COMEDIAN HARMONISTS TEIL 2 JETZT ODER NIE · her, sagt sie, lag hier auch der Nachlass vom Comedian...
Transcript of COMEDIAN HARMONISTS TEIL 2 JETZT ODER NIE · her, sagt sie, lag hier auch der Nachlass vom Comedian...
COMEDIAN
HARMONISTS TEIL 2 –
JETZT ODER NIE
von Gottfried Greiffenhagen und
Jörg Daniel Heinzmann
MATERIALMAPPE ZUR VOR- UND
NACHBEREITUNG IM UNTERRICHT
INHALTSVERZEICHNIS
Besetzung 1
2 HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Zum Autoren Gottfried Greiffenhagen 2 Die erste Boygroup der Welt – Vor 85 Jahren gründeten sich die Comedian Harmonists 3 Die Comedian Harmonists – Die erste gecastete „Boygroup“ Deutschlands 5 80 Jahre: Comedian Harmonists werden von NS-Regierung verboten 8 Verschiedene Entwicklungen nach der Trennung der Comedian Harmonists 10 A: Geschichte des Meister-Sextetts in Deutschland 10 B: Geschichte der Comedy Harmonists im Ausland – Die Emigrantengruppe 11 40. Todestag Harry Frommermann - Gedenken an Comedian-Harmonists-Gründer 14 Liedtexte: Damals und heute – Ein Vergleich zum Mitraten 17
19 PRAKTISCHE ANREGUNGEN ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG Theaterpraktischer Vorbereitungsworkshop (90 Min.) für den Vorstellungsbesuch zu„Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ 19 ÜBUNG 1: „Summ Galli Galli“ 19 ÜBUNG 2: „DiddelL-Li-Di“ 20 ÜBUNG 3: „Gemeinsamer Summton“ 20 ÜBUNG 4: „Assoziationskette zu den Comedian Harmonists“ 21 ÜBUNG 5: „Comedian Harmonists-Geräuschemaschine“ 21 ÜBUNG 6: „Comedian Harmonists-Chor“ 22 ÜBUNG 7: „Paranoia und Vorurteile“ 24 ÜBUNG 8: „Raumlauf mit Begriffen“ 25 ÜBUNG 9: „Als Chor gemeinsam einen Comedian-Text lernen“ 26 ÜBUNG 10: „Figurenkonstellationen verbessern und verschlechtern“ 27 ÜBUNG 11: „Szenische Erarbeitung mit Stück-Sätzen“ 28 Nachbereitung 29
ÜBUNG 1: „Die Comedian Harmonists Teil 2- Ein-Satz-(Nach-) Erzählung“ 29 Schreibaufgabe 1: „Wenn man ins Exil gehen müsste“ 30 Schreibaufgabe 2: „Einen Songtext über HEIMAT verfassen“ 30 Literatur 31
Indra Schiller / Theaterpädagogin der Gandersheimer Domfestspiele / Redaktion:
Stiftsfreiheit 13 / 37581 Bad Gandersheim / [email protected] / (05382) 73-302
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BESETZUNG
Der alte Harry (Frommermann)…………………………………………………..Stephan Ullrich Ari Leschnikoff, 1. Tenor……………………………………………………………David Schuler Erich A. Collin, 2. Tenor……………………………………………..…………..……Lucas Baier Roman Cycowski, Bariton…………………………………………………………….Fehmi Gökli Harry Frommermann, Tenor Buffo……………………………………………….Philipp Nowicki Robert Biberti, Bass………………………………………………………………..Dominik Müller Erwin Bootz, Klavier…………………………………..……………………………Christian Nolte Musikalische Leitung……………………………………………………………....Christian Nolte Regie und Choreographie…………………………………………...…..……Sandra Wissmann Ausstattung………………………………………………………………………....….Britta Tönne Dramaturgie……………………………….....Jennifer Traum & Prof. Hanns-Dietrich Schmidt Theaterpädagogik……………………………………………………………………Indra Schiller Regieassistenz/Inspizienz………………………………………………………….....Julia Rilling
ca. 120 Min.Dauer:
S. Fischer Verlag GmbH Theater & Medien, Frankfurt am Main Aufführungsrechte:
Zur besseren Lesbarkeit des Textinhalts dieser Materialmappe, wurde entweder Hinweis:
die männliche oder weibliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Bewertung des jeweiligen anderen Geschlechts.
Fotos von Rudolf A. Hillebrecht Fotos:
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HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Zum Autoren Gottfried Greiffenhagen
Gottfried Greiffenhagen wurde 1935 in Bremen geboren. Nach einem Jurastudium begann
er dann 1966 am Bremer Theater zu arbeiten, indem er als persönlicher Referent von Kurt
Hübner fungierte. Darauf folgend ging Greiffenhagen 1968 als Chefdisponent an die Freie
Volksbühne Berlin und anschließend 1969 als Dramaturg nach Stuttgart. In den Jahren
von 1971 bis 1977 arbeitete er am Schauspielhaus Bochum als Chefdramaturg und zu-
gleich als Stellvertreter des Intendanten Peter Zadek. Danach ging er in die Freiberuflich-
keit, um als Dramaturg, Bearbeiter und Übersetzer wirken zu können. Seine Dramaturgien
in Zusammenarbeit mit u.a. folgenden Regisseuren beinhalten:
Peter Zadek („Ghetto“, „Baumeister Solness“)
Jürgen Bosse („Jeder stirbt für sich allein“, „Peer Gynt“, „Joel Brand“)
Niels-Peter Rudolph („Der Kirschgarten“, „Don Carlos“)
Dieter Giesing („Geheime Verzückung“, „Held des Tages“)
David Mouchtar-Samorai („Hochzeit“, „Heute wird improvisiert“)
Anselm Weber („Don Juan und Faust“, „Wallenstein“)
Daniel Karasek („Glücklich ist, wer vergisst“, „Ein idealer Gatte“)
Gottfried Greiffenhagen fertigte zudem Dramatisierungen für die Bühne an wie u.a. Hans
Falladas „Jeder stirbt für sich allein“ und Heinrich Manns „Professor Unrat“ (in Zusammen-
arbeit mit Peter Zadek), Raymond Chandlers „Der lange Abschied“, James Baldwins
„Giovannis Zimmer“, Erich Kästners „Fabian“ und Irmgard Keuns „Das kunstseidene Mäd-
chen“. Außerdem schrieb er die Bühnenfassung zu „Die Comedian Harmonists“. Daneben
übersetze er auch zahlreiche Theaterstücke ins Deutsche. Darunter befinden sich Stücke
von Sophokles und Ibsen bis Arthur Miller und Alan Ayckbourn. Seine Übersetzungen er-
folgten meistens in Zusammenarbeit mit seiner Frau Inge.
Die „Comedian Harmonists“ spielten eine besondere Rolle im Leben von Greiffenhagen.
Deswegen verfasste er nach dem Riesenerfolg von „Die Comedian Harmonists“ noch ei-
nen zweiten Teil über dieses einzigartige Vokalensemble, um in jener Fortsetzung zu er-
zählen, wie es nach der Trennung 1935 mit den einzelnen Mitgliedern weiterging.
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Gottfried Greiffenhagen dazu: „Noch mehr als im 1. Teil gilt mein Dank Peter Czada und
vor allem Eberhard Fechner, die in ihren Büchern – und Fechner in seinem wunderbaren
zweiteiligen Fernsehfilm – die Geschichte der Comedian Harmonists wieder in das Be-
wusstsein einer größeren Öffentlichkeit gebracht haben. Und noch mehr als im 1. Teil geht
es auch in diesem Stück nicht um die historisch genaue Wiedergabe von Biografien, son-
dern um das Finden und Erfinden von Bildern und Situationen, die für die Bühne die Tren-
nung und das Weiterwirken dieser einmaligen Gruppe in einer für Deutschland so ent-
scheidenden Zeit lebendig werden lassen. Dabei verstehe ich unter ›Gruppe‹ nur die
sechs Mitglieder der alten ›Comedian Harmonists‹ und nicht die mehr als zwei Dutzend
neuen Sänger im ›Meistersextett‹, bei den ›Comedy Harmonists‹, der ›amerikanischen‹
oder der ›römischen‹ Gruppe.“
(vgl. Kulturserver 2017)
Die erste Boygroup der Welt – Vor 85 Jahren gründeten
sich die Comedian Harmonists
von Peter Kaiser
„Manche Unterhaltungslieder schaffen es in den musikalischen Panthenon. "Veronika, der
Lenz ist da" und "Mein kleiner grüner Kaktus" gehören dazu. Noch heute sind ihre Sänger,
die "Comedian Harmonists", für Ensembles mit A-Capella-Gesang ein großes Vorbild. Das
2010 gegründete A-Capella-Ensemble "Vocal Recall" feiert derzeit in Deutschland große
Erfolge auf den Kleinkunstbühnen. "Ich habe auf eine Zeitungsannonce geantwortet, da
stand drin: "Suchen Sänger mit Notenkenntnissen. Und da habe ich mich dann beworben."
Ab und an beweist die Geschichte, dass sie sich wiederholt. Denn so wie Mathis Hage-
dorn zu "Vocal Recall" per Inserat stieß, so fanden sich auch vor 85 Jahren, im Dezember
1927, in Berlin fünf Sänger und ein Pianist. Harry Frommermann war einer von ihnen:
"Ich gab eine Annonce im "Berliner Lokalanzeiger" auf: "Achtung. Selten schöne Stimmen
gesucht. Tenöre und Bässe für neuartiges Gesangsensemble." Es kamen und sangen
ungefähr siebzig Menschen, die eine Schlange von der 5. Etage bis auf die Straße bilde-
ten."
Die "Comedian Harmonists", die sich durch diese Annonce fanden, waren zu sechst: Harry
Frommermann, Robert Biberti, Erich Collin, Roman Cycowski, Ari Leschnikoff und der Pi-
anist Erwin Bootz. Robert Biberti erinnert sich an die folgenden Übungssessions in der
Wohnung von Asta Nielsen, der Stummfilm-Diva:
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"Um zwölf Uhr nachts trafen wir uns in dieser Wohnung, wir sechs Mann, man denke um
zwölf Uhr nachts. Und probten bis zwei, drei Uhr früh. Und Asta Nielsen wachte ein paar
Zimmer weiter, bei halb geöffneter Tür, und hörte uns zu."
Im September 1928 war es soweit. Vom ersten Arrangement im Berliner Admiralspalast an
begeisterte die "erste Boygroup der Welt" das Publikum weltweit. Dass drei der sechs Mit-
glieder jüdischen Glaubens waren, störte da noch keinen. Vielmehr halfen Lieder wie " Ein
Freund, ein guter Freund", "Liebling, mein Herz läßt dich grüßen", "Wochenend und Son-
nenschein" und andere vielen über die Zeit der Weltwirtschaftskrise und der Not hinweg.
"Das ist das Direktorenzimmer. Und das ist der spannende Tresor."
Der Tresor in der Berliner Staatsbibliothek "Unter den Linden" ist groß und alt. Die wissen-
schaftliche Mitarbeiterin Marina Gordienko muss Kraft aufwenden, um ihn zu öffnen. Frü-
her, sagt sie, lag hier auch der Nachlass vom Comedian Harmonist-Bass Robert Biberti:
"Über 90 Aktenordner, sehr eng gefüllt mit Materialien, also Briefe, Dokumente, Verträge,
Programmhefte: Schachtel-, Kartonweise. Und so kann man sagen, dass die gesamte Ge-
schichte der Comedian Hamonists dokumentiert ist in diesem sehr umfangreichen Nach-
lass, der von Robert Biberti zu uns kam."
Weil der kometenhafte Aufstieg der "Comedian Harmonists" - wie der Musikwissenschaft-
ler Jean Christoph Gero von der Berliner Staatsbibliothek sagt - zum Anfang der 1930er
Jahre nicht nur eine Geschichte von sechs erfolgreichen gutaussehenden jungen Männern
ist,
"... die da singen, und Friede, Freude, Eierkuchen sozusagen"," [sic!]
sondern auch eine Geschichten der Sorte ist, dass
"" [sic!] der Nationalsozialismus auch sowas zerstört hat."
sind die Nachlässe der Gründer Harry Frommermann und Robert Biberti von großem Inte-
resse für Historiker. Denn war bis zur Machtübernahme des Hitler-Regimes das Leben der
gefeierten "Comedian Harmonists" sorglos und amüsant gewesen, machten die Nazis
damit schnell Schluss. Gero:
"Das war vor allem eine Art entartete Musik, wie die das nannten. Sie haben ja auch die
schwarze "Negromusik" - Jazz - gesungen, und das entsprach nicht dem angeblichen Ide-
al des deutschen Volkes."
Den Juden Harry Frommermann, Erich Collin und Roman Cycowski wurde 1935 Berufs-
verbot erteilt. Alle drei Musiker emigrierten und überlebten wie die "arischen" Mitglieder die
NS-Zeit. Doch die gewaltsam getrennten Hälften fanden nie wieder zusammen. Nur ihre
Musik blieb, und mehr noch:
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Gordienko: ""Es ist klar, dass die Musik der "Comedian Harmonists" lebendiger ist denn je.
Es gibt immer interessanterweise wieder überall neue Boygroups, immer wieder neue En-
semble.""
... wie eben "Vocal Recall". (Kaiser 2012)
Die Comedian Harmonists – Die erste
gecastete „Boygroup“ Deutschlands
von Indra Schiller
Wir kennen sie seit Jahren: Castingshows! Je nach Showformat werden Einzelkünstler
oder eben auch Gruppen/Bands gesucht. Manche Bewerber versuchen ihr Glück sogar
bei mehreren Castingfomaten, schließlich ist es von vielen Menschen der größte Traum,
einmal ein Star zu werden und von zahlreichen Fans angehimmelt zu werden. Doch ge-
castete Bands oder Künstler gibt es nicht erst seit „American Idol“, „Britain got Talents“,
„DSDS“, „Popstars“ oder „The Voice“. Und auch das berühmte „Casting- Jahrzehnt“, näm-
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lich die 1990er Jahre, in denen zahlreichen Castingbands wie z.B. „Take That“,
„Backstreet Boys“ und auch die weibliche Variante wie die „Space Girls“ oder die „No
Angles“ berühmt geworden sind, markiert nicht den eigentlichen Beginn der Casting-Ära
und dem Gedanken, sich bewusst eine Gruppe/Band mit speziellen Mitgliedern zusammen
zu stellen.
Denn ein gewisser Harry Frommermann veranstaltete bereits 1927 in Berlin ein Casting,
um damit ein bis dato einzigartiges Gesangensemble aufzubauen. So suchte er zu diesem
Anlass mittels einer Kleinanzeige in dem damals größten Annoncenblatt Berlins, dem „Lo-
kalanzeiger“, am 18. Dezember 1927 fünf weitere Mitsänger:
„ACHTUNG. Selten. Tenor, Bass (Berufsanfänger, nicht über 25), sehr musikalisch,
schonklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglichen
verfügbaren Zeit gesucht.“
Dieses besondere Vorsingen bzw. Casting für das „einzig dastehende Ensemble“ fand
allerdings nicht, wie anzunehmen, auf einer Bühne eines Theaters statt, sondern tatsäch-
lich in der kleinen und zudem ungeheizten Dachwohnung von Harry Frommermann. Die-
ser erfüllt sich mit dem Vorsingen und dem Vorhaben ein Gesangensemble ins Leben zu
rufen, einen lang gehegten Traum, der mit den zahlreichen Bewerbern langsam ein Ge-
sicht bekam. Denn dem Zeitungsaufruf folgten tatsächlich ca. 70 „Band-Anwärter“ auf eine
der fünf gesuchten Positionen. So wurde dann am 29. Dezember 1927, dem späteren
Gründungstag der „Comedian Harmonists“, durch Harry Frommermann und seinen guten
Freund Theodor Steiner im fünften Stock des Hauses Stubenrauchstraße 47 in Berlin-
Steglitz wahrscheinlich Deutschlands erstes „Band-Casting“ veranstaltet. Doch viele der
Bewerber haben es nicht, wie man heute sagen würde, in den „Recall" geschafft, da viele
dem Aufruf anscheinend nur deswegen folgten, in der irrigen Annahme, möglicher schnel-
ler Erfolg bringe auch schnelles Geld. So waren angeblich die meisten Bewerber auf der
generellen Suche nach Arbeit und brachten für das Vorhaben Frommermanns weder das
nötige Talent, noch die dazu bedingte Musikalität mit. In vielen Fällen hätte laut Frommer-
mann sogar beides gänzlich gefehlt. Allerdings gab es unter den Bewerbern auch einen,
der später dann bis zu seinem Tod im Jahr 2011 auf eine große Schauspiel- Gesangskar-
riere zurückblicken konnte: Es handelte sich um keinen geringeren als Johannes „Jopi(e)“
Hessters. Doch auch dieser genügte offensichtlich den hohen Ansprüchen Harry From-
mermanns beim Casting nicht.
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Nur einer stach aus der Masse der Vorsingenden heraus und dieser war Robert Biberti,
der spätere Basssänger der „Comedian Harmonists“. Biberti war es auch, der weitere
Sänger wie Ari Leschnikoff zu den „Comedian Harmonists“ dazu holte. Doch zunächst
ging es mit der neu gegründeten Gesangsgruppe nicht wirklich voran und erst mit dem
Engagement des Pianisten Erwin Bootz änderte sich die Situation für die jungen Sänger.
Denn dieser verfeinerte vor allem auch die musikalischen Arrangements und steigerte so-
mit auch die Qualität. Daneben vollzogen sich zudem noch einige personelle Umstrukturie-
rungen, indem Walter Nussbaum durch Erich Collin (Position des 2. Tenors) ersetzt wur-
de. Doch letztlich formierte sich dann jenes feststehendes Gesangensemble, das auch
heute noch als DIE „Comedian Harmonists“ bekannt ist. Zu dieser Gruppe gehörten:
Ary Leschnikoff: 1. Tenor Harry Frommermann: Tenor Buffo
Erich Collin: 2. Tenor Robert Biberti: Bass
Roman Cycowski: Bariton Erwin Bootz: Klavier
Sie brachten zahlreiche Hits, Ohrwürmer und Bestseller-Platten hervor, die auch heutzu-
tage, fast 90 Jahre nach der Gründung der „Comedian Harmonists“, Alt und auch Jung
noch bekannt sind und vor allem begeistern. Wer kennt sie nicht, die eingängigen Melo-
dien von z.B. „Mein kleiner grüner Kaktus“, „Ein Freund, ein guter Freund“, „Veronika, der
Lenz ist da“ oder auch „Wochenend und Sonnenschein“ und „Ich wollt`ich wär ein Huhn“?
Hat man diese Lieder einmal gehört, gehen sie einem kaum mehr wieder aus dem Kopf.
Das musikalische Theaterstück „Die Comedian Harmonists“ ließ den Zuschauer an dieser
spannenden Bandgeschichte teilhaben, indem nicht nur die Gründung dieser einzigarti-
gen, ersten gecasteten Boygroup Deutschlands erzählt wurde, sondern natürlich auch de-
ren Erfolge und die tragische Trennung bzw. Auflösung der Gruppe im Jahr 1935 durch
die Nationalsozialisten. Ihre Lieder sind einfach unvergessen und lassen den Gesamter-
folg dieser einmaligen Sängergruppe auch weit nach dem Tod der einzelnen Mitglieder
hinaus wirken. Da die Bühnenfassung um die „Comedian Harmonists“ von Gottfried Greif-
fenhagen derart erfolgreich gewesen ist, war es naheliegend, einen zweiten Teil bzw.
Fortsetzung der Geschichte um dieses herausragende Sextett zu verfassen. Deshalb
schrieb Greiffenhagen auch die Fortsetzung „Comedian Harmonists Teil 2 - Jetzt oder
nie“. Dieses Theaterstück zeigt nun, wie es für die einstigen Comedians nach der Tren-
nung ihrer Gruppe weiterging. Drei einstige Mitglieder blieben in Deutschland und versuch-
ten an ihre Erfolge anzuknüpfen, die anderen Drei versuchten ihr Glück in Amerika. Doch
alle waren nie wieder so erfolgreich, wie sie es als die „Comedian Harmonists“ gewesen
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sind. Es ist schon fast eine prophetische Ironie, dass spätere gecastete Bands ein ähnli-
ches Schicksal nach Trennungen von einzelnen Mitgliedern oder einer Auflösung der
Band erlitten. Gecastete Gruppen aus z.B. 1990er Jahren wie eben „Take That“ oder die
„Backstreet Boys“ hätten sich vielleicht ein Beispiel an die Comedians nehmen sollen,
dann hätten sie vielleicht ahnen können, dass mit der Trennung auch der einstige Erfolg
verblasst.
80 Jahre: Comedian Harmonists werden von NS-
Regierung verboten
„Die Comedian Harmonists waren ein international bekanntes Berliner Vokalensemble,
das 1927 von Harry Frommermann gegründet wurde. Im September 1928 erfolgte der ers-
te Auftritt der aus sechs Mitgliedern bestehenden Formation. Jedoch waren die Anfänge
recht mühsam und verlangten allen Mitgliedern viel Idealismus und Zuversicht ab. Im Ja-
nuar 1930 präsentierten sie sich dann erstmals mit einem eigenen Konzertprogramm. Die
Premiere im Schauspielhaus Leipzig brachte den lang ersehnten Erfolg und den endgülti-
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gen Durchbruch. 1933, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, feierten die Co-
median Harmonists ihre größten Erfolge. Doch nach und nach wurden einzelne Konzerte
verboten, auch weil nur noch Mitgliedern der Reichsmusikkammer ein öffentlicher Auftritt
erlaubt war.
Die sechs jungen Männer lebten weiter in Berlin, gaben aber alle Konzerte im Ausland, oft
sogar nur noch in den Sprachen der Gastländer. Im Februar 1935 erging der Bescheid,
dass „Nichtarier“ nicht in die Reichsmusikkammer aufgenommen würden und damit ihr
Recht auf Berufsausübung verloren ginge. Eine Woche nach dem Verbot erfolgte die letz-
te Plattenaufnahme. Harry Frommermann, Roman Cycowski und Erich Abraham-Collin
emigrierten. Robert (Bob) Biberti, Asparuch (Ari) Leschnikoff und Erwin Bootz blieben in
Deutschland und wollten eine neue Formation aufbauen. Jedoch wurde ihnen untersagt,
den Namen des Ensembles weiter zu verwenden. Sie entschieden sich für den Namen
„Meistersextett“, was jedoch von den Nationalsozialisten als „anmaßend“ empfunden wur-
de. Letztendlich waren sie chancenlos gegenüber den nationalsozialistischen Repressio-
nen und lösten sich 1941 auf.“ (Bundesarchiv 2017)
„Aufforderung zu prüfen, ob noch "Nichtarier" in der Formation „Meistersextett“ mitwirken.
Fernschreiben vom 5. November 1935“ (Bundesarchiv 2017)
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Verschiedene Entwicklungen nach der
Trennung der Comedian Harmonists
In dem Stück „Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ wird erzählt, wie es mit
einstigen Mitgliedern der „Comedians“ nach deren Trennung bzw. Auflösung im Jahr 1935
anschließend weiter ging. Die als vermeintlich „arisch betrachteten Mitglieder“ Ari Leschni-
koff, Erwin Bootz und Robert Biberti durften in Deutschland bleiben und versuchten dort
an ihrem vorigen Erfolg anzuknüpfen. Die drei anderen Mitglieder mit jüdischer Abstam-
mung gingen ins Exil ins Ausland. Um der Stückhandlung von „Die Comedian Harmonists
Teil 2 – Jetzt oder nie!“ folgen zu können, werden im Folgenden die Entwicklungen und
geschichtlichen Ereignisse um die einstigen „Comedians-Mitglieder“ getrennt voneinander
betrachtet.
A: Geschichte des Meister-Sextetts in Deutschland
Am 3. März 1935 suchte Robert Biberti per Annonce im "Berliner Lokalanzeiger" erneut
nach drei neuen Mitsängern. Diese wurden mit Walter Blanke, Richard Sengeleitner und
Janos Kerekes auch gefunden. Letzterer wurde allerdings in der Position des Buffo bald
durch Fred Kassen ersetzt. Die drei neu gefundenen Sänger wurden nun vertraglich ge-
bundene Angestellte der drei "Firmeninhaber" Erwin Bootz, Ari Leschnikoff und Robert
Biberti. Da die erneute Verwendung des Namens „Comedian Harmonists“ verboten war,
wählte Biberti für das neue Gesangsextett – vermutlich in Anlehnung an das "Meistersän-
ger-Quartett" seines Vaters, die Benennung des Meister-Sextetts. Darauf folgte im August
1935 die Veröffentlichung einer ersten Schallplatte in Zusammenarbeit mit der Electrola
und im Oktober 1935 fand dann der erste öffentliche Auftritt des Meister-Sextetts statt.
Aufgrund der Tatsache, dass viele der früheren Lieder der „Comedians“ von jüdischen
Komponisten und Textern stammte (deswegen musste Harry Frommeren ja auch zusam-
men mit Erich Collin und Roman Cycowski emigrieren), konnte nur ein stark reduziertes
Repertoire präsentiert werden. Die Nationalsozialisten untersagten alle Lieder, die von
Juden verfasst worden waren. Im November 1935 machte die Reichskulturkammer zu-
mindest das Zugeständnis, dass auf Werbeplakaten der alte Name als Zusatzbezeichnung
genannt werden durfte. Davon machte das Meister-Sextett bis 1939 regelmäßig Ge-
brauch.
1936 erfolgten im Sommer erneute Personalwechsel, wodurch dann Herbert Imlau und
Alfred Grunert in die Gesangsgruppe integriert wurden. Zudem nahm das Sextett einen
Werbefilm auf ("Caspar Blume“). Ende des Jahres ging das Meister-Sextett auf Euro-
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patournee und trat 1937 in dem Spielfilm "Fremdenheim Filoda" auf. Ab Dezember 1937
dürfen die alten Schallplatten der "Comedian Harmonists" nicht mehr im Katalog der
Electrola aufgeführt werden.
Im Juni 1938 verlässt überraschend Erwin Bootz das Meister-Sextett. Damit verließ nicht
nur der Pianist, sondern vor allem auch der Arrangeur und musikalische Leiter die Gruppe.
Bootz versuchte nun an einer Solokarriere an Willi Schaeffers "Kabarett der Komiker" zu
arbeiten. Rudolf Zeller ersetzte Bootz als Pianisten und als Arrangeure wurden Siegfried
Muchow und Bruno Seidler-Winkler verpflichtet.
Nach einer Konzertreise in Italien im März 1939, nimmt das Meister-Sextett im Mai 1939
eine letzte Schallplatte auf, die allerdings nicht mehr veröffentlicht wurde. Denn bereits ab
April bis September 1939 kam es zum Zerwürfnis zwischen Fred Kassen & Ari Leschnikoff
einerseits und Robert Biberti andererseits. Dabei ging es um die Frage, inwiefern neu auf-
genommene Gruppenmitglieder auch als gleichberechtigte Gesellschafter fungieren kön-
nen bzw. sollten. Der Streit führte letztlich zu einer gegenseitige Anzeige bei der Reichs-
kulturkammer.
Daraufhin kehrt im September 1939 Ari Leschnikoff nach Bulgarien zurück, was eine Kün-
digung aller Angestellten nach sich zog. Im Dezember 1939 kam er jedoch nach Deutsch-
land zurück, um sich gerichtlich mit Robert Biberti auseinander zu setzen. Leschnikoff reist
anschließend im April 1940 endgültig nach Bulgarien zurück.
Robert Biberti versuchte im Juli 1940 als letzter Verbliebener der Originalgruppe noch
einmal ein neues Ensemble zusammen mit den beiden Holländern Willy Vosmendes und
Bernhard Taverne aufzubauen. Im Januar 1941 fanden die letzten Auftritte des Meister-
Sextetts statt. In der Folge setzten erneute Personalwechsel und die Einberufungen zur
Wehrmacht dem Meister-Sextett endgültig ein Ende. Die Reichskulturkammer erteilte im
November 1941 zudem dem Meister-Sextett ein endgültiges Auftrittsverbot, obwohl zu
jenem Zeitpunkt die Gruppe bereits nicht mehr existierte. Nach dem zweiten Weltkrieg
versuchte Robert Biberti vergeblich, schnell wieder ein „Comedian Harmonists“-Ensemble
aufzubauen. Er scheiterte jedoch und gab deshalb den Versuch endgültig auf.
(vgl. Userpage FU Berlin 2017)
B: Geschichte der Comedy Harmonists im Ausland – Die Emigrantengruppe
Im März 1935 veranlasst Erich Collin in Paris zusammen mit dem französischen Konzert-
agenten Wolf, dass für die drei Exilanten die Comedian Harmonists als GmbH eintragen
wird. Zusammen mit dem früheren Geschäftsführer Rudolph Fischer-Maretzki lassen sich
die drei mit ihren Frauen im deutschsprachigen Wien nieder und ergänzen im Mai 1935
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ihre Gruppe mit den beiden Berlinern Ernst Engel am Klavier und Tenor Hans Rexeis so-
wie dem Wiener Bass Rudolf Mayereder als neue Teilhaber.
Im Sommer 1935 wird ein neuer Schallplattenvertrag mit der britischen Electrola-
Muttergesellschaft Gramophon / His Master’s Voice abgeschlossen. Im Zuge dessen er-
folgt auch eine Namensumänderung ins englische Comedy Harmonists. An Silvester 1935
wurde in Luxemburg, nach kleineren Auftritten, das erste eigene Programm präsentiert. Im
Jahr 1936 veranstalteten die Comedy Harmonists Gastspiele in Paris, Konzertreisen durch
Skandinavien und Russland, Auftritte in London, Belgien, Dänemark, Holland und Paris.
Zudem nahmen sie in Kopenhagen und Paris weitere Schallplatten auf. Im April 1937 un-
ternahmen die Comedy Harmonists eine Tournee durch Italien. Nach der Rückkehr nach
Paris, wurden weitere Schallplatten aufgenommen. Außerdem wird der Pianist Ernst En-
gel, durch Fritz Kramer ersetzt.
Nach Auftritten und Aufnahmen in London unternehmen die Comedy Harmonists im
Sommer 1937 eine sechsmonatigen Tour durch Australien, die der Gruppe einen großen
Erfolg bescherte. Allerdings muss dann im Februar 1938 aufgrund der Einführung des
„Arier-Paragraphens“ eine Italien-Tournee vorzeitig abgebrochen werden. Die Comedy
Harmonists kehren deshalb nach Wien zurück und werden dort am 13. März 1938 von
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Hitlers Einmarsch in Österreich überrascht. Über Nacht sind sie gezwungen nach Zürich
fliehen müssen. Im folgenden Sommer unternimmt die Gruppe eine nur mäßig erfolgreiche
Welttournee nach Südafrika und Südamerika. Im Dezember 1938 lassen sich die Sänger
in London nieder. Die Gruppe wird darauf im Februar 1939 von der Agentur Hurok für eine
USA-Tournee engagiert, die eine positive Resonanz erzielt. Einen Monat später begeben
sich die Sänger direkt auf eine zweite Australien-Konzertreise mit enthusiastischem Publi-
kumserfolg. Am 13. Dezember 1939 geben sie in Brisbane ihr Abschiedskonzert.
Eine Rückkehr der Gruppe nach Europa war aufgrund des dort herrschenden Krieges
ausgeschlossen. Aufgrund dessen gingen die Comedy Harmonists im Januar 1940 nach
Hawaii. Von dort aus starteten sie im März eine zweite USA-Tournee. Jedoch nahm das
Publikum diesmal den deutschsprachlichen Gesang deutlich weniger positiv auf, als es
noch im Jahr zuvor der Fall gewesen war. Daraus resultierte, dass die Comedy Harmo-
nists immer schlechtere und kleinere Engagements erhielten und somit auch der Enthusi-
asmus in der Sängergruppe abnahm. Dieses führte dann Ende 1940 zu einer Auseinan-
dersetzung zwischen Collin und Mayreder, die mit der Kündigung für Mayreder im März
1941 einherging. Ebenfalls im März 1941 stieg zudem Roman Cycowski bei den Comedy
Harmonists aus, nachdem er vom gewaltsamen Tod seines Vaters in Polen gehört hatte.
In der Folge brach die gesamte Gruppe auseinander. Bis 1943 scheiterte Harry Fromm-
ermann daran, in New York ein neues Ensemble aufzubauen.
Ende 1947 versuchte Erich Collin zusammen mit dem Arrangeur und "Grüner Kaktus"-
Komponisten Bert Reisfeld ein neues Ensemble mit jungen Amerikanern aufzubauen. Er
nutze dazu tatsächlich den alten Gruppennamen und wechselte zudem vom 2. Tenor in
die Baritonstimme. Im Sommer 1948 beginnt jene Gruppe mit einer Europa-Tournee in
Schweden. Tragischer Weise stirbt während dieser Tournee im September 1948 der Buffo
des Ensembles an einem Magendurchbruch. Erich Collin kontaktiert und findet als Ersatz
niemand Geringeren als Harry Frommermann. Dieser war mittlerweile seit 1943 in die
USA eingebürgert. In diesem Zusammenhang ließ er übrigens seinen Namen in Harry M.
Frohman ändern. Inzwischen war er allerdings nach Zürich gezogen. Harry Frohman stößt
in Dänemark zu der Truppe dazu und am 6. Okt.1948 findet der erste gemeinsame Auftritt
statt. Die Tournee führt das Ensemble nach Brüssel, Paris, Den Haag und Rotterdam und
letztlich in die Schweiz. Im Februar 1949 nimmt diese spezielle Gruppenzusammenset-
zung seine einzige Schallplatte in Zürich auf. Schon im März 1949, nach Abschluss der
Tournee, zerbrach die Gruppe wieder. Erich Collin kehrte nach Amerika zurück und Harry
Frohman blieb in Italien.
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Im März 1950 gründete Harry Frohman im Auftrag des italienischen Rundfunks R.A.I. in
Rom ein neues Ensemble und nennt es "Harry Frohman and his Harmonists“. Damit geht
eine Formatänderung einher, denn es handelt sich um ein Septett, das zudem über zwei
Frauenstimmen verfügt. Es folgen über 60 erfolgreiche Rundfunkauftritte. Doch bereits im
Oktober 1950, endet der Vertrag mit dem italienischen Rundfunk, in dessen Folge sowohl
eine geplante Konzertreise platzt und die Gruppe sich schon wieder auflöste. Harry Froh-
man erkrankt schwer, aufgrund dessen er erst in die Schweiz zurückkehrt und 1952 sogar
nach New York wieder zurückgeht.
In der Zeit von August- September 1953 unternimmt Harry Frohman den letzten Versuch
seine Idee von der vokalen Instrumentalimitation umzusetzen. Er lässt dafür mittels des
Mehrspurverfahrens in einem New Yorker Tonstudio eine Aufnahme erstellen. Es handelt
sich um Rimsky-Korssakoffs „Hummelflug“ und wird als „Harry M. Frohman´- The Vocal
Orchestra“ benannt. Danach versuch noch einmal Erich Collin ca. 1955 zusammen mit
Harry Frommermann ein letztes Mal eine Ensemble-Neugründung zu erreichen – der Ver-
such scheitert.
(vgl. Userpage FU Berlin 2017)
40. Todestag Harry Frommermann
Gedenken an Comedian-Harmonists-Gründer
„Harry Frommermann, der Gründer des legendären Gesangsensembles "Comedian Har-
monists", hat seine letzten 13 Lebensjahre in Bremen verbracht. Hier ist er am 29. Oktober
1975 gestorben. Seine Grabstätte liegt auf dem Riensberger Friedhof.
Frommermann gründete die Gesangstruppe 1927 in Berlin. Per Annonce suchte der 21-
Jährige Berufssänger für ein besonderes Vokalensemble, das ab 1930 in ganz Europa für
Furore sorgte. Mit der Machtergreifung der Nazis wurde es für die Truppe schwieriger, da
drei ihrer Mitglieder Juden, bzw. "Nichtarier" waren. Das 1934 verhängte Auftrittsverbot,
dem 1935 ein Berufsverbot folgte, bewirkte letztlich die Auflösung der Comedian Harmo-
nists.
Der Gründer der "Comedian Harmonists" (Max) Harry Frommermann wird am 12. Oktober
1906 in Berlin als Sohn eines jüdischen Kantors geboren. Noch im Kindesalter wird er im
Klavierspiel und in Musiktheorie unterrichtet. Seine größte Leidenschaft aber gilt dem
Theater. Er besucht in den Jahren 1925/26 die Staatliche Schauspielschule in Berlin und
erhält 1926 den ersten Schauspieler-Vertrag an der Berliner Volksbühne unter Fritz Holl
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und Erwin Piscator. Mit zwanzig Jahren hört Frommermann zum ersten Mal Plattenauf-
nahmen der "Revellers", die ihn zur Gründung der "Comedian Harmonists" anregen. Seine
Arrangements prägen den einzigartigen Gesangsstil der Gruppe, die Anfang der dreißiger
Jahre in ganz Europa berühmt wird. Ähnliches gilt für die 1935 in Wien gegründeten "Co-
medy Harmonists", die unter der künstlerischen Leitung Frommermanns stehen. 1940 fin-
den ihre letzten Auftritte in den USA statt.
Harry Frommermann tritt 1943 in die US-Armee ein und wird 1944 amerikanischer Staats-
bürger. Seitdem nennt er sich Harry Frohman. 1945 kommt er nach Deutschland zurück,
nimmt als Dolmetscher an den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen teil und arbeitet
von 1946-1948 als amerikanischer Kontrolloffizier beim Berliner Sender Rias. Danach geht
er in die Schweiz und versucht sich erfolglos im Kaufmannsgewerbe. In den Jahren
1948/49 hat er ein kurzfristiges Comeback als Mitglied einer Gruppe, die der ehemalige
Comedian Harmonist Erich Collin ins Leben gerufen hat. 1950 tritt Frommermann in den
Dienst der italienischen RAI, für die er ein neues Ensemble unter dem Namen "Harry
Frohman and his Harmonists" gründet – ein Septett, an dem auch zwei Frauen beteiligt
sind. Auch diese Gruppe bleibt Episode und löst sich noch im Jahr 1950 auf.
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Resigniert kehrt Frommermann in die USA zurück. Die folgenden Jahre in New York wer-
den zum Tiefpunkt seines Lebens. Mühsam hält er sich mit den unterschiedlichsten Jobs
über Wasser, arbeitet u.a. als Fabrikarbeiter und Hilfsbuchhalter. 1952 wird er nach über
zwanzigjähriger Ehe von seiner ersten Frau Marion geschieden. Eine zweite Verbindung
mit der deutschstämmigen Paula Wolff geht 1960, nach nur vier Jahren, wieder in die Brü-
che. Die letzte Station in Harry Frommermanns Leben wird Bremen. Hier lebt Erika von
Späth, die er bereits 1948 kennen gelernt hat und mit der er brieflich in Kontakt geblieben
ist. Durch seine Korrespondenz-Partnerin ermuntert, siedelt er 1962 nach Bremen über.
Erfolgreich kann er Entschädigungsansprüche als Verfolgter des Nazigregimes geltend
machen und bezieht eine Rente, die ihm ein bescheidenes Auskommen sichert. Ein spä-
tes Glück findet er an der Seite von Erika von Späth, die zu seiner letzten Lebenspartnerin
wird. Überschattet wird diese Zeit von einer Kontroverse mit seinem ehemaligen Kollegen
Robert Biberti über die Gründungsgeschichte der "Comedian Harmonists" und die Tantie-
men aus den Neuauflagen der alten Schallplatten. Der Streit wird schließlich zu From-
mermanns Gunsten geschlichtet.
Aufmerksam registriert Frommermann das neu erwachte Interesse an den "Comedian
Harmonists". 1972 gibt er dem Radio-Bremen-Mitarbeiter Ingolf Wachler ein Interview –
das einzig bekannte große Rundfunk-Gespräch mit Frommermann. Zum wichtigsten
"Wiederentdecker" wird aber der Dokumentarfilmer Eberhard Fechner, der 1976 seinen
großartigen Film über die Lebensläufe der Gruppenmitglieder produziert. Für November
1975 hatte er mit Harry Frommermann einen Interviewtermin vereinbart, in dem der Grün-
der des legendären Ensembles seine Geschichte erzählen sollte. Dazu ist es nicht mehr
gekommen, denn am 29. Oktober 1975 stirbt Harry Frommermann, 69 Jahre alt, in Bre-
men.“(Radio Bremen 2015)
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Liedtexte: Damals und Heute –
Ein Vergleich zum Mitraten
1. „Guck' uns an, ein Häufchen Glück
Und alles spricht dagegen
Kilometerweit, kein Weg zurück
Von roten Ampeln umgeben
Alle Warnsirenen klingen wie Musik
Auf dieser kleinen Insel
Nur du und ich und tausend Neins
Die wieder langsam verschwinden“
2. „Kein Auto, keine Chaussee,
und niemand in unserer Näh`.
Tief im Wald nur ich und du,
der Herrgott drückt ein Auge zu,
denn er schenk uns ja zum Glücklichsein
Wochenend und Sonnenschein.“
3. „Vielleicht nen Fehler machen
Und dann darüber lachen
Und doch am Ende gewinnen
Dem Schicksal eins verpassen
Den alten Weg verlassen
Und ganz von vorne beginnen
Das Gefühl, dass du bei dir bist
Mit deiner Welt im reinen
Dass du dich selber wieder leuchten siehst
Gemacht um frei zu sein“
4. „Ach, bitte, lass mich dein Badewasser schlürfen,
einmal dich abfrottieren dürfen,
und deine Oberweite messen
und alle andern Frau`n vergessen, vergessen,
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lass mich dich einmal nur massieren
und deine Rippen dabei spüren
für einen Kuss auf deine
Sohlen möchte ich Pantoffel sein!“
5. „Ich hab` für dich `nen Blumentopp, `nen Blumentopp bestellt
Und hoff`, dass dir der Blumentopp, der Blumentopp jefällt.
Es ist der schönste Blumentopp, der schönste auf der Welt,
drum jieß` mir meinen Blumentopp, dasser sich lange hält.“
6. „Und ich wart` mal wieder auf den Frühling.
Man kann nicht nur traurige Lieder singen.
Doich bald werden sie wieder anders klingen,
wenn die ersten Sonnentage Wärme bringen!“
7. „Werd‘ dich für immer vermissen.
Ich werd‘ dich nie vergessen.
Jeden goldenen Tag,
werd‘ ich für immer vermissen.
Egal was wir getan haben,
was wir gesagt haben,
vergess ich nicht,
Ich vergess dich nicht.“
8. „Sonnige Welt, wonnige Welt! Hast uns für immer zusammengestellt. Liebe Vergeht,
Liebe verweht, Freundschaft alleine besteht.
Ja, man vergisst, wen man vergisst, weil doch die Treue
längst unmodern ist.
Ja, man verließ manche Madam –
wir aber halten zusamm`.“
Auflösung:
1. Marc Foster: „Schöner Scherbenhaufen“
2. Comedian Harmonists: „Wochenend und Sonnenschein“
3. Johannes Oerding: „Wenn du lebst“
4. Comedian Harmonists: „Lass mich dein Badewasser
schlürfen“ 5. Comedian Harmonists:
„Ich hab` für dich `nen Blumen-topp bestellt“
6. Sportfreunde Stiller: „Frühling“
7. Glasperlenspiel: „Nie vergessen“
8. Comedian Harmonists: „Ein Freund, ein guter Freund“
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PRAKTISCHE ANREGUNGEN
ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG
Theaterpraktischer Vorbereitungsworkshop (90 Min.)
für den Vorstellungsbesuch zu
„Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“
Aufwärmen: Stimme und Körper
ÜBUNG 1: „SUMM GALLI GALLI“ (Sprach- und körperliches Aufwärmspiel); ca. 5
MIN.
Bei den Comedian Harmonists geht es vorrangig um deren stimmliche Qualität. Gemein-
sam als Chor gut zu klingen, erfordert sehr viel Übung. Wie schwierig es schon sein kann,
gemeinsam ein kleines Chor-Aufwärmspiel als Gruppe durchzuführen, zeigt die folgende
Übung „Summ Galli Galli“. Hierzu gibt ein „Leader“ den Text und die Bewegungen vor. Im
Prinzip des „call and response“ wiederholt der Chor das Vorgegebene. “Summ Galli Galli“
erzeugt umgehend ein Gemeinschaftsgefühl. Zusätzlich dient er der Erwärmung von
Stimme und Körper und sollte in mehreren Varianten (verschiedene Lautstärken und/ oder
Emotionen) wiederholt werden.
Leader: Summ (rechts einmal Stampfen) galli galli galli - summ (links einmal Stamp-Text:
fen) galli ga
Chor: Summ (rechts einmal Stampfen) galli galli galli - summ (links einmal Stampf
en) galli ga
Leader: Uuh (arme nach oben strecken) - aah (Arme nach unten strecken) - brrr
(Lippen plus Kopf schütteln)
Chor: Uuh (arme nach oben strecken) - aah (Arme nach unten strecken) - brrr (Lip-
pen plus Kopf schütteln)
Leader: Lei lei lei lei lei (Arme nach RECHTS bewegen, dabei Hände auf und zu) -
lei lei lei lei lei (Arme nach LINKS bewegen, dabei Hände auf und zu)
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Chor: Lei lei lei lei lei (Arme nach RECHTS bewegen, dabei Hände auf und zu) - lei
lei lei lei lei (Arme nach LINKS bewegen, dabei Hände auf und zu)
ÜBUNG 2: „DIDDEL-LI-DI“ (Sprach-, Konzentrations- und Impulsspiel); ca. 5 MIN.
Mit einzelnen Silben des Wortes „Diddel-li-di“ werden einzelne Silben im Kreis entlang ge-
geben. Dabei muss ein vorgegebener Rhythmus eingehalten werden und die richtige Rei-
henfolge der Silben.
Erste Person: Diddel-li Text:
Nächste Person: Di
Nächste Person: Diddel-li
Nächste Person: Di
Nächste Person: Diddel-li
Nächste Person: Diddel-li
Nächste Person: Diddel-li
Nächste Person: Di
Gelingt es die Silben in der richtigen Reihenfolge und den Rhythmus entsprechend des
Beispiels durchzuführen, wird wieder von vorne begonnen. Gelingt es nicht, sagt der ge-
samte Chor das „Diddel-li-di“ einmal zusammen und stampft den Rhythmus mit dem Fuß
mit. Bei dieser Übung wird u.a. der Zungenmuskel gestärkt.
ÜBUNG 3: „GEMEINSAMER SUMMTON“ (Sprach- und Konzentrationsspiel); ca. 10
MIN.
Die Gruppe steht im Kreis mit dem Rücken zur Kreismitte. Die Augen sind geschlossen.
Dann soll die Gruppe einen gemeinsamen Ton finden, der in einer angenehmen Höhe ist,
so dass alle den gleichen Ton summen können. Der Ton soll gehalten werden. Atempau-
sen dürfen gemacht werden, allerdings sollte der Ton niemals abreißen. So sollte man Luft
holen, wenn man sich sicher ist, dass die MitspielerInnen rechts und links genug Luft ha-
ben und nicht gleichzeitig Luft holen werden. Dann soll der Ton in Lautstärke und Intensi-
tät gesteigert werden. Ist der lauteste Punkt erreicht, darf er wieder leiser werden.
Summton auf „Mmm“ Tonvarianten:
Ton „Ooo“, „Aaa“ oder „Uuu“
Zischlaut auf „Zss“ oder „Sch“
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ÜBUNG 4: „ASSOZIATIONSKETTE ZU DEN COMEDIAN HARMONISTS“ (Sprach- und
impulsspiel); ca. 10 MIN.
Im Kreis werden sich nun Begriffe mit einem Ball „zugeworfen“. Jede Weitergabe des Balls
soll mit der ersten Assoziation, die man aus dem vorangegangenen (zugeworfenen) Be-
griff ableitet, verknüpft sein. Dabei geht es immer um die erste Assoziation des aktuellen
Fängers. Die Gruppe stellt diese Assoziation nicht in Frage und es geht immer weiter in
der Assoziationskette. Wichtig ist dabei, dass die Begriffe vom „Werfer“ klar an den „Fän-
ger“ gesendet werden, indem der jeweilige Begriff laut und deutlich ausgesprochen wird.
Kaktus ► Balkon ► Runterfallen ► Pieken ► „Hollari“ ► Komisch usw. Beispiel:
Nicht jeder wird „Kaktus“ mit „Balkon“ assoziieren, weil vielleicht nicht jedem Spieler der
Songtext des berühmten Liedes der Comedian Harmonists von „Mein kleiner grüner Kak-
tus“ bekannt ist. Möglich wäre beispielsweise auch „Kaktus“ mit „Grün“ oder „Stachelig“ in
Verbindung zu bringen, denn es geht um Assoziation des Einzelnen, nicht um Logik der
gesamten Assoziationskette.
ÜBUNG 5: „COMEDIAN HARMONIST-GERÄUSCHEMASCHINE“ (Sprach- und Bewe-
gungsspiel); ca. 10 MIN.
Die Gruppe steht in einer oder zwei Reihen hintereinander. Es wird ein Thema (z.B. Boyg-
roup, Nationalsozialismus oder Erfolg) oder Lied der Comedian Harmonists vorgegeben,
zu dem die „Geräuschemaschine“ entstehen soll. Nacheinander gibt jedes Chormitglied
ein Geräusch oder Satz plus einer entsprechenden Bewegung dazu an. Es muss wieder-
holbar sein und entsprechend einer Maschine in einer „Endlosschleife laufen können“! Hat
jedes Chormitglied einmal gezeigt welches Geräusch/Satz/Bewegung es zu der „Ge-
räuschemaschine“ beisteuert, wird die „Maschine“ von einem außen stehenden „Dirigen-
ten“/Leiter gestartet. Dieser hat zudem Einfluss auf die Lautstärke der „Geräuschemaschi-
ne“. Dazu ist es wichtig, dass die Spielenden auf folgende Handbewegungen des Leiters
achten:
- mit der Hand nach oben zeigen die Maschine ist laut
- mit der Hand nach unten zeigen die Maschine ist leise
- die Hand wird von unten nach oben gezogen die Maschine wird immer lauter; genauso
geht es auch umgekehrt: Hand von oben nach unten Maschine wird leiser
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- die Hand schnell kreisen lassen die Maschine wird schneller, entsprechend des Tempos
der Handkreise; genauso geht es auch umgekehrt: Hand langsam kreisen lassen Maschi-
ne wird langsamer, entsprechend des Tempos der Handkreise
Beim Verändern der „Geräuschemaschine“ muss der Leiter die Handzeichen sehr genau
geben, damit die Spieler auch die Chance haben, die Veränderungen der Maschine um-
setzen zu können. Zudem darf der Leiter die Wechsel nicht zu schnell angeben, da es
sonst nicht möglich ist, die Geräusche entsprechend zu modifizieren.
„Ich-wollt`-ich wär`-ein-Huhn-Maschine“ Geräuschevarianten:
„Veronika-der-Lenz-ist-da-Maschine“
„Jetz-oder-nie-Maschine“
„Auf-Wiedersehen-Maschine“; usw.
ÜBUNG 6: „COMEDIAN HARMONISTS-CHOR“ (eigentlich „Boah Ey“; Sprach- und
Rhythmusspiel); ca. 10 MIN.
Die Gruppe wird in vier gleich große Chor-Gruppen auf die vier Ecken des Raumes ver-
teilt. Eine Person stellt sich in die Mitte des Raumes und ist der „Dirigent“. Jede der vier
Gruppen bekommt nun einen Ausdruck zugeteilt:
Beispiel:
Gruppe 1: „Veronika“
Gruppe 2 „der Lenz“
Gruppe 3: „ist“
Gruppe 4: „da“
Nun ist es Aufgabe des Dirigenten den „Comedian Harmonists-Chor“ entstehen zu lassen,
indem er deutlich auf die Gruppen zeigt und IMPULSE gibt (wie ein Dirigent), die dann in
dem Moment ihren Satzteil gemeinsam chorisch sagen bzw. rufen soll. Dabei sind der
Kreativität des/ der DirigentIn keine Grenzen gesetzt.
Der Dirigent schafft zunächst einen „Beat“, indem er die Gruppe 1 („Veronika“) ihr Wort
immer wieder sagen lässt. Im Viervierteltakt geht es sehr gut. Dann kommt auf jede Viertel
das „Veronika“, dirigiert mit der rechten Hand. Mit der linken Hand könnte der Dirigent im-
mer anzeigen, dass die Gruppe 2 („der Lenz“) immer auf dem vierten Schlag „der Lenz“
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ruft. Ist der Dirigent sportlich, kann er auch noch ein Bein zum Dirigieren einsetzen und
dadurch eine dritte Gruppe noch mit einbeziehen.
Funktioniert der „Chor“ kann auch mit der Lautstärke des „Chores“ gespielt werden. Zeigt
der Dirigent mit seinem Impuls nach oben, müssen sie ihr Wort LAUT rufen. Zeigt der Im-
puls nach unten, muss der „Chor“ sein Wort leise sagen, fast flüstern. Zieht der Dirigent
seinen Impuls von unten nach oben wird es immer lauter.
Genauso kann er auch von rechts nach links zeigen, dann werden die Wörter wie Kau-
gummi lang gedehnt. Der Fantasie sind bei diesem Spiel fast keine Grenzen gesetzt.
Es macht nur Spaß, wenn die einzelnen Gruppen auch wirklich gemeinsam Wichtig ist:
als Chorgruppe funktionieren und agieren und auf den Dirigenten genau achten.
Weitere Beispiele für mögliche Chorsätze:
Gruppe 1: „Ei oder Pok Pok“ Gruppe 1: „Auf Wiedersehn“ Gruppe 1: „Piek, Piek“ Gruppe 1: „Chat-“
Gruppe 2 „Ich wär“ Gruppe 2 „Lebwohl“ Gruppe 2 „mein kleiner“ Gruppe 2: „-tanooga“
Gruppe 3: „ein“ Gruppe 3: „Abschiedskuss“ Gruppe 3: „grüner“ Gruppe 3: „Choo“
Gruppe 4: „Huhn“ Gruppe 4: „den letzten“ Gruppe 4: „Kaktus“ Gruppe 4: „Choo“
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Szenische Übungen
ÜBUNG 7: „PARANOIA UND VORURTEILE“ (Gruppen-, Bewegungs- und Wahrneh-
mungsübung) und szenische Übung); ca. 10 MIN.
Bedingt durch die Zeit, in der „Die Comedian Harmonists Teil 2 – jetzt oder nie!“ spielt,
nämlich vorrangig die NS-Zeit, wird der Zuschauer Zeuge, wie die Menschen sich in „Ari-
ern“ und „Juden“ gruppiert, begegnen. Diese Begegnungen waren nicht nur durch Vorur-
teile geprägt, sondern vor allem durch Verurteilung, Ausstoßung und auch Angst. Das fol-
gende Spiel soll dies verdeutlichen. Zunächst nur über Körpersprache, danach auch über
Sprache.
Spielverlauf:
Jeder Spieler sucht sich eine Person aus, die er besonders mag (gleiche Gruppenzugehö-
rigkeit) und der so nah wie möglich sein möchte und zwei Personen, denen er so fern wie
möglich sein möchte bzw. bei der sogar gespielt werden soll, dass man Angst vor diesen
Personen hat. Die Entscheidungen, wem man so nah bzw. so fern wie möglich sein möch-
te, behält jeder für sich. So weiß man auch nicht von den anderen Mitspielern, ob man
evtl. von jemanden gemocht wird oder jemand vor einer Person Angst hat bzw. jemandem
so fern wie möglich sein möchte. Dann wird diejenige Person verfolgt, die man mag bzw.
Abstand zu den Personen gehalten, vor denen man sich fürchtet bzw. die man ablehnt.
Nach der Halbzeit werden nach der Ansage des Spielleiters die Rollen vertauscht; indem
nun jeder Spieler vor der Person Angst hat, die man eben noch am meisten mochte und
der man am nächsten sein wollte und umgekehrt eine der Personen, die man zuvor ab-
lehnte nun nah sein will.
Nun soll nicht nur mittels der Körpersprache gezeigt werden, wie sich die ver-Variante:
schiedenen Gruppierungen gegenüber verhalten und wahrnehmen, sondern auch mittels
der Sprache. Dazu wird die gesamte Gruppe nun in zwei Einzelgruppen aufgeteilt. Zur
besseren Unterscheidung könnten die Gruppe markiert werden (z.B. unterschiedliche farb-
liche Bänder). Dann sollen die zwei Gruppen erneut durch den Raum gehen, jede Person
bewegt sich dabei aber dennoch für sich. Begegnen sich Mitglieder der gleichen Gruppie-
rung, soll sich höflich oder fröhlich begrüßt werden, wodurch deren Gleichgesinnung ver-
deutlich werden soll. Begegnet man allerdings einer Person mit einer anderen Gruppie-
rung, soll man sich ebenfalls begrüßen, aber in Sprache und Körperhaltung soll deutlich
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gemacht werden, dass man dieser Peron vielleicht nicht positiv gegenüber eingestellt ist,
vielleicht zeigt man sogar Angst.
Gespräch über die Übung:
Diese Übung geht bewusst darauf ein, dass die Gruppe verunsichert wird und jeder Ein-
zelne sich bewusst mit der Thematik auseinander setzen muss, wo Zu- und wo Abneigung
vorhanden ist. Gleichzeitig spürt man natürlich auch, von wem man evtl. gemieden oder
verfolgt wird. Was macht dieser Zustand mit der Gesamtgruppe? Wie fühlt es sich an, je-
manden meiden zu müssen oder von jemandem gemieden zu werden? Wie ist es jeman-
den begrüßen zu müssen, dem man im Spiel gegenüber nicht positiv eingestellt ist. Es
sollte eine Diskussion darüber entstehen, wie diese Übung übergeordnet betrachtet wer-
den sollte und was sie mit „Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ zu tun hat.
ÜBUNG 8: „RAUMLAUF MIT BEGRIFFEN“ (szenische Übung); ca. 10-15 MIN.
Für diese Übung machen alle Spielenden einen „Raumlauf“, indem sie in einem möglichst
neutralen Gang durch den Raum gehen. Wichtig dabei ist, dass der Raum bei der Durch-
führung von den Spielern gleichmäßig ausgefüllt wird und sich jeder auf sich selbst kon-
zentriert. Zudem darf beim Gehen nicht miteinander gesprochen werden.
Dann wird von außen als Impuls in die Hände geklatscht, sofort müssen alle Spieler ste-
hen bleiben und dann wird zudem vom Spielleiter ein Begriff genannt, der in unmittelbaren
Zusammenhang mit „Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ steht. Die
Spielenden sollen dann umgehend das erste spielen bzw. improvisieren, was ihnen zu
dem genannten Begriff einfällt. Hierbei darf auch miteinander gespielt werden. Daruaf
klatscht der Spielleiter erneut in die Hände und sofort wird wieder auf den „Raumlauf“ mit
dem neutralen Gang gewechselt. Dieses Spielprinzip wird dann mit weiteren thematischen
Begriffen zu „Die Comedian Harmonists Teil 2- Jetzt oder nie!“ fortgeführt.
mögliche Begriffe:
Gesangsensemble, Schallplatte, Verbot, Nationalsozialismus, Erinnerung, Boyband, Er-
folg, Tonbandgerät, Bassstimme, Ausgrenzung, Angst, Verleumdung, Enttäuschung, Exil,
Abschied, Konzert, Reise, Hierarchie, usw.
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Gespräch über die Begriffe und das Gespielte:
Im Anschluss an diese Übung sollte mit den Beteiligten sowohl über die Begriffe an sich,
als auch das Gespielte gesprochen werden. Außerdem sollte in geklärt werden, in wel-
chem Zusammenhang diese Begriffe eigentlich mit „Die Comedian Harmonists Teil 2 –
Jetzt oder nie!“ stehen. Insofern kann man dann über die einzelnen Figuren als auch den
Stückinhalt sprechen.
ÜBUNG 9: „ALS CHOR GEMEINSAM EINEN COMEDIAN-TEXT LERNEN“ (sprachli-
che und szenische Übung); ca. 15 MIN.
Die Gruppe steht im Kreis. Reihum werden nun Textabschnitte verteilt, so dass einzelne
Personen jeweils einen Teilsatz des Gesamttextes erhalten. Gemeinsam soll nun die ge-
samte Gruppe den Text lernen. Dieses erfolgt, indem jeder Satz mit einer entsprechenden
Bewegung/ Geste verknüpft wird. Ähnlich des „Ich packe meinen Koffer“-Prinzips werden
dann die Sätze plus Bewegung/ Geste immer gemeinsam chorisch wiederholt, sobald ein
Satz daran gehängt wird. So entsteht automatisch eine Text-Bewegungs-Choreografie.
Am Ende trägt die gesamte Gruppe den gelernten Text plus die dazu entstandene Chore-
ografie vor.
„Auf Wiedersehn, my dear“ Textbeispiel 1:
1. Gib mir den letzten Abschiedskuss,
2. weil ich dich heut` verlassen muss,
3. und sage mir: Auf Wiedersehn,
4. auf Wiedersehn, leb wohl!
5. Wir haben uns so heiß geliebt,
6. und unser Glück war nie ge-
trübt,
7. drum sag ich dir: Auf Wieder-
sehn,
8. auf Wiedersehn, leb wohl!
9. Ob du mir treu sein wirst,
10. sollst du mir nicht sagen.
11. Wenn man sich wirklich liebt,
12. stellt man nicht solche dumme Fragen.
ODER
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„Wochenend und Sonnenschein“Textbeispiel 2 :
1. Wochenend und Sonnenschein,
2. brauchst du mehr, um glücklich zu sein.
3. Und dann mit dir im Wald allein,
4. weiter brauch` ich nichts zum Glücklichsein,
5. Wochenend und Sonnenschein.
6. Tief im Wald, nur ich und du,
7. der Herrgott drückt ein Auge zu,
8. denn er schenkt uns ja zum Glücklichsein,
9. Wochenend und Sonnenschein.
10. Über uns die Lerche zieht,
11. sie singt für uns ein fröhlich Lied,
12. alle Vöglein stimmen fröhlich ein,
13. Wochenend und Sonnenschein.
ÜBUNG 10: „FIGURENKONSTELLATIONEN VERBESSERN UND VERSCHLECH-
TERN“ (SZENISCHE ÜBUNG); ca. 10-15 MIN.
Grundsituation:
In ganz schnellen Standbildern sollen die Spielenden verdeutlichen, wie die Figuren aus
„Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ zueinander stehen bzw. wie ihr Ver-
hältnis zueinander ist. Dabei soll dieses mit einer einzigen Pose sofort klar werden.
Konstellationen:
- Comedian Harmonists
- Meistersextett
- Comedy Harmonists
- Meistersextett und Comedy Harmonists
- Comedian Harmonists plus „Alter Harry“
- „Alter Harry“ und „Junger Harry“
- Harry und Robert
- „Juden“ und „Nationalsozialisten“ usw.
Nach jedem Standbild soll die restliche Gruppe gefragt werden, ob sie mit Wichtig ist:
dem Dargestellten einverstanden sind. Wenn nicht, dann können sie „Regisseur spielen“,
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indem Einzelne das Standbild verändern und die Spieler „verformen“, so dass sich das
dargestellte Standbild deutlich verändert. Hierbei sind der Phantasie keine Grenzen ge-
setzt. Das Bild kann positiv, aber auch negativ verändert werden.
ÜBUNG 11: „SZENISCHE ERARBEITUNG MIT STÜCK-SÄTZEN“ (SZENISCHE
ÜBUNG); ca. 15 MIN.
Grundsituation:
Die gesamte Gruppe wird in vier Einzelgruppen aufgeteilt, so dass jene Gruppen aus 5-7
Spielern bestehen. Jede Einzelgruppe erhält die Aufgabe sich aus den nachfolgenden
Sätzen aus dem Stück „Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ 5-7 Sätze aus-
zusuchen und diese dann eigenständig in eine logische Spielreihenfolge zu bringen. Da-
rauf folgend sollten diese Sätze den Stückfiguren zugeordnet werden. Dann soll jede Ein-
zelgruppe für sich eine eigene, neue Szene entwickeln, die maximal 3 Minuten andauert.
In diese Szene sollten zudem die folgenden drei Aspekte eingebaut werden:
1. ein standbild/Freeze
2. eine Figur soll einaml eine szenenUNtypische Bewegung machen, wie z.B:
„Seilspringen“ (ohne Seil)
3. einmal chorisch sprechen
Mögliche Sätze:
1. Das Ende der Comedian Harmonists.
2. Wenn ich Nazi wäre, hätte ich dann eine jüdische Frau?
3. Vielleicht liegt es am Geld. Vielleicht gibt es dann keine Freundschaft mehr.
4. Wir waren Freunde und bleiben Freunde.
5. Aber eins habt ihr geschafft, die Gruppe zu spalten.
6. Die Nazis haben aus mir einen Juden gemacht.
7. Wir können froh sein, wenn wir überhaupt heil in Wien ankommen.
8. Et jibt sonne und es jibt solche; denn jibt`s noch andre, und et sind die schlimmsten!
9. Das war der Anfang vom Ende der Comedian Harmonists.
10. Du wechselst das Glück, wenn du wechselst den Ort.
11. Keine jüdischen Sänger, keine jüdischen Texter, keine jüdischen Komponisten, kei-
ne jüdischen Verlage.
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Nachbereitung
ÜBUNG 1: „DIE COMEDIAN HARMONISTS TEIL 2- EIN-SATZ-(NACH-) ERZÄHLUNG“
(SPRACH- UND KONZENTRATIONSSPIEL)
In der „Ein-Satz-(Nach-)Erzählung“ geht es darum, dass die gesamte Gruppe die Hand-
lung von „Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie!“ zusammen nacherzählt. Dazu
stellen sich alle in einen großen Kreis, mit dem Rücken zur Kreismitte und dann werden
reihum die Stückthematik und dessen inhaltliche Abfolge wiedergegeben. Dabei ist es
wichtig, dass wirklich jede Person nur einen Satz sagt. Die gesamte Gruppe muss zu-
sammenarbeiten. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass sich zugehört wird, denn
die erzählten Sätze sollen:
1. einen Sinn erge-
ben
2. das Gesehene
wirklich wiedergeben
3. sich NICHT wie-
derholen
Wenn alle im Kreis
einen Satz gesagt
haben und die Ge-
schichte noch nicht
zu Ende erzählt ist,
geht es der Reihe
nach weiter.
Beispiel:
„Der alte Harry sitzt zu Beginn des Stückes vorne an der Bühne und hört sich Tonauf-
nahmen an. (erster Schüler)
„Es sind alte Aufnahmen seines Vocal Orchestras..“ (nächster Schüler)
„Dan treten die einstigen Comedians auf.“ (nächster Schüler) usw.
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SCHREIBAUFGABE 1: „WENN MAN INS EXIL GEHEN MÜSSTEI“
Die weitere Geschichte und Entwicklung der jüdischen Mitglieder der einstigen Comedian
Harmonists ist durch ihre nötige Flucht aus Deutschland unmittelbar mit einem unruhigen
Leben im Exil verbunden. Doch wirklich sicher und heimisch fühlten sich die Exilanten
nicht. Gibt es überhaupt ein Land, in dem man sich sicher fühlt, weil man dort vielleicht
schon öfters war (Urlaub) oder in dem man vielleicht sogar Verwandte hat. Jeder soll sich
nun mit dieser Frage auseinandersetzen und einen Text dazu verfassen. Im Anschluss
werden die Texte präsentiert. Zur besseren Veranschaulichung kann man ggf. mit Post-It-
Zetteln auf einer Weltkarte markieren, wo die einzelnen Spieler hingehen würden, wenn
sie ins Exil müssten wie die jüdischen Mitglieder der Comedians. Gibt es Überschneidun-
gen? Oder gehen alle sehr weit voneinander weg?
SCHREIBAUFGABE 2: „EINEN SONGTEXT ÜBER HEIMAT VERFASSEN“
Wenn man dazu gezwungen ist, in einem anderen Land leben zu müssen, erfährt man oft
ein Gefühl der Heimatlosigkeit. Auch wenn die Flucht aus ihrem Land meistens zu ihrem
Besten ist, fühlen sich die Geflüchteten oder Exilanten oft dennoch in dem neuen Land
heimatlos und somit auch mitunter unwohl. Denn das Exil kann nicht die eigentlich Herr-
kunft oder Heimat gänzlich ersetzen. Doch da stellt sich die Frage, was ist eigentlich Hei-
mat? Ist Heimat was anderes als Zuhause? Und wenn ja, was ist der Unterschied? In der
folgenden Schreibaufgabe geht es genau um diese Definitionen. Jeder soll nun versuchen
einen Songtext im Stil der Comedian Harmonists verfassen, der auch so ähnlich wie ein
innerer Monolog gestaltet sein kann. Dieser Text kann der sich mit folgenden Fragen aus-
einander setzen:
1. Was ist der Unterschied zwischen Zuhause und Heimat?
2. Was ist genau das Gegenteil von Zuhause und Heimat?
3. Hat jeder Mensch in seiner Heimat einen Lieblingsort?
4. Was macht die Heimat so besonders?
5. Wenn man ins Exil gehen müsste, was würde man dort aus/von seiner Heimat am
meisten vermissen?
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Literatur
BUNDESARCHIV: 80 Jahre: Comedian Harmonists werden von der NS-Regierung verbo-
ten.https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/historische_ereignisse/04495/index.
html.de; Stand: 06 Juni 2017.
GREIFFENHAGEN, Gottfried (2005): Die Comedian Harmonists Teil 2 – Jetzt oder nie. S.
Fischer Verlag, Frankfurt am Main.
KAISER, Peter (2012): Die erste Boygroup der Welt - Vor 85 Jahren gründeten sich die
Comedian Harmonists. Deutschland Radio Kultur,http://www.deutschlandfunkkultur.de/die-
erste-boygroup-der-welt.1079.de.html?dram:article_id=231927; Stand: 06. Juni 2017.
KULTURSERVER: http://kulturserver.de/-/kulturschaffende/detail/27208; Stand: 29. Mai
2017.
Userpage FU Berlin: http://userpage.fu-
berlin.de/~sese/Barbershop_Boys/ComedHrm/Comedian_Harmonists_Story.htm; Stand:
02. Juni 2017.
RADIO BREMEN (2015): Gedenken an Comedian-Harmonist-Gründer.
http://www.radiobremen.de/kultur/portraets/harry-frommermann100.html; Stand: 02. Juni
2017.
Zur Vertiefung:
CZADA, Peter und GROßE, Günter (2001): Comedian Harmonists - Ein Vokalensemble
erobert die Welt. Berlin.
FECHNER, Eberhard (2003): Die Comedian Harmonists - Sechs Lebensläufe. München.