BDH 01 2009-11-25 · 11 Ssu-ma Hsiang-ju: Gesang zur Ch’in 44 12 Huo Ch’ü-ping: Gesang zur...
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Bibliothek der Han 1
OSTASIEN Verlag
Die Stellennachweise fuumlr saumlmtliche in diesem Band uumlbersetzten Texte sind auf der Website des Verlags unter wwwbibliothek-der-handebdh001html zusammengestellt
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie detaillierte bibliographische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar ISSN 1869-6023 ISBN 978-3-940527-18-9 copy 2009 OSTASIEN Verlag Gossenberg (wwwostasien-verlagde) 1 Auflage Alle Rechte vorbehalten Redaktion Satz und Umschlaggestaltung Martin Hanke und Dorothee Schaab-Hanke Druck und Bindung Rosch-Buch Druckerei GmbH Scheszliglitz Printed in Germany
Inhalt Einleitung und Vorwort 1 Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen Vorbemerkung 12
1 Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm 15 2 Liu Yu Gesang 17 3 Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind 20 4 Liu Tan Gesang 23 5 Liu Hsuuml Gesang 25 6 Liu Fu-ling Gesang vom Lin-See 27 7 Liu An Weise uumlber die acht Herren 29 8 Liu Hung Gesang 32 9 Trsquoang Tsrsquou Gesang der Barbaren von Tso-tu 34 Kapitel 2 Gedichte von Literaten
Vorbemerkung 38
10 Mei Sheng Ohne Titel 40 11 Ssu-ma Hsiang-ju Gesang zur Chrsquoin 44 12 Huo Chrsquouuml-ping Gesang zur Chrsquoin 48 13 Liang Hung Gesang mit fuumlnf Ruumllpsern 50 14 Chang Heng Uumlber die Schwermut 53 15 Chao I Leiden an der Verderbnis 56 16 Sung Tzu-hou Fallende Bluumlten 58 17 Krsquoung Yung Angesichts des Endes 61 18 Chrsquoin Chia An meine Frau 64
Inhalt
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
Vorbemerkung 68
19 Trsquoang-shan Gesang 70 20 Liu Hsi-chuumln Gesang 72 21 Hofdame Pan Zorniges Lied 75 22 Chao Fei-yen Lied 78 23 Pan Chao Poetische Beschreibung einer Zikade 81 24 Hsuuml Shu Antwort an Chrsquoin Chia 83 25 Dame Trsquoang Gesang 85 26 Tsrsquoai Yen Lied zur Barbarenfloumlte 87 27 Anonym O Houmlchster 90 Kapitel 4 Einblicke in Alltaumlgliches
Vorbemerkung 94
28 Anonym Alter Gesang 97 29 Anonym Jemand an den ich denke 99 30 Anonym Weise zu einem Yen-Gesang 102 31 Anonym Zu bdquoIn Chrsquoang-an liegt eine enge Gasseldquo 104 32 Anonym Zu bdquoUumlber den Groszliggouverneur von Yen-menldquo 108 33 Anonym Oumlstlich von dem Flachen Huumlgel 112 34 Anonym Gesang uumlber die Flucht des Tung (Cho) 114 35 Anonym Wir kaumlmpften suumldlich der Mauern 116 36 Anonym Altes Lied 119 Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
Vorbemerkung 124
37 Anonym Alter Gesang 127 38 Anonym Wie hoch der Berg Wu ist 129 39 Anonym Zur Weise bdquoTrauriger Gesangldquo 132 40 Anonym Der Hahnenruf 134 41 Anonym Altes Lied 137 42 Anonym Altes Lied 139
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
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Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
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Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
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uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
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bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
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che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Bibliothek der Han 1
OSTASIEN Verlag
Die Stellennachweise fuumlr saumlmtliche in diesem Band uumlbersetzten Texte sind auf der Website des Verlags unter wwwbibliothek-der-handebdh001html zusammengestellt
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie detaillierte bibliographische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar ISSN 1869-6023 ISBN 978-3-940527-18-9 copy 2009 OSTASIEN Verlag Gossenberg (wwwostasien-verlagde) 1 Auflage Alle Rechte vorbehalten Redaktion Satz und Umschlaggestaltung Martin Hanke und Dorothee Schaab-Hanke Druck und Bindung Rosch-Buch Druckerei GmbH Scheszliglitz Printed in Germany
Inhalt Einleitung und Vorwort 1 Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen Vorbemerkung 12
1 Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm 15 2 Liu Yu Gesang 17 3 Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind 20 4 Liu Tan Gesang 23 5 Liu Hsuuml Gesang 25 6 Liu Fu-ling Gesang vom Lin-See 27 7 Liu An Weise uumlber die acht Herren 29 8 Liu Hung Gesang 32 9 Trsquoang Tsrsquou Gesang der Barbaren von Tso-tu 34 Kapitel 2 Gedichte von Literaten
Vorbemerkung 38
10 Mei Sheng Ohne Titel 40 11 Ssu-ma Hsiang-ju Gesang zur Chrsquoin 44 12 Huo Chrsquouuml-ping Gesang zur Chrsquoin 48 13 Liang Hung Gesang mit fuumlnf Ruumllpsern 50 14 Chang Heng Uumlber die Schwermut 53 15 Chao I Leiden an der Verderbnis 56 16 Sung Tzu-hou Fallende Bluumlten 58 17 Krsquoung Yung Angesichts des Endes 61 18 Chrsquoin Chia An meine Frau 64
Inhalt
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
Vorbemerkung 68
19 Trsquoang-shan Gesang 70 20 Liu Hsi-chuumln Gesang 72 21 Hofdame Pan Zorniges Lied 75 22 Chao Fei-yen Lied 78 23 Pan Chao Poetische Beschreibung einer Zikade 81 24 Hsuuml Shu Antwort an Chrsquoin Chia 83 25 Dame Trsquoang Gesang 85 26 Tsrsquoai Yen Lied zur Barbarenfloumlte 87 27 Anonym O Houmlchster 90 Kapitel 4 Einblicke in Alltaumlgliches
Vorbemerkung 94
28 Anonym Alter Gesang 97 29 Anonym Jemand an den ich denke 99 30 Anonym Weise zu einem Yen-Gesang 102 31 Anonym Zu bdquoIn Chrsquoang-an liegt eine enge Gasseldquo 104 32 Anonym Zu bdquoUumlber den Groszliggouverneur von Yen-menldquo 108 33 Anonym Oumlstlich von dem Flachen Huumlgel 112 34 Anonym Gesang uumlber die Flucht des Tung (Cho) 114 35 Anonym Wir kaumlmpften suumldlich der Mauern 116 36 Anonym Altes Lied 119 Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
Vorbemerkung 124
37 Anonym Alter Gesang 127 38 Anonym Wie hoch der Berg Wu ist 129 39 Anonym Zur Weise bdquoTrauriger Gesangldquo 132 40 Anonym Der Hahnenruf 134 41 Anonym Altes Lied 137 42 Anonym Altes Lied 139
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
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Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
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bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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277
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Anhang
278
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Die Stellennachweise fuumlr saumlmtliche in diesem Band uumlbersetzten Texte sind auf der Website des Verlags unter wwwbibliothek-der-handebdh001html zusammengestellt
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie detaillierte bibliographische Daten sind im Internet uumlber httpdnbd-nbde abrufbar ISSN 1869-6023 ISBN 978-3-940527-18-9 copy 2009 OSTASIEN Verlag Gossenberg (wwwostasien-verlagde) 1 Auflage Alle Rechte vorbehalten Redaktion Satz und Umschlaggestaltung Martin Hanke und Dorothee Schaab-Hanke Druck und Bindung Rosch-Buch Druckerei GmbH Scheszliglitz Printed in Germany
Inhalt Einleitung und Vorwort 1 Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen Vorbemerkung 12
1 Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm 15 2 Liu Yu Gesang 17 3 Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind 20 4 Liu Tan Gesang 23 5 Liu Hsuuml Gesang 25 6 Liu Fu-ling Gesang vom Lin-See 27 7 Liu An Weise uumlber die acht Herren 29 8 Liu Hung Gesang 32 9 Trsquoang Tsrsquou Gesang der Barbaren von Tso-tu 34 Kapitel 2 Gedichte von Literaten
Vorbemerkung 38
10 Mei Sheng Ohne Titel 40 11 Ssu-ma Hsiang-ju Gesang zur Chrsquoin 44 12 Huo Chrsquouuml-ping Gesang zur Chrsquoin 48 13 Liang Hung Gesang mit fuumlnf Ruumllpsern 50 14 Chang Heng Uumlber die Schwermut 53 15 Chao I Leiden an der Verderbnis 56 16 Sung Tzu-hou Fallende Bluumlten 58 17 Krsquoung Yung Angesichts des Endes 61 18 Chrsquoin Chia An meine Frau 64
Inhalt
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
Vorbemerkung 68
19 Trsquoang-shan Gesang 70 20 Liu Hsi-chuumln Gesang 72 21 Hofdame Pan Zorniges Lied 75 22 Chao Fei-yen Lied 78 23 Pan Chao Poetische Beschreibung einer Zikade 81 24 Hsuuml Shu Antwort an Chrsquoin Chia 83 25 Dame Trsquoang Gesang 85 26 Tsrsquoai Yen Lied zur Barbarenfloumlte 87 27 Anonym O Houmlchster 90 Kapitel 4 Einblicke in Alltaumlgliches
Vorbemerkung 94
28 Anonym Alter Gesang 97 29 Anonym Jemand an den ich denke 99 30 Anonym Weise zu einem Yen-Gesang 102 31 Anonym Zu bdquoIn Chrsquoang-an liegt eine enge Gasseldquo 104 32 Anonym Zu bdquoUumlber den Groszliggouverneur von Yen-menldquo 108 33 Anonym Oumlstlich von dem Flachen Huumlgel 112 34 Anonym Gesang uumlber die Flucht des Tung (Cho) 114 35 Anonym Wir kaumlmpften suumldlich der Mauern 116 36 Anonym Altes Lied 119 Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
Vorbemerkung 124
37 Anonym Alter Gesang 127 38 Anonym Wie hoch der Berg Wu ist 129 39 Anonym Zur Weise bdquoTrauriger Gesangldquo 132 40 Anonym Der Hahnenruf 134 41 Anonym Altes Lied 137 42 Anonym Altes Lied 139
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
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Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
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che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
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Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
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Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
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chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Inhalt Einleitung und Vorwort 1 Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen Vorbemerkung 12
1 Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm 15 2 Liu Yu Gesang 17 3 Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind 20 4 Liu Tan Gesang 23 5 Liu Hsuuml Gesang 25 6 Liu Fu-ling Gesang vom Lin-See 27 7 Liu An Weise uumlber die acht Herren 29 8 Liu Hung Gesang 32 9 Trsquoang Tsrsquou Gesang der Barbaren von Tso-tu 34 Kapitel 2 Gedichte von Literaten
Vorbemerkung 38
10 Mei Sheng Ohne Titel 40 11 Ssu-ma Hsiang-ju Gesang zur Chrsquoin 44 12 Huo Chrsquouuml-ping Gesang zur Chrsquoin 48 13 Liang Hung Gesang mit fuumlnf Ruumllpsern 50 14 Chang Heng Uumlber die Schwermut 53 15 Chao I Leiden an der Verderbnis 56 16 Sung Tzu-hou Fallende Bluumlten 58 17 Krsquoung Yung Angesichts des Endes 61 18 Chrsquoin Chia An meine Frau 64
Inhalt
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
Vorbemerkung 68
19 Trsquoang-shan Gesang 70 20 Liu Hsi-chuumln Gesang 72 21 Hofdame Pan Zorniges Lied 75 22 Chao Fei-yen Lied 78 23 Pan Chao Poetische Beschreibung einer Zikade 81 24 Hsuuml Shu Antwort an Chrsquoin Chia 83 25 Dame Trsquoang Gesang 85 26 Tsrsquoai Yen Lied zur Barbarenfloumlte 87 27 Anonym O Houmlchster 90 Kapitel 4 Einblicke in Alltaumlgliches
Vorbemerkung 94
28 Anonym Alter Gesang 97 29 Anonym Jemand an den ich denke 99 30 Anonym Weise zu einem Yen-Gesang 102 31 Anonym Zu bdquoIn Chrsquoang-an liegt eine enge Gasseldquo 104 32 Anonym Zu bdquoUumlber den Groszliggouverneur von Yen-menldquo 108 33 Anonym Oumlstlich von dem Flachen Huumlgel 112 34 Anonym Gesang uumlber die Flucht des Tung (Cho) 114 35 Anonym Wir kaumlmpften suumldlich der Mauern 116 36 Anonym Altes Lied 119 Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
Vorbemerkung 124
37 Anonym Alter Gesang 127 38 Anonym Wie hoch der Berg Wu ist 129 39 Anonym Zur Weise bdquoTrauriger Gesangldquo 132 40 Anonym Der Hahnenruf 134 41 Anonym Altes Lied 137 42 Anonym Altes Lied 139
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
2
Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
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Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
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Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
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chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Inhalt
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
Vorbemerkung 68
19 Trsquoang-shan Gesang 70 20 Liu Hsi-chuumln Gesang 72 21 Hofdame Pan Zorniges Lied 75 22 Chao Fei-yen Lied 78 23 Pan Chao Poetische Beschreibung einer Zikade 81 24 Hsuuml Shu Antwort an Chrsquoin Chia 83 25 Dame Trsquoang Gesang 85 26 Tsrsquoai Yen Lied zur Barbarenfloumlte 87 27 Anonym O Houmlchster 90 Kapitel 4 Einblicke in Alltaumlgliches
Vorbemerkung 94
28 Anonym Alter Gesang 97 29 Anonym Jemand an den ich denke 99 30 Anonym Weise zu einem Yen-Gesang 102 31 Anonym Zu bdquoIn Chrsquoang-an liegt eine enge Gasseldquo 104 32 Anonym Zu bdquoUumlber den Groszliggouverneur von Yen-menldquo 108 33 Anonym Oumlstlich von dem Flachen Huumlgel 112 34 Anonym Gesang uumlber die Flucht des Tung (Cho) 114 35 Anonym Wir kaumlmpften suumldlich der Mauern 116 36 Anonym Altes Lied 119 Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
Vorbemerkung 124
37 Anonym Alter Gesang 127 38 Anonym Wie hoch der Berg Wu ist 129 39 Anonym Zur Weise bdquoTrauriger Gesangldquo 132 40 Anonym Der Hahnenruf 134 41 Anonym Altes Lied 137 42 Anonym Altes Lied 139
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
2
Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
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chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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277
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Anhang
278
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Inhalt
43 Anonym Gesang vom Tau auf den Schalotten 142 44 Anonym Altes Lied 144 45 Anonym Zur Weise bdquoLanggezogener Gesangldquo 146 Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
Vorbemerkung 150
46 Anonym Suumldlich des Stromes 152 47 Anonym Altes Lied 155 48 Anonym Altes Lied 157 49 Anonym Altes Lied 159 50 Anonym Altes Lied 161 51 Anonym Zur Weise bdquoSchmerzerfuumlllter Gesangldquo 163 52 Anonym Altes Lied 165 53 Anonym Zur Weise bdquoUumlber das Osttorldquo 167 54 Anonym Zur Weise bdquoWeiszlige Koumlpfeldquo 169 Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
Vorbemerkung 174
55 Liu An Uumlber den Groszligen Mann 177 56 Liu Hsiang Inschrift auf einen Stab 180 57 Feng Yen Die acht Aufgaben 183 58 Liu Hsiang Uumlberschriften 185 59 Fu I Inschrift auf einen Faumlcher 188 60 Tsrsquoai Yung Inschrift auf einen Weinpokal 190 61 Juan Yuuml Wehklage uumlber Po-i 193 62 Anonym Spiegelinschrift 195 63 Wu Yu Einrede 197 Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
Vorbemerkung 202
64 Krsquoung Yung Ohne Titel 205 65 Wang Tsrsquoan Sieben Klagen 208
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
2
Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Inhalt
66 Wang Tsrsquoan Ohne Titel 211 67 Liu Chen Fuumlr den General der Palastjunker 213 68 Ying Yang Getrennt 216 69 Juan Yuuml Einsiedler 218 70 Hsuuml Kan Empfindungen 220 71 Chrsquoen Lin Poetische Beschreibung eines Papageis 224 72 Liu Chen Ein oumlffentliches Fest 227 Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
Vorbemerkung 232
73 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoTau auf den Schalottenldquo 236 74 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise bdquoUumlber das Artemisia-Dorfldquo 239 75 Tsrsquoao Tsrsquoao Zur Weise von der bitteren Kaumllte 243 76 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoWie schoumlnldquo 247 77 Tsrsquoao Prsquoi Die einsame Frau 250 78 Tsrsquoao Prsquoi Zur Weise bdquoShang liu-trsquoienldquo 254 79 Tsrsquoao Chih Oumlffentliches Fest 258 80 Tsrsquoao Chih Ohne Titel 262 81 Tsrsquoao Chih Uumlber ein schoumlnes Maumldchen 266 Anhang
1 Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte 271
2 Zu den Abbildungen 274
3 Literatur 275
1
Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
Einundachtzig Han-Gedichte
2
Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
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bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
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Anhang
276
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Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
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Einleitung und Vorwort
Zwei Sammlungen uumlberliefern die Anfaumlnge der groszligartigen Traditio-nen chinesischer Dichtkunst Shih-ching bdquoBuch der Liederldquo und Chrsquou-tzrsquou bdquoGesaumlnge aus Chrsquouldquo auch als bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bekannt
Die dreihundert Liedtexte des bdquoBuches der Liederldquo entstanden wahrscheinlich zwischen dem 11 und dem 6 Jahrhundert Sakrale Texte sind das Opferhymnen zum Beispiel houmlfische Preisgesaumlnge auf fruumlhere Herrscher die wohl im houmlfischen Zeremoniell vorge-tragen wurden aber vor allem volksliedartig anmutende Lieder ndash Liebes- Hochzeits- Arbeits- und Soldatenlieder Auch wenn die Melodien der Liedtexte die in dieser Sammlung enthalten sind schon fruumlh verloren gingen wurde diese Textsammlung schon im Altertum zu einer Art Klassiker Im 2 Jh v Chr wurde sie dies dann auch offiziell als naumlmlich an der kaiserlichen Universitaumlt ent-sprechende Lehrstuumlhle errichtet wurden Auf diese Weise haben die bdquoLiederldquo die kulturelle Tradition Chinas bis ins 20 Jahrhundert gepraumlgt oder wenigstens beeinfluszligt Sie ist Ausdruck einer kulturel-len Welt die zum Norden des China jener Zeit gehoumlrt
Geringer an Zahl aber dafuumlr meist umfangreicher sind die bdquoGe-saumlnge aus Chrsquouldquo benannt nach einem maumlchtigen Staat der den Suuml-den jener altchinesischen Staatenwelt seit dem 6 Jh v Chr domi-nierte Die ersten dieser Gesaumlnge entstanden erst um das Jahr 300 v Chr Manche von ihnen die nicht selten rhapsodienhafte Zuumlge tra-gen moumlgen auf aumlltere Dichtungen zuruumlckgehen Ihre Prosodie die allerdings bislang erst in Ansaumltzen erfaszligt ist unterscheidet die bdquoGe-saumlngeldquo deutlich von den bdquoLiedernldquo wofuumlr allein schon der groszlige zeitliche Abstand zwischen den Entstehungszeiten verantwortlich gemacht werden koumlnnte Unterschiedliche sprachliche und kultu-relle Hintergruumlnde lassen die Eigenheiten beider Sammlungen noch staumlrker hervortreten Auch die bdquoGesaumlngeldquo haben in der chinesischen Kultur und Dichtung bis ins 20 Jahrhundert nachgewirkt
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Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
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uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
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bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
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che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
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Anhang
276
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einundachtzig Han-Gedichte
2
Sonst sind aus dem chinesischen Altertum das mit der Reichsei-nigung durch die Dynastie Chrsquoin (221ndash207) im Jahre 221 v Chr endete nur wenige Dichtungen uumlberliefert hier und da einige Strophen oder auch nur Verse Das ist wenig an Dichtungen aus dem Jahrtausend davor in welchem die chinesische Kultur ihre Grundlegungen erfuhr ndash zumal ein Merkmal dieser Grundlegungen war daszlig die Schrift und deren Verbreitung bis in den oumlffentlichen Raum in dieser Kultur groszlige Bedeutung gewannen Allmaumlhlich werden durch die sinologische Forschung Uumlberreste einer Tradition lehrhafter Dichtungen aus dieser fruumlhen Zeit erschlossen Diese Tradition scheint sehr umfangreich gewesen zu sein doch deren Zusammenhaumlnge mit spaumlteren Gattungen und Formen chinesischer Dichtung lassen sich erst allmaumlhlich aufweisen
Die Uumlberreste fruumlher chinesischer Dichtung ndash die beiden ge-nannten Sammlungen solche Lehrgedichte einige weitere Dich-tungsformen Raumltsel zum Beispiel auch Spruchgut ndash entstanden in einem China das mit den vertrauten Vorstellungen von diesem Land wenig gemein hat Als dritte Herrscherdynastie nach der noch halblegendaumlren Hsia- und der noch fruumlhgeschichtlichen Shang-Dynastie beherrschte das Koumlnigshaus der Chou (um 1050 bis 256) groumlszligere Teile des noumlrdlichen China Bereits zwei Jahrhunderte nach ihrem Herrschaftsantritt verloren die Chou weitgehend und fort-waumlhrend ihren politischen Einfluszlig Im Gebiet ihres bdquoKernchinaldquo im Norden entstand ndash in Jahrhunderten voller politischer gesellschaft-licher und wirtschaftlich-technologischer Neuerungen ndash zunaumlchst eine Vielzahl von bdquoStaatenldquo die nur anfangs noch eine gewisse Oberhoheit der Chou anerkannten Seit dem 8 Jahrhundert ver-staumlrkten sich dann Prozesse in denen sich aus dieser Staatenwelt ein bdquoSiebengestirnldquo von Groszligstaaten ausbildete die nur noch wenige kleinere staatliche Gebilde neben sich und als halbwegs unabhaumlngig duldeten
Nur wenig an Dichtungen ist also aus diesen vielgestaltigen er-sten acht Jahrhunderten des ersten Jahrtausends v Chr aus China
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
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bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
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che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einleitung und Vorwort
3
uumlberliefert Viel ging wohl verloren und dazu hat die reichseini-gende Chrsquoin-Dynastie beigetragen Ihre beruumlchtigte bdquoBuumlcher-verbrennungldquo waumlre in diesem Zusammenhang zu nennen selbst wenn dieser Begriff nicht einen einmaligen barbarischen Akt meinte sondern eine Vielfalt administrativer Verordnungen bildhaft zu-sammenfaszligte Historisch gesichert ist jedenfalls das Bestreben der Chrsquoin lokale Traditionen jedweder Art auszumerzen auch alles was nicht zu ihrer rigorosen Staatsideologie paszligte Die bdquofreieldquo Dich-tung des Volkes oder auch die fruumlherer Literaten gehoumlrte jedenfalls dazu und auch die Jahrhunderte der Kriege die der Reichseinigung vorangingen gaben schwerlich ein Umfeld ab das die Bewahrung von Dichtungen foumlrderte
Trotz ihres nur kurzen Bestehens das vor allem auf ihre imperia-len Anmaszligungen in allen Lebensbereichen zuruumlckzufuumlhren ist hat die Chrsquoin-Dynastie beziehungsweise haben Literaten in ihren Dien-sten neue Dichtungsformen geschaffen ndash im Dienste der kaiserlich-imperialen Selbstdarstellung Moumlglicherweise waren diese auch nicht ganz so neu sondern knuumlpften an Dichtungsformen an die in der Staatenwelt fruumlher gepflegt wurden Neben der offenbar rei-chen lehrhaften Dichtung dienten schon im Altertum Dichtungen der herrscherlichen Selbstdarstellung und deren propagandistischer Vermittlung Ein bdquoGesang vom Staateldquo der wohl in dem Oststaat Chrsquoi angestimmt wurde bezeugt neben anderen Fragmenten sol-cher Werke verborgen in den groszligen fruumlhen Textsammlungen die dem Altertum gewidmet sind solche Traditionen
Unter der neuen Kaiserdynastie des Hauses Liu von Han die ndash mit einer kurzen Unterbrechung ndash von 206 v Chr bis 220 n Chr anzusetzen ist gelangen Anknuumlpfungen an die Literatur auch an die philosophischen Traditionen des Altertums erst einige Jahrzehnte nach ihren politischen Anfaumlngen Diese gut vier Jahrhunderte wer-den von den Historikern in drei Teilepochen der Han-Zeit unter-teilt 1 die Fruumlhere auch Westliche (nach der Lage ihrer Haupt-stadt so genannte) Han-Dynastie (206 v Chr bis 8 n Chr) 2 das
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
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Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
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Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
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tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
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prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
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chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einundachtzig Han-Gedichte
4
bdquoInterregnumldquo durch die kurzlebige Hsin-Dynastie (9ndash23) des Wang Mang 3 die Spaumltere auch Oumlstliche Han-Dynastie (25ndash220) Das Zwischenjahr 24 war von Auseinandersetzungen um die Kai-serherrschaft gepraumlgt bei denen fuumlr die fruumlhen Geschichtsschreiber noch keine Entscheidung ausgemacht war
Zunaumlchst war die politische Ordnung des neuen Han-Kaiserreiches das sich von dem der Chrsquoin abgrenzen muszligte insta-bil Nach Jahrhunderten in denen Militaumlrs und politische Winkel-zuumlgler die politische Buumlhne bestimmt hatten fiel die Besinnung auf Ordnungsvorstellungen fuumlr eine zivile Gesellschaft und eine dieser angemessenen Staatsordnung schwer Auf den Punkt gebracht hat diese Problematik eine alte Anekdote Einem Ratgeber der ihn auf solche Notwendigkeiten verwies soll der Dynastiegruumlnder Liu Pang erklaumlrt haben er habe das Reich auf dem Ruumlcken seiner Pfer-de erobert was ihm da wohl die bdquoLiederldquo und die historisch ausge-richteten bdquoSchriftenldquo die Uumlberlieferungen aus dem Altertum also bedeuten sollten
Die bdquoLiederldquo und die bdquoGesaumlngeldquo sind auch deutschen an chinesi-scher Literatur interessierten Lesern kaum bekannt sofern sie nicht das Klassische Chinesisch beherrschen oder sich fuumlr ndash zumeist aumlltere ndash Uumlbersetzungen in die englische oder franzoumlsische Sprache interes-siert haben Deutsche Gesamtuumlbersetzungen der bdquoLiederldquo stammen aus dem 19 Jahrhundert im 20 Jahrhundert wurden immer nur einzelne Lieder uumlbersetzt Noch schlechter ist es um die bdquoGesaumlnge aus dem Suumldenldquo bestellt Mancher Text aus dieser Sammlung wurde vor Jahrzehnten ins Deutsche gebracht doch lediglich in wissen-schaftlichen Zeitschriften veroumlffentlicht und damit einem allgemei-nen Lesepublikum kaum zugaumlnglich Einzig einige Uumlbersetzungen von Peter Weber-Schaumlfer die dieser mit solchen aus dem bdquoBuch der Liederldquo verband moumlgen einen groumlszligeren Leserkreis gefunden haben
Auch die Dichtung der Han-Zeit ist einem an chinesischer Lite-ratur interessierten Lesepublikum nur ansatzweise zugaumlnglich Eini-ge wenige Gedichte wurden in Anthologien veroumlffentlicht zahlrei-
Einleitung und Vorwort
5
che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
8
ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
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Anhang
276
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
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Einleitung und Vorwort
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che poetische Werke der Han-Zeit uumlbersetzte Erwin Ritter von Zach in deutsche Prosafassungen doch sind diese nur in sinologi-schen Spezialbibliotheken zugaumlnglich Das haumlngt auch damit zu-sammen daszlig die Geschichte der chinesischen Literatur im 20 Jahrhundert in dem in Deutschland eine Sinologie als vollguumlltiges akademisches Fach etabliert wurde nur bei wenigen Wissenschaft-lern im Vordergrund ihrer Forschungen stand
Erfreulicherweise sind in den letzten Jahren mehrere Gesamt-darstellungen der chinesischen Literatur oder gar der Dichtung aus der Feder deutscher Sinologen erschienen von Helwig Schmidt-Glintzer und Wolfgang Kubin sowie durch die Autoren eines von Reinhard Emmerich herausgegebenen Sammelbandes Alle raumlumen auch der Han-Literatur betraumlchtlichen Raum ein doch ihre Darstel-lungen koumlnnten nicht unterschiedlicher sein Das beginnt mit unter-schiedlichen Literaturbegriffen denen die Autoren anhaumlngen fuumlhrt dann zu uumlberaus unterschiedlichen Einordnungen der Han-Literatur in literaturgeschichtliche Epochen und endet bei noch einmal unter-schiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten So behandelt ndash um das anzudeuten ndash Kubin die Han-Zeit in dem Teil seiner Geschichte der chinesischen Dichtung den er bdquoAltertum ndash Religion und Ri-tusldquo uumlberschreibt waumlhrend Schmidt-Glintzer hierfuumlr bdquoAmtlicher und schoumlner Stilldquo waumlhlt
Solche Diskrepanzen ndash und Werke mit Darstellungen der Han-Literatur von nichtdeutschen Autoren vermehren diese noch ndash deu-ten an daszlig uumlber diese Literatur in der sinologischen Fachwissen-schaft nicht einmal im Grundsatz gemeinsame Vorstellungen beste-hen Dafuumlr fehlen einfach zahlreiche unerlaumlszligliche Einzelstudien ndash angefangen von solchen zu literarischen Werken bis zu den gleich-falls notwendigen zur Kultur- und Mentalitaumltsgeschichte dieser Zeit Tiefschuumlrfend haben die genannten Autoren geschrieben doch von ihren je eigenen Praumlmissen her Ein umfassendes Bild der Han-Literatur verbunden mit ihrer historischen Einordnung verlangt nach noch weiterer Umsicht Dazu haben bisher auch chinesische
Einundachtzig Han-Gedichte
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Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
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Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
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tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einundachtzig Han-Gedichte
6
Gelehrte wenig beitragen koumlnnen Trotz aller schaumltzenswerten Vorzuumlge ihrer Arbeiten ndash sie folgen uumlberwiegend den Parametern der chinesischen Tradition und naumlhern sich erst nach und nach den Grundsaumltzen wissenschaftlichen Fragens und Forschens den die bdquowestlicheldquo Wissenschaftstradition ausgebildet hat
Einig sind sich die genannten Autoren aber auch die meisten an-deren darin daszlig die rhapsodienartige Poetische Beschreibung (fu) die in der Han-Zeit herausragende literarische Gattung war Das war sie in der Tat ndash jedenfalls nach den Gesichtspunkten der an die Han-Zeit anschlieszligenden Jahrhunderte denn diese entschieden uumlber das aus der Han-Zeit Uumlberliefernswerte Zahlreichen fruumlhen bibliographischen Hinweisen laumlszligt sich entnehmen daszlig viel von der Han-Literatur im Laufe der Jahrhunderte aus der Uumlberlieferung ausschied Fuumlr die Rekonstruktion der Han-Literatur in ausreichen-der Umsicht waumlren auch solche Hinweise aufschluszligreich von ande-rem zu schweigen
Demgegenuumlber sind die Ziele dieses Bandes bescheiden Die groszligartigen von den Poetischen Beschreibungen solche die die Hauptstaumldte kaiserlichen Prunkbauten und Unternehmungen schil-dern die den imperialen Gebaumlrden des Kaiserhofes der Liu von Han entsprechen koumlnnen hier nicht beruumlcksichtigt werden schon allein deswegen weil ihr Umfang den Rahmen des Bandes sprengen wuumlrde Immerhin konnten zumindest einige kleinere Werke auch dieser Gattung in ihn aufgenommen werden
Ansonsten enthaumllt dieser Band Uumlbersetzungen von Texten die gemeinhin als bdquoGedichteldquo verstanden werden Auch dieser Begriff beduumlrfte ndash im Hinblick auf die gesamte aus der Han-Zeit uumlberliefer-te Literatur und der fruumlhen Uumlberlieferungen zu ihr ndash noch einigen Nachdenkens Einige Erwaumlgungen hierzu deutet das Kapitel 7 an Alle hier uumlbersetzten Texte wurden durch die chinesische Tradition der Han-Zeit zugeschrieben Einigen von ihnen haben gelehrte Dar-legungen sowohl von westlichen als auch von chinesischen Wissen-schaflern diese fruumlhe Herkunft abgesprochen und sie spaumlteren Zei-
Einleitung und Vorwort
7
ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
8
ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
10
gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
12
Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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278
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einleitung und Vorwort
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ten zuzuweisen versucht Fuumlr andere werden hier ebenfalls solche Mutmaszligungen angestellt Als mehr denn als Mutmaszligung sollte derlei nicht gelten solange nicht Analysen zur Han-Literatur und ihres historischen Umfeldes hierfuumlr sichere Grundlagen geschaffen haben Eine beachtenswerte Grundlegung in diesem Zusammen-hang hat die amerikanische Sinologin Anne Birrell mit ihren Uumlber-setzungen und Eroumlrterungen eines Groszligteils der anonymen Volks-dichtung aus der Han-Zeit geschaffen Zwar ist ihr groszligartiges Werk mancher Kritik begegnet aber ein Fundament ist nun einmal ein Fundament nicht schon der Palast uumlber diesem
Die Bezeichnung bdquoMutmaszligungenldquo gilt auch fuumlr die inhaltliche Wiedergabe der einzelnen Texte Die Sprachform des fruumlhen Litera-rischen Chinesisch in der sie abgefaszligt wurden und die eine bloszlige Kunst-ldquoSpracheldquo ist weist dermaszligen viele Ambivalenzen auf daszlig sich die Texte einem eindeutigen Verstaumlndnis entziehen doch ande-rerseits lassen sich diese Ambivalenzen in einer Gegenwartssprache auch der chinesischen nicht abbilden Hin und wieder sollen solche Probleme aufgezeigt und zumindest ansatzweise besprochen werden
Aufgrund solcher und dazugehoumlriger Erwaumlgungen auch einge-denk des erhofften groumlszligeren Leserkreises habe ich fuumlr diesen Band eine aumluszligere Form gewaumlhlt die manche Eigenheiten aufweist zu denen ich im folgenden einige Erklaumlrungen geben moumlchte ndash Die Zahl der Kapitel naumlmlich neun von denen jedes wiederum
neun Gedichte vorstellt hat keine tiefere Bedeutung sie ent-springt eher einer spielerischen Laune Immerhin aber ist die Neun die Kaiserzahl und entspricht also der imperialen Glorie die das Kaiserhaus Liu von Han in den mehr als vierhundert Jahren seiner Herrschaft umgab Auch die Auswahl der uumlbersetzten Ge-dichte ist eher zufaumlllig Manchmal richtete sie sich einfach danach ob sich fuumlr einen ersten oder zentralen Vers eine dessen Bedeu-tung entsprechende Uumlbersetzung nahelegte Alles in allem decken die ausgewaumlhlten Texte jedoch ein weites Spektrum der hanzeitli-chen Dichtung ab
Einundachtzig Han-Gedichte
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ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
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Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
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hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
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278
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einundachtzig Han-Gedichte
8
ndash Jedes Kapitel enthaumllt eine kurze Einfuumlhrung zum Hintergrund und gegebenenfalls zu Besonderheiten der in ihm vorgestellten Gedichte und zu jedem Gedicht finden sich einige erlaumluternde Bemerkungen zu dessen Eigenheiten was Inhalt und Form an-geht Diese erlaumluternden Bemerkungen richten sich wie der ganze Band nicht an sinologische Fachleute Doch da anderer-seits der Leser einer solchen Gedichtsammlung diese nicht wie einen Kriminalroman verschlingen wird wurde in diesen Erlaumlu-terungen auch auf die eine oder andere Wiederholung nicht ver-zichtet Hier und da stellen die Erlaumluterungen aber auch Ver-staumlndnis- und Uumlbersetzungsprobleme der unterschiedlichsten Art dar Das soll nicht bei jedem Gedicht geschehen sondern nur exemplarisch
ndash Manchmal erscheinen in diesen erlaumluternden Bemerkungen auch aumlltere deutsche Uumlbersetzungen des gleichen Gedichts sogar ei-gene Diese sollen andeuten zu welch anderen Uumlbersetzungen unterschiedliche uumlbersetzerische Strategien fuumlhren koumlnnen Al-len Uumlbersetzern von Gedichten aus der Han-Zeit auch den eng-lischsprachigen die mir bei meinen eigenen Uumlbersetzungen zur Verfuumlgung standen sei an dieser Stelle gedankt ndash fuumlr Anregun-gen das eigene Verstaumlndnis eines Gedichts zu bedenken bis hin zu einzelnen Woumlrtern
ndash Bei der Betrachtung von Gedichten haben die Literaten und die Wissenschaftler in China wie im Westen meist nur die Inhalte interessiert kaum je bei Interpretationen einzelner Werke deren formale Strukturen Das erscheint als Nachteil Die formalen Strukturen von Gedichten aus der Han-Zeit aber lassen sich nur ansatzweise bedenken Die Aussprache der Woumlrter hinter den Schriftzeichen in dieser Zeit ist noch weitgehend ungeklaumlrt Erst die lautlichen Strukturen eines bdquoHochchinesischenldquo in der Zeit um 600 und in den Jahrhunderten danach lieszligen sich zu groszligen Teilen rekonstruieren und zu denen aus den Jahrhunderten vor der Han-Zeit liegen unterschiedliche Rekonstruktionsversuche
Einleitung und Vorwort
9
vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
10
gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
12
Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
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Anhang
276
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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eldt
Ei
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acht
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Han
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icht
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einleitung und Vorwort
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vor Zwischen diesen lautlichen Strukturen bewegt sich die Sprache der Han-Zeit die anscheinend in den vier Jahrhunder-ten ihres Bestehens tiefgehende Veraumlnderungen erfuhr Auch das Vorhandensein einer Vielfalt von Dialekten laumlszligt sich nicht uumlber-sehen was das Verstaumlndnis formaler Strukturen in Gedichten aus dieser Zeit zusaumltzlich erschwert
ndash Die dem Band beigegebenen Abbildungen stammen saumlmtlich aus der Grabkunst der Han-Zeit Sie zeigen Abreibungen von Bild-steinen oder -ziegeln die einerseits deutlich das Alltagsleben dieser Zeit widerspiegeln andererseits oft auch Jenseitsbezuumlge aufweisen Ihre Motive lieszligen sich weitgehend beschreiben so durch die maszliggeblichen Werke von Kaumlte Finsterbusch doch ih-re Interpretation ist erst ansatzweise gelungen Hier wird ihnen nicht ein illustrierender Wert zugedacht Sie sollen ndash in ihren Befremdlichkeiten ndash lediglich unterstreichen daszlig die Geistes-welt dieser Zeit erst recht die Welt der Empfindungen der Menschen in jener Ferne noch weitgehend unentschluumlsselt ist
Ansonsten gilt das Gefluumlgelte Wort daszlig Gedichte nicht uumlbersetzbar sind Dieses Wort wurde fuumlr Gedichtuumlbersetzungen von einer eu-ropaumlischen Sprache in eine andere europaumlische Sprache gepraumlgt ndash als Warnung und Entschuldigung zugleich Erst recht gilt es fuumlr Uumlber-setzungen aus einer so anders strukturierten Sprache wie dem Lite-rarischen Chinesisch in eine europaumlische Sprache von heute Ich habe fuumlr meine Uumlbersetzungen dieser einundachtzig Han-Gedichte den Stil einer leicht rhythmisierten Prosa gewaumlhlt die aber den Verslaumlngen der Originale einigermaszligen entsprechen soll Auch sollen die Inhalte der Uumlbersetzungszeilen denen der Verse in den Vorlagen entsprechen
Andere deutsche Uumlbersetzer chinesischer Gedichte haben sich als Dichter empfunden doch das liegt mir fern Mich interessiert die Dichtung der Han-Zeit als Historiker In der spaumlteren chinesischen Tradition sind Dichtkunst und Politik sehr enge Verbindungen ein-
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
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Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
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Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Einundachtzig Han-Gedichte
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gegangen Einige Voraussetzungen hierfuumlr haben die Literaten der Han-Zeit die mit groszligen Namen und die anonymen geschaffen Auszligerdem vermitteln solche Dichtungen aufschluszligreiche mentali-taumltsgeschichtliche Eindruumlcke
Ein Versuch einem an chinesischer Dichtung interessierten deutschen Leser Einblicke in diese fruumlhe Zeit der chinesischen Dichtkunst zu vermitteln ist dieses Buch Vielleicht kann es auch Studierende der Sinologie anregen zur Loumlsung der zahlreichen Probleme beizutragen die mit dieser fruumlhen Dichtung verbunden sind
Abschlieszligend moumlchte ich dem Verlegerehepaar Dr Dorothee Schaab-Hanke und Dr Martin Hanke beide vor langen Jahren mei-ne Schuumller in den weiten Feldern der Sinologie dafuumlr danken daszlig sie diesen Band meinen Vorstellungen entsprechend einrichteten kein leichtes Unterfangen Auszligerdem erklaumlrten sie sich bereit mit diesem Band eine bdquoBibliothek der Hanldquo zu eroumlffnen die in rascher Folge weitere Texte aus der Han-Zeit in deutscher Uumlbersetzung vorlegen soll Die meisten von ihnen wurden noch nie in eine west-liche Sprache uumlbertragen Das traumlgt dann auch zu weiteren Grund-legungen fuumlr das Verstaumlndnis der Han-Dichtung bei
Hamburg am 30 September 2009 Hans Stumpfeldt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
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hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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Han
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
12
Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
12
Vorbemerkung Eine merkwuumlrdige Regionalordnung weist das Kaiserreich der Han auf Einerseits bestand es aus Provinzen in Landkreise unterteilt deren Verwaltung zentralistisch aus der Hauptstadt gefuumlhrt wurde und strengen Regelungen unterworfen war Daneben aber gab es Koumlnigtuumlmer ebenfalls in Landkreise unterteilt die an die einstige Lehnsordnung unter den Chou-Herrschern erinnern Wenige Jahr-zehnte nach dem Beginn der Han-Zeit wirkte dann ein dynastisches Gesetz das auf den Dynastiegruumlnder Liu Pang (257ndash195) zuruumlckging Allein Angehoumlrige der kaiserlichen Familie Liu durften mit einem solchen Koumlnigtum belehnt werden In der Regel waren das dann die Soumlhne der regierenden Kaiser
Diese Koumlnigtuumlmer wurden vererbt Die nicht erbberechtigten Soumlh-ne wurden mit Markgrafschaften bedacht Fuumlr die Inhaber beider der
Koumlnigtuumlmer wie der Markgrafschaften galt jedoch die Vorschrift daszlig
ihnen politisches Handeln untersagt war Das schloszlig nicht aus daszlig
manche dieser Herren politische Ambitionen entwickelten durchaus
auch aufruumlhrerische und gegen den regierenden Kaiser gerichtete aber
durchweg erfolglos Sie genossen allein das Recht weitgehend das
Steueraufkommen der ihnen zugedachten Gebiete zu verzehren das
uumlberaus ansehnlich war So sollten sie denn nur Titularkoumlnige und -markgrafen genannt werden und ihre Koumlnigtuumlmer und Markgrafschaf-ten waren nichts anderes als Pfruumlnden Diese wurden ebenfalls wie die
Provinzen durch Beamte verwaltet die ndash wenngleich mit einer ande-ren Nomenklatur ndash von der Zentralverwaltung in der Hauptstadt er-nannt und kontrolliert wurden Oft genug war auch notwendige Pflicht
der Regionalbeamten diese Titularherren zu zuumlgeln Fuumlr die Kaiser-toumlchter galten vergleichbare Pfruumlndenregelungen doch uumlber diese sind
weniger Einzelheiten uumlberliefert Die eigenartige Position vor allem der Titularkoumlnige brachte mit
sich daszlig nach den ersten Jahrzehnten der Han einige von ihnen be-gannen ihre Houmlfe zu kulturellen und literarischen Zentren zu ma-
Vorbemerkung
13
chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
14
Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
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hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
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Anhang
276
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Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Vorbemerkung
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chen Die Einzelheiten dieser Bestrebungen sind noch verborgen und werden erst durch archaumlologische Funde deutlicher doch bereits die literarische Uumlberlieferung laumlszligt das erkennen Liu Wu (gest 144 v Chr) besser bekannt unter seinem posthumen Namen Koumlnig Hsiao von Liang versammelte an seinem Hof uumlberdies prunkliebend einen Dichterkreis der bald legendaumlr werden sollte Ein anderer ndash Liu Teh (gest 130 v Chr) Koumlnig Hsien von Ho-chien ndash bemuumlhte sich an seinem Hof um die Sammlung von Lehrschriften der konfu-zianischen Tradition und damit um deren Wiederbelebung waumlhrend Liu An (179ndash122) Koumlnig von Huai-nan dasselbe mit taoistischen Lehrtraditionen tat sich dabei aber auch der Dichtkunst widmete Sogar an entlegenen Houmlfen wie dem von Chrsquoang-sha entstanden schon fruumlh kulturelle literarische Zentren
Solche Bestrebungen knuumlpften an Vorgaumlnge in einigen chou-zeitlichen Staaten an die vermittels neugeschaffener Institutionen Gelehrte ndash im weitesten Sinne dieses Wortes ndash anzogen und diese ihren politischen Zielen nutzbar machen wollten In manchen Faumlllen ist auch bei den hanzeitlichen Literaten- oder Gelehrtenhoumlfen nicht zu verkennen daszlig mit diesen Foumlrderungen weitergehende politische Ambitionen verbunden waren Jedenfalls bewirkten diese Maumlzene daszlig die Foumlrderung von Literatur und Gelehrsamkeit auch eine politi-sche Notwendigkeit wurde
Spaumltestens unter Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu (140ndash87) wurden dann auch der Kaiserhof und die Hauptstadt Chrsquoang-an zu einem literarisch-kulturellen Zentrum das durch die Erneuerung der Reichsuniversitaumlt bald dominierend wurde Im Mittelpunkt der Studien an dieser Reichsuniversitaumlt standen die Tradierung und bald uumlberaus feinsinnige Exegese von als bdquoklassischldquo angesehenen Schrif-ten aus dem Altertum zum Beispiel des bdquoBuches der Liederldquo die aber durchaus auch als Wegweiser zu politischen und sozialen Ord-nungsvorstellungen betrachtet wurden Aufgrund dieser uumlberwie-gend literarischen Studien wuchs allmaumlhlich die Bedeutung der Lite-ratur auch fuumlr das Handeln der Herrschenden und ihrer Wuumlrden-traumlger
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
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Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
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Nicht wenigen Kaisern und Titularkoumlnigen aus dem Hause Liu
von Han werden poetische Werke zugeschrieben schon durch die
fruumlhe historiographische und literarische Uumlberlieferung Manche von
ihnen moumlgen tatsaumlchlich literarische Ambitionen empfunden auch
Gedichte geschrieben haben Bei Liu Chrsquoe dem Kaiser Wu laumlszligt sich
das annehmen Bei anderen liegt eher die Vermutung nahe solche
Gedichte seien ihnen lediglich zugeschrieben worden Die Umstaumlnde unter welchen solche Gedichte entstanden sein sollen schlieszligen
Kaiser als deren Verfasser jedenfalls weitgehend aus Das wird bei den Erlaumluterungen zu einigen der nachfolgenden Gedichte augenfaumll-lig werden
Wie koumlnnten solche Texte zustande gekommen sein Vermuten lieszlige sich daszlig das ndash dann meist beklagenswerte ndash Geschick des angeblichen Verfassers in einer volkstuumlmlichen Erzaumlhlung von den Geschichtenerzaumlhlern auf den Marktplaumltzen der Metropolen vorge-tragen dargestellt wurde Auch spaumlter waren Gedichte bei solchen Erzaumlhlungen ein notwendiger Bestandteil Fruumlhe szenische Darstel-lungen Fruumlhformen des chinesischen Theaters waumlren als Hinter-grund fuumlr solche Kaisern und Koumlnigen zugeschriebenen Verse ebenfalls vorstellbar Den mit solchen Versen verbundenen Ge-schichten mangelt schlieszliglich selten dramatische Kraft doch auch bdquoRuumlhrstuumlckeldquo lassen sich finden
Die fruumlhen Geschichtsschreiber und die fruumlhe literarische Traditi-on moumlgen solche den Kaisern und Koumlnigen in den Mund gelegten Verse unbedacht oder gar wissentlich in ihre Werke uumlbertragen ha-ben So mag sich mancher Mangel an Plausibilitaumlt bei den Erzaumlhlun-gen uumlber die Hintergruumlnde oder den Anlaszlig eines Gedichts verstehen lassen Indes unverkennbar bleibt auch eine andere Moumlglichkeit der Erklaumlrung Vielleicht stammen diese Gedichte tatsaumlchlich von diesen hohen Herren ndash und volksnahe Literaten haumltten angeregt durch ih-ren Inhalt eine packende Geschichte dazu fabuliert tatsaumlchliches Geschehen lebhaft ausspinnend Ein paar Prosatexte die sich um Vorgaumlnge und Personen am Han-Kaiserhof ranken ndash Fei-yen wai-chuan Han Wu-ti nei-chuan etwa ndash sind schlieszliglich uumlberliefert
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
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Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
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Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
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Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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Han
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
15
Solche Zweifelsfaumllle bei den Zuschreibungen von hanzeitlichen Gedichten an Kaiser und Koumlnige werden sich nie klaumlren lassen Des-halb erscheinen diese bei den nachfolgenden neun Gedichten traditi-onsgemaumlszlig als deren Urheber
(1) Liu Pang Gesang vom groszligen Sturm
劉邦大風歌
大風起兮雲飛揚威加海內兮歸故鄉安得猛士兮守四方
Ein groszliger Sturm erhob sich und Wolken stoben auf Die Macht reicht bis an das Weltmeer doch jetzt bin ich zu Haus Wo sind Kerle voller Wildheit daszlig sie dieses Reich bewahren
Diese derben Verse gehoumlren zu den bekanntesten und haumlufig uumlber-setzten Dichtungen aus der Han-Dynastie Sie stammen von deren Gruumlnder Liu Pang (reg 206ndash195) oder wurden zumindest von diesem gesungen Jedenfalls berichten dies das Shih-chi bdquoAufzeich-nungen des Geschichtsschreibersldquo von Ssu-ma Chrsquoien (gest ca 86 v Chr) und das Han-shu bdquoBuch der Hanldquo von Pan Ku (32ndash92) die wichtigsten Quellen zur ersten Haumllfte der Han-Zeit in beinahe uumlber-einstimmender Weise
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
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Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
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Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
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Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
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Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
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Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
16
Beide betten das Zitat dieser Verse in eine stimmungsvolle Szenerie
ein Im zwoumllften Jahr nach seiner Thronbesteigung (195) kurz vor
seinem Tode und nach weit mehr als einem Jahrzehnt der Kaumlmpfe und
nach einem Sieg uumlber den letzten verbliebenen Rivalen kehrte Liu
Pang in seinen Heimatkreis Prsquoei (Jiangsu) zuruumlck Dort versammelte
er alte Freunde die bdquoVaumlter und Altenldquo aber auch die Jungen zu einem
gewaltigen Trinkgelage Hundertzwanzig Knaben bot er auf und lehrte
sie dieses Lied zu singen ndash in einem gewaltigen Chorgesang zu dem er schon trunken auf einem Instrument den Takt schlug
Mit dem bdquogroszligen Sturmldquo meint Liu Pang selbstredend sich Die drei Verse die miteinander reimen bestehen aus zwei Halbversen Diese werden durch die sogenannte prosodische Partikel hsi getrennt deren Bedeutung ungeklaumlrt ist Aus drei Zeichen bestehen die Halb-verse uumlberwiegend bei Vers zwei und drei sind es vier bei den ersten Halbversen Diese Versform gehoumlrt eindeutig zur Dichtungstradition des Suumldens woher Liu Pang stammt
Als die 120 Knaben das Lied beherrschten erhob sich der trunke-ne Kaiser zum Tanz und lieszlig seinen Traumlnen freien Lauf ndash Nachdem er seinem Heimatkreis bedeutende Privilegien zugesagt hatte waumlhr-ten die rauschenden Feierlichkeiten noch zehn Tage jetzt auch unter Beteiligung der bdquoMuumltterldquo was immer das heiszlige
Liu Pang ist sonst als Veraumlchter von Literatur und Bildung bekannt doch noch ein weiteres Lied schreibt die Uumlberlieferung ihm zu ndash uumlber einen wilden Schwan als welchen er sich auf aumlhnlich groszligartige Wei-se feiert
Wie hoch der wilde Schwan fliegt In einem Zuge schafft er tausend Meilen Sind Federn Schwingen ausgebildet fliegt er uumlber die Vier Meere Uumlber die Vier Meere fliegt er Wer kann ihm dann etwas wollen Selbst wer einen Schnurpfeil hat ndash koumlnnte der ihn wohl erreichen
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
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Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
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Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
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Literatur
277
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Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
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Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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nund
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zig
Han
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
(2) Liu Yu Gesang
17
Beide Lieder klingen so schlicht daszlig sie tatsaumlchlich von Liu Pang stammen koumlnnten ndash Ein bizarres Bild muszlig das gewesen sein der groszligmaumlchtige betrunkene Kaiser tanzend als Dirigent eines vielstim-migen Knabenchors Die Festlichkeiten der Han-Zeit nahmen wohl oumlfter orgiastische Zuumlge an berserkerhafte ebenfalls Andere Dichter werden bei solchen Gelegenheiten feinsinniger dichten als dieser kaiserliche Kraftprotz
Aus den Schriftzeichen fuumlr ta-feng bdquogroszliger Sturmldquo wurde spaumlter in
westlichen Sprachen das Wort Taifun Mit den zerstiebenden Wolken
meinte Liu Pang der posthum Kaiser Kao-tsu genannt wurde die
besiegten Gegner Nach seinem Tod wurde dieses Lied alljaumlhrlich zu
seinem Gedenken an seinem Ahnentempel von Knaben aus Prsquoei ge-sungen und in Prsquoei hielt eine Steintafel den Text fest geschrieben von
dem bedeutenden Dichter und Kalligraphen Tsrsquoai Yung (132ndash192)
(2) Liu Yu Gesang
劉友歌
諸呂用事兮劉氏微迫脅王侯兮彊授我妃我妃既妒兮誣我以惡讒女亂國兮上曾不寤我無忠臣兮何故棄國自快中野兮蒼天與直于嗟不可悔兮寧早自賊為王餓死兮誰者憐之呂氏絕理兮託天報仇
Die Luuml sind an der Regierung und schwach sind wir Liu geworden Sie bedraumlngen die Koumlnige und Markgrafen und noumltigten mir diese Kebse auf
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
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Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
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Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
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Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
18
Eifersuumlchtig war die Kebse hat mich bosheitvoll verraten und Verleumdung herrscht im Staate doch der Houmlchste merkt es nicht
Kein Getreuer blieb bei mir Warum sind sie fortgegangen Ich freute mich in meinem Lande drauszligen war mit dem blauen Himmel eins
Ach was ist jetzt zu bereuen Haumlttrsquo ich mich besser eingeschaumltzt Und wer soll mich auch bedauern wenn ich Koumlnig hungers sterbe
Vernunftverlassen sind die Luuml ich hoffe auf des Himmels Rache
Das Geschick des Liu Yu (gest 181 v Chr) wurde durch eine schwere dynastische Auseinandersetzung zu Beginn der Han-Dynastie gepraumlgt Er war ein Sohn des Dynastiegruumlnders Liu Pang nach dessen Tod die Kaiserinwitwe Luuml die Herrschaft an sich riszlig und anstelle ihres Sohnes Liu Ying Kaiser Hui (gest 188 v Chr) schaltete und waltete Ihr Ziel war Personen aus der eigenen Familie in Amt und Wuumlrden zu bringen und deren Stellungen auch durch eheliche Bande mit den Liu zu festigen Widerstaumlnde gegen ihren Machtanspruch ahndete sie grausam Die historische Uumlberlieferung hat ihr gar sadi-stisch-bestialische Zuumlge zugeschrieben So lieszlig sie einer verhaszligten Hofdame die Glieder abschlagen die Augen ausstechen alle moumlgli-chen weiteren Schandtaten zufuumlgen und dann in einem Verlies ndash nach den einen ein AbortStall nach anderen eine Art Ballspielplatz ndash vegetieren Sie nannte sie das bdquomenschliche Schweinldquo und fuumlhrte nach einigen Tagen den jungen Kaiser den eigenen Sohn zu der Geschaumln-deten Der Anblick machte ihn schwermuumltig ndash und fortan war er nicht in der Lage noch Regierungsangelegenheiten wahrzunehmen
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
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New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
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Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
(2) Liu Yu Gesang
19
Solche Uumlberlieferungen moumlgen im Einzelfall verleumderisch sein doch sie verweisen auch darauf daszlig das Alltagsleben zur Han-Zeit oft von Roheit und Gewalttat gepraumlgt war Natuumlrlich regten sich gegen die Anspruumlche der Luuml auch Widerstaumlnde Ein mutiger kaiserlicher Prinz Liu Chang (gest 177 v Chr) soll bei einem Gelage bei ihr folgende Verse vorgetragen haben
Pfluumlge tief und streue reich die Saat die rechten Sprossen wollen Abstand haben Was nicht zu ihrer Art dann paszligt das muszligt du mit der Hacke schmaumllern
Ob jemand sich zu einer solchen bdquoKriegserklaumlrungldquo im Angesicht der maumlchtigen Kaiserin erkuumlhnte ndash Liu Yu wandte sich in seinem Koumlnig-tum anderen Frauen als der ihm verehelichten ungeliebten Luuml zu Angeblich hat er auch geschworen nach dem Tod der Kaiserinwitwe alle Luuml vernichten zu wollen Die Kunde von beidem drang in die Hauptstadt er wird in diese beordert und ins Gefaumlngnis geworfen Getreue Diener die ihn mit Nahrung versorgen wollen werden daran gehindert Er verhungert elend Angesichts des Todes soll er dieses Lied gesungen haben Ob ein Verhungernder dazu imstande ist
Der Buumlcherkatalog des Han-shu schreibt Liu Yu noch eine Poeti-sche Beschreibung zu von der aber kein Vers erhalten blieb Viel-leicht hat er also tatsaumlchlich gedichtet Dieses Lied zaumlhlt ungeachtet seiner Verfasserschaft zu den fruumlhesten politischen Liedern aus der Han-Zeit die nicht wenige politische Dichtungen hervorgebracht hat Die neun Verse dieses Lieds ndash neun ist die Zahl des Kaisers ndash beste-hen uumlberwiegend aus vier Zeichen vor und vier nach der Zaumlsur durch die prosodische Partikel hsi getrennt Die Verse reimen augen-scheinlich paarweise die Reime werden im zweiten Teil des Ge-dichts zusehends schroffer Als Ruumlckblick auf die Leidenszeit des Todgeweihten erscheint dieses Abschiedslied
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
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Literatur
277
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278
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mpf
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e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
20
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
劉徹秋風辭
秋風起兮白雲飛草木黃落兮雁南歸蘭有秀兮菊有芳懷佳人兮不能忘汎樓船兮濟汾河橫中流兮揚素波簫鼓鳴兮發棹歌歡樂極兮哀情多少壯幾時兮奈老何
Der Sturm des Herbstes erhob sich hell stieben die Wolken dahin Die Kraumluter und Baumlume welken nach Suumlden die Wildgaumlnse ziehn
Einst bluumlhten hier Orchideen vom Balsamkraut blieb ein Hauch Ich sehne mich nach der Liebsten die ich nicht vergessen kann
Mein stattliches Schiff lieszlig ich kreuzen uumlber die Wasser des Fen daszlig es die Wogen durchquert blank stieg die Gischt auf und Floumlten und Trommeln erklangen zum Gesang der Ruderknechte
Wenn Freude und Gluumlck sich erfuumlllten dann wird die Trauer tief Wie kurz waren Jugend und Leben Was bringt das Alter mit
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
21
Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
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Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
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Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
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Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
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Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
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Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
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Anhang
278
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Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
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San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
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zig
Han
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icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
(3) Liu Chrsquoe Weise uumlber den Herbstwind
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Liu Chrsquoe besser bekannt als Kaiser Wu (140ndash87) von Han war der
bedeutendste Herrscher aus diesem Hause Die Zeit seiner Herr-schaft die zahlreiche Neuerungen brachte zaumlhlt ebenso zu den
glanzvollsten der Han-Zeit An seinem Hofe foumlrderte er auch die
Literatur und ihm selbst werden einige Gedichte zugeschrieben
Dieses Gedicht dessen Thema die Vergaumlnglichkeit ist soll Liu Chrsquoe
verfaszligt haben als er auf einer Opferreise fern der Hauptstadt ndash und
damit auch fern von einer geliebten Konkubine ndash weilte Im Unterschied zu vielen anderen Gedichten aus der Han-Zeit
werden die Verse deren Struktur der im Gedicht von Liu Pang entspricht nicht durch einen durchgehenden Reim zusammen-gehalten Reime verbinden hier die Verse eins und zwei drei und vier sowie fuumlnf bis neun Das koumlnnte der inhaltlichen Gliederung entsprechen Auf die Schilderung einer gegenwaumlrtigen Situation folgen eine Lebenserinnerung und eine Reflexion uumlber beide
Auch dieses Gedicht wurde oumlfter uumlbersetzt so von Conrad Haussmann in seiner Anthologie bdquoIm Tau der Orchideenldquo
Der Herbstwind weht Die Wolken fliehen Das Feld gemaumlht Wildgaumlnse ziehen
Schau Chrysanthem Und Herbstzeitlose Wenn sie doch kaumlmrsquo Die junge Rose
Den Huen-Fluszlig Durchfliegt mein Nachen Beim Rudern muszlig Dies Lied ich machen
Heiszlig war die Lust Das Leid ist kaumllter Auch meine Brust Wird still und aumllter
So sind das Verse von beinahe sprichwortartiger Lakonie ndash und warum sollte ein Han-Kaiser nicht auch einmal seinen Kahn geru-dert haben wenn doch sein Vorgaumlnger bei einem Fest lauthals groumllte Wahrscheinlich haumltte er jedoch fuumlr das Verfassen dieses Gedichts das Ruder aus der Hand lassen muumlssen
Kaiser Wu um den sich viele Legenden ranken scheint oumlfter das Liebesweh ereilt zu haben Das Han-shu weiszlig folgende Bege-benheit zu berichten (HS 97A3951) Ein gewisser Li Yen-nien
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
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e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
22
hatte sich durch seine Kunst des Gesanges und Tanzes die Gunst des Kaisers erworben Einmal sang er zum Tanz
Im hohen Norden lebt eine Schoumlne die Schoumlnste von allen fuumlr sich allein Ein Blick ndash und ganze Staumldte fielen ein zweiter Blick und Staaten stuumlrzten ein Willst du sie kennen die Staumldte und Staaten zerstoumlrt Eine solche Schoumlne wird schwerlich zweimal dein
Die Schoumlne ist natuumlrlich eine Schwester dieses Schlingels Li Yen-nien ndash und bald eine weitere Konkubine des Kaisers Nach kurzer Liebeszeit stirbt sie und der untroumlstliche Herrscher beauftragt einen Magier sie ein letztes Mal vor sein Antlitz zu zaubern Nach allerlei Vorkehrungen gelingt diesem dem Kaiser von ferne ihre Schemen vorzufuumlhren Begluumlckt dichtet dieser flugs
Ist sie es oder ist sie es nicht Ich stehe und staune Warum erscheint sie so truumlgerisch Wie langsam sie kommt
Sogleich laumlszligt er sie durch seine Hofmusikanten besingen ndash Noch
zwei weitere Dichtungen soll Kaiser Wu dieser Dame Li gewidmet
haben
Kein Laut kommt mehr von den seidenen Aumlrmeln und auf die Fliesen aus Jade legte sich Staub
hebt die eine an und die zweite eine Poetische Beschreibung stellt in kunstvollsten Wendungen seine Trauer um sie dar Beide moumlgen aus dem Pinsel des Kaisers stammen wie auch das bdquoRuder-liedldquo oben Die beiden eben zitierten uumlber die Dame Li passen hingegen besser in eine Romanze als literarische Form
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
271
Anhang
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
Nahezu alle in diesem Band uumlbersetzten Gedichte sind in den gelehr-ten Sammlungen von Yen Krsquoo-chuumln sowie von Ting Fu-pao oder Lu Chrsquoin-li (siehe Literaturverzeichnis) enthalten Da nicht wenige Tex-te jedoch in mehreren aumllteren Versionen uumlberliefert sind muszligten diese Herausgeber auch textkritische Entscheidungen treffen die sie selten dokumentieren
Deshalb wurde bei diesen Uumlbersetzungen meistens auf die aumllteren Versionen zuruumlckgegriffen Diejenige Version welcher die Uumlberset-zung der 81 mit chinesischem Wortlaut versehenen Gedichte folgte weist das nachfolgende Verzeichnis nach Stellennachweise auch fuumlr die in den Text eingestreuten Uumlbersetzungen sind auf der Website des Verlags zu finden Yen Krsquoo-chuumln und Lu Chrsquoin-li geben auch ndash nahezu vollstaumlndige ndash Hinweise auf weitere Versionen oder Zitierun-gen dieser Werke
Die in den Quellenverweisen genannten Zahlen beziehen sich stets auf die Kapitel- und Seitenzahlen der verwendeten Editionen uumlber die das Literaturverzeichnis Auskunft gibt
Kapitel 1 Von Kaisern und Koumlnigen
01 Shih-chi 8389 02 Han-shu 381989 03 Wen-hsuumlan 4526b 04 Han-shu 632757 05 Han-shu 632762 06 Shih-i chi 6128 07 Yuumleh-fu shih-chi 58851 08 Shih-i chi 6144 09 Hou-Han shu 862856
Anhang
272
Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
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ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Anhang
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Kapitel 2 Gedichte von Literaten
10 Yuuml-trsquoai hsin-yung 121 11 Yuuml-trsquoai hsin-yung 9389 12 Yuumleh-fu shih-chi 60882 13 Hou-Han shu 832766 14 Wen-hsuumlan 2917a 15 Hou-Han shu 80B2631 16 Yuuml-trsquoai hsin-yung 126 17 Ku-wen yuumlan 88b 18 Yuuml-trsquoai hsin-yung 130
Kapitel 3 Auch Frauen dichteten
19 Han-shu 221048 20 Yuumleh-fu shih-chih 841186 21 Yuuml-trsquoai hsin-yung 125 22 Ting Fu-pao 49 23 Yen Krsquoo-chun 962b 24 Yuuml-trsquoai hsin-yung 132 25 Hou-Han shu 10B451 26 Ting Fu-pao 53 27 Sung-shu 22643
Kapitel 4 Wahrnehmungen des Alltags
28 Ting Fu-pao 85 29 Sung-shu 22642 30 Ting Fu-pao 74 31 Yuumleh-fu shih-chi 35514 32 Yuumleh-fu shih-chi 39573 33 Sung-shu 21607 34 Hou-Han shu chih 133284 35 Yuumleh-fu shih-chi 16228 36 Yuumleh-fu shih-chi 25365
Kapitel 5 Die Wehmut des Alltags
37 Lu Chrsquoin-li 289 38 Yuumleh-fu shih-chi 16228 39 Yuumleh-fu shih-chi 62898 40 Yuumleh-fu shih-chi 28406 41 Yuuml-trsquoai hsin-yung 14 42 Wen-hsuumlan 299a 43 Yuumleh-fu shih-chi 27396 44 Wen-hsuumlan 298a 45 Wen-hsuumlan 2721b
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Verzeichnis der Quellen fuumlr die Gedichttexte
273
Kapitel 6 Trostlos auch die Liebe
46 Sung-shu 21604 47 Yuuml-trsquoai hsin-yung 15 48 Lu Chrsquoin-li 335 49 Yuuml-trsquoai hsin-yung 11 50 Wen-hsuumlan 2910a 51 Yuuml-trsquoai hsin-yung 267 52 Wen-hsuumlan 2910b 53 Yuumleh-fu shih-chi 37550 54 Yuuml-trsquoai hsin-yung 115
Kapitel 7 Unbeachtete Dichtungen
55 Huai-nan tzu 123 56 I-wen lei-chuuml 691210 57 Hou-Han shu 28A977 58 Shuo-yuumlan Inhaltsverzeichnis 59 Yen Krsquoo-chuumln 436a 60 I-wen lei-chuuml 731258 61 I-wen lei-chuuml 37663 62 Krsquoao-ku 19934 330 ff 63 Hou-Han shu 642099
Kapitel 8 Das Siebengestirn am Hof von Yeh
64 Ting Fu-pao 44 65 Wen-hsuumlan 2319b 66 I-wen lei-chuuml 28500 67 Wen-hsuumlan 2343a 68 I-wen lei-chuuml 29515 69 I-wen lei-chuuml 36641 70 Yuuml-trsquoai hsin-yung 138 71 I-wen lei-chuuml 911576 72 Wen-hsuumlan 2016a
Kapitel 9 Die drei Herren Tsrsquoao
73 Sung-shu 21605 74 Sung-shu 21606 75 Wen-hsuumlan 2725a 76 Yuumleh-fu shih-chi 36538 77 I-wen lei-chuuml 34595 78 Yuumleh-fu shih-chi 38563 79 Sung-shu 21690 80 Wen-hsuumlan 2923a 81 Yuuml-trsquoai hsin-yung 262
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Anhang
274
Zu den Abbildungen
Die diesem Band beigegebenen Abbildungen gehoumlren saumlmtlich zur
Grabkunst der Han-Zeit Sie geben Abreibungen von Bildsteinen oder
-ziegeln wieder die in die Waumlnde von Grabkammern eingelassen
wurden oder sonstwie zur Grabausstattung gehoumlrten Uumlberwiegend
waren sie urspruumlnglich farbig gefaszligt Die Motive dieser Darstellungen lassen sich verhaumlltnismaumlszligig ein-
deutig identifizieren Hierfuumlr bietet das monumentale bdquoVerzeichnis
und Motivindex der Han-Darstellungenldquo von Kaumlte Finsterbusch siche-re Grundlagen Ikonographisch bdquolesenldquo und interpretieren lassen sich
diese Darstellungen desungeachtet bisher erst ansatzweise ndash Hier
sollen sie vor allem weitere Einblicke in die ferne befremdliche Welt der Han-Zeit beitragen keineswegs also die Gedichte illustrieren
Der uumlberwiegende Teil von ihnen ist in dem bdquoVerzeichnis und Mo-tivindexldquo jedoch nicht aufgefuumlhrt und abgebildet denn er wurde erst nach dessen Abschluszlig seitens chinesischer Archaumlologen publiziert Die
groumlszligeren Abbildungen auf den Titelseiten der neun Kapitel dieses
Werks stammen teils aus dem 1988 von Chrsquoang Jen-hsia herausgege-benen Band 18 des Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi teils aus dem 1998
von Kung Trsquoing-wan herausgegebenen Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi die kleineren vignettenartigen nach jedem Gedicht wurden den Zeit-schriften Wen-wu und Krsquoao-ku vor allem aus deren letzten zehn Jahr-gaumlngen entnommen Ein Einzelnachweis hierfuumlr erschien als wenig
sinnvoll Oft geben diese kleinen Abbildungen Motive wieder die sich auch
in den komplexeren und groumlszligeren Darstellungen aus der Han-Zeit finden Ihre Deutung dermaszligen aus den Zusammenhaumlngen geloumlst wird dann noch problematischer als die der groumlszligeren mit ihrer Motiv-vielfalt Deutliche Jenseitsbezuumlge weisen viele von ihnen auf aber die
Menschen der Han-Zeit sahen Kosmos Menschenleben und Jenseits
als einander nahe und bestaumlndig miteinander verbunden an Das deu-ten die uumlberlieferten Gedichte allenfalls manchmal an
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Literatur
275
Diese Darstellungen und die Gedichte stammen gleichwohl so
weit wir bisher wissen aus dem gleichen kulturellen Umfeld Auch
den kleinen Bildern laumlszligt sich wie vielen Versen nachraumltseln
Literatur
Die nachfolgenden Titel enthalten neben den unerlaumlszliglichen Nachwei-sen der Quellen fuumlr die Gedichttexte und der benutzten Schriften vor allem Hinweise auf wichtige weiterfuumlhrende Literatur zur Han-Dichtung Vollstaumlndigkeit ist hierbei nicht angestrebt
a Quellen der Gedichttexte Han-shu 漢書 von Pan Ku 班固 (32ndash92) Edition Chung-hua shu-chuuml Pe-
king 1962 Hou-Han shu 後漢書 von Fan Yeh 范曄 (398ndash446) Edition Chung-hua shu-
chuuml Peking 1971 Huai-nan tzu 淮南子 von Liu An 劉安 (gest um 122 v Chr) Edition ICS
Concordance Series Hongkong 1992 I-wen lei-chuuml 藝文類聚 von Ou-yang Hsuumln 歐陽詢 (557ndash561) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1965 Ku-wen yuumlan 古文苑 von Chang Chrsquoiao 章樵 (um 1213) Edition Ssu-pu
tsrsquoung-krsquoan Shanghai 1929 Shih-chi 史記 von Ssu-ma Chrsquoien 司馬遷 (gest 86 v Chr) Edition Chung-
hua shu-chuuml Peking 1985 Shih-i chi 拾遺記 von Wang Chia 王嘉 (gest um 390) Hg von Chrsquoi Yeh-
prsquoing Peking 1981 Shuo-yuumlan 說苑 von Liu Hsiang 劉向 (79ndash8) Edition ICS Concordance
Series Hongkong 1992 Sung-shu 宋書 von Shen Yuumleh 沈約 (441ndash513) Edition Chung-hua shu-chuuml
Peking 1974 Wen-hsuumlan 文選 von Hsiao Trsquoung 蕭統 (501ndash531) Edition Tseng-pu liu-
chrsquoen wen-hsuumlan chu Taipei 1980 Yuuml-trsquoai hsin-yung 玉臺新詠 von Hsuuml Ling 徐陵 (507ndash583) Edition Yuuml-trsquoai
hsin-yung chien-chu 玉臺新詠箋注 Chung-hua shu-chuuml Peking 1985 Yuumleh-fu shih-chi 樂府詩集 von Kuo Mao-chrsquoien 郭茂倩 (um 1265) Edition
Chung-hua shu-chuuml Peking 1979
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Anhang
276
b Sekundaumlrliteratur Allen Joseph R In the Voice of Others Chinese Music Bureau Poetry Ann Arbor
1992 Bauer Wolfgang und Franke Herbert Die Goldene Truhe Chinesische Novellen
aus zwei Jahrtausenden Muumlnchen 1959 Birrell Anne New Songs from a Jade Terrace An Anthology of Early Chinese Love
Poetry London 1982 ndashndashndash Popular Songs and Ballads of Han China London 1988 Brashier KE ldquoSymbolic Discourse in Eastern Memorial Art The Case of
the Birchleaf Pearrdquo in HJAS 65 (2005) 281-310 Chrsquoang Jen-hsia 常任俠 Chung-kuo mei-shu chrsquouumlan-chi 中國美術全集
Vol 18 Shanghai 1988 Chen Jack W ldquoThe Writing of Imperial Poetry in Medieval Chinardquo in
HJAS 65 (2005) 57-98 Emmerich Reinhard (Hg) Chinesische Literaturgeschichte Stuttgart und
Weimar 2004 Finsterbusch Kaumlte Verzeichnis und Motivindex der Han-Darstelungen Band I bis
IV Wiesbaden 1966 bis 2004 Frankel Hans H bdquoYuumleh-fu Poetryldquo in Cyril Birch (Hg) Studies in Chinese
Literary Genres Berkeley Los Angeles London 1974 69-107 ndashndashndashThe Flowering Plum and the Palace Lady Interpretations of Chinese Poetry
New Haven 1976 ndashndashndash bdquoThe Development of Han and Wei Yuumleh-fu as a High Literary Genreldquo
in Shuen-fu Lin und Stephen Owen (Hg) The Vitality of the Lyric Voice Shih Poetry from the Late Han to the Trsquoang Princeton 1986 255-286
Frodsham JD ldquoThe Origins of Chinese Nature Poetryrdquo in Asia Major NS 8 (196061) 68-104
ndashndashndash An Anthology of Chinese Verse Oxford 1967 Gong Kechang Studies on the Han Fu Translated and Edited by David R
Knechtges with Stuart Aque Mark Asselin Carrie Reed and Su Jui-lung New Haven 1997
Gundert Wilhelm Annemarie Schimmel und Walther Schubring (Hg) Lyrik des Ostens Muumlnchen 1958
Harper Donald ldquoWang Yen-shoursquos Nightmare Poemrdquo in HJAS 47 (1987) 239-283
Haussmann Conrad bdquoIm Tau der Orchideenldquo und andere chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden in deutsche Strophen gebracht Muumlnchen 1902
Holzman D ldquoLiterary Criticism in the Early Third Century ADrdquo in Asiatische Studien 281974 113-149
Hughes ER The Art of Letters Lu Chirsquos ldquoWen Furdquo AD 302 New York 1951 Kelterborn Maya Gedichte uumlber den Zauberberg (Wushan) Gossenberg 2008
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
Mair Victor (Hg) The Columbia Anthology of Traditional Chinese Literature New York 1994
Miao Ronald C Early Medieval Chinese Poetry The Life and Verse of Wang Tsrsquoan (AD 177-217) Wiesbaden 1982
Owen Stephen Readings in Chinese Literary Thought Cambridge Mass 1992
ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
mpf
eldt
Ei
nund
acht
zig
Han
-Ged
icht
e
OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Literatur
277
Kern Martin Die Hymnen der chinesischen Staatsopfer Literatur und Ritual in der politischen Repraumlsentation von der Han-Zeit bis zu den Sechs Dynastien Stutt-gart 1997
ndashndashndash bdquoWestern Han Aesthetics and the Genesis of the Fuldquo in HJAS 63 (2003) 383-437
Kern Martin ldquoThe Poetry of Han Historiographyrdquo in Early Medieval China Essays in Honor of the Sixtieth Birthday of David R Knechtges Vol 10-11 (2004) 23-65
Knechtges David R Wen xuan or Selections of Refined Literature Princeton 1982 ff
ndashndashndash Court Poetry and Literature in Early China Aldershot und Burlington 2002
Kubin Wolfgang Die chinesische Dichtkunst Von den Anfaumlngen bis zum Ende der Kaiserzeit Muumlnchen 2002
Kung Trsquoing-wan 龚廷万 Pa Shu Han-tai hua-hsiang chi 巴蜀汉代画像集 Peking 1998
Li Yi-nan Der Dichterkreis von Yeh am Ende der Spaumlteren Han (25ndash220) Gos-senberg 2007
Loewe Michael A Biographical Dictionary of the Qin Former Han amp Xin Periods (221 BC-AD 24) Leiden Boston Koumlln 2000
Lu Chrsquoin-li 逯欽立 Hsien Chrsquoin Han Wei Chin NanPei-chrsquoao shih 先秦漢魏晉南北朝詩 Peking 1983
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ndashndashndashThe Making of Early Chinese Classical Poetry Cambridge (Mass) und Lon-don 2006
Schaab-Hanke Dorothee Das Qincao ndash Beginn einer Ideologie Hamburg 1988 (nicht veroumlffentlichte Magisterarbeit) [erscheint unter dem Titel Ge-schichten zu Qin-Stuumlcken Das Qincao des Cai Yong (133ndash192) als Band 3 der Reihe Bibliothek der Han Gossenberg 2010]
Schaberg David ldquoSong and the Historical Imagination in Early Chinardquo in HJAS 59 (1999) 305-361
Schaumlffler-Gerken Susanne Der chinesische Raumluchergefaumlszligtyp boshanlu Typologie Ikonographie und Symbolik in der Han-Zeit (206 v Chr bis 220 n Chr) Hamburg 2003
Schwarz Ernst Der Ruf der Phoumlnixfloumlte Klassische chinesische Prosa Berlin 1973 Soumlnnichsen Helga Beobachtungen zur Prosodie in der shi-Dichtung Shen Yues
(441-513) Hamburg 2004
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
BDH_01_2009-11-25pmd 25112009 13541
Anhang
278
ndashndashndash Ich weiszlig noch wie sie kam Gedichte aus dem chinesischen Mittelalter Gossen-berg 2009
Steinen Dieter von den bdquoPoems of Tsrsquoao Tsrsquoaordquo in Monumenta Serica IV (1939-1940)125-181
Swann Nancy Lee Pan Chao Foremost Woman Scholar of China New York und London 1932
Ting Fu-pao 丁福保 Chrsquouumlan Han San-kuo Chin NanPei-chrsquoao shih 全漢 三國晉南北朝詩 Tokyo 1979
Waley Arthur Chinesische Lyrik aus zwei Jahrtausenden Ins Deutsche uumlbertra-gen von Franziska Meister Hamburg 1951
Weber Juumlrgen bdquoDie Vier Weiszlighaarigen vom Shang-Berg Die Verkoumlrpe-rung eines chinesischen Eremitenidealsldquo in Oriens Extremus 39 (1996) 131-161
Weber-Schaumlfer Peter Altchinesische Hymnen Aus dem bdquoBuch der Liederldquo und den bdquoGesaumlngen von Chrsquouldquo Koumlln 1967
Wilhelm Richard Chinesisch-Deutsche Jahres- und Tageszeiten Jena 1922 Yen Krsquoo-chuumln 嚴可均 Chrsquouumlan Hou-Han wen 全後漢文 Chrsquouumlan Shang-ku
San-tai Chrsquoin Han San-kuo Liu-chrsquoao wen 全上古三代秦漢三國六朝文 Peking 1958
Zach Erwin von Die chinesische Anthologie Uumlbersetzungen aus dem Wen hsuuml-an Hg von Ilse Martin Fang Cambridge Mass 1958
Hans Stumpfeldt
Einundachtzig Han-Gedichte
Stu
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OSTASIEN Verlag Bibliothek der HanOSTASIEN Verlagwwwostasien-verlagde
Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
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Hans Stumpfeldt
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Die Han-Zeit (206 v ndash 220 n Chr) ist als eine grundlegendeEpoche in der chinesischen Geschichte bekannt In dieser Zeitrekonstruierten Gelehrte auch die Uumlberlieferungen aus dem Al-tertum und uumlber dieses um neuen politischen Ordnungsvor-stellungen einen Rahmen zu geben Weniger bekannt ist daszlig indieser Zeit auch die Dichter nach neuen Anfaumlngen suchtenmanchmal ebenfalls im Ruumlckgriff auf das Altertum Nur wenige Dichtungen aus dieser Zeit sind bisher fuumlr allge-mein an chinesischer Literatur interessierte Leser ins Deutscheuumlbersetzt worden Die vorgenommene Auswahl aus den uumlber-lieferten Han-Dichtungen vermittelt erste Einblicke Manchedieser Gedichte koumlnnen auch heute Leser anruumlhren andere las-sen eher die Fremdheit dieser fernen Zeit ahnen Die Uumlbersetzungen werden jeweils zusammen mit dem chi-nesischen Text wiedergegeben und durch kommentierende Be-merkungen in ihre historischen kulturgeschichtlichen und lite-rarischen Zusammenhaumlnge eingebettet Zahlreiche Abbildungenergaumlnzen die Einblicke in solche Hintergruumlnde
Hans Stumpfeldt Jahrgang 1941 hatte bis zu seiner Emeritie-rung 2006 den Lehrstuhl fuumlr Staat und Gesellschaft Chinas ander Universitaumlt Hamburg inne Zu seinen Forschungs-schwerpunkten gehoumlren die Geschichte und Staatsphilosophieder Han- und Vor-Han-Zeit Daneben war es ihm schon immerein besonderes Anliegen ganz unterschiedliche sinologischeThemen in Vortraumlgen Artikeln und Rundfunksendungen aucheinem breiteren Publikum nahezubringen
ISBN 978-3-940527-18-1ISBN 978-3-940527-18-1
ISBN 978-3-940527-18-9
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