Elektronisches Schließsystem: Langfristige Kostenersparnis trotz höherer Investitionskosten
Branchenbericht CSR Autozulieferer Walter LB … · 05 Die Branche im Überblick ... 15...
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Autozulieferer
Branchenbericht – Corporate Sector Report
Die Bank an Ihrer Seite
Erläuterungen und Abkürzungen
BRIC Brasilien, Russland, Indien, China
ASEAN Association of Southeast Asian Nations (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar,
Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) EU-15 EU-Länder vor 2004: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien,
Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien F&E Forschung und Entwicklung Inlandsnachfrage Umsatz - Export + Import Local-content-Anforderungen
Zulieferer müssen vor Ort produzieren
NMS
EU-Beitrittsländer seit 2004: Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
OEM Original Equipment Manufacturer. Gleichbedeutend mit Hersteller OES Original Equipment Supplier. Bedeutet in diesem Zusammenhang Automobilzulieferer
Triade EU, Japan, USA
Nach Abgrenzung der Wirtschaftszweigsystematik des Statistischen Bundesamtes (WZ2008) umfasst die Autozulieferbranche:
• Die Herstellung von elektrischen Ausrüstungsgegenständen, z.B. Lichtmaschinen, Zündkerzen, Zündkabel, elektrische Fensterheber und
Türverriegelungen, Spannungsregler, sowie den Einbau von zugekauften Anzeigeinstrumenten in Armaturenbretter im Rahmen des
Herstellungsprozesses.
• Die Herstellung von verschiedenen Teilen und Zubehör für Kraftwagen (Bremsen, Getriebe, Achsen, Räder, Stoßdämpfer, Kühler, Aus-
pufftöpfe, Auspuffrohre, Abgasreinigungsanlagen (Katalysatoren), Kupplungen, Lenkräder, Lenksäulen und Lenkgetriebe) und die Her-
stellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagenkarosserien (Sicherheitsgurte, Airbags, Türen, Stoßstangen sowie Sitze für Kraftfahrzeu-
ge).
Dieser Bericht wurde im März 2016 abgeschlossen.
Commerzbank AG 60261 Frankfurt am Main Group Risk Controlling & Capital Management Bereichsleitung Risk Control & Resources Management: Oliver Ewald (069) 136-80414 Leitung Industries Research: Dr. Carola Hunger-Siegler (069) 136-22447 Autor: Dr. Olaf Labitzke (069) 136-23919 Group Credit Risk Management Industry Head 2: Andreas Holsten +1 (212) 266-7465 Sector Head Automotive: Daniel Steinmetz (089) 3564-2806 Autor: Thomas Gronemeier (069) 136-86724 E-Mail: [email protected] www.commerzbank.de/branchen VKS 04014
Autozulieferer
04 Management Summary 04 SWOT Autozulieferer
05 Die Branche im Überblick 05 Konjunkturelle Entwicklung
05 Risiken im Branchenumfeld steigen
06 Profil der Branche 06 Welt: Produktionsstandort China weiter im Aufwind 07 Deutschland: Die Zulieferindustrie als ein Teil des Fahrzeugbaus
07 Nachfrage 07 Welt: nachlassende Dynamik 08 Deutschland: Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau 09 Abnehmer: Spezialisierung auf eine Abnehmerbranche reduziert Möglichkeiten zur Diversifizierung
10 Angebot 10 Produktionsschwerpunkte der OEM verlagern sich in Richtung Emerging Markets 11 Wettbewerbsintensität der Zulieferunternehmen in Deutschland: Bedeutung von Kooperationen verstärkt sich
12 Kosten 12 Materialkosten bleiben durch steigende wertschöpfungsintensive Zulieferungen hoch
14 Ertragslage 14 2016 Rückgang der Margen zu erwarten 14 Wettbewerbsdruck in der Branche bleibt hoch 15 Insolvenzrisiko vor Wiederanstieg
15 Langfristige Trends 15 Deutliche Veränderungen auf der Angebotsseite – zieht die Nachfrage mit? 16 Künftig reduziertes Wachstum sowie Verschiebungen in den Segmenten 17 Veränderte Rahmenbedingungen führen zu einer weiteren Konsolidierungswelle 18 Technologischer Wandel durch global steigende Emissionsstandards 19 Komplexität und Qualitätsanforderungen als Herausforderung 19 Einfluss der Digitalisierung auf Produktion und Geschäftsmodelle
21 Erfolgs- und Risikofaktoren
21 Erfolgsfaktoren 22 Risikofaktoren
23 Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen
23 Glossar
4 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
Management Summary
• Das Wachstum der Weltwirtschaft sinkt tendenziell und die Risiken von konjunkturellen Einbrüchen bzw. wirtschaftlichen Krisen neh-
men aufgrund der gesteigerten Wahrnehmung der zahlreichen Unsicherheitsfaktoren in den einzelnen Regionen zu. Als Folge wird das
Marktumfeld für die Unternehmen der Branche schwieriger.
• Die Weltmarktanteile der Herstellerländer werden sich weiter in Richtung Emerging Markets verschieben, allerdings mit abnehmender
Geschwindigkeit. Bei den OEM und OES erhöht sich zukünftig konzernintern der internationale Standortwettbewerb.
• Zulieferer müssen sich den globalen Produktionsnetzwerken sowie der immer stärkeren Modularisierung stellen. D.h., hohe Volumina
sind in erstklassiger Qualität vor Ort in den wesentlichen Automobilmärkten kostenoptimal zu produzieren. Eine Tiefenlokalisierung auf-
grund hoher Local-Content-Anforderungen einzelner Regierungen wird zum Erfolgsfaktor.
• Die Digitalisierung erfordert hohe Investitionen in Know-how und Technologie. Nicht nur neue Geschäftsmodelle rund ums Auto entste-
hen, sondern auch neue Herausforderungen, aber auch Chancen bei der Produktion auf dem Wege zur Industrie 4.0.
• Nach dem VW-Dieselskandal werden Zulieferer im Bereich Emissionsreduktion profitieren. Die Dieseltechnologie selbst dürfte jedoch
zumindest bei Klein- und Kleinstwagen mittelfristig an Schub verlieren, bleibt jedoch aufgrund der CO2-Ziele bis weit in die nächste De-
kade unverzichtbar. Systeme der Elektrifizierung, nicht zuletzt die 48-Volt-Technologie, dürften hingegen profitieren.
• Vor dem Hintergrund steigender finanzieller und technischer Anforderungen an die Zulieferer steigt die Wettbewerbsintensität erheblich
an. Als Folge nimmt die Notwendigkeit zu Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen der vor- und nachgelagerten
Wertschöpfungsstufen mit dem Ziel der Kostenersparnis und Synergieerzielung zu. Auch dürfte es zu einer weiteren Konsolidierung in
der Zuliefererindustrie kommen, vor allem durch Zusammenschlüsse sowie Übernahmen aus Asien und den USA.
• Für das vollständig autonome Fahren auf der Autobahn und im Stadtverkehr sind noch hohe rechtliche und technische Hürden zu über-
winden. Der Weg dorthin über Assistenz-, Kommunikations- und Telematiksysteme ist jedoch ein wesentlicher Treiber der Branche. Der
Kampf um die Marktanteile hat bereits begonnen, teilweise mit ganz neuen Marktteilnehmern.
SWOT Autozulieferer Stärken und Schwächen beziehen sich auf die aktuelle Situation, während Chancen und Risiken sich auf erwartete Entwicklungen beziehen.
Stärken / Strengths
• Globaler Footprint (signifikanter Umsatzanteil in China sowie
am US-Markt) und breite Kundenstruktur
• Fähigkeit, global große Volumina in bester Qualität zu optima-
len Preisen liefern zu können
• Enger Innovationspartner der OEM mit Alleinstellungsmerkma-
len bzw. Markt-/Technologieführerschaft in vielen Segmenten
• „Problemlöser“ insbesondere bei den Themen CO2-Reduktion
und Gewichtseinsparung
• Hohes Werkstoff- und Produktionsprozess-Know-how
• Hoher Umsatzanteil mit Premiumherstellern
Chancen / Opportunities
• Partizipation am Wachstum in den Emerging Markets (z.B.
ASEAN, Mexiko, Türkei, Südafrika) durch lokale Produktion
• Trend zu Fahrzeugen mit geringem Verbrauch, Emissionsreduk-
tion bzw. alternativen Antrieben
• Global zunehmendes Aftermarket-Geschäft
• Optimierung der Kostenstrukturen durch Local-Sourcing, mo-
dulare Produktion, Bildung von Allianzen oder Einbindung in
Automobil-Cluster
• Strategisch sinnvolle Akquisitionen tätigen: Erschließung von
neuen Märkten/Kunden und Know-how (z.B. Elektronik, Soft-
ware, Werkstoffe)
Schwächen / Weaknesses
• Teilweise zu geringe Diversifikation bezüglich Kunden, Regio-
nen, Modellen, Produkten
• Bei Standardprodukten hoher Konkurrenzdruck, insbesondere
durch ausländische Anbieter
• Produkte nur unzureichend auf Anforderungen (Design, Tech-
nik, Preis) der Wachstumsmärkte eingestellt
• Margendruck aufgrund hohen Innovationsaufwands, steigender
Kosten und Preisanpassungsanforderungen der OEM und Tier-
1-Zulieferer bei Konzentration auf immer weniger Zulieferer
• Digitalisierung nicht immer Chefsache
Risiken / Threats
• Hoher Finanzbedarf durch steigende Ausgaben im Bereich For-
schung und Entwicklung (F&E)
• Aufbau von OEM-Kapazitäten in Asien erhöht den Druck auf
Zulieferer, ebenfalls in neue Standorte zu investieren
• Zunehmende Benachteiligung von kleineren Mittelständlern bei
Ausschreibungen durch „Global Player“
• Verdrängung einzelner Produkte durch technologischen Wandel
(Elektrifizierung, Werkstoffe etc.)
• Kooperationen unter den OEM sowie die Einführung von Mo-
dulbaukästen erhöhen den Preisdruck
• Steigender Margendruck in China
• Zunehmender Protektionismus in den Ländern
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 5
Die Branche im Überblick Konjunkturelle Entwicklung
Risiken im Branchenumfeld steigen Chance: aufstrebende OEM in den Emerging Markets als neue Abnehmer gewinnen Risiko: plötzlicher Konjunktureinbruch infolge sich gegenseitig verstärkender politischer und
ökonomischer Krisenherde
Nachdem 2015 für die Länder des Euroraums bereits ein Jahr des verhaltenen Aufschwungs war,
wird sich dieser Aufschwung abgeschwächt fortsetzen. Auch in anderen wichtigen Ländern wird sich
die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamen bzw. weiter negativ verlaufen. So kommen gemischte
Signale aus den USA: Einerseits profitieren die Konsumenten vom niedrigen Öl- bzw. Benzinpreis, an-
dererseits sinken die Investitionen im Energiesektor, während der Anteil notleidender Kredite steigt.
Auch in China lässt die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung etwas nach, dennoch bleiben die
Zuwachsraten im Vergleich mit den Ländern der Triade hoch. Indiens Dynamik ist nach offizieller Ver-
lautbarung höher als in China, allerdings bleibt das Land anfällig für wirtschaftliche Einbrüche. Dem-
gegenüber stehen mit Russland und Brasilien andere BRIC-Staaten, die infolge des Rückgangs der
Rohstoffpreise und der Verkrustung der Wirtschaft nach 2015 voraussichtlich auch 2016 deutliche BIP-
Rückgänge erleben werden. Insgesamt rechnen wir 2016 für die Welt mit einem Wachstum von knapp
3% und damit ähnlich hoch wie 2015. Für die Branche wird das Marktumfeld aufgrund der negativen
Tendenzen in relevanten Teilmärkten allerdings schwieriger.
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Auftragseingang Produktion Jahresdurchschnitt
Deutschland: geringe Schwankungen bei moderaten Zuwächsengleitende 6-Monatsveränderung, Veränderung ggü. Vorjahr in %
Quellen: Destatis, Feri 2016, *Commerzbank-Prognose
In Verbindung mit den negativ beladenen ökonomischen Signalen ist die Einschätzung der Unter-
nehmen der Branche in Bezug auf die zukünftige Entwicklung spürbar gefallen, während die aktuelle
Lage als weitaus positiver eingeschätzt wird. Dies zeigt sich auch in der nach wie vor hohen Kapazi-
tätsauslastung der Unternehmen in Deutschland. Gemäß ifo-Umfrage für das erste Quartal 2016 lag
diese bei den Autozulieferern mit 84,7% über dem Vergleichswert von 2015 (84,2%) und dem
Durchschnitt der letzten 10 Jahre (83,6%). Trotz der Eintrübung des weltwirtschaftlichen Klimas ist
2016 mit einem Plus der Produktion von knapp 2% zu rechnen.
Die Weltwirtschaft wächst … … aber die Risiken für konjunkturelle Einbrüche nehmen zu Rahmenbedingungen für die Autozulieferer in Deutschland werden schwieriger
Nach gutem Start zu Beginn von 2015 verschlechterten sich im Jahresverlauf Auftragseingänge und Produktion deutlich
Aktuelle Kapazitätsauslastung besser als 10-jähriger Durchschnitt
Trotz Verschlechterung der ökonomischen Rahmen-bedingungen moderates Wachstum der Branche
6 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
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Aktuelle Geschäftslage Geschäftserwartungen
Deutschland: Erwartungen brechen zum Jahresbeginn einSaldo, in Prozent, saisonbereinigt
Quelle: ifo-Institut 2016
Profil der Branche
Welt: Produktionsstandort China weiter im Aufwind
Der Straßenfahrzeugbau ist eine stark globalisierte Branche. Infolge des wirtschaftlichen Auf-
schwungs in China und anderen Schwellenländern haben sich in den letzten Jahren die Anteile an glo-
baler Produktion und Absatz drastisch verschoben. Trug die Triade im Jahr 2005 zusammen noch
knapp 75% dazu bei, ging bis 2015 der Anteil auf etwas über 50% zurück. Vor allem Japan verlor an
Bedeutung, der Marktanteil sank um 10%-Punkte von 19% auf 9%, aber auch die EU ohne Deutsch-
land fiel in diesem Zeitraum mit einem Rückgang von 7%-Punkten ähnlich stark zurück auf 15%. Die
Abnahmen in Deutschland und den USA waren hingegen weniger deutlich. Im Jahr 2005 betrugen die
Anteile noch 15% bzw. 19%, 2015 dann entsprechend nur noch 12% bzw. 16%. Bei dieser Betrach-
tung gilt es allerdings, die Euroschwäche gegenüber dem US-Dollar mit einzubeziehen, der für Europa
den Effekt überzeichnet bzw. den Rückgang in den USA abschwächt.
Die Dynamik der Entwicklung nimmt angesichts der sinkenden Zuwachsraten bei der Nachfrage ab,
ist aber noch nicht abgeschlossen. Zahlreiche OEM und mit ihnen die Zulieferunternehmen haben in
den Wachstumsregionen der Welt Kapazitäten aufgebaut bzw. bauen sie zurzeit weiter aus. Vor dem
Hintergrund der bestmöglichen Auslastung stehen die Standorte der Unternehmen in den jeweiligen
Regionen verstärkt im Wettbewerb miteinander.
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22%14%
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19% Brasilien
China
Mexiko
Japan
Europäische Union exDeutschlandDeutschland
USA
Übrige Welt
Welt 2005: Industriestaaten dominieren Welt 2015: China der bedeutendste Markt Umsatzanteile im Straßenfahrzeugbau Umsatzanteile im Straßenfahrzeugbau
28%
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Quellen: Nationale Statistische Ämter, Feri 2016, Commerzbank-Prognosen
Große Verschiebungen bei den Weltmarktanteilen der Herstellerländer Produktionsstandort Deutschland verliert nur leicht an Bedeutung – Anteil 2005: 15%, 2015: 12%
Vor dem Hintergrund sinkender Zuwachsraten stehen Produktionsstandorte in den Regionen verstärkt im Wettbewerb miteinander
Japan und EU haben stark an Bedeutung verloren
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 7
Deutschland: die Zulieferindustrie als ein Teil des Fahrzeugbaus
Die Autozulieferbranche in Deutschland erzielte 2015 einen Umsatz von etwa 79 Mrd. Euro und
gehört damit allein betrachtet nicht zu den großen Industriebranchen im Land. In Relation zum Verar-
beitenden Gewerbe liegt der Anteil an der Bruttowertschöpfung bei etwa 5%, die über 300 Tausend
Beschäftigten machen knapp 6% der im Verarbeitenden Gewerbe angestellten Personen aus. Infolge
ihrer Fokussierung auf die spezifische Abnehmerbranche Straßenfahrzeugbau, die in Deutschland eine
der Kernindustrien darstellt, sind die Autozulieferer in einem größeren Kontext zu betrachten. Ihre
wahre Bedeutung wird anhand der geringen Fertigungstiefe der Fahrzeughersteller deutlich. Durch
Outsourcing wurden in Abhängigkeit des einzelnen OEM wesentliche Fertigungs-/Produktionsprozesse
den Zulieferunternehmen übertragen, so dass gemessen am Anteil der Bruttowertschöpfung am erziel-
ten Umsatz nur noch etwa 19% der Gesamtleistung von den Fahrzeugproduzenten selbst erbracht
werden. Allerdings zählen Zulieferungen von Unternehmen aus dem Metallgewerbe und der Gummi-
und Kunststoffverarbeitung nach der statistischen Abgrenzung (siehe Erläuterungen und Abkürzungen)
nicht zur Autozulieferbranche im engeren Sinne, auch wenn sie wie die Hersteller von Bereifungen
überwiegend für die Autohersteller fertigen.
WZ Subbranchen Umsatz Anteil Produktion ggü. Vorjahr
2008 Mrd. Euro in % in %
2015 2015 2015* 2016*
Welt
29 Straßenfahrzeugbau 3571 100 5 3
293 Autozulieferer 969 26 5 3
Deutschland
29 Straßenfahrzeugbau 434 100 2 2
293 Autozulieferer 79 18 2 2 Quellen: Destatis, nationale Statistiken, Feri 2016, *Commerzbank-Prognosen, Deutschland 2015 Ist-Zahlen
Der Schwerpunkt der Branche nach der statistischen Abgrenzung liegt in der Fertigung von Karos-
serien, Autositzen, Achsen u.ä. Im Zuge der steigenden Bedeutung der Elektronik im Fahrzeug – vor
dem Hintergrund z.B. der Elektrifizierung des Antriebsstranges bzw. der steigenden Anforderungen an
den CO2-Ausstoß oder auch der Vernetzung des Pkw – wird der Umsatzanteil der Hersteller von elekt-
rischen und elektronischen Komponenten ansteigen. Die Unternehmenskonzentration ist im Vergleich
mit dem Verarbeitenden Gewerbe wesentlich weiter fortgeschritten. Prägend für die Branche sind die
Betriebe mit einem Umsatz höher als 50 Mio. Euro, die 13% der gesamten Unternehmen ausmachen
(Verarbeitendes Gewerbe: ca. 2%), aber 93% des Umsatzes auf sich vereinigen (Verarbeitendes Ge-
werbe: 78%).
Nachfrage
Welt: nachlassende Dynamik Chance: hohes Nachfragepotenzial durch steigenden Wohlstand in Emerging Markets Risiko: Rückfall Europas in den Krisenmodus
Die Nachfrage nach Fahrzeugteilen korrespondiert nicht nur mit der Nachfrage nach Fahrzeugen,
sondern auch mit dem wachsenden After-Sales-Markt. Auf die Welt als Ganzes bezogen ist sie vor
allem abhängig von der globalen Konjunktur- und Einkommensentwicklung. In den jeweiligen Ländern
wiederum ist neben der wirtschaftlichen Lage entscheidend, ob ein Ersatzbedarf wie in den
gesättigten Märkten der Industrieländer vorherrscht oder ein Nachholbedarf dominiert, wie er in den
Emerging Markets anzutreffen ist. Bei einer Automobil-Dichte pro Tausend Einwohner in den USA von
etwa 800 (2013) und in Deutschland von über 500 gegenüber den deutlich geringeren Werten für Chi-
na (90) und Indien (rund 20) zeigen sich die Unterschiede in den Wachstumspotenzialen deutlich.
Aber Potenzial allein nützt der Branche wenig. Entscheidend ist die höhere wirtschaftliche Dynamik in
Autozulieferer haben durch Outsourcing der OEM einen hohen Fertigungs- und Wertschöpfungsanteil bei Fahrzeugen
Standort Deutschland weiter mit positiven Zuwachsraten
Branchenstruktur in Deutschland geprägt von vielen kleineren Spezialisten und wenigen großen Unternehmen
In den westlichen Industriestaaten überwiegend Ersatzbedarf, ...
… während steigender Wohlstand und eine geringe Autodichte die Nachfrage in den Emerging Markets forcieren
8 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
den sogenannten Emerging Markets, die zu hohen Einkommenszuwächsen und entsprechender Nach-
frage führt, wie ein Blick auf die einstigen Hoffnungsträger Brasilien und Russland zeigt, die mit Re-
zessionen und damit verbundener sinkender Nachfrage zu kämpfen haben. Selbst China weist abneh-
mende Zuwachsraten auf, wobei diese im Vergleich mit Europa und den USA immer noch
überdurchschnittlich hoch sind. Die Umsatzzuwächse werden außerhalb der westlichen Industriestaa-
ten zwar weiter höher sein (durchschnittlicher Anstieg der nominalen Nachfrage 2015-2025: Westeu-
ropa: 2-3%; Nordamerika: 2-3%; Südamerika: 3-4%; Asien: 4-6%) aber sich denen der westlichen
Industriestaaten angleichen. In der Europäischen Union wird sich 2016 die Erholung bei den Neuzu-
lassungen von Kfz, die Ende 2014 in den wichtigsten Ländern begonnen hatte, fortsetzen. Allerdings
bleiben die Zuwachsraten in den einzelnen Ländern hierbei zumeist relativ niedrig. Die USA, in den
vergangenen Jahren auf Expansionskurs, schalten nun einen Gang zurück. Der dortige Markt hat 2015
allerdings wieder alte Höchststände bei den Neuzulassungen von vor der Krise im Jahr 2008 erreicht,
während die EU davon noch weit entfernt ist. Vor diesem Hintergrund sind diese Zuwächse eher als
Markterholung zu interpretieren, auch wenn zumindest die Umsätze bereits über dem Vorkrisenlevel
liegen.
Straßenfahrzeugbau: reale Nachfrage in Kernländern Europas steigt leicht an Inländischer Markt (Umsatz - Exporte + Importe) in Mrd. Euro
Marktgröße Inlandsnachfrage, real
2015 2013 2014 2015* 2016*
in Mrd. Euro Veränderung ggü. Vorjahr in %
Brasilien 49 9 -13 -11
China 1097 12 12 8
Deutschland 306 1 0 5
Frankreich 117 -1 4 4
Großbritannien 120 10 11 7
Italien 63 -15 6 10
Indien 52 -12 -4 7
Japan 215 -5 1 -2
Mexiko 25 -3 -2 7
USA 715 6 9 6
Quellen: Destatis, nationale Statistiken, Feri 2016, *Commerzbank-Prognosen
Deutschland: Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau
Von vereinzelten Ausreißern abgesehen entwickelten sich in der Vergangenheit die Auftragsein-
gänge aus dem In- und Ausland weitgehend ähnlich in Bezug auf die Richtung der Bewegung. Erst
2012 kam es zu einer verstärkten Ausdifferenzierung des Orderverhaltens. Die Nachfrage aus den
Ländern der Euro-Zone war zunächst rückläufig, stagnierte dann auf einem niedrigeren Niveau und
zog seit Ende 2014 wieder leicht an. Die Länder außerhalb der Euro-Zone hingegen zeigten sich weit-
aus dynamischer. Hier zog die Nachfrage Anfang 2013 deutlich an, um dann auf einem hohen Niveau
zu verharren. Die Zeit der hohen Steigerungsraten scheint vorerst vorbei zu sein, die Verschlechterung
der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Aufbau von Kapazitä-
ten im außereuropäischen Ausland, der Exporte zum Teil obsolet macht.
Der Auslandsumsatzanteil für die Zulieferunternehmen in Deutschland von 37,5% (2015) ist im
Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe unterdurchschnittlich (48,2%). Allerdings zählen hierzu nur
die direkten Ausfuhren von Kfz-Teilen, nicht aber die indirekte Auslandsnachfrage nach Fahrzeugteilen
in Form von Pkw, die aus Deutschland exportiert werden. Bei knapp 4,3 Mio. ausgeführten Fahrzeu-
gen (2015) ist dies ein wesentlicher Absatzkanal für die Zulieferunternehmen, deren wirtschaftlicher
Erfolg somit von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der OEM abhängt. Damit kommt der Struk-
tur der Kunden bzw. deren Positionierung in gesättigten und wachsenden Märkten der Emerging Mar-
kets eine entscheidende Rolle zu.
Trotz vereinzelter Krisen in den Emerging Markets bleibt insgesamt betrachtet die Nachfragedynamik höher als in westlichen Industriestaaten
Chinas Zuwachsraten gehen zurück Dynamik in Europa aufgrund sinkender Produzentenpreise nach oben verzerrt
Bis Ende 2011 weitgehend paralleles Orderverhalten der Nachfrager
Leichte Erholung der Nachfrage aus dem Euro-Raum, … … aber die Zeit der hohen Steigerungsraten von außerhalb der Euro-Zone sind vorbei
Wirtschaftlicher Erfolg der Zu-lieferer hängt nach wie vor stark vom Exporterfolg der OEM ab
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 9
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Inland Euro-Ausland Nicht-Euro-Ausland Ausland
Auftragseingänge Deutschland: Anstieg zum JahreswechselVolumenindex, Autozulieferbranche saisonbereinigte Monatswerte, gleitender 3-Monatsdurchschnitt, Index 2004 = 100
Quellen: Destatis, Feri 2016
Der Schwerpunkt der direkten Ausfuhren konzentriert sich nach wie vor auf die Länder der EU. In
den vergangenen Jahren hatte deren Bedeutung stark abgenommen. So wurden 2015 noch etwa 54%
aller Ausfuhren in Länder der EU abgesetzt, nach 64% im Jahr 2009. Die Abwärtsentwicklung wurde
in Verbindung mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen allerdings zuletzt ge-
stoppt und es erfolgte eine Stabilisierung des Exportanteils. Somit bleibt Europa für die Unternehmen
weiterhin wichtig, allerdings haben innerhalb der EU die osteuropäischen Märkte durch den Aufbau
von Kapazitäten durch die OEM und Zulieferer in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dar-
über hinaus verfügen viele Unternehmen über Fertigungsstätten in den Produktionsländern der OEM
und bedienen die Abnehmer direkt. Die Bedeutung des nichteuropäischen Auslands für die deutschen
Autozulieferer ist somit deutlich höher als der eigentliche Auslandsumsatz- bzw. Exportanteil. Unab-
hängig von der Art, wie die Märkte bedient werden, gilt es für Unternehmen auf Wachstumskurs, den
Geschäftsanteil in den Emerging Markets zu erhöhen, um trotz vorkommender Schwankungen der
Nachfrage langfristig von den höheren Wachstumsraten dort partizipieren zu können.
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Einfuhr 201028,6 Mrd. Euro
Einfuhr 2015 39 Mrd. Euro
Andere Länder
China
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USA
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NMS
EU-15
Autozulieferer in Deutschland: China nach EU größter ExportmarktAußenhandel nach Regionen, Anteile in Prozent, 2016
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Ausfuhr 201040,5 Mrd. Euro
Ausfuhr 201555,9 Mrd. Euro
Quellen: Destatis, Feri 2016
Abnehmer: Spezialisierung auf eine Abnehmerbranche reduziert Möglichkeiten zur Di-
versifizierung
Die Autozulieferer sind – von wenigen Ausnahmen wie der des Direktvertriebes von Ersatzteilen an
den Handel abgesehen – letztlich auf die OEM im In- und Ausland ausgerichtet. Innerhalb der Abneh-
merschaft der OEM können die Zulieferer sowohl regional als auch in Bezug auf unterschiedliche Mo-
delle bzw. Fahrzeugtypen diversifizieren, um Nachfrageschwankungen auszugleichen. Diese Alternati-
ve ist auch vor dem Hintergrund des verstärkten Kapazitätsaufbaus der OEM in den Absatzmärkten
Nicht-Euro-Ausland wieder mit höherer Dynamik
Großteil der Ausfuhren gehen in die Staaten der EU Osteuropa hat als Produktions-standort deutscher Unternehmen an Bedeutung gewonnen, … … aber auch in den Emerging Markets werden mittlerweile etliche Werke betrieben bzw. Kapazitäten aufgebaut
China größter Einzelmarkt, aber hohe Verflechtungen der Lieferbeziehungen innerhalb Europas Handelsbeziehungen zu den ASEAN-Staaten noch wenig ausgeprägt
OEM strukturbedingt einziger Abnehmer von Produkten der Autozulieferer, ...
10 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
differenziert zu betrachten. Denn die Produktion vor Ort soll die dort steigende Nachfrage direkt be-
friedigen und wird in den nächsten Jahren einen größeren Teil der bisherigen Exporte der OEM erset-
zen. Inwiefern inländische Zulieferer an der Fertigung der OEM im Ausland beteiligt sind, hängt
grundsätzlich von ihren finanziellen und organisatorischen Fähigkeiten ab, im Ausland Kapazitäten
aufzubauen. Die Zusammenarbeit mit Herstellern aus den Emerging Markets wiederum erfordert die
Fähigkeit, die spezifischen Anforderungen dieser Kunden bzw. Märkte erfüllen zu können. Für tech-
nisch anspruchsvolle und hochpreisige Produkte ist in den Emerging Markets mit Ausnahme des Pre-
miumsegmentes die Nachfrage noch gering. Insofern müssen abgespeckte Versionen der Produkte
günstig angeboten werden können. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein zweites Geschäftsfeld
im Non-Automotive Bereich aufzubauen bzw. zu verstärken.
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2005 2007 2009 2011 2013 2015Brasilien China Frankreich Deutschland
Großbritannien Indien Russland USA
Neuzulassungen: Zuwachsraten in China flachen ab Index, Anzahl der Neuzulassungen von Kfz, 2005 = 100 ohne Emerging Markets
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2005 2007 2009 2011 2013 2015
Quellen: OICA 2016, Commerzbank
Angebot
Produktionsschwerpunkte der OEM verlagern sich in Richtung Emerging Markets Chance: Ausbau des Dienstleistungs- und Serviceanteils im Produktportfolio Risiko: Verlust an Wettbewerbsfähigkeit durch Vernachlässigung von F&E
Der Trend, in der Nähe stark wachsender Absatzmärkte bzw. nahe beim Kunden zu produzieren,
setzt sich fort. Dadurch kann gezielter auf Kundenwünsche eingegangen werden, wobei neben Kos-
tenaspekten auch politische Maßnahmen der jeweiligen Regierungen dieser Länder eine Rolle spielen.
Im Rahmen einer auch in westlichen Ländern zunehmend beobachtbaren Renationalisierung der Wirt-
schaftspolitik hat sich eine Spirale von steuerlichen Erleichterungen, direkten finanziellen Zuschüssen,
Verschärfung der Zollvorschriften usw. in Gang gesetzt. Das Ziel dabei ist es Anreize für eine lokale
Wertschöpfung zu setzen.
Von den Investitionen profitieren aufgrund ihrer im Vergleich zu den Industriestaaten höheren wirt-
schaftlichen Dynamik in erster Linie die großen Länder der Emerging Markets, in denen die westlichen
OEM und in ihrem Gefolge auch vermehrt deren Zulieferer Kapazitäten aufgebaut haben und weiter
aus- und aufbauen werden. Das Ziel bestand darin, die steigende Nachfrage auf diesen Märkten mit
Produktionsstätten vor Ort bedienen zu können. Allerdings beginnt sich die Entwicklung in den jewei-
ligen Ländern vermehrt zu differenzieren. So kann von den BRIC-Staaten allein nur noch China nach
wie vor mit relativ hohen Zuwachsraten aufwarten, während verschiedene politische und wirtschaftli-
che Faktoren in den anderen Ländern Rücksetzer nach sich gezogen haben. Des Weiteren konnten
auch Mexiko, verschiedene ASEAN-Staaten, die Türkei oder die Staaten Mittel- und Osteuropas von
dem zunehmenden Engagement in- und ausländischer OEM profitieren. Entscheidende Motive dabei
waren einerseits nah an den jeweiligen Märkten Japan, EU und USA zu produzieren, andererseits das
… oder als Alternative der Aufbau bzw. die Stärkung des Non-Auto-motive-Bereiches
… daher Diversifizierung nur über Modelle, Regionen und OEM hinweg möglich …
Märkte in Brasilien und Russland im Rückwärtsgang, Zulassungen bei 3,3 und 2,5 Mio. Kfz; Indien stagniert mit 3,2 Mio. Kfz
Trend, nah beim Kunden zu fertigen, setzt sich fort Vermehrte Anreizsetzung von Direktinvestitionen ausländischer Produzenten durch Regierungen im Ausland Wirtschaftliche Entwicklung in BRIC-Staaten klafft immer stärker auseinander
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 11
niedrigere Kostenniveau bei gleichzeitig verbesserten Rahmenbedingungen in diesen Ländern (Infra-
struktur und Ausbildungsstand der Arbeitnehmer) für sich zu nutzen. Darüber hinaus stellten im Falle
Mexikos die zahlreichen Freihandelsabkommen einen Entscheidungsfaktor dar. Durch den fortschrei-
tenden Ausbau werden als Folge die westlichen EU-Staaten, Japan, Korea und – wenn auch in einem
geringeren Ausmaß – die USA Anteile an der Produktion zugunsten dieser Standorte verlieren.
Straßenfahrzeugbau: große regionale Unterschiede Reale Produktion (Index) in Prozent ggü. Vorjahr
2013 2014 2015* 2016*
Welt 4 5 3 3
Brasilien 10 -17 -26 -13
China 12 12 7 5
Deutschland 2 4 2 2
Frankreich -6 4 5 2
Großbritannien 9 8 6 5
Indien -9 -3 6 6
Japan -2 1 -3 1
Mexiko 6 11 6 5
Russland 6 -13 -21 -7
USA 7 10 7 2
Quellen: Destatis, Feri 2015, *Commerzbank-Prognosen
China hat die USA als den größten Produktionsstandort im Straßenfahrzeugbau abgelöst, dabei war
das Tempo des Aufholprozesses in den letzten Jahren rasant. So stieg der Anteil am Weltumsatz von
6% im Jahr 2005 auf 30% im Jahr 2015. Bezogen auf Produktionsindex und produzierte Stückzahlen
kann allerdings eine Abflachung der Zuwachsraten festgestellt werden. Die Ursache ist neben einer
geringeren Nachfrage statistischer Natur infolge des Basiseffektes. Trotz absolut steigender Exporte
von Kfz und -teilen wird in China relativ betrachtet weitgehend für den heimischen Bedarf der Bevöl-
kerung produziert. Seinen Ausdruck findet dies in einer im Vergleich zu Deutschland sehr niedrigen
Exportquote von 5% (Deutschland 2015: 53%).
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
2005 2007 2009 2011 2013 2015Brasilien China Frankreich Deutschland
Großbritannien Indien Mexiko USA
Produktion: USA mit geglücktem Wiederaufstieg Index, Anzahl der gefertigten Kfz, 2005 = 100 ohne Emerging Markets
40
60
80
100
120
2005 2007 2009 2011 2013 2015
Quelle: OICA 2015
Wettbewerbsintensität der Zulieferunternehmen in Deutschland: Bedeutung von Koope-
rationen verstärkt sich
Die Wettbewerbssituation für die Autozulieferer wird nur vordergründig durch die Unternehmens-
struktur im Straßenfahrzeugbau bestimmt, in der vergleichsweise wenige OEM einer Vielzahl von Au-
tozulieferern gegenüberstehen. Zum einen ist die Branche in Bezug auf ihre Struktur nicht homogen.
Viele Mittelständler in Deutschland haben sich in den letzten Jahren zu großen Wirtschaftseinheiten
Produktionsanteile von Japan, westlicher EU-Staaten, Korea und USA werden in Zukunft weiter sinken
Westliche Industrieländer mit solidem Wachstum; Märkte von Russland und Brasilien schrumpfen
China weltgrößter Produktions- und Absatzmarkt in Bezug auf Kfz und -Teile Chinas Autozulieferindustrie ist auf den Binnenmarkt ausgerichtet
Starker Rückgang im Produktionsstandort Frankreich, Deutschland mit konjunkturell bedingten Höhen und Tiefen
12 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
entwickelt, die ganze Systemkomponenten in ihrem Produktportfolio haben und durch ihre Größe eine
gewisse Machtposition innehaben. Zum anderen existieren viele kleine Unternehmen, die sich wieder-
um als Spezialisten in einer Nische unentbehrlich machen. Gleichzeitig sind in einer stark von interna-
tionalen Lieferbeziehungen geprägten Branche auch vermehrt die ausländischen Wettbewerber in die
Betrachtung mit einzubeziehen. Daraus ergeben sich differenzierte Formen von abgestuften Bezie-
hungen, die die spezifische Wettbewerbssituation der Unternehmen prägen.
Beeinflusst wird der Wettbewerb durch verschiedene Trends (s. Langfristige Trends). So führt die
steigende Anzahl von Kooperationen der OEM untereinander zu einer größeren Einkaufsmacht der
Hersteller. Darüber hinaus straffen diese ihr Zuliefernetzwerk. In Verbindung mit dem Aufbau von Ka-
pazitäten in den Wachstumsmärkten und der zunehmenden Bedeutung von Baukastensystemen bei
der Fahrzeugproduktion steigen die Anforderungen an die Zulieferer. Sie müssen in der Lage sein, ein
hohes Volumen an Bauteilen in der gewünschten Qualität liefern zu können. In der Praxis läuft es dar-
auf hinaus, dass die Zulieferer den OEM oft ins Ausland folgen und dort ebenfalls Werke aufbauen, um
nah am Kunden zu sein. In Bezug auf die Lieferung von Ersatzteilen für ältere Modelle oder bei Auf-
trägen im Kleinserienbereich kann als Alternative zu Werksaufbau oder Export in Abhängigkeit des
Produktes aber auch eine additive Fertigung (s. Glossar) direkt beim Kunden sinnvoll sein.
Vor dem Hintergrund strenger werdender Abgas- bzw. Verbrauchsregeln in den westlichen Indust-
riestaaten und dem steigenden Anteil an Elektronik im Fahrzeug stehen die Zulieferer vor der Heraus-
forderung, in enger Zusammenarbeit mit den OEM und anderen Zulieferern verstärkte Produktent-
wicklung zu betreiben. Dies gilt besonders für Unternehmen, die an der Wertschöpfungskette
angrenzen. In Einzelfällen kann sich auch ein Zusammenschluss von Konkurrenten anbieten. In die-
sem Zusammenhang ist es einerseits entscheidend, den Wettbewerbsvorsprung gegenüber den aus-
ländischen Unternehmen durch technisch überlegene Produkteigenschaften zu halten bzw. auszubau-
en. Andererseits gilt es, den Anforderungen der OEM aus den Emerging Markets gerecht zu werden,
die in Bezug auf Kosten und technische Leistungsfähigkeit der Komponenten ein anderes Verständnis
haben und die Unternehmen vor besondere Herausforderungen stellen. Nur wer über ausreichende
finanzielle Ressourcen und Humankapital verfügt, um diesen Spagat leisten zu können, wird daher
langfristig im Wettbewerb bestehen können. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen sind da-
her der Aufbau von Netzwerken sowie das Eingehen von Kooperationen von Vorteil, um Kosten zu
sparen, Synergien zu realisieren und Risiken zu minimieren.
Kosten
Materialkosten bleiben durch steigende wertschöpfungsintensive Zulieferungen hoch
Chance: verstärktes Sourcing in Niedriglohnländern, Gleichteilestrategien sowie Erhöhung der Ma-terialeffizienz zur Kostensenkung nutzen
Risiko: Versorgungsengpässe durch Lieferbeschränkungen von Rohstoffen und Vorprodukten
Aufgrund einer hohen Spezialisierung entlang der Wertschöpfungskette kommen im Straßenfahr-
zeugbau die Vorleistungen zu einem großen Anteil aus der eigenen Branche, auch wenn diese ihren
Ursprung in anderen industriellen Bereichen haben. So stammen aus dem Metallgewerbe und aus
dem Bereich der Kunststoffverarbeitung zahlreiche Profile und Halbfertig-Erzeugnisse, die von den
Autozulieferern weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus werden z.B. mit Lacken und Reifen aber
auch Komponenten geliefert, die nahezu unverändert in den Produktionsprozess eingehen.
Kooperationen zwischen den OEM stärkt deren Einkaufsmacht
Druck auf die OES ist hoch, den OEM ins Ausland zu folgen. Gerade bei Kleinserien oder Lieferung von Ersatzteilen kann die additive Fertigung vor Ort eine Alternative zu Werksaufbau und Export sein. Zusammenarbeit der OES z.B. bei der Produktentwicklung zunehmend wichtiger
Wettbewerbsintensität in der Branche vom jeweiligen Produktportfolio abhängig
Vielstufige Lieferbeziehungen innerhalb der eigenen Branche
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 13
Andere Bereiche11%Maschinen-
bau4%
Elektrotechnik3%
Gummi-, Kunststoff-waren, Chemie7%
Unternehmens-bezogene Dienstleistungen, Verkehr13%
Straßen-fahrzeugbau51%
Metall-gewerbe11%
Straßenfahrzeugbau in Deutschland: intersektorale Verflechtung stark ausgeprägtVorleistungen nach Branchen, Anteile an Gesamt 2014
Quelle: Commerzbank-Schätzung auf Basis Destatis 2015
Der Personalkostenanteil hatte in der Zulieferindustrie lange Zeit eine fallende Tendenz, die bis
über die Mitte der 2000er Jahre hineinreichte. Gründe hierfür waren unter anderem Investitionen in
den Maschinenpark, wodurch die Arbeitsproduktivität zunahm, sowie das Outsourcing von arbeitsin-
tensiven Produktionsprozessen in Niedriglohnländer. Zum Ende des letzen Jahrzehnts begann sich
der Anteil zu stabilisieren. Der kurzfristige Anstieg 2009 war allerdings dem krisenbedingten Rück-
gang von Fertigung und Materialbedarf (und den gesunkenen Rohstoffpreisen) geschuldet, während
das Personal durch den vermehrten Einsatz von Kurzarbeit in den Unternehmen gehalten wurde, was
deren Kostenanteil in die Höhe getrieben hatte.
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10
20
30
40
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60
70
1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014*
Personalkosten + Sozialkosten
erweiterte Materialkosten (inkl. Kosten für Energie, Handelsware, Lohnarbeiten)
Autozulieferer in Deutschland: Materialkosten gewinnen an Bedeutung Kostenanteile an den gesamten Kosten in Prozent
Quellen: Destatis, Feri, *Commerzbank-Prognose 2014
Die große Bedeutung der Materialkosten in der Branche wird im Vergleich mit dem Verarbeitenden
Gewerbe deutlich. Deren Anteil an den Gesamtkosten ist mit rund 56% bei den Autozulieferern deut-
lich höher als im Schnitt der Industrie (45%). Dabei spielen wiederum die Personalkosten indirekt eine
Rolle, denn wegen des großen Bedarfs an Fachkräften vom Facharbeiter zum Ingenieur sind die Löhne
je Beschäftigten überdurchschnittlich hoch. Forschung und Entwicklung sind zentrale Erfolgsfaktoren
für die Zulieferer, insofern ist der Einsatz von qualifiziertem Personal hoch und wird relativ betrachtet
noch zunehmen. Viele Berufsfelder werden sich, getrieben durch die zunehmende Digitalisierung,
ebenso ändern, wie die damit verbundenen Anforderungen, wobei die Kompetenzen infolge des tech-
nischen Fortschritts einem schnelleren Wandel unterworfen sein werden. Durch die Spezialisierung
steigen die Wertschöpfungsanteile auf den einzelnen Zulieferungsstufen, insofern werden die Perso-
nalkosten der vorgeschalteten Wertschöpfungsstufen (ebenso wie die Kosten der verwendeten Materi-
Branchen außerhalb des Straßenfahrzeugbaus liefern viele Komponenten, die nur zum Teil unverändert im Produktionsprozess eingesetzt werden. Der Import-anteil der Vorleistungen beträgt 26,8% und liegt damit etwas unterhalb des Durchschnitts des Verarbeitenden Gewerbes (29,6%).
Rückgang des Material-kostenanteils 2009: gesunkene Rohstoffpreise und geringerer Materialbedarf bei nahezu unveränderten Personalbestand
Nachfrage nach Fachkräften wird zunehmen … … aber Personalkostenanteile werden auch in Zukunft nicht überproportional steigen … … Ursache ist die wachsende Wertschöpfung auf den jeweiligen Zulieferungsstufen, die sich in Materialkostenanteilen niederschlagen.
14 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
alien) in Form von steigenden Materialkosten weitergegeben. Im Ergebnis ist daher eine genaue Be-
trachtungsweise beider Kostenanteile notwendig. Dies ist auch vor dem Hintergrund sich ändernde
Rohstoffpreise notwendig, denn sinkende Rohstoffpreise wie 2015 reduzieren die Höhe des Kostenan-
teils im Unternehmen, weisen aber zum Teil einen durchlaufenden Effekt auf. Eine Interpretation der
Materialkostenanteile allein ist daher wenig aussagekräftig.
Autozulieferer in Deutschland: Materialkosten im Vergleich überdurchschnittlich hoch Anteil der einzelnen Kostenarten an den Gesamtkosten 2013
Sektor Material- verbrauch
Energie- verbrauch
Handelsware und
Lohnarbeiten
Personal-kosten
Sozialkosten insgesamt
SonstigeKosten
Verarbeitendes Gewerbe 44,5 2,2 15,1 15,2 3,3 19,8
Straßenfahrzeugbau 49,2 0,8 20,3 12,5 2,6 14,4
Autozulieferer 55,6 1,5 6,9 18,0 3,6 14,4
Hersteller von elektrischen und elektronischen Bauteilen 61,0 0,7 10,8 13,7 2,8 10,9
Hersteller von anderen Bauteilen ohne Fenster und Gummiprodukten 55,0 1,6 6,5 18,4 3,8 14,6
Quelle: Destatis 2015
Ertragslage
2016 Rückgang der Margen zu erwarten
Chance: Ausweitung des Produktportfolios im Bereich Dienstleistungen Risiko: Volatilität der Erträge durch Wechselkursschwankungen
Vor dem Hintergrund der langsamen, aber stetigen Erholung der Nachfrage in Europa seit Mitte
2014, der gesunkenen Rohstoff- bzw. niedrigen Ölpreise rücken nun wieder andere Themen in den
Vordergrund, die die Ertragslage beeinflussen. Darunter sind das Verhältnis der OEM zu ihren Zuliefe-
rern bzw. die Anforderungen an die Zulieferer hervorzuheben. Über die Einkaufsverbünde der OEM,
die Straffung der Bezugsketten sowie Setzung von Liefer- und Entwicklungskonditionen wird direkt
und indirekt ein stetiger Druck auf die Margen ausgeübt, der sich entlang der Zuliefererkette fortsetzt.
Dem sind vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen ausgesetzt. Die Tier-1-Zulieferer
können aufgrund ihrer Bedeutung den Herstellern auf Augenhöhe gegenübertreten und ihrerseits
Konzessionen von ihren Zulieferern erwarten. Größe und Wachstum können allerdings auch ein Teil
des Problems sein, nicht die Lösung. So zeigt sich nach den wirtschaftlichen guten Jahren, dass bei
einigen Unternehmen die internen Strukturen dem Anstieg von Absatz und Umsatz nicht hinreichend
gewachsen sind. In der Vergangenheit stand die Generierung von Effizienzgewinnen vor allem rund
um die eigene Produktion – Material- und Personaleinsatz – im Vordergrund. Die damit zusammen
hängenden administrativen Prozesse in den Bereichen Leitung, Controlling und Logistik wurden dabei
teilweise vernachlässigt. Diese optimal auf die sich ändernden Anforderungen auszurichten, geht über
die Frage der Identifizierung von Einsparpotenzialen bzw. deren Realisierung hinaus.
Laut Creditreform lag die Gesamtkapitalrentabilität der Branche im Durchschnitt der Jahre 2004 bis
2014 mit 6,2% niedriger als im Verarbeitenden Gewerbe (7,1%). Vom Krisenjahr 2009 war die Bran-
che besonders stark betroffen, der Wert sank auf 1,1% (Verarbeitendes Gewerbe: 5,5%). In der darauf
folgenden Erholung stieg die Gesamtkapitalrentabilität wieder deutlich, übertraf 2011 mit 8,0% die
des Verarbeitenden Gewerbes (7,8%), und ereichte 2014 immerhin 6,7% (Verarbeitendes Gewerbe:
7,1%). Daten für 2015 liegen noch nicht vor, dennoch gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass die Ren-
tabilität gegenüber dem Vorjahr weiter gestiegen ist. Allerdings dürfte ein vorläufiger Zenit erreicht
worden sein. Vor dem Hintergrund zunehmender politischer und wirtschaftlicher Risiken und abneh-
mender Dynamik in Bezug auf die Neuzulassungen in der Welt wird sich 2016 die Gesamtkapitalren-
Druck auf die Margen entlang der Zulieferkette betrifft vor allem kleine und mittelständische Unternehmen
Interne Unternehmensstrukturen wurden nur teilweise den sich infolge gewachsener Absatz- und Umsatzzahlen geänderten Anforderungen angepasst
Hohe Wettbewerbsintensität in der Branche sorgt außer in Boomzeiten für unterdurchschnittliche Renta-bilität im Vergleich mit Verar-beitendem Gewerbe
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 15
tabilität verschlechtern. In der langfristigen Betrachtung zeigt sich aber, dass es den Unternehmen der
Branche nur in sehr guten Jahren gelingt, besser als das Verarbeitende Gewerbe insgesamt abzu-
schneiden. Dies ist eine Folge des hohen Wettbewerbsdrucks innerhalb der Branche. Allerdings bieten
Trends – wie die Vernetzung des Fahrzeuges, Gewichtsreduzierung von Bauteilen oder auch die Elekt-
rifizierung des Antriebstranges – den betroffenen Unternehmen Chancen auf höhere Margen als im
Durchschnitt der Branche. Hierfür sind hohe Investitionen in Anlagen und F&E erforderlich.
Insolvenzrisiko vor Wiederanstieg
Die Insolvenzquote der Branche entspricht mit 0,9% (2014) in etwa der des Verarbeitenden Ge-
werbes insgesamt. Im Vergleich mit dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre (1,5%) hat sich die Situati-
on der Unternehmen deutlich verbessert. Mit Ausnahme einzelner Ausreißerjahre im Zuge der Finanz-
und Wirtschaftskrise 2009 oder 2011, in denen die Firmeninsolvenzen stark anstiegen, nahm das Risi-
ko der Zahlungsunfähigkeit in den letzten Jahren kontinuierlich ab und hat sich nun dem des Verarbei-
tenden Gewerbes angenähert. Ursache war einerseits die mit der Krise einhergehende Marktbereini-
gung, andererseits hatte die über die Jahre anhaltende sehr positive Branchenkonjunktur die Eigen-
kapitalausstattung der Unternehmen verbessert. Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden
weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. den damit verbundenen geringeren Zuwachsraten
sowie den nach wie vor vorhandenen strukturellen Probleme vieler kleinerer Unternehmen erhöht sich
das Insolvenzrisiko daher deutlich.
Langfristige Trends
Deutliche Veränderungen auf der Angebotsseite – zieht die Nachfrage mit?
Die Herausforderungen für die Automobilindustrie sind vielfältig. In den nächsten Jahren wird das
Thema Emissionsreduktion an Fahrt gewinnen. Hohe Investitionen in Technologie bzw. eine Vielzahl
von Antriebsalternativen sind die Folge. Daneben entwickeln sich aufgrund steigender Digitalisierung
völlig neue Angebote im Bereich Telematik, Kommunikationstechnik sowie Systeme zum automatisier-
ten Fahren. Diese beiden Megatrends wird es jedoch nicht umsonst geben und das Budget der einzel-
nen Käufer wird in vielen Teilen der Erde nicht substanziell wachsen, ggf. sogar sinken. Daher stellt
sich die Frage, wofür der Autokäufer im Jahre 2020 sein Geld investieren wird.
Insbesondere das Thema Emissionsreduktion beinhaltet einerseits die gesetzlich geforderten Ziel-
vorgaben und das technologisch Machbare. Auf der anderen Seite steht der Kundenwunsch nach
Fahrvergnügen und Lifestyle-Modellen, wie die ökologisch unvorteilhaften SUVs und Pick-ups. Sollte
der Ölpreis mittelfristig auf dem Niveau von Anfang 2016 bleiben, erfordert es noch höhere Anstren-
gungen, den Kunden für alternative Antriebe zu begeistern. Die Planungen der OEM und Zulieferer
können daher nur aufgehen, wenn für beides ein großer gemeinsamer Nenner gefunden werden kann.
Starke Klimaveränderungen, die Beschlüsse des Pariser Weltklimagipfels, Luftverschmutzungen wie in
Peking, und nicht zuletzt der VW-Dieselskandal werden den Druck nochmals erhöhen. Bereits das 95g-
CO2-Ziel der EU für 2021 erfordert hohe Anstrengungen der Automobilindustrie in immer kürzeren
Abständen. Verschärfte Messmethoden und zusätzliche Tests im Fahrbetrieb kommen hinzu. Zudem
wird jedes weitere einzusparende Gramm beim Flottenverbrauch höhere Kosten nach sich ziehen.
Während die CO2-Reduktion aus Sicht der OEM eine Pflichtaufgabe ist, stellen neue Geschäftsfel-
der rund um die Digitalisierung ein Kür-Programm mit großem Zukunftspotenzial dar. Ob die vielfach
zitierten zweistelligen Mrd.-Euro-Potenziale wirklich so erreicht werden, hängt nicht nur von der künf-
tigen Akzeptanz dieser Systeme, sondern auch vom vorhandenen Käuferbudget ab. Im Premiumseg-
ment sollte dieses grundsätzlich gegeben sein. Im Volumensegment wären Anreiz-Pakete denkbar, die
einerseits den Kunden zufriedenstellen und andererseits auch die CO2-Ziele der OEM, durch Förde-
rung der gewünschten Modelle, erreichen lassen. Fahrerassistenzsysteme sind bei einer immer älter
werdenden mobilen Bevölkerung aus Komfort- und auch unter Sicherheitsaspekten an erster Stelle zu
nennen. Dieser Markt dürfte auch weiterhin größtenteils von den traditionellen Automobilzulieferern
2016 ist eine Verschlechterung der Ertragslage zu erwarten Trends bieten Chancen, erfordern aber auch hohe Investitionen in Anlagen und F&E
Insolvenzquote der Branche entspricht zurzeit der des Verarbeitenden Gewerbes
Unternehmen nach Konsoli-dierung in besserer finanzieller Verfassung, aber strukturelle Probleme bleiben
Emissionsreduktion und Digitalisierung als wesentliche Megatrends, …
… aber limitiertes Budget der
Käufer
Emissionsreduktion: Zielvorgaben nicht immer mit dem Kundenwunsch vereinbar
Digitalisierung: Hohes Marktpotenzial … … aber auch neue Konkurrenz, … … auch aus anderen Branchen
16 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
abgedeckt werden. Anders sieht es bei Kommunikationssystemen aus, bei denen der Datenaustausch
mit der Umgebung des Autos sowie mit Systemen des Fahrers selbst im Vordergrund steht. Hier han-
delt es sich um das Spielfeld neuer Player aus der Kommunikationsindustrie, wie z.B. Apple, Google &
Co. Diese sind in erster Linie an Daten interessiert, mit denen sie teilweise ganz neue Geschäftsmodel-
le aufbauen, wie bereits im Umfeld von Smartphones und Tablets praktiziert. Die Vernetzung des all-
täglichen Lebens soll, neben der häuslichen Umgebung, auch im Auto vollzogen werden. In Grenzbe-
reichen, wenn z.B. das Getriebe mit dem Navigationssystem kommuniziert, dürfte es aber zunehmend
zu Interessenkonflikten kommen. Die Übernahme des Kartenanbieteres HERE durch die deutschen
Premiumanbieter stellt eine Vorwärtsstrategie dar, um eine vollständige Abhängigkeit vom Silicon Val-
ley zu verhindern. Letztendlich wollen OEM und Zulieferer auch immer stärker an Dienstleistungen
rund ums Auto verdienen, ein ganzes Autoleben lang. Denn der reine Verkauf eines Autos könnte per-
spektivisch durch veränderte Eigenschaften (mehr mobile Konnektivität statt Fahrdynamik) und neue
Mobilitätsangebote in Megacities an Bedeutung verlieren.
Bewertung: Sofern die Bezahlbarkeit für den Autokäufer gewahrt bleibt, bieten sich durch die geforder-
te Emissionsoptimierung und durch neue Geschäftsfelder mit der Digitalisierung neue Wachstumspoten-
ziale für Zulieferer.
Künftig reduziertes Wachstum sowie Verschiebungen in den Segmenten
Insbesondere aufgrund des steigenden Wohlstandes in den Emerging Markets und einer wachsen-
den Mittelschicht als potenzielle Gruppe für einen Neu- bzw. Erstwagenkauf wird der globale Automo-
bilmarkt mindestens bis zum Ende der Dekade weiter wachsen. Auch steigende Ersatzkäufe, beson-
ders in China, sowie das Wachstum der Bevölkerung werden dazu beitragen. Langfristig werden
jedoch, besonders in Megacities, andere Mobilitätskonzepte an Bedeutung gewinnen, worauf sich die
Automobilindustrie zunehmend einstellt.
Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass die bisher stark unterstützenden Faktoren wie niedri-
ges Zinsniveau, sehr niedriger Ölpreis und für einige Regionen bzw. Exporteure vorteilhafte Wäh-
rungsrelationen langfristig bestehen bleiben. Zudem werden die Aufholeffekte nach der letzten großen
Krise in den USA und in Europa sukzessive auslaufen. Unter Berücksichtigung einer Normalisierung
der Absätze in China und einer nicht zu erwartenden kurzfristigen Erholung in Brasilien und Russland
ist daher ab ca. 2017 mittelfristig mit einem geringeren globalen Absatzwachstum zu rechnen.
Das normalisierte Wachstum in China findet zunehmend im Landesinneren bzw. in den Tier-3- bis
Tier-5-Städten statt, mit einer tendenziell geringeren Kaufkraft. Die bereits 2015 eingesetzte Verschie-
bung zu preiswerteren Pkws und SUVs sowie ein nach mehreren Jahren wieder ansteigender Marktan-
teil der lokalen OEM dürften sich daher weiter fortsetzen. Insbesondere die europäischen OEM müs-
sen mit entsprechenden preisgünstigen, neuen Modellen (aber keine Kleinstwagen) darauf reagieren.
In den USA wird auch künftig die Verschiebung bei den Segmenten hin zu SUVs und Pick-ups stark
vom Kraftstoffpreis abhängen. Bei weiter niedrigen Preisen dürften in den USA Pkws auch künftig bes-
tenfalls stagnieren. Europa wird in der nächsten Dekade tendenziell zu kleineren und verstärkt elektri-
fizierten Autos tendieren. Aufgrund der Struktur dürften in Russland und Brasilien einerseits das
Premiumsegment und andererseits das Segment der Low-cost-Cars besser performen, bei letzterem
allerdings mit zunehmender Konkurrenz aus China. Das Low-cost-Segment in Indien, welches sich
sehr stark auf Klein- und Kleinstwagen konzentriert, wird weiter von den lokalen OEM beherrscht. Zu-
lieferer können insbesondere im Low-cost-Segment und bei Zweirädern überdurchschnittlich wachsen,
es erscheint aber eine spezielle Indien-Strategie angebracht.
Generell wird auch künftig verstärkt in den jeweiligen Absatzmärkten produziert. Local-content-
Anforderungen, insbesondere in den stark wachsenden Produktionsländern China und Mexiko, spie-
len eine überragende Rolle. Daher steigt auch die Bedeutung des lokalen Sourcings zunehmend. Be-
sonders für Baukasten-Elemente kommen zunehmend nur noch Lieferanten zum Zuge, welche eine
sogenannte Tiefenlokalisierung vorweisen, d.h. auch die Tier-2-Lieferanten müssen in den genannten
Wachstumsmärkten produzieren. Dies stellt eine besondere Herausforderung für mittlere und kleinere
Zulieferer dar, welche wiederum eigene Produktions- und Sourcingstrukturen vor Ort aufbauen müs-
Ganz neue Geschäftsmodelle … … könnten langfristig das Wesen des Autos verändern
Wachstum ja, aber auf reduzierter Basis Einige Treiber werden künftig deutlich schwächer
Aufgrund Local-content-Anforderungen … … müssen Zulieferer immer mehr vor Ort produzieren… … und sourcen
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 17
sen. Mittelfristig wird die lokale Sourcing-Quote von bisher ca. 50% auf 80-90% ansteigen.Einige
Tier-3-Zulieferer werden sich aufgrund technologischer Besonderheiten weiterhin auf die Produktion
im Inland stützen können, aber auch hier gilt, dass bisherige Export-Teile in die Wachstumsmärkte
verlagert werden.
Trotz einer stagnierenden Nachfrage in Westeuropa und Produktionsverlagerungen in die
Emerging Markets sehen wir die Chance, dass die Automobilproduktion in der EU in den nächs-
ten fünf Jahren mindestens stabil bleibt. Diese Erwartung beruht auf einer verstärkten Produktion
in Osteuropa sowie steigenden Exporte, insbesondere von Premiummarken in die restliche Welt,
d.h. dort wo nur CKD-Werke existieren.
Chinesische Zulieferer sind oft noch nicht in der Lage die geforderten Qualitäten bzw. generell In-
novationen zu liefern. Daher kommen sie als Wettbewerber eher in prozess- als in innovationsgetrie-
benen Segmenten zum Zuge (z.B. Reifen, Felgen, Innenraumkomponenten, Kunststofftechnik, einfa-
chere Elektronik sowie Pressteile). Das Know-how wird auch durch Akquisitionen in Europa und den
USA ausgebaut.
Bewertung: Bis zum Ende der Dekade wird sich das globale Wachstum in der Automobilindustrie ver-
langsamen. Die Produktion der OEM dürfte in der EU stabil bleiben. Andererseits müssen aufgrund stei-
gender lokaler Produktion auch Tier-2/-3-Zulieferer Sourcing-Konzepte vor Ort erarbeiten und in den
nächsten zwei Jahren umsetzen.
Veränderte Rahmenbedingungen führen zu einer weiteren Konsolidierungswelle
Da die oben geschilderten strukturellen Veränderungen künftig mit einem sich verstärkenden Er-
tragsdruck einhergehen, ist mit einer weiteren Konsolidierung bei den Automobilzulieferern zu rech-
nen. Übernahmen und Zusammenschlüsse erfolgen aus regionalen und technologischen Aspekten,
verstärkt sowohl innerhalb der Regionen als auch interkontinental (vorwiegend US- und chinesische
Käufer). Neben der genannten globalen Produktionsfähigkeit und den umfassenden technologischen
Veränderungen (Materialien, Antrieb, Elektrifizierung etc.), bewirken die Einflüsse aus dem automati-
sierten Fahren sowie alle Facetten der Digitalisierung und die erwartete Individualisierung des Autos
weiteren Veränderungsdruck.
Wenngleich das Ertragsniveau 2015 noch recht hoch war und keine dramatischen Rückgänge zu
erwarten sind, spricht einiges dafür, dass die Automobilzulieferer im Durchschnitt den Höhepunkt
bei der Ertragskraft vorerst überschritten haben. Zumindest ist ab 2016/17 mit einer rückläufigen
Profitabilität zu rechnen. Mehrere Indikatoren unterstützen diese These:
• Das normalisierte Wachstum in den bisherigen Treiber-Regionen China und USA.
• Russland und Brasilien dürften mehrere Jahre unter den strukturellen Problemen leiden.
• Die OEM und Zulieferer unterliegen einem stärkeren Druck durch gesetzliche Vorgaben.
• Die OEM werden den eigenen Margendruck aufgrund steigendem Wettbewerb und Komplexi-
tät sowie einem verstärkten staatlichen Druck in China weitergeben - bei geringerer Kaufkraft
im Landesinneren.
• Zunehmende Konkurrenz durch chinesische und indische Zulieferer.
Grundsätzlich ist allerdings eine recht unterschiedliche Entwicklung zu erwarten bzw. eine stärke-
re Spreizung zwischen guten und weniger gut positionierten Zulieferern. Überdurchschnittlich wer-
den sich diejenigen Zulieferer entwickeln, welche bei zukunftsfähigen Kostenstrukturen folgende
Kriterien erfüllen:
• Starke Partizipation an den Wachstumsmärkten und von globalen Modulbaukästen profitieren
• In überproportional wachsenden Segmenten (Antriebsstrang, Assistenzsysteme, vernetztes
Fahren, Leichtbau) tätig sein und den OEM durch Innovationen Mehrwerte bieten können
• Über Verschleißteile am wachsenden und höhermargigen Aftermarket partizipieren.
Zulieferer werden sich eher unterdurchschnittlich entwickeln, wenn sie sich auf die traditionellen
Märkte fokussieren, wenn die Produkte eher vom Produktionsprozess als durch Innovationen getrieben
sind (geringere Markteintrittsbarrieren) oder wenn sie von der Reduktion der Anzahl der Lieferanten
Premium und Osteuropa halten die EU-Produktion am Laufen
Chinesische Zulieferer in prozessgetriebenen Segmenten eher wettbewerbsfähig
Konsolidierung in der Zuliefererindustrie geht weiter
Höhepunkt der Ertragskraft dürfte im Durchschnitt überschritten sein
Kriterien für überdurch-schnittliche Ertragskraft
Eher unterdurchschnittliche Ertragsentwicklung
18 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
(OEM/Tier-1) bzw. von der Verdrängung durch neue (Produktions-)Technologien oder Werkstoffe be-
troffen sind.
Bewertung: Strukturelle Veränderungen und ein zunehmender Margendruck werden die Konsolidie-
rung in der Zuliefererindustrie weiter treiben. Es ist eine stärkere Spreizung zwischen Outperformern und
einer geringeren Zahl von weniger gut aufgestellten Unternehmen zu erwarten.
Technologischer Wandel durch global steigende Emissionsstandards
Die Auswirkungen des VW-Dieselskandals und die geschilderten umweltpolitischen Veränderungen
werden zu schärferen Standards und effizienteren Messverfahren auch in der EU führen. Da neben
den bereits strengen CO2-Werten verstärkt auch die NOx-Werte in den Fokus geraten sind und künftige
Messungen im realen Fahrbetrieb eine deutlich aufwendigere und teurere Technik erfordern, wird eine
Neueinschätzung des Dieselmotors notwendig.
Der bisher mit hohen Erwartungen versehene US-Markt, welcher für verbesserte economies of sca-
le beim Dieselmotor sorgen sollte, dürfte zumindest vorerst mehr oder weniger ausfallen. Aufgrund
der durch höhere Anforderung steigenden Kosten rechnet sich der Diesel auch bei Klein- und Kleinst-
wagen in Relation zum Anschaffungspreis immer weniger. Dagegen ist der Diesel für größere und
schwerere Autos im Hinblick auf die CO2-Reduktuion in der EU vorerst kaum verzichtbar (Vorteil ge-
genüber Benziner ca. 20%). In Verbindung mit weiteren technologischen Innovationen, nicht zuletzt
der 48-Volt-Technik, sehen wir auch am oberen Ende der Golf-Klasse zumindest in Europa noch Po-
tenzial. Zudem schätzt der Verbraucher die Performance (Drehmoment) sowie den Verbrauch gegen-
über dem Benziner. Sofern sich die gesetzlichen Voraussetzungen (Steuer auf Diesel; Dienstwagenpri-
vileg etc.) nicht merklich verschlechtern sollten, dürften auch die Flottenbetreiber als aktuell beste
Dieselkunden wichtige Nachfrager bleiben. Ein moderner Diesel mit optimierter Abgasbehandlung ist,
auch im Hinblick auf die Emissionen, weiterhin eine echte Alternative.
Demgegenüber wird sich die Elektrifizierung der Autoflotten bis 2020 deutlich erhöhen. Verbes-
serte und günstigere Batteriesysteme, der Ausbau des Ladestationen-Netzes und ggf. erhöhte staatli-
che Förderungen tragen dazu bei. Neben reinen Elektroautos (EV) im stadtnahen Bereich werden
(Plug-in-) Hybride vorerst die realistischste Alternative stellen. Für die Zulieferer ein positives Szenario,
da hierbei Geschäftspotenzial hinzukommt, anstatt dass Teile ersetzt werden oder ganz wegfallen, weil
im EV nicht mehr benötigt.
Existenziell für die gesamte Industrie ist jedoch, dass generell die Preise durch verbesserte
Produktionsprozesse, technologische Verbesserungen, economies of scale oder einen aus heutiger
Sicht nicht absehbaren Technologiesprung in der Batterietechnologie sinken. Zusätzliche Heraus-
forderungen bestehen im sich verändernden Modellmix (steigende SUV-Anteile) sowie durch die
niedrigen Kraftstoffpreise. Die weit bedeutendere Frage ist jedoch, welche Emissionsvorgaben
kommen nach 2021? Sollte die EU die Werte erneut signifikant senken (in Diskussion: CO2 um
21% auf ca. 75g), wäre dieses zwar technologisch leistbar aber deutlich kostentreibend.
Obwohl viele OEM aktuell bzw. in naher Zukunft das Angebot an Elektro-Modellen deutlich
ausweiten, wird sich ein signifikanter Markt für reine Elektroautos nicht vor 2025 entwickeln.
Selbst teilweise hohe Subventionen können die Käufer nicht in der Masse überzeugen; in den USA
ging der EV-Absatz 2015 sogar leicht zurück. Wenngleich z.B. im Stadtverkehr als (teuerer)
Zweitwagen geeignet, liegen die Marktanteile aktueller Verkäufe an Privatpersonen im Promillebe-
reich. Preisreduktionen und Kapazitätsoptimierungen in der Batterietechnologie, jeweils um den Fak-
tor 2 bis 3 sind erforderlich, um dann über economies of scale eine signifikante Marktreife zu errei-
chen. Abgesehen von den genannten Problemfeldern ist die Entwicklung/Produktion eines
Elektroautos jedoch grundsätzlich deutlich einfacher, sodass durch Quereinsteiger, auch aus China,
neue Wettbewerber drohen.
Eine Alternative zur Batterie, die Brennstoffzelle, ist zwar technologisch bereits weitgehend ausge-
reift, zum Massenprodukt kann sie jedoch erst werden, wenn ein ausreichend großes Tankstellennetz
für Wasserstoff zur Verfügung steht und dieser in ausreichenden Mengen regenerativ erzeugt werden
Neben CO2-Reduktion kommen auch in Europa die NOx-Werte immer mehr in den Fokus
Neueinschätzung des Dieselmotors
Elektrifizierung sollte grundsätzlich profitieren
Risiken durch weitere Emmisionsverschärfungen
Massenmarkt für Elektroautos nicht vor 2025 … … grundsätzlich jedoch Chance für Quereinsteiger
Reichweitenvorteil der Brennstoffzelle schmilzt
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 19
kann. Fahrstrecken von über 700 km und sehr kurze Tankzeiten sind die wesentlichen Vorteile. Auf-
grund verbesserter Batteriekapazitäten schmilzt der Reichweitenvorteil jedoch aktuell.
Das gegenüber Benzin und Diesel CO2-effizientere Erdgas könnte mittelfristig an Absatzdynamik
gewinnen, zumal es sich um eine bezahlbare Technologie handelt. Die Beimischung von aus über-
schüssiger erneuerbarer Energie gewonnenem Gas würde die CO2-Bilanz weiter verbessern; in ferner
Zukunft ggf. die Nutzung von Algen.
Bewertung: Der Dieselmotor wird teurer, bleibt in Europa aber weiter bedeutend. Durch die
2021er CO2-Ziele wird jedoch eine Hybridisierung bei größeren Modellen zwingend erforderlich. Die
Bezahlbarkeit für den Verbraucher bleibt allerdings ein wichtiges Zwischenziel.
Entscheidend für die Zulieferindustrie ist, dass das reine Elektroauto nicht schon in wenigen Jahren
substanzielle Marktanteile gewinnt. Dieses hätte deutliche Auswirkungen auf relevante Komponenten
(Motor, Getriebe, usw.).
Komplexität und Qualitätsanforderungen als Herausforderung
Zu den erheblichen Kostenbelastungen durch die regionalen und technologischen Veränderungen
kommt eine immer größere Komplexität durch die ständig steigende Modellvielfalt sowie verstärkt
kombinierbare neue Features wie Assistenz-, Sicherheits- und Komfortsysteme. Nur durch globale
Gleichteilestrategien bzw. modulare Baukästen können künftig die Kosten sowie die Komplexität im
Rahmen gehalten werden. Hierbei werden über Marken, Serien und Modelle eines OEM-Konzerns
gleiche, meist nicht sichtbare Teile (Motor, Getriebe, Lenkung, Klimaanlage, Sitzunterbau etc.), verbaut.
Für die Zulieferer ergeben sich daraus folgende Herausforderungen:
• Nahezu alle OEM und Tier-1-Zulieferer reduzieren die Anzahl ihrer Zulieferer. Hauptkriterien: In-
novationsstärke, finanzielle Stabilität und globale Produktion
• Künftig müssen sehr hohe Volumina, global, just in time und mit höchster Qualität zu wettbewerbs-
fähigen Kosten geliefert werden können
• Geringere Stückpreise müssen durch größere Volumina und Optimierung der eigenen Produkti-
onsprozesse sowie Zuliefererstrukturen kompensiert werden
• Kooperationen der OEM verstärken aufgrund größerer und professionellerer Einkaufsmacht den
Kostendruck
• Weniger betroffen sind designtypische Bauteile, die an bestimmte Modellstrukturen geknüpft sind.
Da alle großen OEM diesem Trend folgen, dürften bis 2020 über die Hälfte aller Pkws auf diesen
Megaplattformen/-baukästen basieren und die Top-10 Stückzahlen größer 2 Mio. (bis zu 4-5 Mio.) ver-
zeichnen. Nicht mehr das Volumen einzelner Modelle, sondern die globale Anzahl der Module, die
in verschiedenen Marken, Modellen und Serien eingebaut werden, entscheiden über Standorte bzw.
Strukturen und forcieren wiederum die lokale Produktion.
Die immer größeren globalen Volumina an Gleichteilen lassen die Anforderungen an Qualität und Null-
Fehler-Toleranz weiter steigen. Eine zuletzt hohe Anzahl von Rückrufen wird das gerade angefangene
modulare Zeitalter, mangels Alternativen, auch nicht beenden. Eher kommen zwei oder drei Zulieferer
für gleiche oder ähnliche Produkte zum Zuge. Die steigenden Qualitätsanforderungen bedeuten einer-
seits höhere Kosten, es steigen aber auch die Eintrittsbarrieren für neue Low-cost-Anbieter z.B. aus
China, insbesondere bei den großen Modul-Aufträgen.
Bewertung: Besonders kleinere OES werden es schwer haben, der globalen Modul-Strategie zu entspre-
chen. Die modulare Strategie der OEM wird den Zwang zu klaren Konzepten zur globalen Produktion bei
den Zulieferern tendenziell noch verstärken. Tier-3-Zulieferer sind weniger direkt betroffen, jedoch indirekt,
indem sich ggf. deren Kundenstruktur verändert. Kooperationen oder Merger können einen Ausweg liefern.
Einfluss der Digitalisierung auf Produktion und Geschäftsmodelle
Auch in der Automobilindustrie werden sich die Fertigungsstrukturen durch die Industrie 4.0
massiv verändern; der digitale Wandel wird mittelfristig zu einem internationalen Wettbewerbsfak-
tor. Neben der bereits genannten Modulfertigung, welche sich auch in ganzen Fertigungsbaukäs-
ten global widerspiegelt, ist von einer evolutionären Veränderung durch die Vernetzung von Pro-
Erdgas mit Potenzial aus der Nische zu kommen
Steigender Kostendruck durch immer größere Komplexität … … muss bei den OEM durch modulare Baukästen abgemildert werden …
… mit wesentlichen Heraus-forderungen für die Zulieferer
Nicht mehr die Volumen einzelner Modelle, … … sondern die globale Anzahl der Baukästen/Module sind künftig entscheidend
Extrem hohe Anzahl von Rückrufen erhöhen Qualitätsanforderungen
Industrie 4.0 verändert Fertigungsstrukturen mittelfristig
20 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
duktionsanlagen und Produkten auszugehen. Für das Zusammenspiel der Zulieferkette dürfte die-
ses im Endstadium sogar revolutionäre Auswirkungen haben. Zwar ist man bereits heute mit Just-in-
time- und Just-in-sequence-Fertigung in der Massenproduktion auf einem extrem hohen Niveau.
Trends wie Individualisierung und Komplexitätssteigerungen erfordern jedoch mittelfristig eine Pro-
duktion auf Basis der Industrie 4.0, d.h. noch stärkere Automatisation mit Hilfe einer vollkommenen
Vernetzung aller beteiligten Mitglieder der Prozesskette inklusive der Integration der gesamten Zulie-
ferkette. Ziele sind Verbesserung der Produktionskosten, der Qualität, der Geschwindigkeit und vor
allem der Flexibilität. Dieses bedarf eines noch weitergehenden Datenaustausches in der gesamten
Wertschöpfungskette. Daher werden diese Umstellungen, verbunden mit hohen Investitionen, für die
Zulieferer zwingend. Sie führen nach erfolgter Implementierung aber auch zu operativen Kostenein-
sparungen.
Durch die intelligente Nutzung großer Datenmengen können nicht nur ganz neue Geschäftsmodel-
le mit neuen Serviceprodukten für mobile Kunden generiert werden. Das Thema Big Data hilft, durch
eine nachhaltige Datensammlung (u.a. durch Sensoren an der Fertigungslinie) und den anschließen-
den Einsatz von Algorithmen, auch bei der Optimierung von Produktionsprognosen, der Lagerhaltung
und -bewirtschaftung bzw. der gesamten Supply-Chain, dem Ausschuss, dem Qualitätsmanagement,
der Schonung der Ressourcen sowie der individuellen Optimierung der Maschinen (Energieverbrauch,
Wartung etc.).
Der 3D-Druck, auch Additive Manufacturing genannt, ist bereits heute in einigen Segmenten des
Automobilbaus verbreitet. Eine Massenproduktion ist jedoch aufgrund der limitierten Produktionsge-
schwindigkeit auch in absehbarer Zeit nicht möglich. Allerdings wird sich die Technologie in den Be-
reichen Prototypenbau, Werkzeugbau und Kleinserien (z.B. Motorsport, Teile für die oberste Luxus-
klasse oder Oldtimer-Ersatzteile) mittelfristig zum Standard entwickeln, da 3D-Druck, unter Einbezug
der Entwicklungstätigkeit, bei Geschwindigkeit und Kosten deutliche Vorteile verzeichnet. Gewichtsre-
duktion und Integration zusätzlicher Funktionen sind weitere Treiber. Offen bleibt vorerst, wer künftig
am 3D-Druck partizipiert: der Zulieferer, der Entwicklungsdienstleister oder der OEM selbst.
Obwohl technologisch bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, wird Autonomes Fahren auf-
grund rechtlicher und technologischer Hürden realistischerweise vorerst nur auf Autobahnen stattfin-
den. Langfristig wird der aktuell an Dynamik gewinnende Trend allerdings die Branche stark verän-
dern. Auf dem Weg dorthin werden kurz- bis mittelfristig Wertschöpfungspotenziale insbesondere
bei (1) Assistenz-, (2) Kommunikations- und (3) Telematik-Systemen generiert. Eine rasante Entwick-
lung in der Elektronik, insbesondere bei Sensoren, Radar- und Kamerasystemen, Prozessoren sowie
Speicherkapazitäten tragen maßgeblich dazu bei.
Die Gefahr, dass das Auto zu einem „Computer auf vier Rädern“ degradiert wird, ist zwar eher
theoretischer Natur. In den neuen Wertschöpfungsbereichen, insbesondere beim Anbieten und Mana-
gen von Daten bzw. Apps, haben die großen Internet- bzw. Software-Multis bereits den Fuß in der
Tür. Deren breite Kundenbasis und weltweit integrierte Softwareprogramme werden zu einer starken
Stellung auch im Auto führen. Der Autokäufer will in Zukunft Informationen vom Smartphone oder
Tablet im gleichen Format auch im Auto nutzen können. Allerdings bleibt noch die Frage zu klären,
wem die Daten rechtlich zustehen und wer sie nutzen darf. Bei Assistenzsystemen, Daten die das Au-
to selbst betreffen sowie bei integrierbaren Spezialanwendungen dürften jedoch die traditionellen Zu-
lieferer weiterhin führend sein.
Steigende Verkehrsdichten, automatisiertes Fahren im Stau sowie höhere Anforderungen an die Si-
cherheit einer immer älter, aber auch mobiler werdenden Bevölkerung sind Treiber für die Nachfra-
ge, sofern die Systeme anwenderfreundlich gestaltet werden (einfache Bedienbarkeit; wenig Ablen-
kung). Telematik-Systeme verbessern Sicherheit und Effizienz, auch durch Kommunikation unter den
Verkehrsteilnehmern. Abstandswarner, Notbrems- und Notrufsysteme stehen laut Umfragen hoch im
Kurs. Sicherheit sowie Komfort und Fahren ohne Stress gewinnen an Bedeutung. Daher tritt das tech-
nisch Machbare teilweise hinter den Kundennutzen zurück.
Bewertung: Diese Trends stehen für mehr als ein neues, großes, aber auch im schnellen Wandel
befindliches Wachstumspotenzial. Durch Wertewandel, Sicherheitsanforderungen und eine in wesentlichen
Individualisierungen, Komplexitätssteigerungen sowie Prozessoptimierung als wesentliche Treiber Big Data hilft auch bei Produktionsoptimierung und Lagerhaltung
Prototypen, Werkzeuge und Kleinstserien … … werden ein Fall für den 3D-Drucker
Autonom zuerst nur auf der Autobahn
Die Internet- bzw. Software-Multis werden an Macht gewinnen
Treiber: Unterstützung der alternden Bevölkerung am Steuer sowie Ansprüche der jüngeren Fahrer an die Vernetzung im Auto
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 21
Regionen der Welt alternde Bevölkerung werden diese Systeme zum Wettbewerbsfaktor eines jeden OEM.
Sowohl Zulieferer als auch OEM müssen sich in diesem schnelllebigen Bereich durch branchenfremdes
Know-how verstärken.
Erfolgs- und Risikofaktoren
Erfolgsfaktoren
Ein Kennzeichen erfolgreicher Zulieferer ist …
• … die beschriebenen Trends zu erkennen und richtig zu bewerten. Insbesondere der global
footprint gewinnt weiter an Bedeutung bzw. es sollte bereits heute ein klarer Fahrplan für die Pro-
duktion in den wesentlichen Märkten bestehen (mind. NAFTA, China; Zeitraum: innerhalb ca. 2
Jahren). Erfahrenes Management sowie das Wissen über regionale Besonderheiten sind bei Stand-
ortwahl Pflicht. Steigende Kosten bei Personal, Energie und Rohstoffen sind in den Planungen zu
berücksichtigen, wobei künftig ein höherer Automatisierungsgrad erforderlich sein wird. Vor dem
Kapazitätsaufbau sollten auf jeden Fall entsprechende OEM-Aufträge vorliegen. Kooperationen
können Investitionskosten senken, Joint Venture sind meistens nur dann erfolgreich, wenn beide
Partner technologisch auf Augenhöhe sind.
• … der Aufbau eines lokalen Sourcings. Allerdings ist es oft insbesondere in den BRIC-Ländern
schwer geeignete Zulieferer zu finden. Schulungen, detaillierte Vorgaben, hohe Qualitätsanforde-
rungen und permanente Qualitätskontrollen sind ein Muss. Die eigenen Standards müssen zum lo-
kalen Lieferanten transportiert werden.
• … bei japanischen, koreanischen oder bei den führenden chinesischen OEM gelistet zu sein.
Die führenden chinesischen OEM sollten nach der erwarteten Konsolidierung langfristig nicht nur
in China, sondern auch global stark an Bedeutung gewinnen.
• … ein langfristiger innovativer Entwicklungspartner zu sein, mit dem der OEM frühzeitig bei
neuen Modellen zusammenarbeitet. Hohe, zielgerichtete F&E-Budgets können zu Alleinstellungs-
merkmalen führen, um echte Mehrwerte für die OEM zu generieren. Nur dann sind lukrative Ver-
träge mit überdurchschnittlichen Margen zu erlangen. Innovationen können eine verbesserte Tech-
nologie, Funktionalität der Produkte (Übernahme weiterer Funktionen, Wegfall Montageaufwand,
usw.) sowie effizientere Produktionsprozesse beinhalten. Energieeffizienz, Schnelligkeit und Quali-
tät spielen im Produktionsprozess eine immer größere Rolle.
• … die Fähigkeit, Ressourcen im Bereich Elektronik und Software aufzubauen, um dem Trend der
immer stärkeren internen und externen Vernetzung des Automobils zu entsprechen (Assistenzsys-
teme, Informationssysteme, Internetapplikationen, Telematik). Die meisten Innovationen werden
heute durch Elektronik getrieben.
• … eine gute Diversifikation des Geschäftes. Mit möglichst breiter Kundenbasis auf verschiedenen
Kontinenten mit unterschiedlichen Auto-Segmenten (Premium-Pkw, Lkw, SUV etc.) und verschie-
denen Produkten ist ein Zulieferer bei Problemen in einzelnen Bereichen wesentlich besser aufge-
stellt. Jedoch werden eine weltweite Fokussierung auf das Kerngeschäft und die regelmäßige
Überprüfung der Produktpalette bzw. der Geschäftsbereiche durch die Veränderungen in der Bran-
che immer wichtiger.
• … das Erlangen wesentlicher Aufträge für neue Modulbaukästen bzw. für das globale Sourcing
der OEM. Neben technologischer Spitzenstellung müssen auch die Kostenstrukturen der OES dem
höheren Margendruck (globales Benchmarking) bestehen können. Globale Just-in-time-
Lieferungen, höchste Qualität und lokale Produktion mit wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen sind
wesentliche Kriterien.
• … flexible Kostenstrukturen zu haben. Wenngleich eine höhere Fertigungstiefe aus technologi-
scher Sicht ein großer Vorteil sein kann, sollten die Kostenstrukturen auf die starken Zyklen der
Branche abgestimmt sein. Ein Break-even von 80% des aktuellen Umsatzes sollte darstellbar sein.
Allerdings müssen die Zuliefererstrukturen auch in einem starken Aufschwung (siehe 2010/11) ent-
sprechend belastbar sein.
Der „globale Fußabdruck“ gewinnt weiter an Bedeutung
Aufbau Sourcing / Zulieferer vor Ort
Japaner, Koreaner und Chinesen als die willkommenen Kunden
Gute Margen nur durch Innovationen … … bei Technologie, Funktionalität bzw. den Produktionsprozessen
Elektronik und Software-Know-how
Breite Diversifikation als klarer Vorteil Regelmäßiger Check der Produkt-palette bzw. Geschäftsbereiche
Wesentliche Aufträge für neue Modulbaukästen
Flexible Kostenstrukturen mit angemessenem Break-even … … und belastbaren Zulieferern
22 COMMERZBANK – GROUP RISK MANAGEMENT
• … bei einer immer größeren Modellvielfalt auf tendenziell kleinere Stückzahlen je Modell und ent-
sprechend kürzere Amortisationszeiten sowie auf Änderungen der automobilen Vorlieben einge-
stellt zu sein.
• … einen kreativen Beitrag zur CO2-Reduzierung liefern zu können. Nahezu alle Komponenten
können durch Reduzierung von Gewicht/Größe zur CO2-Reduktion beitragen.
• … ein umfassendes Werkstoff-Know-how zu haben. Das niedrigere Gewicht kann oft durch neue
Werkstoffe, eine Kombination von Werkstoffen oder auch durch neue Bearbeitungsprozesse erzielt
werden. Oft fällt es z.B. einem „Metaller“ schwer in „Kunststoff“ zu denken, d.h. „eingefahrene
Wege“ müssen neu überdacht werden.
• … die enge Zusammenarbeit mit Hochschulen, Fraunhofer Institut etc. Mittel- bis langfristig
werden gut ausgebildete Arbeiter und Ingenieure einen Engpassfaktor darstellen. Im Hinblick
auf die sich evolutionär entwickelnde Industrie 4.0 gilt dieses zunehmend auch für Informatiker.
Ein strategisches Mitarbeitermanagement ist bereits heute eine große Herausforderung. Auch in
den BRIC-Staaten werden Entwicklungsabteilungen, insbesondere für das Low-cost-Segment,
immer wichtiger.
• … die Themen Industrie 4.0 und Big Data zur Chefsache zu machen, ggf. durch einen CIO (Chief
Information Officer). Konzepte und Strukturen sowie die erforderlichen Datensammlungen sind be-
reits heute für dieses eher mittelfristige Thema ohne Alternative. Daher sollte dieses nicht alleine
von der IT-Abteilung getrieben werden. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Umsatzperspektiven
durch neue Geschäftsmodelle sowie Optimierung der Produktion sind wesentliche Ziele. Die Be-
kämpfung von Cyberkriminalität gewinnt stark an Bedeutung.
• … ein etabliertes Risikomanagement. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen ein ange-
messenes Controlling-System implementiert haben. Risiken wie Fehlkalkulationen langfristiger Auf-
träge, Abhängigkeiten von wesentlichen Kunden bzw. Zulieferern, möglicher Ausfall von Produkti-
onsstätten sowie substanzielle Änderungen von relevanten Währungsrelationen bzw. wichtigen
Rohstoffpreisen müssen permanent überwacht und gesteuert werden.
Risikofaktoren
Für die Branche insgesamt:
• Signifikanter Rückgang der chinesischen Nachfrage aus wirtschaftlichen oder protektionistischen
Gründen. Da China sowohl umsatz- als auch ertragsmäßig eine erhebliche Bedeutung erreicht hat
und zum Wachstum insgesamt in hohem Maße beiträgt, käme es zu starken negativen Auswirkun-
gen. Indirekte negative Auswirkungen auf die übrigen Emerging Markets kämen hinzu.
• Ein heute nicht zu erwartender, substanzieller Sprung in der Batterietechnologie hätte große Aus-
wirkungen auf den Wertschöpfungsanteil der auf den Verbrennungsmotor fokussierten OES.
• CO2-Anforderungen werden unbezahlbar. Die Bezahlbarkeit effizienter Technologie ist insbesonde-
re im Massenmarkt für den Kunden extrem wichtig. Für einzelne Unternehmen:
• Im Einzelfall können technologische Entwicklungen bestimmte Produkte überflüssig machen. Die-
ses erfolgt allerdings meistens nicht abrupt, sondern über einen längeren Zeitraum.
• Sofern Unternehmen nicht global aufgestellt sind, dürften künftige Aufträge für global produzierte
Modelle zunehmend an die Konkurrenz gehen.
• Hohe Belastungen durch große Rückruf-Aktionen.
Kleinere Stückzahlen je Modell machbar
CO2-Reduktion durch Gewichtsreduktion …
… sowie durch gutes Werkstoff-Know-how
Qualifizierte Mitarbeiter sowie … ... Entwicklungsstandorte in den BRIC-Staaten
Industrie 4.0 und Big Data ist Chefsache
Lokalisierung der Finanzierungsstrukturen
Wegbrechen des chinesischen Marktes
Technologiesprung in der Batterietechnologie
Zu teuere CO2-Anforderungen
Technologische Entwicklung … … sowie fehlender „global footprint“ Rückruf-Aktionen
Politische und gesetzliche Rahmenbedingungen CO2 Ziele in Europa
Die Europäische Kommission verpflichtet die Fahrzeughersteller ab 2012 zur Einhaltung einer Obergrenze von 130g CO2/km für in der
Europäischen Union zugelassene Neuwagen. Das Ziel gilt für 65% der Neuwagen ab 2012, bis 2015 sollen alle Neuwagen nicht mehr als
130g CO2/km ausstoßen. Bis 2021 sollen 95% aller neu zugelassen Fahrzeuge die durchschnittliche Grenze von 95g CO2/km nicht
überschreiten dürfen. Dies entspricht einem Durchschnittsverbrauch von unter 4l Benzin oder 3,5l Diesel. Ab 2021 gilt der Wert für die
gesamte Fahrzeugflotte der Hersteller.
CO2-basierte Kfz-Steuer in Deutschland
Die Höhe der Kfz-Steuer wird seit Juli 2009 nicht mehr nur abhängig vom Hubraum, sondern vor allem abhängig vom CO2-Ausstoß
festgesetzt. Ab 2014 gilt für Neufahrzeuge ein CO2-Steuerfreibetrag in Höhe 95g/km.
Euro-Norm
Die Euro-Abgasnorm legt Grenzwerte für den Schadstoffausstoß (z.B. Kohlenmonoxid, Stickstoffoxiden, Kohlenwasserstoffen und Rußpartikel)
von Kfz fest. Seit Mitte 2009 müssen europaweit alle Neuwagen die Euro-5-Norm erfüllen. Seit dem 1. September 2015 ist für alle neu
zugelassenen Pkw die Euro-6-Norm bindend, für Lkw gilt die Norm bereits seit 1. Januar 2014. Seit Februar 2016 beschlossen ist die
Ablösung des bisher durchgeführten Testverfahrens NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) durch das dem realen Fahrverhalten nähere Real
Drive Emissions Verfahren (RDE) ab September 2017. Für Fahrzeuge bedeutet dies, dass sie im RDE-Verfahren bis zu 2,1-mal mehr
Stickoxide ausstoßen dürfen als der Laborwert (Seit 1.9.2014: 80 mg für Diesel; 60 mg für Benziner). Bis 2020 soll dann der Laborwert
ereicht werden, wobei mit Einberechnung von Messfehlern letztlich ein Faktor von 1,5 toleriert wird.
Glossar
Fachbegriffe und Abkürzungen
Additive Fertigung/ 3D-Druck
Unter 3D-Druck versteht man das Erzeugen von dreidimensionalen Bauteilen auf der Basis von Datensätzen, die üblicherweise in CAD-
Programmen erstellt werden. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Verfahren das Prinzip der additiven Fertigung (additive manufacturing):
Das Produkt wird durch Hinzufügen, Auftragen und Ablagern von Material schichtweise erzeugt, im Unterschied zu den subtraktiven
Fertigungsverfahren (Drehen, Fräsen, Bohren) oder formenden Verfahren (Gießen, Pressen, Spritzen oder Blasen). In Abhängigkeit des
gewählten Materials – Kunststoffe, Keramik, Metalle oder organische Stoffe – und der gewünschten Eigenschaften der zu erstellenden
Produkte werden dabei unterschiedliche 3D Druckverfahren eingesetzt.
CKD (Completely Knocked Down)
Bezeichnet Bausätze, die die OEM in Zielländern ausführen und zu kompletten Fahrzeuge zusammenbauen. Gründe sind die in neuen
Märkten anfänglichen geringen Stückzahlen und die Vermeidung von Einfuhrzöllen.
Tier-1-, Tier-2-, Tier-3-Zulieferer
Zulieferer werden dadurch unterschieden, wie nahe sie in der Zulieferkette bei den Herstellern stehen. Tier-One-Unternehmen liefern
direkt an den Hersteller. In der Regel handelt es sich um ganze Fahrzeugmodule oder Systeme. Tier-Two-Unternehmen hingegen
beliefern Tier-One-Zulieferer. Häufig handelt es sich dabei um Komponenten. Tier-Three-Zulieferer stehen in der Zulieferkette am
weitesten weg vom Hersteller und liefern vorwiegend Standardteile.
| Branchenbericht | Autozulieferer – BGS 473 23
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