bereiche, z.B. alsLack (Cervitec®) für die Behandlung frei-liegender Zahnhälse oder Prophylaxe derWurzelkaries oder als PerioChips® in derParodontaltherapie und seit kurzem auchals Active Points® zur temporären Einlagebei der Behandlung infizierter Wurzel-kanäle. Chlorhexidin wird inaktiviertdurch Natrium-Laurylat und Zinnfluo-rid, zwei Substanzen, die häufig in Pro-dukten zur Mundhygiene anzutreffensind. Dagegen wirkt es synergistisch mitNatriumfluorid.Aus diesen Betrachtungen ergibt sich fürChlorhexidin eine Anzahl von Indikatio-nen, besonders auch in der präventivenund zahnmedizinischen Betreuung vonBehinderten. In diesem Bereich ist dieDarreichungsform als Spray (obwohl sieimmerhin 8% Alkohol enthält) die weit-aus am geeignetste. Zu den Vorteilen desSprays gehören die einfache Anwendungohne jegliche Hilfsmittel und ohne dieNotwendigkeit des kontrollierten Spü-lens, die gute Dosierung, die auch mitkleinen Dosen optimale Effizienz ver-spricht, sowie die Reduktion der für diePatienten unangenehmen Nebeneffektewie Verfärbungen und Geschmacksver-änderungen.

Frau Dr. Dr. Catherine Weber

Prof. Dr. Carlo-P. Marinello

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Mögliche Schädigungen zahnärztlicherWerkstoffe durch Prophylaxemass-nahmen(Prof. Dr. Jakob Wirz, Institut für zahnärzt-liche Technologie und Werkstoffe, Basel)In der Prophylaxe eingesetzte Präparatekönnen unter bestimmten Umständenzahnärztliche Werkstücke oder Materia-lien an ihrer Oberfläche verändern. So istbekannt, dass wiederholte Applikationenvon Fluoridpräparaten an Amalgamfül-lungen oder Titanrestaurationen korro-sive Reaktionen hervorrufen können,welche die Oberflächenglätte in Mitlei-denschaft ziehen und nebst visuellerVeränderung auch eine erhöhte Plaque-retention haben. Aus Gründen seinerhervorragenden Eigenschaften, beson-ders was die Biokompatibilität betrifft, istTitan als zahnärztlicher Werkstoff – nichtnur in der Implantologie – stark im Kom-men und verdrängt tendenziell immermehr traditionelle Legierungen.Experimentelle Untersuchungen, welchemöglichst genau die Verhältnisse in derMundhöhle simulierten, haben gezeigt,dass der Angriff von Fluoriden aus Zahn-pasten und Prophylaxegels auf Titan-oberflächen von verschiedensten Faktorenabhängig ist. Konzentration, pH, Anzahlder Anwendungen und die mechanischeEinwirkung durch Zahnpasten stehendabei im Vordergrund. HandelsüblicheZahnpasten zeigen trotz ihres relativ ho-hen Gehalts an abrasiven Partikeln nurgeringe Wirkung. Die optischen Verände-rungen, wie sie Prof. Wirz in rasterelekt-ronenmikroskopischen Aufnahmen und

Profilogrammen sehr schön zeigte, sindweder auf Edelmetallen noch auf Titanvon klinischer Relevanz. Titan ist zwaroptisch anfällig, aber die dargestelltenOberflächenveränderungen stufte Prof.Wirz als nicht bedenklich ein.Dagegen ist bei der Verwendung vonFluoridgels schon eher Vorsicht geboten.Besonders Produkte mit hohem Fluorid-gehalt und niedrigem pH-Wert sinddurchaus in der Lage, die schützendeTitandioxid-Schicht (die so genanntePassivschicht) an der Oberfläche anzu-greifen. Die meisten im Handel erhältli-chen Produkte enthalten mehr als 5%Natriumfluorid und weisen zum Teil ei-nen pH im sauren Bereich auf, was siegegenüber vielen zahnärztlichen Restau-rationen relativ aggressiv macht.

Paraplegie – Schicksal oder Herausforderung?(Dr. Dr. h.c. Guido A. Zäch, Paraplegiker-Zentrum, Nottwil)Guido A. Zäch und sein Lebenswerk, dasParaplegiker-Zentrum in Nottwil, vorzu-stellen, hiesse Eulen nach Athen tragen.Zäch hat die Betreuung einer ganz spe-ziellen Art von Behinderten, den ge-lähmten Menschen, in den Mittelpunktseines ganzen Wirkens als Mediziner ge-stellt. Traumatisch bedingte Verletzun-gen, die durch Verletzung der Wirbelsäu-le oft innert Sekunden gesunde – und oftjunge – Menschen zu Paraplegikern odergar Tetraplegikern machen, haben immerdramatische Konsequenzen im Leben. Indiesem Zusammenhang rief der Rednerdazu auf, «das Ganze mit den Augen derMitmenschen zu sehen». Im Jahr 2000wurden im Paraplegiker-Zentrum inNottwil 190 Akut-Patienten und 823 sta-tionäre Patienten behandelt, während12 300 ambulante Nachkontrollen durch-führt wurden.Die häufigsten Ursachen solcher Verlet-zungen mit verheerenden Konsequen-zen sind nicht – wie so oft angenommen– Motorradunfälle (die machen gerade2% aller Fälle aus), sondern an ersterStelle liegen die Sportunfälle (wobeiSnowboard-Verletzungen in den letztenJahren stark zugenommen haben) undStürze aller Art (Baugerüst, Leiter, auchHaushaltunfälle). 40% der in Nottwilbetreuten Patienten sind Tetraplegiker,wobei Verletzungen der Halswirbelsäule,insbesondere der Region C5, die häufigs-te Ursache waren.Eindrücklich forderte Zäch, sowohl dieDiagnose wie auch die Sicherung desVerletzen zur Verhinderung manipulati-ver Schäden auf der Unfallstelle müssten

unbedingt verbessert werden. Immerhinist zu bedenken, dass 80% der Verletztenam Unfallort ein inkomplettes Traumader Medulla aufweisen, mithin also beiadäquater Akutbehandlung noch einereelle Chance zur Heilung hätten. Insbe-sondere ist die oft gelehrte Seitenlage-rung ausschliesslich bei Bewusstlosenanzuwenden, aber niemals solange derPatient noch bei Bewusstsein ist. Hier ge-schehen viel zu viele Fehler mit oft katas-trophalen Folgen. Dazu kommt, dassungefähr 90% der Opfer bei vollem Be-wusstsein sind. Somit wäre es möglich,mit gezielten Fragen und einer kurzenklinischen Untersuchung noch auf derUnfallstelle festzustellen, auf welcherHöhe sich die medulläre Läsion befindet.Als Regel gilt, so Zäch, dass Sensibilitäts-ausfälle in der Region des Daumens ei-nem Trauma von C 6 entspechen, desKleinfingers einem Trauma von C 8 undder Region des Ellbogens einem Traumavon Th 1.Sofort nach der Einlieferung ins Spital istdie radiologische Diagnose, unter Aus-schöpfung aller modernen bildgebendenVerfahren, wie z.B. der dreidimensiona-len CT, von höchster Bedeutung für dieTherapie und somit den weiteren Verlauf.Anhand von eindrücklichen Fallbeispie-len zeigte der Spezialist, welche schlim-men Auswirkungen eine ungenügendeUntersuchung respektive eine falscheEinschätzung des Schweregrades derVerletzung haben kann.Zu den körperlichen Folgen der Para-oder Tetraplegie kommen auch sehrrasch die psychischen und emotionalenKonsequenzen, wie Enttäuschung, Trauerund Wut («...wieso gerade ich?»), die oftnur schwer zu überwinden sind. DieWiedereingliederung auf allen Ebenenmuss von Anfang an beginnen und daseigentliche langfristige Ziel der Betreu-ung der Patienten sein. «Der Mensch fin-det im Kopf und im Herzen statt, nicht inden Armen oder den Beinen», heisst hierdas Leitmotiv.

SchlussbemerkungIch gehe gern an Nischenkongresse. Ander 10. Jahrestagung der SGZBB habe ichviel gelernt. Die zahnärztliche Behand-lung von behinderten Menschen ist einThema, das sicher vermehrt Aufmerk-samkeit verdient. Ich freue mich auf dienächste Tagung der SGZBB, der Schwei-zerischen Gesellschaft für die Zahnmedi-zinische Betreuung Behinderter und Be-tagter, und hoffe, dass die 11. Auflage2002 vor einem noch zahlreicheren Pub-likum stattfinden wird. ■Dr. Dr. h.c. Guido A. Zäch

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Montag früh zu Beginn der Vormittags-vorlesungen wurde von Prof. Hotz dasReferententeam vorgestellt und dieKursziele der Woche umschrieben.Gleich zu Beginn wurde anhand einigerklinischer Fälle aufgezeigt, dass durchsinnvolle Prophylaxekonzepte klinischdiagnostizierte bestehende Initialläsio-nen über viele Jahre hinweg unverändertbleiben und somit keiner invasiven The-rapie bedürfen. Prof. Lussi zeigte die heu-te gängigen sowie auch modernste Me-thoden zur Diagnostik von Okklusal-und Glattflächenkaries auf.Zur Technik des Versiegelns wurde aufdie Wichtigkeit der ausreichenden Ätz-zeit, das Bewegen des Ätzgels sowie dassparsame Auftragen des Versieglers hin-gewiesen. In einer kurzen Präsentationstellte Dr. Ph. Perrin die weitreichendenund faszinierenden Einsatzmöglichkei-ten des Operationsmikroskopes in derzahnärztlichen Allgemeinpraxis vor. Sei-ne Begeisterung für das Arbeiten mitdem Mikroskop liess erkennen, dass die-ses Gerät auch eine Bereicherung im Pra-xisalltag darstellen kann.Der zweite Tag war hauptsächlich derApproximalfläche im Seitenzahnbereichgewidmet. Nach wie vor stellt das Bite-wing die Methode der Wahl zur Diag-nostik der Approximalkaries dar. Thera-pieentscheide werden auf Grund der be-kannten Einteilung in die vier Grade (ra-diologische) unter Berücksichtigung desindividuellen Kariesrisikos gefällt. Diechemische Plaquekontrolle stützt sichhauptsächlich auf die Verwendung vonChlorhexidin und Fluoriden, insbeson-dere in Form von Gelee oder Lacken. Beider Versorgung von approximalen Ka-vitäten muss auf die Nachbarzahnverlet-zung Rücksicht genommen werden. Da-zu kann das oszillierende EVA-Systemund/oder das ultraschallbetriebene So-nicsys verwendet werden.Die Klasse-ll-Kompositfüllung war dasHauptthema des dritten Theorievormit-

tages. Feinhybridkomposite sind aufGrund ihrer physikalischen und Verar-beitungseigenschaften im Moment dieMaterialien der Wahl. Die korrekte An-wendung von Schmelz- und Dentinbon-dingverfahren entscheidet hauptsächlichüber den klinischen Erfolg der Adhäsiv-technologie. Betreffend Unterfüllungs-thematik scheint sich bei oberflächlichenKavitäten das Totalbonding durchgesetztzu haben, wogegen bei ausgedehntenund pulpanahen Kavitäten die Unterfül-lung mit Ca(OH)2-Zement (pulpanah)und lichthärtendem Glasionomerzementimmer noch angezeigt ist. Auch der Poly-merisation ist genügend Aufmerksam-keit zu schenken. Der Umgang mit den«konventionellen» Geräten ist bezüglichBelichtungszeit, Abstand etc. bekanntund muss dringend eingehalten werden.Neuere Technologien werden zurzeit ex-perimentell erprobt. Da die heute ge-bräuchlichen Kompositmaterialien im-mer noch eine Polymerisationsschrump-fung aufweisen und die Aushärtung nurdurch beschränkte Schichtdicken mög-lich ist, müssen die Kavitäten nach wievor mit einer zweckmässigen Schicht-oder Portionentechnik aufgefüllt werden.Abschliessend stellte der Referent eineinfaches klinisches Konzept zur Ausar-beitung und Politur von Kompositfüllun-gen vor.Der Donnerstag begann mit einer Pa-tientenvorstellung von Prof. Hotz. Anhanddieser Erosionspatientin wurde dannnäher auf die Erosionsprophylaxe einge-gangen. Diese beinhaltet folgende Para-meter: Herabsetzung der Säureexposi-tion, Anwendung von Fluoriden, entspre-chende Mundhygiene und der Gebrauchvon Spüllösungen. Prof. Lussi informiertedanach über Ursachen, Diagnostik undTherapieentscheide betreffend Erosionenund keilförmigen Defekten. Nach derKaffepause präsentierte Herr PD Dr. B.Hugo den Anwesenden Rezepte undMöglichkeiten von Kompositrestauratio-

nen im Frontzahnbereich. Es wurde er-sichtlich, dass mittels Kenntnis der Mate-rialien, optimaler Auswahl und Verarbei-tung nicht nur die unsichtbare Füllung,sondern auch viele ästhetische Optimie-rungen und Korrekturen an den Front-zähnen für Patienten und Behandler äus-serst befriedigend sein können.Im ersten Teil des fünften Kursvormittagswurde auf das zunehmende Problem derWurzelkaries eingegangen. Das Schwer-gewicht dieses Themenbereiches liegt inder auf den Patienten abgestimmten Pro-phylaxe. Bei Therapiebedarf stellt Kom-posit aufgrund seiner Eigenschaften dasMaterial der Wahl dar. Dr. A. Stassinakisreferierte anschliessend über die Mög-lichkeiten der Zahnbleichungen sowieder Mikroabrasionen. Anhand einer gros-sen Anzahl klinischer Fälle zeigte er ei-nerseits die therapeutischen Möglichkei-ten auf, andererseits verwies er auf Indi-kationen und Kontraindikationen. ZumSchluss dieses Vormittages gab Dr. A.Grüninger einen Einblick in die therapeu-tischen Möglichkeiten mit Keramik-veneers im Frontzahnbereich, erläutertedie Indikationen, Kontraindikationen so-wie die möglichen Präparationsarten.Die Resultate einer eigenen klinischenStudie über etwa 5 Jahre sind bemer-kenswert, die Versorgung mit Veneersdarf als sehr befriedigend und dauerhaftbetrachtet werden.Der letzte Kursvormittag startete mitdem Thema Intensivprophylaxe. Dieoptimierten individuellen Massnahmenwerden ergänzt durch eine dem Bedarfangepasste professionelle Betreuung. In-tensivierte Prophylaxe ist speziell auchvon Bedeutung bei Patienten mit schwe-ren Allgemeinerkrankungen, welche dieorale Gesundheit beeinträchtigen kön-nen. Den Kursteilnehmern wurden an-schliessend die grundsätzlichen Aspekteder Qualitätsrichtlinien in der Prophy-laxe in Erinnerung gerufen. Präventiongeht immer Hand in Hand mit der The-rapie und kann niemals als «Sonderdiszi-plin» betrachtet werden.Prof. Lussi diskutierte einige offensicht-lich immer noch aktuelle Aspekte derAmalgamproblematik und wies daraufhin, dass das Amalgam bei entsprechen-der Indikation nach wie vor seine Be-rechtigung als Füllungsmaterial hat.Schliesslich erläuterte Prof. Hotz die Qua-litätsrichtlinien in der Füllungstechnik. Erist überzeugt, dass die formulierten Vor-gaben durchaus erfüllbar sind, klinischeStudien untermauern diese Ansicht. Esist nicht berechtigt, Qualität hauptsäch-lich mit Materialauswahl in Verbindung

18.–24. März 2001

Fortbildungswoche St. MoritzDr. Kurt von Rotz, Sarnen

Der 115. Zahnärztefortbildungskurs in St. Moritz stand unter der wissenschaftlichen Leitungvon Prof. Dr. Peter Hotz und Prof. Dr. Adrian Lussi, Klinik für Zahnerhaltung, Kinder undPräventivzahnmedizin der Universität Bern. Über 200 Teilnehmer interessierten sich für dasWochenthema «Prophylaxe und konservierende Zahnmedizin – zeitgemässe synoptische Kon-zepte in Theorie und Praxis». Am Sonntagabend wurde die Fortbildungswoche traditioneller-weise durch einen Gastvortrag eröffnet. Herr Jost Falett aus Bever informierte äusserst unter-haltsam und interessant über die romanische Sprache, unsere vierte Landessprache in ihrerheutigen Situation, den Problemen und Perspektiven.

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zu bringen. Eine gute Qualität unsererArbeit ist gewährleistet durch unsereSorgfalt und das Einhalten wissenschaft-lich fundierter Behandlungskonzepte. ZumAbschluss der Kurswoche wurden dieFragen, welche während der Woche ge-sammelt wurden, von den verschiedenenReferenten fachmännisch beantwortet.

Nachmittags konnten Seminare zu fol-genden Themen besucht werden:Prepcontrol (Eva)-System: Zahnschonende PräparationenDer Privatpraktiker Dr. M. Gygax führtevor, wie approximale Kavitäten, Kronenund andere Präparationen effizient undschonend für den Zahn sowie für die be-nachbarte Approximalfläche präpariertwerden können. Jeder Teilnehmer hattedie Möglichkeit, an eingegipsten Zähnendie vielfältigen Anwendungsbereiche desPrepcontrolsystems zu üben.

Traumatologie bei Jugendlichen:FallbeispieleZu Beginn führten Drs. Th. Jaeggi und M.Schaffner kurz in die neue Klassifikation,die Ätiologie und die epidemiologischenAspekte der Zahnverletzungen ein. An-schliessend wurde ein Behandlungsplaneines vorgestellten Traumafalles erstellt,sowie die Schienung eines avulsiertenZahnes mit modernsten Hilfsmitteln undMethoden am Modell durchgeführt.

«Sehen», Lupe und MikroskopDas Seminar von den Herren Drs. Ph.Perrin und D. Jacky begann mit einertheoretischen Einführung. Themen warenArbeitstechnik, grundlegende Aspektebezüglich Geräteauswahl und Vergleichzwischen Lupe und Mikroskop. Danachfolgte ein kurzer Film über den mögli-chen Einsatzbereich vom Mikroskop inder Allgemeinpraxis. Im praktischen Teilhatten die Teilnehmer die Möglichkeit,unter individueller Betreuung am Mikro-skop erste Gehversuche mit dieser neuenArbeitstechnik an Phantomköpfen aus-zuprobieren. Zudem konnten bei denLupen verschiedene Produkte verglichenund praxisnah ausprobiert werden.

CarisolvDr. L. Flückiger stellte in diesem Seminarein System zur chemomechanischen Ka-riesentfernung vor. Nach einer theoreti-schen Einführung konnte die Carisolv-methode praktisch an echten kariösenZähnen ausprobiert werden. Die Kurs-teilnehmer konnten sich dadurch ihre ei-gene Meinung über die Wirksamkeit derMethode bilden.

ErosionspatientenErosive Schädigungen der Zahnhartsubs-tanz sind heute ein verbreitetes Problem.Da oft eine grössere Anzahl von Zähnengleichzeitig betroffen sind, bedürfen sol-che Patienten spezieller Behandlungskon-zepte. Frau Dr. A. Grüninger informierteüber die Wichtigkeit der frühzeitigen Er-kennung und die Behandlungskonzepte.Anhand von klinischen Fällen wurde überdie Problematik diskutiert.

Füllungstechnik im MilchgebissIn dem von Dr. N. Kohler geleiteten Semi-nar wurden auf theoretischer Basis vielerwesentlicher Aspekte der Kinderzahn-medizin erarbeitet. Dabei wurde dieganze Problematik von der Patienten-führung bis zur Indikation und Anwen-dung von Materialien und modernenFüllungstechnologien diskutiert.

Prävention: TestsIn der Praxis stehen uns diverse Tests zurBestimmung des Kariesrisikos zur Verfü-gung. Dr. O. Kronenberg zeigte auf, wie dieAbklärungen der Speichelfliessrate, derPufferkapazität der Mundflüssigkeit undbakterielle Untersuchungen bezüglichMutans Streptokokken und Laktobazil-len praktisch durchgeführt werden. DieKursteilnehmer konnten im «Selbstver-such» ihre eigenen Befunde erheben.

SonicsysDas hochfrequent-schwingende Präpa-rationssystem ermöglicht verschiedenePräparationen von der Erstversorgung

approximaler Läsionen bis zur Herstel-lung von Kavitäten für Keramik- undGoldfüllungen. Die Kursteilnehmer hat-ten nach einer kurzen, von den Drs. B.Hugo und A. Stassinakis gehaltenen Ein-führung die Möglichkeit, mit dem Sys-tem zu arbeiten und damit seine Funk-tionsweise näher kennen zu lernen.

Digitale Medien in der ZahnmedizinDr. A. Stassinakis offerierte ein Zusatzse-minar mit dem Thema «digitale Medienin der Zahnmedizin». Die digitale Foto-grafie eröffnet neue faszinierende Mög-lichkeiten in der Bildaufnahmetechnik,der Bildverarbeitung und speziell auchder Archivierung. In der ästhetischenZahnmedizin ist der Einbezug der Foto-grafie und der digitalen Bildmodifikatio-nen kaum mehr wegzudenken. Selbst-verständlich ist die Informationsbeschaf-fung via Internet für den modernenAkademiker unverzichtbar. Der Referentweihte die Ungeübten in die grundle-genden Arbeitsschritte ein, sodass ihnenviele Stunden des frustrierenden «Selbst-versuchens» erspart bleiben.

Abschliessend darf festgehalten werden,dass in dieser Woche sehr praxisnaheFortbildung gebracht wurde. Die Konzep-te wurden nicht nur theoretisch gelehrt,sondern die Umsetzung wurde auch plau-sibel gemacht und geübt. Dieser Kurs warfür jeden synoptisch denkenden Zahnarzteine erfreuliche Bereicherung. Es kannnur gehofft werden, dass bald eine Wie-derholung stattfindet. ■

BUCHBESPRECHUNGEN

Kieferchirurgie

Obwegeser H L:UK-Wachstumsstörungen451 S., 1228 Abb., sFr. 359.–, Springer,Berlin (2001)ISBN 3-540-67214-1

Rechtzeitig zum 80. Geburtstag desAutors ist sein erstes Buch erschienen.Prof. Obwegeser, Pionier der Kieferchi-rurgie und langjähriger Direktor der Kie-ferchirurgischen Klinik am Universitäts-spital Zürich, hat damit nicht nur sich,sondern vor allem seinen Schülern, Kie-ferchirurgen, Kieferorthopäden, Zahn-

ärzten und plastischen Chirurgen, d.h.allen Medizinern, die sich in irgendeinerArt mit dem Gesicht beschäftigen, ein inzweifacher Hinsicht gewichtiges Ge-schenk gemacht.Einerseits rein physisch ist es ein schwe-res Buch geworden, das nicht in einerManteltasche Platz findet. Anderseitswird das ganze Gebiet der Wachstums-störungen des Unterkiefers in einer bis-her nie dagewesenen Breite umfassenddargestellt.Vorwort und Einleitung geben dem Leseraus der persönlichen Sicht des Autorseinen interessanten medizingeschichtli-chen Einblick in die zweite Hälfte des

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vergangenen Jahrhunderts. Dieses per-sönliche Engagement zieht sich durchdas ganze Buch.Zunächst wird das normale Gesichtsske-lett besprochen und auf die Notwendig-keit einer deskriptiven Terminologie sei-ner Anomalien hingewiesen. Im Detailbeschrieben wird auch die erforderlicheDokumentation für Diagnose, Thera-pieplanung und Nachkontrollen. DassObwegeser auch ein leidenschaftlicherLehrer ist, zeigt sich in den Kapiteln«Philosophie der chirurgischen Korrek-turplanung» und natürlich im Kapitel 6«Prinzipien der Therapieplanung».Schliesslich werden die verschiedenenWachstumsanomalien des Unterkiefersan Hand von eigenen Fällen dargestellt.Systematisch werden dabei Ätiologie,Anamnese, klinischer Befund, Röntgen-befund, provisorische Diagnose, Behand-lungsplan und die durchgeführte Be-handlung beschrieben und zum Schlussder Fall als Ganzes diskutiert.Diese Beschreibungen werden ausführ-lich durch Fotos, Röntgenbilder undZeichnungen illustriert. In vielen Fällenergänzt ein histologischer Befund, fürden H. U. Luder verantwortlich zeichnet,die Darstellung der Anomalie. Zwarkommen auch die Unterentwicklungenund andere Missbildungen des Unterkie-fers zur Sprache, das Hauptgewicht legtder Autor dabei aber auch rein umfang-mässig auf sein Steckenpferd, die ver-schiedenen Formen von condylärer Hy-peraktivität.Der dritte Teil ist vor allem für Chirurgeninteressant. Die Entwicklung der wich-tigsten Techniken in der orthopädischenKieferchirurgie des gesamten Gesichts-skelettes wird dem Leser vor Augen ge-führt. Die heutigen Techniken werden imDetail beschrieben und die notwendigenInstrumente gezeigt. Naturgemäss feh-len die erst in den letzten Jahren ent-wickelten Distraktionsmethoden.Wie schon erwähnt ist das Buch reich mitqualitativ hervorragenden Fotos, Röntgen-bildern und Zeichnungen illustriert undallein deshalb schon seinen Preis wert.Ein Literaturverzeichnis fehlt ebenso we-nig wie ein Stichwortregister.Als Lehrbuch der Anomalien des Unter-kiefers sollte dieses Buch in keiner öf-fentlichen medizinischen oder zahnme-dizinischen Bibliothek fehlen. Aber auchjeder Kieferorthopäde und Kieferchirurgkann persönlich und beruflich nur profi-tieren, abgesehen davon sind sicher auchMedizinhistoriker daran interessiert.Die Schule Obwegeser, die in vielenKöpfen weiterlebt, hat mit diesem Buch

eine schriftliche Form gefunden. Wirdanken dem Autor für dieses Vermächt-nis.

Elisabeth Schmid-Meier, Zürich

orbito-naso-maxillären Komplex betref-fend, lieferte Baustein um Baustein zumheutigen Niveau der kraniofazialen Chi-rurgie. Zusammen mit den Beiträgenseines Kollegen und Freundes, Dr. PaulTessier aus Paris, der den transkraniellenZugang zu den Orbitae und die Le-Fort-III-Gesichtsvorverlagerung beisteuerte,sind Chancen eröffnet worden, auch beifundamentalsten Schädel-Gesichts-Miss-bildungen eine normale Erscheinungschaffen zu können. Bei Obwegeser warder Unterkiefer Ausgangspunkt, neuetherapeutische Perspektiven zu schaffen.Diese anatomische Struktur hat ihn wei-terhin stets beschäftigt und fasziniert, be-einflusst doch ihr Wachstumsverhaltendie übrigen Gesichtsstrukturen nachhal-tig und ist eine das Aussehen wesent-lich bestimmende Komponente. Das be-obachtete, nahezu uferlose Ausmass derVariabilität in Wachstumsverlauf, Formund Auswirkung hat ihn in Bann gezo-gen und eine Zielsetzung reifen lassen:Er wollte in dem Wirrwarr Ordnungschaffen und damit diagnostisch undtherapeutisch eine systematische Grund-lage erarbeiten. Das Ergebnis ist das vor-liegende Buch. Ein wichtiges Anliegenwar ihm, eine präzise Terminologie zukreieren. Die von ihm vorgeschlagenenBegriffe umschreiben die tatsächlich vor-liegenden Abweichungen sehr viel präzi-ser und differenzieren vor allem basalevon dentoalveolären Komponenten. Dienotwendige Dokumentation für Diagno-se und Behandlungsplanung, einschliess-lich der Szintigraphie, werden eingehenddargelegt. Beachtenswert ist das vorge-stellte Messverfahren am Orthopanto-mogramm, das bei Asymmetrieproble-men die regionalen Unterschiede zwi-schen den beiden Unterkieferhälften klaraufzeigt. Für die Behandlungsplanungbei skelettalen Gesichtsanomalien wer-den 69 knapp aber prägnant formuliertePrinzipien präsentiert. Das letzte wider-spiegelt Obwegesers intellektuelleGrundeinstellung und innovatives Wir-ken aufs trefflichste: «When your stan-dard procedures present limitations, findanother one». In einer ersten umfassen-den Fallpräsentation werden die Charak-teristika der kondylären Hypoaktivität,bi- und unilateral, sowie der mandibu-lären Hypoplasie besprochen und die aufderen Ausgangslage abgestimmten chi-rurgischen Interventionsarten dargelegt.Letztere wurden vom Buchautor laufendentwickelt – eben «find another one» –,welche dann ihrerseits durch Bewährungwieder zu «standard procedures» aufstie-gen. Sie sind in einem speziellen Kapitel

Kieferchirurgie

Obwegeser H L:UK-Wachstumsstörungen451 S., 1228 Abb., sFr. 359.–, Springer,Berlin (2001)ISBN 3-540-67214-1

Ein einschneidender Verlust an Erkennt-nis und Erfahrung wäre zu beklagen,hätte Prof. Dr. Hugo Obwegeser nachseinem Rücktritt nicht mit all seinerEnergie und Beharrlichkeit, mit Hingabeund immensem Fachwissen sein profes-sionelles Vermächtnis in diesem Werkfestgehalten. Für den Kiefer-Gesichts-chirurgen ist es Pflichtlektüre. Es ist aberebenso sehr eine unabdingbare Grund-lage für den Kieferorthopäden, da erwährend der Wachstumsphase die dar-gelegten Aberrationen früh erkennenund bei den Formen, die eine Kombina-tionsbehandlung Kieferchirurgie/Kiefer-orthopädie fordern, über das Hinter-grundwissen verfügen muss. Vor allemdie ansonsten vernachlässigte transver-sale Dimension in Verbindung mit Ge-sichtsasymmetrien wird in diesem Buchin einer einmalig differenzierten undumfassenden Art besprochen und doku-mentiert; in keinem anderen Lehrbuchsind bis anhin Vielfalt und mögliche Ur-sachen in diesem Umfang und solcherTiefe bearbeitet worden. Hugo Obwege-ser gilt unangefochten als Vorkämpferund Bahnbrecher in der Entwicklung derkraniofazialen Chirurgie. Es ist beein-druckend zu verfolgen, welche Evolutionseit seiner Assistentenzeit auf diesemGebiet stattgefunden hat. Damals exis-tierte eine orthognathe Chirurgie kaum;die so genannte Prognathie-Operationwar praktisch die einzige durchgeführteIntervention. Die bekannten Osteoto-mien am aufsteigenden Ast schafftennach der Verschiebung jedoch nur sehrgeringe knöcherne Kontaktflächen. DieProblematik stimulierte Obwegeser eineMethode zu entwickeln, die diesemMangel begegnete und intraoral durch-geführt werden konnte. Die sagittaleSpaltung im aufsteigenden Unterkiefer-ast war seine Lösung. Sie wurde welt-weit die Methode der Wahl und ist esbis heute. Die Kaskade der von ihm kon-zipierten Innovationen, nun auch den

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Z a h n m e d i z i n a k t u e l l

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zusammengefasst; die historischen Zu-sammenhänge lesen sich wie ein span-nender Roman. Das Gleiche gilt für dasKapitel der kondylären Hyperaktivität, einThema, das Obwegeser unverkennbar ammeisten faszinierte, ganz besonders in derunilateralen Form. Er hat bereits in einerfrüheren Publikation 2 Grundformen derresultierenden Anomalien beschrieben:die hemimandibuläre Hyperplasie (H.H.)und die hemimandibuläre Elongation(H.E.). Neben vielen spezifischen Unter-schieden ist erstere Form hauptsächlichdurch die Zunahme an Masse in der ge-samten einen Unterkieferhälfte, letzteredurch einseitige Längenzunahme deskondylären Fortsatzes, des aufsteigendenund horizontalen Astes charakterisiert.Dass es sich um eine Fehlregulation deskondylären Wachstums handeln muss,belegt die Tatsache des sofortigen Einstel-lens des Geschehens nach einer hohenKondylektomie. Obwegeser folgert ausden in der reinen Form völlig verschiede-nen Erscheinungsbildern einen Regula-tionsfaktor M (für Masse in H.H.) undL (für Länge in H.E.), wobei nicht seltenauch Mischformen, die zu groteskestenGesichtsdeformationen führen, vorliegen.Privatdozent Dr. Luder, Leiter der Abtei-lung für orale Strukturbiologie, hat dieverfügbaren resezierten Kondylen inH.H.- und H.E.-Fällen histologisch un-tersucht und die Ergebnisse im vorlie-genden Buch beschrieben. Er kommtaber zum Schluss, dass die verschiede-nen klinischen Formen von kondylärenWachstumsanomalien mikroskopisch nichtdiskriminiert werden können. Der grosseWunsch und die ungebrochene Hoff-nung Obwegesers, dass seine Hypotheseder kondylären WachstumsregulatorenM und L verifiziert wird, muss wohl aufmolekularbiologischer Ebene erfolgen.Mit dem Erklärungsdefizit hinsichtlichSteuerungsmechanismen im kondylärenWachstumsgeschehen und den Ursachender Fehlleitungen ist Obwegeser in guterGesellschaft mit der gesamten Fachwelt.Trotzdem öffnet, schärft und erweitertsein Werk mit einer systematisch präsen-tierten Kasuistik den klinischen Beurtei-lungsrahmen bei mandibulären Wachs-tumsanomalien und zeigt den gegen-wärtigen Stand der therapeutischenMöglichkeiten auf. Paul Tessier stellt imVorwort fest: «After training in the Jaw’sOld Testament, Hugo is writing the NewOne». Es zu lesen und zu studieren istPflicht und fachliche Bereicherung füralle im Gesichtsbereich engagierten The-rapeuten und Therapeutinnen.

Paul Stöckli, Zürich

Komplementärmedizin

Pflaum H, Pflaum P:Synopsis der Regulations-(Zahn-)Medizin291 S., 138 Abb., sFr. 131.–, Haug,Heidelberg (2000). ISBN 3-8304-7033-9

Das Buch ist als Zusammenfassung undals Übersicht regulationsmedizinischerVerfahren gedacht. Es wird versucht, diebestehende Methodenvielfalt zu einempraktischen Netzwerk zu verknüpfen. InBezug auf die wissenschaftliche Beweis-barkeit der Regulationsverfahren gibt esviele wertvolle Angaben. Aufklärungsbe-darf besteht ja nicht nur in universitärenKreisen, sondern auch bei vielen Prakti-kern, die von ihren Hochschulen oft nurauf Unwissen oder Teilwissen basierendeBeurteilungen hören. Naturgemäss kannbei einem solch breiten Anspruch einEinzelgebiet wie z.B. die Zungendiagnos-tik oder das Grundsystem nach Pischin-ger nur relativ knapp behandelt werden.In einem ausführlichen Literaturver-zeichnis sind dann die eigentlichen«Lehrbücher» – mit Ausnahmen – (vgl.unten) aufgeführt.Die von Heinz Pflaum entwickelte «Bio-elektrische Funktionsdiagnostik» (BFD)erfährt erwartungsgemäss im Rahmender Beschreibung westlicher Akupunk-turverfahren eine recht breite Darstel-lung. Dass anderseits die differenzierteund diagnostisch sehr aussagekräftige

Ohr-Akupunktur nach Nogier e.a. unddie Neurokinesiologie nach Klinghardeine völlig unzureichende Erwähnungfinden, liegt wohl an den deutlich er-kennbaren Präferenzen der Autoren, istaber bei dem vorliegenden Buchtitel un-verzeihlich.Positiv fällt hingegen auf, dass viele Para-meter und Tests besprochen werden, diesonst nicht leicht zugänglich sind, unddass Themen wie Menschenkenntnis,Blickschulung für die Diagnose, Hand-und Iris-Diagnostik, Säure-Basen-Gleich-gewicht... gebührende Berücksichtigungfinden. Die Amalgamproblematik wirdzwar mehrfach erwähnt, eine zusam-menfassende Darstellung der möglichenSchäden fehlt leider, und das angegebe-ne Entgiftungsverfahren wird zumindestnicht den heutigen Kenntnissen einer ef-fektiven, materiellen und überprüfbarenEntgiftung gerecht.Eine sehr lesenswerte Literaturübersichtzum Thema «Ganzheitliche Zahnmedi-zin» ist leider, wie erwähnt, in wesentli-chen Teilen unvollständig. Dafür ist diesorgfältige Auseinandersetzung mit derKritik an ganzheitlichen Diagnose- undTherapie-Verfahren, wie sie im Hand-buch «Die andere Medizin» der StiftungWarentest (1996) zum Ausdruck kommt,sehr erfreulich und wohl auch für man-chen «Schulmediziner» erhellend.Gesamturteil: trotz gewissen Mängelnempfehlenswert.

Richard Schneider, Zürich

ZEITSCHRIFTEN

kelgrösse 5,56 µm) als Träger. Zu diesemGemisch wurde rekombinantes menschli-ches BMP (rhBMP-2) hinzugefügt, dasGanze im Ultraschall gemischt, gefroren,lyophilisiert und schliesslich in Scheibenvon 8 mm Durchmesser und 1,3 mmDicke geschnitten.Diese Scheiben wurden in gleich grosseSchädeldefekte von sechs 10 Wochen al-ten Ratten eingesetzt. Als Kontrolle dien-ten sechs Ratten, in die nur die Träger-substanz implantiert wurde.Nach zwei resp. vier Wochen wurden dieRattenschädel röntgenologisch und kli-nisch untersucht.Ohne rhBMP-2 waren die Implantatstel-len nach vier Wochen deutlich radiolu-zenter als nach zwei Wochen, mitrhBMP-2 radioopaker. Ohne rhBMP-2

Kieferchirurgie

Takashi M, Kozue M, Yohji I, Shoji E:Experience with freeze-driedPGLA/HA/rhBMP-2 as a bone graftsubstituteJ Craniomaxillofac Surg 28: 294–299(2000)

Schon vor mehr als 10 Jahren wurde derNachweis erbracht, dass BMP (bonemorphogenetic protein) osteoinduktivwirkt. Obwohl in den letzten Jahren BMPauch klinisch zur Anwendung kam, fehl-te bisher die ideale Trägersubstanz.In dieser Studie verwendeten die AutorenPolyglycolsäure und Milchsäure (50:50mol%) in 10% Dioxan gelöst, gemischt mitrein synthetischem Hydroxylapatit (Parti-

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Z a h n m e d i z i n a k t u e l l

ren Obliquusmuskels Schwierigkeitennach unten zu sehen, drei Patienten hat-ten eine Mydriasis und eine Ptosis. DieSymptome traten jeweils wenige Minu-ten nach der Anästhesie auf und ver-schwanden mit Nachlassen der Anästhe-sie.Eine mögliche Ursache könnte ein arteri-eller Diffusionsweg von den Aa. alveola-res über die A. maxillaris interna zu denAa. meningeales med. und von dort überAnastomosen von der A. lacrimalis zurA. ophthalmica sein. Andere Autorensehen die Komplikationen eher inGefässmissbildungen oder Anomalienbegründet, die eine retrograde Diffusionermöglichen. Ein perivaskuläres Traumanach intraarterieller Injektion oder Perfo-ration der Gefässwand mit nachfolgen-der Stimulation der sympatischen Fasernlängs der A. maxillaris bis zum Erreichender Orbita kommt ebenfalls in Frage. Dielokale Diffusion könnte auch über Gefäs-se, Lymphbahnen oder Nerven, die mitder Fossa temporalis und der Orbita inVerbindung stehen, erfolgen. Es könnteauch ein Defekt des Sinus maxillaris dieDiffusion erleichtern oder eine venöseDiffusion zwischen Plexus pterygoideusund V. ophthalmica bestehen. In der Li-teratur wurden vor allem Fälle mit Lido-cain und Mepivacain beschrieben, dieseKomplikationen sind beim Articain durchdie bessere Knochenpermeabilität ehernoch häufiger.Die Autoren sehen die Ursache in der di-rekten Diffusion des Anästhetikums vonder Fossa pterygomaxillaris über denSinus sphenoidalis zur Orbita. Dadurchwerden im Ganglion ciliare parasympati-sche Fasern aus dem N. occulomotoriusund sympatische Fasern, die das Gangli-on aus dem Plexus caroticus durchzie-hen, erreicht.Alle Komplikationen sind vorübergehen-de Beeinträchtigungen, die mit Nachlas-sen der Anästhesie wieder verschwin-den.

Susanne Naumann, Basel

(40 Front- und 25 Seitenzähne) mit zylin-drisch-konischen Wurzelstiften aus Zir-konoxid (Cosmopost®, Ivoclar) versorgtund nachuntersucht. Patienten mitschweren Parafunktionen (Bruxismus)und schlechter Mundhygiene wurden vonder Studie ausgeschlossen. An 40 Front-zähnen wurden 27 Stifte des Durchmes-sers 1,7 mm und 13 Stifte des Durchmes-sers 1,4 mm eingegliedert. 25 Seitenzähnewurden mit 8 Stiften des Durchmessers1,7 mm und 27 Stiften des Durchmessers1,4 mm versorgt.Acht Seitenzähne erhiel-ten zwei oder drei Wurzelstifte.Von den 65nachuntersuchten Zähnen wurden 36 imdirekten Verfahren mit einem plastischenAufbau versorgt. Dabei wurde nach Ein-gliederung des Stiftes der zerstörte Den-tinanteil durch lichthärtendes Komposit(Tetric Ceram®, Vivadent) ersetzt. Bei 39Zähnen mit geringerem Restzahnsub-stanzangebot wurden Stiftaufbauten ausKeramik hergestellt. Bei diesem indirek-ten Verfahren wurde im zahntechnischenLabor eine spezielle Glaskeramik (IPSEmpress Cosmo®, Ivoclar) an den konfek-tionierten Stift angepresst. Die zirkulärePfeilerpräparation erfolgte nach denRichtlinien für vollkeramische Kronen.Die Umfassung des Zahnstumpfes durchdie Rekonstruktion wurde angestrebt(ferrule design). Vor der Eingliederungwurden 65 der Zirkonoxidstifte mit demmodifizierten Rocatec®-Verfahren silika-tisiert und 10 Stifte mit Korund abge-strahlt. Die adhäsive Eingliederung derStifte resp. der Stiftaufbauten erfolgte mitselbsthärtenden (Panavia 21 EX®, Kura-ray) oder dualhärtenden (Syntac classic®,Variolink II dünnflüssig, Vivadent) Den-tinadhäsiv/Komposit-Systemen. Die Ap-plikation des Befestigungskomposits er-folgte ausschliesslich auf die zuvor kon-ditionierten keramischen Stiftanteile, umKomplikationen durch ein vorzeitigesAushärten im Wurzelkanal zu umgehen.60 untersuchte Zähne wurden rekon-struktiv versorgt (1 Veneer, 6 Inlays,1 Teilkrone, 46 Kronen, 6 Brücken). Beifünf mit einem Stift versorgten Zähnenkonnte auf eine prothetische Rekon-struktion verzichtet werden. Für die de-finitive Eingliederung vollkeramischerKronen auf indirekt hergestellten kera-mischen Stumpfaufbauten wurden diesemittels Handstrahlgerät intraoral silikati-siert und silanisiert. Die noch verbleiben-den Dentinareale wurden mit einemder Dentin-Adhäsivsysteme vorbehan-delt und die Krone mit der bekanntenTechnik adhäsiv eingegliedert.Die mittlere Beobachtungsdauer nachEingliederung betrug 14,7 (±5,3) Mona-

Lokalanästhesie

Penarroca-Diago M, Sanchis-Bielsa J M:Ophthalmologic complications after intraoral local anesthesia with articaineOral Surg Oral Med Oral Pathol 90: 21–24(2000)

Es werden 14 Fälle ophthalmologischerKomplikationen nach Lokalanästhesieder Rami alveolares posteriores superioresbeschrieben. Die lokalen Komplikationensind vor allem Paralysen der okkulomoto-rischen Muskulatur mit Diplopie undauch vorübergehender Blindheit, andereStörungen sind Mydriasis, Abweichen derAugen in Ruhe, Akkomodationsproblemeoder Ptosis des Lids. Diese Phänomenesind nur temporär und verschwinden beiNachlassen der Anästhesie.Die Fälle wurden von den Autorenwährend 15 Jahren klinischer Praxis mitca. 50 000 Lokalanästhesien, davon etwa15 000 bis 20 000 Anästhesien der Ramialveolares posteriores superiores (PSA)gesammelt. Als Anästhesieform wurde inallen Fällen die PSA verwendet, die Na-del wurde im 45°-Winkel zur Okklusal-ebene zwei cm weit eingeführt, es erfolg-te jeweils ein doppeltes Aspirieren. Kei-ner der Patienten hatte eine auffälligeVorgeschichte bezüglich Anästhesien; alsAnästhetikum wurde eine 2%-Articain-Lösung mit Adrenalin 1/100 000 benutzt.Nach der Anästhesie entwickelten dreiPatienten ein Horner-Syndrom mit Pto-sis, Enophthalmus und Miosis auf deranästhesierten Seite, bei den verbliebe-nen elf Patienten zeigte sich als Haupt-symptom siebenmal eine Diplopie aus-gehend vom äusseren Rectusmuskel. EinPatient hatte wegen Lähmung des obe-

war das Trägermaterial nach vier Wochenvollständig resorbiert und durch Binde-gewebe ersetzt, mit rhBMP-2 dagegenvollständig ersetzt durch neu gebildetenKnochen mit Knochenmark. Die Autorenschliessen daraus, dass je nach Grössedes Defektes die Trägersubstanz, d.h. dasVerhältnis PGLA:HA, verändert werdenmuss, um den idealen Ablauf von Re-sorbtion und Neubildung resp. die idealeKonsistenz zu erhalten. In einer nächstenStudie wollen die Autoren die erfolgrei-che Reparation von Unterkieferdefektenbei Primaten zeigen. Sie sind überzeugt,die ideale Trägersubstanz für BMP gefun-den zu haben.

Elisabeth Schmid, Zürich

Endodontie

Edelhoff D, Spiekermann H, Yildirim M:Klinische Erfahrungen mit konfektio-nierten Wurzelstiften und individuel-len Stumpfaufbauten aus KeramikDtsch Zahnärztl Z 55:746–750 (2000)

Im Zeitraum zwischen April 1997 undJanuar 1999 wurden bei 40 Patienten65 endodontisch vorbehandelte Zähne

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te. Während der Tragezeit von Provisori-en traten bei vier Stiftaufbauten relativeMisserfolge auf (2 Retentionsverluste de-finitiv eingegliederter Stifte, 2 Keramik-abplatzungen). Nach der definitiven Ver-sorgung der Zähne traten während derBeobachtungszeit keine weiteren Miss-erfolge auf. Aus diesem Sachverhalt kannabgeleitet werden, dass die definitiv ein-gesetzte Rekonstruktion zu einer weite-ren Stabilisierung des System beiträgt,und dass demzufolge diese möglichstschnell eingegliedert werden soll. DieAutoren beurteilen ihre Erfahrungenbeim klinischen Umgang mit dem be-schriebenen System als viel versprechen-de Alternative zu konventionellen metal-lischen Stiftverankerungen. Angesichtsder kurzen Beobachtungszeit müssenzunächst Langzeituntersuchungen abge-wartet werden, bis eine abschliessendeBewertung erfolgen kann.

Daniel Tinner, Basel

fen versehen waren. 3 Jahre nach Inser-tion der Implantate erkrankte die Patien-tin an Alzheimer und erschien für zweiJahre nicht mehr im Recall. Bei einer Un-tersuchung auf Grund einer Fistel amImplantat Regio 43 zeigte sich radiolo-gisch ein massiver Knochenverlust pe-riimplantär. Beide Implantate wurdenschliesslich entfernt. 6 Wochen nach derEntfernung bekam die Patientin Schmer-zen und eine Schwellung in der Kinnre-gion. Die Fraktur wurde mit einer AO-Platte versorgt; auf Grund des mentalenZustands der Patientin wurde auf eineerneute Implantation verzichtet, diePatientin hat keine Unterkieferprothese.In der 4-Jahres-Kontrolle zeigte sich diePatientin beschwerdefrei.2. 56-jährige Patientin war vor 7 Jahrenalio loco mit einem subperiostalen Im-plantat versorgt worden, das den gesam-ten Unterkiefer umspannte; nach rezidi-vierenden Infektionen wurde das Im-plantat entfernt und in derselben Sitzung4 interforaminale Implantate gesetzt.Nach dem Eingriff persistierten Schwel-lung und Schmerzen, sodass schliesslichdie Implantate mit Knochensequesternentfernt werden mussten. Der Patientinfiel eine Mobilität im Unterkiefer auf;zunächst wurde weiche Kost verordnet.Als die Probleme weiterhin bestanden,erhielt die Patientin für 4 Wochen einBreitspektrum-Antibiotikum, die Sensi-bilität der Unterlippe und des Kinns warnormal. Radiologisch zeigte sich einedislozierte Fraktur des Unterkieferkör-pers. In Vollnarkose wurde eine lokaleOsteoplastik durchgeführt, bei der vonder anterioren Crista iliaca Transplantateentnommen wurden, die an der labialenSeite der Mandibula mit 2 Schrauben be-festigt wurden. 3 Monate später wurden4 interforaminale Implantate inseriert, eserfolgte eine komplikationslose Osseoin-tegration.3. 51-jährige Patientin, die ebenfalls miteinem subperiostalen Implantat für dengesamten Unterkiefer versorgt wordenwar; auch hier gab es rezidivierendeschwere Infektionen, weshalb das Im-plantat entfernt werden musste, und imgleichen Eingriff wurden 4 enossale Im-plantate inseriert. Nach der Operationbestanden weiterhin Schmerzen mit ei-ner leichten Hyperämie der oralen Mu-

kosa. Nach 4 Monaten erfolgte die Ent-fernung der Implantate zusammen miteinem Knochensequester. Danach klagtedie Patientin über Sensibilitätsstörungenim Bereich der Unterlippe und des Kinnsund stellte eine Mobilität des Unterkie-fers fest. Es wurde weiche Kost verord-net. Im Folgenden zeigte sich eineSchwellung im Kinnbereich, radiologischwar eine dislozierte Fraktur erkennbar.Die Patientin erhielt für 4 Wochen einBreitspektrum-Antibiotikum, und es er-folgte die Rekonstruktion in Vollnarkose,bei der Knochentransplantate mit Draht-schlingen befestigt wurden. 3 Monatespäter wurden 4 interforaminale Implan-tate gesetzt, die ohne Komplikationeneinheilten.4. 68-jährige Patientin stellte sich miteinem vertikalen Knochenangebot von6 mm vor. Es wurden 4 Implantate ge-setzt. Zwei Wochen später klagte die Pa-tientin über eine erhöhte Mobilität desUnterkiefers, worauf die Mandibula mitTransplantaten von der vorderen oberenCrista iliaca rekonstruiert wurde; es erga-ben sich danach erneut Komplikationenund die Implantate mussten wieder ent-fernt werden. Nun wurde zuerst die Re-konstruktion und erst sekundär die Ver-sorgung mit 4 interforaminalen Implan-taten vorgenommen; nach anfänglichenKomplikationen heilten diese reizlos ein.

Obwohl die beschriebenen Komplikatio-nen selten sind und nur bei Patienten mitstarker Alveolarfortsatzatrophie im Un-terkiefer auftreten, sollte gerade hier voreiner Implantation genau das Knochen-angebot in vertikaler wie auch in labio-lingualer Dimension evaluiert werden.Eine Höhe von mindestens 7 mm und ei-ne Breite von mindestens 6 mm solltenvorhanden sein; zusätzlich wird empfoh-len, die Mandibula durch Transplantatezu verstärken.Obwohl keine Patientin an Osteoporoselitt, kann ein Zusammenhang mit einererhöhten Frakturgefahr hier nicht aus-geschlossen werden. Die Frakturversor-gung bei einer atrophierten Mandibulawird noch durch die verminderte Durch-blutung im Knochen wie auch im Periostund durch die eingeschränkte Vitalitätdes Knochens erheblich erschwert.

Susanne Naumann, Basel

Implantologie

Raghoebar G M, Stellingsma K, Beatenburg R H K, Vissink A:Etiology and management of mandibular fractures associated withendosteal implants in the atrophicmandibleOral Surg Oral Med Oral Pathol 89:553–559 (2000)

Zahnlose Patienten mit stark atrophier-ten Unterkiefern zeigen oft grosse funk-tionelle und psychosoziale Probleme inVerbindung mit ihrem Zahnersatz. Ver-minderte Stabilität und ungenügendeRetention sind die Hauptprobleme. Wennder Unterkieferalveolarfortsatz eine Höhevon weniger als 12 mm aufweist, emp-fehlen einige Autoren die Insertion von4 Implantaten. Je mehr Implantate ge-setzt werden, desto grösser wird das Ri-siko auftretender Komplikationen. Im-plantatverlust und Probleme mit demperiimplantären Weichgewebe sind diehäufigsten Probleme. Das schwerwie-gendste ist die Fraktur der zahnlosenMandibula.

Es werden 4 Fälle vorgestellt:1. 67-jährige Patientin mit zwei Implan-taten im Unterkiefer, die mit Druckknöp-