Der fliegende Divan Uçan Divan Il divano volante - goethe.de · 3 1.0. Einführung Vom 26....
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Der fliegende Divan Uçan Divan Il divano volante
Katalog zum Wettbewerb und zur Ausstellung
Abbildung NN Yüce Okullari, Ankara, Türkiye
2009
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Inhalt
1.0. Einführung 3
2.0. Arbeiten aus dem Wettbewerb 4
2.1. Klasse 4 – 5 Märchen aus dem Orient und Okzident 4
2.2. Klasse 6 – 8 Erzähl mir was … 25
2.3. Klasse 10 – 13 Cartoon 44
2.4. Klasse 10 - 13 Porträt 49
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1.0. Einführung
Vom 26. September 2008 – 30. April 2009 lief der Wettbewerb Der fliegende Divan - Uçan Divan - Il
divano volante. Die Ausschreibung fand im Internet in der eigens dafür eingerichteten Website
www.goethe.de/divan statt.
Wir hatten uns schon eine Weile überlegt, unter welchem Thema der neue Wettbewerb laufen
sollte. Gerade war der DACHLi - Wettbewerb „100 Millionen Europäer sprechen Deutsch als
Muttersprache“ erfolgreich abgeschlossen und es war natürlich sinnvoll, auf den Erfahrungen
aufzubauen. Zudem war 2008 das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs. Wie gerufen kam der
Vorschlag der Casa di Goethe (Rom), die Thematik des west-östlichen Divans von Johann Wolfgang
von Goethe aufzugreifen.
Das gesamte Veranstaltungsprogram umfasste neben dem Wettbewerb auch Workshops und
Seminare. Unabdinglich waren die europäische Perspektive, das Thema des interkulturellen Dialogs
aus der Perspektive der Schüler, sowie die Einbeziehung eines Landes aus dem orientalischen
Bereich. Nach einigen Diskussionen entschieden wir uns für die Türkei. Die Türkei, ein Land, das eine
Brücke vom Orient zum Okzident schlägt, ist, genauso wie die Schweiz, Mitglied des Europarats,
jedoch nicht der EU. In Deutschland leben viele Bürger türkischer Herkunft. In der Türkei spielt die
Sprache Deutsch eine wichtige Rolle als Fremdsprache. Die Teilnahmeregeln des Wettbewerbs für
alle Kategorien wurden entworfen, diskutiert, angepasst. So können wir sagen, dass dieser
Wettbewerb schon in der Vorbereitungsphase die gemeinsame Arbeit einer internationalen
Arbeitsgruppe von Vertretern verschiedener Institutionen (aus der Türkei, Italien, der Schweiz,
Österreich, Liechtenstein und Deutschland) war. Diese interkulturelle Erfahrung erlebten alle
Beteiligten als Bereicherung. Nicht alle hier um Katalog zusammengefassten Arbeiten konnten
prämiert werden. Und nicht alle ausgestellten Arbeiten können in diesem Katalog aufgenommen
werden. Was zählt, ist der beeindruckende Enthusiasmus, mit dem die Lehrer und Schüler das Thema
aufgegriffen haben. In den Schulen wurde ganz offensichtlich intensiv zum Thema des
interkulturellen Dialogs gearbeitet. Die hohen Zugriffszahlen auf die Divan - Website
www.goethe.de/divan mit den Teilnahmebedingungen, literarischen Texten, elektronischen
Postkarten und dem Pelikan – Quiz zeugten von einem wachen Interesse für die Thematik. Insgesamt
trafen 2.500 Schülerarbeiten zum Wettbewerb ein. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Rom, 25. September 2009
Ulrike Tietze
Leiterin der Bildungskooperation Deutsch
Goethe – Institut Italien
Gerdis Thiede
Beauftragte Bildungskooperation Deutsch
Goethe-Institut Italien
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2.0. Arbeiten aus dem Wettbewerb
Einige Schüler beteiligten sich auf eigene Initiative hin an diesem Wettbewerb. Ein Schüler aus
Istanbul bringt sich Deutsch als Autodidakt bei und stieß so auf diesen Wettbewerb. In der Regel
jedoch nahmen Schüler einer Schule gleich klassenweise teil; immer wieder beeindruckte die
Motivierungsarbeit der Lehrer. Dass die Schüler trotz einer offensichtlich sehr durchdachten
Anleitung durch die Schulen und der strikten Wettbewerbsregeln sehr individuelle und kreative
Arbeiten einreichten, können die Schulen und Veranstalter als pädagogischen und didaktischen
Erfolg verbuchen.
2.1. Klasse 4 – 5 Märchen aus dem Orient und Okzident
Grundschule, Klasse 4 - 5
Jedes Kind kennt und liebt die Märchen aus Tausendundeiner Nacht und die Sammlung der Gebrüder
Grimm. Scheherezade, Rotkäppchen, Aladdin und die Bremer Stadtmusikanten hatten schon längst
die Grenzen der Länder überschritten, als noch kein Mensch auch nur im Entferntesten an ein
vereintes Europa dachte.
Wie stellen die Kinder in Deutschland, Italien, Liechtenstein, Österreich, der Schweiz und der Türkei
die beliebten Märchenfiguren dar?
Aus einem 3sprachigen Glossar sollten die Schüler für den Wettbewerb je ein Märchen aus dem
Orient und aus dem Okzident auswählen. Hier ein Auszug aus dem Glossar:
Deutsch Italienisch Türkisch
Tausendundeine Nacht Le mille e una notte Bin bir gece
Die Geschichte vom Fischer, der eine
Flasche fand
Storia di un pescatore che trovò
una bottiglia Bir sise bulan balikçi
Die Geschichte von Sindbad dem Seefahrer Storia di Sindbad il marinaio Denizci Sindbad
5
Deutsch Italienisch Türkisch
Rotkäppchen Cappuccetto rosso Kirmizi sapkali kiz
Die Bremer Stadtmusikanten I musicanti di Brema Bremen mizikacilari
Der gestiefelte Kater Il gatto con gli stivali Çizmeli kedi
Der Schellenursli Una campana per Ursli Zilli Ursli
Weiterhin galt es, einige Gegenstände der Arbeit 3sprachig zu beschriften. Beispiele aus dem Glossar:
Deutsch Italienisch Türkisch
das Schloss il castello Saray
das Schiff la nave Gemi
das Boot la barca Kayik
Viele Kinder dieser Altersgruppe haben den gestiefelten Kater zum Protagonisten ihrer Bilder
gewählt. Manchmal frappierte die Darstellung der Märchengestalten oder Symbole: Kinder aus den
verschiedenen Ländern malten einige Gegenstände oder Figuren geradezu gleich, was, abgesehen
von der Möglichkeit archetypischer Vorstellungen auf die Lektüre von Märchenbüchern mit
ähnlichen Illustrationen deutet, die die Kinder beeindruckt haben.
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Die Schatztruhe von Angela aus Italien …
Abbildung Angela Marcacci, Istituto Comprensivo Ernest Koliqi, Frascineto (CS), Italia
….sieht fast genauso aus wie die Schatztruhe von Seçil aus Deutschland.
Abbildung Seçil Bozkurt Mellinschule, Sulzbach 1. Preis
Seçil erhielt für ihre schönen Beiträge einen Preis. Der Journalist Dominik Straub, der einer der
Juroren der Wettbewerbe war, fasste die Entscheidung in folgende Worte:
Den ersten Preis verleiht die Jury an Seçil Bozkurt für ihre wunderschöne Schatztruhe aus der
Geschichte von Ali Baba und den vierzig Räubern. Seçil hat nicht nur ihr Sujet sehr liebevoll und
detailreich gezeichnet, sondern auch versucht, die Truhe perspektivisch zu gestalten, was ihr perfekt
gelungen ist.
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Abbildung Seçil Bozkurt, Mellinschule, Sulzbach, Deutschland
Der zweite Preis geht ebenfalls an Seçil Bozkurt für ihr Rotkäppchen. Die Zeichnung gefiel der Jury
wegen ihrer Authentizität und Originalität: Wir sehen nicht einfach ein gewöhnliches Mädchen mit
einer roten Mütze, sondern ein schickes Rotkäppchen mit einem schönen Kleid und einem eleganten
Handtäschchen – ein modernes Rotkäppchen eben, wie es sich eine Schülerin von heute eben
vorstellt. (Dominik Straub)
Abbildung Zeunep Ayoroğlu, TED Antalya Koleji, Türkiye
Rotkäppchen und der gestiefelte Kater. Man beachte die Unterschiede zwischen Zeuneps und Seçils
Rotkäppchen: Zeuneps Rotkäppchen ist ein traditionelles Märchenbuchrotkäppchen.
Seçils Rotkäppchen zeigt sich sehr modebewusst: man kann es sich problemlos in den
Einkaufsstraßen Istanbuls, Roms, Wiens, Vaduz, Zürichs oder Berlins vorstellen.
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Abbildung Martina Lentini
Abbildung Soufiane Essakhi Scuola Primaria Gianni Rodari, Traversagna – Massa e Cozzile, Italia
Die Schüler einer Grundschule aus der Toskana dachten sich besonders viele Variationen zu dem
gestiefelten Kater aus.
Diesen gestiefelten Kater zaubert Soufianes Aladdin aus einem Wunderstiefel heraus.
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Soufianes Klassenkamerad Raoul hat sich Ähnliches ausgedacht:
Abbildung Raoul Pievani, Scuola Primaria Gianni Rodari, Traversagna – Massa e Cozzile, Italia
Den zweiten Preis verleiht die Jury an Raoul Pievani für seinen gestiefelten Kater und Aladdin. Auch
hier gefiel der Jury die äußerst originelle Idee, wie die beiden Märchen kombiniert wurden: Den Stiefel
als Wunderlampe darzustellen und den Kater als Geist, der aus diesem Stiefel emporsteigt, ist in
hohem Masse gelungen. Sehr gefallen hat der Jury außerdem, dass es sich beim Kater/Geist auf den
ersten Blick um einen Orientalen handelt. Das nennt man Konsequenz in der Umsetzung. (Dominik
Straub).
Erald Cullhajs gestiefelter Kater dagegen rast als schwer bewaffneter Cowboy durch den Himmel.
Schwarze Wolken deuten auf Unwetter. Die Sonne zittert.
Abbildung Erald Cullhaj, Scuola Primaria Gianni Rodari, Traversagna Massa e Cozzile, Italia
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… und Marco Bonomini verfremdet das Märchen. Er lässt einen Wolf oder Hund einen Aladdin aus
einem Gewehr hervorzaubern. Die beiden Märchen Der gestiefelte Kater und Aladin sind nur noch zu
erahnen. Das Gewehr ist die Wunderlampe.
Abbildung Marco Bonomini, Scuola Primaria Gianni Rodari, Traversagna – Massa e Cozzile, Italia
Abbildung Blerina Myflari, Scuola Primaria La Rondine, Marliana, Italia
Ein mittelmeerblaues intensives Bild erzählt Die Geschichte von Sindbad dem Seefahrer und Der
gestiefelte Kater. Hier ist der gestiefelt Kater selbst Sindbad der Seefahrer. Blerina lässt gekonnt, wie
viele andere Kinder auch, die Grenzen zwischen den Märchen aus dem Orient und Okzident
verschwinden, verschmilzt zwei Welten zu einer.
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Abbildung Marian Adrian Dimisca, Scuola Primaria Gianni Rodari,Traversagna Mazza e Cozzile, Italia
Marians gestiefelter Kater raucht Narghile und träumt von anderen Katern, die ihn aus Wolken
heraus anblicken.
Abbildung Marina Lentini
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Abbildung NN Yüce Okullari, Ankara, Türkiye
Dieser kleine Künstler oder diese kleine Künstlerin aus Ankara hat leider vergessen, den
Namen auf die Rückseite des Bildes zu schreiben. Das hindert jedoch nicht, die schöne
Komposition zu bewundern: die leuchtend grünen Augen des Katers mit gleich vier
geschnürten roten Stiefeln, die Silhouette der Minarette, die sich gegen den blauen
Sternenhimmel abhebt, die schön gebogenen Fenster. Man könnte wetten, dass dieses Kind
– wie viele andere Kinder – eine eigene Katze zu Hause hat und sich nicht nur am Märchen
inspirierte.
Abbildung Marina Lentini
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Abbildung Gaia Bellettini
Abbildung Begüm Manavoğlu
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Gaia Bellettini , 1. Preis Klasse 4 – 5, Scuola Amicizia di Margine Caperta,Italia
und
Begüm Manavoğlu , 1. Preis Klasse 4 – 5– TED Antalya Koleji Özel İlköğretim Okulu,Türkiye
Beide Schülerinnen haben die Märchen Schneewittchen und Aladdin gewählt und auf höchst
unterschiedliche, doch fast komplementär zu nennende Weise verarbeitet. Gaia wählte Mond und
Sterne als Symbol des Orients, Begüms Sonne lacht mit einer - italienischen? - Sonnenbrille am
Himmel. Gaia stellt Aladdin und Schneewittchen in die Möglichkeit ihrer Wunderlampe hinein –
Begüm lässt das Schneewittchen aus Aladins Wunderlampe herausschweben, während Aladdin
danebensteht und sich freut. Die 7 Zwerge von Gaia stehen in der Wunderlampe aufgereiht auf einer
grünen Wiese vor einem kleinen Haus, vier von Begüms sieben Zwergen schauen aus einem
gemauerten Haus heraus auf die Szenerie; einer sitzt mit bedrüpstem Gesicht unter einem
Wunderbaum mit vielen Früchten - vielleicht hat er zu viel davon genascht und Bauchweh -, ein
anderer sitzt fröhlich auf einem Stein – der siebte Zwerg ist ein Künstler und malt das
Schneewittchen und Aladdin als Paar und nimmt damit eine Entwicklung vorweg, die auf dem Bild so
erst zu erahnen ist. In Gaias Bild hingegen sind die beiden schon ein Paar. und schweben auf einem
Fliegenden Teppich über der Szenerie.
Begüm hat den fliegenden Teppich auf einer wundervollen Blumenwiese abgesetzt – eine Wiese, so
schön wie ein echter orientalischer Teppich oder ein Paradiesgarten.
Gaia aus Italien hat noch drei Minarette ins Bild gesetzt und ganz hinten zwei Tannen. Begüm aus der
Türkei hat dagegen einen unwiderstehlichen Wunderbaum rechts ins Bild gesetzt, auf dem wachsen
Bananen, Weintrauben, Kirschen …
Gaias dominierende Farbe ist Gelb (für den Orient: Minarette, Mond und Sterne, Wunderlampe).
Begüms dominierende Farbe ist Blau. Begüm malt wiederum die Sonne mit der Sonnenbrille als
Symbol des Okzidents Gelb … Gaias orientalische Wunderlampe ist Gelb und rund wie die Sonne von
Begüm.
Diese beiden Grundschülerinnen, Gaia aus der Toskana und Begüm aus der Südtürkei haben sich
noch nie gesehen, doch ihre Bilder stehen in engem kulturellen Zusammenhang.
Man könnte die Bilder der Kinder einen ost-westlichen Divan nennen.
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Die Begründung der Jury für die Preisvergabe an Gaia und Begüm fasste der Journalist Dominik
Straub so zusammen:
Der erste Preis geht an Gaia Bellettini für ihre Zeichnung mit Schneewittchen und Aladdin. Die Idee,
Schneewittchen und die sieben Zwerge ins Innere einer überdimensionalen Wunderlampe zu
transferieren, hat die Jury restlos überzeugt: Besser kann man die Aufgabe, zwei Märchen in einer
Zeichnung zu kombinieren, kaum noch umsetzen. Hinzu kommt, dass Gaia auch künstlerisch ein sehr
schönes, bis ins letzte Detail toll komponiertes Bild gestaltet hat. (Dominik Straub)
Der erste Preis geht an Begüm Manavoğlu für die Zeichnung mit Schneewittchen und Aladdin. Das
Bild besticht nicht nur durch seine gelungene zeichnerische Ausführung, seinen Detailreichtum und
seine Phantasie, sondern durch seine Poesie: Die freundlichen Gesichter von Schneewittchen und dem
Geist, die lächelnde Sonne, der malende und der lesende Zwerg, die lustigen Gesichter in den
Fenstern, der Baum, der mehrere verschiedene Fruchtsorten trägt, die hunderte von Blumen in der
Wiese: Das alles fügt sich zu einem kleinen Kunstwerk mit einer grossen, positiven Ausstrahlung.
(Dominik Straub)
Abbildung Martina Lentini
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Abbildung Ebru, Mellinschule, Sulzbach, Deutschland
Abbildung NN Mellinschule, Sulzbach, Deutschland
Abbildungen Mellinschule, Sulzbach, Deutschland
Die Schüler und Schülerinnen der Mellinschule aus Sulzbach, die am Wettbewerb teilgenommen
hatten, lernen am Nachmittag die Muttersprache ihrer Eltern, die aus der Türkei stammen, bei ihrer
Lehrerin Gülhan Efkar.
Abbildung Martina Lentini
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Abbildung Gülenay Özen, TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Der zweite Preis geht an Gülenay Özen für die Zeichnung Aladdin und die Hexe. Das Bild gefiel der
Jury wegen der tollen Komposition der Sujets und besonders der Farben; das blaue, geflügelte Pferd
und die Hexe, aber auch die roten Berge und die Stadt im Hintergrund sind ganz große Klasse.
(Dominik Straub)
Die Beiträge der Schule aus Antalya an sich würden schon eine ganze Ausstellung füllen.
Unterschiedliche Techniken wie Collage oder Wachsstifte auf dunklem Papier deuten auf einen
außerordentlich guten Kunstunterricht mit präziser Anleitung hin, der den Schülern jedoch noch viel
Platz zur Kreativität lässt (Kunstlehrer Sami Karaoğlu und Nese Özbey; Fachkoordinatorin Sprachen
Inci Yilmaz ). Auch hier sind oft Einflüsse aus amerikanischen Horrorfilmen bemerkbar, wie die Hexe
in Gülenays Bild oder die Darstellung des Flaschengeistes (Walt Disney, Aladin).
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Abbildung Gökçe Aşkin, TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Abbildung Öğulcan Tekin, TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
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Abbildung NN TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Der Froschkönig fliegt auf dem Teppich
Abbildung Melisa Barut TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Dornröschen und Aladin
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Abbildung Dilara Hamarat, TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Kinder erfinden neue Geschichten.
Ein Märchen erfährt eine Wendung: Der gute Dschinn und Aladdin eilen Hänsel und Gretel zur Hilfe.
Abbildung Hilâl Karayildirim, TED Antalya Koleji Özel Ilkorğretim, Türkiye
Auch Rapunzel kann mit einem fliegenden Teppich geholfen werden…
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Abbildung Zeunep Ayoroğlu, TED Antalya Koleji, Türkiye
Rotkäppchen und der gestiefelte Kater
Abbildung Ali Sinan Kaye, TED Antalya Koleji, Türkiye
Alice im Wunderland und Aladdin
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Abbildung Nuriye Yilmaz, TED Antalya Koleji, Türkiye
Die Bremer Stadtmusikanten und Aladdin
Abbildung Meryem Sari, TED Antalya Koleji, Antalya, Türkiye
Die Bremer Stadtmusikanten, Hänsel und Gretel, Aladdin.
Das Märchen von Aladdin und der Wunderlampe wurde von fast allen Kindern, die am Wettbewerb
teilgenommen hatten, gewählt. Die Kinder haben den Moment des Magischen, des Wunders und des
Überraschenden zum wichtigsten Teil der Begegnung zwischen den beiden Kulturen Okzident-Orient
bestimmt.
Abbildung Martina Lentini
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Abbildung NN Yüce Okulları, Ankara, Türkiye
Dornröschen und Aladdin – Okzident und Orient.
Abbildung Irem Kıratlı, Bilim Özel Okulları, Ankara, Türkiye
Sehr romantisch das Märchenbild von Ayşe: am asiatischen Ufer der Türkei sitzt ein einsamer Fischer,
zu seinen Füßen die Flasche mit dem Dornröschen. Am anderen Ufer stehen eher westlich
anmutende Häuser, dazwischen ein Wald. Die Galatabrücke spannt sich über den Bosporus; auf ihr
wachsen Rosen. Eine schöne Symbolik.
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Abbildung Zeynep Odobasi, Yüce Okulları, Ankara, Türkiye
Zeyneps gestiefelter Kater plündert in einer orientalischen Schatzkammer und verschreckt die
heimkehrenden Räuber Ali Babas.
Alle Kinder, egal woher sie kommen, haben den gestiefelten Kater als starkes und sympathisches,
manchmal auch furchteinflößendes Wesen dargestellt.
Abbildung Marina Lentini
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2.2. Klasse 6 – 8 Erzähl mir was …
Für diese Aufgabe sollten die Schüler einen Gegenstand über sic h selbst etwas erzählen lassen. Hier
einige der Ergebnisse.
Klasse 6 – 8
Abbildung Andrea Ubaldi, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
Der Katalog zeigt aus organisatorischen Gründen nur eine Auswahl der Beiträge der Schüler. Viele
Kinder haben für diese Aufgabe ihre Kuscheltiere gewählt, manche richtige Tiere. Den Schülern der
Schweizer Schule Bergamo ist es gelungen, ihren Kuscheltieren eine Sprache zu verleihen, die uns ein
lebendiges Bild von den Kindern selbst vermittelt.
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Abbildung Giulia Zenucchi, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
Giulia erzählt von den Sorgen des Hundes im Laden: „…Ich war ein Geschenk. Ich wusste noch nicht,
wer mein Herrchen werden sollte. Ein kleiner Junge, der mich schlägt? Ich konnte es noch nicht
wissen. Nach ein paar Minuten holte mich eine Hand heraus. Es war ein kleines Mädchen … und ich
wurde ihr bester Freund.“
Abbildung Michela Rota, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
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Der Hase Bunny beschwert sich: „…Ich liebe Michela und sie liebt mich … Eine Sache, die mich und
Michela unterscheidet, ist das Waschen. Sie wäscht sich gern und oft, vielleicht, weil sie nicht in die
Waschmaschine muss, aber ich schon. ..“
Abbildung Giuliana Pinna, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
Giulianas Katze Peggy findet es richtig lustig mit ihrer Herrin, doch gibt es auch mal Stress:
„…Giuliana hatte mir meine Schnurrhaare abgeschnitten und hatte mich im Kühlschrank eingesperrt.
Das Lustige war, dass sie mir eine Schüssel mit Katzenfutter mitgegeben hatte, so, als ob ich
irgendwelche Reisen machen sollte…“
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Abbildung Vilasa Ditommaso, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
Das Plüschtier erzählt: „... Manchmal nimmt mich Vilasa auch mit in die Ferien, sie legt mich in ihren
Koffer, wo die Kleider drin sind.”
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Abbildung Sarah Flore, Scuola Media Statale Galileo Galilei, Casalecchio di Reno (BO), Italia
Abbildung Elisa Fumagalli, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
„… Im Stadium ist Elisa während des Spielverlaufs eher ruhig und singt manchmal mit den Fans mit,
doch wenn ein Tor fällt, steht sie auf und springt höher als alle anderen. Dabei muss ich aufpassen,
dass ich nicht herunterfalle.“
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Abbildung Elisabeth, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
„…und ich fiel von einem ein Meter hohen Möbelstück runter und landete mit dem Bildschirm auf
dem Boden. Drei Wochen später erwachte ich wieder in Elisabeths Zimmer und sie versprach mir,
mich besser zu behandeln oder mindestens besser als vorher. Jetzt behandelt sie mich sehr gut.“
Abbildung Michele Algeri, Scuola Svizzera Bergamo, Italia
“Jeden Tag werde ich am Hals von Anna getragen. Viele Tage versteckt Michele mich in einem großen
Schrank, wo alle alte Spiele von Anna sind. Dann weiß Anna, wo ich bin und nach einer Stunde findet
sie mich.“
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Abbildung Derya Akdağ, Theodor-Heuss-Gymnasium, Sulzbach, Deutschland
Derya aus Sulzbach ist eine der wenigen Schülerin aus dem deutschsprachigen Raum, die ihren Text
auf Türkisch geschrieben hat. Dieses Erinnerungsstück, so schön fotografiert, erzählt viel über die
Schülerin.
32
Abbildung Corinna Riepl, Otto-Schwerdt-Schule, Regensburg, Deutschland
Den zweiten Preis verleiht die Jury an Corinna Riepl, Otto-Schwerdt-Schule, Regensburg, Deutschland.
Der Text besticht seine Direktheit und Offenheit, mit der die Autorin sich selbst beschreibt. Dabei
gelingen ihr gleich mehrere sehr schöne Sprachbilder: Dass sie am Morgen "mit der Sonne um die
Wette strahlt", oder dass sie - nach Auffassung ihres Ringes, nicht von ihr selber – "hübsch ist wie ein
Stern. Wie der hellste von allen. Der Polarstern. Ja genau." Diese Formulierungen haben der Jury
ausserordentlich gefallen. (Dominik Straub)
Corinnas Ring erzählt:
„… Da schweben Wörter wie Zukunft oder Beruf in ihrem Kopf. Ich weiß nicht, was das bedeuten soll.
Wisst ihr das? Oh Gott, wo läuft denn die Zeit nur hin? …“
33
Abbildung Sabine Karimow, Otto-Schwerdt-Schule, Regensburg, Deutschland
Der erste Preis der Jury geht an Sabine Karimow, Otto-Schwerdt-Schule, Regensburg, Deutschland.
für ihren Schutzengel. Der Text überzeugt durch seine Klarheit, seinen logischen Aufbau und seine
Kompaktheit: Zuerst erfährt der Leser etwas über die Bedeutung des Schutzengels für die Autorin,
dann folgt eine kurze, aber prägnante Beschreibung der Schutzengel-Besitzerin, und am Ende erfährt
man noch etwas über die Herkunft ihrer Familie und deren kulturelle und sprachlichen Wurzeln. Da ist
kein Wort zu viel und keines zu wenig, das ist im besten Sinn "verdichtet" (nicht umsonst ist das Verb
"dichten" in "verdichten" enthalten!). (Dominik Straub)
34
Abbildung Sara Iyi, Deutsche Schule Istanbul, Türkiye
Viele Schülerinnen die an dem Wettbewerb teilnahmen - unterschiedslos, aus welchem Land
sie kommen - wählten Gegenstände aus Kristall, Glas oder auch Schmuck, wie eine Kette von
der Großmutter aus der Türkei, einen Ring, ein Armband, einen Schutzengel aus Porzellan,
ein Kristallballerina, eine magische Kugel oder auch Erinnerungen an Menschen, die sie
durch Tod oder Trennung verloren haben.
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Eine Schule aus Desio, das Collegio Paola di Rosa, Italien, reichte wunderschöne Mappen ein, die wir
aus technischen Gründen leider nicht einscannen konnten. Die Schülerin Sara Colombo
beispielsweise erstellte eine außerordentlich poetische Mappe, die sie mit kleinen Muscheln und
Steinchen beklebte, auf die sie Delfine und Meerespflanzen malte und mit zarten Silberspuren
verzierte. Sie war übrigens die Einzige, die einen ganzen Text 3-sprachig* schreibt und als kleines
Heft in die Mappe klebte. Sie wählte für ihre Arbeit ein Glasfläschchen und lässt diesen Gegenstand
über sich erzählen:
„... Saras Eltern schenkten mich Sara, als sie noch zusammen waren. Ich stehe auf ihrem Regal und sie
achtet immer darauf, dass ich schön sauber bin. Wenn sie mich anschaut, wird sie melancholisch und
denkt an den letzten Sommer, als ihre Eltern noch zusammen lebten. Sie nimmt mich in ihre Hände,
wenn sie einsam und traurig ist. Sie schaut mich aus ihren blauen Augen an, voller Fragen. Ich bin
sehr wichtig für sie, weil ich für sie eines der wenigen Erinnerungsstücke an ihren Vater bin.“
*deutsche Übersetzung leicht angepasst
Die Schüler dieser Schule haben die unterschiedlichsten Gegenstände gewählt: Einen echten
japanischen Cartoon, ein Handy, ein Armband, einen Schal, eine Kappe, ein Kissen, eine Puppe,
Rollschuhe, einen italienischen Hut, einen ganz persönlichen Friedensbaum, Plüschtiere, den eigenen
Skizzenblock, die Tanzschuhe, und vieles mehr.
Diese Schule erhält einen Ehrenpreis des Wettbewerbs
36
Abbildung Sarah Ziegler
Abbildung Gabriele
Sarah Ziegler, Otto-Schwerdt-Schule, Regensburg, Deutschland: Mein Klavier erzählt etwas
von mir – ein musikalischer Liebesbrief. Sarahs Mutter stammt aus einem Dorf bei Landshut,
ihr Vater aus Teheran, Iran.
Gabriele, Scuola Secondaria Leonardo Da Vinci, Statte, Italien, beginnt seine Arbeit mit
folgenden Worten: “Salve, il mio nome è chitarra, specificamente Eco”. In Gabrieles Familie
wird viel musiziert. Diese bestechend schöne Präsentation mit den kleinen Palmen am Rand,
dem Notenblatt, den Blumen und witzigen Zickzackfiguren lässt auf einen ebenso sensiblen
wie fröhlichen Dreizehnjährigen schließen, der mit orientalischen Elementen ein Hommage
auf den Orient anstimmt.
37
Abbildung Duygu Uçku, Istel Belde Okulları, Istanbul, Türkiye
Der erste Preis Türkei geht an Duygu Uçku mit ihrer Violine. Der Beitrag besticht durch seine
Kombination aus optischer und textlicher Gestaltung: Sowohl die Zeichnung als auch die Beschreibung
der Geige hat die Jury als ausserordentlich gelungen taxiert. Eine überzeugende und originelle Idee ist
nicht zuletzt, dass auch Duygu Uçku der Geige eine Persönlichkeit verliehen wurde: Eine Violine, die
manchmal „sehr hilflos und unglücklich" ist und Angst hat, erlebt man nicht alle Tage. (Dominik
Straub)
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Abbildung Vanessa, Otto-Schwerdt-Schule,
Regensburg, Deutschland
Abbildung Elena Vincenzi, SM Galileo Galilei,
Casalecchio di Reno (BO), Italia
Den zweiten Preis Italien verleiht die Jury an Elena Vincenzi für ihren magischen Ball. Der Text
überzeugt durch seine Klarheit und die elegante und Art und die Präzision, wie auf engem Raum alle
wichtigen Informationen über den Ball, seine Besitzerin und die Bedeutung des Gegenstands
vermittelt werden. (Dominik Straub)
39
Abbildung Zeynep Ecem Torun
Der zweite Preis Türkei geht an Zeynep Ecem Torun für den Sticker. Bei diesem Beitrag prämiert die
Jury die Idee, den Gegenstand als Verbindung zu einer dritten Gestalt zu verwenden, im vorliegenden
Fall zum Großvater. Die Erinnerung an die Vergangenheit führt die junge Preisträgerin zu einer sehr
persönlichen und anrührenden Bestandsaufnahme ihrer Gegenwart, die die Jury beeindruckt hat.
(Dominik Straub)
40
Abbildung Elisa Viglianco
Der erste Preis Italien geht an Elisa Viglianco für ihren Quad. Keine andere Einsendung war derart
überraschend und originell wie die in einem harmlosen rosa Umschlag steckende Zeichnung dieses
furchterregenden Gefährts. Man zweifelt keine Sekunde daran, dass Elisa, wie sie schreibt, "allegra
und vivace" ist, und man sieht sie förmlich vor sich, wie sie Vollgas gibt: ""Bruuum girare di colpo
tirando su tanta terra!!!" Sehr gut gefallen hat der Jury auch die tolle Zeichnung. (Dominik Straub)
41
Abbildung Özer Batu Kargılı, TED Antalya Koleji, Türkiye
Man möchte gerne Lehrer oder Schüler an dem TED Antalya Koleji aus der Türkei sein. Diese Schule
hat so viele schöne und kreative Beiträge eingesandt, dass es uns besonders leid tat, nicht alle zu
prämieren zu können. Özer beschreibt sein Basketball-Trikot Nummer 7.
Die Jungen und Mädchen dieser Wettbewerbskategorie (aller beteiligten Länder) wählten häufig
einen Gegenstand aus dem Sport: einen Fußball, eine Kappe, ein Fahrrad, einen Tennisschläger, eine
Trainingshose, ein Stirnband…
42
Abbildung Cindy Kaminska
Abbildung Atakan Atamert
Der PC wurde auch häufig gewählt, unterschiedslos ob ein Junge oder ein Mädchen den Text
verfasste. Unterschiedslos, aus welchem Land der Schüler oder die Schülerin stammt. Man versteht
sehr gut aus Atakan Atamerts (Istele Belde Okulları, Istanbul, Türkiye) und Cindy Kaminskas (Istituto
Comprensivo Bernardo Pasquini, Margine Coperta (PI), Italia) Arbeiten, was ihnen der Computer
bedeutet. Ihre Computer erzählen von zwei sehr netten und aufgeweckten Schülern, die zwar schon
mal die Festplatte kaputt gemacht hatten, doch aus Versehen. Und da geben wir den beiden
Computern recht: das kann man verzeihen.
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Abbildung Define Özder
Sehr originell die Idee Define Özders, Terakki Vakfi Okullari Ilkoğretim Okulu, Levent-Istanbul,
Türkiye, die einen besonderen Ring erzählen lässt und uns dabei auch gleich eine türkische Spezialität
vorstellt.
. Abbildung Martina Lentini
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2.3. Klasse 10 – 13 Cartoon
Galerie Cartoons Abbildung ML
Der erste Preis* der Jury geht an Büsra Börekçi für ihre beiden Strassenmusikanten. Die sorgfältig
gestaltet Bildabfolge greift nicht nur kulturelle Unterschiede zwischen Orient und Okzident auf,
sondern thematisiert auch musikalische Vorurteile. Sehr glaubwürdig und mit stimmigen Dialogen
zeigt die Preisträgerin auf, dass sich nicht nur kulturelle, sondern auch musikalische Differenzen
auflösen lassen, wenn man bereit ist, sich auf den anderen und auf dessen Musik einzulassen. Die
Überbrückung kultureller Unterschiede durch die Musik: Das ist das Thema, das diesen Beitrag
besonders wertvoll macht. (Dominik Straub)
*DACHL
45
Abbildung Büsra Börekçi
46
Das Thema, dass Zwei sich zusammentun – wie auch immer - und voneinander lernen, hat auch
Daniele Palmieri aus Italien aufgegriffen.
Abbildung Daniele Palmieri
Der erste Preis geht an Daniele Palmieri, der einen hervorragenden Beitrag eingesendet hat. Der
Cartoon ist äusserst gekonnt gezeichnet, die "Story" perfekt aufgebaut, die Dialoge stimmig, der die
ganze Umsetzung von Beginn weg humorvoll. Und am Ende kommt eine wunderbare Pointe, die alle
zuvor angedeuteten Missverständnisse und Vorurteile des Europäers gegenüber dem Orientalen noch
einmal auf ironische, auf meisterliche Weise auf den Punkt bringt. (Dominik Straub)
47
Abbildung Merva Atalay
Der erste Preis (Türkei)wird zweifellos Merva Atalay verliehen. Die grafische Umsetzung des Themas
hat die Jury sofort überzeugt. Die junge Künstlerin hat die Zeichnungen ausnahmslos schön
komponiert, alle Details stimmen. Diese Arbeit wird eine große Bereicherung der Ausstellung sein.
Sicherlich wird Merva auch weiterhin auf ihrem Lebensweg ihr großes künstlerisches Talent zur
Geltung bringen.
48
Abbildung Duygu Kabacoğlu
Der zweite Preis der Jury geht an Duygu Kabacoğlu. Zwar geht die Geschichte an der Orient-
Okzident-Problematik insofern etwas vorbei, als sich die Hochzeitsträume von Romeo und Leyla wohl
weniger wegen des unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds, sondern vor allem wegen des
gewaltigen ökonomischen Gefälles zerschlagen. Doch ist das Thema zeichnerisch derart originell und
mit persönlicher Note umgesetzt, dass die Jury keinen Zweifel an der Preisvergabe hatte (allein der
umwerfend komische "Mafioso" Romeo hätte ausgereicht für eine Prämierung). Auch das tragische
Ende der Geschichte, das in seiner Abruptheit schon wieder beinahe komisch ist, hat die Jury
überzeugt. (Dominik Straub)
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2.4. Klasse 10 - 13 Porträt
Aufgabe war, einen Menschen zu porträtieren, der etwas für den west-östlichen Dialog getan hat.
Galerie Porträts
Abbildung Stephan Gora - Saladin (1137/1138 - 1193):
Am Gymnasium Kerpen, Deutschland, wurde intensiv über das Thema ost-westlicher Dialog und
seine Umsetzung in eine künstlerische Form diskutiert. Die Kunstlehrerin Anna-Maria Lofreddo
erzielte mit ihren Schülern bemerkenswerte Ergebnisse.
50
Undenkbar wären diese Porträts in den 50er, 60er oder vielleicht sogar auch noch in den 80er und
90erJahren gewesen. Der Ost-West-Dialog ist politisiert durch die jüngeren Geschehnisse in der
Weltpolitik.
Deutlich stammen diese Porträts aus der Zeit nach dem Irakkrieg, nach Guantanamo und Abu Ghraib
– die jungen Menschen sind mit diesen Nachrichten groß geworden und ziehen daraus ihre eigenen
Schlüsse, aus denen Viele lernen können. Oft brauchten die Schüler gar nicht weit zu suchen, um
einen Menschen zu schildern, der etwas für die west-östliche Freundschaft getan hat. Der Mensch –
der Freund – wohnt oft nebenan oder geht in dieselbe Klasse.
Eine neue Generation ist herangewachsen und erlebt ihren Alltag in einem interkulturellen Kontext,
den es in dieser Form noch nicht lange gibt.
Der Schüler Stephan Gora, Gymnasium Kerpen, Deutschland, griff jedoch in eine fernere
Vergangenheit mit der Wahl Saladins (1137/1138 – 1193), wobei er Parallelen zur Gegenwart zieht:
„.. er lebte zur Zeit der Kreuzzüge, war Sultan, Kriegsherr und für viele Muslime ist er vor allem ein
Freiheitsheld. … Im Abendland geriet Saladin nie in Vergessenheit, kein islamischer Herrscher ist in
Europa bekannter! Und obwohl er den Kreuzfahrerstaaten schweren Schaden zugefügt hatte, stand er
über Jahrhunderte hinweg in besonders hohem Ansehen. So wurde er der ritterliche Gegner und
Urbild des edlen Helden genannt.“
Stephan schreibt weiterhin: „… Als ich noch jünger war, war ich sehr interessiert am Thema
Mittelalter und eine Geschichte ging mir schon damals zu Herzen. Die Geschichte von Saladin &
Richard I. Löwenherz: beide behandelten sich während der Kreuzzüge mit höchstem Respekt. Als
Richard bei der Belagerung von Akkon erkrankte, schickte Saladin seinen eigenen Leibarzt, der
Richard Pfirsiche und Schnee vom Berg Hermon zur Kühlung brachte…. Ich wollte mit dem Collagen-
Prinzip und den Schlagzeilen zu dem andauernden Konflikt zwischen Orient und Okzident darauf
besonders stark darauf hinweisen und mit dem Porträt verdeutlichen, dass man weiterhin respektvoll
miteinander umgehen sollte …“.
Auf die Frage, was er Saladin als Preis anerkennen würde, schreibt Stephan: „Da er schon lange tot
ist, ist diese Frage eigentlich belanglos, jedoch würde ich einen Extrapreis einrichten lassen für den
friedlichen und respektvollen Umgang zwischen Orient und Okzident.“
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Abbildung Arne Zyprian - Mein Mitschüler Macit Bozkurt
Den ersten Preis (DACHL, Klasse 10 – 13) verleiht die Jury an Arne Zyprian, Gymnasium der
Stadt Kerpen / Europaschule, Kerpen. Das Porträt seines muslimischen Mitschülers Macit
Bozkurt überzeugt sowohl in seiner sehr differenzierten schriftlichen Begründung als auch mit
der seiner Illustration: Das Bild des jungen Moslems, der mit der auf dem Zeigefinger
balancierten Waage das vom Preisträger im Text erwähnte harmonische Gleichgewicht
zwischen Orient und Okzident symbolisiert, hat die Jury überzeugt. (Dominik Straub)
Arne schreibt: „Beim Studieren der Kriterien zur Teilnahme an der Ausschreibung war ich
zunächst mehr oder weniger ratlos. Zuvor habe ich mich nie wirklich mit dem Thema „Orient
und Okzident“ beschäftigt – dachte ich. Dann kam mir die Idee, meinen Mitschüler Macit
Bozkurt zu porträtieren. Schon oft haben wir über unsere Glaubensrichtungen, Islam und
Christentum philosophiert, aber das ist bei weitem nicht der einzige Grund, weswegen der
18jährige Moslem für mich der Vermittler zwischen diesen beiden Kulturen ist.
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Vor allem in der Kunst verarbeitet er Elemente seiner Herkunft und Deutschlands, wo er
geboren und großgezogen wurde. Dabei versucht er nicht eine der Kulturen dominieren zu
lassen, sondern schafft ein harmonisches Gleichgewicht. Das spiegelt sich auch in seiner Art
zu leben wieder: sein Familienleben ist traditionell, seine Freizeit verbringt er jedoch mit der
eher westlichen Sportart Basketball. Über sich selber sagt er, er sei integriert und nicht
assimiliert. Es ist ihm also wichtig, seiner Herkunft und den dazugehörigen Bräuchen treu zu
bleiben, sich jedoch nicht von der Kultur des Abendlandes auszugrenzen.
Aus diesen Gründen – und es gibt womöglich noch weitere – ist Macit für mich der, der den
Kreislauf zwischen Morgen- und Abendland vollendet, die Nacht, auf die der Tag folgt. Und
wer ihn gesehen hat mit seinem schwarzen lockigen Haaren und der weltoffenen Aura, die er
ausstrahlt, der kann meine Wahl nachvollziehen und würde auch von der interkulturellen
Toleranz fasziniert sein.
Wenn Macit einen Preis verdienen würde, wäre dies mit Sicherheit ein Preis für
Friedensstiftung und kulturellen Austausch. Und wenn er in seiner Entwicklung fortschreitet
wie bisher, so wäre er in einigen Jahren ein potentieller Träger des Friedensnobelpreises,
nominiert für seine künstlerischen Arbeiten, die eben dieses Thema behandeln.“
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Abbildung Freya Diemer Meine Freundin Maxine Zaghi
Freya Diemer erstellte dieses schöne Porträt ihrer Freundin Maxine Zaghi, deren Vater aus
Marokko stammt. Die beiden Mädchen kennen sich schon seit ihrer gemeinsamen
Grundschulzeit und besuchen jetzt dasselbe Gymnasium. Eine Freundschaft, die beide
Familien einbezogen hat: die Eltern sind miteinander befreundet, auch ihre kleinen
Schwestern.
Freya schreibt: “… Wir sind auch schon mehrmals gemeinsam in den Sommerurlaub
gefahren, was natürlich für alle super war. ….
Die Zaghis führen einen kleinen Laden in Köln, der arabische Backwaren, Süßigkeiten und
andere typisch arabische Lebensmittel verkauft. Hier kaufen sowohl Ausländer als auch
Deutsche ein.
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Ich weiß nicht, ob es den bestimmten Preis gibt, den ich meiner Freundin verleihen würde. Ich
würde ihr den Preis für die deutsch-marokkanische Freundschaft verleihen, weil sie ein toller
Mensch und eine sehr gute Freundin ist. Unabhängig von ihrer Herkunft verstehen wir beide
uns einfach super und ich glaube, dass es in einer wahren Freundschaft gerade darum geht,
einander ohne Vorurteile zu verstehen und zu achten.“
Abbildung Andreas Rosen – Nazan Eckes
„Ich habe mich dazu entschlossen Nazan Eckes als Portrait auszuwählen, da ich der Meinung bin, dass
sie als türkischstämmige Frau ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie man sich in ein Land integrieren
und beide Kulturen miteinander verknüpfen kann“, schreibt Andreas Rosen, Gymnasium Kerpen.
„Nazan Eckes, geboren am 9. Mai 1976 in Köln als Nazan Üngör ist eine türkisch-deutsche
Fernsehmoderatorin beim TV-Sender RTL. Ihre Eltern sind türkische Einwanderer aus der
Stadt Eskisehir. Sie begann ihre Karriere 1995 mit einem Praktikum und einem 18monatigen
Volontariat bei dem Sender VIVA und wurde dort 1998 fest angestellt. Von 1998 bis 1999 war
sie zudem freie Mitarbeiterin der türkischen Lokalzeitung „Haftalik Posta“. Im Jahr 2000 trat
sie zum ersten Mal als Wettermoderatorin bei RTL auf. Heute moderiert sie zahlreiche
Sendungen wie die Samstagsausgabe von Explosiv-Weekend, die wöchentliche Ausgabe des
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Magazins Explosiv und das Mittagsmagazin Punkt 12. Dieser Erfolg zeigt, dass auch
ausländisch stämmige Menschen, in diesem Fall sogar eine Frau, alles erreichen können. Und
das spiegelt genau die heutige Zeit der Globalisierung wieder.
Zum Schluss würde ich ihr den Preis als „orientalische Karrierefrau“ übergeben, da sie gezeigt
hat, dass mit Fleiß und Kampfgeist alles zu erreichen ist.“
Abbildung Eva Vogel – Kinder, zum Beispiel Amina
Der zweite Preis (Porträts DACHL) geht an Eva Vogel, Gymnasium Kerpen. Die Preisträgerin ruft in
sprachlich und gedanklich überzeugender Manier die alte Wahrheit in Erinnerung, wonach Kinder
keine kulturellen Grenzen kennen und stellt als Beleg dieser Erfahrung die kleine Amina vor, ein heute
9-jähriges türkisches Mädchen aus ihrer Nachbarschaft. Sehr gekonnt ist auch die Illustration, die
Amina zusammen mit einer deutschen Freundin zeigt. (Dominik Straub)
Eva schreibt: „Kinder sind Hoffnungsträger der Zukunft. Um einen langfristigen Erfolg auf der Ebene
der Verständigung zwischen Ost und West zu erhalten, ist auf Kinder zu setzen. Gerade dieses Kind
steht für eine beispielhafte Unvoreingenommenheit gegenüber dem Fremden.
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Dieses kleine quirlige Mädchen wohnt in meiner Nachbarschaft. Immer wenn man ihr auf der Straße
mit ihren Eltern begegnet, kommt sie auf einen zugetapst. Durch ihre liebevolle Art, ihre süßen Locken
und ihre lebensfrohe Ausstrahlung zaubert sie einem ein Lächeln aufs Gesicht. Zudem verbindet sie
Menschen, wie das bei fast allen Kindern der Fall ist. Durch die Offenheit des Kindes kommen auch die
Eltern ins Gespräch. So war das zumindest bei Aminas und meinen Eltern. Ihre Neugier und ihr
Entdeckungsdrang sind unerbittlich. Alles wird ausprobiert.
Inzwischen ist Amina bereits älter. Aber die Kommunikation zwischen beiden Kulturen ist erhalten
geblieben. Sie ist quasi der Auslöser dafür gewesen.
Kinder sind auf der ganzen Welt gleich – auf Anhieb hat sie sich mit meiner jüngeren Schwester gut
verstanden. Sprache, oder auch anderes Aussehen spielte keine besondere Rolle, die Chemie hat
einfach gepasst und die beiden sind Freunde geworden. Amina ist inzwischen 9 Jahre alt und geht mit
„allen anderen deutschen“ Kindern in die Grundschule. Wären da nicht der etwas dunklere Hauttyp,
die dunklen Haare und die schokobraunen Augen, würde sie unter Deutschen gar nicht auffallen. Sie
kennt beide Kulturen. Sie ist Moslem, hat aber von klein auf gelernt, dass es verschiedene Kulturen,
Sprachen und Religionen gibt. Für sie ist es selbstverständlich, dass man die anderen Bräuche und
Sitten akzeptiert. Sie wird als vermeintliche Ausländerin schließlich auch mit ihrem etwas anderen
Aussehen akzeptiert. Ein Kopftuch zu tragen kommt für sie nicht in Frage. Kann es jedoch verstehen,
wenn es manche Frauen tragen.
Einmal sagte sie, dass sie sich als Deutsche fühle, mit den zweiten Wurzeln in der Türkei. Wenn sie
eine Blume wäre, dann wäre ihr Stiel türkisch – weil sie schließlich ursprünglich aus der Türkei kommt
und ein Großteil ihrer Familie noch da wohnt und sie Beziehungen zu dem Land hat - die Blütenblätter
wären jedoch deutsch. Anhand von Amina, die einst als aufgewecktes, nettes, lebensfrohes Kleinkind,
verschiedene Kulturen, - wenn auch unbewusst – zusammengeführt hat, wird deutlich, dass eigentlich
alle Menschen gleich sind. Sie unterscheiden sich zwar im Aussehen, habenteilweise unterschiedliche
Wertevorstellungen …aber mit ein bisschen Toleranz, wie die der kleinen Amina, ist
Völkerverständigung möglich.
Was einen möglichen Preis für Amina für die ost-westliche Verständigung anbelangt, so meint Eva:
„Einem Kind kann man keinen Nobelpreis verleihen…Dies ist auch nicht nötig, denn auf Grund ihrer
Art zu leben trägt Amina einen großen Teil zur Überbrückung der Ost-West-Konflikte bei. Wenn ein
Preis, dann sollte er Kind gerecht sein, beispielsweise eine Schatztruhe mit Attributen aus den
verschiedenen Ländern des Okzidents und des Orients. Vielleicht auch Süßigkeiten, Teddybären …
etwas was andere Kinder auch gerne bekämen, so dass der Preis etwas Erstrebenswertes hat, damit
andere Kinder sich auch für die Verständigung einsetzen.
Der Preis würde dann unter dem Namen „Kinder überwinden Grenzen – ein Herz, das uns verbindet“
verliehen werden.“
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Abbildung Veronika Bock – Serkan Kaja, Musicaldarsteller
Veronika Bock, Gymnasium Kerpen, porträtierte „Serkan Kaja, weil er ein talentierter
Musicaldarsteller ist, der in seinem Beruf Orient und Okzident zu verbinden versucht.“
Veronika schreibt:
„Serkan wurde in Leverkusen geboren und wuchs als Kind einer türkischen
Gastarbeiterfamilie in Deutschland auf. Er absolvierte sein Schauspiel- und Musicalstudium in
Essen. Schon während der Ausbildung nahm er aus Geldnot eine Rolle im Musical „Miami
Nights“ an. Die Rolle als „Graf Lasca“ in Niels-Peter Rudolphs „Der Türke von Venedig“ folgte.
Sein Weg führte ihn nach Wien, wo er als „Luigi Lucheni“ in „Elisabeth“ auftrat. Seit dem
Zeitpunkt steht ihm die Musicalwelt offen. Er war zum Beispiel als „Galileo Figaro“ in „We
will rock you“ bei den deutschsprachigen Erstaufführungen in Köln, Zürich und Wien zu
sehen.
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Momentan spielt er in Monty Python`s Spamelot den ersten türkischen Kreuzritter (Sir
Galahad) der Geschichte. Die Lacher sind ihm gewiss, wenn er beispielweise im türkischen
Migranten-Idiom fragt: „König? Krass, wie wird man das?“, um sich gleich darauf zu
beschweren:“Mich stinkt voll, dass du mich direkt wie Untergebenen behandelst.“ Auf diese
Weise ist er ein deutscher Türke, der mit Humor und Witz die deutschen Vorurteile über
Türken vermittelt und somit zur Annahme der Türken in Deutschland beiträgt.“
Die Schüler des Özel Nilüfer Liseleri, Bursa, Türkei, wählten als Vertreter des ost-westlichen
Dialogs Schriftsteller, Sänger, einen Komponisten Produzenten und Schauspieler für ihre
Porträts. An dieser Schule, so scheint es, liebt man Musik, Theater, die Kunst, Film und
begegnet sich mit Respekt. Das Porträt des Englischlehrers Kamil Koç von Abdullah Enes
Bravo zeugt von einem lebhaften und herzlichen Schulleben.
Abbildung Abdullah Enes Bravo – Mein Englischlehrer Kamil Koç
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Der 2. Preis (Türkei) geht an Abdullah Enes Bravo, der seinen Englischlehrer porträtiert hat. Alle
Schüler dieser Klasse hatten sehr ansprechende Porträts erstellt, doch Abdullah Enes Porträt hat die
Jury besonders überzeugt. Abdullah schildert uns seinen lebhaften Schulalltag, in dessen Mittelpunkt
der Englischlehrer Kamil Koç steht, der Kollegen und Schüler begeistert und motiviert. An dem Özel
Nilüfer Liseleri in Bursa bringt es Spaß zu lernen und zu arbeiten und das ist auch der Verdienst dieses
engagierten Englischlehrers - davon hat uns dieses Porträt überzeugt. (Dominik Straub)
Abbildung Burak Cenk Arkan - Der Dirigent Daniel Barenboim
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Abbildung Hakan Saral - Der Musiker Ömer Faruk Tekbilek
Hakan Saral porträtiert den türkischen Musiker Ömer Faruk Tekbilek. Der in Adana geborene Künstler
ist derzeit der begehrteste Musiker aus dem mittleren Osten und erlangte durch seine ausgedehnten
Tourneen weltweite Berühmtheit. Die Mischung aus traditionellen Sufi-Melodien, sowie Elementen
des Folk, des Flamenco und der zeitgenössischen Musik machen seine Musik zur zeitgenössischen
Weltmusik, geprägt vom charakteristischen Klang seiner Heimat und beeinflusst von den
verschiedenen Kulturen und der Musik.
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Abbildung Furkan Hüseyin Türbedar
Furkan wählte den in den USA lebenden türkischen Musikproduzenten Arif Mardin, der sich vor allem
mit der Veröffentlichung afro-amerikanischer Musik wie Soul und Jazz profilierte. Er war maßgeblich
an dem Erfolg der Soul-Sängerin Aretha Franklin und anderer Musiker beteiligt.
Abbildung Martina Lentini
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Abbildung Muhammed Emin Altuncu
Muhammed porträtierte den bekannten türkischen Schriftsteller Peyami Safa, geboren in Sivas.
Wegen einer schweren Krankheit konnte er nicht die Schule besuchen, arbeitete erst als Drucker,
später am Postministerium, was ihm erlaubte, seien Schulbildung nachzuholen. Von 1914–1918
arbeitete er als Lehrer und veröffentlichte Texte in einer Istanbuler Zeitung.
Zentrale Themen seines Werkes sind der Gegensatz zwischen Okzident und Orient und die Frage
nach der Rolle der Türkei zwischen diesen Polen. Der Schriftsteller argumentierte in zahlreichen
Essays gegen die Verwestlichung der Türkei: er sah im Kemalismus die Gefahr einer zu starken
Annäherung an den Westen und eine moralische Schwächung seines Landes.
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Abbildung Murat Altinsu
Ein Sprachgenie ist dieser türkische beliebte Sänger, dessen Nachnamen mit „Frieden“ zu übersetzen
ist. Nach dem Besuch des Galatasaray-Gymnasiums in Istanbul graduierte er später an der
Königlichen Akademie der Schönen Künste in Lüttich, Belgien. Er spricht neben seiner Muttersprache
Französisch, Englisch und Japanisch und kann sich außerdem noch auf Deutsch, Arabisch,
Niederländisch, Spanisch und Italienisch verständigen. In den 50er Jahren wurde er als Pionier des
Anadolu Rock bekannt. Trotz dieses frühen Erfolgs veränderte er im Laufe der Zeit mehrmals seinen
Stil. Der Künstler erhielt viele internationale Auszeichnungen.
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Abbildung Cem Örnekal
Cem Örnekal porträtierte den Schriftsteller Cengiz Aitmotov. Diese Arbeit, wie die seiner
Klassenkameraden, wurde ansprechend präsentiert.
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Abbildung Burak Malkir
Tarkan wurde am 17. Oktober in Deutschland geboren, wo er mit seiner Familie lebte. Für einige
Jahre zog die Familie wieder in die Türkei, kehrte aber kurz darauf wieder nach Deutschland zurück.
Im selben Jahr, 1991, nahm Tarkan sein erstes Album auf „Istanbul Plak“, das sich gleich 700.000mal
verkaufte. Sein nächster Hit zwei Jahre später erreichte eine Auflage von fast 3 Millionen. Tarkan
wurde wegen seiner angeblichen Homosexualität sehr angegriffen. 1999 hatte er in Deutschland
einen großartigen Erfolg mit dem Best-of-Album Tarkan. Er erhielt dafür den World Music Award. Der
erfolgreiche Sänger selbst fühlt sich als Weltbürger und Türke und setzt sich sehr für sein Land
(Umwelt) und die Menschen ein.
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Den ersten Preis (Türkei, Klasse 10 – 13) verleiht ohne zu zögern an Güneş Hafız – Alman Lisesi
İstanbul für sein Porträt von Thomas Mühlbauer, deutscher Buchhändler in Istanbul. Die Wahl des
Porträtierten ist außerordentlich glücklich und die Begründung überzeugend: Es sind oft jene
Menschen, die bescheiden im Stillen wirken, die am meisten für die Völkerverständigung leisten. Mit
den zum Teil von Hand kolorierten Fotos der Buchhandlung und ihres deutschen Besitzers ist der
Beitrag auch optisch äußerst gelungen. (Dominik Straub)
„Ich möchte Ihnen einen Mann, der seit seiner Geburt hier in der Türkei lebt und mit seiner Tätigkeit
zur Verständigung der beiden Völker einen großen Beitrag liefert, vorstellen. Er heißt Thomas
Mühlbauer und er hat eine Buchhandlung in der Istiklal Straße, also der Freiheitsstraße in Istanbul. …“
– mit diesen Worten beginnt Güneş Hafız sein schönes Porträt.
Abbildung Güneş Hafız
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Die Schülerinnen und Schüler des Liceo Scientifico Tito Lucrezio Caro aus Cittadella, Italia,
präsentierten solch schöne und intelligente Porträts, dass es der Jury schwer fiel zu entscheiden,
welches denn nun eigentlich zu prämieren wäre. Auch im Katalog müssen wir uns aus
organisatorischen Gründen auf eine Auswahl der Arbeiten beschränken.
Der erste Preis (Italien, Porträt) geht an Sara Peggion für ihr Porträt von "J". Der Jury gefiel der
originelle Ansatz, einen Menschen namens "J" zu porträtieren, den es gar nicht gibt und dem die
Preisträgerin all jene Eigenschaften zuschreibt, die ihn zu einem Protagonisten der kulturellen
Verständigung machen. Dazu gehören Bildung, Sprachkenntnisse, die Bereitschaft, für den "Fremden"
da zu sein. Sara Peggion verdient den Preis für eine differenzierte gedankliche Leistung, die damit
abgerundet wird, dass sie am Ende ihres Porträts die Identität des "J" verrät: "J" ist "Jeder von uns".
(Dominik Straub)
Abbildung Sara Peggion
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Martina Lentini
Den zweiten Preis verleiht die Jury an Serena Pavan für ihr Porträt von Giovanni, einem italienischen
Rechtsanwalt, der zweimal pro Woche unentgeltlich Rechtsberatung für Immigranten leistet. Die
präzise und intelligente Begründung ihrer Wahl und die gut gewählten Zitate von Giovanni und zwei
seiner ausländischen Klienten haben die Jury von der Preiswürdigkeit des Beitrags überzeugt. Und wie
bei Sara Peggion war die Jury auch bei Serena Pavan von den sprachlichen Fähigkeiten der beiden
Italienerinnen in der Fremdsprache Deutsch tief beeindruckt. (Dominik Straub)
Serena schreibt:
BEGRÜNDUNG MEINER WAHL Ich habe Giovanni für dieses Porträt gewählt, weil ich glaube, dass er
am besten zeigen kann, was man im alltäglichen Leben für den interkulturellen Dialog machen kann.
Er nützt nämlich die Fähigkeiten, die er in seinem Beruf erworben hat, um Ausländern bei der
Integration in die neue Gesellschaft zu helfen. Ich denke nämlich, dass man die Probleme des
interkulturellen Dialogs lösen könnte, wenn jeder auf seinem Gebiet etwas dafür täte. Kulturen zu
mischen bedeutet nämlich Reichtum.
„Er hat viel für mich und viele andere Leute gemacht, die in eurem Land arbeiten und gezwungen
sind, fern von ihrer Familie zu leben. Ich hätte ihm gerne ein wertvolles Geschenk gemacht, um ihm
meine Dankbarkeit zu zeigen, aber ich kann es mir nicht leisten. Ich bitte ihn daher, mein kleines
Geschenk zu akzeptieren. In meinem Namen und derjenigen, denen er gerade hilft, ohne etwas dafür
zu nehmen. Er ist wirklich ein außergewöhnlicher Mensch. Er ist eine Art Weihnachtsmann für uns…“
„Ich fürchtete mich vor einem anderen Feiertag ohne meine Familie und ohne meine Kinder, aber
dank des Interesses und des Einsatzes unseres Rechtsanwalts ist der Prozess der
Wiederzusammenführung meiner Familie zu einem glücklichen Abschluss gelangt. Ab morgen werde
ich wieder mit meiner Familie zusammenleben.“
Das sind spontane Äußerungen von zwei Klienten von Giovanni.
Giovanni: ein Rechtsanwalt, der sic h nach der Arbeit wohltätigen Aktivitäten widmet.
Er ist wirklich ein sehr großzügiger Helfer, ein guter Mensch, der sich immer leidenschaftlich für
Hilfsbedürftige einsetzt, um ihnen Glück zu schenken Zweimal pro Woche leistet er kostenlose
Rechtsberatung in einem Zentrum, das Ausländer unterstützt, die meistens aus dem Orient kommen,
wie die Koreanerin und der Inder, die zuvor von ihrer Situation erzählt haben und ihre Gefühle
geäußert haben.
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Giovanni hat seine eigene Familie (eine Frau und zwei kleine Kinder), er denkt aber auch, dass man
einander helfen soll, wo es möglich ist. „Wir sollten die Ungerechtigkeiten und die
Rechtsverletzungen, die an Anderen begangen werden, so erleben, als würden sie an uns begangen.
Wir sollten alle Kräfte für das Allgemeingut aufbieten, das ist nämlich gut für den Einzelnen und für
die Gesellschaft. Nur dadurch kann jeder für alle die Verantwortung übernehmen, statt die ganze Zeit
nur an den eigenen Vorteil zu denken. In unserem Land gibt es ganz viele Hilfeschreie, die unser
Gewissen wachrütteln, und gegen die es nicht hilft, die Augen zu verschließen oder mit den Achseln zu
zucken.“
Es wäre dagegen notwendig, den Mut zu haben, tatkräftig der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen,
die Würde der Menschen zu respektieren und ihren Wert zu schätzen, WIE GIOVANNI ES BESTENS
VORZEIGT.
PREIS:
Giovanni bringt die Vielfalt der Kulturen in Einklang, die zwei Teile der Welt: Orient und Okzident, wie
wir es alle im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten tun sollten. Aus diesem Grund schlage ich
als Preis eine Medaille vor – Giovanni, der sich in seinem Leben für den Dialog zwischen östlichen und
westlichen Kulturen engagiert, weiß wie man nicht nur dem Leben der Hilfsbedürftigen, sondern auch
dem eigenen Leben Sinn und Wert geben kann.
Rachele Angela Bernadello, Liceo Scientifico Tito Lucrezio Caro, Cittadella porträtierte eine Lehrerin
und erklärt dabei die wichtige Rolle, die Musik und die Kunst bei der Integration spielen.
BEGRÜNDUNG MEINER WAHL
Für mein Porträt habe ich eine Lehrerin gewählt, die in meiner Gegend tätig ist und die ich persönlich
kenne, weil ich glaube, dass der interkulturelle Dialog zuerst in unserer Umgebung und vor allem in
unseren Köpfen stattfinden muss. Nur dadurch kann man seine Denkweise verändern und sich den
Anderen annähern. Die Schule und die Familie müssen zusammen arbeiten, weil die heutigen Schüler,
die unsere Zukunft darstellen, sicherlich in einer interkulturellen Welt leben werden.
Wo kann das interkulturelle Gespräch am besten anfangen?
In der Schule trifft man immer mehr Jugendliche, die aus fremden Ländern kommen, deswegen
spielen die Lehrer eine wichtige Rolle in der Erziehung und in ihrer Integration. Aus diesem Grund
habe ich eine Lehrerin gewählt, die in der Nähe von mir wohnt, und im Laufe ihres Lebens sehr viel für
die west-östliche Verständigung getan hat.
Musik und
Kunst
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Einige Lehrer zeigen mehr Interesse als andere für die interkulturellen Beziehungen zwischen den
Schülern. Die fremden Jugendlichen, die in ein neues Land gelangen, können Unbehagen empfinden.
Die Gründe, warum sie auswandern, sind verschieden. Oft müssen sie ihren Eltern nachkommen, aber
auf diese Weise verlassen sie ihre Großeltern oder die Personen, mit denen sie seit einigen Jahren
zusammen leben. Da sie sehr widersprüchliche Gefühle empfinden, wie Traurigkeit und Aggressivität,
Begeisterung und Angst, muss man ihr Vertrauen gewinnen. Die Lehrer müssen Verständnis, nicht
Mitleid zeigen, sodass nicht nur der/die Jugendliche, sondern auch seine /ihre Eltern in sie Vertrauen
setzen. Die Lehrer sollten den jungen Einwanderern zeigen, welche ihre wirklichen Begabungen sind.
Obwohl diese Schüler und Schülerinnen eine schwierige Situation vor sich haben, können sie gute
Leistungen in der Schule haben. Es ist wichtig, dass die anderen Schüler... sie nicht verspotten,
deswegen sollten auch im Unterricht Aufgaben vorgeschlagen werden, die die Unterschiede in der
Klasse hervorheben und den Wert auf die Qualitäten der Einzelnen legen.
Ein junger Mensch, der seine Heimat und seine Realität verlässt, um in ein fremdes Land
auszuwandern, erlebt einen inneren Zwiespalt: einerseits die Kultur und die Muttersprache seines
Vaterlandes, die zu seiner Familie, seiner Kindheit gehört; andererseits die italienische, die die Kultur
seiner neuen Freunde, seiner Nachbarn und seiner Lehrer .. ist. Mehrmals verbringen diese
Jugendlichen den Sommer in ihrem Heimatland. Das ist sehr wichtig, um ihre Identität zu bewahren.
Andere Jugendliche versuchen dagegen alles zu vergessen, was mit ihrer Vergangenheit zu tun hat.
Die Aufgabe der Lehrer … ist deswegen, diese Jugendlichen dahin zu führen, ein Gleichgewicht
zwischen den beiden Kulturen zu finden.
Frau Elisa Marini hat sich sehr engagiert, um dieses Ziel zu erreichen. Sie hat nicht nur mit den
Jugendlichen, sondern auch mit ihren Eltern zusammen gearbeitet, sodass sie eine wichtige Rolle für
die Entscheidungen über die Zukunft ihrer Kinder übernehmen. Es ist nämlich wichtig, dass die Familie
und die Schule nach dem gleichen Ziel streben, um das Beste für die Jugendlichen zu tun. Ihre
besondere Aufmerksamkeit widmet Frau Marini den Mädchen, weil sie mehr Hilfe brauchen.
Innerhalb der islamischen Familien konzentrieren sich nämlich die Eltern mehr auf die Söhne. Oft
bekommen die Töchter keine Schulausbildung, weil sie – jener Mentalität zufolge – später nicht
arbeiten werden. Einmal ist Frau Marini zu einem Mädchen nach Hause gefahren, weil sie nicht in die
Schule gekommen war, und hat sie persönlich zur Schule begleitet.
Ein anderes Mal hat sie es geschafft, die Abschlussprüfung mit der ganzen Kommission bei einer
Schülerin zu Hause zu organisieren, weil der Vater dieses Mädchens sie gezwungen hatte, zu Hause zu
bleiben. Frau Marini interessierte sich schon immer für die anderen Kulturen, sie hat nämlich das
Konservatorium besucht und Ethnomusikologie studiert. Dieses Fach betrachtet Musik als soziales
Phänomen, vergleicht die Struktur der Musik und der Kulturen und versucht unvertraute Musik in
ihrer eigenen Geschichte, in ihrer Eigenständigkeit und ihrem Eigenwert – d.h. die Kultur als System –
zu begreifen.
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Da die fremden Jugendlichen am Anfang wenig oder kein Italienisch sprechen, sind die Musik und die
Kunst optimale Kommunikationsmittel und können deswegen auch als Therapie verwendet werden.
Dadurch können sie ihre eigene Realität beschreiben. Zum Beispiel kann Frau Marini durch die Farben,
die die Schüler ... in ihren Arbeiten verwenden, ihren Seelenzustand verstehen. Sie hat mit anderen
Kollegen eine Internetseite gemacht, in der die verschiedenen Schulen der Gegend zusammen
arbeiten und einander helfen und beraten. In allen Schulen, wo Frau Marini als Lehrerin tätig war, ist
sie zu einer Referentin geworden; dank ihrer Hingabe an die Schüler, dank ihrer Kreativität und dank
ihrer Freude eine bessere Welt zu schaffen, hat sie immer ein erfreuliches und kooperatives
Arbeitsklima kreiert.
PREIS:
Am wichtigsten für Frau Marini wäre es, dass jeder von uns seine eigene Friedensmusik spielt. Ein
Preis für sie könnte eine CD sein, eine Sammlung von Beiträgen der fremden Jugendlichen, denen sie
in der Schule geholfen hat. Sie meint nämlich, dass Musik das beste Mittel ist, um etwas über unseren
Zustand mitzuteilen, insbesondere wenn sie eine Mischung von verschiedenen Kulturen darstellt.
Elena Scapin, ebenfalls Schülerin am Liceo Scientifico Tito Lucrezio Caro, porträtierte die israelische
Schauspielerin Hiam Abbass, weil, wie schreibt „ sie eine wichtige Rolle im Film Lemon Tree gespielt
hat und .. weil sie eine Frau ist, die sich dem interkulturellen Dialog verpflichtet.“
Elena zitiert zu Anfang ihrer Arbeit Ludwik Lejzer Zamenhof: „Ich glaube, dass die Kommunikation
und die Kenntnis, die sich auf ein natürliches Mittel gründet, die vielen Gewalttaten und Verbrechen
einschränken können, die nicht aus bösem Willen, sondern einfach aus Mangel an Kenntnis begangen
werden.“ Der Preis, den die Schülerin ihr geben würde beschreibt sie mit folgenden Worten: „Ich
würde ihr den Dankespreis geben, weil sie sich für etwas engagiert, nicht um bekannter zu werden,
wie viele andere Schauspielerinnen es machen, sondern weil sie möchte, dass diese Konflikte enden.
Der Dankespreis ist für Menschen, denen ich einfach Danke für alles sagen möchte, was sie machen.
Danke
sagen
72
Ihre Klassenkameradin Claudia Hoenisch porträtierte den senegalesischen Sänger Youssou N`Dour,
„weil er sich ohne Unterhalt und konkret für den interkulturellen Dialog engagiert hat, und einen Weg
gefunden hat, auf dem seine Botschaft viele Leute erreicht.“
Einen schönen Preis für Youssou stellt Claudia sich so vor: „Während einer Livesendung im Fernsehen,
die organisiert worden ist, um mit Spitzenpersönlichkeiten der Gesellschaft, der Politik und des
Journalismus zu diskutieren, verleiht der Moderator Youssou N`Dour eine Ehrentafel als Anerkennung
seines Engagements für den interkulturellen Dialog. Auf diese Weise wird er noch bekannter und seine
Botschaft kann sich noch weiter verbreiten.“
Giovanna Grigolon, ebenfalls vom Liceo Scientifico Tito Lucrezio Caro, begründete ihre Wahl
folgendermaßen:„Ich habe David Grossmann für meine Beschreibung gewählt, weil ich denke, dass
dieser Autor ein Modell für alle Schriftsteller und Journalisten sein sollte. In seinen Büchern ist er offen
und einsichtig und er bemüht sich, die Realität nicht nur von seiner eigenen Perspektive aus
anzuschauen. Durch diese Einstellung versucht er sich als Verteidiger des internationalen Friedens und
des interkulturellen Dialogs“
Giovanna fährt fort: Wenn das Schreiben zu einer Lebensweise und Lebenswahl, einem Glauben und
einer tiefen Überzeugung wird und auf soziale und kulturelle Grenzen verzichtet, wird es zum besten
Verständigungsmittel, das man anwenden kann. Dadurch wird jede Beziehung zu dem Anderen
vertrauter und es wird auch einfacher, den Anderen kennenzulernen. Die Macht des Schriftstellers, die
Grossmann beschreibt, ist die, die es ihm ermöglicht, eine neue Welt zu schaffen, in der die Menschen
auf Grenzen verzichten:“Es gibt etwas Kindliches – schreibt Grossmann – in dem Bedürfnis eine
Geschichte zu schreiben.“ Der Wunsch zu verstehen, was die Widersprüche und die Illusionen aller
Menschen ausmacht, ist die Ursache, die Grossmann zum Schreiben getrieben hat. Noch dazu fühlt er
das Bedürfnis, Barrieren, Mauern, Gleichgültigkeit und Hass abzubauen.
Hinter jeder Wand gibt es eine Person, die entdeckt werden sollte. Grossmann erzählt von diesem
Prozess in seinem Buch „Mit den Augen des Feindes“, in dem er den israelischen Krieg gegen Palästina
aus einer ganz originellen und realen Perspektive betrachtet …
Ehrentafel
verleihen
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Der schönste Preis, den man ihm schenken könnte, wäre das Ende des Krieges in Israel und Palästina,
aber das ist vielleicht zu schwierig zu erreichen. Was man in der Wirklichkeit machen kann, ist eine
Veranstaltung zu seiner Ehre zu organisieren, an der Politiker, Schriftsteller, Musiker, Künstler, aber
auch Kinder, Lehrer und Jugendliche teilnehmen. Alle sollten an diesem Tag das Thema „Frieden und
interkultureller Dialog“ durch Lieder, Bilder, Reden, Gedichte … behandeln. Das Ziel Grossmanns ist
nämlich das Schweigen zu brechen und dieses Problem wirklich anzugehen: die Leute sollten alles
bekannt machen, was sie über ihre eigene Realität wissen und mehrmals ihre Problematiken durch
vielseitige Kunstarten veranschaulichen. Unseren Zustand bekannt zu machen und unsere Meinungen
mit unseren Worten zu äußern ist die größte Freiheit, die uns gehört und die wir verteidigen müssen.
Zum Schluss ihres Porträts zitiert Giovanna den Schriftsteller:
„Mehrmals am Tag, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, fasse ich den Schmerz, den Verlust an,
wie jemand, der die Stromleitung mit nackten Händen berührt. Und ich sterbe nicht.“
Wir könnten hier noch viele weitere Porträts anführen, doch aus organisatorischen Gründen werden
sie hier jetzt abgeschlossen mit dem Porträt, das Ebru Canfesci aus Istanbul, Schülerin der dortigen
Deutschen Schule schreibt und das sich sehr von den anderen Beiträgen unterscheidet.
Schweigen
brechen
Und die
Liebe?
74
Ebru schreibt:
In meiner persönlichen Umgebung gibt es viele Menschen, die aus einer anderen Kultur stammen,
aber in der Türkei leben: meine deutschen Lehrer, deutsche und österreichische Schüler, die mit ihrer
Familie zumindest für einige Jahre in Istanbul wohnen, Freunde, die aus deutsch-türkischen Familien
kommen und Bekannte, die lange im Ausland gelebt haben. Dazu gehört Sylvia Yakal, eine gute
Bekannte meiner Familie, die aus Österreich kommt, aber schon 25 Jahre in Istanbul lebt. Ich… finde
es sehr romantisch, dass sie ihre Heimat und ihre Familie aus Liebe zu einem Türken verlassen und
diesen wichtigen Schritt in ein fremdes Leben getan hat.
… Auf meine Frage, wie sich ihr Leben verändert habe, erklärte sie mir:“Durch die Türken habe ich
gelernt, dass man nicht lebt, um zu arbeiten und um immer mehr Geld anzuhäufen, sondern dass man
das Leben genießen kann. Die Türken haben eine positive Einstellung zum Leben, sie sind hilfsbereit
und gastfreundlich. Ich bin nie auf Ausländerfeindlichkeit gestoßen, man hat mich von Anfang an
akzeptiert.“
Für mich ist sie ein gutes Beispiel für die Symbiose von Morgen- und Abendland, weil sie ihren Kindern
sowohl ihre eigene, als auch die türkische Kultur vermittelt. Sie feiern Weihnachten, aber auch das
islamische Opferfest, sie essen Wiener Schnitzel, aber auch Kebap, sie sprechen zu Hause zwei
Sprachen und sie fahren im Winterurlaub in Österreich Schi und verbringen die Sommerferien in der
Südtürkei am Meer.
Am wichtigsten erscheint mir jedoch, dass sie ihre eigene Kultur nie vergessen hat, aber sich immer
darum bemüht, die türkische Seele zu verstehen……..Silvia Yakal sagt, dass bei vielen Europäern immer
noch das Bild vom Türken mit dem Schnurbart, dem seine Kopftuch bedeckte Ehefrau unterwürfig
folge, bestehe. Es sei ihr Ziel, den Österreichern die Türkei als modernes, aufgeschlossenes Land
nahezubringen. Ich denke, dass sie dabei erfolgreich war; deshalb schlage ich vor, ihr den Preis
„Westen trifft Osten“ zu erteilen,…
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i DACHL = Deutschland – Österreich – Schweiz – Liechtenstein
Die Länder, in denen Deutsch als Muttersprache gesprochen wird
Mitglieder der Jury
Aygün ATALAY Roma Kültür ve Tanıtma Müşaviri, Türkiye Büyükelçiliği Sevim Aktaş Istituto per l’Oriente, Roma e Università di Napoli Chiara ANGUISSOLA D` ALTOE Museo dei Bambini Maria Chiara DONVITO Schweizerische Botschaft in Italien Elisabeth EBNER Österreich Institut Dorothee HOCK Casa di Goethe Antonella MARROSU Deutsche Botschaft in Italien Flavio MICHELI Scuola Svizzera di Roma / Schweizer Schule Rom Rosa MUSTO Ministero dell’Istruzione, dell’Università e della Ricerca Monika PFENNIGER Scuola Svizzera di Roma / Schweizer Schule Rom Anita RAJA Biblioteca Europea Birgit SCHÖNAU Die Zeit ,Süddeutsche Zeitung Dominik STRAUB Zürcher Zeitung Gerdis THIEDE Goethe-Institut Italien
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Gesamtleitung
Ulrike Tietze, Leiterin der Bildungskooperation Deutsch, Goethe-Institut Italien
Projektleitung
Gerdis Thiede, Bildungskooperation Deutsch, Goethe-Institut Italien
Gülbin Ezel, Almanca Eğitim İşbirliği Bölümü, Goethe-Institut Türkiye
Meltem Arun, Goethe-Institut Türkiye
Ursula Bongaerts und Dorothee Hock, Casa di Goethe
Ruth Theus Baldassarre und Chiara Donvito, Schweizerische Botschaft:
Elisabeth Ebner, Österreich Institut Roma
Aygün Atalay, Roma Kültür ve Tanıtma Müşaviri, Türkiye Büyükelçiliği
Sevim Aktaş Istituto per l‘Oriente , Roma e Università di Napoli
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