Bewegung im hohen Alter – der Schlüssel zu lebenslanger körperlicher und geistiger...
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Bewegung im hohen Alter – der Schlüssel zu lebenslanger körperlicher und geistiger
Selbstständigkeit
Christoph Rott
10. Internationale Konferenz der EGREPAKöln, 14.–16. September 2006
Dr. Christoph Rott
Definitionen Hochaltrige
Personen, die 85 Jahre und älter sind (in USA als "Oldest Old" bezeichnet, vor über 20 Jahren als wichtige Bevölkerungsgruppe entdeckt)
Personen, die älter als 80 Jahre sind (vor allem deutscher Sprachraum). Dieses Alter wird in Deutschland von 66 % der Frauen und 46 % der Männer erreicht.
Dynamisch: Das Alter, zu dem die Hälfte der Geburtskohorte verstorben ist (ca. 84 Jahre bei Frauen und ca. 79 Jahre bei Männern)
Dr. Christoph Rott
Langfristige demografische Entwicklung
In Deutschland ist im 20. Jahrhundert die Lebenserwartung für Frauen und Männer um über 30 Jahre gestiegen.
Pro Jahr beläuft sich diese Zunahme auf mehr als 3 Monate (0,25 Jahre).
Statistisch betrachtet bedeutet das, dass in 100 Jahren eine ganze Generation hinzu-gekommen ist.
Ein Ende des Anstiegs der Lebenserwartung ist nicht in Sicht.
Dr. Christoph Rott
Lebenserwartung in Deutschland
Frauen
Männer
Unveröffentlichte Daten des MPIDR, Rostock
Dr. Christoph Rott
Keine Obergrenze der Lebenserwartung!
Dr. Christoph Rott
Zwei Prognosen der Lebenserwartung
Zeitraum 2002/04 2050
Statistisches Bundesamt
Frauen 81,6 86,6
Männer 75,9 81,1
Christoph Rott
Frauen 81,6 92,6a
Männer 75,9 85,1b
aslope = 0,235; bslope = 0,196 (Trend Deutschland von 1949 bis 1999)
Dr. Christoph Rott
Neue Entwicklung bei den Hochaltrigen
Seit ca. 1970 (Deutschland) einsetzender Rückgang der Sterblichkeit im hohem Alter
Dadurch Anstieg der Restlebenserwartung im hohen Alter.
Männer: von 5,36 auf 7,24 Jahre Frauen: von 6,16 auf 8,64 Jahre Anstieg von 35 % (Männer) bzw. 40 %
(Frauen) in ca. 30 Jahren Diese Entwicklung war für unmöglich
gehalten worden und wird heute noch zu wenig beachtet.
Dr. Christoph Rott
Restlebenserwartung im Alter 80 Jahre
Frauen
Männer
Dr. Christoph Rott
Die meisten heute lebenden Deutschen
werden aller Voraussicht nach einüberaus langes Leben
(90 – 100 Jahre)haben.
Dr. Christoph Rott
Mögliche Folgen der zunehmenden Langlebigkeit /
Hochaltrigkeit Pandemie von Beeinträchtigungen: mehr
Hochaltrige = mehr Gebrechlichkeit + mehr Morbidität + mehr Pflege ("apokalyptische Demografie")
Dynamisches Gleichgewicht: zwar vermehrtes Auftreten von chronischen Erkrankungen, diese sind aber weniger schwerwiegend und führen zu weniger Beeinträchtigungen
Kompression der Morbidität: Verdichtung von chronischen Erkrankungen und Beeinträchtigun-gen auf eine kurze Zeit vor dem Tod eines sehr langen Lebens.
Baltes & Smith, 2002
Dr. Christoph Rott
"Die menschliche Architektur istauf das hohe und sehr hohe Alter
schlecht vorbereitet."
Prof. Dr. Paul B. Baltes
Dr. Christoph Rott
Schwachstellen des Körpers
Muskeln, die Masse und Spannkraft verlieren
Knochen, die Mineralien verlieren
anfällige Bandscheiben
Ohren mit anfälligen Hörzellen
schwache Verbindung zwischen Netzhaut und
Sehnerv
relativ kurzer Brustkorb
Gelenke, die sich abnutzen
Beinvenen mit Krampfaderneigung
normale Durch-blutungsrichtung
schlecht funktionierende
Venenklappegestautes Blut Olshansky, Carnes & Butler, 2003
Dr. Christoph Rott
Mobilität im Dritten und Vierten Alter I
65-79 Jahre
80-94 Jahre
Gehen ohne Schwierigkeiten
Gesamtgruppe 100% (232)
100% (160)
- weniger als 100 m- zwischen 100 m und 500 m- zwischen 500 m und 1 km- mehr als 1 km
4,8%10,4%14,7%70,1%
22,7%28,9%17,6%30,8%
Hieber, Oswald, Rott & Wahl, 2006
Dr. Christoph Rott
Mobilität im Dritten und Vierten Alter II
65-79 Jahre 80-94 Jahre
Gehen ohne Schwierigkeiten
Männer 100% (117) 100% (71)
- weniger als 100 m- zwischen 100 m und 500 m- zwischen 500 m und 1 km- mehr als 1 km
4,3%8,5%
10,3%76,9%
12,9%21,4%21,4%44,3%
Frauen 100% (115) 100% (89)
- weniger als 100 m- zwischen 100 m und 500 m- zwischen 500 m und 1 km- mehr als 1 km
5,3%12,3%19,3%63,1%
30,4%34,8%14,6%20,2%
Hieber, Oswald, Rott & Wahl, 2006
Dr. Christoph Rott
Sarkopenie – der altersabhängige Verlust an Muskelmasse
Baltes & Smith, 2002
Dr. Christoph Rott
Pflegebedürftigkeit nach SGB XI
Dr. Christoph Rott
Viertes Alter: "Not-so-good News"
Häufung von chronischen Belastungen:80 % erleiden Verluste in 3 bis 6 Bereichen (z.B. Sehen, Hören, Kraft, funktionale Kapazität, Krankheiten, Intelligenz).
Hohes Ausmaß an Gebrechlichkeit, Funktions- einschränkungen und Multimorbidität.
Beträchtliche Prävalenz von Demenzen (ca. 50% im Alter von 90 Jahren und darüber).
Hundertjährige: nur ca. 10 % auf Grund ihrer physischen und kognitiven Kapazitäten zu einer selbständigen Lebensführung in der Lage Baltes & Smith, 2002
Dr. Christoph Rott
Lösungen: Jung mit 100 Jahren
gebogener Nacken mit vergrößerten Wirbeln
dickere Bandscheiben
extra Muskeln und Fett
Beinvenen mit mehr Venenklappen
nach vorne geneigter Körpergedrungenere Gestalt
größere Ohren mit mehr Hörzellen
dickere Knochen
stärkere Sehnen
Knie, die sich rückwärts beugen
Brustkorb mit zusätzlichen
Rippen
zusätzliche Venenklappen,
problemlos fließendes Blut
Augen mit besserer Verbindung zwischen Netzhaut und Sehnerv
Olshansky, Carnes & Butler, 2003
Dr. Christoph Rott
Kann Bewegung im (hohen) Alter zur Erhaltung der körperlichen und
geistigen Selbstständigkeit und zu einem längeren Leben beitragen?
Dr. Christoph Rott
Zwei und mehr Stunden wöchentlich sportlich aktiv
Robert-Koch-Institut, 2003
Dr. Christoph Rott
Mindestmaß (+ 1000kcal/Woche)
Mensink, 1999
Dr. Christoph Rott
Krafttraining bei Hochaltrigen effektiv!
Dr. Christoph Rott
Körperliches Aktivitätsmuster und9-Jahres-Überleben von Männern
Lee et al., 2004
Dr. Christoph Rott
Aktivitätsveränderungen und funk- tionale Beeinträchtigungen über 16
Jahre
Berk et al., 2006
Dr. Christoph Rott
Aerobic Fitness und Gehirnstruktur
(Colcombe et al., 2003) Ab 30. Lebensjahr verliert das Gehirn Gewebe
gefolgt von kognitivem Leistungsverlust. Vermutung, dass aerobic fitness ein Mechanis-
mus sein könnte, um die Gehirngesundheit alternder Menschen zu verbessern.
Studie mit 55 Personen im Alter von 55 bis 79 Jahren (Durchschnitt 66,5 Jahre) unterschied-licher kardiovaskulärer Fitness
Hochauflösende Magnet-Resonanz-Bildgebung, Unterscheidung von grauer und weißer Sub-stanz, Aufschlüsselung nach Alter, aerobic fitness und anderen Gesundheitsindikatoren
Dr. Christoph Rott
Alterskorrelierte Gehirnverluste
Dr. Christoph Rott
Fitness kompensiert Gehirnabbau
Dr. Christoph Rott
Spazierengehen und Demenz(Abbott et al., 2004)
Von 1991 bis 1999 wurden 2257 Männer japanischer Abstammung im Alter von 71 bis 93 Jahren längsschnittlich untersucht.
Ort: Hawaii-Insel Oahu, Teilnehmer im Ruhe-stand; hatten keine Erkrankungen, die das Gehen beeinträchtigten oder verhinderten.
Orte zu Fuß zu erreichen war lebenslange Gewohnheit und sehr einfach.
Männer mit weniger Bewegung als 400 m pro Tag erkrankten zweimal häufiger an Demenz als Männer mit mehr als 3200 m Bew.
Dr. Christoph Rott
Schlussfolgerungen Sehr viel mehr Menschen als heute werden
in Zukunft hochaltrig werden. Dieses Vierte Alter: hohes Ausmaß an Funk-
tionsbeeinträchtigungen, Morbidität und Pflege.
Wahrscheinlich, dass Bewegung und körper-liche Aktivität auch bei Hochaltrigen positive Effekte (körperlich und geistig) hat.
Krafttraining scheint im hohen Alter sehr wirkungsvoll (und notwendig) zu sein.
Mangel an kontrollierten Studien mit hoch-altrigen TN (Ausnahme Puggard, 2003).
Standardempfehlungen wie 1000 kcal/Woche auch für Hochaltrige sinnvoll?
Dr. Christoph Rott
"Pflegeprävention" in Kumamoto (Japan)
Alter:91 JahreBeinpresse:50 kg
Dr. Christoph Rott
Danke!
Kontakt:Dr. Christoph RottInstitut für Gerontologie, Universität HeidelbergBergheimer Str. 2069115 HeidelbergTel.: 06221-548129E-Mail: [email protected]://www.gero.uni-heidelberg.de