Bundesprogramm Biologische Vielfalt- Auen-und...
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Dialogforum Bonn| 04./05.12.2014
Bundesprogramm Biologische Vielfalt-Auen- und Gewässerprojekte
Impulsvortrag : Erfolge messbar machen-Evaluation
Dr. Annett Krüger1
AG „Wissenschaftliche Begleitforschung“ – Projekt „Lebendige Luppe“1,2,3,4
1 Institut für Geographie 2UFZ 4 NABU 2 AG Spezielle Botanik,3 Institut für Soziologie Dep. Naturschutzforschung Regionalstelle Universität Leipzig Leipzig Leipzig
Auen- und Gewässerprojekte - Ist es richtig, was wir tun?
Welche „Erfolge“ wir erreichen wollen:
Maßnahmenkomplexe mit positiven Wirkungen auf den Schutz und die Erhaltung der Biodiversität in Auen–insbesondere unter dem Einfluss des Klimawandels:
• Verbesserung des hydromorphologischen Zustandes durch Revitalisierung und Renaturierung (Dynamik der Lebensräume)
• Verbesserung des Stoffrückhaltes und des Wasserhaushaltes durch angepasste Landnutzung
• Schadstoffmanagement im Einzugsgebiet• Synergieeffekte bei Hochwasserschutzmaßnahmen (Rückhaltung im gesamten
EZG, Schaffung von Retentionsflächen, dezentraler Hochwasserschutz)• Niedrigwassermanagement
=>Erhalt /Steigerung der Artenvielfalt als zentrale Voraussetzung zur Gewährleistung einer effizienten Anpassung an den Klimawandel („Insurance Theorie“)
=>Maßnahmen aus Sicht eines integriertes Wasserressourcenmanagements und Naturschutzes unterstützen die Resilienz und Eigendynamik der Gewässersysteme
Erfolge messbar machen- Zielstellung und Indikatoren
Funktionen und deren Indikation:
• Sozialwissenschaftlicher Bereich/ gesellschaftliche Relevanz (z.B. Erholungsfunktion, Naturschutzwert)
• biotische Vielfalt, z.B. Habitatfunktion von Flussauen• abiotische Faktoren ( z.B. Hochwasserschutz, Nährstoffretention, C-Senke,
Filter- und Pufferfunktion für Schadstoffe u.a.)
Zielstellung: Nachhaltigkeit
• Soziale Komponente• Ökonomische Komponente• Ökologische Komponente
Die Erfahrungen aus „erfolgreichen“ Projekten zeigen die die hohe Bedeutung der gesellschaftlichen Akzeptanz für das Gelingen. Grenzen werden insbesondere durch mangelnde Finanzierbarkeit und durch zu kurz greifende Projektabfolgen und deren Evaluierung (Zeitraum) erreicht.
Erfolge messbar machen- Zielstellung und Indikatoren
Welche Indikatoren für erfolgreiche, nachhaltige Projekte in Auen (Auswahl)?
• gesellschaftliche / soziokulturelle Faktoren• Indikator HNVfarmland (High Nature Value)• Natur- und Kulturdenkmale• Landschaftsausstattung, Landnutzungsform• Erschliessungsgrad, touristische Infrastruktur
• biotische Faktoren• Artenzahl (Flora, Fauna) und Vorkommen bestimmter „typischer“ Arten
• Artenvielfalt: Living Planet Index• Beispiel Vogelwelt: Climate Impact Indikator (CII, Huntley 2007), Community
Temperature Index (CTI, DeVictor et al 2008), Rote Liste (Südbeck et al. 2007)• klimawandelbedingte Arealverschiebungen bzw. -verluste• Genetische Diversität und genetisches Anpassungspotential• Überleben/Aussterben regionaler bzw. genetisch diverser Populationen
• abiotische Faktoren • Kenngrößen des Bodenwasserhaushaltes (FK, nFk, Saugspannungscharakteristik)• „typische“ Bodeneigenschaften (Hydromorphiemerkmale, Vergleyungen)• Stoffgehalte (Humusversorgung), Stoffmobilisierung• (Bio)Marker
=> Aufnahme geoökologischer Standorteigenschaften
Indikatoren und Monitoring – Bsp. „Lebendige Luppe“
abiotische Faktoren
biotische Faktoren
soziale Faktoren
abiotische Faktoren
biotische Faktoren
soziale Faktoren
Pedologie
Hydrologie
Stoffbestand
BodenaufnahmenSedimentaufnahmen
Ausbau GrundwassermessnetzGrundwasserstand
BodenanalytikGrundwasseranalytikSickerwasseranalytik
Umweltmonitoring im Rahmen des Projektes Lebendige Luppe
Landnutzungssysteme und Anpassungsstrategien
Erfolge messbar machen- aber wie? – Bisherige Wege
I Dynamische Ökosysteme- dynamischer Naturschutz- Entwicklung von neuartigen, integrierten Nutzungsansätzen, die folgenden
Ansprüchen genügen:• Erhaltung der Produktivität des Standortes• Sicher- bzw. Wiederherstellung der biologischen Funktionen der Standorte• Keine Beeinträchtigung der Bodenfunktion• Signifikante Steigerung der Klimaplastizität dieser Systeme
II Landschaftsplanung, -entwicklung und Management - Schutzgebietsausweisung, Schutzgebietssysteme
• Bewertung von lokalen Zielkonflikten z.B. mit dem Arten- und Biotopschutz, z.B. Erholungsfunktion versus Naturschutz
• naturschutzfachliche Konzeptionen, Wegelenkung, Nutzungsbeschränkungen, u.a. Methoden des Auenmanagements
• Gesellschaftliche VernetzungIII Anpassungsstrategien – z.B. DAS
• Überarbeitung von Pflege-, Management- und Entwicklungsplänen mit Anpassung an den Klimawandel
Gesellschaftliche Relevanz
Erfolge messbar machen- aber wie? Ansprüche und Methoden
- Maßnahmen (z.B. Anbindung von Altwasserarmen, Deichrückverlegung) erfordern a) einen integrierten Ansatz im Gesamtkonzept (Berücksichtigung Hochwasser-, Grundwasser- und Naturschutz) und b) Akzeptanz seitens der gesellschaftlichen Gruppen
- Verwirklichbare Praxiskonzepte mit Vorbildwirkung, die von den Betroffenen Bevölkerungsgruppen angenommen werden
- Klärung der Zuständigkeiten- Klärung von Finanzierungsfragen- Gesetzliche Grundlage muss vorhanden sein (ggf. Gesetzesnovellierung)- Bewusstseinsbildung: Aufklärung und Partizipation der Bevölkerung mit
Best-Practice Beispielen anderer Betroffener, in Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden
- Erhebung durch Befragungen (Fragebögen), Stakeholder- und Netzwerkanalysen, leitfadengestützter Interviews (Sozialwissenschaftliche Begleitforschung/ Evaluation)
Gesellschaftliche Relevanz
Kommunikation und Partizipation für die Umsetzung nachhaltiger Projekte in Auen
• Landschaft als identitätstiftendes Element und Handlungsraum (partizipativerAnsatz
• Management-Werkzeuge, die helfen können, • Entwicklungsmöglichkeiten zu skizzieren, um sich auf künftige Ereignisse
vorzubereiten;• das Risikopotenzial von Strategien zu beurteilen, um Handlungsbedarf
anzumahnen;• Handlungsoptionen zu entwerfen und abzuwägen, um die geeignetsten
auszuwählen;• Auswirkungen bestimmter Maßnahmen auf andere Handlungsfelder zu
beschreiben, um die Eignung im komplexen Umfeld besser beurteilen zu können.
• Methoden zur Ermittlung von gesellschaftlichen / soziokulturellen Ansprüchen• SWOT Analysen, Stakeholder- und Netzwerkanalysen• Kosten – Wirksamkeitsanalysen für Anpassungsoptionen• Analyse- und Bewertungsverfahren im Bereich Landschafts- und
Tourismusplanung (Quantifizierung der Erholungsfunktion)
Fallbeispiel- Geoparks Porphyrland- Steinreich in Sachsen
Exkurs-Monitoring von regionaltouristischen Projekten-Nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen
Erfolge messbar machen- aber wie?
Fallbeispiel- Geoparks Porphyrland- Steinreich in Sachsen
Quelle: Grunewald, Bastian: Ökosystemdienstleistungen (2013)
Exkurs:Gesellschaftliche Relevanz- Nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen
Szenario – Methodik (Partizipation)
Fallbeispiel- Geoparks Porphyrland- Steinreich in Sachsen
Quelle: Grunewald, Bastian: Ökosystemdienstleistungen (2013)
Exkurs: Gesellschaftliche Relevanz- Nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen
DPISR Modell – Methodik zur Erfassung und Bewertung ÖSD-bezogener Szenarien
Exkurs: Methoden Empirischer Sozialforschung- Nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen
Bewertung der Wirtschaftlichkeit – Fallbeispiel eine Geopfades
(Entwicklung von Bewertungskriterien: Quelle Masterarbeit C. Zittier, Bernburg)
Erhebung mit Fragebogen – Beispiel zur Strategiefindung bei geotouristischen Projekten
Quelle: Bachelorarbeit J. Bäsler, 2013, IfG Uni Leipzig
Thema des Geopfades: Altarme, Flusslaufverlegung, Hochwasserschutz, Schloss Püchau, Trinkwassergewinnung
Exkurs: Monitoring von regionaltouristischen Projekten-Nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen
Beispiel: Regionalökonomische Effekte des Tourismus im
Nationalpark Eifel
Quelle: Abschlussberichtsteils zum BMU/BfN-Forschungsprojekt (FKZ 806 82 030) „Wirtschaftsfaktor Großschutzgebiete: Regionalökonomische Effekte des Tourismus in Nationalen Naturlandschaften“ Untersuchungsgebiet: Nationalpark Eifel , S.46. Univ.-Prof. Dr. Hubert Job Dipl.-Geogr. Manuel Woltering Dr. Daniel Metzler Dr. Bernhard Harrer
Erfolge messbar machen- aber wie? Erfassung des ROI (Return of Investment)
Kosten-Nutzen-Analyse: Ökosystemdienstleistungen
Erfolge messbar machen- aber wie?- Evaluierung von „nicht quantifizierbaren“ Tatbeständen
=>Strategiefindung und Kommunikationsansatz basierend auf dem DPISR-Modell
• Nutzung der Kompetenzen der Auen(Region)• Integration des Gewässerprojekte in die regionale Entwicklungsplanung
• Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Behörden• Kooperation mit Politik, Naturschutz, Wissenschaft und Wirtschaft
• Professionelle Vermarktung der einzigartigen naturräumlichen Ausstattung• Entwicklung gemeinsamer Angebote • Entwicklung und Nutzung von neuen, innovativen (Geo)Routen • Entwicklung und Vermarktung von „(Leucht)Türmen“ in der Landschaft
• Kontakt zur Wirtschaft als Kunde, Mitglied, Kooperationspartner und Sponsor• Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen
• Entwicklung (geo)touristischer Angebote über Vergabe von Bachelor- und Masterarbeiten
• Durchführung von Tagungen u.a. öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen• professionelle Unterstützerwerbung und –pflege• Gezielte regelmäßige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unter Einsatz geeigneter
Medien
Kosten-Nutzen-Analyse: Ökosystemdienstleistungen
Erfolge messbar machen- aber wie?- Wertermittlung von Funktionen bzw. Dienstleistungen der Ökosysteme
�Nutzenstiftung (benefits) naturnaher Systeme für den MenschenQuelle: Der Nutzen von Ökonomie und Ökosystemleistungen für die Naturschutzpraxis. BfN-Schriften 319, 2012.
Kosten-Nutzen-Analyse: Ökosystemdienstleistungen
Quelle: Der Nutzen von Ökonomie und Ökosystemleistungen für die Naturschutzpraxis. BfN-Schriften 319, 2012.
Die Monetarisierung von ÖSD, die eine Übersetzung von Präferenzen in Zahlungsbereitschaften vollzieht, ist eine Methode, um Biodiversitätsschutz handhabbar zu gestalten.
Kosten-Nutzen-Analyse: Ökosystemdienstleistungen
Erfolge messbar machen- aber wie?- Wertermittlung von Funktionen bzw. Dienstleistungen der Ökosysteme
Quelle: Der Nutzen von Ökonomie und Ökosystemleistungen für die Naturschutzpraxis. BfN-Schriften 319, 2012.
Fallbeispiel Elbe: Ergebnisse zur Zahlungsbereitscha ft
•22,5% Bereitschaft der befragten Personen (n = 294), etwas für die Durchführung der genannten Maßnahmen zu zahlen.
•Bezogen auf die gesamte Stichprobe ergibt sich eine mittlere Zahlungsbereitschaft in Höhe von 11,9 € pro Jahr.
•Betrachtet nach Flusseinzugsgebieten ergeben sich dann folgende jährliche Zahlungsbereitschaften: Elbe 11,6 €, Weser 13,1 € und Rhein 11,2 €.
•Die Hochrechnung der Zahlungsbereitschaft erfolgt durch die Multiplikation der Anzahl der Haushalte in den drei Flusseinzugsgebieten mit der ermittelten durchschnittlichen Zahlungsbereitschaft.
•Für die konservativste Schätzung ergab sich nach Korrekturfaktoren eine Zahlungsbereitschaft von 153 Mio. € für das erste Jahr. Wird allein der Embedding-Effekt korrigiert, dann ergibt sich eine Zahlungsbereitschaftvon 252 Mio. € im ersten Jahr.
Kosten-Nutzen-Analyse: Ökosystemdienstleistungen
Quelle: Der Nutzen von Ökonomie und Ökosystemleistungen für die Naturschutzpraxis. BfN-Schriften 319, 2012.
niedrig hoch
Zahlungsbereitschaft
Nährstoffreduktion
153,0 Mio €
7,5 Mio €
252,0 Mio €
22,5 Mio €
Ökonomischer Wert der Auen in Mio €
Quelle: Grunewald, Bastian: Ökosystemdienstleistungen (2013)
Erfolge messbar machen- Zielstellung und Indikatoren
Forschungsbedarf in Bezug auf die Indikation
• Dokumentation weiterer Umweltparameter- Modelle konzentrieren sich bisher vorrangig auf hydrologische Parameter (Niederschlags- und Abflussgeschehen)
• Z.B. Wassertemperatur und diesbezügliche Typisierung von Gewässern• Langzeitstudien zur Entwicklung von Lebensgemeinschaften und ökologischen
Prozessen als Funktion von Klimafaktoren u.a. Umweltvariablen• Quantifizierung von Ökosystemdienstleistungen in Flussauen und zu den
Auswirkungen von Gewässerbelastungen, zu den Auswirkungen des Klimawandels• Feldstudien zu fundierten ökologischen Grundlagen in Bezug auf die Änderung von
Biozönosen (z.B. Temperaturpräferenz und Ausbreitungsdistanzen)• Studien zu Auswirkungen des Klimawandels auf genetische Diversität und zur Rolle
der genetischen Diversität zur Anpassung an den Klimawandel• Beeinflussung von aktuellen Renaturierungsmaßnahmen in ihrer Wirkung durch den
Klimawandel
Raum- und Zeitbezug• Priorität in Fortführung bestehender, langfristigen Zeitreihen• Räumlicher Maßstab – Wissensplattform zum Austausch der Befunde (verbesserte
Akteursvernetzung)• Übertragbarkeit im überregionalen Kontext prüfen
Zusammenfassung
- Ressourcen der Finanzierung und gesellschaftliche (politische) Akzeptanz sind maßgeblich für Erfolg (Bewußtseinsbildung)
- Kompensationsmaßnahmen und Partizipation!
- Intrinsische Wertschöpfung durch Projekte der Biodiversität ist unumstritten, aber kein Garant für erfolgreichen Projektabschluss (ausreichender Zeitraum/“Durchhalten“, langfristige Finanzierbarkeit)
- Effektives, Iangfristiges Monitoring mittels sozialer, biotischer und abiotischer Indikatoren
- Adäquate Dimension und Maßstäbe (Skalenbezug in Raum und Zeit)
- Möglichkeiten zur messbaren Quantifizierung des Erfolgs/Misserfolgs :
- Methode Ökosystemdienstleistung
- Methode Wertermittlung - Return of Investment (ROI)
- Methoden der empirischer Sozialforschung (Datenerhebung auf Basis von Befragungen und leitfadengestützter Interviews, Netzwerk- und Stakeholderanalysen)
Was wir für eine „gesicherte“ Evaluation brauchen
- Verstehen von Prozessen sowohl auf Landschafts- als auch auf Nutzungsebene inkl. der sozioökonomischen Auswirkungen
- Verstehen der Prozesse in einem komplexen Wirkungsgefüge und hoher Vielfalt und deren Vermittlung an Politik und Gesellschaft
- Bereitschaft, verantwortungsvolle Entscheidungen unter Unsicherheit zu fällen
- Standortunabhängige und verallgemeinerungsfähige Aussagen, Übertragbarkeit von Ergebnissen überregional
- Langjähriges Monitoring und Dokumentation sensibler Variablen, die über die bisherigen Dokumentationen hinausgehen inkl. dessen Finanzierung über längere Zeiträume
- Flächendeckendes, regionales Monitoring im Forschungsnetzwerk als Grundlage sowohl für naturschutzfachliche Bewertung als auch im Kontext der Biodiversitätsforschung und des Klimaschutzes
- Ableitung daraus von integrativen Modellen und von flexiblen, nachjustierbaren Anpassungsoptionen – Diversifierung von Nutzungen