Avifauna und Verkehrslärm: Wo liegt das Problem? Methoden und Bewertungsinstrumente Ergebnisse Ist...
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Transcript of Avifauna und Verkehrslärm: Wo liegt das Problem? Methoden und Bewertungsinstrumente Ergebnisse Ist...
Avifauna und Verkehrslärm: Wo liegt das Problem?
Methoden und Bewertungsinstrumente Ergebnisse
Ist nun alles klar?
Zeichnungen: Dr. W. Daunicht
F+E-Vorhaben
des Bundesministeriums
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
2
Akustische Signale haben im Leben vieler Vogelarten wichtige Funktionen.
- Gesänge und Rufe zur Partnerfindung
- Demonstration des Territorialanspruchs gegenüber Rivalen
- Lokalisierung von Beutetieren
- Aufrechterhaltung des Kontakts im Familienverband
- Rechtzeitiges Hören von Warnrufen von Artgenossen
oder von Vögeln anderer Arten
Verkehrslärm kann diese Signale maskieren.
Avifauna und Verkehrslärm: Wo liegt das Problem?
3
• Artspezifische Prognose der Empfindlichkeit gegen Verkehrslärm
• Bewertungsmaßstäbe für Auswirkungen des Verkehrslärms
• Minderungsmaßnahmen Für welche Vogelarten sind Schallschutzmaßnahmen angebracht?
• Kompensation: Eigenschaften von geeigneten Gebieten
Ziele des Projektes
125 Brut- und Rastvogelarten, überwiegend selten und gefährdet
nach EG Vogelschutzrichtlinie zu schützende Arten
(Anhang I VSchRL, Zugvögel nach Art. 4(2))
charakteristische Arten von Lebensraumtypen des Anhangs I FFH-RL
nach EG- bzw. Bundesartenschutzverordnung geschützte Arten
4
schwach lärmempfindliche Arten sehr lärmempfindliche Arten
tendenziell nur trassenfern auch trassennah
Lässt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Vögel und dem Schallpegel bzw. der Entfernung zur Straße erkennen?
Ist der Zusammenhang von Vogelvorkommen und Schallpegel stärker als zu anderen Faktoren?
Hierfür sind prinzipiell multiple Regressionsanalysen erforderlich.
Voraussetzungen:
- Die Vögel sind in ausreichender Menge vertreten.
- Das räumliche Nutzungsmuster der Arten lässt sich zuverlässig ermitteln.
- Die Habitate, die die Vögel benötigen, sind in ausreichender Menge vorhanden.
Welche Methode?
5
0
10
20
30
40
<100 101 bis1.000
1.001bis
10.000
10.001bis
100.000
100.001bis 1Mio.
>1 Mio.< 100 101 bis 1.001 bis 10.001 bis 100.001 > 1 Mio. 1.000 10.000 100.000 bis 1 Mio.
40
30
20
10
Häufigkeitsklassen der bearbeiteten Arten
Arten des F+E-Vorhabens Avifauna und Verkehrslärm
Arten des BMVIT / ASFINAG-Projektesca. 43 Arten auf ca. 250 Flächen
Für sehr häufige Arten mit relativ unspezifischen Standortansprüchen lässt sich eine Datenbasis
zusammenzutragen, die eine statistische Auswertung erlaubt.
Es ist aussichtslos, in überschaubaren Räumen sehr seltene Vögel und die z.T. sehr seltenen für sie
geeigneten Standorte in einer Menge zu finden, die eine seriöse statistische Auswertung erlaubt.
Sind Ergebnisse, die für häufige Arten ermittelt werden, auf andere Arten
übertragbar?
Wir müssen Instrumente entwickeln,
die eine Beschreibung der Empfindlichkeit gegen Verkehrsschall sowohl von
häufigen als auch von seltenen Vogelarten
und einen Vergleich der Arten untereinander ermöglichen.
6
Auch ohne Lärm haben wildlebende Vögel unterschiedlich effektive Kommunikationsstrategien.
Nicht diese grundsätzlichen Unterschiede sind hier relevant, sondern ob und wie stark die
natürliche Kommunikationsfähigkeit der Arten durch Verkehrslärm eingeschränkt wird.
Die akustische Kommunikation hat nicht für alle Arten die gleiche Bedeutung.
Ein negativer Effekt des Verkehrslärms für eine Vogelart ist umso wahrscheinlicher,
je stärker sie zur Erfüllung von entscheidenden Lebensfunktionen
auf den Empfang akustischer Signale angewiesen ist.
Die Frage lautet deshalb:
Welche Verhaltenseigenschaften und
Kommunikationsstrategien,
die unter natürlichen Bedingungen effektiv sind,
werden in Anwesenheit von Verkehrslärm
weniger wirksam
bzw. zu echten Handikaps?
7
Auswertung der artspezifischen Strategien der akustischen und nicht-akustischen Kommunikation
Verhaltenseigenschaften
Wie stark hängt die Erfüllung wichtiger Lebensfunktionen vom Empfang akustischer Signale ab?
Wann singt /ruft die Art? Verfügt sie über andere Kommunikationsstrategien?Ist sie besonders darauf angewiesen Feinde rechtzeitig zu hören, Beutetiere akustisch zu orten usw.
Artspezifische akustische Dependenz
Akustische Eigenschaften der Rufe und Gesänge
Wie stark kann der Empfang der artspezifischen Rufe und Gesänge durch Verkehrsgeräusche gestört werden?
Frequenzen (Sonagramme), Lautstärke,Syntax, Wiederholungsrate usw.
Artspezifische Maskierungsanfälligkeit
Punktvergabesystem
Ranking-Liste der Empfindlichkeit der Vogelarten gegen Verkehrslärm
Differenzierte Aussagen
für verschiedene Lebensphasen und Funktionen
(z.B. Partnerfindung, Nahrungssuche, Gefahrenwahrnehmung)
8
Wie maskierungsanfällig sind die Rufe und Gesänge einer Art bei Verkehrslärm
Wie stark hängt für eine Art die Erfüllung einer Lebensfunktion vom Empfang akustischer Signale ab? In welcher Lebensphase ist die akustische Kommunikation am wichtigsten?
In welchen Teillebensräumen ist die akustische Kommunikation am wichtigsten?
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 113
Wachtelkönig
Störanfälligkeit der Lebensfunktionen gegen Verkehrslärm
(akustische Dependenz und Maskierungsanfälligkeit) [% des höchst erreichbaren Wertes]
Rangplatz nach Funktionen
Partnerfindung
Revierverteidigung
Gefahrenwahrnehmung
Kontaktfunktion
Nahrungssuche
100%0%
59,4
0
57,1
43
36,4
9
17
x
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 113
Störanfälligkeit der Lebensfunktionen gegen Verkehrslärm
(akustische Dependenz und Maskierungsanfälligkeit) [% des höchst erreichbaren Wertes]
Rangplatz nach Funktionen
Partnerfindung
Revierverteidigung
Gefahrenwahrnehmung
Kontaktfunktion
Nahrungssuche
100%0%
Störanfälligkeit der Lebensfunktionen gegen Verkehrslärm
(akustische Dependenz und Maskierungsanfälligkeit) [% des höchst erreichbaren Wertes]
Rangplatz nach Funktionen
Partnerfindung
Revierverteidigung
Gefahrenwahrnehmung
Kontaktfunktion
Nahrungssuche
100%0%
59,4
0
57,1
43
36,4
9
17
x
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 1
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 11313
9
Große Rohrdommel(Anhang 1 VSchRL)
Relative Schallempfindlichkeit der einzelnen Lebensfunktionen [% des höchst erreichbaren Wertes]
0%
78%
81%
72%
64%
hohe Maskierungsanfälligkeit: Rufe im Frequenzband: 0-2 KHz, geringe Wiederholungsrate
lautes Signal als Hinweis für eine große intendierte Reichweite
Lebensraum unübersichtlich: Kontaktfunktion überwiegend akustisch
lange Zeitspanne bis zur Flugfähigkeit der Jungen (erst nach 50-55 Tagen flügge)
optisches Absuchenbestimmter Strukturen
Lebensraum unübersichtlich:Warnsignale überwiegend akustisch
wenige NachkommenNahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 19
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 1
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 199
10
Eisvogel(Anhang 1 VSchRL)
Relative Schallempfindlichkeit der einzelnen Lebensfunktionen [% des höchst erreichbaren Wertes]
0%
0%
44%
28%
0%
sehr geringe Maskierungsanfälligkeit der Rufe: Energiemaximum 4 bis 7 kHzFrequenzspektrum der Verkehrsgeräusche: Schwerpunkt unter 4 kHz
Jungvögel nach wenigen Tagen selbständig,
sehr wendige Flieger, sobald flügge.
Fischfresser optische Ortungder Beute
Brutröhre für Feinde schwer zugänglich (Erdwände)oder leicht auffindbar (Wurzelteller)
Das rechtzeitige Wahrnehmen
von Warnsignalen verbessert
die Chancen der Nestlinge, unentdeckt zu bleiben, nicht.
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 1110
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 1
schwach empfindlich sehr empfindlich
Ranking-Platz der Art
132 1110110
11
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
33%
88%
50%
27%
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
33%
88%
50%
27%
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
33%
88%
50%
27%
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
28%
0%
31%
55%
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
28%
0%
31%
55%
Nahrungs-suche
Kontakt-funktion
Revier-verteidigung
Partner-findung
Gefahren-wahrnehmung
0%
28%
0%
31%
55%
Große Rohrdommel
Birkhuhn
Rauhfußkauz
Sperlingskauz
Wachtelkönig
Hohltaube
Zwergdommel
Auerhuhn
Uhu
Waldkauz
Ziegenmelker
Pirol
Partnerfindung / Revier
Schleiereule
Waldohreule
Uhu
Rauhfußkauz
Waldkauz
Nahrung
Auerhuhn
Haselhuhn
Rebhuhn
Bekassine
Wachtelkönig
Tüpfelralle
Birkhuhn
Wachtel
Gr. Brachvogel
Rotschenkel
Uferschnepfe
Kiebitz
Gefahr / Kontakt
Pirol Wachtel
12
RaufußkauzBirkhuhn
Gr. RohrdommelWachtelkönigZiegenmelker
HohltaubeUferschnepfe
Gr. Brachvogel
EisvogelTurmfalke
SchwarzstorchUferschwalbe Gänsesäger
Verteilung der relativen Lärmempfindlichkeiten der untersuchten Vogelarten [n=132]
Nachtigall , Amsel Kohlmeise
Sperbergrasmücke Neuntöter
Waldlaubsänger Mittelspecht
Beispiele
Anzahlder Arten
0
5
10
15
20
25
30
35
800-750
750-700
700-650
650-600
600-550
550-500
500-450
450-400
400-350
350-300
300-250
250-200
200-150
150-100
100-50
50-0
schwach empfindliche Arten
sehr empfindliche Arten
0 Punkte800
13
Validierung der Empfindlichkeitsprognose
Autobahn Bundesstraße
von der Verkehrsstärke unabhängiges Raumnutzungsmuster
von der Verkehrsstärke abhängiges Raumnutzungsmuster
Autobahn Kreisstraße
Kreisstraße
Bundesstraße
Wenn der Verkehrslärm
am Abstandsverhalten der
Vögel maßgeblich beteiligt
ist,
dann muss der Abstand
zu stark befahrenen Straßen
größer sein als zu schwach
befahrenen Straßen.
... und stimmt das nun?
14
ca. 150 km Autobahnen
ca. 350 km Bundesstraßen
ca. 400 km Landesstraßen
ca. 390 km Kreisstraßen
ca. 230 km Eisenbahnen
Flächendaten aus Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein
(z.B. Datenbanken der Vogelschutzwarten) + streckenbezogene Kartierungen
= 500 km
= 790 km
Zufallsstichprobe
mit insgesamt
ca. 11.000 Fundpunkten
Bekassine
Landes- und Kreisstraße [n=143]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
An
zah
l Re
vie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900
Häufigkeit der Fundpunkte für verschiedene Verkehrsmengen ausgewertet in 100 m-Klassen bis 1.000 m vom Fahrbahnrand
Die Fundpunkte aus jeder Abstandsklasse stammen aus zahlreichen Einzelgebieten.Die gemischte Herkunft des Datensatzes reduziert den Einfluss von lokalen Standortfaktoren auf das gesamte Verteilungsmuster.
Bekassine
Autobahn und Bundesstraße [n=84]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
Anz
ahl R
evie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900
1
Beim Verdacht auf ein von der Verkehrsmenge abhängiges Muster
wurde für jeden Fundpunkt der Beurteilungspegel (RLS 90)
berechnet.
2
15
Autobahnen u. Bundesstraßen [n=128] Landes- und Kreisstraßen [n=245]Grauspecht(Anhang 1 VSchRL)
200-300 m
Autobahnen u. Bundesstraßen [n= 270] Landes- und Kreisstraßen [n= 271]
200-400 m
Mittelspecht(Anhang 1 VSchRL)
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
Anz
ahl R
evie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900 0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
100 200 300 400 500 600 700 800 900
Grauspecht
Autobahn und Bundesstraße [n=128]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
Anz
ahl R
evie
re 100 200 300 400 500 600 700 800 900
Grauspecht
Landes- und Kreisstraße [n=245]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
An
zah
l Re
vie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900
16
Kranich (Anhang 1 VSchRL)
größerer Abstand zu schwächer befahrenen Straßen
andere Faktoren sind entscheidender (Störung durch Menschen)
Autobahnen u. Bundesstraßen [n=49] Landes- u. Kreisstraßen [n= 144] Gemeindestraßen [n=115]
Abstand zur Straße [m]
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Anz
ahl R
evi
ere
100 200 300 400 500 600 700 800 900
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
100 200 300 400 500 600 700 800 900
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
100 200 300 400 500 600 700 800 900
bestätigt durch Telemetrie-Untersuchungen (Nowald 2003)17
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
0 200 400 600 800 1000 1200
Abstand zur Straße [m]
Beu
rtei
lun
gsp
egel
[d
B(A
) ta
gs]
Autobahnen
Bundesstraßen
Landesstraßen
Kreisstraßen
Große RohrdommelAnhang 1 VSchRL
360-620 BP in DAbstände zur Straße und Beurteilungspegel (RLS 90)
[n = 49]
Hirvonen 2001 (Finnland)
Nach Inbetriebnahme einer Straße (15.000 bis 20.000 Kfz) gaben Rohrdommel Brutreviere in einem Abstand von 500 m, d.h. ab einer Schallbelastung über „53-56 dB“ auf.
Mittelungspegelabschätzung unter Verwendung der RLS 90:
Annahmen
Standort: Küstenniederung ebenes Relief17.500 Kfz/ 24 Std. Fahrtgeschwindigkeit 100 km/h
51,9 dB(A) tags-Isophone (RLS 90)
in 500 m Abstand von der Trasse
52 dB(A)tags
18
+ ca. 40 häufige Arten (Projekt BMVIT / ASFINAG)
4 Arten des Anhangs I VSchRL
von 40 Arten des Anhangs I VSchRL Ergebnisse für 14 Arten
Neuntöter, Schwarzspecht, Sperbergrasmücke, Halsbandschnäpper
Große Rohrdommel, Grauspecht, Heidelerche, Kranich, Mittelspecht, Neuntöter, Ortolan, Schwarzspecht, Wachtelkönig(Blaukehlchen, Rohrweihe, Rotmilan)
23 seltene Arten
12 von 40 Arten des Anhangs I VSchRL 11 Arten der BArtSchVO bzw. charakteristische Arten von FFH-Lebensraumtypen
Trotz des Aufwandes bleibt die Ausbeute mager:
Tüpfelralle (Anhang 1 VSchRL)
(500-1000 BP in Deutschland)
Tüpfelralle
Autobahn und Bundesstraße
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
Anz
ahl R
evie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900
Tüpfelralle
Landes- und Kreisstraße
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Abstand zur Trasse [m]
100 200 300 400 500 600 700 800 900
n = 55
Autobahnen u. Bundesstraßen [n=17] Landes-und Kreisstraßen [n=38]
19
... und stimmt das Modell ?
So weit überprüfbar, keine Unterschätzung der Empfindlichkeit
Tendenz zur Überschätzung der Empfindlichkeit
Das Modell ist für seltene Arten konzipiert und unterstellt, dass ein Austausch
von akustischen Signalen über große Distanzen notwendig ist.
Überschätzung der Empfindlichkeit von Arten, die mit hohen Dichten vorkommen
und auch bei eingeschränkter Reichweite ihrer Gesänge von Artgenossen
gehört werden (z.B. Amsel Rang 26 von 132).
Das Verteilungsbild im Gelände kann leicht zu einer Unterschätzung
verleiten. Das Modell ist u.U. zuverlässiger.
Arten, die auf selten vorhandene Brutplätze angewiesen sind, haben nicht die freie
Wahl. Strukturell geeignete Standorte können trotz Lärm besiedelt werden, obwohl
sich die Vögel lieber woanders ansiedeln würden.
Mit einer Tendenz zur Überschätzung ist man
bei hochgradig gefährdeten Arten auf der sicheren Seite.
Einzelne Gegenbeispiele lassen sich immer finden.
Die hohe Zahl ausgewerteter Vorkommen und in Verbindung mit einer plausiblen Modellprognose
gewährleisten eine höhere Aussagesicherheit als anekdotische Beobachtungen.
20
Ranking-Liste
1
2
3
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
132
Validierte Arten Zugeordnete Arten
hohe Störanfälligkeit für Verkehrslärm
geringe Störanfälligkeit für Verkehrslärm
Ranking-Liste
1
2
3
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
132
hohe Störanfälligkeit für Verkehrslärm
geringe Störanfälligkeit für Verkehrslärm
Zuordnung nach „Reißverschlussprinzip“
Eine Validierung mit Geländedaten ist nur für einen geringen Teil der seltenen Arten möglich.
Die Kombination von Geländedaten und theoretischer Prognose stellt zurzeit die einzige praktikable Lösung dar,
um für alle Arten eine Aussage zur Störanfälligkeit durch Verkehrslärm zu treffen.
21
Anzahlder Arten
0
5
10
15
20
25
30
35
800-750
750-700
700-650
650-600
600-550
550-500
500-450
450-400
400-350
350-300
300-250
250-200
200-150
150-100
100-50
50-0schwach empfindliche Arten
sehr empfindliche Arten
Verteilung der relativen Schallempfindlichkeiten der untersuchten Vogelarten
kritische Effektdistanz
kritischer Schallspegel
keine Meidung von trassennahen Bereichen über 50-100m hinaus
oder
kein Einfluss der Verkehrsstärke auf das Verteilungsmuster der Arten über bekannte Effektdistanzen von Landschaftsstrukturen und Störreizen hinaus
aber z.T. deutliche Abstände bis 500 m!
Einfluss des Lärms nicht trennbar vom Einfluss anderer Faktoren
erkennbarer Einfluss der Verkehrsstärke
auf das Verteilungsmuster der Arten
über bekannte Effektdistanzen von
Landschaftsstrukturen und Störreizen
hinaus
Einfluss des Lärms trennbarvom Einfluss anderer Faktoren
22
Große Rohrdommel, Wachtelkönig
Zwergdommel, Rohrschwirl
Birkhuhn, Auerhuhn
Ziegenmelker
bei Überschreitung vollständiger Verlust der Habitateignung wahrscheinlich
47 dB(A) nachts
bzw. 52 dB(A) tags
Kritische Schallpegel für die Funktionen Partnerfindung / Revierverteidigung
58 dB(A) tagsHohltaube
bei Verkehrsstärken > 60.000 DTV vollständiger
Verlust der Habitateignung wahrscheinlich
23
Für die übrigen untersuchten Arten reicht der Einfluss des Verkehrslärms nicht weiter als der Einfluss anderer Störfaktoren. Er kann deshalb im Raum nicht klar abgegrenzt werden.
Zur Bewertung von Beeinträchtigungen dieser Arten ist es deshalb sinnvoller,
kritische Effektdistanzen heranzuziehen. Diese reichen artspezifisch von ca. 50 bis ca. 500 m.
Funktionen
Gefahr/Kontakt
Auerhuhn
Birkhuhn
Haselhuhn
Großtrappe
Wachtel
Wachtelkönig
Tüpfelralle
Rotschenkel
Großer Brachvogel
Bekassine
Kiebitz
Uferschnepfe
Eine besondere Betroffenheit ist anzunehmen für Arten, für die das Prädationsrisiko
auch ohne störenden Verkehrsschall sehr hoch ist.
Wenn Warnrufe nicht rechtzeitig gehört werden, kann sich die Gefährdung verschärfen.
Bei Wahrnehmung einer potentiellen Gefahr reagieren Vögel mit einer erhöhten
Wachsamkeit (z.B. der Vogel schaut hoch, stellt seinen Gesang ein, oder hört
auf zu fressen). Bestätigt sich die Gefahr, werden Warnrufe ausgegeben.
Die Aufmerkdistanz (alert distance) ist nicht identisch mit der Fluchtdistanz, die in der Regel sehr viel kürzer ist, weil sie eine ultima ratio-Strategie darstellt.
Die Zeitspanne zwischen Aufmerken und dem tatsächlichen Eintreten der
Gefahr kann genutzt werden, z.B. um Verstecke aufzusuchen.
70 dB(A) laute Warnrufe können
aus den genannten Entfernungen noch gehört werden,
wenn der Hintergrundlärm 55 dB(A) nicht übersteigt.
je nach Art und Lebensphase:
Offenlandvögel: 50 bis 200 m Arbeitshypothese = 200 m
Waldvögel: 50 bis 100 m Arbeitshypothese = 100 m
Aus welcher Entfernung muss ein Warnruf noch gehört werden,
damit der Vogel rechtzeitig darauf reagieren kann?
Was heißt hier „rechtzeitig“ ?
?
24
47 dB(A) nachts / 52 dB(A) tags
Für diese Arten wird für die Funktion Partnerfindung / Revier ein schärfererkritischer Wert vorgeschlagen. keine Änderung wegen erhöhter Prädationsgefahr
Auerhuhn
Birkhuhn
Wachtelkönig
Haselhuhn
Wachtel
Großtrappe
Bekassine
Gr. Brachvogel
Tüpfelralle
Uferschnepfe
Kiebitz (BV)
Rotschenkel (BV)
Diese Arten treten unabhängig von der Verkehrsstärke mit reduzierten Dichten entlang von Straßen auf.
A. Wenn die 55 dB(A) tags-Isophone innerhalb der ohnehin gemiedenen Zone verläuft, keine Änderung wegen erhöhter Prädationsgefahr.
B. Wenn die 55 dB(A) tags-Isophone in einem größeren Abstand als die ohnehin gemiedenen Zone verläuft, 25%-Verlust der Habitateignung für den zusätzlich beeinträchtigten Bereich.
55 dB(A) tags 55 dB(A) tags
25% Verlust der Habitateignung
A B
Meidungszone Meidungszone
25
Gemäß Modellprognosen und Teilverifizierung durch Geländedaten sind diese Distanzen nicht primär vom
Lärm abhängig. Das heißt nicht, dass der Lärm gar keine Rolle spielt, aber andere Faktoren haben eine
gleiche oder größere Reichweite.
Die Effektdistanzen stellen „Nebenprodukte“ des Projektes dar: Sie liegen nicht für alle Arten vor.
Effektdistanzen Brutvögel / Straße
Arten der Wälder, Gehölze und Parklandschaften: 100-300 m (Beispiele)
bis max. 100 m: Nachtigall, Fitis, Kleiber, Halsbandschnäpper, Buntspecht, Wendehals, Mäusebussard, Schwarzmilan
bis max. 300 m: Grauspecht, Mittelspecht, Schwarzspecht, Pirol
Gebüschbrüter: 50-200 m (Beispiele)
bis max. 50 m: Amsel, Schafstelze, Buchfink, Rohrammer
bis max. 100 m: Zaunkönig, Schwarzkehlchen
bis max. 200 m: Neuntöter, Braunkehlchen, Grauammer
Offenlandbrüter: 100-500 m (Beispiele)
bis max. 200 m: Wiesenpieper, Ortolan, Heidelerche, Kiebitz*, Uferschnepfe
bis max. 400 m: Bekassine, Großer Brachvogel
bis max. 500 m: Feldlerche, Kranich*
* umgekehrter Trend! größter Abstand zu schwach befahrenen Straßen
26
Das Prognosemodell behandelt nur die Empfindlichkeit der Vögel gegen Straßenverkehrslärm.
Eine Interpolation der Effektdistanzen zwischen den einzelnen Arten anhand des Ranking-Modells
ist nicht zulässig.
Wichtigste Gefährdungsursachen: Faktoren, die zu direkten Habitatverlusten führen:
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserbau
BfN-Studie: Analyse der Gefährdungsursachen planungsrelevanten Tiergruppen
in Deutschland (Günther et al. 2005, Naturschutz und Biologische Vielfalt 21)
Rote Liste-Autoren und Autorinnen, Artenspezialisten, Mitglieder der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft DOG, des Dachverbands deutscher Avifaunisten DDA, des NABU, von regionalen Vereinigungen, von Vogelschutzwarten und Landesämtern angesprochen.
Expertenbefragung über artspezifische Gefährdungsursachen der Brutvögeln der Roten Liste 91 Personen1013 Fragebögen für einzelne Arten
NABU-Studie: Vögel der Agrarlandschaft - Bestand, Gefährdung, Schutz (2004)
47 untersuchten Arten: Gefährdung durch Verkehr und Stromleitungen für 5 Arten relevant
Wie schätzt die ornithologische Fachwelt die Bedeutung des Verkehrslärms für Vögel ein?
Ursachen-Komplex „Verkehr und Energie“ für Brutvögel: 7% aller genannten Gefährdungsursachen
- Für 3 Arten an erster Stelle: Kollisionen und Anflüge an Freileitungen
- Straßenbau an 23ster Stelle aller für Brutvögel genannten Gefährdungsursachen
Der Verkehrslärm ist unter den ersten 50 genannten Gefährdungsgründen nicht vertreten.
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MinderungsmaßnahmenMaßnahmen zur Schadensbegrenzung
Wo leben die Vögel?
28Zeichnungen: Dr. H.-C. Vahle
Vögel, die von Singwarten in den Gebüsch- und Baumwipfeln aus singen
Höheca. 20 m
Höheca. 10 m
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Wie hoch soll der Lärmschutzwall sein?
Zeichnungen: Dr. H.-C. Vahle
Partnerfindung bei der Feldlerche
♀♀♀
Flughöhe ca. 100 bis 150 m
♂Singflugca. 100 bis 150 m
Wie hoch soll der Lärmschutzwall sein?
♂
30
Zeichnung: Dr. H.-C. Vahle
Beispiel Wachtelkönig
Partnerfindung übrige Lebensphasen
♂
Flughöhe mindestens50 m
♀
Wie hoch soll der Lärmschutzwall sein?
31 Zeichnungen: Dr. H.-C. Vahle
Minderungsmöglichkeiten
...aber wo?
• Die Höhe des Signalempfängers über dem Boden ist zu berücksichtigen.
• Da die meisten Vögel in vielen Lebensphasen zwischen verschiedenen Höhen über dem Boden
wechseln, ist für solche Arten nur eine Schallminderung an der Quelle wirksam (z.B. OPA).
• Für Arten der Röhrichte und der halboffenen Landschaften können Lärmschutzwände / -wälle
in bestimmten Lebensphasen wirksam sein.
• Wegen des Abstandsverhaltens von Wiesenvögeln zu vertikalen Strukturen könnten Wände bzw. Wälle eine Verschärfung des Habitatsverlustes nach sich ziehen.
Arten mit einem kritischen Schallpegelwert
• Eine Lärmreduzierung an der Quelle ist wünschenswert.
Ihr Umfang lässt sich aber nicht eindeutig quantifizieren, weil sich der Einfluss des Lärms
vom Einfluss anderer Faktoren nicht räumlich trennen lässt.
• Deshalb werden als Schadensminderung populationsstützende Maßnahmen empfohlen.
• Kompensation: Habitatförderung in trassenfernen Bereichen
Arten mit einer kritischen Effektdistanz
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[n= 1422]
Wiesenvögel
[n= 1916]
Waldvögel
0
30
60
90
120
150
180
210
240
270
300
Abstand zur Straße [m]
An
zah
l Re
vie
re
100 200 300 400 500 600 700 800 900
0
30
60
90
120
150
180
210
240
270
300
Abstand zur Straße [m]
100 200 300 400 500 600 700 800 900
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„It’s not just noise!“ *
optische Störreize, Scheinwerferlicht, Kollisionen, Verschiebungen der Konkurrenzverhältnissen unter den Arten,
Landschaftsveränderungen???
* Warren et al. (2006): Urban bioacoustics: It’s not just noise. – Animal Behaviour 71:491–502
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hohe Anforderungenan die Planungssicherheit
und die Zuverlässigkeit von Prüfkriterien
eine zwar plausible Wirkungsprognose, die
aber in absehbarer Zeit nicht restlos verifizierbar ist
Anforderungen des „Halle-Urteils“
Quantitative Beziehungen zwischen Vogelvorkommen und Schallpegeln sind
für seltene Arten selbst bei massiver Erhöhung des Untersuchungsaufwands
nicht statistisch abzusichern.
Der Verkehr hält nicht still, solange ihr noch forscht.
Im Unterschied zur naturwissenschaftlichen Forschung muss sich eine Handlungsanweisung
für die Planungspraxis der Komplexität der Umwelt sofort stellen.
Es werden „Unsicherheiten“ verbleiben. Wir müssen einen vernünftigen Weg finden, damit umzugehen.
• Entscheidungswege transparent darstellen und begründen
• Entscheidungsrelevante Unsicherheiten klar umreißen
• Restrisiken klar benennen und Monitoring als fester Bestandteil der Schadensbegrenzung
• Beitrag zur Wirkungsforschung als fester Bestandteil des Eingriffsausgleichs
Vielen Dank
Kieler Institut für Landschaftsökologie
Dr. Annick Garniel
Dr. Winfried Daunicht
Dipl. Biol. Ute Ojowski
Dr. Ulrich Mierwald
Dipl. Geogr. Berit Bredemeier
Dipl. Biol. Inge Eischeid
Dipl. Biol. Astrid Wiggershaus
Kartierungen
AG Tewes, Hatten-Sandkrug
memo-consulting, Seeheim-Jugenheim
Ökofakt, Bremen
Umweltplan, Stralsund
Schallberechnungen
Lärmkontor, Hamburg
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