Berechnung der Schienenspannungen und horizontalen...
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Berechnung der Schienenspannungen und horizontalen Pfeilerkräfte am
Beispiel der Saale-Elster-Talbrücke
Dipl.-Ing. Stefan Zettler
Ingenieurbüro Grassl, Berlin / Prüfingenieur Dr. Baumann, Magdeburg
Zusammenfassung:
Als Teil der Neubaustrecke Erfurt-Leipzig / Halle entsteht mit der Saale-Elster-Talbrücke auf einer
Gesamtlänge von 8577 m momentan Deutschlands längstes Brückenbauwerk. Der Nachweis der
zulässigen Schienenspannungen sowie die Ermittlung der horizontalen Pfeilerkräfte erfolgt mittels
einer nichtlinearen Berechnung unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens von Oberbau und
Brückentragwerk. Die Grundlagen einer solchen Berechnung und die Umsetzung mit SOFiSTiK im
Rahmen der bautechnischen Prüfung werden in diesem Vortrag vorgestellt.
Summary:
As a part of the high-speed rail line Erfurt-Leipzig / Halle, the Saale-Elster-Talbrücke with a total
length of 8577 m will be Germanys longest viaduct upon completion. The proof of maximum
allowable rail-pressure as well as the determination of horizontal forces on the pillars is achieved
through a nonlinear calculation in consideration of the interaction between rail system and
superstructure. The basics of this calculation and its realisation using SOFiSTiK shall be introduced
in this lecture.
1 EINFÜHRUNG
1.1 Bauwerk
Die Neubaustrecke Erfurt–Leipzig / Halle ist das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Schiene Nr. 8.2.
Die Strecke ist Teilstück der Hochgeschwindigkeitsverbindung Berlin–München und Bestandteil
der Achse Nr. 1 (Berlin–Verona–Palermo) der Transeuropäischen Netze. Sie wird Richtung Norden
durch die Ausbaustrecke Leipzig–Berlin (VDE Schiene Nr. 8.3) fortgesetzt und Richtung Süden
durch die Schnellfahrstrecke Nürnberg–Erfurt. Nach Fertigstellung der gesamten Verbindung wird
sich die Fahrzeit von München nach Berlin auf drei Stunden und 45 Minuten reduzieren.
Die Neubaustrecke quert südlich von Halle
die Auenlandschaft der Saale und Weißen
Elster mit mehreren Naturschutzgebieten,
unter anderem ein FFH-Gebiet sowie ein
Vogelschutzgebiet und eine Wasserschutz-
zone III des Wasserwerks Halle-Beesen.
Über die insgesamt 217 Pfeiler des
zweigleisigen Brückenbauwerks spannen in
den Regelbereichen Zweifeldträgerketten
mit 44 m Stützweite. Der Brückenzug
enthält weiterhin mehrere Dreifeldträger
mit Stützweiten bis zu 70 m, ein 7-feldriges
Abzweigbauwerk sowie eine
Stabbogenbrücke mit 115 m Stützweite.
Abbildung 1: NBS Erfurt-Halle/Leipzig, Streckenführung
Abbildung 2: Saale-Elster-Talbrücke, Lage
Bei einer Entwurfsgeschwindigkeit von 300 km/h auf der Hauptstrecke Erfurt-Leipzig (160 km/h
auf dem Abzweig Erfurt-Halle) und einem zweigleisigen Oberbau als Feste Fahrbahn sind auf dem
gesamten Bauwerk nur 2 Schienenauszüge vorgesehen.
Abbildung 3: Saale-Elster-Talbrücke, Visualisierung
Die Arbeiten zur Herstellung der Pfeiler und Widerlager begannen 2007, im Frühjahr 2008 sind
bereits mehrere Pfeiler sowie die ersten Überbauten hergestellt.
Abbildung 4: Saale-Elster-Talbrücke, Bauarbeiten am WL-Ost
1.2 Dimensionierung der Gründung in Iteration mit der Schienenspannungsberechnung
Die Pfeiler werden in wasserdichten Spundwandkästen gegründet, wobei die Spundwände und die
Fundamentplatten über Kopfbolzendübel kraftschlüssig miteinander verbunden sind und somit das
Tragverhalten einer Tiefgründung erreicht wird. Während die Vertikallasten weitgehend
unabhängig von der Dimensionierung der Gründung ermittelt werden können, sind die horizontalen
Pfeilerlasten über die Längskraftkopplung der Überbauten durch die Schienen von den jeweiligen
Gründungssteifigkeiten abhängig. Maßgebend für die Steifigkeit der Gründung ist hierbei die Größe
des Spundwandkastens; Profilwahl der Spundbohlen oder Rammtiefe haben einen geringeren
Einfluss. Um eine möglichst wirtschaftliche Auslegung der Gründung zu erreichen, erfolgt die
Dimensionierung der Spundwandkästen in einem iterativen Prozess:
Abbildung 5: Ablauf Gründungs- und Schienenspannungsberechnung
Prüfung durch eigene Berechnung der
Schienenspannungen und der horizontalen
Pfeilerkräfte
Berechnung der Schienenspannungen und horizontalen
Pfeilerkräfte mit abgeschätzten Gründungssteifigkeiten
Dimensionierung und Bemessung der Gründung hinsichtlich Tragfähigkeit für
vertikale und horizontale Lasten, anschließende Berechnung der
Gründungssteifigkeiten durch den Baugrundsachverständigen
Falls zulässige Schienenspannungen
überschritten, geänderte Annahmen für
die Gründung
Abschließende Berechnung der Schienenspannungen und der
horizontalen Pfeilerkräfte mit berechneten Gründungssteifigkeiten
Schienenspannungen sind eingehalten und
horizontale Pfeilerlasten liegen (geringfügig)
unter den Bemessungswerten
→ Ende der Berechnung
Schienenspannungen sind überschritten
und/oder horizontale Pfeilerlasten liegen
über (weit unter) den Bemessungswerten
2 GRUNDLAGEN DER SCHIENENSPANNUNGSBERECHNUNG
2.1 Zulässige zusätzliche Schienenspannungen
Das Prinzip der Längskraftkopplung der Überbauten über die lückenlos verschweißten Schienen
setzt voraus, dass Schiene und Oberbau in der Lage sind, zusätzlich zu den Belastungen auf der
freien Strecke aus Temperaturbeanspruchung der Schiene, Radlasten und Eigenspannungen weitere
Lasten durch das Zusammenwirken von Brückentragwerk und Oberbau aufzunehmen. Bei einem
Oberbau mit Schotterbett werden die zulässigen zusätzlichen Druckspannungen durch die Stabilität
des Gleisrostes begrenzt, nach [2] ergibt sich für eine Schiene UIC 60 eine zulässige zusätzliche
Temperaturbeanspruchung von 30 K oder 30 x 1,15 x 10-5 x 210000 = 72 N/mm².
Abbildung 6: Gleisverwerfungen und zusätzliche Temperaturniveaus nach [2]
Bei Fester Fahrbahn (wie bei der Saale-Elster-
Talbrücke vorgesehen) werden für Zug- und
Druckspannungen die freien Spannungen in der
Schiene selbst maßgebend. Ebenfalls nach [2]
kann der freie Spannungsanteil für eine Schiene
UIC 60 mit 900 N/mm² Zugfestigkeit
folgendermaßen bestimmt werden:
σzul = 470 N/mm²
-σBiegung = -158 N/mm²
-σTemp50K = -120 N/mm²
-σEigensp. = -80 N/mm²
σFrei = 112 N/mm²
Abbildung 7: Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith aus [2]
Nach [2] können die zusätzlichen Normalspannungen in der Schiene aufgrund der Durchbiegung
der Überbauten unter Vertikallasten pauschal mit einem Abschlag von 20 N/mm² auf die freien
Schienenspannungen berücksichtigt werden, so dass sich bei Vernachlässigung der Vertikallasten in
der Berechnung eine zulässige zusätzliche Schienenspannung von 92 N/mm² ergibt.
Dies steht jedoch im Widerspruch zu DIN-Fachbericht 101, Anhang K.3 [1], worin bei einer
Begrenzung der Zug- und Druckspannungen auf 92 N/mm² für die Feste Fahrbahn auch eine
Berücksichtigung der Überbauverformungen infolge vertikaler Verkehrslastanteile gefordert wird.
Bis zur Klärung dieses Widerspruchs müssen die Spannungsgrenzen aus DIN-Fachbericht 101 als
verbindlich angesehen werden.
2.2 Zu berücksichtigende Einwirkungen
Nach dem Prinzip der zusätzlichen Schienenspannungen müssen in Bereichen mit lückenlos
durchgehenden Schienen nur die Einwirkungen untersucht werden, die durch Bewegung der
Bauwerke eine zusätzliche Beanspruchung der Schienen hervorrufen. Eine Temperaturänderung in
der Schiene selbst führt in diesen Bereichen nicht zu Relativbewegungen zwischen Bauwerk und
Schiene und verursacht somit auch keine zusätzlichen Beanspruchungen. Die Temperaturänderung
der Schiene muss jedoch in der Nähe von Schienenauszügen als zusätzliche Beanspruchung für die
Ermittlung der horizontalen Pfeilerlasten berücksichtigt werden!
Zur Berechnung der zusätzlichen Schienenspannungen und der horizontalen Pfeilerkräfte sind also
folgende Einwirkungen zu berücksichtigen:
• Temperaturänderung der Überbauten
Nach DIN-FB 101 ergeben sich für Massivbrücken Temperaturunterschiede von ±27 K. In
der DS 804 wurden noch ±30 K angegeben, bei der Saale-Elster-Talbrücke wurden ±30 K
bereits in der Ausschreibung gefordert.
• Temperaturänderung der Schiene
Nur in der Nähe von Schienenauszügen relevant. DIN-FB 101 gibt hier keinen Wert vor, in
DS 804 werden ±50 K angegeben.
• Brems- und Anfahrlasten
Nach DIN-FB 101 sind bei Brücken mit zwei Gleisen Bremskräfte auf dem einen Gleis und
Anfahrkräfte auf dem anderen Gleis zu berücksichtigen.
Bremskraft Qlbk = 20 x L ≤ 6000 kN 20 kN/m auf 300 m Länge
Anfahrkraft Qlak = 33 x L ≤ 1000 kN 33 kN/m auf 30,3 m Länge
• Vertikale Verkehrslasten
Im Bereich der Bremslasten werden Vertikallasten gemäß LM 71 berücksichtigt
• Weitere Einwirkungen wie Kriechen, Schwinden, Temperaturunterschied
2.3 Modellbildung für die Berechnung
In DIN-FB 101 wird folgendes Prinzipmodell empfohlen:
Abbildung 8: Abb. K.2 aus [1]
Das Modell sollte noch um (7), Federn zur Berücksichtigung der Verschiebewiderstände der
beweglichen Lager, erweitert werden.
Die Ersatzfeder für den Längsverschiebewiderstand des Pfeilerkopfs (6) wird aus den Anteilen
Pfeilerbiegung, Fundamentverkantung und Fundamentverschiebung ermittelt:
Abbildung 9: Abb. K.1 aus [1]
(7)
Da die Pfeilerhöhe beim Anteil aus Pfeilerbiegung in der dritten Potenz in die Berechnung eingeht,
beim Anteil aus Fundamentverkantung aber nur in der 2. Potenz bzw. beim Anteil aus
Fundamentverschiebung gar nicht, ist leicht ersichtlich, dass mit zunehmender Pfeilerhöhe der
Einfluss der Gründungssteifigkeit auf die Ersatzfedersteifigkeit des Pfeilerkopfes zunehmend
geringer wird. Pfeilerhöhe Biegesteifigkeit
PfeilerschaftDrehfeder
FundamentWegfeder
FundamentErsatzfeder am Pfeilerkopf aus Pfeilerbiegung
Ersatzfeder am Pfeilerkopf aus
Fundament- verkantung
Ersatzfeder am Pfeilerkopf aus
Fundament- verschiebung
Ersatzfeder am Pfeilerkopf aus
allen drei Anteilen
[m] [m4] [MNm/rad] [MN/m] [MN/m] [MN/m] [MN/m] [MN/m]10,00 5,15 15000 300 464 150 300 8215,00 5,15 15000 300 137 67 300 3920,00 5,15 15000 300 58 38 300 21
Tabelle 1: Ermittlung der Ersatzfedersteifigkeit am Pfeilerkopf
Die Federkennlinien für die Federn zwischen Überbau und Schiene können aus den
Verschiebewiderständen für ein Gleis in DIN-FB 101, Abb. K3 ermittelt werden. Die Verwendung
dieser Rechenwerte setzt den Einbau von Schienenfesthaltungen mit reduziertem
Durchschubwiderstand von etwa 9 kN pro Stützpunkt voraus.
Abbildung 10: Abb. K.3 aus [1]
Feste Fahrbahn
In der DS 804 sind zwei prinzipielle Möglichkeiten angegeben, um die Kopplung der Schiene mit
dem Überbau zu realisieren.
Abbildung 11: Modellvorschläge für die Kopplung der Schiene an das Tragwerk aus [3]
Für beide Modelle wird ein Abstand der Koppelstellen ≤ 5,0 m gefordert. Bei Modell a) ist natürlich
zu beachten, dass vertikale Verkehrslasten nicht auf die Schiene, sondern ausschließlich auf die
Stäbe des Tragwerks aufgebracht werden dürfen. Mit einem leistungsfähigen
Berechnungsprogramm wie Sofistik kann als elegante Lösung ein modifiziertes Modell b) gewählt
werden, wobei die hier angegebenen Biegestäbe direkt durch Federn mit Fließfunktion ersetzt
werden. Wird zudem ein Federabstand von 1,0 m gewählt, so kann die in Abbildung 10 angegebene
Kennlinie für den Verschiebewiderstand unmittelbar als Federkennlinie verwendet werden,
wodurch die Transparenz und Nachprüfbarkeit der Ergebnisse deutlich verbessert wird.
2.4 Überlagerung der Ergebnisse
DIN-FB 101, Anhang K enthält hierzu folgende Aussagen:
• „Bei der Untersuchung der einzelnen Einwirkungen ist das nichtlineare Verhalten der [ ]
Verschiebewiderstände zu berücksichtigen“
• „Die Schienen- und Lagerlängskräfte der einzelnen Einwirkungen dürfen linear überlagert
werden“
Bei einer derartigen linearen Überlagerung einzeln nichtlinear ermittelter Ergebnisse wird davon
ausgegangen, dass jede Einwirkung für sich am unverformten System wirkt. In der Realität werden
die beiden maßgeblichen Einwirkungen Temperatur und Bremsen/Anfahren aber in zeitlicher
Abfolge auftreten: Der Lastfall Temperatur tritt allmählich ein, für die Kopplung Schiene-Überbau
ist die Kennlinie des unbelasteten Gleises zu verwenden. Der Lastfall Bremsen/Anfahren wirkt auf
ein bereits aus Temperatur vorbelastetes System mit entsprechenden Relativverschiebungen
zwischen Schiene und Überbau, zudem muss im Bereich der Belastung die steifere Federkennlinie
des belasteten Gleises angesetzt werden. In [2] werden die Auswirkungen einer solchen
Berücksichtigung der Belastungsgeschichte näher untersucht. Es zeigt sich, dass eine lineare
Überlagerung der Ergebnisse der einzelnen Einwirkungen für die ermittelten Schienenspannungen
stets größere Werte liefert als eine Berechnung unter Berücksichtigung der Belastungsgeschichte.
Die „darf“ Formulierung aus DIN-FB 101 liegt somit auf der sicheren Seite. Da die Unterschiede
der ermittelten Schienenspannungen aber durchaus im Bereich von 15-25 % liegen können, sollte
für eine wirtschaftliche Bemessung des gesamten Tragwerks nicht auf die genauere
Berechnungsweise verzichtet werden.
3 SCHIENENSPANNUNGSBERECHNUNG MIT SOFISTIK
3.1 Berechnungsmodell für die bautechnische Prüfung
Die Berechnung der Schienenspannungen und horizontalen Pfeilerkräfte erfolgt bei der Saale-
Elster-Talbrücke gemäß des Baufortschritts in Abschnitten von etwa 20 – 30 Pfeilerachsen, das
entspricht ca. 900-1300 m Brückenlänge. Bei diesen willkürlich herausgeschnittenen
Berechnungsabschnitten muss an den Abschnittsenden ein ausreichend großer Überstand mit
abgebildet werden, um die Einflüsse der Ränder auf die Rechenergebnisse gering zu halten. Als
„Faustregel“ kann gelten, dass der Überstand mindestens 3 Festpfeilerachsen (ca. 260 m) betragen
muss. Die einzelnen Berechnungsabschnitte müssen sich also um mindestens diesen Betrag
überschneiden.
Pfeiler und Überbauten werden mit ihren realen Querschnitten abgebildet, die Schienen werden zu
einem Stab mit entsprechender Steifigkeit zusammengefasst. Der Anteil der Pfeilerbiegung wird
somit direkt vom Programm ermittelt, die Gründungssteifigkeiten werden über entsprechende Dreh-
und Wegfedern an den Pfeilerfüßen modelliert.
Das Modell muss für die verschiedenen Achsbereiche leicht an unterschiedliche Stützweiten
anzupassen sein, ebenso muss die Definition Festpfeiler/Trennpfeiler bzw. Trennpfeiler mit einem
festen und einem beweglichen Lager mit vertretbarem Aufwand bewerkstelligt werden können. Für
die Berechnung der Temperaturlastfälle erhalten die Koppelfedern zwischen Schiene und Damm
bzw. zwischen Schiene und Überbau die Kennlinie für das unbelastete Gleis. Zur Berechnung der
Verkehrslastfälle müssen die Koppelfedern in den jeweils belasteten Bereichen mit der Kennlinie
des belasteten Gleises wirken.
Die oben beschriebenen Anforderungen an die Variabilität lassen sich am besten mit einer
entsprechend parametrisierten Cadinp-Eingabe verwirklichen.
Abbildung 12: Modell in Animatoransicht
Abbildung 13: Modellbereich am Übergang zum Damm
Abbildung 14: Abbildung Widerlager, Festpfeiler, Trennpfeiler
3.2 Berechnungsablauf
Um die Belastungsgeschichte, wie unter 2.4 beschrieben korrekt abzubilden, werden zuerst die
beiden Temperaturlastfälle ± 30 k Überbauerwärmung unter Berücksichtigung der nichtlinearen
Koppelfedern berechnet. Die Verkehrslastfälle Bremsen/Anfahren und vertikale Belastung werden
in einem bestimmten Raster in beiden Richtungen über den Brückenzug verschoben. Sie setzen
dabei jeweils auf einen der beiden Temperaturlastfälle als Primärlastfall auf. Da die größten
Schienenspannungen immer an den Überbauenden auftreten, muss beim Raster der
Schiene
Überbau
Koppelfedern für unbelastetes/belastetes Gleis
Dreh- und Wegfedern
am Pfeilerfuß
Lagerfedern Damm
Verkehrslastfälle darauf geachtet werden, dass der Anfang der Verkehrslast auch mit den jeweiligen
Trennpfeilerachsen zusammenfällt. Aus diesen jeweils einzeln berechneten Primärlastfallketten
kann abschließend mit Maxima die Grenzlinie für die Schienenspannungen bzw. die maximale
horizontale Pfeilerkraft bestimmt werden.
3.3 Berechnungsbeispiel für Temperatur und Bremsen/Anfahren am Übergang zum Damm
Im folgenden sollen die Ergebnisse einer Berechnung der Schienenspannungen und horizontalen
Pfeilerkräfte an einem Beispiel gezeigt werden. Es werden nur die beiden maßgebenden Lastfälle
Temperatur und Bremsen/Anfahren untersucht.
53.0
53.0
53.0
53.0
53.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
20.0
A B C
Abbildung 15: Brems- und Anfahrlasten
Weitere Einwirkungen wie vertikale Verkehrslast und linearer Temperaturunterschied haben beim
hier untersuchten Zweifeldträgersystem nur geringe Auswirkungen auf die Schienenspannungen.
Kriechen und Schwinden kann aus zwei Gründen vernachlässigt werden: Zum einen findet der
Einbau der Gleise erst erheblich nach Herstellung des Überbaus statt, so dass ein Großteil der
Schwindverformung schon abgeklungen sein wird. Zum anderen befindet sich bei den hier
vorhandenen Trägerlängen der größte Teil der Koppelfedern schon im Lastfall Temperatur -30 K
im plastischen Bereich, eine weitere Verkürzung des Überbaus durch Schwinden würde somit nicht
zu einer Vergrößerung der Beanspruchung führen.
Dargestellt Schienenkräfte, Fläche = 4 x 76,68 cm² = 307,44cm²
Zulässige Schienenkraft = 307,44 x 9,2 = 2828 kN
-1269
1268
1173
-1074
-1049
908.4
908.2
812.7
812.4
-713.0
-688.4
548.6
548.2
452.7
451.8
-352.5
-327.9
199.3
188.7
188.1
92.5
88.0
38.9
17.2
7.58
3.35
1.48
A B C
Abbildung 16: Schienenkräfte aus Temperatur der Überbauten -30 K
Damm unbelastet Anfahren 33 kN/m auf 30 m Bremsen 20 kN/m auf 300 m
2010
1650
1289
1121
928.7
628.9
566.3
358.1
258.2
231.3
215.6
133.8
114.0
86.0
78.5
-72.3
50.3
47.3
46.9
36.8
35.7
34.6
33.4
27.5
22.2
-22.0
9.82
4.33
1.91
A B C
Abbildung 17: Schienenkräfte aus Bremsen/Anfahren am nicht vorbelasteten System
3183
2462
2226
1897
1741
-1269
1200
1162
1128
1124
-1103
-1062
-777.2
-698.6
680.0
654.3
634.2
485.2
-364.4
-337.0
297.0
268.7
235.4
131.2
57.9
25.6
11.3
4.99
2.20
A B C
Abbildung 18: Lineare Überlagerung der Anteile Temperatur und Bremsen/Anfahren
Bei linearer Überlagerung der Anteile Temperatur und Bremsen/Anfahren ergeben sich am
Übergang zum Damm zusätzliche Schienenspannungen von 104 N/mm² und liegen somit deutlich
über dem zulässigen Wert von 92 N/mm².
2633
2268
1903
1745
1573
1539
-1260
1177
-1107
1096
1052
-1034
854.6
813.2
-786.5
-689.8
644.0
623.7
450.9
-375.3
-334.7
252.8
244.3
235.5
199.1
87.9
38.8
17.1
7.56
3.32
1.42A B C
Abbildung 19: Schienenkräfte aus Temperatur und Bremsen/Anfahren bei korrekter Berücksichtigung der
Belastungsgeschichte
Bei korrekter Berücksichtigung der Belastungsgeschichte werden maximale zusätzliche
Schienenspannungen von 86 N/mm² ermittelt, der Grenzwert ist eingehalten. Der so ermittelte Wert
liegt um 17% unter dem Wert der linearen Überlagerung.
Für den gesamten untersuchten Achsbereich lassen sich die maßgebenden Schienenspannungen und
horizontalen Pfeilerkräfte am übersichtlichsten im Balkendiagramm darstellen.
Schienenkräfte
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T U
Achse
kN
Pfeiler H-Kräfte
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T U
Achse
kN
Abbildung 20: Schienenspannungen und horizontale Pfeilerkräfte in der Zusammenstellung
4 ZUSAMMENFASSUNG
Nach DIN-FB 101, Anhang K.2 dürfen die vereinfachten Nachweise zur Ermittlung der
horizontalen Lagerkräfte nur für einteilige Überbauten mit Schotterbett und Dehnlängen < 60 m für
Stahl- bzw. < 90 m für Massiv- oder Verbundbauweise angewendet werden. Für alle mehrteiligen
Überbauten ohne Schienenauszug oder bei Einbau der Festen Fahrbahn ist somit prinzipiell immer
eine genauere Berechnung nach Abschnitt K.3 durchzuführen. Die Berechnung erfolgt sinnvoller
weise mit Hilfe eines elektronischen Berechnungsprogramms, die genaue Modellierung und der
interne Berechnungsablauf können hierbei aber natürlich sehr unterschiedlich ausfallen. Hilfreich
wäre in diesem Zusammenhang eine Veröffentlichung über Berechnungsergebnisse an komplexeren
Brückensystemen, um eine bessere Überprüfung und Kalibrierung des eigenen Rechenmodells zu
ermöglichen.
5 PROJEKTBETEILIGTE
Bauherr: DB Netz AG, vertreten durch DB Projektbau GmbH, NL Leipzig
Bauausführung: Arge Saale-Elster-Talbrücke:
- Hochtief Construction AG, NL Leipzig
- Adam Hörnig, Aschaffenburg
- Gerdum u. Breuer, Kassel
Ausführungsplanung: Planungsgemeinschaft:
- Leonhardt, Andrä und Partner, Dresden
- Kinkel + Partner, Neu-Isenburg
Prüfung und Freigabe: Eisenbahnbundesamt Halle
Prüfingenieure: Prüfingenieurgemeinschaft Talbrücke Saale-Elster:
Prof. Dr.-Ing. Albrecht, München
Dr.-Ing. Baumann, Magdeburg
Dr.-Ing. Mang, München
Dr.-Ing. Streit, München
6 LITERATUR
[1] DIN-Fachbericht 101, Anhang K; Längsgerichtete Einwirkungen auf Eisenbahnbrücken
(2005)
[2] Ruge, P., Trinks, C., Muncke, M., Schmälzlin, G.; Längskraftbeanspruchung von durchgehend
geschweißten Schienen auf Brücken für Lastkombinationen. Bautechnik 81 (2004), S. 537-
548.
[3] DS 804-B6, Vorschrift für Eisenbahnbrücken und sonstige Ingenieurbauwerke (2000)