Auswirkungen der Ökologischen Flutungen · GEWÄSSERDIREKTION SÜDLICHEROBERRHEIN/ HOCHRHEIN...
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GEWÄSSERDIREKTIONSÜDLICHER OBERRHEIN/
HOCHRHEIN
Auswirkungen der Ökologischen Flutungen der Polder AltenheimBADEN-
WÜRTTEMBERG
B r o s c h ü r e n r e i h eDer Oberrhein im Wandel
Heft 1 Aktualisierung des Gesamtrahmens - vergriffen -
Heft 2 Alte Dämme fit gemachtRegierungspräsidium Karlsruhe.2. Aufl.; Karlsruhe 1993.
Heft 3 Geplanter Einsatz des KulturwehresBreisach zur Hochwasserrückhaltung- vergriffen -
Heft 4 Kulturwehr Kehl/Straßburg- vergriffen -
Heft 5Hochwasservorhersage – Instrument desHochwasserschutzes- vergriffen -
Heft 6 Ökologische Flutungen – Erste Erfolge inden Poldern AltenheimLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.2. Aufl.; Karlsruhe 1993.
Heft 7Gewässerschutz im IRPLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.1. Aufl.; Karlsruhe 1993.
Heft 8 Bodenschutz im IRPLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.1. Aufl.; Karlruhe 1993.
Heft 9Veränderungen der Auelandschaft amOberrheinLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg2. unveränderte Aufl.; Lahr 1997.
Heft 10 Auenrenaturierung – Leitbilder, Ziele und MaßnahmenLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.2. unveränderte Aufl.; Lahr 1997.
Heft 11 Rahmenkonzept des Landes zur Umset-zung des Integrierten Rheinprogramms- vergriffen -
Heft 12 Kulturwehr Kehl/Straßburg – Konzeptionder binnenseitigen Anpassungs-maßnahmenAmt für Wasserwirtschaft und Boden-schutz Offenburg.1. Aufl.; Offenburg 1994.
Heft 13 Landschaftsentwicklungskonzept Kultur-wehr Kehl/StraßburgAmt für Wasserwirtschaft und Boden-schutz Offenburg.1. Aufl.; Offenburg 1994.
Heft 14 Polder Söllingen/GreffernOberrheinagentur.2. Aufl.; Lahr 1995.
Heft 15 Verbesserung der Abflußverhältnisse imRheinvorlandOberrheinagentur.1. Aufl.; Lahr 1996.
B r o s c h ü r e n r e i h eMaterialien zum IRP
Band 1 Rheinauenschutzgebietskonzeption imRegierungsbezirk KarlsruheBezirksstelle für Naturschutz und Land-schaftspflege, Karlsruhe.2. überarbeitete Aufl.; Karlsruhe 1988.DM 15,--*
Band 2 Biotopsystem Nördliche Oberrhein-niederung- vergriffen -
Band 3 Flutungen der Polder Altenheim- vergriffen -
Band 4 Grundsatzpapier Auenschutz und Auenre-naturierungLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.1. Aufl.; Karlsruhe 1994. DM 10,--*
Band 5Flutungen der Polder Altenheim – Zwischenbericht 1993. - vergriffen -
Band 6 Auswirkungen von Überflutungen aufflußnahe WasserwerkeLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg.1. Aufl.; Lahr 1996. DM 10,--*
Band 7 Rahmenkonzept des Landes Baden-Württemberg zur Umsetzung des Integrierten RheinprogrammsOberrheinagentur.1. Aufl.; Lahr 1996. DM 15,--*
Band 8 Flutungen der Polder Altenheim – Zwischenbericht 1994Oberrheinagentur.1. Aufl.; Lahr 1996. DM 10,--*
Band 9Auswirkungen der Ökologischen Flutungen der Polder AltenheimLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg. Gewässerdirektion Südl. Oberrhein/Hochrhein 1. Aufl., Lahr 1999. DM 25,--*
Band 10Konzeption zur Entwicklung und zumSchutz der südlichenOberrheinniederungLandesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg. Gewässerdirektion Südl. Oberrhein/Hochrhein 1. Aufl, Lahr 1999. DM 50,--*
Band 11Gesamtkonzept Ökologische Flutungenim Integrierten RheinprogrammGewässerdirektion Südl. Oberrhein/Hochrhein 1. Aufl, Lahr 2000. DM 15,--*
* Schutzgebühr zzgl. Porto
V e r t e i l e r h i n w e i s :Diese Informationsschrift wird von der Landesregierung Baden-Württemberg im Rahmen ihrer ver-fassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf wedervon Parteien noch von deren Helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbungverwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung aufWahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zurVerwendung bei der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darfdie vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als Parteinahme des Heraus-gebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Diese Beschränkungengelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf welchem Wege und in welcherAnzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist es jedoch den Parteien,diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.
Auswirkungen der Ökologischen Flutungender Polder Altenheim
D i e Vo r g e s c h i c h t e2 D i e Vo r g e s c h i c h t e 3
Die Flächen in diesen Hochwasser-
rückhalteräumen werden zum überwie-
genden Teil forstwirtschaftlich genutzt.
In einigen Bereichen finden sich auch
landwirtschaftliche Flächen. Zur Binnen-
seite hin begrenzen die im vorletzten
Jahrhundert (1817 – 1880) von
J.G. TULLA gebauten Dämme die geplanten
Rückhalteräume.
Die Hochwasserrückhaltung kann
nach der Sanierung dieser Dämme auf
zwei verschiedenen Wegen erreicht wer-
den. Bei der ökologischeren Variante,
der Dammrückverlegung, strömt das
Wasser des Rheins bei steigendem Wasser-
spiegel in das angrenzende Gelände bis
hin zu den sanierten Tulla-Dämmen und
wird in den Wäldern und Feldern
zurückgehalten. Bei der technischeren
Variante, den Poldern, wird das Damm-
system entlang des Rheins und auf
der Binnenseite geschlossen, so dass
Hochwasser zu bestimmten Zeitpunkten
durch ein Einlassbauwerk in die Polder
geleitet werden kann.
Hinsichtlich der gesetzlich geforder-
ten Umweltverträglichkeit unterscheiden
sich diese beiden Varianten grundsätz-
lich in ihrer Betriebsweise. Bei Damm-
rückverlegungen werden entsprechend
den Verhältnissen in natürlichen Auen
bereits bei kleineren Hochwassern die
Retentionsflächen überströmt.
Die Wälder, die Tier- und Pflanzenwelt
werden mit dem Wasser vertraut. Die
Flächen innerhalb der Polder hingegen
bekommen im Durchschnitt nur alle
7 bis 15 Jahre Wasserkontakt, so dass die
hier vorkommenden Wälder, Tier- und
Pflanzenarten die erforderliche Toleranz
gegenüber dem Wasser nicht erlangen
können.
Mit Hilfe eines mathematischen Hochwasserablauf-modells wurde über-prüft, ob die im Rahmenkonzept desIntegrierten Rhein-programms festgeleg-ten Maßnahmen im Zusammenwirken mit den Maßnahmen in Frankreich undRheinland-Pfalz dieerforderliche Wirk-samkeit gegen ein200 bzw. 220jähr-liches Hochwasserer-eignis erbringen.
Die Ergebnisse bele-gen die Zielerrei-chung. Dabei werdenalle im Rahmenkon-zept des IntegriertenRheinprogramms vorgesehenen Stand-orte mit einem Gesamtvolumen von ca. 170 Mio m3
benötigt.
Polder Söllingen/Greffern
Bellenkopf/Rappenwört
Elisabethenwört
Rheinschanzinsel
Freistett
Polder Altenheim
Ichenheim/Meißenheim
Elzmündung
Wyhl/Weisweil
Breisach/Burkheim
Rückhalteraum südlichKulturwehr Breisach
Kulturwehr Breisach
Kulturwehr Kehl/Straßburg
Karlsruhe
Mannheim
Rastatt
Offenburg
Strasbourg
Freiburg
BaselR h e i n
N e c k a r
B a d e n -
W ü r t t e m b e r g
R h e i n l a n d -
P f a l z
F r a n k r e i c h
Integriertes Rheinprogrammdes Landes
Baden-Württemberg
Rückhal teräume
natür l iche Überf lutungsf läche
Vorschläge zur Dammrück-ver legung aus ökologischer Sicht
0 10 20 30 km
Die geplanten Rückhalteräume in Baden-Württemberg
Umfangreiche, über mehrere Jahre dauerndeUntersuchungen haben ergeben, daß jede dervorgeschlagenen Rückhalteflächen sowohl fürdie Hochwasserretention als auch für die Wie-derherstellung auenähnlicher Verhältnisse ge-eignet ist. Allerdings lassen sich nicht an allenStandorten beide Ziele optimal erreichen.
N
Auslaßbauwerk
P o l d e r
DammrückverlegungR h e i n
R h e i n
V o r l a n d
V o r l a n d
geplanterDamm
geplanterDamm
bestehenderDamm
bestehenderDamm
bestehenderDamm entfällt
zusätzliche Überflutungsfläche
Einlaßbauwerk
Die Vorgeschichte Das Integrierte Rheinprogramm
Baden-Württembergs wurde im
Januar 1996 vom Landeskabi-
nett beschlossen. Das Programm
setzt die Rahmenbedingungen
für einen umweltverträglichen
Hochwasserschutz und die
Renaturierung der Auen am
Oberrhein. Insgesamt sind zum
Schutz der Bevölkerung, der
Städte und Gemeinden und der
Industrieansiedlungen zwischen
Iffezheim/Rastatt und Worms
13 Hochwasserrückhalteräume
zu erstellen.
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . 2-5
Die Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 6-9
Das Untersuchungsprogramm . . . . . 10
Die Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
I m p r e s s u m
Herausgeber: Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein, Lotzbeckstraße 12, 77933 Lahr
Redaktion: Dr. Ulrike Pfarr, Petra Ilg
Gestaltung: Maerzke Grafik Design, Leonberg
Fotos: Hämmerle, S.2, Demuth S. 13, Spang, S.15,Humberg S.14, 15, Dannenmeyer S. 16, Staeber S. 17, Maerzke S. 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12,14, 15, 17,19
gedruckt auf: chlorfrei gebleichtem Papier
1. Auflage
Nachdruck – auch auszugsweise – nur unverändertund nach vorheriger Genehmigung des Herausgebers
Lahr, März 2000
D i e Vo r g e s c h i c h t e4 D i e Vo r g e s c h i c h t e 5
Die ersten fertiggestellten Hoch-
wasserpolder Baden-Württembergs waren
die Polder Altenheim. Im Jahr 1987
wurde hier erstmalig ein maximaler Probe-
stau mit dem Ergebnis durchgeführt,
dass die Einstauhöhen wegen erheblicher
Dammbruchgefahren zunächst nicht
ausgeschöpft werden konnten. Auch tra-
ten außerhalb der Polder erhebliche
Vernässungen auf. Zur Verbesserung der
Dammsicherheit wurden daher spezielle
Dichtungswände in die Dämme einge-
baut.
Das Gebiet der heutigen Polder Al-
tenheim gehörte bis 1968 zur natürli-
chen Rheinaue, die bei höheren Wasser-
ständen im Rhein überflutet wurde.
Durch den Bau der Staustufe Straßburg
(1968 - 1970) wurde diese Aue von den
Überflutungen abgeschnitten.
Die Umwandlung von einer intakten Aue
in eine nicht mehr überflutete Altaue
hatte erhebliche Veränderungen im Natur-
haushalt zur Folge.
Diese veränderten Standortbedin-
gungen führten zu einer nahezu völligen
Umstellung der forstwirtschaftlichen
Betriebsplanung. Auentypische Baumarten,
die bis 1968 noch standortgerecht und
im Sinne einer ordnungsgemäßen Forst-
wirtschaft angebaut wurden, sind nach
und nach durch Baumarten ersetzt worden,
die trockene Standorte bevorzugen.
In der Tier- und Pflanzenwelt sind
auentypische, hochwassertolerante Arten
zurück gegangen oder verschwunden,
nicht auentypische und nicht hochwasser-
tolerante Arten haben sich ausgebreitet.
Insgesamt zeigten die Erfahrungen aus
dem Probestau, dass die damalige Form
der Hochwasserrückhaltung nicht um-
weltverträglich war.
Aus diesen Erfahrungen heraus wurde
von Experten und Gutachtern gefordert,
die bei Hochwasserbetrieb betroffenen
Flächen bereits bei steigendem Rhein-
wasserspiegel mit geringen Wassermen-
gen zu überströmen. Solche Flutungen,
sogenannte „Ökologische Flutungen",
dienen der Vermeidung von Schäden an
forstlich genutzten Wäldern, sie vermin-
dern die mit dem Polderbau verbundenen
Eingriffe in Natur und Landschaft und
erreichen damit einen umweltverträgli-
chen Hochwasserbetrieb.
Hochwasserpolder sind umweltverträglich zu betreiben, um weder für die Menschen, die Tier- undPflanzenwelt, noch für die Gewässer und den BodenSchäden zu verursachen. Die Ökologischen Flutun-gen haben daher folgende Ziele:➤ in Verbindung mit waldbaulichen Maßnahmen
hochwassertolerante Waldbestände zu entwickeln,
➤ ökologische und forstwirtschaftliche Schäden zu mindern,
➤ den Wasserhaushalt sowie die abiotischen und biotischen Verhältnisse an die standörtlichen Gegebenheiten einer natürlichen Aue heran-zuführen,
➤ auentypische, flutungstolerante Tier- und Pflanzen-gesellschaften zu fördern und zu entwickeln und
➤ an die Überflutung im Retentionsfall angepasste Biotope zu schaffen.
D A S Z I E L
Der Rheinseitendamm, ein idealer Rad- undWanderweg.
Einlaßbauwerk
Auslaßbauwerk
Durchlaßbauwerk
Fläche 350 haRückhaltvolumen 12 Mio m3/s
T E C H N I S C H E D A T E N
Fläche 170 haRückhaltvolumen 6 Mio m3/s
P O L D E R I
P O L D E R I I
D i e U m s e t z u n g6 D i e U m s e t z u n g 7
Die Umsetzung
Was sind Ökologische
Flutungen?
Ökologische Flutungen sind
gezielt durchgeführte Flutungen
der Polder, die nicht der eigent-
lichen Hochwasserrückhaltung
dienen und regelmäßig bereits
bei kleineren Anstiegen des
Rheinwasserspiegels stattfinden.
Je höher der Rheinwasserspiegel
steigt, desto mehr Wasser steht
für diese Flutungen zur Verfü-
gung. Fällt der Wasserstand im
Rhein, so werden auch die
Flutungen wieder reduziert.
Diese gewünschte Kopplung an den
Abfluß im Rhein ist auf Grund bestehen-
der internationaler Verträge eingeschränkt
möglich. Wegen der umweltfreundlichen
Energiegewinnung aus Wasserkraft am
Oberrhein kann für Ökologische Flutungen
erst Wasser in die Polder Altenheim ein-
geleitet werden, wenn der Rheinabfluß
1.550 m3/s überschreitet. Die dann
beginnende Wasserentnahme ist ebenfalls
definiert. Aus technischen und rechtli-
chen Gründen wird das Wasser in drei
Stufen entnommen.
Wenn der Rheinwasserspiegel so
stark ansteigt, dass aus Schutzgründen
mit einem Hochwasserrückhalt
gerechnet werden muss, werden die
Ökologischen Flutungen abgebrochen.
Sie sind also auch in ihrer Höhe und
Dauer begrenzt.
Wie laufen Ökologische
Flutungen ab?
Zu Beginn der Ökologischen Flutungen,
wenn das Einlaufbauwerk geöffnet wird,
verteilt sich die zunächst geringe Wasser-
menge über die vorhandenen Gewässer.
Die damit zunehmende Durchströmung
führt zur Entschlammung der Fließge-
wässer, fördert die Erhaltung und Entste-
hung von kiesigen Laichplätzen und
erhöht die Lebensqualität für Fische und
Kleinlebewesen der Gewässersohle
(Makrozoobenthos). Eine Ausuferung
der Gewässer findet nicht statt.
Wird die Einlaufmenge langsam er-
höht, werden erste alte, trockengefallene
Nebenarme der Gewässer (Schluten)
wieder von Wasser durchströmt und in
tief liegenden Geländebereichen drückt
das Grundwasser an die Oberfläche.
Ausgedehntere Bereiche der Polder-
flächen werden erst bei höheren, über
mehrere Tage anhaltenden Einleitungs-
mengen von Wasser überströmt. Ausge-
hend von den Gewässern in den Poldern
fließt das Wasser langsam durch die
Wälder. Mit Ausnahme weniger Staube-
reiche, zum Beispiel am Trenndamm
zwischen den beiden Poldern, erreichen
die Ökologischen Flutungen eine Höhe
von wenigen Zentimetern.
Bedingt durch das Geländerelief in den
Poldern kommt es erst nach fast einer
Woche und nur bei der höchsten, derzeit
genehmigten Einleitungswassermenge zu
großflächigen Überströmungen, wie sie
früher typisch waren.
Erreichen die Ökologischen
Flutungen ihr Ziel?
Seit 1989 werden probeweise Öko-
logische Flutungen in den Poldern Alten-
heim durchgeführt, die damit einen
völlig neuartigen Bestandteil des Betriebs-
managements von Hochwasserrückhalte-
räumen darstellen. Noch an keinem
anderen Fluß oder Strom liegen Erfah-
rungen zu ihrer Wirksamkeit vor.
Von den weiteren Hochwasserrück-
halteräumen des Integrierten Rheinpro-
grammes werden mindestens 9 als Polder
zu betreiben sein. Es war daher ein
großes Anliegen der Landesverwaltungen,
die Auswirkungen der Ökologischen
Flutungen genauestens zu überprüfen.
Ein fachlich breit angelegtes Untersu-
chungsprogramm wurde konzipiert und
mit Hilfe zahlreicher Spezialisten und
Experten aus unterschiedlichsten Diszipli-
nen über mehrere Jahre hinweg ausgeführt.
Auch die Schifffahrt auf dem Rhein wird bei Ökologischen Flutungen berücksichtigt.
Hochwasser in der Hartholzaue.
Verschiedene Flutungs- und Sukzessionsstadien imHolländerrhein unterhalb des Durchlassbauwerks im Trenndamm.
Abfluß im Rhein Durchfluß durch die Polder
Ökologische Stufe 1 > 1 550 m3/s > 20 m3/sFlutungen Stufe 2 > 1 900 m3/s > 40 m3/s
Stufe 3 > 2 200 m3/s > 60 m3/s
Abbruch ÖF > 2 800 m3/s
Hochwasser-Einsatz > 3 800 m3/s max. 150 m3/s
Ökologische Flutungen sind mitder Wasserführungdes Rheins korrespondierendeDurchflutungen der Rückhalteräume,in Dauer und Inten-sität vergleichbar mit den natürlichenAusuferungen einesGewässers.
ÖF Stufe 1Einleitung 22 m3/s
ÖF Stufe 2Einleitung 45 m3/s
Ökologische Flutungen in denPoldern Altenheim –Überflutungsflächen
D i e E r g e b n i s s e8
Dauerhafte Gewässer sind
dunkelblau, zeitweise überflutete
Bereiche hellblau dargestellt.
Die Größe der überfluteten
Flächen hängt sowohl von der
Stufe als auch der Dauer
der Ökologischen Flutungen ab.
ÖF Stufe 4, ca. 6 TageEinleitung 60 m3/s
ÖF Stufe 3, ca. 3 TageEinleitung 30-60 m3/s
D i e E r g e b n i s s e 9
Naturnahe Uferstaudenflur am Holländerrheinin den Poldern Altenheim.
Ökologische Flutungen in den Poldern Altenheim.
Durchlassbauwerkim Trenndamm zwischen Polder Iund II.
Höllanderrhein am Durchlassbauwerk.
D i e E r g e b n i s s e 1 1D a s U n t e r s u c h u n g s p r o g r a m m1 0
Das Untersuchungs-programm
Mit dem Untersuchungs-
programm sollten insbesondere
Fragen der Beweissicherung
geklärt, die Auswirkungen der
Ökologischen Flutungen über-
prüft sowie grundsätzliche
Erkenntnisse für die weiteren
Rückhalteräume gewonnen
werden.
Die Ergebnisse Mit Ökologischen Flutungen
werden die für die Aue notwen-
digen gewässerökologischen
Rahmenbedingungen und somit
auch die Lebensräume für
hochwassertolerante Tiere und
Pflanzen auf Dauer gesichert.
Gleichzeitig werden ökonomische
und ökologische Schäden in
Folge von Hochwassereinsätzen
(Retentionsflutungen) vermin-
dert, wenn nicht sogar verhin-
dert. Die bisher durchgeführten
Ökologischen Flutungen der
Polder Altenheim haben eine
stabile Auenrenaturierung in
Gang gesetzt und damit die
Entwicklung zu einem umwelt-
verträglichen Hochwasser-
schutz eingeleitet.
Durch die entstehende Kontinu-
ität im Standortfaktor „Wasser"
ergibt sich auch für die forst-
liche Bewirtschaftung der Wälder
eine gewisse Planungssicher-
heit. Damit diese Entwicklungen
zum dauerhaften Erfolg führen,
sind Ökologische Flutungen
auch weiterhin erforderlich.
Nur so können die hochwasser-
toleranten Lebensgemeinschaf-
ten dauerhaft erhalten und
die Wälder nachhaltig bewirt-
schaftet werden. Dies schließt
nicht aus, dass eventuell an
bestehenden Nutzungen auftre-
tende Schäden durch den
Polderbetrieb auszugleichen
sind.
D e r Wa s s e r h a u s h a l t
Eine deutliche Dynamisierung der ober-
flächigen Abflüsse und der Wasserstände
in den Fließgewässern ebenso wie im
Grundwasser, ist trotz der einschränken-
den Rahmenbedingungen in Gang ge-
kommen. Bedingt durch die begrenzte
Einlasswassermenge und das Relief inner-
halb der Polder wurden jedoch Teile
der Flächen nicht von den Ökologischen
Flutungen erreicht. Eine Erhöhung der
Zuflussmenge und eine optimierte Ver-
teilung im Gewässersystem könnten die
Situation weiter verbessern.
Der Ablauf Ökologischer Flutungen
weicht jedoch auf Grund der beschriebe-
nen Einschränkungen von den Verhält-
nissen der ehemaligen, frei überfluteten
Aue ab. Die Zeiten der Überflutung in
der Fläche sind wesentlich kürzer, die
Höhe ist deutlich geringer und die An-
zahl an Überflutungsereignissen ist viel
kleiner als in einer an den Rhein ange-
schlossenen Aue. Soweit möglich, sollten
Ökologische Flutungen daher bereits
bei Rheinabflüssen unter 1550 m3/s be-
ginnen und enden können. Auch die
Einleitungswassermenge sollte – außer
bei zu erwartender Retention - nicht
begrenzt werden, um möglichst große
Bereiche der Polderflächen zumindest
zeitweise überfluten zu können. Für eine
flächigere Verteilung des Wassers im
Gelände ist mit Rücksicht auf die Sicher-
heit des Rheinseitendammes der Rhein-
seitengraben stärker zu entlasten. Andere
Wasserläufe und ehemalige Schluten
sind gezielt in die Verteilung des Flutungs-
wassers einzubinden.
Eine weitere Verbesserung in der Vertei-
lung der Überflutungen im Gelände ist
durch die Beseitigung von Abflußhinder-
nissen (z.B. hochliegende Wege, zu
kleine Rohrdurchlässe in Gewässern u.ä.)
zu erreichen.
Die Pflicht zur Beweissicherung war
seinerzeit im Rahmen der wasserrecht-
lichen Genehmigung als Auflage erteilt
worden. Die Veränderungen der Beschaf-
fenheit und Güte der oberirdischen Ge-
wässer und des Grundwassers sowie die
Veränderungen der Fauna (Tierwelt) und
Flora (Pflanzenwelt) waren zu dokumen-
tieren. Ergänzend wurden die Verände-
rungen in den Böden beobachtet.
Hinsichtlich der Zielerfüllung der
Ökologischen Flutungen waren die Ver-
änderungen in den Biotopen und Lebens-
gemeinschaften zu dokumentieren und
zu überprüfen. Die Frage nach der umwelt-
verträglichen Betriebsweise der Polder
Altenheim war zu beantworten. Ferner
galt es, für eine unbefristete Genehmi-
gung der Ökologischen Flutungen die
erforderlichen fachlichen Grundlagen
und Erkenntnisse zu gewinnen.
Das Untersuchungsprogramm um-
faßte dementsprechend insgesamt 36
Einzeluntersuchungen zu den Themen:
n Wasser- und Stoffhaushalt,
n Beschaffenheit der Fließgewässer,
Baggerseen und des Grundwassers,
n Tier- und Pflanzenwelt einschließlich
Wald sowie
n Boden.
Während der Untersuchungsphase
1993 bis 1996 war kein Einsatz der Pol-
der Altenheim zum Hochwasserschutz
erforderlich. Die Untersuchungsergebnis-
se dokumentieren somit die Auswirkun-
gen der Ökologischen Flutungen und
sind nicht von Flutungen bei Hochwas-
sereinsatz beeinflußt.
Wasserhaushalt
Pflanzenwelt
Tierwelt
Boden
Beschaffenheit der oberirdischen Gewässer
Beschaffenheit des Grundwassers
Während der Untersuchungsphase1993 bis 1996 warkein Einsatz der Polder Altenheimzum Hochwasser-schutz erforderlich.
Sumpfstendelwurz
Naturnahe Auenlandschaft an einem Altrheinarm.
D i e E r g e b n i s s e1 2 D i e E r g e b n i s s e 1 3
P f l a n z e nw e l t
In Abhängigkeit von der Überflu-
tungshäufigkeit und –ausdehnung setzte
die Auenrenaturierung in unterschied-
licher Ausprägung in allen untersuchten
Biotoptypen ein. Diese Entwicklung
kann nur erhalten werden, wenn die Öko-
logischen Flutungen zumindest in ihrer
bisherigen Art und Weise fortgeführt
werden. Untersucht wurden die natur-
schutzrechtlich relevanten Biotoptypen
„Kiesflächen", „Schilfröhrichte", „Auen-
wiesen", „Silberweidenwälder", „Hart-
holzauenwälder" und „Quellgewässer".
Für die Erhaltung oder Neuentste-
hung von Kiesstandorten waren die
Ökologischen Flutungen bisher in ihrer
Dynamik zu schwach.
Das strömungsempfindliche Schilf
konnte von der Nährstoffzufuhr durch die
Ökologischen Flutungen profitieren und
seine Vitalität deutlich steigern.
In Abhängigkeit von der Intensität
der Bewirtschaftung und den Ökologischen
Flutungen traten Veränderungen in den
unterschiedlichen Wiesengesellschaften
ein. Besonders eine Pfeifengraswiese
wurde durch die Ökologischen Flutungen
in ihrem Bestand gestärkt. Weit verbrei-
tete Arten (Ruderalarten) wurden
zurückgedrängt, biotoptypische Arten
wurden gefördert.
In den Probeflächen der Silberwei-
denwälder wurden Ruderalarten und
standortuntypische Arten zurückgedrängt.
Auentypische Arten wurden gefördert
und vor allem Arten der tiefen Hartholz-
aue wanderten ein. Die Überflutungs-
dauer reichte jedoch nicht für das Entste-
hen von Weichholzauenwäldern aus.
Obwohl die Probeflächen der
Hartholzauenwälder nicht bzw. nur
selten überflutet wurden, kam es zu
geringfügigen Artenverschiebungen in
der Krautschicht. Diese lassen sich auch
auf die zeitweisen Grundwasserstands-
schwankungen während der Ökologischen
Flutungen bis in einen für die Pflanzen
verfügbaren Bereich zurückführen. Die
Verdrängung biotopuntypischer Arten
war um so ausgeprägter, je häufiger das
Wasser die Flächen erreichte.
Bei einem Teil der Wiesengesell-
schaften und der Wälder wurde eine
Aufwertung in vegetationskundlich-flori-
stischer Hinsicht erreicht.
Die untersuchten Quellgewässer
(Gießen) reagierten kaum auf die Ökolo-
gischen Flutungen.
Die Grundwasserstandsschwankungen
in Folge der Ökologischen Flutungen
und die damit verbundenen zeitweisen
Anstiege des Grundwassers sind auen-
ähnlicher geworden. Grundwasserabsen-
kungen entsprechend dem Zustand vor
dem Staustufenbau werden jedoch nicht
mehr erreicht.
Baumschäden traten im
Untersuchungszeitraum nur
nach einer langen Ökologischen
Flutung an auenuntypischen
bzw. weniger überflutungstole-
ranten Arten auf. Die Schäden
beschränkten sich auf kleine,
meist durch stehendes Wasser
beeinträchtigte Bereiche.
Aus Naturverjüngung hervorge-
gangene Bäume vertrugen die
Überflutungen besser als gepflanzte Indi-
viduen. Während der Bergahorn mit
dem Beginn der Ökologischen Flutungen
ein vermindertes Längen- und Durch-
messerwachstum zeigte, war bei der Esche
zumindest ein verstärkter Radialzuwachs
zu beobachten.
Eine einmalig mit 80 m3/s durch-
geführte Ökologische Flutung zeigte
deutlich, dass auf einer erheblich größeren
Fläche die Voraussetzungen für eine
Auenrenaturierung und damit für einen
umweltverträglichen Hochwasserschutz
erreicht werden könnten.
Die für Aue notwendigen Grundwasser-
schwankungen werden durch Ökologische
Flutungen reaktiviert und führen somit
zu einer Dynamisierung des Wasserhaus-
haltes. Durch die regelmäßige Durch-
strömung der Polder wird eine naturnahe
Fließdynamik erzielt. Das Zusammenspiel
von Grundwasserstandsschwankungen
und zeitweiliger oberflächiger Überströ-
mung fördert den Sauerstoffaustausch
im Boden, die Aue atmet wieder. Nur die
früher vorhandenen niedrigen Grund-
wasserstände können nicht mehr auftreten,
da der Grundwasserspiegel seit dem Bau
der Staustufe Straßburg durch den Dauer-
stau im Oberwasser nicht mehr unter ein
bestimmtes Niveau absinkt.
Festgestellt wurde auch, dass die
Auswirkung Ökologischer Flutungen auf
die binnenseitigen Grundwasserstände
geringer ist als die Wirkung der Vorland-
überflutungen vor dem Staustufenbau.
Mit zunehmender Entfernung von den
Poldern werden die flutungsbedingten
Grundwasseranstiege immer geringer.
In den Fließgewässern brachten die
Ökologischen Flutungen auentypische
morphodynamische Prozesse in Gang.
Erosions- und Akkumulationsstrukturen
sind deutlich erkennbar. Eine natürliche
Entschlammung der Sohle vieler Fließ-
gewässerabschnitte wurde erreicht. Um
diese positiven Entwicklungen weiterhin
zu fördern, sind die Ökologischen Flu-
tungen fortzuführen.
B e s c h a f f e n h e i t
o b e r i r d i s c h e r G ew ä s s e r
Während der gesamten Untersu-
chungszeit konnten durchweg nur geringe
Gehalte an organischen Schadstoffen,
an Schwermetallen und an Pestiziden in
den im Wasser gelösten Stoffen, Schweb-
stoffen und Sedimenten der Fließgewässer
nachgewiesen werden. Dies betrifft so-
wohl den Zustand ohne als auch
während der Ökologischen Flutungen.
Die Untersuchungsbefunde blieben stets
unter den Grenzwerten der Trinkwasser-
verordnung und unter den Warnwerten
des Gewässerüberwachungsprogramms.
Der Vergleich des Stoffgehaltes von
einströmendem und ausströmendem
Wasser ergab sowohl für die gelösten
Stoffe als auch für die Schwebstoffe kei-
nen einheitlichen Trend. Die Ökologischen
Flutungen haben somit weder eine stoff-
freisetzende noch eine stoffrückhaltende
Wirkung auf die Fließgewässer.
Veränderungen der Wasserbeschaf-
fenheit der drei rheinnahen Baggerseen
aufgrund der Ökologischen Flutungen
konnten nicht festgestellt werden.
Das Zusammenspielvon Grundwasser-standsschwankungenund zeitweiliger oberflächiger Über-strömung fördert denSauerstoffaustauschim Boden, die Aueatmet wieder.
In Abhängigkeit von der Überflutungs-häufigkeit und -aus-dehnung setzte dieAuenrenaturierung inunterschiedlicherAusprägung in allenuntersuchten Biotop-typen ein.
Veränderungen derGrundwasserstands-schwankungen.Deutlich sind die Inbetriebnahme derStaustufe Straßburg(1970) und derBeginn der Ökologi-schen Flutungen(1989) zu erkennen.
Vertikalprofile der Sauerstoffgehalte in einem Baggersee der Polder Altenheim.
D i e E r g e b n i s s e 1 5D i e E r g e b n i s s e1 4
Silberweiden
Quellgewässer
Schilf
StreuwieseKiesinselKiesinsel
Hartholzauewälder
D i e E r g e b n i s s e 1 7D i e E r g e b n i s s e1 6
T i e r w e l t
Viele gefährdete, auentypische Arten
wurden durch die Flutungen gefördert.
Bei allen untersuchten Tiergruppen
haben sich auf den von den Ökologischen
Flutungen erreichten Flächen auentypi-
sche Gemeinschaften entwickelt.
Bedenken bezüglich einer möglichen
Gefährdung von Tierarten durch die
Ökologischen Flutungen konnten ausge-
räumt werden. Aus naturschutzfachlicher
Sicht ist daher zur Schadensverminde-
rung bei Retention eine Fortführung der
Ökologischen Flutungen für die Anpas-
sung der Tierwelt zu befürworten. Die
festgestellten Entwicklungen werden
positiv bewertet. Auf den Flächen, die
von Ökologischen Flutungen nicht erreicht
wurden, waren diese positiven Entwick-
lungen nicht festzustellen.
Dies belegt die Notwendigkeit, die Öko-
logische Flutungen fortzuführen.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Auf den von Ökologischen Flutungen
erreichten Probeflächen leben auentypi-
sche, hochwassertolerante Kleinsäuger-
Gemeinschaften, die an naturnahe Über-
flutungen angepaßt sind. Auch die Be-
stände der meisten Brutvögel haben
sich unter dem Einfluß der Ökologischen
Flutungen positiv entwickelt: Viele Arten
haben ihre hohen Bestandsdichten ent-
weder halten oder vergrößern können.
Selbst bodennah brütende Arten wurden
durch die Ökologischen Flutungen nicht
beeinträchtigt. Hingegen nahmen durch
ungünstige landwirtschaftliche Nutzungs-
formen bei einzelnen Arten und ökolo-
gischen Gruppen die Bestandsgrößen ab.
Sechs der sieben im Raum vorkom-
menden Amphibienarten sind auenty-
pisch. Sie konnten ihre Bestände unter
den Bedingungen der Ökologischen Flu-
tungen im Untersuchungszeitraum
zumindest in der bisherigen Größe halten
oder vergrößern. Für eine auenuntypi-
sche Art besteht keine Besorgnis, da sie
außerhalb des Überflutungsbereichs weit
verbreitet ist.
Infolge der Ökologischen Flutungen
kam es zu einer Diversifizierung der
Gewässersohle. Faulschlammablagerungen
wurden ausgewaschen und der Gewässer-
grund in vielen Fließwasserstrecken
freigespült. In schnell strömenden Ab-
schnitten nahm die Artenvielfalt und der
Anteil von strömungsliebenden, auf Kies
und Sand laichenden Fischen und die
Vielfalt der Fischgemeinschaften zu.
Diese Entwicklungen sind auentypisch
und Erfolge der Ökologischen Flutungen.
Nach Ökologischen Flutungen verblei-
bende Restwasserpfützen enthielten
überwiegend Jungfische anspruchsloser
Arten und bewirkten keine Gefährdung
des Fischbestandes oder der Fangerträge.
Die Ökologischen Flutungen haben
zu einer Diversifizierung der Lebensge-
meinschaften des Makrozoobenthon
(Gewässerkleintiere) geführt. In zeitweilig
stark strömenden Abschnitten der Fließ-
gewässer haben sich strömungsliebende,
auf Hartsubstrat lebende Arten ange-
siedelt und in ihren Individuenzahlen
vermehrt.
Wasserstandsschwankungen in einem
Stillgewässer und die Dynamisierung der
Abflüsse in den Fließgewässesrn haben
sich positiv auf die Libellenfauna aus-
gewirkt. Populationen haben zugenommen
und es kam zu Neuansiedlungen bei vielen
auentypischen Libellenarten.
Ein geradezu augenfälliger Wandel
der zuvor nicht auentypischen Lauf-
käferfauna zu auentypischen Gemein-
schaften fand auf den von Ökologischen
Flutungen erreichten Flächen statt.
Es kam zu einer deutlichen Zunahme
der Arten- und Individuenzahlen.
Die Ökologischen Flutungen haben
sich positiv auf die Entwicklungen der
Schneckenfauna und der Spinnenge-
meinschaften ausgewirkt. Die intakten
Heuschreckengemeinschaften der
Pfeifengraswiesen belegen ebenfalls den
positiven Einfluß der Ökologischen
Flutungen.
Die bei den Ökologischen Flutungen
entstandenen Ufersteilwände wurden
von mehreren auentypischen Wildbie-
nenarten besiedelt. Hier steht die
Auenrenaturierung allerdings noch an
ihrem Anfang, da die Strömungsdynamik
zum Ausbilden größerer Steilwandkom-
plexe noch nicht ausreichte.
In den Poldern Altenheim haben die
Stechmücken (Rheinschnaken) durch
die Ökologischen Flutungen zugenommen.
Dies führte 1994 zu einer Belästigung
der Bevölkerung in den angrenzenden
Ortschaften. Mit Hilfe von Bekämpfungs-
maßnahmen der Kommunalen Aktions-
gemeinschaft zur Bekämpfung der
Schnakenplage e.V. (KABS) wurde die
Schnakendichten in den nachfolgenden
Jahren soweit reduziert, dass eine
Belästigung durch Rheinschnaken in den
Ortschaften nicht mehr auftritt.Gebänderte Prachtlibelle.
Nachtigall im Auenwald.
Laubfrosch.
Durch Ökologische Flutungen entstandenes Steilufer. Lebensraum für Eisvogel und Wildbienen.
Viele gefährdete,auentypische Artenwurden durch dieFlutungen gefördert.Bei allen untersuch-ten Tiergruppen haben sich auf denvon den ÖkologischenFlutungen erreichtenFlächen auentypischeGemeinschaften ent-wickelt.
➤ 1996Platynus assimilis
Agonum afrum
Bembidion tetracolum
Nebria brevicollis
Pterostichus anthracinus
Europhilus micans
Abax parallelus
Pterostichus niger
Pterostichus strenuus
Patrobus atrorufus
Pterostichus nigrita
Paranchus albipes
Bembidion schueppelii
Carabus granulatus
Loricera pilicornis
Cychrus caraboides
Bembidion dentellum
Abax parallelepipedus
Badister lacertosus
Bembidion biguttatum
Bembidion properans
Elaphrus cupreus
Oodes helopioides
Agonum viduum
Anisodactylus binotatus
Badister sodalis
Chlaenius nigricornis
Leistus ferrugineus
Pterostichus vernalis
Bestandsveränderungen auentypischer Laufkäferarten in Abhängigkeit von Ökologischen Flutungen
Auenuntypische Arten
Auentypische Arten
0 10 20 30 40 50 60
➤ 1995Agonum afrum
Platynus assimilis
Abax parallelus
Carabus granulatus
Paranchus albipes
Pterostichus anthracinus
Elaphrus cupreus
Bembidion tetracolum
Cychrus caraboides
Abax parallelepipedus
Nebria brevicollis
Europhilus micans
Pterostichus strenuus
Patrobus atrorufus
Pterostichus nigrita
Bembidion dentellum
Oodes helopioides
0 10 20 30 40 50 60
➤ 1993Abax parallelepipedus
Cychrus caraboides
Abax parallelus
Pterostichus anthracinus
Pterostichus strenuus
Pseudoophonus rufipes
0 10 20 30 40 50 60
D i e Z u k u n f t 1 9D i e E r g e b n i s s e1 8
B o d e n
Positive Auswirkungen der Ökolo-
gischen Flutungen konnten auch für die
Bodenfauna festgestellt werden. Bei
Regenwürmern, Springschwänzen und
anderen Kleinarthropoden haben sich
auentypische, überflutungstolerante
Lebensgemeinchaften entwickelt. Es fand
eine Anpassung an Überflutungen statt.
Insbesondere eine lang andauernde Öko-
logische Flutung im Jahr 1995 zeigte im
darauffolgenden Jahr positive Wirkungen
auf die Populationsentwicklungen, die
allerdings nur durch weitere Ökologische
Flutungen aufrechterhalten werden
können.
Die Entwicklung der Böden durch
eine auentypische Morphodynamik in
und entlang der Gewässer bereicherte
anfangs die Auenlandschaft.
Diese Veränderungen verebbten im Laufe
des Untersuchungszeitraumes aufgrund
der Beschränkung der Einlaufwasser-
menge und des zu schnellen Abbruchs der
Ökologischen Flutungen. Nachteilige
Veränderungen der Böden konnten nicht
ermittelt werden.
Die Ergebnisse aus den Schadstoff-
untersuchungen zeigten, dass während
des gesamten Untersuchungszeitraums
keine Anreicherung von organischen
und anorganischen Schadstoffen stattfand.
Aufgrund der relativ niedrigen Gesamt-
gehalte der anorganischen und orga-
nischen Schadstoffe, sowie der hohen
pH-Werte der Böden ist nur eine sehr ge-
ringe Mobilität und damit sehr geringe
Auswaschungsgefährdung und Pflanzen-
verfügbarkeit gegeben.
Die bisherigen Ökologischen
Flutungen bewirkten auf den landwirt-
schaftlichen Flächen keine großflächigen
Abtragungen der Bodenoberfläche.
In begrenztem Umfang kann kleinräumig
(Rinnen- und Muldenbereich) mit
Erosions- bzw. Umlagerungsprozessen ge-
rechnet werden. Auf den landwirtschaft-
lichen Flächen beschränken sich diese
Prozesse auf den Zeitpunkt des ab-
fließenden Wassers. Auf Grund der vor-
herrschenden feinsandig-schluffigen
Bodenarten kann es außerdem, in Ab-
hängigkeit von der Überflutungsdauer
und vor allem der Bodenbedeckung, zu
Verschlämmungen des Oberbodens
ackerbaulich genutzter Flächen kommen.
Auf den Waldflächen der Polder konnte
flutungsbedingt keine Erosion, aber in
geringem Umfang Sedimentation festge-
stellt werden. Durch Ökologische
Flutungen kann es auf landwirtschaftlich
genutzten Ackerflächen zu Änderungen
(Ab- und Zunahmen) der Nährstoffge-
halte kommen. Im allgemeinen hatten
diese Änderungen aber keine bis geringe
Auswirkungen auf das Düngungsniveau.
Die ZukunftDie Erkenntnisse aus den Un-
tersuchungen über die Aus-
wirkung der Ökologischen
Flutungen der Polder Alten-
heim haben bewiesen, dass
➤ Ökologische Flutungen für
die Wiederherstellung und
Erhaltung einer funktionie-
renden Aue unverzichtbar
sind und nur mit ihnen ein
umweltverträglicher Hoch-
wasserschutz gewährleistet
werden kann,
➤ Keine nachteiligen Verän-
derungen der Gewässer
(Fließgewässer, Baggerseen,
Grundwasser) und der
Schutzgüter Tiere, Pflanzen,
Böden zu befürchten sind.
Brauner Auenboden,kalkhaltig. Typischer Boden einerhohen Hartholzaue.
Die Ergebnisse aus den Schadstoff-untersuchungen zeigten, dass währenddes gesamten Unter-suchungszeitraums keine Anreicherungvon organischen undanorganischenSchadstoffen statt-fand.
Ökologische Flutungen.