Chirurgie der benignen StrumaAnblick der Leute ist der schockierendste, den ich jemals gesehen...
Transcript of Chirurgie der benignen StrumaAnblick der Leute ist der schockierendste, den ich jemals gesehen...
Schilddrüsenchirurgie update
Dr. Johann HebenstreitChirurgische Abteilung
Krankenhaus Barmherzige Brüder
Graz - Marschallgasse
Steiermark und Kropf
"So ansprechend das Land in seiner Rauheit ist, so wild, entstellt
und monströs sind die Bewohner in ihrer Erscheinung. Sehr viele
von ihnen haben hässliche geschwollene Hälse. Kretins und
Taubstumme tummeln sich in jedem Dorf herum. Der allgemeine
Anblick der Leute ist der schockierendste, den ich jemals gesehen
habe“
David Hume 1748
MA unbewußte Jodbehandlung(China, Ägypten)
Schule von Salerno
1825 Boussingault(Chemiker) Bolivien
erste staatlich gelenkte Jodsalzprophylaxe
1851 Grange(Frankreich) – leicht jodiertes Salz
„….glücklicher Einfluß auf den Kropf“
1907 USA: wirtschaftliche Verluste(Nutztiere)
Probleme bei Rekrutierungen, Arbeitskräftemangel
1892 Österreich: Dr. Julius Wagner-Jauregg
erstmals Jodtabletten f. Kinder
JOD 1811
Jodsalzprophylaxe
Österreich 1963 1990
10mg 20mg K-Jodid
Schweiz seit 1922
USA seit 1924
Deutschland 1959
Abnahme der großen Knotenstrumen
Zunahme der multifokalen Autonomien
Zunahme der Immunhyperthyreosen
Shift zum papillären Karzinom
Abnahme hoher Tumorstadien(71% vs 25%)
Endemic goitre is the easiest disease to prevent – Marine 1915 J.Lab.Clin.Med3(USA)
Schilddrüsenchirurgie
1970 2000
Mechanische Komponente
>60% <20%
Onkologisch
3,6% 11%
Entwicklung der Schilddrüsen
Therapie/Chirurgie
unbewußte Jodbehandlung(China, Ägypten)
Schule von Salerno
1791 frz. Chirurg Pierre Joseph Desault entfernt erstmals einen
Schilddrüsenlappen
1834 C. J. Martin Langenbeck beschreibt detailliert eine
Schilddrüsen-Op
Mortalität um 50 % !!!!
Entwicklung der Schilddrüsenchirurgie
E. Theodor Kocher 1841-1917
Komplikation: Kretinismus
Theodor Billroth 1829-1894
Komplikation: Hypopara
Quelle: BMGFJ; GÖG/ÖBIG, eigene Daten
Prävalenz in Österreich ca 30%
Die Häufigkeit der Struma liegt sicher bei 30%,
auch knotige Veränderungen sind häufig, bei
Erwachsenen auch in der Größenordnung 20-
30%.
Funktionsstörungen haben eine Häufigkeit von
ca. 8-10% (Unterfunktion) und ca. 6%
(Überfunktion).
Schilddrüsenkarzinom
Fragen des Chirurgen
Wann operieren wir?
Wie operieren wir?
Was ist unser Behandlungsziel
Was beeinflußt das Ergebnis?
Was sind unsere Qualitätsmerkmale?
Ist alles Technische sinnvoll?
Die Indikation zur operativen Behandlung wird auf
der Basis der Erkrankungs- und
Lokalisationsdiagnostik unter Abwägung der
individuellen nichtoperativen alternativen
Behandlungsverfahren und der möglichen
Komplikationen gestellt.
Dt. Gesellschaft f. Chirurgie, 27.Jg.,Nr.3,Stuttgart, 7/98
Wann operieren wir?
Operationsindikationenabsolut - relativ
Blande Strumen mit mechanischer Komponente
Trachealstenose, Einflußstauung
Malignitätsverdacht
solitärer Knoten Jugendlicher
kalter Knoten mit suspektem Punktat
therapieresistente Hyperthyreose
Basedow
Kosmetische Indikation(WHO I, II)
Erreichen eines individuellen Therapiezieles• Patientenwunsch
Moderne Schilddrüsenchirurgie –
individuelle Verfahrenswahl in Abhängigkeit von
der Grunderkrankung und FunktionsstörungO.Thomusch, C.Schramm, Freiburg
Z Allg. Med. 2005; 81 115-120
√ funktionsadäquat
√ risikoadaptiert
√ morphologiegerecht
√ komplikationsarm
Wie operieren wir ?
Was ist unser Ziel?
Beseitigung pathologischer
Veränderungen und
funktioneller Störungen
Euthyreose? –
Hypothyreose?
Rezidivfreiheit
funktionell, morphologisch
komplikationsarmer
pathologieadäquater
Eingriff
histologische Beurteilung
follow up
generell operativ, perioperativ
Wahl des Resektionsausmaßes
und des Resektionsverfahrens
Rekurrensdarstellung
Nebenschilddrüsendarstellung
Expertise des Chirurgen - Zentrum
Technische Parameter
Opt. Vergrößerung
Neuromonitoring
Gefäßversorgung (Liga sure/vessel sealing, Clip, harmonic
scalpel/Ultracision)
Auswirkungen auf das Ergebnis
Diagnostik
• Klinik
• Anamnese
• LaborbTSH, FT3, FT4, TG, CT, AK
• Ultraschall
• Feinnadelpunktion
• Nuklearmedizinische DiagnostikSzintigrafie
PET-CT
• Röngtenologische DiagnostikCT
MR
Szintigrafie
Tc, J131
Funktionstopografie
zeigt mehr oder weniger
stoffwechselaktive Areale
in der Schilddrüse an
FIG. 2. ATA nodule sonographic patterns and risk of malignancy.
Published in Thyroid. January 2016, 26(1): 1-133.DOI: 10.1089/thy.2015.0020
© Mary Ann Liebert, Inc.
Feinnadelpunktion
Verdacht auf Karzinom
Zystenpunktionen
Durchführung
ultraschallgesteuert
FEINNADELBIOPSIE - ZYTOLOGIE
Dignitätsbewertungsgruppe • Gruppe 0:
nicht beurteilbar
• Gruppe A:
kein Anhaltspunkt für Malignität
• Gruppe B:
auffällig, unklare Dignität
– Dig. B1: Follikuläre Neoplasie
– Dig. B2: ein PTC nicht ausgeschlossen
• Gruppe C:
maligne/hochgradig malignitätverdächtig
ANATOMIE
Allgemeinnarkose
Diagnostik Intubation
Neuromonitoring
Lagerung
Kocher´scher Kragenschcnitt
Haut-Platysmalappen
Präparation mit Darstellung des
N. recurrens, der Epithelkörperchen,
Neuromonitoring
Wundverschluß
Frühkomplikationen
Hypopara, Recurrens, Nbl,…
Spätergebnisse - wichtig, aber schwer meßbar
Funktion
Rezidivhäufigkeit
Beeinflussung der LQ
Qualitätsbeurteilung
Resektionsausmaß
Mittelweg zwischen
notwendiger
chirurgischer
Radikalität und und
erwünschter minimaler
Morbidität
Individuell
Funktionell
onkologisch
Operationsstrategie bei
benignen Schilddrüsenerkrankungen
Struma nodosa
euthyreot, hypothyreot
Unifokale Autonomie
Multifokale, disseminierte
Autonomie
Morbus Basedow
morphologiegerecht
funktionsgerecht
Resektionsausmaß benigne Strumafür gegen
Thyreoidektomie
keine Rezidive
keine erhöhte
Komplikationsrate
jedoch erhöht bei
Rezidivopertionen
kein Belassen von
Restknoten
Mikrokarzinome
Substitution problemlos
Zweiteingriff
Rezidivrate 1 – 5%
Substitutionspflicht
funktionelle Reserve
Karzinomrisiko
Größe des funktionalen
knotenfreien Restgewebes
Benigne euthyreote Struma
Behandlungsziel
KEINE Thyreoidektomie en principe, nur wenn kein
normales Gewebe vorhanden
Belassung funktionaler und knotenfreier Reste
unilaterale Veränderungen – Belassen der gesunden
Seite
langfristige Rezidivfreiheit
Rezidivrate 1 – 5%
T4 - Substutution
Autonome Knotensstruma
Unifokal – autonomes Adenom Lobektomie, Enucleation
Multifokal Near totale Resektion, Thyreoidektomie
Gefahr autonome Zentren zu belassen
(klonale Zentren?)
Immunhyperthyreose – Mb. Basedow
OP Indikation therapieresistent >1 a
Zunahme des Exophtalmus
Wachstum
Kinderwunsch
NW Thyreostatika
OP Ziel Beseitigung des Antigen-Pools
durch
möglichst radikale Entfernung
des Schilddrüsengewebess
Thyreoidektomie
near totale Resektion
Dunhill Operation
Kein sign. Unterschied hinsichtlich Rezidiv, Verlauf d. endokrinen Orbitopathie
und NLR-Paresen zw. Thyreoidectomie und subtotaler Operation, allerdings höhere,
Hypocalcämierate bei Thyreoidektomie.Witte et al, Int. Surg. Week 1999
Operationstaktik bei Malignitätsverdacht
solitärer kalter Knoten
Lobectomie/subtotale Resektion der betroffenen Seite
Intraoperative Schnellschnittuntersuchung OBLIGATORISCH
risikoadaptierte Lymphadenektomie nach Rücksprache
mit dem Pathologen
Zweiteingriff inert 2-4 d
Sonst unter Suppressionstherapie nach 3 Monaten
Lymphadenektomie
Morbidität
Komplikationen
Rekurrensparese
Hypoparathyreoidismus
Nachblutung
Rezidivrate
Lebensqualität
Krankenhausverweildauer
Therapiekosten
betreffen Patienten und Allgemeinheit
Zielgrößen der Qualitätssicherung
Komplikationen der Schilddrüsenchirurgie
sind abhängig von:
Resektionsausmaß
Chirurgische Technik
Technische Ausstattung
Expertise
High volume surgeon/
hospital
Armentarium
Lupenbrille Neuromonitoring
Varioscope Autotransplantation
eingriffstypische Komplikationen
Rekurrensparese
Hypoparathyreoidismus
1990 2004
bis 6 % 0,44%
0 % bis 11%
Hebenstreit AMA 1981
Hebenstreit, AMA 2004
Recurrensparese
1%Benchmark
Patient
Chirurg
Krankenhaus
Basedow
Rezidiv
Malignome
bis 8,7%
Hermann, Ann.Surg 2002; 235
Aytac, Saudi Med J 2005; 26
Hermann, ACA 1999
Nadelelektrode Tubuselektrode
Invasiv non invasive
Blutung, Infektion
Cuff-Perforation, Plazierung kein Hindernis im OP Gebiet
ist im Weg,
Identifikationsrate 100%(65) Identifikationsrate 76% 65
gutesEMG-Signal EMG um Faktor 5 – 6,8(15x) kleiner
höherer Widerstand/Trachealschleim)
wiederverwendbar
geringer Kosten höher
Neuromonitoring
Neuromonitoring
Komplikationsvermeidung
Recurrensparese
17%
3%
1%
vor standardisierter Rec-Präp
Standardisierte Rec-Präp
Neuromonitoring,
Varioscope,Lupenbrille?
postop. Hypoparathyreoidismus
CAEK 2004
Absinken der PTH-Sekretion während OP
Postop fehlender PTH = chirurgisch-techn. Problem
kein prognostischer Faktor!!!!
PTH postop im (unteren)Normbereich –
permanenter Hypopara
unwahrscheinlich
Ca-Spiegel 1. d/po im Normbereich –
keine relevante Hypocalcämie
Hypopara / Prävention - Therapie
Autotransplantation
M. sternocleidomastoideus
non dominant forearm
Allotransplantation
Mikroenkapsuliertes allogenes NSD-Transplantat
Keine dauerhafte Anhebung des PTHHasse,World J. Surg 2000
Ulrich, 122. DCC 2005
sc – Parathormon - Therapatit®Winer, J Clin Endocrin Metab 2003
lokale Blutstillung
Fibrinkleber - 2 Komponentenkleber
Kollagenvlies – resorbierbares Kollagen
Tabotamp – oxidierte regenerierte Zellulose
▪ Rasche Bindung der Proteinbestandteile d. Blutes
Tachosil – Kollagenvlies Fibrinogen und Thrombin
Surgiflo – hämost. Matrix mit Thrombin
Lokale Vasokontriktoren - Adrenalin
Strom – Kauter(Ligasure, Impact,…)
Ligaturen
Komplikationen
Neurologisch:Erweiterte Resektion („Neck-dissection“)
Läsionen:
N.Hypoglossus (Zungenabweichung zur paret.Seite,Zungenatrophie)
N.Glossopharyngeus (Innervation d. weichen Gaumens u.Kehlkopf)
N.Accessorius (M. sternocleidomastoideus,Trapezius)
N.Phrenicus (Zwerchfell)
Plexus Cervikalis (Gangl.stellatum-Horner-Syndrom)
LymphovaskulärErweiterte Lymphadenektomie („Neck-dissection“)
Läsion des Ductus Thoracicus
Lymphfistel ( Hautmaceration, Volumsverlust)
Minimal invasive Techniken
was ist minimal invasiv ?
Minimierung des Zugangstraumas ??
Minimal invasiv ≠ kleiner,
ungefährlicher ?????
Einhaltung anerkannter Standards ??
Minimal invasive Techniken
eingeschränktes Indikationsspektrum
Vor-Op, -itis, Malignomverdacht, path. Lnn, Strumagröße(<15 ml),
5 - 10% aller Op
Operationsdauer
kosmetischer Vorteil – postop. Schmerz?
Aufenthaltsdauer ?
Kein Standard
MIVAT – OMIT – ABBA – TOVANS - MOVAT – TOVAT – ETOVA - NOTES
ABBA – Zugangaxillo-bilateral breast approachBärlehner 2006
VORTEILE• Keine Narbe am Hals
NACHTEILE• nicht minimal invasiv – maximal invasiv!
• Lange Op-Zeit
• Stärkere Schmerzen
• kostenintensiv
• Längerer KH Aufenthalt
Zugangsweg insgesamt +/- 1 Meter
NOTESNatural Orifice Transluminal Endoscopic SurgeryWitzel 2008
RATSRoboterassistierte transaxilläre
Schilddrüsenresektion
Conclusio
Moderne Schilddrüsenchirurgie
individuell – funktionell – risikoarm
Anforderungen:
technische und logistische Kompetenz
„Kompetenzzentrum“
Hohe Frequenz an Operationen
▪ Gute Ausbildung
Möglichkeit der Schnellschnittuntersuchung
enge Zusammenarbeit mit dem Nuclearmediziner
Tumorboard