Ausstrahlungseffekte einer Co-Branding Strategie ... · Klettersport. Mammut steht seit ihrer...
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Universität St. Gallen
Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
Ausstrahlungseffekte einer Co-Branding Strategie: Ingredient Branding von Innovationen
Referent: Prof. Dr. Torsten Tomczak
Bachelor-Arbeit Philippe Loup Oktober 2007
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Vorwort
Diese Arbeit wäre ohne die Kollaboration von spannenden Praxispartnern nicht zu Stande gekommen. Mein Dank geht in dieser Hinsicht insbesondere an Carlo Centonze, CEO der Firma HeiQ, der viel Impuls in diesem Projekt gebracht hat; und an Jürg Affolter, von der Firma Mammut für seine immer interessanten Marketinginputs. Ein spezieller Dank gilt für Katja Brundiers des Seed Sustainability Projekt, die die Zusammenarbeit zwischen den Praxispartnern und der Studentenseite mit Fingerspitzengefühl geleitet hat. Für die sehr nützlichen Einsichten über die Richtung dieser Arbeit bin ich auch Frau Antonia Erz vom Institut für Marketing und Handel an der Universität besonders dankbar.
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Inhaltsverzeichnis:
INHALTSVERZEICHNIS: ........................................................................................................................................ 2 TABELLEVERZEICHNIS: ....................................................................................................................................... 4 ABBILDUNGSVERZEICHNIS:................................................................................................................................. 4
1. EINFÜHRUNG............................................................................................................................................ 5
2. BESCHREIBUNG DES FALLES.............................................................................................................. 7
2.1. DIE FIRMA MAMMUT............................................................................................................................ 7 2.2. DIE FIRMA HEIQ................................................................................................................................... 7 2.3. DAS PROJEKT DES INGREDIENT BRANDING........................................................................................... 8
3. DAS BRANDING ........................................................................................................................................ 8
3.1. FUNKTIONEN EINER MARKE ................................................................................................................. 9 3.2. MARKIERUNGSSTRATEGIEN FÜR INNOVATIONEN ................................................................................10 3.3. INGREDIENT BRANDING: BEGRIFFSBEZEICHNUNG ...............................................................................12 3.4. INGREDIENT BRANDING ALS BRAND EQUITY LEVERAGING.................................................................14
WIRKUNGEN DES CO-BRANDINGS.............................................................................................................15
4. DESKRIPTIV-EXPLORATIVE MASTERTECHNIKEN.....................................................................17
4.1. DIE CO-BRANDING-TYPOLOGIE...........................................................................................................18 4.2. DIE EXPERTENBEFRAGUNG..................................................................................................................21
5. EXPLIKATIVEN MASTERTECHNIKEN .............................................................................................22
5.1. DAS STRUKTURMODELL ALS BEZUGSRAHMEN FÜR DIE WIRKUNGSANALYSE .....................................23 5.1.1. Wirkungsdimensionen ....................................................................................................................24
5.1.1.1. Co-Brand-Wirkungen .......................................................................................................................... 25 5.1.1.2. Spill-Over-Effekte ............................................................................................................................... 26
5.1.2. Zusammenhang zwischen Wirkungskategorien und Co-Brand-Typ ...............................................27 5.2. DIE THEORIE ALS MASTERTECHNIK.....................................................................................................30
5.2.1. Einstellungs- und Imagetheorien....................................................................................................31 5.2.1.1. Attributbasierte Einstellungsmodelle................................................................................................... 31 5.2.1.2. Einstellungstransfer ............................................................................................................................. 34 5.2.1.3. Veränderung von Einstellungen .......................................................................................................... 34
5.2.2. Kognitive Theorien.........................................................................................................................35 5.2.2.1. Grundmodelle der Markenwissensrepräsentation................................................................................ 35 5.2.2.2. Markenschemata.................................................................................................................................. 36 5.2.2.3. Beschreibungsmerkmale von Markenschemata................................................................................... 37 5.2.2.4. Schema-Veränderung .......................................................................................................................... 39
6. SPILL-OVER-EFFEKTE IN DEN AKTUELLSTEN STUDIEN..........................................................40
6.1. NEGATIVE INFORMATIONEN ................................................................................................................40 6.2. PRODUKT- UND MARKENFIT ................................................................................................................43
6.2.1. Einflussfaktoren des Co-Brand-Produkts.......................................................................................44 6.2.2. Ausstrahlungseffekte.......................................................................................................................45
6.3. WEITERE TEILASPEKTE........................................................................................................................46 6.4. IMPLIKATIONEN FÜR DIE PRAXIS..........................................................................................................49 6.5. IMPLIKATIONEN FÜR DIE UNTERSUCHTE FALLSTUDIE ..........................................................................51
7. FAZIT..........................................................................................................................................................52
QUELLENVERZEICHNIS:......................................................................................................................................54
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Tabelleverzeichnis:
TABELLE 1: CHARAKTERISTIKA VON NEUMARKEN- UND MARKENTRANSFERSTRATEGIEN, QUELLE: SATTLER, 2001
......................................................................................................................................................................11 TABELLE 2: ÜBERBLICK ÜBER DIE VERBREITETEN MASTERTECHNIKEN, QUELLE: BAUMGARTH, 2003 ..................17 TABELLE 3: MERKMALE DER VERSCHIEDENEN CO-BRAND-TYPEN, QUELLE: BAUMGARTH, 2003 .........................20 TABELLE 4: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN WIRKUNGEN UND ZIELBÜNDEL, QUELLE: BAUMGARTH, 2003 ..............28 TABELLE 5: HAUPTANSÄTZE ZUR BESCHREIBUNG DER CO-BRAND-WIRKUNGEN, QUELLE: BAUMGARTH, 2003 ...30
Abbildungsverzeichnis:
ABBILDUNG 1: MARKIERUNGSOBJEKT DES INGREDIENT BRANDINGS.....................................................................12 ABBILDUNG 2: PUSH- UND PULL-PRINZIP DES INGREDIENT BRANDING, QUELLE: PFÖRTSCH, 2006 .......................13 ABBILDUNG 3: KOLLABORATION-MATRIX, QUELLE: BLACKETT/RUSSELL, 1999 ..................................................18 ABBILDUNG 4: STRUKTURMODELL DES CO-BRANDINGS, QUELLE: BAUMGARTH, 2003.........................................24 ABBILDUNG 5: EXEMPLARISCHES ASSOZIATIVES NETZWERK, QUELLE: BAUMGARTH, 2003..................................36 ABBILDUNG 6: MARKENSCHEMA-ANSATZ, QUELLE: BAUMGARTH, 2003 ..............................................................38 ABBILDUNG 7: EINSTELLUNG-MODELL VON SIMONIN/RUTH 1998.........................................................................44 ABBILDUNG 8: HOMOGENE UND HETEROGENE CO-BRANDING-ARTEN, QUELLE HADJICHARALAMBOUS, 2001.....47
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„Obwohl mit dieser Strategie [Co-Branding] Chancen hinsichtlich der Spezialisierung bzw.
der Ausweitung der Bedeutungsinhalte von Marken und damit der Steigerung des
Markenwertes ausgeschöpft werden können, bestehen bei einer rein intuitiven Planung eines
Co-Brand-Produktes auch erhebliche Risiken. So kann durch negative Erfahrungen mit dem
Produkt oder die Übertragung inkongruenter Informationsbestandteile der einzelnen
Markenpartner eine Abnahme der Dichte bestimmter Assoziationen langfristig eine Erosion
der Markenstärke bewirken und damit eine Reduzierung des Markenwertes implizieren.“
Andres (2003)
1. Einführung
Heutzutage wird im internationalen Wettbewerb die Konkurrenzfähigkeit der Länder
miteinander auf der langen Sicht anhand ihres Innovationspotenzials evaluiert. Die
zunehmende Konkurrenzintensität erfordert neue Vermarktungsstrategien neuer Produkte. Die
Schweiz befindet sich an der Weltspitze der Forschung in vielen Branchen (Pharma,
Biotechnologie, Nanotechnologie…) und in ihren Universitäten werden eine Vielzahl an
Innovationen entwickelt. Allerdings verfügt man hier oft nicht auf die erforderliche
Vermarktungsexpertise und mit der Unterstützung durch Großkonzerne kann nicht gerechnet
werden. Die Zusammenarbeit mit industriellen Partnern bildet für solche Innovationen oft den
einfachsten Weg, um in breiter und schneller Weise auf den Markt gebracht zu werden. Ohne
die industrielle Expertise und Ressourcen, stellt für die Forscher die Gründung einer Startup-
Unternehmung eine andere Möglichkeit dar. Die begrenzt zur Verfügung stehenden
Ressourcen erfordern eine andere Strategie. Die Fokussierung auf einen Teil der gesamten
Industriewertschöpfung erlaubt dank Kollaborationen mit etablierten Unternehmen einen
schnelleren und breiteren Vertrieb als bei einer selbstständigen Vermarktung. Im Gegensatz
zu computerbasierten Innovationen können chemische Erfindungen nicht von der
Allgegenwart des Internets profitieren, um ihren Vertrieb zu gewährleisten. Unternehmens-
gründer im nanotechnologischen Bereich sind mit der Ressourcenknappheit und einem
physischen Absatz konfrontiert und sind deswegen sehr geneigt eine Kollaboration mit einem
etablierten Partner einzugehen. Am Beispiel einer jungen Unternehmung im
nanotechnologischen Bereich wollen wir die Ingredient Branding-Strategie untersuchen und
deren Wirkungen auf den kollabierenden Marken. Die vorliegende Bachelor-Arbeit wird sich
der Einschätzung der Opportunitäten und Gefahren einer Kollaborationsstrategie zwischen
einem nanotechnologischem Start-up-Unternehmen und einem industriellen Partner widmen.
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Die Arbeit wird sich insbesondere auf die Mechanismen einer Ingredient Branding Strategie
und ihrer gegenseitigen Ausstrahlungseffekte konzentrieren.
Im Rahmen eines Ingredient Brand erweist sich die Einführung eines neuen Investitionsgutes,
dessen Eigenschaften und Qualität völlig unbekannt sind, als ein einzigartiges und kaum
erforschtes Phänomen. Die Literatur hat sich bisher sehr viel mit der Markenführung bereits
bestehender Markenartikel aber hingegen wenig mit der Einführung von echten Innovationen
beschäftigt. Die Literatur zum Ingredient Branding eignet sich zur Erklärung der strategischen
Überlegungen hinter solchen Strategien, aber konzentriert sich meist auf den Fall des
Brandings einer bereits bekannten und erkannten Zuliefermarke und ihres Einflusses auf die
Kommunikation des Endproduktherstellers. Es wird angenommen, dass der Endhersteller von
dem positiven Image des Ingredient Herstellers profitieren kann. In der Tat ist es oft unklar
welche Marke von dem gemeinsamen Auftritt beim Konsument zu gewinnen hat. Weiterhin
wird der positive Beitrag des Ingredient Brands vorausgesetzt und infolgedessen das
Ingredient Branding einer Innovation ausgenommen. Deswegen eignet sich die entsprechende
Theorie wenig zur kritischen Beobachtung des aufeinander wirkenden Markenimage. Es muss
deshalb auf andere Gebiete der Forschung, beispielsweise auf das Co-Branding und die
Markentransfers zurückgegriffen werden und diese für die Problemsituation dieser Arbeit
angepasst werden. Multiple Faktoren und Variablen müssen hier bei der Markierung dieses
Produktes betrachtet werden: die Beziehung zum Endprodukthersteller, zum Endkonsument,
die Wechselwirkungen der Komponentemarkierung mit der Marke des Endproduktes, die
Faktoren dieser Wechselwirkungen. Was ist Ingredient Branding? Was sind die Gründe für
einen Ingredient Branding? Was haben die Beteiligten in dieser Strategie zu gewinnen? Was
sind die Prozesse der Ausstrahlung? Welches sind die resultierenden Ausstrahlungseffekte?
Worauf muss man aufpassen, um die Ausstrahlungseffekte entweder zu minimieren oder zu
kontrollieren?
Zuerst wird der Begriff des Ingredient Brandings und die Besonderheiten des Brandings einer
Innovation definiert und erörtert. In einem zweiten Schritt werden die Wirkungen einer Co-
Brand-Strategie präsentiert. Drittens wird der gegenwärtige Stand der Forschung im Bereich
der Ausstrahlungseffekte bei Co-Branding Strategien vorgestellt und auf die Fallstudie
angewendet.
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2. Beschreibung des Falles
Um die Aussagekraft einer Fallstudie zu gewährleisten sollte wissenschaftliche Richtlinien
berücksichtigt werden. Im Idealfall sollte die Gestaltung einer Reihenfolge von Schritten
folgen, damit die generellsten und bedeutendsten Konklusionen aus der Fallstudie gezogen
werden können. Nach der Designphase, in der die Forschungsfragen formuliert und die
Unternehmungen nach ihre Eignung ausgewählt werden, kommt die Vorbereitungsphase, die
Durchführung, die Analyse und schließlich die Dokumentation. (Yin, 1994)
Die Gestaltung der vorliegenden Arbeit konnte leider aus praktischen Gründen nicht entlang
dieser idealen Richtlinien erfolgen. Die zu untersuchenden Unternehmen haben sich vor der
Formulierung der Forschungsfragen angeboten und die Orientierung der Arbeit bedingt, was
aber die Validität der Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit nicht beeinträchtigen sollte.
Trotz dieser Einschränkungen wird eine Beschreibung der zwei beteiligten Unternehmen, auf
die die Arbeit gerichtet ist, ein klares Verständnis der verschiedenen, folgenden Ansätze und
Argumente erleichtern.
2.1. Die Firma Mammut
Die Firma Mammut produziert und vermarktet Bergsportartikel, von Kletterseilen bis zu
Lawinensuchgeräten. Die Marke existiert seit dem neunzehnten Jahrhundert und war
ursprünglich auf hoch qualitative Seile für den Klettersport konzentriert. Seit den sechziger
Jahren haben sie ihr Angebot ausgeweitet und decken die gesamte Ausrüstungspalette für den
Bergsport ab. Mit Hauptsitz in der Schweiz vermarktet Mammut ihre Produkte hauptsächlich
in Europa und in den Vereinigten Staaten. In der Schweiz, Deutschland und Österreich
genießt die Marke einen hohen Bekanntheitsgrad und zählt zu den Marktführern im
Klettersport. Mammut steht seit ihrer Gründung für hohe Qualität und ihr ist ein hohes
Vertrauen von den Konsumenten gutgeschrieben. Die Kundschaft von Mammut wird von
anspruchsvollen Extremsportlern sowie von qualitätsbewussten Amateuren und
Sportfreudigen, die einen aktuellen und sportlichen Schnitt der Kleidungen suchen, geschätzt.
2.2. Die Firma HeiQ
Die Firma HeiQ ist eine Schweizer Start-Up, die eine nanotechnologische Erfindung zu
vermarkten beabsichtigt. Impuls für die Unternehmung war die Erfindung eines
Herstellungsprozess, der eine dauerhaftere und effizientere Einsetzung von Nanopartikeln von
Silber ermöglicht. Die bakteriziden Effekte der Nanopartikel von Silber sind längst bekannt
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und bereits von anderen Unternehmungen als Zusatz für Textilien vermarktet worden. In
dieser Hinsicht beruht die Innovation auf einem neuen Herstellungsprozess, der das
aggregierende Verhalten der Silberpartikel verhindert und eine Einsetzung in sowie auf
künstlichen Fasern erlaubt. Die Anwendungsmöglichkeiten begrenzen sich nicht auf Textilien
und diese Nanotechnologie konnte die bakterizide Wirkung von chemischen Stoffen ersetzen.
2.3. Das Projekt des Ingredient Branding
Die Firma Mammut herstellt Unterwäsche für eine sportliche Benützung, die die bakterizide
Eigenschaft von Silberpartikeln gebrauchen konnte, da damit die durch eine intensive
sportliche Aktivität produzierte Gerüche mindert werden konnten.
Diese Kollaboration mit Mammut wäre für die Firma HeiQ die erste Kollaboration dieser
Bedeutung und würde einen Test für das Geschäftsmodell darstellen. HeiQ stehen erhebliche
Ungewissheiten in der Produktion gegenüber, da die Wirkung der Nanopartikeln wegen
unkompatiblen chemischen Produktionstechniken von Textilienzulieferer vernichtet werden
kann.
Des Weiteren sind die Nanotechnologien in der Öffentlichkeit von der Ignoranz und Angst
vor der Neuigkeit gefährdet. Obwohl die bestehende Forschung keine negativen Wirkungen
den angewendeten Nanotechnologien zuschreiben konnte, herrscht ein vorsorgliches
Misstrauen gegenüber den frischen Erfindungen, das eine erfolgreiche Zukunft behindern und
ungewünschte Rückwirkungen auf Mammut haben konnte.
In diesem Zusammenhang ist die Eignung eines Ingredient Branding und die möglichen
Verbindungen und Gefahren von der Kollaboration zu untersuchen.
3. Das Branding
Das Brand (oder Marke) ist ein Zeichen, das die wahrgenommenen Eigenschaften eines
Produktes oder einer Leistung zusammenfasst und das Unternehmen in ihrer Kommunikation
mit dem Konsument hilft. Die Markierung verstanden als Strategie wird vornehmlich durch
das Produktimage, den Werbedruck bzw. die gesamte Kommunikationspolitik und die
Stellung im Absatzkanal bestimmt. (Meffert, 2000) Auch in Fällen, in denen Nachfrager nicht
hinreichend über das Produkt informiert sind, kann eine derartige “psychologische
Differenzierung“ Kaufpräferenzen zugunsten des eigenen Unternehmens beeinflussen
(Mintzberg 1988)
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Laut Meffert und Burmann (1996) sind vier zentrale Anforderungen zu erfüllen, damit eine
Marke wettbewerbsdifferenzierend wirkt: „Es muss zunächst eine einmalige Botschaft über
die Eigenschaften des Produktes zu Ausdruck bringen. Diese Botschaft muss glaubwürdig
sein […] und auf unverwechselbare Art vermittelt werden. Schliesslich muss das
Markenimage kommunikativ intensiv umgesetzt werden.“
Esch und Langner (2001) weisen auf das gesteigerte Bedürfnis für eine Markierung in auf
gesättigten Märkten mit qualitativ austauschbaren Produkten auf, weil die Marke eine zentrale
Rolle als Mittel zur Differenzierung von der Konkurrenz spielt. Besonders auf gesättigten
Märkten mit ihren qualitativ austauschbaren Produkten kommt dem Branding als mittel zur
Differenzierung von der Konkurrenz eine zentrale Bedeutung zu. Unter Branding werden
deshalb alle Maßnahmen verstanden, die dazu geeignet sind, ein Produkt aus der Masse
gleichartiger Produkte herauszuheben und die eine eindeutige Zuordnung von Produkten zu
einer bestimmten Marke ermöglichen.
3.1. Funktionen einer Marke
Vor dem Hintergrund der Informationsüberflutung erfüllt die Marke für die Konsumenten
verschiedene Funktionen (Meffert, 2000):
- Identitätsfunktion. Die Marke erlaubt die Erinnerung der markierten Leistungen.
- Orientierungshilfe. Die Marke bietet dem Konsument einen Vergleichspunkt bei der
Auswahl von Leistungen.
- Vertrauensfunktion. Eine Marke ist ein stabiles Konstrukt, die konstante
Eigenschaften einer Leistung signalisiert. Das Vertrauen muss im Zusammenhang mit
einer Qualitätsvermutung und einer Prestigefunktion betrachtet.
Für die Unternehmung dient die Markenpolitik anderen Zielen, wie die Absatzerhöhung, eine
Differenzierung gegenüber der Konkurrenz, einen positiven Effekt auf das
Unternehmensimage, die Kundenbindung (-treue) und schliesslich eine Wertsteigerung des
gesamten Unternehmens. „Die Erreichung dieser Ziele erfordern eine aktive Markenpolitik,
da die dynamische Entwicklung des Umfeldes grosse Herausforderungen an die Marke stellt“
(Meffert, 2000).
„Wichtig ist, dass der Beitrag zu Markenaufbau durch Markierung und durch Kommunikation
nicht losgelöst voneinander betrachtet werden kann. Vielmehr ist idealerweise ein „Fit“
zwischen beiden Bereichen zum Markenaufbau sicherzustellen. Im besten Fall entsprechen
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die Markierung und die Kommunikation in Bezug auf ihre imagemässige Bedeutung
einander. Dadurch kann schneller, kostengünstiger und vor allem konstanter ein
Markenaufbau erfolgen.“ (Esch und Langner, 2001)
3.2. Markierungsstrategien für Innovationen
Esch und Langner (2001) identifizieren drei Gründe für ein Branding. Erstens im Fall einer
Akquisition oder Fusion zwei Unternehmen wird die Marke geändert, da die beiden
Unternehmen unter dem gleichen Namen anschliessend geführt werden. Der aus den
fusionierenden Marken resultierende Markenwert ist in der Literatur aber sehr umstritten.
Demnächst begünstigt die Internationalisierung und Standardisierung der Vermarktung die
Erzielung Synergien und die Eroberung neuer Märkten. Schliesslich wird eine Markierung
durch der Einführung neuer Produkten bedingt, die einen geringen Fit mit dem bestehenden
Angebot und einen grossen Innovationspotenzial erweisen.
Die hauptsächlichen Alternativen bei der Gestaltung von Markenstrategien für Neuprodukte
bestehen in einer Neumarken- und einer Markentransferstrategie. Eine Neumarkenstrategie ist
dadurch gekennzeichnet, dass für das neue Produkt ein aus Sicht von (potentiellen)
Nachfragern vollkommen neues Markenzeichen entwickelt wird. Die Einführung neuer
Produkten ist mit sehr hohen Kosten und Risiken verbunden. Sattler (1997) schätzt, dass in
Deutschland für eine nationale Einführung eines neuen kurzlebigen Konsumgüterprodukts
zwei- bis dreistellige DM-Millionen-Investitionen in die Marke zu veranschlagen sind.
Bei der Markentransferstrategie (synonym Markendehnungs-Strategie oder Brand-Extension-
Strategie) wird hingegen ein im Markt etabliertes Markenzeichen für das neue Produkt
verwendet, d. h. es wird eine bekannte Marke auf ein Neuprodukt transferiert bzw.
ausgedehnt (Sattler 2001).
Die Markentransferstrategie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein etabliertes Markenzeichen
auf ein neues Produkt übertragen wird. Hierdurch wird es möglich, Kenntnisse (insbesondere
in Form von Bekanntheitsgrad und Image), die Nachfrager hinsichtlich einer etablierten
Marke in der Vergangenheit gesammelt haben, auf das Neuprodukt zu transferieren. Das für
den Markentransfer eingesetzte etablierte Markenzeichen kann entweder im Unternehmen des
betrachteten Herstellers bereits vorhanden sein oder aber unternehmensextern erworben
werden. ((Unternehmensakquisition, Lizenzerwerb, Franchise-Kontrakt))
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Kriterium Neumarkenstrategie Markentransferstrategie
Gestaltungsfreiheit Hoch Niedrig
Markenposition
Zeitbedarf
Investitionen
Neu zu entwickeln
Hoch
Noch
Vorhanden
Gering
Mittel
Markenzeichen Neu zu entwickeln i.d.R. vorhanden
Wechselwirkungen durch
Informationsverbund
Zunächst nicht zu beachten Zu beachten
Tabelle 1: Charakteristika von Neumarken- und Markentransferstrategien, Quelle: Sattler, 2001
Als zentrales Problem muss schließlich berücksichtigt werden, dass bei der Beurteilung der
Vorteilhaftigkeit einer Markenstrategie für neue Produkte nicht nur der Neuproduktmarkt
relevant ist, sondern auch weitere Märkte von Interesse sind, auf welche die Markenstrategien
wirken oder potentiell wirken können. So muss beispielsweise beachtet werden, dass eine im
Weg der Neumarkenstrategie für den Neuproduktmarkt entwickelte Marke auf weitere Märkte
transferiert werden und dort eine zusätzliche Wertschöpfung erzielen kann.
Sattler (1998) hat in seiner Studie über die Markentransfer als wichtige Erfolgsfaktoren
folgende Konstrukte erkannt:
- Fit (Ähnlichkeit) zwischen Markentransfer un Muttermarke,
- Subjektive Qualitätseinschätzung der Muttermarke durch potentielle Nachfrager,
- Historie vorangegangener Markentransfers der Muttermarke,
- Charakteristika der Produktkategorie des Markentransfers und
- Art der von der Muttermarke auf den Markentransfer transferierten Informationen.
Auf Basis dieser (sowie weiterer) Erfolgsfaktoren lassen sich Checklisten konstruieren, mit
deren Hilfe Wahrscheinlichkeitsaussagen über den Erfolg geplanter Markentransfers
abgeleitet werden können. (Sattler, 1998) Ein Schwachpunkt dieser Forschung besteht jedoch
darin, dass über diese Erfolgswahrscheinlichkeiten hinaus kaum Aussagen zum monetären
Wertschöpfungspotential eines Markentransfers getroffen werden. Hinsichtlich des Auftretens
möglicher negativer Rückwirkungen eines Markentransfers auf die Muttermarke kommen
Keller und Aaker (1992) zu dem Ergebnis, dass keine negativen Rückwirkungen auftreten.
Allenfalls kann es dann zu negativen Rückwirkungen kommen, wenn ein Markentransfer mit
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geringem Fit durchgeführt wird. Dieses Ergebnis ist allerdings nicht signifikant. Die
wesentliche Einschränkung dieser Befunde besteht darin, dass über die vorgenommenen
Messungen typischerweise lediglich kurzfristige Effekte gemessen werden können. Teilweise
treten negativen Rückwirkungen jedoch erst nach Jahren auf. Bsp. Miller High Life (Aaker,
1991). Diese Frage wird im Kapitel 3 in die Tiefe analysiert.
3.3. Ingredient Branding: Begriffsbezeichnung
Der Forschungsgebiet Ingredient Branding befindet sich am Kreuzungspunkt von mehreren
Themen, die die gleichen Gegenstände unter unterschiedlichen Begriffen oder unterschied-
liche Phänomenen unter denselben vagen Begriff abordnen. Grundsätzlich bezeichnet das
Ingredient Branding die Markierung von Komponenten oder Investitionsgüter. Nach
Freter/Baumgarth: „lässt sich Ingredient Branding zunächst als Übertragung der
Markenartikelpolitik aus dem Konsumgüter- auf das Produktionsgütermarketing
charakterisieren.“
Abbildung 1: Markierungsobjekt des Ingredient Brandings
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Durch das Ingredient Branding richtet der Teil-, Einsatzstoff-. Rohstofflieferant seine
Marketingmaßnahmen nicht an seine unmittelbaren Kunden, sondern an die Endkonsumenten,
obwohl sie nicht seine Leistung oder Produkt kaufen werden. Es handelt sich um ein
mehrstufiges Marketing, da „alle Nachfrager der folgenden Marktstufen bis hin zum
Endkunden in das Marketing eines Vorproduktes einbezogen werden.“(Pförtsch, 2006). Die
damit verbundene Überlegung wird Pull-Strategie genannt, und zielt einen Nachfragesog
(Pull-Throught-Effect) beim Konsument zu erzeugen. Im Gegenteil richtet sich eine einstufige
Markenpolitik ausschließlich auf der unmittelbar folgenden Marktstufe und durch eine Push-
Strategie versucht einen Druck auf den Abnehmer auszuüben. Nach Pförtsch (2006) versteht
man unter Ingredient Branding die strategische Markenführung von Produktionsgütern im
B2B-Bereich, die sich beim Endkunden durch die Markierung einzelner Produkt- oder
Systemkomponeneten in der Marke des Endproduktherstellers bemerkbar macht.
Abbildung 2: Push- und Pull-Prinzip des Ingredient Branding, Quelle: Pförtsch, 2006
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Bugdahl (1996) schreibt, dass Bestandteile eines Produktes bekannter als Produkt selbst
werden. Der Bestandteil wird zum Auslöser der Kaufentscheidung zugunsten des ganzen
Produktes.
In einer dynamischen Betrachtung erkennt Bugdahl vier Stufen der Entwicklung eines
Ingredient Brands:
1. Kreditaufnahme, Rufausbeutung: In dieser ersten Phase nutzt der Zulieferer die
Bekanntheit des Endproduktherstellers zur Etablierung seiner Marke aus und gewährt
im Gegenteil Preisnachlässe oder Werbekostenzuschüsse.
2. Durchbruch und Bewährung: Die unbekannte Ingredient-Marke wird bekannt
3. Kreditrückzahlung, Synergie: Auf der dritten Stufe bringt die Ingredient-Marke dem
Endhersteller einen signifikanten Wert.
4. Fiesco-Effekt: Das Ingredient-Brand ist allgegenwärtig und nicht mehr
Unterscheidungsmerkmal.
3.4. Ingredient Branding als Brand Equity Leveraging
Verstanden als einen der wertvollsten Vermögensgegenstände eines Unternehmens kann die
Marke wirksam eingesetzt werden, um daraus den maximalen Ertrag zu beziehen. Dieser
Vorgang wird in der engelsächsischen Literatur als leveraging bezeichnet und steht im
Mittelpunkt zwei klassischer Ansätze, die folglich vorgestellt werden.
Das leveraging der Marke kann nach drei Richtungen laut Aaker (1996) erfolgen:
Linienerweiterungen, Markenausdehnung, Markenerweiterung und Co-Branding.
Die Einführung eines neuen Produktes in dieselbe Produktkategorie wird als
Linienerweiterung bezeichnet. Diet Coke z.B. half die Auffrischung des Markenimages von
CocaCola (Rid und Sigurdsson, 2004)
Eine Markenausdehnung erfolgt entweder nach oben (höhere Qualität) oder nach unten
(geringer Qualität). Die Begründung dafür ist eine bessere Deckung der Bedürfnisse
verschiedenen Kundengruppen, wobei die Gefahr eines Markenschadens besteht.
Untermarken eignen sich, um diese Gefahr zu reduzieren. Diese Option ermöglicht eine
billigere und schnellere Wahrnehmungsgewinnung für die neuen Produkten.
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Die Markenerweiterungen bezeichnet die Einführung von Produkten in neue
Produktkategorien unter der gleichen Marke.
Zuletzt das Co-Branding wird als die Assoziation zweier Marken definiert, wobei das
Ingredient Branding den Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit bildet.
Laut Keller (2003) kann eine Marke durch eine Auswahl von Markenelemente
(Markenzeichen, Symbolen, Slogan, usw.), durch Marketingaktivitäten oder durch das
leveraging mit sekundären Markenassoziationen aufgebaut werden. Leveraging der Marke
heißt neue psychische Assoziationen in der Wahrnehmung der Konsumenten für die Marke
bei Zusammenarbeiten mit externen Entitäten zu kreieren. „Markenwert“ baut auf das
Ausleihen von Eigenschaften aus Gebieten, die für die eigene Marke in kürzerer Zeit
unerreichbar sind. Die Kollaboration mit Entitäten aus externen Gebieten erlaubt eine
Differenzierung der Marke aus dem Wettbewerb.
Die aus der Kollaboration erzeugten Assoziationen sollen die Wahrscheinlichkeit der
Konsumentenwahl erhöhen. Die Kollaboration kann auch zu einer Veränderung bzw. Störung
der originellen Assoziationen, die das Markenimage bilden.
Keller (2003) identifiziert drei wertvolle Eigenschaften einer externen Entität: eine positive
Auswertung, adäquate Assoziationen und die Übertragbarkeit dieser Assoziationen.
Dieser Ansatz passt nicht nur zum Ingredient Branding oder zum Co-Branding zu: das
Unternehmen selbst, das Herkunftsland, Absatzkanälen, Persönlichkeiten, berühmte
Markensprecher, Veranstaltungen und so weiter können auch zur Gestaltung des
Markenimage beitragen.
Wirkungen des Co-Brandings
In einem zweiten Schritt der vorliegenden Arbeit, werden die theoretischen Grundlagen
vorgestellt, die das Verständnis und eine kritische und strukturierte Analyse der Wirkungen
im Fall HeiQs ermöglichen. Aufbauend auf der Arbeit von Baumgarth (2003), der die
gesamte Co-Brand-Literatur durchgeht, werden im folgenden Kapitel die grundlegenden
Ansätzen und Definitionen vorgestellt, die sich für die Analyse der Situation HeiQ eignen.
Zuerst werden die Ansätze kategorisiert, um dann die Ansätze und Forschungsarbeiten
auszuwählen, die sich insbesondere auf einen Aspekt des Falls HeiQs konzentrieren.
Abschließend werden Untersuchungen vorgestellt, die als Grundmodelle der heutigen Co-
Brand-Forschungsrichtungen betrachtet werden.
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Die konsistente Analyse und Kritik der existierenden Literatur und der Forschungsergebnisse
bilden die Grundlage jeglicher Forschungsarbeit, da das Risiko für die Forscher besteht,
überholte Forschungsroutinen, die das Erkenntnisinteresse der Marketingwissenschaft
vernachlässigen, zu übernehmen.
Baumgarth (2003) definiert eine Mastertechnik als eine Gruppe von Ansätzen, die sich durch
Ähnlichkeiten der Erkenntnisgewinnung auszeichnen. Eine Technik wird nur dann als
Mastertechnik bezeichnet, wenn sie regelmäßig für unterschiedliche Problemstellungen
innerhalb eines Wissenschaftsgebietes Anwendung findet. „Schließlich zeichnet sich eine
Mastertechnik durch eine charakteristische Kombination von Hilfstechniken aus den
Bereichen Erhebung, Auswertung und Interpretation aus, wobei innerhalb einer Mastertechnik
häufig Alternativen bestehen.“ Baumgarth (2003)
Zur Klassifizierung der verschiedenen Mastertechniken bieten das Validity Network Schema
und die Unterscheidung zwischen verschiedenen Wissenschaftszielen, zwei komplementäre
Ansätze an:
- Das Validity Network Schema von Brinberg/McGrath (1982) stellt einen Bezugsrahmen zur
Charakterisierung positivistisch-orientierter Mastertechniken dar. „Das VNS beschreibt den
Forschungsprozess als eine Kombination aus den drei unabhängigen Bestandteilen Theorie,
Methode und Problem. Ein Forschungsprozess kommt dadurch zu Stande, dass ein Forscher
zunächst ein Element des VNS mit einem anderen kombiniert und daran anschließend den
dritten Bereich integriert.“ Ferner wie von Baumgarth (2003) angemerkt, sind
Mastertechniken definitionsgemäß unabhängig von der Problemstellung. Infolgedessen sind
Theorie oder Methode, die ausschließlichen Alternativen für eine Kategorisierung von
Mastertechniken.
- Des Weiteren lassen sich die Ziele der Wissenschaft in drei Hauptgruppen zusammenfassen:
deskriptive, explikative und technologische Ziele. Die technologischen Ziele sind im
Verhältnis zu der bestehenden Co-Brand-Forschung von geringer Bedeutung und werden
daher bei Seite gelassen.
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Aufbauend auf den beiden dargestellten Dimensionen lässt sich eine zweidimensionale Matrix
ableiten. Die in der Abbildung dargestellte Matrix beinhaltet die elf von Baumgarth (2003)
behandelten Mastertechniken.
Zielsetzung
Deskriptiv-explorativ Explikativ
Theorie - Terminologie - Sekundäranalyse
- Analogie - Theorie
Forschungs- schwerpunkt
Methode
- (Realtypische) Taxonomie - Fallstudie - Expertenbefragung
- Qualitative Routine - Replikation - (Labor)experiment - Erfolgsfaktorenforschung
Tabelle 2: Überblick über die verbreiteten Mastertechniken, Quelle: Baumgarth, 2003
Die folgenden Abschnitte stellen die Ergebnisse der deskriptiv-explorativen und der
explikativen Mastertechniken vor, die die Co-Branding-Forschung wesentlich beeinflussen
und zu unseren Untersuchung signifikant beitragen. Die anderen Mastertechniken werden
nicht berücksichtigt, da diese trotz breiter Anwendungsmöglichkeiten und signifikanter
Erkenntnisse keinen Beitrag zur Untersuchung der Ausstrahlungseffekte oder zum
theoretischen Verständnis des Co-Branding leisten.
4. Deskriptiv-explorative Mastertechniken
Die Terminologie-Forschung definiert und grenzt die zahlreichen in der Literatur
angewandeten Begriffe voneinander ab. Laut Baumgarth (2003), führt die terminologische
Mastertechnik „auf der Basis der bisherigen Definitionsansätze des Co-Branding sowie der
Diskussion der beiden Wortbestandteile Kooperation und Markenpolitik zu folgender
Definition des Co-Brandings:
„Co-Branding ist die systematische Markierung einer Leistung durch mindestens zwei
Marken, wobei alle sowohl für Dritte wahrnehmbar als auch weiterhin eigenständig auftreten
müssen.“
Diese breit gefasste Definition legt die generelle Schwierigkeit der Literatur eine brauchbare
Definition zu formulieren dar. Diese Definition erleichtert kaum die Analyse konkreter
Situationen, die zwischen den Ebenen der strategischen Entscheidung, der
Kundenwahrnehmung, der Implementierung des Co-Brandings usw. unterscheiden müssen.
Deswegen wurde der gewählte Co-Brand-Begriff gegenüber verwandten Termini auf der
Kommunikations-, Marken- und Unternehmensebene abgegrenzt. Dabei zeigt sich, dass Co-
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Branding eine spezielle Ausprägung des Co-Marketings und der Brand Alliances darstellt und
dass das Composite-Branding wiederum eine spezielle Unterform des Co-Branding bildet.
Weiterhin weisen die Begriffe Co-Promotion, Product Placement, Ingredient Branding,
Bundling, Markenlizenz, Dual Branding, Symbiotic Marketing, Kontraktmarketing und
Mergers & Acquisitions Überschneidungen mit dem Co-Branding auf.
4.1. Die Co-Branding-Typologie
Die Typologien ordnen verschiedene Typen von Co-Branding ein und stellen Grundmodelle
des Co-Branding vor. Weitere Forschung wird dadurch erleichtert, dass eng zueinander
stehende Begriffe voneinander abgegrenzt werden. Im Folgenden werden zwei Typologien
des Co-Brandings vorgelegt und eingeschätzt.
Blackett/Russell (1999) teilen die verschiedenen Formen von Kollaborationen zweier Marken
entlang zwei Dimensionen ein: erstens die Dauer der Zusammenarbeit, zweitens den von der
Zusammenarbeit geschaffenen Wert. Die Kombination dieser zwei Dimensionen lässt sich in
einer Matrix abbilden:
hohe
Co-Branding Joint Venture Gemeinsame
Wertschöpfung
geringe Co-Promotion
Allianz
kurze lange Dauer
Abbildung 3: Kollaboration-Matrix, Quelle: Blackett/Russell, 1999
Nach dem Ansatz von Blackett und Russell grenzt sich das Co-Branding von anderen
Kollaborationsformen ab, indem es eine mittlere bis lange Dauer und ein mittleres bis hohes
Wertschöpfungspotential aufweist.
Die Einfachheit dieses Ansatzes ist durch die Existenz zahlreiche Zwischenfälle
eingeschränkt. Insbesondere ist eine Typologie, die ausschließlich auf zwei Merkmalen
basiert, unterliegt der Kritik der Praxis, für die anderen Merkmale relevanter sind. Die Frage
der kollabierenden Marke oder der einzusetzenden Maßnahmen wird von dieser Typologie
ausgeschlossen.
Aufbauend auf dem terminologischen Ansatz entwirft Baumgarth (2003) eine eigene
Typologie, die weitere Merkmale einbezieht. Diese Typologie basierte auf 103 realen Co-
19
Brand-Beispielen, die anhand von zwölf Merkmalen beschrieben werden. Dabei sind vier
Typen von Strategien erkannt worden:
- Innovations-Co-Brand,
- Promotion-Co-Brand
- Ingredient Brand,
- Multi-Co-Brand.
Die Basis zur empirisch-progressiven Typologisierung des Co-Branding bilden verschiedene
Merkmalskataloge zur Systematisierung von Kooperationen und Marken sowie die
vereinzelten Ansätze zur Systematisierung des Co-Branding.
Diese Typologie ermöglicht Einsichten in die häufigsten Kombinationen der zwölf
untersuchten Merkmale. Die auf realen Beispielen basierende Typologie bildet keinen
Katalog von fertigen Strategien, da Zwischenfällen existieren, die nicht allen Eigenschaften
entsprechen.
Ergebnis der Typologisierung
Als charakteristische Merkmalsausprägung eines Clusters wurde jeweils die Ausprägung mit
der höchsten Häufigkeit gewählt. Falls zwei Ausprägungen ähnlich hohe Häufigkeiten in
einem Cluster aufwiesen, wurden beide Ausprägungen als typisch für das jeweilige Cluster
angegeben. Weiterhin wurden aus den 103 Beispielen typische Vertreter identifiziert sowie
eine Bezeichnung der Cluster vorgenommen. Zur näheren Charakterisierung der Vierer-
Clusterlösung wurde anschließend eine deskriptive Analyse unter Verwendung von
Kreuztabellen durchgeführt. Die Folgende Tabelle fast die Ergebnisse zusammen.
20
Name Innovations
-Co-Brand Promotion- Co-Brand
Ingredient Brand
Multi-Co-Brand
Anzahl der marken Zwei k.A. k.A. Zwei Richtung der Zusammenarbeit
Horizontal Lateral/ horizontal
Horizontal/ vertikal
Lateral
Markenstärke Gleich Gleich Gleich k.A. Verhältnis der Marken nach aussen
k.A. Nicht gleichberechtigt
k.A. Gleichberechtigt
Hauptlink der Markenverbindung
Technisch-funktional
k.A. Technisch-funktional
Symbolisch- emotional
Leistungsintegration Hoch k.A. Hoch Hoch Innovationshöhe der Leistung
Neu/modifiziert
Vorhanden Vorhanden Vorhanden/ modifiziert
Zeitdauer Unbefristet Befristet Unbefristet Unbefristet Anzahl der Co-Brands
k.A. k.A. k.A. Mehr als ein
Transferart Brand Extension
Line Extension Line Extension k.A.
Clustergrösse 16 25 27 35 Beispiel Philishave
Cool Skin von Philips
& Nivea
Ford Ka-Lufthansa
Gore-Tex & Schäffel
Fit for Fun & Homann-
Brotaufstrich
Tabelle 3: Merkmale der verschiedenen Co-Brand-Typen, Quelle: Baumgarth, 2003
Der Typ Innovations-Co-Brand zeichnet sich durch eine große Innovationshöhe aus, wobei
die Co-Brand-Leistung i.d.R. für alle beteiligten Marken einen entfernten Transfer darstellt.
Weitere Merkmale dieses Clusters sind die Unbefristetheit der Zusammenarbeit sowie die
Fokussierung auf technisch-funktionale Zusammenhänge zwischen den beteiligten Marken.
Der Typ Promotion-Co-Brand zeichnet sich durch eine befristet Kooperation von häufig nur
lateral verbundene Marken aus, wobei die Co-Brand-Leistung nur eine geringe
Innovationshöhe aufweist. Der dritte Typ, Ingredient Brand, zeichnet sich dadurch aus, dass
eine Marke Bestandteil der Leistung der anderen Marke wird. Weiterhin zeichnet sich das
Cluster durch eine unbefristet Zusammenarbeit von Marken mit überwiegend technisch-
funktionalen Zusammenhängen aus. Der vierte Typ, das Multi-Co-Brand, welches das
umfangreichste Cluster bildet, basiert auf Co-Brands, bei denen die Hauptmarke mehrere Co-
Brands gleichzeitig am Markt platziert ist. Dabei handelt es sich i.d.R. um unbefristete
Zusammenarbeiten mit einem Fokus auf emotional-symbolischen Verbindungen.
21
Für unseren Fall sind insbesondere die Typen des Innovation-Co-Brands und des Ingredient-
Brands relevant. Eine eindeutige Wahl zwischen diesen beiden Typen ist aber für HeiQ kaum
möglich. Die gewählte Strategie integriert wesentliche Aspekte beider Typen, indem zwar die
Leistung für beide Partnermarken neu ist, diese aber als ein Ingredient Brand vermarktet wird
und mehr eine Line Extension für Mammut als eine Brand Extension darstellt. In anderen
Worten bietet Mammut ein Produkt oder eine Produktart mit dem die Kunden von Mammut
vertraut sind, obwohl die von HeiQ erbrachte Leistung eine echte Innovationen bildet.
Konstrukt der Markenstärke
Das „Verhältnis der Markenstärke“ baut auf die Marken-Einstellung und Marken-Stabilität
der beteiligten Marken beim Abnehmer auf. Dieses Merkmal ist problematisch in der
Operationalisierung, da es bislang keinen verbindlichen Standard für die Messung der
Markenstärke gibt. Als Indikatoren finden daher im Folgenden die Faktoren Bekanntheit und
Markenwissen Verwendung. Die Ausprägungen dieses Merkmals stellen gleiche bzw.
ungleiche Markenstärke dar. Die Beispiele verteilen sich in der Untersuchung von Baumgarth
(2003) wie folgt:
-Gleiche markenstärke: 65
-Ungleiche Markenstärke: 38
Die Verteilung zeigt, dass ca. 2/3 aller Fälle zwischen Marken mit gleicher Markenstärke
stattfinden.
4.2. Die Expertenbefragung
Die Mastertechnik der Expertenbefragung stellt eine weitere bedeutende Erkenntnisquelle dar.
Die Expertenbefragung von Baumgarth (2003) im Rahmen seiner Vollerhebung der
existierenden Literatur zum Co-Branding erfolgte bei neun Experten aus Wissenschaft und
Praxis.
Die Ergebnisse dieser Befragung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
-Die Experten rechnen mit einer zunehmenden Bedeutung des Co-Branding.
-Als Hauptvorteile des Co-Branding sehen sie die Gewinnung neuer Kunden und die
Reduktion der Kommunikationskosten.
-Die größten Risiken stellen die Erfolgsmessung, das Konfliktpotential zwischen den
kooperierenden Marken sowie die Gefahr von Abhängigkeiten aus Sicht der Experten dar.
22
-Die korrekt gewählten Produkt-, Image- und Preisakzente sind für die Experten die
wichtigsten Gründe für einen hohen Fit. Als Erfolgsfaktoren des Co-Branding nannten die
Experten den Imagefit, die Komplementarität, eine win-win-Situation sowie eine
systematische Marktforschung.
5. Explikativen Mastertechniken
Auf der Basis eines Strukturmodells leiteten explikative Erkenntnisse über das Co-Branding
theoretische und empirische Mastertechniken ab, die Erklärungen der Zusammenhänge
zwischen Einflussfaktoren und verschiedenen Wirkungskategorien ermöglichen.
Eine Analyse der existierenden Literatur ergibt, dass zu Beginn der Forschung zum Thema
Co-Branding die Co-Brand-Wirkungen im Mittelpunkt standen, mittlerweile aber auch
verstärkt Spill-Over-Effekte Berücksichtigung finden. Zudem zeigte sich, dass zwar eine
Reihe von Arbeiten den Fit als wichtigen Faktor berücksichtigten, allerdings fehlt eine
differenzierte Auseinandersetzung mit diesem Konstrukt. Weiterhin analysieren fast alle
Arbeiten den Einfluss der Markenstärke der Individualmarken auf die Co-Brand-Wirkung,
wobei die Markenstärke i.d.R. identisch mit der Markeneinstellung ist. Baumgarth (2003)
erkennt insgesamt 83 Hypothesen innerhalb der Co-Brand-Forschung, die bereits einen
umfangreichen Korpus von Wissen bilden. Trotz dem breiten Spektrum und der zahlreichen
geprüften Hypothesen, existieren mehrere methodischen Probleme (z.B. geringe externe
Validität durch Studierenden-Sample, fehlende deutsche Studien) und offene Fragestellungen
(z.B. Vernachlässigung von Marketinginstrumenten und Personenvariablen).
Die zweite erkannte Mastertechnik ist das Analogiepotential anderer Forschungsfelder für die
Co-Brand-Forschung. Die Forschungsbereichen Markentransfer, Bundling,
Testimonialswerbe, Sponsoring und Country-of-Origin werden als mögliche Analogiefelder
betrachtet, „wobei die Markentransferforschung aufgrund der Ähnlichkeit zum Co-Branding
sowie dem großen Umfang und der Heterogenität der bisherigen Forschung das höchste
Analogiepotential aufweist“ (Baumgarth, 2003).
Drittens baut die Co-Brand-Forschung auf ein paar Theorien auf, unter denen die
Persönlichkeitstheorien, Einstellungs- und Imagetheorien und die Kognitiven Theorien die
wichtigsten sind. Während die erste Theorieklasse die Wirkungsbeziehungen des
Strukturmodells moderiert, tragen die beiden anderen Theoriegruppen zur Erklärung von
Zusammenhängen zwischen Einflussfaktoren und Wirkungen direkt bei. Zentrale Theorien
23
zur Erklärung von Co-Brand-Wirkungen stellen attributbasierte Einstellungsmodelle dar.
Dazu gehören der Einstellungstransfer, die Schemata-Verbindungsansätze und weitere
Theorien. Aussagen über Spill-Over-Effekte lassen sich insbesondere auf der Basis von
Ansätzen zur Schema-Veränderungsansätzen ableiten und werden abschließend aus diesem
Grund vorgestellt.
5.1. Das Strukturmodell als Bezugsrahmen für die Wirkungsanalyse
Co-Branding stellt eine komplexe Strategie dar. Neben den beteiligten Marken und deren
Beziehungen hängen die Wirkungen des Co-Branding auch von dessen Gestaltung ab.
Weiterhin besteht zwischen den Gestaltungsparametern und den erreichbaren Wirkungen
keine deterministische Beziehung. Vielmehr moderiert eine Vielzahl von Personenvariablen
diesen Prozess.
Bei den Wirkungen des Co-Brandings lassen sich grob solche des Co-Brands und der Spill-
Over-Effekte voneinander abgrenzen. Im Einzelnen lassen sich folgende Einflussfaktoren und
Wirkungen anführen:
-Markeneigenschaften:
-isolierte Marke
-Beziehung der Marken
-Eigenschaften der Co-Brand-Leistung
-Gestaltung des Co-Brands
-Personenvariablen
-Co-Brand-Wirkungen
-Spill-Over-Effekte.
24
Einen Überblick über das Wirkungsmodell liefert die Abbildung 4 :
Abbildung 4: Strukturmodell des Co-Brandings, Quelle: Baumgarth, 2003
Unser Interesse fokussiert sich auf die Rückwirkungen des Co-Brand-Produktes auf die
Beurteilung der einzelnen beteiligten Marken. Natürlich wirkt das Co-Brand-Produkt selber
und seine Gestaltung auf die Wahrnehmung der beteiligten Individualmarken. Die
Ausstrahlungseffekten des Co-Brand-Produktes können also nicht getrennt von den
Wirkungen der Marken auf das Co-Brand-Produkt analysiert werden. In einem ersten Schritt
wird die Wirkungen der Marken und dann der Prozess der Ausstrahlungseffekten vorgestellt.
5.1.1. Wirkungsdimensionen
Die Wirkungen innerhalb des Strukturmodells sollen voneinander unterschieden werden. Bei
der Systematisierung der Wirkungen ist zu klären, ob direkt beobachtbare Wirkungen oder
intervenierende, nicht direkt beobachtbare Wirkungen Berücksichtigung finden. Da gerade
Modelle (S-O-R-Modelle, Stimulus-Organism-Response), die auf nicht direkt beobachtbare
25
Variablen Bezug nehmen, besser in der Lage sind Wirkungen zu erklären, finden im
Weiteren insbesondere diese als Wirkungsgrößen Berücksichtigung. Eine weitere
Unterscheidung der nicht direkt beobachtbaren Variablen ermöglicht die Distanz zum finalen
Verhalten. Wirkungen mit einer großen Distanz werden im Folgenden als verhaltensferne,
solche mit geringer Distanz als verhaltensnahe Wirkungen bezeichnet.
Unabhängig von der Art der Wirkung ist festzulegen, bei welchem Subjekt die Wirkung
gemessen werden soll. Als mögliche Subjekte kommen insbesondere Abnehmer, Handel und
anderen Unternehmen in Betracht, wobei die geringe Verbreitung des Markenkonzeptes eine
deutlich effizientere Erhebung bei den Konsumenten erlaubt.
Dazu lassen sich die Wirkungen auf der Individual- oder auf einer aggregierten Ebene
analysieren. Die Messung erfolgt generell auf der Individualebene.
Ferner lassen sich nach dem Zeitbezug eher langfristige von eher kurzfristigen Wirkungen
unterscheiden. Kurzfristige Wirkungen treten in zeitlich unmittelbarer Nähe zum Kontakt mit
dem Co-Brand auf, langfristige Wirkungen entstehen im Anschluss an den Kontakt mit dem
Co-Brand und besitzen eine zeitliche Stabilität.
Als grundsätzliche Wirkungsebenen lassen sich Co-Brand-Wirkungen und Spill-Over-Effekte
auf die Individualmarken voneinander abgrenzen. Bei den Wirkungen des Co-Brands handelt
es sich um isolierte Wirkungen der Markenkooperation. Die Ausstrahlungseffekte (Spill-
Over-Effekte) umfassen positive oder negative Wirkung des Co-Brands auf die
Individualmarken.
5.1.1.1. Co-Brand-Wirkungen
Im Rahmen der verhaltensfernen kurzfristigen Wirkungen zeigen insbesondere das Gefallen
sowie die Beurteilung von Einzelattributen das größte Einflusspotenzial auf. Unter den
verhaltensnahe Wirkungen, die dem Kaufverhaltern direkt vorgeschaltet sind, lassen sich die
Preisbeurteilung und -bereitschaft sowie die Kaufabsicht und Wahl voneinander abgrenzen.
Bei den langfristigen Wirkungen bezüglich des Co-Brands lassen sich Recall und Recognition
als Co-Brand-Bekannheit sowie Images und Einstellungen bzw. Präferenzen als Co-Brand-
Beurteilung voneinander abgrenzen.
26
Diese Größen zusammengefasst bilden auch die Hauptkomponenten des verhaltens-
wissenschaftlichen Markenwertes, wodurch auch Aussagen zum Markenwert des Co-Brands
möglich sind. Bei diesen langfristigen Wirkungen kann man von Lernwirkungen sprechen.
5.1.1.2. Spill-Over-Effekte
Für die kooperierenden Individualmarken hängt die Erfolgsbeurteilung der Kollaboration von
dem Erfolg des Co-Brands aber auch von positiven und negativen Ausstrahlungswirkungen
des Co-Brands auf die Individualmarken ab. Da es sich bei den Spill-Over-Effekten immer
um eine Veränderung handelt, basieren die Veränderungsmessungen überwiegend auf einem
Vergleich zwischen einer Messung vor und nach dem Kontakt mit dem Co-Brand. Zur
Bestimmung von Wirkungsdifferenzen lassen sich die Wirkungen bei einer Person zu zwei
verschiedenen Zeitpunkten (In-Between-Design) oder bei zwei verschiedenen Personen zum
gleichen Zeitpunkt (Between-Subject-Design) heranziehen.
Die Individualmarken können die Spill-Over-Effekte durch die Veränderungen der
Aktualität, der Images und der Einstellung auswerten. Eine zusätzliche Veränderung des
Markenwissens bildet das Risiko der Markenverwässerung. Laut Baumgarth (2003) ist eine
getrennte Analyse der Rückwirkungseffekte für jede Individualmarke rechtfertigt, „da für die
Partnermarke identische Argumente gelten, wobei die Verrechnung der Spill-Over-Effekte
der beteiligten Marken zu einem Gesamtwert zur Beurteilung des Spill-Over-Effektes des Co-
Branding eine besondere Schwierigkeit darstellt.“
Unter Aktualität versteht man die gedankliche Präsenz einer Marke. Image- oder
Einstellungsänderungen der Individualmarken durch Spill-Over-Effekte beeinflussen indirekt
die Wirkungen Kaufabsicht oder Preisbereitschaft. Darüber hinaus lösen sie direkte Effekte
auf die Individualmarken aus, wenn zwischen dem Co-Brand und der Individualmarke
Verbundeffekte (speziell: Kannibalisierung) beim Kauf existieren.
Solche „Verbundeffekten treten bei Co-Brands auf, bei denen die Co-Brand-Leistung in
einem komplementären oder substitutiven Verhältnis zu den Leistungen mindestens einer der
beteiligten Individualmarken steht.“ (Baumgarth, 2003)
Die Frage der Messung der vorgestellten Veränderungen stellt sich mit einer hohen Brisanz,
da obwohl eine ex-post Auswertung von Verkaufszahlen möglich wäre, diese aber den
Nachteil besitzen, dass eine eindeutige Zurechnung auf das Co-Branding nicht möglich ist, da
Mengenänderungen auch aus Veränderungen der Individualmarke, aus
Konkurrenzmaßnahmen oder aus anderen zeitlichen Effekten resultieren können. Daher ist
eine Messung über Wahlentscheidungen oder durch Zusatzkäufe sinnvoller.
27
5.1.2. Zusammenhang zwischen Wirkungskategorien und Co-Brand-Typ
Die vorangegangenen Abschnitte präsentieren unterschiedliche Wirkungen des Co-Branding.
Zu überlegen ist, welche Wirkungskategorien für welchen Co-Brand-Typ von besonderer
Relevanz sind. Dabei handelt es sich um Plausibilitätsüberlegungen. Zunächst lassen sich für
die vier Typen des Co-Branding unterschiedliche Schwerpunkte bei den Wirkungen festlegen.
Im Rahmen des Innovations-Co-Brands stellen insbesondere das Image und die Einstellung
gegenüber dem Co-Brand die entscheidenden Wirkungskategorien für einen langfristigen
Erfolg der Innovation dar. Bei den Promotion-Co-Brands geht es insbesondere darum, eine
finale Verhaltenswirkung für den Co-Brand zu erreichen. Weiterhin lässt sich mit dieser Form
die Aktualität für die Individualmarken steigern. Bei den Ingredient Brands besitzen
insbesondere die Wirkungskategorien Beurteilung einzelner Eigenschaften (insbesondere die
durch das Ingredient Brand abgedeckten Eigenschaften), das Image und die Einstellung des
Co-Brands eine hohe Bedeutung. Aufgrund der Vielzahl der Co-Brands eines Ingredient
Brands spielt für das Ingredient Brand auch die Markenverwässerung eine entscheidende
Rolle. Weiterhin weist das Ingredient Brand häufig nur eine untergeordnete Markierung auf,
weshalb die Größen Aktualität bzw. Bekanntheit von Bedeutung sind. Für den Multi-Co-
Brand besitzen sowohl die Co-Brand-Wirkungen als auch die Spill-Over-Effekte eine hohe
Bedeutung.
Für die langfristig orientierten Co-Brands (Innovations-Co-Brand, Ingredient Brand, Multi-
Co-Brand) lassen sich unabhängig von den verschiedenen Typen folgende Zielbündel für das
Co-Branding identifizieren:
-Einführung einer neuen Leistung (Markentransfer)
-Zielgruppenausweitung für eine Individualmarke
-(langfristige) Absatzsteigerung
-Umpositionierung der Individualmarke.
Diesen Zielbündeln lassen sich auf einer argumentativen Basis einzelne Wirkungskategorien
zuordnen. Bei der Einführung einer neuen Leistung unter dem Co-Brand weisen insbesondere
langfristige Wirkungen eine hohe Bedeutung auf. Die Zielgruppenausweitung stellt darauf ab,
dass durch den Co-Brand eine Individualmarke ihre Aktualität steigert. Absatzsteigerungen
lassen sich sowohl durch positive Verbundeffekte als auch durch eine Steigerung der
Aktualität bzw. einer Verbesserung des Images und der Einstellung erreichen. Die
28
Umpositionierung dagegen fokussiert auf Image- und Einstellungsveränderungen einer
Individualmarke.
Die Tabelle 4 fasst die Zuordnung der Wirkungskategorien zu den Zielbündeln zusammen.
Tabelle 4: Zusammenhang zwischen Wirkungen und Zielbündel, Quelle: Baumgarth, 2003
29
Einflussfaktoren
Aus dem Strukturmodell können die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Co-Brand-
Wirkungen und die Spill-Over-Effekte zusammengefasst werden. Dabei handelt es sich z.T.
um Faktoren, die das Unternehmen beeinflussen, z.T. um solche, die es nicht beeinflussen,
sondern nur im Rahmen von Auswahlentscheidungen berücksichtigen kann.
1) Eigene Marke
Einen ersten Einflussfaktor bildet die eigene Marke. Dabei geht es letztlich um die
Eigenschaft der Marke, welche die Vorteilhaftigkeit eines Co-Brands im Vergleich zu
anderen Markenoptionen bestimmen. Ein erster relevanter Einflussfaktor stellt die
Markenstärke dar. Falls die Marke nur über eine geringe Markenstärke verfügt, könnte
eine Kooperation mit einer weiteren starken Marke erfolgsversprechend sein.
2) Partnermarke
Einen zweiten Einflussfaktor des Co-Branding-Strukturmodells stellt die Partnermarke
dar. Ihre Eignung für den Co-Brand hängt dabei stark von der eigenen Marke ab. Einen
ersten Einflussfaktor bildet der Zusammenhang der Marken aus Sicht der Abnehmer.
3) Leistung
Die Leistung selbst spielt selbstverständlich eine entscheidende Rolle.
4)Gestaltung des Co-Brands
Marketing-Mix und Branding
5)Moderierende Größen
Persönlichkeitsmerkmale der Abnehmer und externe Ereignis moderieren die
Zusammenhänge zwischen den bisher dargestellten Einflussfaktoren und den Co-Brand-
Wirkungen bzw. den Spill-Over-Effekten. Relevante Persönlichkeitsmerkmale stellen u.a.
das Involvement, das Markenwissen, die Leistungsvertrautheit sowie das Marken-
Commitment dar. Die externen Ereignisse umfassen sowohl Nachrichten über das Co-
Brand als auch über die beteiligten Individualmarken, wobei negative Nachrichten eine
höhere Relevanz aufweisen.
30
5.2. Die Theorie als Mastertechnik
Die Theorieauswahl berücksichtigt natürlich nicht alle Theorien. Weiterhin unternimmt
Baumgarth (2003) aus Gründen einer Systematisierung eine Zusammenfassung von
Partialansätzen zu Theoriegruppen. Im Einzelnen diskutieren die folgenden Abschnitte die in
Abb … dargestellten Ansätze der Einstellungs- und die Schemaveränderungstheorien.
Theorieherkunft Schwerpunkt Motivation zur Informationsverarbeitung
CB, S Gesamtmodell
Marken- und Produktvertrautheit
CB, MT,CoO Gesamtmodell
Markenbewusstsein k.A. Gesamtmodell Attibutbasierte Einstellungsmodelle
CoO, B, CB Co-Brand
Einstellungstransfer MT Co-Brand Konsistenztheorien CB, T Spill-Over Markenstabilität MT Spill-Over Markenschemata CB, MT Co-Brand, Spill-Over Kategorisierungstheorien CB, MT, CoO Co-Brand Fit-Einstellungsmodell CB, MT Co-Brand Konzeptverbindungsansätze CB Co-Brand Schema-Veränderung MT Spill-Over Ankertheorien CB, MT, Co-Brand, Spill-Over B: Bundling, CB: Co-Branding, CoO: Country-of-Origin, MT: Markentransfer, S: Sponsoring, T: Testimonialwerbung
Tabelle 5: Hauptansätze zur Beschreibung der Co-Brand-Wirkungen, Quelle: Baumgarth, 2003
Wie es Baumgarth (2003) erläutert, bildet „die Markentransfer-Forschung den Bereich mit
dem größten Analogiepotential für die Co-Brand-Forschung. Neben der inhaltlichen
Verwandtschaft basiert dieses Potential auch auf dem Umfang und der Vielfältigkeit der
bisherigen Markentransferforschung.“ Der größte Unterschied mit dem Co-Branding ist die
Anzahl der beteiligten Marken. Im Vergleich zum Co-Branding führt es zu Unterschieden in
der Fitbeurteilung, in der Transferbeurteilung sowie in den Spill-Over-Effekten.
Die theoretische Basis der Arbeiten, die den Erfolg des Transfers analysiert, bildet vor allem
Kategorisierungsansätze. Spill-Over-Effekte werden entweder auf der Basis von Einstellungs-
oder Schemaveränderungstheorien diskutiert.
Im Folgenden werden aufgrund derer Signifikanz die Einstellungs- und die
Schemaveränderungstheorien vorgestellt. Im Gegensatz zur Konsistenztheorien und
Markenstabilität, wurden die folgenden Theorien in der Co-Branding Forschung sowie in der
31
Markentransfer-Forschung angewendet und erlauben zugleich eine vollständige
Beschreibungen der Co-Brand und der Ausstrahlungen.
5.2.1. Einstellungs- und Imagetheorien
Die Konstrukte Einstellung und Image stellen wichtige Wirkungskategorien im Rahmen des
Co-Brand-Strukturmodells dar. Für die Co-Brand-Forschung sind insbesondere zwei Aspekte
der Einstellungs- und Imageforschung von Relevanz:
-Bildung von Einstellungen, die die Co-Brand-Wirkung erklärt, und die
-Veränderung von bestehenden Einstellungen, die Spill-Over-Effekte erklären.
Im Einzelnen werden folgende Ansätze skizziert:
1. Bildung von Einstellungen
2. Einstellungstransfer
2. Veränderung von Einstellungen:
5.2.1.1. Attributbasierte Einstellungsmodelle
Attributbasierte Einstellungsmodelle bauen auf der Grundidee, dass sich die
Markeneinstellung aus der (mathematischen) Verknüpfung von Eigenschaften ergibt auf.
Einstellungsmodelle sind mathematischen Modellen, wobei die Einstellungen gegenüber einer
Marke oder mehreren miteinander in einer Formel integriert sind. Dabei steht nicht der
Prozess der Einstellungsbildung im Mittelpunkt, sondern die Art der Eigenschaften sowie die
Verknüpfung zu dem Gesamturteil Einstellung.
Diese Grundidee der Beurteilungsbildung findet sich laut Baumgarth (2003) im Marketing an
vielen Stellen wieder, wie z.B. im Nutzenmodell der Conjoint-Analyse (Perrey, 1998) und der
Zufriedenheitsforschung (Schütze 1992).
Informationsintegrations-Ansatz Der Informationsintegrations-Ansatz stellt einen dynamischen Ansatz zur Beschreibung des
Beurteilungsprozesses. Dieser Prozess gliedert sich in zwei Phasen:
-Beurteilung der einzelnen relevanten Eigenschaften (Valuation)
-Integration der bewerteten Eigenschaften zu einem Globalurteil (Integration).
32
In der ersten Phase ordnet das Individuum zunächst allen relevanten Eigenschaften separat
hinsichtlich ihrer Ausprägungsstärke einen Wert auf einer Skala zu. Zudem entscheidet das
Individuum darüber, welche Eigenschaften für sich selbst überhaupt von Relevanz (salience)
sind. Im Durchnitt verwendet der Abnehmer nur eine beschränkte Zahl von Eigenschaften zu
Bewertung (ca. 5 Eigenschaften) (Baumgarth 2003). Bei Marken werden insbesondere die
Assoziationen herangezogen, die eine hohe Assoziationsstärke aufweisen.
Weiterhin sind die Eigenschaften, die nicht Teil des zu beurteilenden Objekts sind, die aber
der Konsument dabei erwartet, in den Modellen zu berücksichtigen.. Die Attribute werden auf
ihre Ausprägungsdimension bzw. Existenz hinsichtlich des Objektes überprüft.
Übertragen auf das Co-Branding bestehen in der Valuationsphase zwei Möglichkeiten, die
von den Gemeinsamkeiten der beteiligten Marken abhängt. Zum einen können die
gespeicherten und durch das Co-Branding abgerufenen Markeneinstellungen die zu
integrierenden Informationen bilden. Zum anderen findet bei Marken, die ähnliche
Assoziationen aufweisen, eine Verknüpfung der beiden Marken auf den einzelnen
Assoziationen statt.
Zunächst bildet die Motivation zur Informationsverarbeitung (involvement) einen
Beeinflussungsfaktor. Bei geringer Motivation erfolgt eher eine Integration der
Markeneinstellungen, hingegen ermöglicht eine hohe Motivation die aufwendigere,
attributweise Integration.
In der zweiten Phase erfolgt die Integration der Einzelurteile zu einem Gesamturteil, wobei
eine Vielzahl von Modellen existiert. Die beiden wichtigsten Modelle bilden das „Adding“
und das „Averaging“.
Das „Adding“-Modell berechnet die Beurteilung gegenüber einem Objekt durch
Aufsummierung der Bewertungen der ersten Phase. Formal lässt sich für die Co-Brand-
Beurteilung das Adding-Theorem folgendermaßen formulieren:
Eij = ∑ wijk · bijk
Eij: Einstellung der Person i zum Co-Brand j
wijk: Bedeutung der Eigenschaft k für das Co-Brand j für Person i
bijk: Beurteilung der Eigenschaft k für das Co-Brand j für Person i
33
Die additive Integrationsregel har zu Folge, dass positive bewertete Eigenschaften bzw.
Marken zu einer besseren Gesamtbeuteilung des Co-Brands führen. Falls in der
Valuationsphase eine Skala mit nur positiven Werten zur Beurteilung zugrunde gelgt wird,
wirkt sich sogar jede zusätzlich in die Bewertung einfliessende Eigenschaft positiv aus.
Das „Averaging“-Modell hingegen berechnet die Einstellung gegenüber einem Objekt durch
die Division der Summe der Gewichte. Das „Averaging“-Modell lösst sich formalt
folgendermassen ausdrücken:
Eij = ∑ wijk · bijk
∑ wijk
Die Formel zeigt, dass beim Averaging nur dann eine Aufwertung erfolgt, wenn der
Beurteilungswert der zusätzlich einfliessenden Eigenschaft bzw. der zusätzlichen Marke den
bereits berücksichtigten Eigenschaften überlegen ist.
Es stellt sich die Frage, welche Integrationsregel den realen Beurteilungsprozess zutreffender
beschreibt. Gemäss Baumgarth (2003) belegen zahlreiche Studien im Bereich der
Personenwahrnehmung, der Produktbewertung sowie des Bundlings, dass das Averaging die
am häufigsten angewandte kognitive Algebra zur Integration darstellt, weshalb auch für das
Co-Branding das Averaging als Integrationsregel erwartet wird.
Neben der Integrationsregel ist für die Bildung des Gesamturteils auch die Gewichtung der
Eigenschaften von Bedeutung. Die Wichtigkeit de Einzeleigenschaften hängt insbesondere
von der Reihenfolge ab. Dabei beeinflusst die zuerst wahrgenommene Marke die Beurteilung
des Co-Brands stärker als die später wahrgenommene Marke (Primacy Effekt). Die
Hauptmarke, in der Ingredient-Branding-Forschung als Hostbrand bezeichnet beeinflusst
folglich am stärksten die Bestimmung der im Co-Brand-Produkt zu erwartenden
Eigenschaften.
Für das Co-Branding bedeuten diese Gewichtungseffekte, dass sowohl die Gestaltung des Co-
Brands, welches die Wahrnehmung beeinflusst, als auch die individuelle Wichtigkeit der
Marken für die Beurteilung des Co-Brands von Bedeutung sind. Die Subjektivität des
Konsumenten weist sich dadurch auf, dass auf seiner individuellen Sicht die Marken mit einer
unterschiedliche Markenvertrautheit und –stabilität versehen sind. Zum andere kann die
34
Ähnlichkeit zwischen einer der beteiligten Marke und dem Co-Brand-Produkt die Wichtigkeit
zur Gewichtung der Eigenschaften beeinflussen. Eine höhere Prognosekraft besitzt dabei die
Marke, die eine höhere Ähnlichkeit zu der Leistung des Co-Brands besitzt.
5.2.1.2. Einstellungstransfer
Die Ansätze zum Einstellungstransfer stellen keine geschlossene Theorie dar, vielmehr
handelt es sich um verschiedene Ansätze, welche die Übertragung der Einstellung von einem
Einstellungsobjekt auf ein anderes Einstellungsobjekt erklären Baumgarth (2003). Im
Folgenden findet mit der Semantischen Generalisierung zunächst eine Konzentration auf den
einfachsten Fall statt. Der abschließende Abschnitt behandelt mit dem Werbegefallens-Modell
eine spezielle Form des Einstellungstransfers.
1. Semantische Generalisierung
Die semantische Generalisierung basiert auf der Überlegung, dass zwischen zwei Objekten,
welche die gleiche Markierung auch bei abweichenden physischen Eigenschaften besitzen,
eine Übertragung des Images und der Einstellung von einem Objekt auf das andere stattfindet.
Die semantische Generalisierung in dieser einfachen Form bedeutet, dass aus der Gleichheit
bzw. Ähnlichkeit der Markenelemente ein Einstellungstransfer resultiert.
2. Werbegefallensmodelle
Die Werbegefallensmodelle untersuchen, inwieweit eine globale Einstellung gegenüber der
Werbung, wobei es sich dabei i.d.R. um eine affektive Beurteilung handelt, die Einstellung
gegenüber der Marke beeinflusst.
Das Affect-Transfer-Modell geht von einem direkten Einstellungstransfer des
Werbegefallens auf die Markeneinstellung aus. Dieses Modell ist mit den Überlegungen zur
semantischen Generalisierung kompatibel.
5.2.1.3. Veränderung von Einstellungen
Während die Ansätze zu Einstellungsbildung insbesondere einen Beitrag zur Erklärung der
Co-Brand-Beurteilung leisten, liefern die Theorien zur Einstellungsveränderung theoretische
Begründungen für die Spill-Over-Effekte.
Einstellungsveränderungen der Individualmarken resultieren insbesondere aus unvereinbaren
Einstellungen bzw. Images der beteiligten Marken, schlechten Erfahrungen mit dem Co-
Brand und externen, insbesondere negativen Ereignissen. Mögliche negative Ereignisse
35
stellen u.a. schlechte Testurteile, Markenerpressungen, Skandale, Unternehmenskrisen und
Katastrophen, die direkt mit dem Co-Brand oder mit einer der beteiligten Marken im
Zusammenhang stehen, dar.
Der Negativitätseffekt besagt, dass negative Informationen im Vergleich zu einer positiven
oder neutralen Information ein grösseres Gewicht bei der Einstellungsbildung besitzen und
daher dies verzerren.
Für das Co-Branding sind diese negativen Informationen insbesondere deshalb von
besonderer Bedeutung, weil nicht nur Informationen über die eigenen Marken sondern auch
über die nur eingeschränkt zu kontrollierende Partner Marke diese Verzerrungseffekte
verursachen können. Eine besonders hohe Relevanz weisen diese negativen Informationen bei
Multi-Co-Brands auf, da die Gefahr von negativen Nachrichten stark ansteigt. Insgesamt
hängt das Ausmaß der Einstellungsveränderung einer Individualmarke durch das Co-Branding
von der im Weiteren noch darzustellenden Markenstabilität ab.
5.2.2. Kognitive Theorien
Eine Hauptrichtung zur Erklärung von Markenwirkungen stellen kognitive Ansätze dar, die
sich dadurch auszeichnen, dass sie als neobehavioristische Ansätze die Kognitionen und deren
Einfluss auf die Informationsverarbeitung in den Mittelpunkt des Interesses stellen
5.2.2.1. Grundmodelle der Markenwissensrepräsentation
Assoziative Netzwerke
Die Speicherung des Markenwissens erfolgt insbesondere im semantischen Gedächtnis,
welches Faktenwissen, Integrationsregeln und analytische Problemlösungsmuster enthält. Das
grundsätzliche Modell des semantischen Gedächtnisses bildet das Assoziative Netzwerk,
welches sich aus Knoten und Kanten zusammensetzt. Die Knoten, die einzelne Konzepte
darstellen, sind über Beziehungen mit unterschiedlicher Intensität und Art verbunden.
Abbildung 5 zeigt für die Firma BMW ein mögliches Netzwerk, wobei die Zahlen die
Reihenfolge und die Länge der Kanten die Intensität der Assoziationen widerspiegeln
(Baumgarth 2003).
36
Abbildung 5: Exemplarisches assoziatives Netzwerk, Quelle: Baumgarth, 2003
5.2.2.2. Markenschemata
Eine spezielle Form der Assoziativen Netzwerke bilden Markenschemata, wobei es sich dabei
um größere, komplexe Wissenseinheiten handelt, die typische Eigenschaften und feste,
standardisierte Vorstellungen umfassen, die jemand von einer Marke hat. Ein Schema enthält
nicht Knoten mit eindeutiger Zuordnung, sondern Platzhalter (Slots) mit einer gewissen
Menge an möglichen Ausprägungen. Die Menge an möglichen Ausprägungen bestimmt die
Variabilität des Merkmals. Durch Wahrnehmung oder Aktivierung benachbarter Netzwerke
erfolgt bei einem Slot die Auswahl einer dieser Werte.
Ein weiteres Merkmal von Schemata ist die hierarchische Speicherung sowie die damit
verbunden Eigenschaft der Vererbung. Nach dem Prinzip der hierarchischen Speicherung ist
ein Markenschema dem Produktschema untergeordnet. Dem Markenschema können
wiederum weitere Subbrands als Schema untergeordnet wein. Bei der Aktivierung eines
Schemas durch die Wahrnehmung der Marke bildet das Markenschema das Basisschema. Nur
bei tieferer Elaboration erfolgt ein Rückgriff auf das untergeordnet Subbrandschema. Nur bei
37
tieferer Elaboration erfolgt ein Rückgriff auf das untergeordnete Subbrandschema. Dagegen
führt die Aktivierung einer Marke regelmäßig auch zu einer Aktivierung des übergeordneten
Produktschemas.
Neben Eigenschaften speichert ein Markenschema auch die Beurteilung der Eigenschaften
sowie eine Globalbeurteilung.
Zusammenfassend zeichnen sich Markenschemata durch folgende Merkmale aus:
-Speicherung des typischen Wissens über eine Marke
-Besitz von Leerstellen, die durch Default-Werte gefüllt werden können,
-hierarchische Struktur
-Vererbungsmechanismus von der übergeordneten auf die untergeordnete Ebene,
-Zustands und Prozessansatz: Schemata stellen nicht nur eine Form der Speicherung des
Wissens über eine Marke dar, sondern steuern auch Prozesse,
-Speicherung von Kognitionen und Affektionen.
5.2.2.3. Beschreibungsmerkmale von Markenschemata
Eine nähere Charakterisierung verschiedener Markenschemata erlauben die Marken-Produkt-
Beziehung, die Art der Markenassoziationen sowie die Markenbreite. Neben generellen
Unterschieden zwischen Marken existieren auch interpersonelle Unterschiede für eine
einzelne Marke in Abhängigkeit vom individuellen Markenwissen.
1. Marken-Produkt-Beziehung
Eine wichtige Eigenschaft zur Charakterisierung des Markenschemas bildet die Beziehung zu
dem Produktschema. Dabei lassen sich zwei Beziehungen voneinander abgrenzen: Produkt-
>Marke und Marke ->Produkt. Die erste Beziehung bestimmt, ob dem Konsumenten bei der
Aktivierung eines Produktschemas eine bestimmte Marke einfällt. Diese Beziehung spiegelt
sich in vielen Ansätzen der Markenforschung wider. Beispielsweise stellt die recall und die
top-of-mind-Messung auf diesen Zusammenhang ab. Marken, die ein Produktschema
dominieren, d.h. die eine große Zahl von Abnehmern als erste Marke mit dem jeweiligen
Produktschema verbinden, werden auch als prototypische Marken oder als Masterbrands
bezeichnet. Prototypische Marken lassen sich nur schwer auf andere Leistungen transferieren,
da das Produkt-Schema mit dem Marken-Schema eine hohe Übereinstimmung aufweist,
wodurch die Marke kaum markenspezifische Assoziationen besitzt, und die
Markenassoziationen Produktassoziationen darstellen, die im Vergleich zu abstrakteren
Assoziationen einer Marke schwerer mit anderen Leistungkategorien kompatibel sind.
38
Die zweite Beziehung, Marke ->Produkt, determiniert, ob bei Aktivierung des
Markenschemas automatisch auch das jeweilige Produkt-Schema aktiviert wird. Eine enge
Beziehung führt dazu, dass bei der Beurteilung einer Markenerweiterung das jeweilige
Produktschema von entscheidender Bedeutung ist.
Häufig bestehen symmetrische Beziehungen, d.h. sowohl eine starke bzw. schwache Produkt -
> Marke- als auch Marke ->Produkt-Beziehung. Allerdings lass sich auch Fälle identifizieren,
bei denen asymmetrische Beziehungen auftreten.
Für das Co-Branding ist insbesondere die Beziehung Marke ->Produkt von Bedeutung, da
eine starke Marken-Produkt-Beziehung dazu führt, dass das Produktschema u.a. in starkem
Masse die Fitbeurteilung beeinflusst.
Abbildung 6: Markenschema-Ansatz, Quelle: Baumgarth, 2003
39
5.2.2.4. Schema-Veränderung
Die Eigenschaften der Markenschemata führen zu einer Reihe von Besonderheiten in der
Informationsverarbeitung.
Neben der Beantwortung der Bildung eines neuen Schemas für den Co-Brand erlaubt die
Schematheorie auch Aussagen zur Veränderung eines bestehenden Markenschemas durch das
Co-Branding (Spill-Over-Effekte).
Theoretische Basis bilden die Veränderung von Personen-Stereotypen sowie kognitive
Lerntheorien. Dabei lassen sich zwei Ansätze zur Schema-Veränderung, das Bookkeeping-
und das Subtyping-Modell erkennen. Neben diesen beiden Grundmodellen existieren
verschieden Partialansätze, die eine Schemastärkung oder eine Schemaverwässerung erklären.
Dabei bedeutet eine Schemaverstärkung die Steigerung de Assoziationsstärke zwischen der
Muttermarke und weiteren bereits vorhandenen Assoziationen. Im Gegensatz erklärt sich eine
Schemaverwässerung durch Vergessenseffekt, wenn Informationen gegenseitig wirken
(Interferenz) oder zu weit (Fan-Effekt) auseinandergetrieben sind.
Bookkeeping vs. Subtyping-Modell
Das Bookkeeping-Modell geht davon aus, dass jede inkonsistente Information des Co-Brands
eine entsprechende Assoziation bei den Partnermarken modifiziert. Weisen mehrere Attribute
des Co-Brands Inkongruenzen auf, hat dies Auswirkungen auf alle entsprechenden
Assoziationen.
Das Subtyping-Modell dagegen geht davon aus, dass größere Inkongruenzen als Unterformen
des Markenschemas der Individualmarke gespeichert werden. Diese separate Speicherung hat
zur Folge, dass das Markenschema und die damit verbundene Einstellung unverändert bleiben
und daher keine Spill-Over-Effekte zu erwarten sind. Das Subtyping-Modell setzt die
Möglichkeit zur Speicherung des Co-Brands als Ausnahme voraus. Falls ein Subtyping nicht
möglich ist, findet eine Veränderung des Markenschemas statt. Insgesamt gilt, dass sich die
Spill-Over-Effekte beim Bookkeeping-Modell im Zeitablauf verstärken, während beim
Subtyping die Bindung zwischen dem ursprünglichen Markenschema und der Unterkategorie
im Zeitablauf schwächt und damit die Spill-Over-Effekte abnehmen.
Um Aussagen über den Spill-Over-Effekt ableiten zu können, ist es notwendig, Bedingungen
zu finden, die die Wahl des Schema-Veränderungs-Modells beeinflussen. Laut Baumgarth
(2003) lassen sich Hinweise in der Markentransferforschung finden. „In Studien von
Park/McCarthy/Milberg (1993) und Milberg/Park/McCathy (1997) wurden jeweils die Spill-
40
Over-Effekte von direkten (einzelne Marke) und indirekten Markentransfers (multiplen
Marken) miteinander verglichen. In beiden Studien zeigte sich mindestens tendenziell, dass
bei direkten Transfers negative Spill-Over-Effekte (konsistent mit dem Bookkeeping-Modell),
hingegen bei indirekten Markentransfers keine Spill-Over-Effekte auftreten (konsistent mit
dem Subtyping-Modell). Begründung dafür ist, dass bei einem indirekten Transfer die
zusätzliche Markierung ein Subtyping vereinfacht. Eine ähnliche Funktion kann im Rahmen
des Co-Brandings die jeweilige Partnermarke übernehmen.“ Baumgath (2003) Daraus folgt,
dass die Wahl des einen oder anderen Schema-Veränderung-Modell keine allgemeine
Gültigkeit zugewiesen kann. Dazu erlauben diese Modelle kaum eine Prognose über die
Effekte einer Markenkollaboration, wenn ihre Anwendung von der Qualität der zusätzlichen
Informationen abhängt. Bloß darf daraus eine Reduktion der Empfindlichkeit zur negativen
Informationen bei Co-Brand-Strategien abgeleitet werden.
6. Spill-Over-Effekte in den aktuellsten Studien
Im folgenden Kapitel werden die Forschungsergebnisse der aktuellsten Arbeiten im Bereich
des Co-Brandings vorgestellt, wobei das Thema Ausstrahlungseffekte im Mittelpunkt steht.
Der Fokus der Forschung hat das Ingredient Branding seit ungefähr zehn Jahren verlassen und
sich auf die gegenseitigen Wirkungen der Zusammenarbeitsarten zwischen Unternehmungen
gerichtet. An sich ist die Strategie des Ingredient Brandings längst beschrieben und
verstanden. Heutzutage sind die Wirkungen der Kollaborationen auf die einzelnen
Markenwahrnehmungen untersucht. In diesem Zusammenhang stellt das Ingredient Branding
bloß einen Spezialfall des Co-Brandings dar.
In den folgenden Abschnitten werden diese Fragen vertieft:
-Wie werden die Co-Brand-Eigenschaften auf die Partnermarken übertragen?
-Welchen Einfluss hat die wahrgenommene Markenstärke auf die Höhe der
Ausstrahlungseffekte?
-Welche Partnermarke von der Zusammenarbeit den höchsten Nutzen verzeichnen kann?
-Welche Einflussfaktoren beeinflussen die Rückwirkungseffekte?
-Welche Wirkungen haben negative Nachrichten über die Partnermarke auf die eigene?
6.1. Negative Informationen
Die Grundlagen wurden von Simonin und Ruth (1998) gelegt, indem sie die positive
Ausstrahlungseffekte auf der weniger bekannten Partnermarke ohne Rücksicht auf ihre
41
primäre oder sekundäre Position beweisen konnten. Weiterhin konnte keine Wirkung auf die
Auswertung des Co-Brands oder die Ausstrahlungseffekte weder dem Produktfit noch dem
Markenfit zugeschrieben werden. Die Vertraulichkeit mit den Marken im Gegenteil zeigt eine
hohe Korrelation mit den Ausstrahlungseffekten auf, indem die weniger bekannte Marke
generell mehr von der Allianz als die bekanntere Marke profitiert.
In einer Replikationsstudie moderiert Baumgarth (2004) diese Erkenntnisse, obwohl die
Ergebnisse positive Ausstrahlungseffekte aus dem Co-Branding bestätigen. Der Produktfit
und Markenfit spielen in diese Replikation im Gegensatz zu Simonin und Ruth (1998) eine
signifikante Rolle auf die Ausstrahlungseffekten. Gleichzeitig wird dadurch die Bedeutung
der Vertrautheit mit den kooperierenden Marken reduziert. Eine mögliche Erklärung konnte
die etwas andere Markenkombination der Replikationsstudie liefern. Eine zweite Abgrenzung
zu den Ergebnissen von Simonin und Ruth stellt die postulierte Unabhängigkeit des
Produktfits gegenüber dem Markenfit dar.
Huber (2004) erforscht die Wirkung negativer externer Ereignisse auf die konstituierenden
Partnermarken der Co-Brand. Erklärungen des Kaufverhaltens bei Co-Brand-Produkten und
der Rückwirkungseffekte auf die konstituierenden Partnermarken wurden im Rahmen
umfangreicher Experimente generiert. Dafür basiert er seine Studie auf dem oben angeführten
Ansatz der Einstellungsbildung und –veränderung.
Obwohl die von Huber für das Co-Brand-Produkt gefundenen Erfolgsfaktoren nicht im
direkten Verhältnis mit den uns interessierenden Ausstrahlungseffekten stehen, werden sie
aufgrund ihrer Beispielhaftigkeit und der Kohärenz der Arbeit Hubers vorgestellt:
Stärkster Einflussfaktor zur Erklärung des Kaufverhaltens bei Co-Brand-Produkten ist eine
positive Einstellung zu Co-Brand-Produkt. Auch wenn situative Einflüsse einen
Kaufentscheidungsprozess ausgehend von der Einstellungsbildung bis hin zum tatsächlichen
Kaufakt beeinflussen oder unterbrechen können.
Zwei Fit-Dimensionen (Marken- und Produktfit) können unterschieden, jedoch aufgrund der
hierarchischen Struktur des gespeicherten Markenwissens und dem damit einhergehenden
Vererbungsmechanismus nicht isoliert betrachtet werden:
Den relativ gesehen stärksten Einfluss besitzt dabei der wahrgenommene Produktfit. Dem Fit
zwischen den mit den Partnermarken der Co-Brand assoziierten Produkten und deren
42
konkreten Produkteigenschaften kommt bei der Erklärung des Kaufverhaltens eine sehr große
Bedeutung zu. Konstituierende Partnermarken aus Produktkategorien, die aus subjektiver
Sicht der Konsumenten zusammenpassen, erhöhen somit die Kaufwahrscheinlichkeit für ein
Co-Brand-Produkt nachhaltig.
Zusätzlich zum Produktfit stellt der wahrgenommene Fit der mit den Partnermarken in
Verbindung gebrachten Markenkonzepte eine weitere wichtige Determinante des
Kaufverhaltens dar.
Weiterhin besitzen auch die individuellen Markeneinstellungen zu den Partnermarken einen
indirekten Einfluss auf das Kaufverhalten. Positive Einstellungen zu den konstituierenden
Partnermarken tragen im erheblichen Masse zu einer positiven Einstellungsbildung zum Co-
Brand-Produkt bei. Co-Brand-Produkte von konstituierenden Partnermarken, zu denen
positive Einstellungen bestehen, werden daher auch mit einer größeren Wahrscheinlichkeit
gekauft.
Das Produktinvolvement der Konsumenten wird häufig als eine bedeutende Einflussgröße
betrachtet. Konsumenten mit einem hohen Involvement für die Produktkategorie des Co-
Brand-Produkts, zeichnen sich durch ein größeres Interesse für neue Produkte und Marken in
dieser Produktkategorie aus. Aus diesem Grund besitzen in Bezug auf eine Produktkategorie
hochinvolvierte Konsumenten für die in dieser Produktkategorie neu angebotenen Co-Brand-
Produkte ein stärker ausgeprägtes Kaufverhalten. Je höher das Produktinvolvement des
Konsumenten ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Präsenz einer Partnermarke
(positiv) auf dem Kaufverhalten wirken wird.
Die Markenorientierung weist einen positiven Einfluss auf das Kaufverhalten bei Co-Brand-
Produkten auf. Markenorientierte Konsumenten antizipieren mit der Konzeption eines Co-
Brand ein hochwertiges Leistungsversprechen und sehen dies gegenüber einer singulär
markierten Leistung als überlegen an. „Konsumenten mit einer stark ausgeprägten
Markenorientierung benötigen daher während ihres Kaufentscheidungsprozesses weniger
zusätzliche Informationen über das Co-Brand-Produkt und weisen somit ein stärker
ausgeprägtes Kaufverhalten für derartige Produkte auf„ (Huber, 2004).
Die Analyse der Rückwirkungseffekte von negativen externen Ereignissen auf die
konstituierenden Partnermarken der Co-Brand lieferte folgende zentrale Ergebnisse:
Negative externe Ereignisse in Form von negativen Produkttestinformationen über das Co-
Brand-Produkt führen zu negativen Rückwirkungseffekten bei den konstituierenden
Partnermarken. Eine Manipulation der Verantwortlichkeit für die Qualitätsmängel des Co-
43
Brand-Produkts zeigte indes eine überraschende Wirkung. Die in dem hypothetischen
Testberichtsstimulus von der negativen Testinformation nur indirekt betroffene Partnermarke,
d. h. ausschließlich über die assoziative Verbindung zum Co-Brand-Produkt, erhielt erheblich
stärkere negative Rückwirkungseffekte als die direkt betroffen Partnermarke. Dies wiederum
wurde in dem Testbericht als verantwortlich für die Qualitätsmängel bezeichnet.
Die Existenz von negativen Rückwirkungseffekten auf die konstituierenden Partnermarken
aufgrund von negativen Produkttestinformationen wurde über das Co-Brand-Produkt
bestätigt. „Darüber hinaus offenbarte sich, dass die Produktkategorieähnlichkeit zwischen der
Produktkategorie der konstituierenden Partnermarke und der Produktkategorie der Co-Brand
die relative Stärke der negativen Rückwirkungseffekte moderiert. Eine geringe Ähnlichkeit
zwischen der Produktkategorie der konstituierenden Partnermarke und der Produktkategorie
der Co-Brand kann zu stärkeren negativen Rückwirkungseffekten führen.“ Huber (2004)
Ein Vergleich der absoluten Wirkung von negativen respektive positiven Informationen wies
auf einen Dominanzeffekt der negativen Informationen hin. Diese Erkenntnis bestätigt die
oben präsentierte Einstellungstheorie. Demnach wurde belegt, dass negative Informationen zu
stärkeren absoluten Rückwirkungseffekten bei den konstituierenden Partnermarken führen als
positive Informationen.
6.2. Produkt- und Markenfit
Nils Andres (2003) widmet seine Forschung den Ausstrahlungseffekten bei kurzlebigen
Produkten. Seine Untersuchung baut auf dem zweiten vorgestellten theoretischen Ansatz
(Markenschema) auf und beschreibt durch ein Stimulus-Organismus-Response (S-O-R)
Paradigma die Wirkungen von der Gestaltung des Co-Brand-Produkts bis zu den
Rückwirkungseffekten auf die Partnermarken. Da die Ergebnisse bezüglich der
Erfolgsfaktoren eines Co-Brand-Produkts sich kaum von den oben vorgestellten Arbeiten
unterscheiden, werden sie im Rahmen unsere Untersuchung der Ausstrahlungseffekte zügig
vorgeführt. Andres (2003) untersucht insbesondere die Effekte unterschiedlicher
Qualitätswahrnehmungen von den assoziierten Partnermarken auf die Co-Brand-Leistung und
die daraus resultierenden Rückwirkungseffekte.
Ausgangspunkt der Modellentwicklung von Ausstrahlungseffekten beim Co-Branding bildete
der Erklärungsansatz von Simonin/Ruth (1998). Anders als bei Simonin/Ruth dienten die
moderierenden Variablen der Markenbekanntheit bzw. der Markenvertrautheit allerdings
nicht als latente Variablen, sondern als direkt beobachtbare Größen, anhand derer die
44
Teilnahme der Probanden an der Studie bestimmt wurde. So wurden ausschließlich
Probanden untersucht, die über ein relativ hohes Markenwissen verfügten, was aus den
empirischen Ergebnissen bereits ersichtlich wurde.
Abbildung 7: Einstellung-Modell von Simonin/Ruth 1998
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung bestätigen, dass durch die Beurteilung eines
Co-Brand-Produktes Ausstrahlungseffekte auf die kooperierenden Individualmarken
identifiziert werden können.
6.2.1. Einflussfaktoren des Co-Brand-Produkts
Der Produkt- und Markenfit und die Kohärenz dieser Inhaltsnetzwerke spielen ebenfalls bei
Andres (2003) eine zentrale Rolle in der Co-Brand-Beurteilung. Allerdings können
Inkongruenzen auf einer Dimensionsebene durch Übereinstimmungen auf der anderen Fit-
Ebene ausbalanciert werden. In diesem Zusammenhang weisen Inkongruenzen auf der
produktspezifischen Ebene eine höhere Bedeutung für die Schemaverbindung zwischen den
Individualmarken auf, die durch eine hohe Konsistenz der Markenkonzepte schwerer
ausgeglichen werden können als im umgekehrten Fall.
45
Für die Übertragung der Markenstärke spielt neben der Übereinstimmung der Marken und
Produkte der Grad des Produktinvolvements für die Produktbeurteilung eine entscheidende
Rolle. Unter einem hohen Produktinvolvement wird die Beurteilung des Produktes dabei nicht
ausschließlich auf der Grundlage der markenspezifischen Informationen gebildet, sondern
vielmehr durch die Nutzung unterschiedlicher Informationsquellen substituiert.
Die Erwartungen an die Konsistenz der Markenkonzepte bleiben unter einem hohen
Produktinvolvement bestehen und verdeutlichen damit wiederum die unterschiedlichen
schematischen Ebenen des Markenwissens.
6.2.2. Ausstrahlungseffekte
Als entscheidendes Ergebnis konnte der signifikante Einfluss der Co-Brand-
Produktbeurteilung auf die Individualmarken bezeichnet werden. Mit der Erfüllung dieser
Grundvoraussetzung von Ausstrahlungseffekten wurden damit auf Basis der
unterschiedlichen Produktqualitäten die Veränderungen der Markenstärke identifiziert.
Überraschenderweise erfährt jeweils auf Basis der unterschiedlichen Qualitäten nur eine
Individualmarke positive Ausstrahlungseffekte, die einen signifikanten Einfluss auf die
Beurteilung des Co-Brand-Produktes hat. Nach einer Analyse der Inhaltsnetzwerke der
beteiligten Marken und Produkte wird die Premiumqualität den Marken zugeschrieben, die
durch ihre hohe inhaltliche Kongruenz mit dem Produktschema einen erheblichen Einfluss auf
die thematischen Zielgrößen des Co-Brand-Produktes besitzen. „Im Gegensatz dazu wird die
Standardqualität speziell den Marken zugeteilt, die einen vergleichsweise geringeren
Produktfit aufweisen. Auf Basis der unterschiedlichen Qualitäten empfangen die
Markenpartner mit einem nicht signifikanten Einfluss auf die Beurteilung des Co-Brands
negative Ausstrahlungseffekte“, präzisiert Andres (2003).
Im Gegensatz dazu weisen Washburn und Alli (2004) dem Co-Branding einen positiven
Einfluss zu, unbeachtet der Qualitätskombination. Jedoch fällt die Schätzung der
Rückwirkungen am positivsten bei einer Assoziation zweier Marken mit etablierten
Reputationen aus. Die Konsumenten nehmen jegliche Markenassoziation als Hinweis für die
Qualität der Co-Brand-Leistung an, wenn die behauptete Eigenschaft vor der Anwendung der
Co-Brand-Leistung schwer überprüfbar ist.
46
Die Studie von Andres (2003) erkannte, dass negative Ausstrahlungseffekte (Reduktion der
Dichte bestimmter Assoziationen und „Verwässerung“ des Markenwissens) auf Basis der
Premiumqualität durch die Inkongruenzen der Bedeutungsinhalte für den als weniger
beitragende wahrgenommenen Markenpartner entstehen. Im umgekehrten Fall werden auf
Basis der Standardqualität negative Ausstrahlungseffekte durch die Marke provoziert, die den
größten Produktfit und deshalb den bedeutendsten Beitrag aufweisen. Die positiven und
negativen Ausstrahlungseffekte fallen dabei mit einem höheren Produktfit des jeweiligen
Markenpartners insgesamt höher aus als bei einem geringeren Produktfit.
Auf Basis der Premiumqualität führt dies bei Marken mit einem geringen Produktfit zu
Inkongruenzen des Markenbildes und damit zu einer Reduzierung der Dichte
produktspezifischer Assoziationen, während unter Einfluss einer Standardqualität die Marken
mit einem hohen Produktfit durch die Wahrnehmung einer Qualitätsvarianz eine Abnahme
der Dichte der Assoziationen qualitätsspezifischer Bedeutungsinhalte erfahren. „Negative
Ausstrahlungseffekte sind damit in Abhängigkeit der wahrgenommenen Qualität immer für
einen Markenpartner zu erwarten, der nicht als gleichwertig relevant für die Beurteilung des
Co-Brand-Produktes gilt“ (Andres 2003).
6.3. Weitere Teilaspekte
Weitere Studien können aufgrund ihrer spezifischen Fragestellungen oder exotischen
Produktkategorien zur Analyse unserer Fallstudie interessanter Weise beitragen, obwohl die
Integration ihrer Erkenntnissen in einem konsistenten Ansatz nicht möglich ist. Daran zeigen
sich die Grenzen der praxisnahen Untersuchungen, indem sie kaum übertragbare
Forschungsergebnisse produzieren.
In dieser Hinsicht liefert die Untersuchung Hadjicharalambous (2001) einen Ansatz zum
Ausgleich der Markenbeiträge. In Abhängigkeit zu der bearbeitenden Produktkategorie des
Co-Brand-Produktes existieren unterschiedliche homogene und heterogene Co-Brand-
Formen, die die Existenz erfolgreicher Rückwirkungseffekte eines Co-Brandings
beeinflussen.
47
Abbildung 8: Homogene und heterogene Co-Branding-Arten, Quelle Hadjicharalambous, 2001
Nach den Erkenntnissen von Hadjicharalambous (2001) eignet sich ausschließlich das
homogenen Co-Branding zur gezielten Generierung von positiven Ausstrahlungseffekten, bei
dem durch eine Erweiterung der kooperierenden Markennamen auf eine von den beiden
Partnern bereits bearbeitete Produktkategorie beide Markenpartner zu gleichen Anteilen die
Leistung erbringen können.
Votolato und Unnava (2006) untersuchen andere Aspekte der negativen Informationen auf die
assoziierten Partnermarken, indem sie die Effekte der Meldung eines moralischen und eines
kompetenzbezogenen Versagens auf die andere beteiligte Marke analysieren. Eine Forschung
von Swaminathan and Reddy (2004) deckt auf, dass die Fehler einer kooperierenden Marke
ohne Einfluss auf der Wahrnehmung der anderen Partnermarke wirken, unter der Bedingung,
dass die schuldige Marke nicht vorher mit minder Qualität assoziiert worden ist. Jedoch wird
wegen der negativen Information die Glaubwürdigkeit künftiger Erweiterungen reduziert.
Votolato und Unnava (2006) gehen aber weiter und prüfen die Ausstrahlungseffekte bei
differenzierten Arten von negativen Informationen und differenzierten Implikationen der
assoziierten Marke bei einem Versagen. Die Ergebnisse weisen auf eine Dichtigkeit der
unschuldigen Partnermarke hin, solange ihr der Fehler des Partners nicht bewusst ist oder sie
es nicht duldet. Die zwei Fehlerarten weisen aber keinen signifikanten Wirkungsunterschied
auf.
Co-Branding Transfer zweier bzw. mehrerer Marken auf eine gemeinsame Leistung
Homogenes Co-Branding (A=B)
Heterogenes Co-Branding (A≠B)
(A=B)=E
Homog. Co-Brand
Line Extension
IBM Apple Power PC
(A=B)≠E
Homog. Co-Brand
Franchise Extension
IBM Apple Büroausst.
(A≠B)=E
Heterog. Co-Brand
Line Extension NikeCoke Sportdrink
(A≠B) ≠E
Heterog. Co-Brand Franchise Extension Nike Coke CD-Player
(A≠B) ∩ A=E U B≠E bzw.A≠E U B=E
Heterog. Co-Brand
Lateral Extension
Nike Apple Computer
48
Andere einzelne Teilaspekte einer Kollaboration zweier Marken wurden durch
Untersuchungen analysiert, die ein breites aber unkoordiniertes Spektrum von Einsichten
bieten. Fang und Mishra (2002) beweisen, dass die Wahrnehmung einer unbekannten Marke
von der Qualität ihrer Partnermarken stark beeinflusst ist. Die Untersuchung unterscheidet
sich von vorigen, indem der Prozess der Wahrnehmungsbildung für eine unbekannte in
mehreren Kooperationen verwickelte Marke beschrieben wird. Die Auswertung der neuen
Marke erfolgt auf der Basis der Eigenschaften der assoziierten bekannten Marken. Weiterhin
wirkt die Homogenität der Allianz bei einer hochwertigen Co-Brand-Leistung negativ auf die
Wahrnehmung der unbekannten Marke. Hingegen profitiert am meisten die neue Marke von
dem Ruf der Partner bei heterogenen und hoch qualitativen Assoziationen. Diese Erkenntnisse
sind aber ausschließlich auf primäre neue Partnermarken anzuwenden, d.h. auf die für das
Produkt verantwortlich erscheinende Marke.
Die Implementierung der strategischen Entscheidungen wird kaum in der Forschung
behandelt. Jedoch bietet Gammoh (2006) eine Untersuchung der Anwendung des Co-
Branding in der Werbung und ihre Effekte auf die Wahrnehmung einer Co-Brand-Leistung.
Das Involvement der gezielten Konsumenten beeinflusst den Empfang der Botschaft. In
dieser Hinsicht wirkt die Werbung einer berühmten Partnermarke bei einer Allianz mit einer
unbekannte Primärmarke am besten mit gering involvierten Konsumenten, im Gegensatz zu
den hoch involvierten Konsumenten, die positiver auf ein starkes Argument reagieren.
Andererseits liefert die Untersuchung von Balachander und Ghose (2003) interessante
Ergebnisse über die Ausstrahlungseffekte der Werbung einer neuen Linienerweiterung auf die
Hauptmarke, wobei die Ausstrahlungen zwischen verschiedenen Produktkategorien und
Standorten untersucht werden. Die Ausstrahlungseffekte fallen positiv für die Muttermarke
aus, wobei die Neuigkeit der Linienerweiterung und ihre führende Position sich positiv auf
die Wahrnehmung der Muttermarke auswirken. Im Gegensatz dazu zeigt die Werbung für die
Muttermarke kaum Effekte auf die Tochtermarke. Diese Ergebnisse sollten aber mit Vorsicht
auf die Problematik des Co-Brandings aufgrund der unterschiedlichen Zahl der beteiligten
Firmen übertragen werden. Wenn vielleicht die Werbung einer Co-Brand-Leistung positiv auf
die als führend empfundene Partnermarke auswirken kann, bleibt der Ausstrahlungseffekt auf
die assoziierte Partnermarke ungeklärt.
49
Laut Lebar und Alli (2005) ist der Wert einer Marke von seiner Assoziation mit einer
Partnermarke im Rahmen eines Co-Brandings folgend modifiziert: Das Co-Branding
ermöglicht ein Produkt von der Konkurrenz zu differenzieren. Leider verzeichnen die
Partnermarken eine Verwässerung ihres Markenwissens und verlieren die Hochachtung der
Konsumenten, insbesondere bei Marken mit einer relativ hohen Glaubwürdigkeit.
Auf einer strategischen, spieltheoretischen Ebene besteht die Gefahr für eine Marke, die eine
Linienerweiterung in einer neuen Produktkategorie einführt, dass konkurrierende Marken aus
der zweiten Produktkategorie von der Schemaverbindung profitieren, um eigene Produkte in
der originellen Kategorie selber (counter-extension) einzuführen. Kumar (2005) untersucht
die Wirkung des Co-Branding eines Produktes auf die Möglichkeit für eine andere Marke eine
Counter-Extension auf dem Markt zu bringen. Wie angenommen, trübt eine eigene
Linienerweiterung die Wahrnehmung der Grenzen zwischen Produktkategorien und
erleichtert eine Counter-Extension. In diesem Zusammenhang kann das Co-Branding die
Eigenschaften der beiden Produktkategorien getrennt halten.
6.4. Implikationen für die Praxis
Ausstrahlungseffekte auf die Individualmarken beim Co-Branding sind primär durch die
Beurteilung eines Co-Brand-Produktes erklärbar. Die Beurteilung selbst ist wiederum
abhängig von dem Produktinvolvement eines Konsumenten mit der Produktart als auch den
kooperierenden Individualmarken und damit von der Wahrnehmung des Fits der mit den
Marken assoziierten Produkte sowie dem Fit zwischen den einzelnen Markenkonzepten.
Folgende Implikationen ergeben sich daraus für das Herstellermarketing:
Strategischer Hebel zur gezielten Generierung von Ausstrahlungseffekten über die
Beurteilung des Co-Brand-Produktes ist das Verhältnis der mit den Marken
wahrgenommenen Bedeutungsinhalte und der durch das Produkt gebildeten thematischen
Teilgröße. Um eine erfolgreiche Aufnahme der Bedeutungsinhalte der beiden assoziierten
Individualmarken zu gewährleisten, soll das Produkt, das in Abhängigkeit von den
50
Fähigkeiten der Individualmarken gleichermaßen beitragen kann, gewählt werden. Wenn die
Marken zu identischen Anteilen zum Co-Brand-Produkt mitwirken können, fällt die
Integration der beiden Markeninhalten besser aus.
Außerdem hängt der Produktfit des Co-Brand-Produktes von der Spezifität der
Individualmarkenschemata ab. Zu diesen Bedeutungsinhalten zählen die von den Marken
bereits produzierte Produkte sowie die Herstellungskompetenz zur Erfüllung der von den
Konsumenten erwarteten Eigenschaften. „Wenn beide Marken auf der Produktebene als
gleichwertig relevant erachtet und Ungleichheiten in den Kompetenzen neutralisiert werden,
können auf der Basis des Co-Brand-Produktes Verknüpfungen zwischen den
Bedeutungsinhalten der Marken und dem Produkt gebildet und folglich positive
Ausstrahlungseffekte zur Steigerung der Markenstärke bei den Markenpartnern generiert
werden.“ (Andres, 2003)
Zu den bedeutendsten Faktoren zur Beurteilung des Co-Brand-Produktes zählt der Fit
zwischen den Markenkonzepten. Deswegen sollen Marken kollaborieren, die im Hinblick auf
ihren Grad der Prestige- und Funktionsorientierung übereinstimmen. In diesem
Zusammenhang sollen die beteiligten Firmen den Sichtpunkt des Konsumenten und die von
den Konsumenten wahrgenommenen Bedeutungsinhalte betrachten.
Des Weiteren soll das Produktinvolvement der Kunden die Wahl der Artikel lenken, die mit
einem Co-Brand zu versehen sind. Laut Andres (2003) ist „aufgrund der Individualität des
Produktinvolvements von den Herstellern in diesem Zusammenhang zu prüfen, welche
Produkte sich grundsätzlich zur Markierung mit einem Co-Brand eignen.“
Die Qualität des Co-Brand-Produktes bedingt die Höhe der Ausstrahlungseffekte, da die von
den Konsumenten mit den Individualmarken assoziierten Eigenschaften von positiveren
Produkterfahrungen bestätigt werden. Deshalb werden durchschnittliche Produkterfahrungen
eines Co-Brand-Produktes schwächere Ausstrahlungseffekte auf die mit den kollaborierenden
Marken assoziierten Markeninhalte bewirken.
Es sollte darüber hinaus im Hinblick auf produktpolitische Entscheidungen ein von den
Konsumenten spürbar wahrgenommener Leistungsvorteil auf den produktspezifischen
Kompetenzdimensionen der Marken durch das Co-Brand-Produkt begründet werden, um dem
verfolgten Ziel von Ausstrahlungseffekten effektiv nachzukommen.
51
Nach Andres (2003) sollen die wahrgenommene Beiträge ausbalanciert werden, um negative
Ausstrahlungseffekte auf die Individualmarke zu vermeiden, die nicht dem Qualitätsniveau
des Co-Brand-Produkt in der Vorstellung der Konsumenten entsprechen.
6.5. Implikationen für die untersuchte Fallstudie
Anhand der präsentierten Erkenntnisse der Co-Branding-Forschung kann für den Fall von
HeiQ und Mammut die Eignung dieser strategischen Entscheidung geprüft werden.
Problematisch bleibt die Streuung der Studien auf verschiedenen Produktkategorien,
Fragenstellungen und Kollaborationstypen sowie die Vielzahl von Ansätzen, die diesen
Studien zugrunde liegen. Trotz der vorgenommenen Annäherungen kann die Begründetheit
des Ingredient Brandings bezüglich seiner zu erwartende Rückwirkungseffekte untersucht
werden.
Da es sich beim Produkt der Firma HeiQ um eine Innovation handelt, ist ihr Markenwissen
bei den Konsumenten der Mammut-Produkte am tiefsten. Auf der anderen Seite wird dadurch
der Spielraum für die Werbung signifikanterweise erhöht, da die Markeneinstellung praktisch
völlig aufzubauen ist.
Da die Markeneinstellung nicht gegeben ist, wird sich der Fit zwischen den beiden Marken
ausschließlich aus dem Produktfit ergeben. In dieser Hinsicht bietet HeiQ eine Leistung, die
in den Marken- und Produktschemata von Mammut zu finden ist. Ohne eine komplette
Analyse der Bedeutungsinhalte von Mammut durchzuführen, was den Rahmen dieser Arbeit
sprengen würde, scheint die technologische Produktkompetenz von HeiQ, die hoch
qualitativen und technischen Anforderungen, die mit der Marke Mammut verbunden sind,
ergänzen zu können. Die beanspruchte hohe Qualität der Nanotechnolgie von HeiQ im
Vergleich zur Konkurrenz spricht dem Excellenzanspruch von Mammut gut an und deutet
positive Rückwirkungseffekte für beide Unternehmungen an, solange die Beiträge der beiden
Firmen als gleichwertig für die wahrgenommene Co-Brand-Leistung von den Konsumenten
betrachtet werden.
Außerdem beeinflusst das mit dem Kauf eines Unterkleidungsstückes verbundene
Involvement die Höhe der Rückwirkungseffekte für Mammut sowie für HeiQ. Deshalb eignet
sich die geplante Fokussierung auf das hochqualitative Segment zur Ansprache der möglichen
52
Kunden, die sich um die Eigenschaften und Qualitäten ihrer sportlichen Unterkleidung
kümmern. Im Kreise dieser anspruchsvollen Kunden kann man ein hohes Involvement und
vergleichsweise höhere Rückwirkungseffekte erwarten. Fragwürdiger ist im Gegensatz das
Involvement des durchschnittlichen Kunden für Unterteile und die daraus entstehenden Höhe
der Ausstrahlungseffekte.
Bezüglich der negativen Nachrichten, die aus der Anwendung von Nanotechnologien
auftauchen könnten, deutet die bestehende Forschung auf wenige negative
Rückwirkungseffekte hin, wenn die unschuldige Firma unbewusst kollaboriert oder wenn sie
sich sofort von ihrer Partnerfirma trennt. Daher sollte für Mammut die Kollaboration mit
HeiQ kein Reputationsrisiko darstellen, da sie sich im Fall einer negativen Nachricht von
HeiQ abtrennen kann. Diese Erkenntnis befreit aber Mammut nicht von einer vollständigen
Überprüfung der mit dieser neuen Technologie verbundenen Gefahren.
7. Fazit
Die Theorie liefert eine Vielzahl von Ansätzen, die trotz strengen theoretischen
Anforderungen oft einen für die Praxis ungenügenden Verallgemeinerungsgrad bieten. Die
möglichen Kombinationen sind in der Praxis fast unendlich und können von einem einzigen
Ansatz nicht abgedeckt werden. Die Erkenntnisse, die man aus der Markentransferforschung,
der Country-of-Origin oder der Bundling-Forschung gewinnt, können nur mit großer Sorgfalt
auf anderen Markenbeziehungen ausgedehnt werden. Des Weiteren werden oft im Rahmen
der Studien die Wirkungen der Marken anhand konkreter Beispiele untersucht, die wiederum
zu Einschränkungen der Validität der gewonnenen Erkenntnisse führen.
Dazu zeigen die Erhebungsmethoden der Daten bedeutende Limitierungen auf. Die Forscher
verfügen oft nicht über existierende Marken und müssen mit fiktiven Markennamen arbeiten.
Darüber hinaus werden oft die Studien mit Studenten durchgeführt und es fehlt an vielseitigen
Konsumenten. Des Weiteren werden die Untersuchungen in einem Zug durchgeführt und
erlauben nicht eine realitätsnahe Entwicklung der Markenwissen zu erfolgen.
Dennoch deuten die aktuellen Erkenntnisse der Marketingforschung auf eine
erfolgsversprechende Co-Branding-Möglichkeit für Mammut und HeiQ hin. Die theoretischen
Erklärungsansätze des Ingredient Branding bieten keine Analyse oder Beschreibung für den
Fall einer Innovation. Im Gegensatz dazu erlauben die Einstellungsbildungs- und die
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Markenschemata-Ansätze im Rahmen der Co-Branding-Forschung durch ein
anpassungsfähiges Modell eine Analyse der Einführung einer neuen Marke.
Neben den Studien, die sich wie die von Simonin/Ruth (1998) um einem mathematischen
Modell entwickeln, liefert die qualitative Untersuchung von Bengtsson (2002) interessante
Erkenntnisse über die Wahrnehmung der Co-Brands. Erstens kann sich das Markenwissen
von einem Kunden zum anderen sehr stark unterscheiden. Zweitens erkennen die Kunden
nicht immer, dass ein Produkt mit mehreren Marken versehen ist. Manchmal wird die
Kontribution der assoziierten Marke von den Kunden unbemerkt bleiben. Da diese
Untersuchung auf Konsumgüter fokussiert, konnte man argumentieren, dass das Involvement
beim Kauf einer Packung von Kartoffelchips besonders gering ist, aber die Frage des
benötigten Involvement für einen effizienten Co-Brand bleibt weiterhin bestehen. Weitere
Forschungen sollten sich der Messung der Faktoren und der Erkennung ihrer Grenzwerte
widmen. Diese Problematik stellt die größte Herausforderung der Forschung im Verhältnis
mit den Markenkollaborationen dar.
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"Ich erkläre hiermit, − dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und ohne Verwendung anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe, − dass ich sämtliche verwendeten Quellen erwähnt und gemäss gängigen wissenschaftlichen Zitierregeln korrekt zitiert habe, − dass ich ohne schriftliche Zustimmung des Rektors keine Kopien dieser Arbeit an Dritte aushändigen werde, ausgenommen nach Abschluss des Verfahrens an Studienkollegen und -kolleginnen oder an Personen, die mir wesentliche Informationen für die Bachelor- Arbeit zur Verfügung gestellt haben." Philippe Loup