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Anwendungsorientierte Fourier-Analysis
Vorlesung: Montags, 8.30 – 10.00 Uhr LA 013Vorlesung: Mittwochs, 8.30 – 10.00 Uhr, LA 013Ubung: Mittwochs, 14.00 – 15.30 Uhr, LE 103
Abgabe der Ubungsaufgaben: Mittwochs in der Vorlesung
Inhalt der Vorlesung
1. Einfuhrung2. Fourier-Reihen3. Konvergenz von Fourier-Reihen4. Anwendungen der Fourier-Reihen5. Fourier-Transformation6. Anwendungen der Fourier-Transformation7. Diskrete Fourier-Transformation8. Wavelet-Transformation
Literatur
- G. Steidl, M. Tasche: Schnelle Fouriertransformation – Theorie und An-wendungen, Lehrbriefe der FernUniversitat Hagen, 1996.
- K.D. Kammeyer, K. Kroschel: Digitale Signalverarbeitung, Teubner,Stuttgart, 1998.
- S. Mallat: A Wavelet Tour of Signal Processing, Academic Press, SanDiego, 1998.
- M. Hanke-Bourgeois: Grundlagen der Numerischen Mathematik und desWissenschaftlichen Rechnens, Teubner, Stuttgart, 2002.
- A.K. Louis, P. Maaß, A. Rieder: Wavelets: Theorie und Anwendungen,Teubner, Stuttgart, 1998.
- H. Babovsky, T. Beth, H. Neunzert, M. Schulz-Reese: MathematischeMethoden in der Systemtheorie: Fourieranalysis, B.G. Teubner, Stutt-gart, 1987.
- C. Van Loan: Computational Frameworks for Fast Fourier Transform,SIAM, Philadelphia, 1992.
–1
1. Einfuhrung
Zur Geschichte:
Wer war Jean Baptiste Joseph Fourier (1768 - 1830)?
1768 Geburt als 12. Kind seines Vaters und 9. Kind seiner Mutter in Auxerre(zwischen Paris und Dijon), wurde mit 10 Jahren Vollwaise
1780 Eintritt in die Konigliche Militarakademie von Auxerre, nach Abschlussdes Studiums Eintritt in die Abtei von St. Benoit-sur-Loire.
1793 tritt dem Revolutionskomitee von Auxerre bei, zwei Verhaftungen wegenterroristischer Umtriebe
1795 Antritt einer Dozentenstelle an der Ecole Polytechnique in Paris
1797 Ubernahme des Lehrstuhls fur Analysis und Mechanik an der Ecole Po-lytechnique in Paris
1798 Teilnahme an der Invasion von Agypten durch die napoleonische Armeeals wissenschaftlicher Berater, arbeitet spater als Sekretar des agyptolo-gischen Instituts in Kairo und schreibt ein Buch uber Agypten
1801 Ruckkehr nach Paris an die Ecole Polytechnique
1802 Ernennung zum Prafekten des Departements Isere (Grenoble) durch Na-poleon
1816 Anstellung in einem Buro fur Statistik in Paris
1817 Wahl in die franzosische Akademie der Wissenschaften
1822 Anstellung als Sekretar der Akademie der Wissenschaften
1822 Buch”Analytische Theorie der Warme“
Ausschreibung der franzosischen Akademie der Wissenschaften:
Was ist das Wesen der Warme und wie erfolgt deren Ausbreitung?
1807 1. Arbeit uber Warmeausbreitung(Die hier entwickelte Theorie widersprach den bisherigen Auffassungenuber Funktionen und stieß auf heftigen Widerstand einzelner Mitgliederder Akademie (z. B. Lagrange und Laplace), so dass die Veroffentlichungdieser Arbeit zunachst verhindert wurde.)
1812 großer Preis der Mathematik der Akademie der Wissenschaften
Fouriers Idee: Jede periodische Funktion lasst sich als Summe von Kosinus-und Sinus-Termen darstellen.
Sei u(x, t) die Temperatur im endlichen Stab im Punkt x ∈ [0, l] zur Zeit t ∈[0,∞). Diese wird durch die spezielle Warmeleitungsgleichung
∂u∂t = ∂2u
∂x2
1–1
Einfuhrung
beschrieben mit der Anfangsbedingung (AB)
u(x, 0) = u0(x) ∀x ∈ [0, l]
und der Randbedingung (RB)
u(0, t) = u(l, t) = 0 ∀ t ∈ [0, ∞).
Fouriersche Methode:
u(x, t) = X(x)T (t) (Produktansatz).
Damit folgt aus der Warmeleitungsgleichung
X(x)T ′(t) = X ′′(x) T (t)
T ′(t)T (t) = X ′′(x)
X(x) := −λ.(1.1)
Wir erhalten zwei Differentialgleichungen:
1. X ′′(x) + λX(x) = 0, X(0) = X(l) = 0,
2. T ′(t) + λT (t) = 0, X(x)T (0) = u0(x)
mit den Randbedingungen aus der obigen Warmeleitungsgleichung.
1. Die erste Gleichung ist eine lineare homogene Differentialgleichung 2. Ord-nung. Das zugehorige charakteristische Polynom z2 + λ = 0 besitzt die Null-stellen i
√λ und −i
√λ, und wir erhalten die allgemeine Losung
a1e√λxi + a2e
−√λxi.
Aus den Randbedingungen folgt nun fur x = 0 und x = l
a1 + a2 = 0
a1e√λli + a2e
−√λli = 0
und damit a2 = −a1 und
a1(e√λli − e−
√λli) = 2ia1 sin
√λl = 0.
Um nicht die triviale Losung a1 = a2 = 0 zu erhalten, muss also√λ l eine
Nullstelle der Sinusfunktion sein, d.h.,√λl = πk
λk =(πkl
)2(k ∈ Z).
Wir erhalten somit die Losungen
Xk(x) = Ak sin πkxl .
1–2
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
2. Die zweite Gleichung ist eine homogene Differentialgleichung 1. Ordnung.Setzen wir λ = λk ein, erhalten wir aus
T ′k(t) + λkTk(t) = 0
die allgemeine LosungTk(t) = Bke
−λkt
und damit durch Superposition
u(x, t) =∞∑k=1
Xk(x)Tk(t) =∞∑k=1
ck e−k2π2
l2t
sin(kπxl
),
wobei ck := Ak Bk. Aus der Anfangsbedingung u(x, 0) = u0(x) ∀x ∈ [0, l] folgtnun fur t = 0
u(x, 0) = u0(x) =∞∑k=1
ck sin kπxl (Fourier-Reihe).
Zur Bestimmung der Koeffizienten ck muss u0(x) also in eine Fourier-Reiheentwickelt werden.
Problem: Wie sind bei gegebenen u0(x) die”Fourierkoeffizienten“ ck zu wah-
len?
Themen der Vorlesung:
I Fourier-Reihe:
Die Fourier-Reihe einer 2π-periodischen Funktion f ∈ L12π ist durch
a0(f)2 +
∞∑k=1
(ak(f) cos(kx) + bk(f) sin(kx))
gegeben mit
ak(f) := 1π
2π∫0
f(u) cos(ku) du (k ∈ N0),
bk(f) := 1π
2π∫0
f(u) sin(ku) du (k ∈ N).
Komplexe Form einer Fourier-Reihe:
∞∑k=−∞
ck(f)eikx
mit
ck(f) := 12π
2π∫0
f(u) e−iku du (Fourier-Koeffizienten).
1–3
Einfuhrung
Probleme: • Wann konvergieren Fourier-Reihen?
• Wie spiegeln sich die Eigenschaften von f im Verhalten derck(f) wider?
• Wie berechnet man ck(f)?
Anwendung: Losung partieller Differentialgleichungen,
Losung spezieller Integralgleichungen,
Digitale Signalverarbeitung.
II Fourier-Integral:
Das Fourier-Integral einer absolut integrierbaren Funktion f ∈ L1 ist durch
F(f)(u) = f(u) :=∞∫−∞
f(x) e−iux dx
definiert (Fourier-Transformation).
Probleme: • Welche Eigenschaften hat f ?
• Wie spiegelt sich das Verhalten von f in dem von f wider?
• Wie berechnet man f ?
• Fourier-Transformationen fur Distributionen.
Anwendung: Differentialgleichungen (z.B. Laplace-Gleichung),
Signalanalyse (Shannons Abtastsatz).
III Diskrete Fourier-Transformation:
Die diskrete Fourier-Transformation (DFT(N)) der Lange N ist durch
x := FNx
definiert, mitx := (xj)
Nj=0 ∈ CN , x = (xk)
N−1k=0
und der Fourier-Matrix
FN := (wjkN )N−1j,k=0, wN := e−2πi/N .
Probleme: • Welche Eigenschaften hat die DFT?
• Welche Zusammenhange mit Fourier-Koeffizienten bzw.
Fourier-Integralen bestehen?
• Wie berechnet man die DFT(N) effizient?
1–4
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Schnelle Fourier-Transformation (FFT)
Unter FFT werden alle schnellen Algorithmen zur Berechnung der DFT(N)zusammengefasst.
1965: erster Algorithmus fur N = 2t von J.W. Cooley - J.W. Tukey(siehe Gauß 1805, Runge 1903).
Nachteile der Fourier-Analysis fuhren zu Weiterentwicklungen.
→ gefensterte Fourier-Transformation (Gabor-Transformation)
→ Wavelet-Theorie (seit 1982)
IV Wavelet-Transformation:
Eine Funktion ψ ∈ L2, die die Bedingung
0 < cψ = 2π∞∫−∞
|ψ(w)|2|w| dw <∞
erfullt, heißt Wavelet. Die Wavelet-Transformierte einer Funktion f ∈ L2 zumWavelet ψ ist durch
Lψf(a, b) := c−1/2ψ |a|−1/2
∞∫−∞
f(t)ψ( t−ba ) dt
fur a ∈ R \ {0}, b ∈ R definiert.
Probleme: • Welche Eigenschaften hat Lψf(a, b)?
• Wie lasst sich die Wavelet-Transformation effizient berech-nen? → Diskrete Wavelet-Transformation
• Welche Eigenschaften sollte ein Wavelet ψ haben und wielasst sich ein
”gunstiges“ ψ berechnen?
Anwendung: Signalanalyse,
Datenkompression.
1–5
2. Endliche Fourier-Transformation(Fourier Reihen)
Fourier-Reihen dienen zur Analyse periodischer Funktionen.
Definition: Eine Funktion f(x), die auf (−∞,∞) definiert ist, heißt T -periodisch, wenn ein T > 0 existiert mit
f(x) = f(x+ T ) ∀ x ∈ R.
Beispiel: Harmonische Schwingung
Gegeben sei
f(x) = a cos(wx) + b sin(wx) (a2 + b2 > 0, w > 0).
Wir setzen
a = r sinϕ , b = r cosϕ (r > 0, 0 ≤ ϕ < 2π).
Dann folgtf(x) = r sinϕ cos(wx) + r cosϕ sin(wx)
= r sin(wx+ ϕ) Sinusschwingung.
Dabei ist r =√a2 + b2 die Amplitude, ϕ die Phasenkonstante, T = 2π
w die
Periode und w = 2πT die Frequenz von f . Offensichtlich gilt
f(x+ T ) = f(x) (x ∈ R).
Wir betrachten 2π−periodische Funktionen.
Eine trigonometrische Reihe hat die Form
a02 +
∞∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)). (2.1)
Physikalische Interpretation: (2.1) ist Uberlagerung von harmonischen Schwin-gungen mit ganzzahligen Frequenzen
eikx = cos(kx) + i sin(kx).
Komplexe Schreibweise:∞∑
k=−∞ck e
ikx
2–1
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
mitc0 = a0
2 , ck = 12(ak − ibk), c−k = 1
2(ak + ibk) (k ∈ N).
Ein trigonometrisches Polynom von hochstens n-tem Grad hat die Form
a02 +
n∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)) =n∑
k=−nck e
ikx.
Die Menge aller trigonometrischen Polynome vom Grad ≤ n bezeichnen wir mitTn.C2π Banach-Raum aller stetigen 2π-periodischen Funktionen mit
‖ f ‖∞ := max{|f(x)| : x ∈ [0, 2π]}.
L12π Banach-Raum aller absolut integrierbaren 2π-periodischen Funktionen
mit der Norm
‖ f ‖1 := 12π
2π∫0
|f(x)|dx.
L22π Hilbert-Raum aller quadratisch integrierbaren 2π-periodischen Funktio-
nen mit dem Skalarprodukt
(f, g) := 12π
2π∫0
f(x) g(x) dx
und der Norm‖ f ‖2:= (f, f)
12 .
Es gilt: L12π ⊃ L2
2π ⊃ C2π.
Es gilt die Cauchy-Schwarz-Ungleichung:
|(f, g)| ≤‖ f ‖2 ‖ g ‖2 (f, g ∈ L22π).
Satz 2.1.
In L22π ist {ek : k ∈ Z} mit ek(x) := eikx ein vollstandiges Orthonormal-
system (ONS).
Beweis: Fur j, k ∈ Z gilt
(ej , ek) = 12π
2π∫0
ei(j−k)xdx = δj,k.
Damit folgt die Orthonormalitat von {ek : k ∈ Z}.Spater zeigen wir die Vollstandigkeit: Aus f ∈ L2
2π mit
(f, ek) = 0 (∀ k ∈ Z)
(siehe Satz 2.2) folgt f = 0 fast uberall.
2–2
Endliche Fourier-Transformation
Definition: Jeder Funktion f ∈ L12π konnen wir trigonometrische Poly-
nome wie folgt zuordnen: Es sei
ck(f) := (f, ek) = 12π
2π∫0
f(u) e−iku du (k ∈ Z)
der k-te komplexe Fourierkoeffizient von f . Weiterhin ist
Snf :=n∑
k=−nck(f) ek (n ∈ N)
die n-te (komplexe) Fourier-Summe von f und
∞∑k=−∞
ck(f) ek
die (komplexe) Fourier-Reihe von f .
Wegen eikx = cos(kx) + i sin(kx) lautet die n-te (reelle) Fourier-Summe furreellwertiges f
(Snf)(x) = a0(f)2 +
n∑k=1
(ak(f) cos(kx) + bk(f) sin(kx))
mit
ak(f) := 1π
2π∫0
f(u) cos(ku) du (k ∈ N0),
bk(f) := 1π
2π∫0
f(u) sin(ku)du (k ∈ N).
Entsprechend ist die reelle Fourier-Reihe erklart.
Bemerkungen:1. Konvergiert die trigonometrische Reihe
a02 +
∞∑k=1
(ak cos(kx) + bk sin(kx)) (bzw.∑k∈Z
ck eikx)
gleichmaßig auf R (bzw. [0, 2π]) gegen f , so folgt nach Satz 2.1
ak = ak(f) (k ∈ N0), bk = bk(f) (k ∈ N) (bzw. ck = ck(f) fur k ∈ Z).
2. Fur eine T -periodische Funktion f(y) mit 1T
T∫0
|f(y)| dy < ∞ lasst sich die
Fourier-Reihe mittels der Substitution x := 2πyT durch
∞∑k=−∞
ck(f) e2πiky/T
2–3
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
mit
ck(f) := 1T
T∫0
f(u) e−2πiku/T du
definieren. Alle Aussagen fur 2π-periodische Funktionen lassen sich so auf T -periodische Funktionen ubertragen.
Satz 2.2. (Identitatssatz)
Sei f ∈ L12π mit ck(f) = 0 (k ∈ Z) gegeben. Dann gilt f = 0 fast
uberall.
Bemerkung: Wegen L12π ⊃ L2
2π beweist das die Vollstandigkeit des ONS {ek :k ∈ Z}.
Beweis: 1. Sei f ∈ C2π mit ck(f) = 0 (k ∈ Z) gegeben.Nach dem Approximationssatz von Weierstraß existiert eine Folge (pn)
∞n=1 tri-
gonometrischer Polynome, die gleichmaßig gegen f konvergiert. Wir betrachtendas lineare stetige Funktional ϕ : C2π → C
ϕ(g) := 12π
2π∫0
f(u) g(u) du (g ∈ C2π).
Wegen ϕ(ek) = ck(f) = 0 (k ∈ Z) gilt ϕ(pn) = 0 (∀ n ∈ N). Wir erhalten
|ϕ(f)− ϕ(pn)| = 12π |
2π∫0
f(u)(f(u)− pn(u)) du|
≤ ‖ f ‖∞ 12π |
2π∫0
(f(u)− pn(u)) du| ≤ ‖ f ‖∞ · ‖ f − pn ‖∞ ·1.
Da ‖ f − pn ‖∞ fur n → ∞ gegen Null konvergiert ergibt sich limn→∞
ϕ(pn) =
ϕ(f), und damit
12π
2π∫0
|f(u)|2du = ϕ(f) = limn→∞
ϕ(pn) = 0.
Aus der Stetigkeit von f folgt damit f ≡ 0.
2. Sei f ∈ L12π mit ck(f) = 0 (k ∈ Z). Dann ist
h(x) :=x∫0
f(t)dt (x ∈ R)
absolut stetig und 2π−periodisch (da c0(f) = 0 und f 2π−periodisch).
2–4
Endliche Fourier-Transformation
Definition: f heißt absolut stetig, wenn ∀ ε > 0 ∃ δ > 0, so dass furjedes endliche System paarweise disjunkter Intervalle
(a1, b1), . . . , (an, bn) mitn∑k=1
(bk − ak) < δ
giltn∑k=1
|f(bk)− f(ak)| < ε.
In [a, b] absolut stetige Funkion sind gleichmaßig stetig und von be-schrankter Variation.
Ferner giltck(h) = 1
ikck(f) = 0 (k ∈ Z \ {0}),denn mit partieller Integration ergibt sich
ck(h) = 12π
2π∫0
h(u) e−iukdu = 12π
2π∫0
u∫0
f(t) dt e−iuk du
= 12π
2π∫0
f(u) 1ik e
−iuk du+ 12π
[u∫0
f(t) dt e−iuk
ik
]2π0
= 1ik ck(f) = 0.
Da h − c0(h) ∈ C2π gilt, folgt aus dem ersten Teil des Beweises h ≡ c0(h).Differentiation liefert f = 0 fast uberall.
Beispiele fur wichtige trigonometrische Polynome:
1. Dirichlet-Kern: Der Dirichlet-Kern Dn ∈ Tn ist durch
Dn :=n∑
k=−nek
definiert. Es gilt
Dn(x) = 1 +n∑k=1
(eikx + e−ikx) = 1 + 2n∑k=1
cos(kx).
Dn ist reell, gerade, 2π-periodisch und
Dn(0) = 2n+ 1, D0(x) ≡ 1.
Fur x ∈ (0, π) und n ∈ N gilt:
Dn(x) = 1sin x
2(sin x
2 +n∑k=1
2 cos(kx) sin x2︸ ︷︷ ︸
=sin( 2k+12 )x−sin( 2k−1
2 )x
) =sin
(2n+1)x2
sin x2
.
2–5
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Der Dirichlet-Kern Dn (n ∈ N) hat genau n einfache Nullstellen 2πk2n+1 (k =
1, . . . , n) innerhalb von [0, π]. Ferner gilt Dn(π) = (−1)n,
2π∫0
Dn(u)du = 2π,
2π∫0
|Dn(u)|du = 8π ln n+O(1) (n→∞),
(siehe z. B. Butzer, Nessel:”Fourier Analysis and Approximation“, Birkhauser
Basel, 1971, S. 42, Proposition 1.2.3).
9
x
6
2
2
0
!2
5
7
8
3
4
1
3
!1
0
!2 !1!3
1
20
!2
0
x3210
15
!1
10
5
!5
!3
Skizze von D4 (links) und Skizze von D11 (rechts).
Anwendung: Der Dirichletkern dient zur Herleitung einer Integralformel furdie Fouriersumme.
2. Fejer-Kern: Der Fejer-Kern Fn ∈ Tn ist durch
Fn := 1n+1
n∑k=0
Dk
als arithmetisches Mittel von Dirichlet-Kernen definiert.
Fn ist gerade, 2π-periodisch und es gilt
Fn(0) = 1n+1
n∑k=0
(2k + 1) = (n+1)2
n+1 = n+ 1.
Fur x ∈ (0, π] gilt
Fn(x) = 12(n+1)
1(sin x
2 )2
n∑k=0
2 sin(2k + 1)x
2sin
x
2︸ ︷︷ ︸=cos(kx)−cos(k+1)x
= 12(n+1)
1(sin x
2 )2· (1− cos(n+ 1)x) = 1
n+1
(sin
(n+1)x2
sin x2
)2
≥ 0.
2–6
Endliche Fourier-Transformation
Fn (n ∈ N) hat in [0, π] die doppelten Nullstellen 2kπn+1 (k = 1, 2, . . . , bn+1
2 c).(Dabei ist bac := max{j ∈ Z : j ≤ a} fur a ∈ R). Ferner gilt: Fn(x) ≥0 (x ∈ R) und
2π∫0
Fn(u) du = 2π.
0
!2
4
x3210!1
5
3
2
!3
1
10!2 3
7,5
0,0
!1
5,0
2,5
x
10,0
2!3
Skizze von F4 (links) und Skizze von F11 (rechts).
Anwendung: Approximation fur periodische Delta-Distribution.
Der Fourier-Summenoperatior Sn : L22π → L2
2π besitzt folgende wichtige Eigen-schaft:
Satz 2.3.
Die Fouriersumme Sn : L22π → L2
2π ist der orthogonale Projektor von L22π
auf Tn. Fur f ∈ L22π gilt:
‖ f − Snf ‖2 = min{‖ f − p ‖2 : p ∈ Tn}.
Ferner gilt die Besselsche Ungleichung
‖ Snf ‖22=n∑
k=−n|ck(f)|2 ≤‖ f ‖22 .
Beweis: 1. Fur beliebige p ∈ Tn der Form
p :=n∑
k=−nck ek
2–7
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
und f ∈ L22π gilt wegen
(f, p) =n∑
k=−nckck(f), (f, p) =
n∑k=−n
ckck(f), (p, p) =n∑
k=−n|ck|2,
‖ f − p ‖22 = (f − p, f − p) = (f, f)− (f, p)− (f, p) + (p, p)
=‖ f ‖22 −n∑
k=−n|ck(f)|2 +
n∑k=−n
|ck(f)− ck|2
≥‖ f ‖22 −n∑
k=−n|ck(f)|2.
Gleichheit gilt nur im Fall ck = ck(f) (k = −n, . . . , n). Fur p = Snf folgt
0 ≤‖ f − Snf ‖22 =‖ f ‖22 −n∑
k=−n|ck(f)|2
= min{‖ f − p ‖22 : p ∈ Tn}.
Aus
‖ Snf ‖22=n∑
k=−n|ck(f)|2
folgt damit die Behauptung.
2. Projektoreigenschaft: Wir zeigen, dass Sn(Snf) = Snf gilt.
Fur p ∈ Tn der Form p =n∑
l=−ncl el gilt
ck(p) =
(n∑
l=−ncl el, ek
)= ck (k = −n, . . . , n),
ck(p) = 0 |k| > n.
Damit folgt Snp = p, d.h., Sn(Snf) = Snf fur f ∈ L22π.
Also ist Sn Projektor von L22π auf Tn. Wegen
(Snf, g) =n∑
k=−nck(f) ck(g) = (f, Sng) (f, g ∈ L2
2π)
ist Sn selbstadjungiert und folglich ein orthogonaler Projektor.
Bemerkung: Es gilt Snf ⊥ f − Snf (f ∈ L22π).
2–8
Endliche Fourier-Transformation
Definition: Sei c(f) := (ck(f))∞k=−∞ ∈ l2 (f ∈ L22π).
Dabei sei l2 der Hilbert-Raum aller quadratisch summierbaren Folgen mitdem Skalarprodukt
(c,d) :=∞∑
k=−∞ckdk .
In L22π gilt der folgende Konvergenzsatz fur Fourier-Reihen:
Satz 2.4.
Fur beliebige f ∈ L22π konvergiert die Folge (Snf)∞n=0 in der L2
2π-Normgegen f , d.h.,
limn→∞
‖ f − Snf ‖2= 0.
Ferner gilt die Parsevalsche Gleichung
‖ f ‖22=∞∑
k=−∞|ck(f)|2.
Beweis: 1. Nach Satz 2.3. gilt fur beliebige n ∈ N0
n∑k=−n
|ck(f)|2 ≤ ‖ f ‖22 <∞.
Fur n→∞ liefert die Besselsche Ungleichung
∞∑k=−∞
|ck(f)|2 ≤ ‖ f ‖22 <∞,
d.h., (ck(f))∞k=−∞ ∈ l2.
Die Partialsummenfolgen∑
k=−n|ck(f)|2 ist beschrankt und monoton in R und
daher eine Cauchyfolge. Fur beliebiges ε > 0 existiert also ein N(ε) ∈ N mit∑|k|>N(ε)
|ck(f)|2 < ε.
2. Wir zeigen nun: In L22π ist (Snf)∞n=0 eine Cauchyfolge.
Fur m > n ≥ N(ε) gilt
‖ Smf − Snf ‖22=(−n−1∑k=−m
+m∑
k=n+1
)|ck(f)|2 ≤
∑|k|>N(ε)
|ck(f)|2 < ε .
2–9
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Also existiert der Grenzwert limn→∞
Snf = g ∈ L22π .
Aus der Konvergenz von Snf gegen g in L22π folgt
(g, ek) = limn→∞
(Snf, ek) = (f, ek) (k ∈ Z),
d.h. (g− f, ek) = 0 (k ∈ Z) und damit f − g = 0 bzw. f = g fast uberall wegenSatz 2.2.
3. Nach Beweis von Satz 2.3 gilt
‖ Snf ‖22 + ‖ f − Snf ‖22=‖ f ‖22 (Pythagoras)
und damit
‖ f − Snf ‖22=‖ f ‖22 −n∑
k=−n|ck(f)|2.
Fur n→∞ folgt die Parsevalsche Gleichung.
Satz 2.5. (Satz von Riesz-Fischer)
Fur eine gegebene Folge (ck)∞k=−∞ ∈ l2 existiert genau eine Funktion
f ∈ L22π mit ck(f) = ck und
limn→∞
‖ f − Snf ‖2= 0.
Beweis: 1. Wir setzen sn :=n∑
k=−nck ek.
Analog wie im Beweis von Satz 2.4 ist dann (sn)∞n=0 Cauchyfolge in L2
2π. Wir
wahlen f := limn→∞
sn ∈ L22π.
Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gilt fur k ∈ Z und n ≥ |k|
|ck(f)− ck| = |(f, ek)− (sn, ek)| = |(f − sn, ek)|
≤ ‖ f − sn ‖2 · ‖ ek ‖2︸ ︷︷ ︸1
n→∞−→ 0.
Also folgt ck = ck(f) und sn = Sn(f).
2. f ist eindeutig: Sei g ∈ L22π eine weitere Funktion mit ck = ck(g) (k ∈ Z).
Dann folgt ck(f − g) = 0 (k ∈ Z) und damit f = g nach Satz 2.2.
2–10
Endliche Fourier-Transformation
Definition: Die Abbildung F2π : L22π → l2 mit
F2π f := c(f) = (ck(f))∞k=−∞ (f ∈ L22π)
heißt endliche Fourier-Transformation.c(f) heißt endliches Spektrum von f . In der Signaltheorie heißt derDefinitionsbereich von F2π Zeitbereich, und der Bildbereich Frequenz-bereich.
Die inverse endliche Fourier-Transformation F−12π : l2 → L2
2π lautet nachdem Satz von Riesz-Fischer
F−12π c = f (c = (ck)
∞k=−∞ ∈ l2)
mit
f =∞∑
k=−∞ck ek.
Satz 2.6.
Die Abbildung F2π : L22π → l2 ist linear, beschrankt und bijektiv mit der
Norm‖ F2π ‖= 1.
F2π lasst das Skalarprodukt und die Norm invariant, d.h.
(f, g)2 = (c(f), c(g))l2 (f, g ∈ L22π),
‖ f ‖2 = ‖ F2πf ‖l2 = ‖ c(f) ‖l2 (f ∈ L22π).
Beweis: Wir zeigen, dass
(f, g) = (c(f), c(g)) (f, g ∈ L22π)
gilt. Sei
gn :=n∑
k=−nck(g) ek (= Sng).
Dann erhalten wir
(f, gn) =n∑
k=−nck(g) (f, ek) =
n∑k=−n
ck(f) ck(g),
und der Grenzubergang n → ∞ liefert die Behauptung. Fur f = g folgt
2–11
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
‖f‖2 = ‖c(f)‖2 und damit
‖F2π‖ = supf 6=0
‖F2πf‖2‖f‖2
= 1.
Also ist F2π beschrankt. Die Bijektivitat von F2π folgt aus Satz 2.5.
Definition: Unter der 2π−periodischen Faltung von f, g ∈ L12π versteht
man die Funktion
(f ∗ g)(x) := 12π
2π∫0
f(x− u) g(u) du .
Satz 2.7.
1. Sind f, g ∈ L12π, so ist f ∗ g ∈ L1
2π und es gilt
‖ f ∗ g ‖1 ≤ ‖ f ‖1 ‖ g ‖1 .
2. Sind f ∈ C2π und g ∈ L12π, so ist f ∗ g ∈ C2π und es gilt
‖ f ∗ g ‖∞ ≤ ‖ f ‖∞ · ‖ g ‖1 .
3. Sind f, g ∈ L22π, so ist f ∗ g ∈ C2π und es gilt
‖ f ∗ g ‖∞ ≤ ‖ f ‖2 · ‖ g ‖2 .
Beweis: 1. Seien f, g ∈ L12π. Nach Definition folgt
‖ f ∗ g ‖1= 1(2π)2
2π∫0
|2π∫0
f(x− u) g(u) du| dx
≤ 1(2π)2
2π∫0
2π∫0
|f(x− u) g(u)| du dx = ‖ f ‖1 ‖ g ‖1 .
Außerdem ist f ∗ g 2π−periodisch, denn
(f ∗ g)(x+ 2π) = 12π
2π∫0
f(x+ 2π − u)︸ ︷︷ ︸f(x−u)
g(u) du = (f ∗ g)(x).
2. Sei f ∈ C2π und g ∈ L12π. Dann folgt fur alle x ∈ R
|(f ∗ g)(x)| ≤ 12π
2π∫0
|f(x− u)| |g(u)|du ≤ ‖ f ‖∞‖ g ‖1 .
2–12
Endliche Fourier-Transformation
Da f gleichmaßig stetig ist, folgt f ∗ g ∈ C2π, mit
‖ f ∗ g ‖∞ ≤‖ f ‖∞ ‖ g ‖1 .
3. ohne Beweis
Die 2π-periodische Faltung ist eine spezielle”Multiplikation“ in L1
2π, die kom-mutativ, assoziativ und distributiv ist.
Definition: Der Verschiebungsoperator Va : L12π → L1
2π (a ∈ R) seidurch
(Vaf)(x) := f(x+ a)
definiert.
Bemerkung: Die 2π-periodische Faltung ist verschiebungsinvariant, d.h.
Va(f ∗ g) = (Vaf) ∗ g = f ∗ (Vag) (f, g ∈ L12π),
da
((Vaf) ∗ g)(x) = 12π
2π∫0
f(x+ a− u︸ ︷︷ ︸−u′
)g(u) du
= 12π
2π∫0
f(x− u′)g(u′ + a) du′ = (f ∗ (Vag))(x).
Wir fassen die Eigenschaften der endlichen Fouriertransformation F2π zusam-men.
Satz 2.8. (Eigenschaften von F2π)
1. Linearitat: Fur f, g ∈ L22π und α ∈ R gilt
c(f + g) = c(f) + c(g),
c(αf) = α c(f).
2. Umkehrung: Fur f ∈ L22π gilt
f =∞∑
k=−∞ck(f) ek.
2–13
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
3. Symmetrie: Fur f ∈ L22π gilt
c(f(− ·)) = (c−k(f))∞k=−∞,
c(f) = (c−k(f))∞k=−∞.
4. Zeit und Frequenzverschiebung: Fur f, g ∈ L22π und x0 ∈ R gilt
c(f(· − x0)) = (e−ix0k ck(f))∞k=−∞.
5. Faltung in Zeit- und Frequenzbereich: Fur f, g ∈ L22π und f · g ∈ L2
2πgilt
c(f ∗ g) = (ck(f) · ck(g))∞k=−∞,
c(f · g) = (∞∑
j=−∞cj(f) ck−j(g))
∞k=−∞.
Dabei bezeichnet fur zwei Folgen c = (ck)∞k=−∞, d = (dk)
∞k=−∞ die Folge
(c ∗ d)k =∞∑
j=−∞cj dk−j
die Faltung von c und d.
6. Parsevalsche Gleichung: Fur f, g ∈ L22π gilt
(f, g) = (c(f) , c(g)).
7. Differentiation im Zeitbereich: Fur f, f ′ ∈ L22π gilt
c(f ′) = (ik ck(f))∞k=−∞.
Beweis: Ubung.
2–14
3. Konvergenz von Fourier-Reihen
Wir wissen: Fur f ∈ L22π ist die Fourier-Reihe in der L2
2π-Norm gegenf konvergent. Wir untersuchen die Fourier-Reihe jetzt auf punktweise bzw.gleichmaßige Konvergenz.
Wir erinnern uns, dass der Dirichlet-Kern durch
Dn(x) :=n∑
k=−neikx = 1 + 2
n∑k=1
cos (kx) =sin
(2n+1)x2
sin x2
(x ∈ (0, π])
definiert ist.
Satz 3.1.
Es sei f ∈ L12π und n ∈ N0. Dann gilt:
(Snf)(x) = 12π
2π∫0
f(u) Dn(x− u) du = (f ∗Dn)(x).
Fur f ∈ C2π und n ≥ 2 gilt
‖ Snf ‖∞ ≤ ‖ Dn ‖1 ‖ f ‖∞ ≤ c ‖ f ‖∞ ln n
mit einer Konstante c > 0.
Beweis Fur f ∈ L12π gilt
(Snf)(x) =n∑
k=−nck(f) eikx =
n∑k=−n
12π
2π∫0
f(u) e−iku du eikx
= 12π
2π∫0
f(u)n∑
k=−neik(x−u) du = (f ∗Dn)(x) .
Fur f ∈ C2π folgt außerdem nach Satz 2.7
‖ Snf ‖∞ ≤ ‖ Dn ‖1 ‖ f ‖∞
wobei
‖ Dn ‖1= 12π
2π∫0
|Dn (x)|dx = 12π
(8π ln n +O(1)
).
Bemerkung: Nach dem Satz von Banach-Steinhaus existiert mindestens eineFunktion f ∈ C2π deren Fourier-Reihe nicht gleichmaßig konvergiert.
3–1
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 3.2. (Satz von Banach-Steinhaus)
Sei B ein Banach-Raum und D ⊂ B eine dichte Teilmenge. Ferner seienTn : B → B (n ∈ N0) und T : B → B lineare beschrankte Operatoren.
Dann giltlimn→∞
Tnf = Tf fur alle f ∈ B
genau dann, wenn
1. ‖ Tn ‖B→B ≤ c < ∞ (Tn gleichmaßig beschrankt),
2. limn→∞
Tnf = Tf fur alle f ∈ D .
Wir wahlen nun B = C2π, Tn = Sn, T = I und D die Menge aller trigono-metrischen Polynome. Dann ist wegen Satz 3.1. die 1. Bedingung nicht erfullt(Ubung).
Um also punktweise Konvergenz der Fourier Reihe von f gegen f zu sichern,benotigen wir starkere Voraussetzungen an f als Stetigkeit.
Satz 3.3. (Lemma von Riemann-Lebesgue)
Es sei ϕ : [a, b] → C (−∞ ≤ a < b ≤ ∞) absolut integrierbar. Danngilt:
lim|v|→∞
b∫aϕ(x)e−ixvdx = 0.
Insbesondere gilt fur f ∈ L12π
lim|k|→∞
ck(f) = 0.
Beweis: 1. Sei [α, β] ⊂ [a, b] (−∞ < α < β <∞) und sei
χ[α,β](x) = χ(x) :=
{1 x ∈ [α, β],0 sonst.
Dann folgt
|b∫aχ(x)e−ixvdx| = |−1
iv (e−ivβ − e−ivα)| ≤ 2|v| (v 6= 0),
d.h., die Behauptung gilt fur charakteristische Funktionen mit einem Trager in[a, b]. Also gilt die Behauptung auch fur Treppenfunktionen die sich als endlicheLinearkombinationen von charakteristischen Funktionen darstellen lassen.
3–2
Konvergenz von Fourier-Reihen
2. Die Menge der Treppenfunktionen ist dicht in L1([a, b]), d.h., zu beliebigemε > 0 und ϕ ∈ L1([a, b]) existiert eine Treppenfunktion χ mit
b∫a|ϕ(x)− χ(x)|dx < ε.
Also folgt
|b∫aϕ(x)e−ixvdx| ≤ |
b∫a(ϕ(x)− χ(x))e−ixvdx|︸ ︷︷ ︸
< ε
+|b∫aχ(x)e−ixvdx|.
Aus dem ersten Teil des Beweises folgt damit
lim sup|v|→∞
|b∫aϕ(x)e−ixvdx| ≤ ε .
Das Konvergenzverhalten der Fourier-Reihe von f in einem Punkt x0 wird nurvon den Werten von f in einer Umgebung von x0 bestimmt.
Satz 3.4. (Riemannsches Lokalisationsprinzip)
Fur f ∈ L12π und x0 ∈ R gilt genau dann
limn→∞
(Snf)(x0) = f(x0)
wenn ein δ ∈ (0, π) existiert mit
limn→∞
δ∫0
(f(x0 − t) + f(x0 + t)− 2f(x0))Dn(t)dt = 0.
Beweis: Da Dn ∈ C2π gerade ist, gilt
(Snf)(x0) = 12π
(π∫0
+2π∫π
)f(x0−t)Dn(t)dt = 1
2π
π∫0
(f(x0−t)+f(x0+t))Dn(t)dt .
Wegen π =π∫0
Dn(t)dt gilt fur beliebiges δ > 0
(Snf)(x0)− f(x0) = 12π
( δ∫0
+π∫δ
)(f(x0 − t) + f(x0 + t)− 2f(x0))Dn(t)dt.
3–3
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Nach dem Lemma von Riemann-Lebesgue folgt
limn→∞
π∫δ
f(x0−t)+f(x0+t)−2f(x0)
sin t2
sin(n+ 12) t︸ ︷︷ ︸
e+i(n+1
2 )t−e−i(n+1
2 t)
2i
dt = 0
Also gilt
limn→∞
(Snf)(x0)− f(x0) = limn→∞
12π
δ∫0
(f(x0 − t) + f(x0 + t)− 2f(x0)
)Dn(t)dt
falls einer der beiden Grenzwerte existiert.
Aus dem Riemannschen Lokalisationsprinzip folgt ein bekannter Satz uberpunktweise Konvergenz von Fourier-Reihen.
Satz 3.5. (Dirichlet-Jordan)
Eine 2π−periodische, stuckweise stetig differenzierbare Funktion f : R→C sei gegeben. Dann gilt fur x0 ∈ R
limn→∞
(Snf)(x0) = 12(f(x0+) + f(x0−)),
wobei f(x0+) := limε→0
f(x0 + |ε|) und f(x0−) := limε→0
f(x0 − |ε|).
Beweis: Sei x0 ∈ [0, 2π] beliebig. Nach Voraussetzung existiert ein δ ∈ (0, π),so dass f in [x0 − δ, x0 + δ] \ {x0} stetig differenzierbar ist. Ferner sei
M := maxt∈[0,2π]
{|f ′(t+)|, |f ′(t−)|}.
Nach dem Mittelwertsatz gilt fur alle t ∈ [0, δ]
|f(x0 + t)− f(x0+)| ≤ tM, |f(x0 − t)− f(x0−)| ≤ tM.
Also folgtδ∫0
|f(x0−t)+f(x0+t)−f(x0+)−f(x0−)|t dt ≤ 2Mδ <∞,
und die Funktion
h(t) := f(x0−t)+f(x0+t)−f(x0+)−f(x0−)t · t
sin t2
ist absolut integrierbar auf [0, δ], denn t/(sin t/2) ist auf [0, δ] stetig und be-schrankt. Nach dem Lemma von Riemann-Lebesgue gilt
limn→∞
δ∫0
h(t) sin(n+ 1
2 t)dt = 0.
3–4
Konvergenz von Fourier-Reihen
Nach dem Riemannschem Lokalisationsprinzip folgt schließlich die Behauptung,wobei f(x0) durch 1
2(f(x0+) + f(x0−)) zu ersetzen ist.
Sei f stuckweise stetig differenzierbar und 2π-periodisch. Ferner sei
f(x) = 12(f(x+) + f(x−)) (x ∈ [0, 2π]).
Dann ist die Konvergenz von Snf gegen f in der Nahe der Sprungstelle schlecht.
Beispiel: ”Sagezahn”-Funktion.
g(x) =
{(π − x)/2 0 < x < 2π
0 x = 0
0,0
2 6
1,5
5
1,0
3
0,5
!1,5
!1,0
0 1 4z
!0,5
6
0,5
4
!1,5
z
1,5
1,0
0,05
!0,5
!1,0
3210
Skizze von S5g (links) und Skizze von S15g (rechts).
Wir erhalten
(Sng)(x) =n∑k=1
1k sin(kx).
Gibbs-Phanomen: In der Nahe einer jeden Sprungstelle uber- bzw. unter-schwingt Sng die gegebene Funktion g (um etwa 9 % der Sprunghohe).Unter welchen hinreichenden Bedingungen konvergiert die Fourier-Reihe einergegebenen stetigen Funktion f ∈ C2π gleichmaßig gegen f ?
Satz 3.6.
Es sei f ∈ C2π mit∞∑
k=−∞|ck(f)| <∞
gegeben. Dann konvergiert die Fourier-Reihe von f absolut und gleich-maßig auf R gegen f .
Beweis: 1. Wegen
|ck(f)eikx| = |ck(f)| (k ∈ Z, x ∈ R)
3–5
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
ist∑∞
k=−∞ |ck(f)| eine konvergente Majorante der Fourier-Reihe. Nach demWeierstraß Kriterium ist die Fourier-Reihe absolut und gleichmaßig konvergent.
Seilimn→∞
(Snf) = g ∈ C2π.
Dann ergibt sich
cn(g) =( ∞∑k=−∞
ck(f)ek, en
)=
∞∑k=−∞
ck(f)(ek, en) = cn(f) (n ∈ Z).
Nach dem Identitatssatz folgt f(x) ≡ g(x) (x ∈ R).
Es sei Cr2π(r ∈ N) die Menge aller 2π-periodischen, r-mal stetig differenzierbarenFunktionen.
Satz 3.7.
Ist f ∈ C12π, so konvergiert die Fourier-Reihe gleichmaßig auf R gegen f .
Beweis: (mittels vorigem Satz): Es gilt c0(f′) = 1
2π
2π∫0
f ′(x)dx = 12π (f(2π) −
f(0)) = 0 und fur n ∈ Z \ {0}
cn(f′) = 1
2π
2π∫0
f ′(x)e−inxdx = [f(x)e−ixn]2π0︸ ︷︷ ︸0
+ in2π
2π∫0
f(x)e−inxdx = in cn(f).
Damit folgt∞∑
n=−∞|cn(f)| = |c0(f)|+
∑n6=0
1|n| |cn(f
′)|.
Aber wegen(|cn(f ′)| − 1/n)2 ≥ 0
fur n ∈ Z \ {0} gilt
1|n| |cn(f
′)| ≤ 1/2(|cn(f ′)|2 + 1
n2
)und nach der Parsevalschen Gleichung fur f ′ ∈ C2π ⊂ L2
2π,
∞∑n=−∞
|cn(f ′)|2 =‖ f ′ ‖22, und∞∑n=1
1n2 = π2
6
erhalten wir∞∑
n=−∞|cn(f)| ≤ |c0(f)|+ 1/2
(‖ f ′ ‖22 +π2
6
)< ∞.
Faustregel: Je glatter die 2π-periodische Funktion,
- desto rascher streben die Fourierkoeffizienten gegen 0,
- desto schneller konvergiert deren Fourier-Reihe absolut und gleichmaßig ge-gen f .
3–6
Konvergenz von Fourier-Reihen
Satz 3.8.
Ist f ∈ Cr2π (r ∈ N) so gilt
ck(f) = 1(ik)r ck(f
(r)) (k ∈ Z \ {0})
und‖ f − Snf ‖∞ ≤ C ‖ f (r) ‖∞ n−r ln n (n ≥ 2)
mit einer Konstante C > 0.
Beweis: Der Beweis der ersten Aussage verlauft analog zum Beweis von Satz3.7. Zum Bewis der zweiten Aussage verweisen wir auf G. Steidl und M. Tasche:Schnelle Fouriertransformation – Theorie und Anwendungen, Lehrbriefe derFernUniversitat Hagen 1996.
3–7
4. Anwendungen der Fourier-Reihe4.1. Anwendung zur Losung partieller Differentialgleichungen
Fourier-Reihen konnen zur Losung partieller Differentialgleichungen angewen-det werden.Die Warmeleitungsgleichung wurde schon in der Einfuhrung betrachtet.Wir betrachten nun die partielle Differentialgleichung fur eine schwingende Sai-te yder Lange L . Dabei gibt y(x, t) die Auslenkung x zum Zeitpunkt t an.Rand-Anfangswertproblem (RAWP):
ytt(x, t) = c2yxx(x, t) (Wellengleichung )
Randbedingungen: y(0, t) = 0, y(L, t) = 0,Anfangsbedingungen: y(x, 0) = f(x) Anfangsposition,
yt(x, 0) = g(x) Anfangsgeschwindigkeit.
Wir losen die Differentialgleichung durch Trennung der Variablen.
Ansatz: y(x, T ) = X(x)T (t)
Damit folgt X(x)T ′′(t) = c2X ′′(x)T (t),
d.h.,T ′′(t)T (t) = c2 X ′′(x)
X(x) =: λ.
Es ergeben sich die folgenden beiden Differentialgleichungen:
X ′′(x)− λc2X(x) = 0, X(0) = X(L) = 0
undT ′′(t)− λT (t) = 0.
Die Anfangsbedingungen haben nun die Form
X(x)T (0) = f(x), X(x)T ′(0) = g(x).
Wir betrachten zunachst die Gleichung
X ′′(x)− λc2X(x) = 0, X(0) = X(L) = 0
und unterscheiden die drei Falle λ > 0, λ = 0, λ < 0.
Fall 1: λ > 0. Aus der charakteristischen Gleichung
z2 − λc2
= 0
mit den Nullstellen z1,2 = ±√λc folgt die allgemeine Losung
X(x) = Ae√λ x/c +B e−
√λ x/c
4–1
Anwendungen der Fourierreihe
mit Konstanten A,B ∈ C. Einsetzen der Randbedingungen liefert
X(0) = A+B = 0,
X(L) = Ae√λ L/c +B e−
√λ L/c = 0,
und damitA (e
√λ L/c − e−
√λ L/c) = 2A sinh(
√λ L/c) = 0.
Wegen sinh(√λ L/c) 6= 0 ergibt sich A = B = 0 und damit nur die triviale
Losung y(x, t) = 0.
Fall 2: λ = 0. In diesem Fall vereinfacht sich die Differentialgleichung zu
X ′′(x) = 0
mit der allgemeinen Losung X(x) = Ax+B .
Einsetzen der Randbedingungen ergibt
X(0) = B = 0,
X(L) = AL+B = 0,
und damit A = B = 0. Es folgt wiederum nur die triviale Losung y(x, t) = 0.
Fall 3: λ < 0. Die charakteristische Gleichung z2 = λc2
hat die Losungen
z1,2 = ± i√−λc , woraus die allgemeine Losung
X(x) = Aei√−λ x/c +B e−i
√−λ x/c
mit Konstanten A,B ∈ C folgt. Aus den Randbedingungen
X(0) = A+B = 0,
X(L) = Aei√−λ L/c +Be−i
√−λ L/c = 2iA sin
(√−λ Lc
)= 0,
folgt als notwendige Bedingung fur die Existenz einer nichttrivialen Losung
sin√−λ Lc = 0,
d.h.,√−λ = nπc
L bzw. λ = λn = −(nπcL
)2, n = 1, 2, 3, . . . .
Mit jedem Eigenwert λn ergibt sich eine Losung
Xn(x) = Cn sin nπxL (n = 1, 2, 3, . . .).
Wir betrachten nun die Gleichung T ′′(t) − λT (t) = 0 mit λ = λn. Aus dercharakteristischen Gleichung z2 − λ = 0 mit den Nullstellen z = ±
√λn =
± i(nπcL
)folgt fur n = 1, 2, . . . die allgemeine Losung
Tn(t) = An ein cπx
L + Bn e−in cπx
L ,
4–2
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
oder mittels der Eulerschen Relation,
Tn(t) = An cos(nπcL t)
+Bn sin(nπcL t)
(An, Bn ∈ C).
Wir bilden das Produkt der Funktionen und erhalten
yn(x, t) = [An cos(nπcL t)
+Bn sin(nπcL t)] sin nπx
L
fur n = 1, 2, 3, . . . , wobei An, Bn ∈ C beliebige Konstanten sind. Diese Funk-tionen erfullen die Differentialgleichung und die Randbedingungen. Eine Su-perposition
N∑n=1
yn(x, t)
erfullt daher ebenfalls die Differentialgleichung mit Randbedingungen. Wir be-trachten die formale Reihe
y(x, t) =∞∑n=1
[An cos
(nπcL t
)+Bn sin
(nπcL t
)]sin(nπxL
)als allgemeine Losung der Differentialgleichung mit Randbedingungen.
Aus den Anfangsbedingungen ergeben sich schließlich noch die Bedingungen
y(x, 0) =∞∑n=1
An sin(nπxL
)= f(x)
yt(x, 0) =∞∑n=1
nπcL Bn sin
(nπxL
)= g(x)
wobei yt(x, t) hier durch formale Differentiation erhalten wurde. Die erste Glei-chung kann als Fourier-Reihe der ungeraden periodischen Erweiterung von fauf [−L,L] angesehen werden. (f war nur auf [0, L] definiert!) Wir wahlen also
An = 2L
L∫0
f(x) sin nπxL dx n = 1, 2, 3, . . . .
Aus der zweiten Gleichung ergibt sich ncπL Bn als n-ter Sinuskoeffizient der
Fourier-Reihe der ungeraden periodischen Erweiterung von g auf [−L,L] :
Bn = 2ncπ
L∫0
g(x) sin nπxL dx n = 1, 2, 3, . . . .
Die formale Losung des RAWP ergibt sich nun in der Form
y(x, t) =∞∑n=1
[An cos
(nπcL t)
+Bn sin(nπcL t)]
sin nπxL (4.1)
mit
An = 2L
L∫0
f(x) sin nπxL dx, Bn = 2
ncπ
L∫0
g(x) sin nπxL dx.
4–3
Anwendungen der Fourierreihe
Beispiel: gezupfte Saite
Eine elastische Saite der Lange L wird in der Mitte gezupft, d.h. um die Weiteh ausgelenkt. Man bestimme die Bewegung der Saite!
Differentialgleichung: ytt = c2yxx
Randbedingung: y(0, t) = y(L, t) = 0
Anfangsbedingungen:
y(x, 0) =
{2hx/L 0 ≤ x ≤ L/2,−2h(x− L)/L L/2 < x ≤ L,
Anfangsposition,
yt(x, 0) = 0 Anfangsgeschwindigkeit.
Daraus ergibt sich Bn = 0, da g(x) = 0, und fur An erhalten wir
An = 4hL2
L/2∫0
x sin nπxL dx− 4h
L2
L∫L/2
(x− L) sin nπxL dx
= 8hn2π2 sin nπ
2 =
8hn2π2 fur n = 4k + 1,
− 8hn2π2 fur n = 4k − 1,
0 fur n = 2k.
Wir erhalten die formale Losung
y(x, t) = 8hπ2
[cos(cπL t)sin πx
L −19 cos
(3cπL t)sin 3πx
L + 125 cos
(5cπL t)sin 5πx
L − . . .]
Die Intensitat des Tones ist dabei proportional zu A2n, d.h. zu(
8hπ2
)2, 0,
(8hπ2
)2 · 192 , 0,
(8hπ2
)2 · 1252 , . . . .
Die Intensitat des Tones des”harmonics“ 1. Ordnung ist also 81 Mal starker
als die des Tones”harmonics“ 3. Ordnung usw.
Wir zeigen nun die mathematische Richtigkeit der Losung des obigen RAWP.
Satz 4.1.
Es seien f und g auf [0, L] definierte stuckweise glatte, stetige Funktionenmit
f(0) = f(L) = 0, g(0) = g(L) = 0.
Dann ist die in (4.1) definierte Reihe y(x, t) punktweise konvergent undes gilt
4–4
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
y(x, t) = 12 [F (x+ ct)− F (x− ct)] + 1
2c
[ x+ct∫0
G(s)ds−x−ct∫
0
G(s)dx]
wobei F und G die ungeraden periodischen Erweiterungen von f und gsind, d.h.
F (x) =
{f(x) x ∈ [0, L],
−f(−x) x ∈ [−L, 0],G(x) =
{g(x) x ∈ [0, L],
−g(−x) x ∈ [−L, 0].
Beweis: Wir setzeny(x, t) = v(x, t) + w(x, t)
mit
v(x, t) =∞∑n=1
An cos(ncπL t)
sin(nπxL
),
w(x, t) =∞∑n=1
Bn sin(nπcL t)
sin(nπxL
).
1. Wir betrachten v(x, t). Da f stetig und stuckweise glatt ist, folgt ausf(0) = 0, dass F (x) eine ungerade, stetige, stuckweise glatte Funktion ist.Daher konvergiert die Fourier-Reihe
∑∞n=1An sin nπx
L mit
An = 1L
L∫−L
F (x) sin nπxL dx = 2
L
L∫0
f(x) sin nπxL dx
punktweise gegen F (x).
Wegen cosα sin β = 12 sin (α + β) − 1
2 sin(α − β) folgt damit die punktweiseKonvergenz von
12 F (x+ ct)− 1
2 F (x− ct) = 12
∑∞n=1
[An sin nπ
L (x+ ct)− An sin nπL (x− ct)
]gegen v(x, t).
2. Aus den Voraussetzungen fur g folgt, dass G(x) eine stetige, stuckweise glatteungerade Funktion ist mit der punktweise konvergenten Fourier-Reihe
G(x) =∞∑n=1
bn sin nπxL , bn = 2
L
L∫0
g(x) sin nπxL dx = nπc
L Bn.
Wir nutzen aus, dass die Fourier-Reihe einer stuckweise glatten, stetigen Funk-tion gliedweise integriert werden kann, und erhalten
−r∫0
G(s)ds =∞∑n=1
[Lnπ bn cos nπr
L −Lnπ bn
].
4–5
Anwendungen der Fourierreihe
Wegen sinα sin β = 12 cos(α− β)− 1
2 cos(α+ β) folgt
w(x, t) =∞∑n=1
12c
[Lnπ bn cos nπL (x− ct)− L
nπ bn cos(x+ ct)]
und es gilt punktweise Konvergenz, denn
x+ct∫0
G(s)ds = −∞∑n=1
[Lnπ bn cos
(nπL (x+ ct)
)− L
nπ bn]
und analog furx−ct∫
0
G(s)ds.
Damit folgt schließlich
w(x, t) = 12c
x+ct∫0
G(s)ds− 12c
x−ct∫0
G(s)ds.
4.2 Anwendung in der digitalen Signalverarbeitung
Darstellung diskreter Signale
Definition: Ein diskretes Signal ist eine beschrankte reelle Zahlenfolge{x(k)} = (x(k))k∈Z. Ein digitales Signal ist eine reelle Zahlenfolge(x(k))k∈Z mit nur endlich vielen von Null verschiedenen Elementen x(k).
Beispiele:1. Impulsfolge:
δ(k) :=
{1 k = 00 k 6= 0
2. Sprungfolge:
ε(k) :=
{1 k ≥ 00 k < 0
3. komplexe Exponentialfolge:
x(k) := eiωTk = cos(ωTk) + i sin(ωTk).
4–6
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Definition: Ein diskretes SystemH ist ein OperatorH : l∞ → l∞, derein diskretes Eingangssignal {x(k)} in das Ausgangssignal {y(k)} trans-formiert,
{y(k)} = H {x(k)}.
Das diskrete System H heißt linear, falls fur α1, α2 ∈ C und {x1(k)},{x2(k)} gilt
H {α1 x1(k) + α2 x2(k)} = α1H {x1(k)}+ α2H {x2(k)}.
Das diskrete System H heißt zeitinvariant, falls fur k0 ∈ Z gilt
{y(k)} = H {x(k)} ⇒ {y(k − k0)} = H {x(k − k0)}.
Satz 4.2.
Sei H ein lineares zeitinvariantes diskretes System (LTI-System) und sei{h(k)} = H {δ(k)} die Systemantwort bei Erregung mit der Impulsfolge{δ(k)} (Impulsantwort) in l1, d.h.
∞∑k=−∞
|h(k)| <∞.
Dann gilt fur ein beliebiges Eingangssignal {x(k)} ∈ l∞
{y(k)} = H {x(k)} = {∞∑
j=−∞h(j)x(k − j)} = {(x ∗ h)(k)} = {(h ∗ x)(k)}.
Dabei bezeichnet ∗ wieder die Folgenfaltung.
Beweis: Es gilt fur k ∈ Z
y(k) = H
{∞∑
j=−∞x(j) δ(k − j)
}=
∞∑j=−∞
x(j)h(k − j) = (x ∗ h)(k).
Eigenschaften diskreter Signale und Systeme im Frequenzbereich
Wir betrachten die Exponentialfolge {x(k)} = {eiωk}. Anwendung des LTI-Systems H mit der Impulsantwort {h(k)} ergibt
y(k) = (h ∗ x)(k) =∞∑
j=−∞h(j) eiω(k−j) = eiωk
∞∑j=−∞
h(j)e−iωj︸ ︷︷ ︸H(ω)
= eiωkH(ω),
4–7
Anwendungen der Fourierreihe
wobei dei Fourier-Reihe H(ω) von k unabhangig ist. Die Systemantwort {y(k)}hat dieselbe Frequenz wie {x(k)}, nur die Amplitude und die Phase werdendurch H beeinflusst.
Definition: Sei H ein LTI-System mit der Impulsantwort {h(k)} ∈ l1.Dann heißt
H(ω) :=∞∑
k=−∞h(k) e−iωk
Ubertragungsfunktion (Frequenzgang) des Systems H.
Beispiel: Wir betrachten das System H mit der Impulsantwort
h(k) =
{ak k ≥ 00 k < 0
(|a| < 1)
und erhalten
H(ω) =∞∑k=0
(ae−iω)k = 11−ae−iω = 1−a cosω+a i sinω
1+a2−2a cosω= |H(ω)| ei arg (H(ω)),
mit dem Amplitudengang
|H(ω)| = ((1−a cosω)2+(a sinω)2)1/2
1+a2−2a cosω= 1
(1+a2−2a cosω)1/2
und dem Phasengang
arg (H(ω) = arctan(
a sinω1−a cosω
).
Fur diskrete Signale {x(k)} ∈ l1 betrachten wir die inverse endliche Fourier-Transformation F−1
2π
X(ω) := F−12π ({x(k)}) =
∞∑k=−∞
x(k) e−iωk
und konnen nun samtliche Eigenschaften von Satz 2.8 fur Signale anwenden.Insbesondere gilt
H({x(k)}) = {y(k)} = {(h ∗ x)(k)} ⇔ Y (ω) = H(ω)X(ω).
Definition: Ein LTI-SystemH mit endlicher Impulsantwort {h(k)} heißt
FIR-Filter (finite impulse response). Die Ubertragungsfunktion H(ω)des FIR-Filters hat die Form
H(ω) = eiωN0m∑j=0
h(j) e−iωj
mit m ∈ N und N0 ∈ Z.
4–8
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Die Koeffizienten h(j) von H konnen jetzt so gewahlt werden, dass H(ω) be-stimmte Eigenschaften bezuglich des Amplitudengangs und des Phasengangsbesitzt. Spezielle Grundformen sind Tiefpass-, Hochpass- und Bandpassfilter.
Beispiel: Wir betrachten den Kammfilter
h(k) =
{1 k = 0, k = m,0 sonst.
Die Ubertragungsfunktion lautet H(ω) = 1 + e−imω. Der Amplitudengang hatdie Form
|H(ω)| = ((1 + cosmω)2 + (sinmω)2)1/2
= (2 + 2 cosmω)1/2 =√
2(1 + cosmω)1/2 = 2| cos(mω2 )|
denn cos x+ 1 = 2(cos x2 )2. Schließlich erhalten wir fur den Phasengang
tan(arg (H(ω)) = − sinmω1+cosmω = −2 sin mω
2 cos mω2
2(cos mω2 )2
= − tan mω2
und damit
arg (H(ω)) = − arctan(− tan
(mω2
))=
{ −mω2 − πm < ω < π
m
−mω−2πk2
(2k−1)πm < ω < (2k+1)π
m
Der Phasengang von H(ω) ist also (stuckweise) linear von der Frequenz ωabhangig.
0,4
0,8
1,5
2,0
0,0
1,2
x
0,6
3,0
1,8
1,6
0,5
1,0
0,0
0,2
1,4
2,0 2,51,0
1,5
2,0
!0,5
!1,5
x3,0
1,0
2,5
0,5
0,0
!1,0
1,51,00,50,0
Amplitudengang und Phasengang von H(ω) fur m = 5.
Definition: Fur arg (H(ω)) = τ(ω)ω heißt τ(ω) die Gruppenlaufzeitdes Filters. Ein FIR-Filter H(ω) besitzt lineare Phase, falls zwei Para-meter γ ∈ [0, 2π) und c ∈ R existieren, so dass gilt:
H(ω) = |H(ω)| ei(γ+cω).
4–9
Anwendungen der Fourierreihe
In der Nachrichtentechnik sind Filter mit linearer Phase von besonderer Be-deutung, da dadurch Signalfilterung ohne Gruppenlaufzeitverzerrungen moglichsind.
Grundtypen linearphasiger FIR-Filter
Welche Eigenschaften muss {h(k)} erfullen, damit H(ω) eine lineare Phase be-sitzt? Wir betrachten den Fall N0 = 0.
1. Fall: m ist gerade. Wir erhalten
H(ω) =m∑k=0
h(k) e−ikω = e−imω/2m∑k=0
h(k) e−i(k−m/2)ω
= e−imω/2
(h(m2 ) +
m/2−1∑k=0
h(k) e−i(k−m/2)ω + h(m− k)ei(k−m/2)ω
).
Die Eigenschaft der linearen Phase ist also erfullt, falls der Ausdruck in denKlammern reell (oder imaginar) ist, das heißt, falls
a) h(m/2) ∈ R und h(k) = h(m− k) ∈ R fur k = 0, . . . ,m/2− 1
b) h(m/2) = 0 und h(k) = −h(m− k) ∈ R fur k = 0, . . . ,m/2− 1
wobei in a) γ ∈ {0, π} und in b) γ ∈ {π/2, 3π/2} folgt.
2. Fall: m ist ungerade. Wir erhalten
H(ω) =m∑k=0
h(k) e−ikω = e−imω/2m∑k=0
h(k) e−i(k−m/2)ω
= e−imω/2
((m−1)/2∑k=0
h(k) e−i(k−m/2)ω + h(m− k)ei(k−m/2)ω
).
Die Eigenschaft der linearen Phase ist nun erfullt, falls
a) h(k) = h(m− k) ∈ R fur k = 0, . . . , (m− 1)/2,
b) h(k) = −h(m− k) ∈ R fur k = 0, . . . , (m− 1)/2,
wobei in a) γ ∈ {0, π} und in b) γ ∈ {π/2, 3π/2} folgt.
Wir erhalten die folgenden vier Grundtypen linearphasiger Filter:
1. m gerade, gerade Symmetrie der Impulsantwort:
H(ω) = e−iωm/2
(h(m2 ) + 2
m/2−1∑k=0
h(k) cos((m2 − k)ω)
),
2. m gerade, ungerade Symmetrie der Impulsantwort:
H(ω) = e−iωm/2(−i)
(2m/2−1∑k=0
h(k) sin((m2 − k)ω)
),
4–10
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
3. m ungerade, gerade Symmetrie der Impulsantwort:
H(ω) = e−iωm/2 2(m−1)/2∑k=0
h(k) cos((m2 − k)ω),
4. m ungerade, ungerade Symmetrie der Impulsantwort:
H(ω) = e−iωm/2 (−2i)(m−1)/2∑k=0
h(k) sin((m2 − k)ω).
Definition: Der ideale Tiefpassfilter ist durch die Ubertragungsfunk-tion
HTP (ω) =
{1 |ω| ≤ ωg0 ωg < |ω| ≤ π
definiert. Dabei ist ωg ∈ (0, π) eine vorgegebene Grenzfrequenz.
Die Fourierkoeffizienten von HTP (ω) haben die Form
hTP (k) = 12π
π∫−πHTP (ω) eiωk dω = 1
2π
ωg∫−ωg
eiωk dω
= 12πik (e
iωgk − e−iωgk) =sin(ωgk)πk =
ωg
π sinc (ωgk)
mit
sinc x :=
{sinxx x 6= 0,1 x = 0.
Wir erhalten
HTP (ω) =∞∑
k=−∞
ωg
π sinc (ωgk) e−ikω,
das heißt, der ideale Tiefpassfilter ist kein FIR-Filter, und die Filterkoeffizen-ten hTP (k) fallen nur linear mit k ab.
Bemerkung: Ein idealer HochpassfilterHHP (ω) hat die Ubertragungsfunktion
HHP (ω) =
{0 |ω| ≤ π − ωg1 π − ωg < |ω| < π
Es gilt
HHP (ω) = HTP (ω + π) =∞∑
k=−∞
ωg
π sinc (ωgk) e−ik(ω+π)︸ ︷︷ ︸=(−1)k e−iωk
.
Wir wollen den idealen Tiefpassfilter durch einen FIR-Filter approximieren.
4–11
Anwendungen der Fourierreihe
1. Idee: Approximation von HTP (ω) durch die Fouriersumme
Wir erhalten
HTP,n(ω) =n∑
k=−n
ωg
π sinc (ωgk) e−iωk.
Problem: Im Durchlass- und im Sperrbereich ergeben sich Oszillationen (”ripp-les”) (Gibbs-Phanomen).
0,75
x3210!1!2!3
1,0
0,5
0,25
0,0
0!1
!16
!20
21
!12
!36
!2
!4
!28
!32
!24
!8
3!3x
y
0
!40
Approximation HTP,20(ω) (links) und 10 log10 |HTP,20(ω)| in logarithmischer Skala(dB) (rechts).
2. Idee: Verbesserung der Approximation von HTP (ω)
Filterentwurf durch Fensterbewertung
Die Fourierkoeffizienten h(k) von HTP,n konnen als zeitliche Begrenzung deridealen Impulsfolge mit einer Rechteck-Fensterfolge aufgefasst werden:
h(k) =ωkπ
sinc (ωg k) fRn (k), k ∈ Z,
wobei
fRn (k) :=
{1 −n ≤ k ≤ n0 sonst.
Mit Hilfe der Spektralfunktion der Rechteck-Fensterfolge
FRn (ω) :=n∑
k=−ne−ikω = Dn(ω)
folgt
HTP,n(ω) = HTP (ω) ∗ FRn (ω) = HTP (ω) ∗Dn(ω),
vergleiche Satz 3.1. Zur Verbesserung des Durchlass- und Sperrverhaltens einesFIR-Filters benotigen wir Fensterfunktionen mit reduzierten Oszllationen imSpektralbereich.
4–12
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Beispiele:
1. Hann-Fenster
fHnn (k) :=
{12(1 + cos πkn ) −n ≤ k ≤ n,
0 sonst.
Das Hann-Fenster besitzt die Spektralfunktion
FHnn (ω) =n∑
k=−n
12(1 + cos πkn ) e−ikω
= 12
n∑k=−n
e−ikω + 14
∑nk=−n e
−ik(ω+π/n) + 14
n∑k=−n
e−ik(ω−π/n)
= 12
[FRn (ω) + 1
2FRn (ω + π
n) + 12F
Rn (ω − π
n)].
Das Hann-Fenster ist also eine Uberlagerung von verschobenen Spektren desRechteckfensters.
2
0,7
0,5
0
0,3
x
1,0
3
0,9
0,8
0,6
1
0,4
0,2
!1
0,1
0,0
!3 !2
y
0
!20
1!2
!40
x3
!50
0 2
!30
!10
!3 !1
Verbesserter Tiefpassfilter HTP,20 ∗ FHn20 (links) und 10 log1 0|HTP,20 ∗ FHn
20 | (rechts)in logarithmischer Skala mit Hilfe des Hann-Fensters.
2. Hamming-Fenster
fHmn (k) :=
{0.54 + 0.46 cos(πk/n) −n ≤ k ≤ n,
0 sonst.
Die Koeffizienten sind hier so gewahlt, dass der erste ”Uberschwinger” der Spek-tralfunktion FRn moglichst gut ausgeloscht wird.
Ansatz: Die Spektralfunktion FHmn habe die Form
FHmn (ω) = (1− α)FRn (ω) + α2F
Rn (ω + π
n) + α2F
Rn (ω − π
n).
Wir berechnen naherungsweise den ersten Uberschwinger von FRn (ω) = Dn(ω)mittels
D′n(ω) =
(sin (2n+1)ω
2
sin ω2
)′= 0
4–13
Anwendungen der Fourierreihe
und erhalten diesen Wert etwa an der Stelle ω = 5π2n+1 . Aus
FHmn
(5π
2n+1
)= (1− α)FRn
(5π
2n+1
)+ α
2FRn
(5π
2n+1 + πn
)+ α
2FRn
(5π
2n+1 −πn
)= 0
folgt α = 21/46 ≈ 0.46. Damit erhalten wir das Hamming-Fenster.
2
0,7
0,5
0
0,3
x
1,0
3
0,9
0,8
0,6
1
0,4
0,2
!1
0,1
0,0
!3 !2
0
!3
!10
!1!2
y
2
!60
x
!20
!50
!40
310
!30
Verbesserter Tiefpassfilter HTP,20 ∗FHm20 (links) und 10 log1 0|HTP,20 ∗FHm
20 | (rechts)in logarithmischer Skala mit Hilfe des Hamming-Fensters.
3. Blackman-Fenster
fBln (k) =
{0.42 + 0.5 cos
(2πk2n
)+ 0.08 cos
(4πk2n
)k = −n, . . . , n,
0 sonst.
Die Spektralfunktion ergibt sich wieder als Fourier-Reihe
FBln (ω) =n∑
k=−nfBln (k) e−iωk.
2
0,7
0,5
0
0,3
x
1,0
3
0,9
0,8
0,6
1
0,4
0,2
!1
0,1
0,0
!3 !2
0 2
!20
x
!40
!2
y
!3 !1
0
!50
!60
1
!30
!10
3
Verbesserter Tiefpassfilter HTP,20∗FBl20 mit Blackman Fenster (links) und in Dezibel-
Skala, d.h., 10 log10(|HTP,20 ∗ FBl20 |) (rechts).
Die Gute der Fensterfunktionen wird anhand folgender Parameter gemessen.
4–14
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
1. Dampfung des ersten Nebenmaximums der Spektralfunktion Fn(ω) des Fen-sters gegenuber dem Hauptmaximum (in dB)
aN = Fn(0)|minω∈[0,2π) Fn(ω)| ,
2. Breite des Hauptmaximums,
3. erreichbare Tiefpass-Sperrdampfung
a = | minx∈[0,2π)
Fn(x)|.
Beispiele: Fur N = 8 erhalten wir folgende Fensterfolgen.
� � �
� � � � � � � � �
���
��������
Rechteck-Fensterfolge(fR
8 (k))8k=0 = [1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1]
� � � � ��
�
�
��
� �
������
�
�
��
�
Hann-Fensterfolge(fHn
8 (k))8k=0 = [1, 0.96, 0.85, 0.69, 0.5, 0.31, 0.15, 0.04, 0]
� � �� �
��
�
��
� �
�����
��
�
��
�
Hamming-Fensterfolge(fHm
8 (k))8k=0 = [1, 0.96, 0.86, 0.72, 0.54, 0.36, 0.21, 0.11, 0.08]
� � � � � ��
�
�
�� �
�������
�
�
��
Blackman-Fensterfolge(fBl
8 (k))8k=0 = [1, 0.94, 0.85, 0.56, 0.34, 0.17, 0.07, 0.015, 0]
4–15
5. Fourier-TransformationDie Idee der endlichen Fourier-Transformation soll nun auf nichtperiodische,absolut integrierbare Funktionen ubertragen werden.
Heuristische Herleitung: Sei f : R → C stuckweise stetig differenzierbarund
f(x) = 0 fur x ∈ R \ [−l0, l0] (l0 > 0).
Sei l ≥ l0. Wir entwickeln f uber [−l, l] in eine Fourier-Reihe. Sei x ∈ [−l0, l0]ein Stetigkeitspunkt von f . Dann gilt
f(x) =∞∑
k=−∞cke
iwkx, wk = kπl
mit
ck := 12l
l∫−lf(u)e−iwkudu = 1
2l
∞∫−∞
f(u)e−iwkudu (k ∈ Z).
Wir setzen
f(w) :=∞∫−∞
f(u)e−iwudu (w ∈ R).
Fur beliebiges l ≥ l0 gilt dann wegen ck = 12l f (wk)
f(x) = 12π
∞∑k=−∞
πl f(wk)e
iwkx.
Die Summe πl
∞∑k=−∞
f(ωk) eiωkx kann als Integralsumme von
∞∫−∞
f(w) eiωx dw
(mittels der Rechteckregel) aufgefasst werden. Fur”l → ∞“ liefert dies die
Fouriersche Integraldarstellung
f(x) = 12π
∞∫−∞
f(w)eiwxdx . (∗)
Merke: f(w) ist eine Verallgemeinerung der Fourier-Koeffizienten (des ”end-lichen” Spektrums).Die Formel (∗) verallgemeinert die Fourier-Reihe.
Exakte Einfuhrung der Fourier-Transformation:
Wir fuhren die folgenden Funktionenraume ein.
Es sei L1 der Banach-Raum der absolut integrierbaren Funktionen f : R → Cmit der Norm
‖f‖1 :=∞∫−∞|f(x)|dx.
5–1
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Es sei L2 der Hilbert-Raum aller quadratisch integrierbaren Funktionen f : R→C mit dem Skalarprodukt
(f, g) :=∞∫−∞
f(x) g(x) dx
und der Norm
‖f‖2 := (f, f)1/2 =∞∫−∞|f(x)|2dx.
Beachte: Es gilt weder L1 ⊂ L2 noch L2 ⊂ L1 !
Beispiele:1) Die Funktion
h(x) :=
{x−1 x ∈ [1,∞]
0 x ∈ (−∞, 1)
liegt in L2 aber nicht in L1, denn
∞∫1
1x dx = ln x|∞1 = ln ∞
existiert nicht, aber∞∫1
1x2 dx = −1
x |∞1 = 1.
2) Die Funktion
h(x) :=
{x−1/2 x ∈ (0, 1)
0 sonst
liegt in L1 aber nicht in L2, denn
1∫0
x−1/2dx = 2x1/2|10 = 2,
aber1∫0
x−1dx = ln x|10 = 0− ln 0
existiert nicht.
Definition: Es sei f ∈ L1. Die Fourier-Transformierte f : R −→ Cist durch
f(w) :=∞∫−∞
f(x)e−iwxdx (w ∈ R)
erklart. f(w) existiert fur jedes w ∈ R wegen f ∈ L1 und
|f(x)e−iwx| = |f(x)| (x,w ∈ R).
5–2
Fourier-Transformation
f heißt Spektrum von f . In der Darstellung
f(w) = |f(w)|ei argf(w)
heißt |f | das Amplitudenspektrum von f und argf das Phasen-spektrum von f .
Die inverse Fourier-Transformierte g∨ : R → C von g ∈ L1 istdurch
g∨(x) := 12π
∞∫−∞
g(w)eiwxdx (x ∈ R)
erklart.
Bemerkung: Unter geeigneten Bedingungen an f gilt die Fouriersche Inte-
gralformel f = (f)∨.
Wir interessieren uns nun fur die Zusammenhange zwischen Eigenschaften von
f und f .
Beispiele:
1. Fur T > 0 sei
f(x) :=
1 x ∈ (−T, T ),1/2 x = ±T,
0 sonst.
Dann gilt
f(w) =T∫−T
e−iwx dx = 2T∫0
coswx dx = 2w sin(wT ) = 2T sinc(wT ),
mit der sinus-cardinales Funktion
sinc x :=
{sinxx x 6= 0,1 x = 0.
0,7
0,5
0,3
1
1,0
0,9
0,8
0,6
0,4
0,2
0,1
0,0
x20!2 !1
w
1,5
0,0
2010!10
1,0
0,5
2,0
0!20
Skizze von f(x) fur T = 1 (links) und Skizze von bf(w) = (sinc w2 ) (rechts)
5–3
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Obwohl suppf = [−T, T ], ist suppf = R, d.h. f hat keinen endlichen Trager.
Die Funktion f ist stetig auf R mit lim|w|→∞ f(w) = 0. Aber es gilt f /∈ L1,denn
nπ∫0
| sinc x| dx =n∑k=1
kπ∫(k−1)π
| sinc x| dx ≥n∑k=1
1kπ
kπ∫(k−1)π
| sin x| dx = 2π
n∑k=1
1k .
2. Fur T > 0 sei
f(x) :=
{1− 1
T |x| x ∈ (−T, T ),
0 sonst,
die Hutfunktion. Wir erhalten mittels partieller Integration
f(w) = 2T∫0
(1− xT ) cos(wx) dx = 2
[(1− x
T ) sinwxw
]T0
+ 2Tw
T∫0
sinwx dx = 2Tw2 (1− cosTw) = T ( sinc wT
2 )2, w ∈ R.
0,7
0,5
0,3
1,0
0,9
0,8
0,6
0,4
0,2
0,1
0,0
x210!1!2
0,5
0,8
0,3
0,0
0,7
w
1,0
0,9
10
0,6
!10
0,2
200!20
0,4
0,1
Skizze von f(x) = (1− |x|)χ[−1,1] (links) und Skizze von bf(w) = (sinc w2 )2 (rechts)
3. Fur a > 0 sei f(x) := e−ax2
(Gaußsche Glockenkurve) .Wir finden zunachst
∞∫−∞
e−ax2dx = (πa )1/2,
denn ( ∞∫−∞
e−x2dx)2
=( ∞∫−∞
e−x2dx)( ∞∫
−∞e−y
2dy)=
∞∫−∞
∞∫−∞
e−(x2+y2)dx dy
=2π∫0
(∞∫0
re−r2dr)dϕ = 2π 1
2e−r2∣∣∣∞0
= π,
wobei wir mittels x = r cosϕ und y = r sinϕ zu Polarkoordinaten ubergegangen
sind. Daraus folgt f ∈ L1. Wir berechnen nun f(w) (w ∈ R) und erhalten
f(w) =∞∫−∞
e−ax2e−iwxdx = 2
∞∫0
e−ax2coswx dx.
5–4
Fourier-Transformation
Da e−ax2
und coswx stetig differenzierbar in [0,∞) sind, folgt mittels partiellerIntegration
df(w)dw = 2
∞∫0
e−ax2 ∂∂w coswx dx
= 2∞∫0
−xe−ax2sinwx dx = e−ax2
a · sinwx∣∣∣∞0−wa
∞∫0
e−ax2coswx dx.
Wir erhalten somitdf(w)dw + w
2a f(w) = 0.
Dies ist eine lineare Differentialgleichung 1. Ordnung mit der allgemeinen Lo-
sung C1 e−∫
w2adw. Wir erhalten somit
f(w) = f(0) e−w2
4a
und wegen f(0) = (πa )1/2 schließlich
f(w) = (π
a)1/2e
−w2
4a .
Fur a = 1/2 gilt insbesondere
g(x) = e−x2
2 ⇒ g(w) = (2π)1/2e−w2
2 .
Eigenschaften der Fourier-Transformation
Es sei nun C0 der Banach-Raum aller stetigen Funktionen f : R → C mitlim
|x|→∞f(x) = 0 und
‖f‖∞ := max{|f(x)| : x ∈ R}.
Wir bezeichnen die Fourier-Transformation mit F , d.h.,
Ff := f (f ∈ L1).
Satz 5.1.
Die Fourier-Transformation F ist ein linearer Operator von L1 in C0 mitder Norm
‖F‖L1→C0= 1.
5–5
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Beweis: 1. Die Linearitat von F ist klar.
2. Sei f ∈ L1. Fur beliebige w, h ∈ R gilt
|f(w + h)− f(w)| = |∞∫−∞
f(x)(e−ihx − 1) e−iwx dx| ≤∞∫−∞|f(x)||eihx − 1|dx.
Wegen |f(x)| |e−ihx − 1| ≤ 2 |f(x)| fur x ∈ R und
limh→0|eihx − 1| = lim
h→0((cos(hx)− 1)2 + (sin(hx))2)1/2 = 0
folgt nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue zur Vertauschung von Integrationund Limes
limh→0
∞∫−∞|f(x)| |e−ihx − 1|dx = 0.
Somit ist f gleichmaßig stetig auf R. Nach dem Lemma von Riemann-Lebesguegilt
lim|w|→∞
f(w) = 0
und damit f = Ff ∈ C0.
3. Sei f ∈ L1. Dann folgt
|f(w)| ≤∞∫−∞|f(x)|dx = ‖f‖1 (∀w ∈ R).
Aus der Definition ‖F‖ := supf 6=0
‖f‖∞‖f‖1 ergibt sich nun wegen ‖f‖∞ ≤ ‖f‖1, dass
‖F‖L1→C0≤ 1. Fur g(x) := e−x
2/2 gilt andererseits ‖g‖1 = (2π)1/2. Wegen
g(w) = (2π)1/2e−w2/2 ist auch ‖g‖∞ = (2π)1/2 und daher ‖F‖L1→C0
= 1.
Folgerung: Konvergiert eine Folge (fn)∞n=1 gegen f in L1, so konvergiert
(fn)∞n=1 gleichmaßig auf R gegen f .
Beweis: Es gilt
‖fn − f‖∞ = ‖F (fn − f)‖∞ ≤ ‖F‖︸︷︷︸1
‖fn − f‖1.
Wann gilt die Fouriersche Integralformel in einem Punkt x0 ∈ R? Wir stellenBedingungen an das lokale Verhalten von f ∈ L1 im Punkt x0 ∈ R.
5–6
Fourier-Transformation
Satz 5.2.
Sei f ∈ L1 und x0 ∈ R . Fur gewisses δ > 0 gelte
δ∫0
|ϕ(t)|t dt <∞ (∗)
mit ϕ(t) := f(x0 + t) + f(x0 − t) − 2f(x0). Dann gilt die FourierscheIntegralformel
f(x0) = 12π
∞∫−∞
f(w)eiwx0dw,
wobei das uneigentliche Integral als Cauchyscher Hauptwert aufzufassenist, d.h.
12π
∞∫−∞
f(w)eiwx0dw := limT→∞
1
2π
T∫−T
f(w)eiwx0dw.︸ ︷︷ ︸=:I(T )
Beweis: 1. Wir vertauschen die Integrationsreihenfolge in I(T ) nach dem Satzvon Fubini:
I(T ) = 12π
∞∫−∞
(T∫−T
f(x)eiw(x0−x)dw)dx = 1π
∞∫−∞
f(x) sinT (x−x0)x−x0
dx
= 1π
∞∫0
(f(x0 + t) + f(x0 − t)) sin(Tt)t dt.
2. Fur T > 0 gilt
2π
∞∫0
sin(Tt)t dt = 1 (siehe Ubung)
und somit nach 1.
I(T )− f(x0) = 1π
∞∫0
ϕ(t)t sin(Tt) dt.
3. Wir wollen zeigen, dass limT→∞
I(T ) = f(x0) gilt. Wir zerlegen den Fehler
I(T )− f(x0) in drei Summanden:
I(T )− f(x0) = 1π
δ∫0
ϕ(t)t sin(Tt) dt+ 1
π
∞∫δ
f(x0+t)+f(x0−t)t sin(Tt) dt
− 2πf(x0)
∞∫δ
sin(Tt)t dt.
5–7
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Fur T → ∞ konvergiert das erste Integral nach Voraussetzung (∗) gegen Nullnach dem Lemma von Riemann-Lebesgue. Da f ∈ L1, konvergiert auch daszweite Integral fur T → ∞ nach dem Lemma von Riemann-Lebesue gegenNull.
Wegen∞∫δ
sinTtt dt =
∞∫Tδ
sinc x dx und∞∫0
sinc x dx = π2
strebt auch das dritte Integral gegen Null fur T >∞.
Nach Satz 5.2 ist die Bedingung (∗) hinreichend fur die Fouriersche Integralfor-mel im Punkt x0.
Die Bedingung (∗) ist erfullt, wenn f ∈ L1 in Punkt x0 die einseitigen Ablei-tungen f ′(x0±) besitzt und f(x0) = 1
2(f(x0+) + f(x0−)) gilt.
Ist f ∈ L1 stuckweise stetig differenzierbar, so gilt
(f)∨(x0) =
{f(x0) falls x0 Stetigkeitsstelle,
12 (f(x0+) + f(x0−)) falls x0 Sprungstelle von f .
Bemerkung: Zur globalen Gultigkeit der Fourierschen Interalformel:
Satz 5.3.
Fur f ∈ L1 sei auch f ∈ L1. Dann gilt die Fouriersche Integralformel
f(x) = (f)∨(x) fur fast alle x ∈ R.
Beweis: siehe zum Beispiel Chandrasekharan, Classical Fourier Transforms, S.38–44.
Folgerung: Fur f ∈ L1 sei f = 0. Dann gilt f(x) = 0 fast uberall.Somit ist F : L1 → C0 eine eindeutige Abbildung.
Eine zentrale Rolle in der Fourier-Analysis spielt die Faltung nichtperiodischerFunktionen.
Definition: Unter der Faltung von f, g : R→ C verstehen wir die Funk-tion
(f ∗ g)(x) :=∞∫−∞
f(x− u) g(u) du.
5–8
Fourier-Transformation
Wir erhalten die folgenden Eigenschaften der Faltung.
Satz 5.4.
1. Sind f, g ∈ L1, so ist f ∗ g ∈ L1 mit
‖f ∗ g‖1 ≤ ‖f‖1 ‖g‖1.
2. Sind f ∈ L1, g ∈ C0, so ist f ∗ g ∈ C0 mit
‖f ∗ g‖∞ ≤ ‖f‖1 ‖g‖∞.
3. Sind f, g ∈ L2 , so ist f ∗ g ∈ C0 mit
‖f ∗ g‖∞ ≤ ‖f‖2 ‖g‖2.
Beweis: Der Beweis kann analog zum Beweis von Satz 2.7 fur die Faltungperiodischer Funktionen gefuhrt werden.
Welche Abbildungseigenschaften hat die Fourier-Transformation F : L1 → C0?
Satz 5.5. (Eigenschaften von F )
1. Linearitat
(f + g)∧ = f + g (f, g ∈ L1, α ∈ C)
(αf)∧ = αf
2. Umkehrung
f = (f)∨ (f, f ∈ L1)
3. Symmetrie
h(x) := f(−x) ⇒ h(w) = f(−w) (f ∈ L1)
h(x) := f(x) ⇒ h(w) = f(−w) (f ∈ L1)
4. Zeit- bzw. Frequenzverschiebung
h(x) := f(x− x0) ⇒ h(w) = e−ix0wf(w) (f ∈ L1, x0 ∈ R)
h(x) := eiw0xf(x) ⇒ h(w) = f(w − w0) (f ∈ L1, w0 ∈ R)
5–9
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
5. Faltung im Zeitbereich
(f ∗ g)∧ = f g (f, g ∈ L1)
6. Faltung im Frequenzbereich
(f ∗ g) = 2π(f · g)∧ (f, g, f , g ∈ L1)
7. Parsevalsche Gleichung
2π∞∫−∞
f(x) g(x) dx =∞∫−∞
f(w) g(w) dw (f, g ∈ L1 ∩ L2)
8. Differentation im Zeitbereich
h(x) = f ′(x) ⇒ h(w) = iwf(w) (f, f ′ ∈ L1)
9. Zeitskalierung
h(x) := f(αx) ⇒ h(w) = 1α f(wα ) (α > 0; f ∈ L1)
Beweis:1. Die Eigenschaften 1. - 4. und 9. folgen aus der Definition von F und Satz5.3.
2. Wir zeigen die Faltungseigenschaft im Zeitbereich. Fur f, g ∈ L1 ist f∗g ∈ L1
nach Satz 5.4. Nach dem Satz von Fubini gilt fur alle w ∈ R:
(f ∗ g)∧(w) =∞∫−∞
(f ∗ g)(x)e−iwxdx =∞∫−∞
( ∞∫−∞
f(u)g(x− u)du)e−iwxdx
=∞∫−∞
f(u)( ∞∫−∞
g(x− u)e−iw(x−u)dx)e−iwudu
=∞∫−∞
f(u)( ∞∫−∞
g(t)e−iwtdt)e−iwudu = f(w)g(w).
3. Wir zeigen die Faltungseigenschaft im Frequenzbereich:
(f ∗ g)(u) =∞∫−∞
f(w)g(u− w)dw =∞∫−∞
f(w)( ∞∫−∞
g(x)e−ix(u−w)dx)dw
=∞∫−∞
g(x)( ∞∫−∞
f(w)eixwdw)e−ixudx = 2π
∞∫−∞
g(x)f(x)e−ixudx = 2π(fg)∧(u).
4. Wir ersetzen nun in Beweisschritt 3 die Funktion g durch g und setzen u = 0.Dann folgt daraus wegen g (w) = g(−w) (siehe 3.)
(f ∗ g)(0) =∞∫−∞
f(w)g(−w)dw = 2π∞∫−∞
f(x)g(x)e0dx
5–10
Fourier-Transformation
und damit die Parsevalsche Gleichung.
5. Es seien f, f ′ ∈ L1. Nach partieller Integration gilt fur h := f ′
h(w) =∞∫−∞
f ′(x)e−iwxdx = iw∞∫−∞
f(x)e−iwxdx = iwf(w).
Allgemein gilt: Sind f, f ′, . . . , f (k) ∈ L1(k ∈ N), so gilt fur h = f (k)
h(w) = (iw)kf(w).
Daraus folgt
|f(w)| = |w|−k |h(w)| ≤ |w|−k ‖h‖1 = |w|−k‖f (k)‖1 (w 6= 0).
Faustregel: Je glatter die Funktion f ist, die samt ihrer Ableitungen absolut
integrierbar sei, desto schneller strebt f gegen Null fur |w| → ∞.
Ziel: Wir wollen uns uberlegen, dass der ”naturliche” Definitionsbereich derFourier-Transformation der Hilbert-Raum L2 ist.
Schwierigkeit: Aus f ∈ L2 folgt nicht f ∈ L1. Trotzdem kann die Definitionvon F auf L2 ausgedehnt werden.
Wir verwenden eine spezielle vollstandige Orthogonalbasis von L2:
Das n-te Hermite-Polynom Hn : R→ R sei definiert durch
Hn(x) := (−1)n ex2 dn
dxne−x
2
(x ∈ R, n ∈ N0).
Wir erhalten z.B. H0(x) ≡ 1, H1(x) = 2x, H2(x) = 4x2−2 , H3(x) = 8x3−12x.Die Hermite-Polynome genugen fur n ∈ N den Rekursionen:
Hn+1(x) = 2x Hn(x)− 2nHn−1(x), H ′n(x) = 2nHn−1(x). (?)
Die n-te Hermite Funktion hn : R→ R ist durch
hn(x) := Hn(x)e−x2/2 (x ∈ R, n ∈ N0)
definiert.
Insbesondere ist h0(x) = e−x2/2 und h0(w) = (2π)1/2 h0(w).
Die Hermite-Funktionen genugen der Differentialgleichung
h′′n(x)− (x2 − 2n− 1)hn(x) = 0 (n ∈ N0) (??)
und konnen durch
hn+1(x) = xhn(x)− h′n(x) (n ∈ N0)
rekursiv berechnet werden. Dabei folgen die letzten beiden Gleichungen direktaus (?).
5–11
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 5.6.
Die Hermite-Funktionen hn (n ∈ N0) bilden ein vollstandiges Orthogo-nalsystem in L2. Es gilt
(hm, hn) =∞∫−∞
hm(u)hn(u)du = (π1/2 2n n!) δm,n (n,m ∈ N0).
Ferner gilt
hn(w) = (2π)(1/2)(−i)n hn(w) (w ∈ R).
Beweis:1. Fur beliebige m,n ∈ N0 (m 6= n) gilt (hm, hn) = 0, denn: Nach derDifferentialgleichung (??) gilt
(h′′m − x2hm)hn = −(2m+ 1)hmhn,
(h′′n − x2hn)hm = −(2n+ 1)hnhm.
Die Differenz liefert
h′′mhn − h′′nhm = (h′mhn − h′nhm)′ = 2(n−m)hnhm.
Durch Integration erhalten wir nun
2(n−m)(hm, hn) = (h′m(x)hn(x)− h′n(x)hm(x))∣∣∣∞x=−∞
= 0.
2. Wir zeigen, dass (hn, hn) = π1/22nn! gilt.
Fur n = 0 gilt (siehe altes Beispiel)
(h0, h0) =∞∫−∞
e−x2dx = (π)1/2.
Wir beweisen jetzt die Rekursion
(hn+1, hn+1) = 2(n+ 1) (hn, hn) (n ∈ N0),
daraus folgt dann die Behauptung.
Wegen der Rekursion (?) folgt mit partieller Integration nach dem ersten Be-weisschritt
(hn+1, hn+1) =∞∫−∞
e−x2(Hn+1(x))
2dx
=∞∫−∞
e−x2(2xHn(x)− 2nHn−1(x))Hn+1(x) dx
=∞∫−∞
2xe−x2Hn(x)Hn+1(x) dx− 2n
∞∫−∞
e−x2Hn−1(x)Hn+1(x) dx
5–12
Fourier-Transformation
=[−e−x2
Hn(x)Hn+1(x)]∞−∞
+∞∫−∞
e−x2[H ′n(x)Hn+1(x) +Hn(x)H
′n+1(x)
]dx
=∞∫−∞
e−x2 · 2n Hn−1(x)Hn+1(x) dx+ 2(n+ 1)
∞∫∞e−x
2(Hn(x))
2dx
= 2(n+ 1)(hn, hn).
3. Wir zeigen, dass {hn : n ∈ N0} ein vollstandiges Orthogonalsystem ist, d.h.,aus f ∈ L2 mit (f, hn) = 0 ∀n ∈ N0 folgt f = 0.
Dazu berechnen wir fur f ∈ L2 die Funktion g : C→ C,
g(z) :=∞∫−∞
h0(x)f(x)e−ixzdx (z ∈ C).
Dann ist g holomorph auf C. Fur die m-te Ableitung von g ergibt sich
g(m)(z) = (−i)m∞∫−∞
xmh0(x)f(x)e−ixzdx (m ∈ N0).
Also ist g(m)(0) eine Linearkombination von (f, h0), . . . , (f, hm) und wir er-
halten g(m)(0) = 0 fur alle m ∈ N0. Da g holomorph ist, folgt g = 0 unddamit schließlich (h0f)∧ = 0 fast uberall. Also ist auch h0f = 0 nach demIdentitatssatz fur F (Folgerung nach Satz 5.3.) und f = 0 fast uberall.
4. Wir berechnen die Fourier-Transformierte von hn:
Fur n = 0 war
h0(w) =∞∫−∞
e−x2/2 e−ixwdx = (2π)1/2e−w
2/2,
(siehe Beispiel). Fur n ∈ N folgt mit Hilfe der Definition von Hn(x) nachn-facher partieller Integration
hn(w) =∞∫−∞
hn(x)e−iwx dx = (−1)n
∞∫−∞
e−ixw+x2/2(dn
dxn e−x2)dx
=∞∫−∞
e−x2(∂n
∂xn e−ixw+x2
2
)dx = e
w2
2
∞∫−∞
e−x2(∂n
∂xn e(x−iw)2
2
)dx.
Aus Symmetriegrunden gilt
∂n
∂xn e(x−iw)2
2 = in ∂n
∂wn e(x−iw)2
2
und somit
hn(w) = inew2
2
∞∫−∞
e−x2(∂n
∂wn e(x−iw)2
2
)dx
= inew2
2 dn
dwn
(e−
w2
2
∞∫−∞
e−ixw−x2
2 dx)
= inew2
2 dn
dwn
(e−
w2
2 h0(w))
= (2π)12 ine
w2
2 dn
dwn e−w2
= (2π)12 (−i)n hn(w).
Hieraus folgt der Satz uber die Fortsetzbarkeit von F auf L2.
5–13
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 5.7. (Satz von Plancherel)
Die Fourier-Transformation F lasst sich zu einer beschrankten, linearen,bijektiven Abbildung von L2 auf sich ausdehnen. Die inverse Fourier-TransformationF−1 : L2 → L2 ist linear und beschrankt. Es gilt die ParsevalscheGleichung
2π (f, g) = (Ff, Fg) (f, g ∈ L2),
d.h. insbesondere
(2π)1/2‖f‖2 = ‖Ff‖2 (f ∈ L2).
Fur beliebige f ∈ L2 und fast alle x ∈ R gilt
F−1(Ff)(x) = f(x) mit F−1f =1
2πFf.
Ferner gilt
‖F‖L2→L2 = (2π)1/2, ‖F−1‖L2→L2 = (2π)−1/2.
Beweis:
1. Nach Satz 5.6 ist die Menge {hn : n ∈ N0} ein vollstandiges Orthogonalsy-stem von L2.
Sei f ∈ L2 beliebig. Dann folgt daraus die Orthogonalreihenentwicklung
f =∞∑n=0
(f,hn)(hn,hn) hn.
Fur f, g ∈ L2 gilt damit
(f, g) =∞∑n=0
(f, hn) (g, hn)(hn, hn)−1, ‖f‖22 =
∞∑n=0|(f, hn)|2(hn, hn)−1.
2. Wir definieren die Operatoren F0 : L2 → L2 und F−10 : L2 → L2 durch
F0f := (2π)1/2∞∑n=0
(−i)n(f, hn)(hn, hn)−1hn,
F−10 f := (2π)−1/2
∞∑n=0
in(f, hn)(hn, hn)−1hn,
5–14
Fourier-Transformation
fur f ∈ L2. Daraus folgt
‖F0f‖22 = (F0f, F0f) = 2π∞∑n=0|(f, hn)|2(hn, hn)−1 = 2π ‖f‖22,
und analog‖F−1
0 f‖22 = (2π)−1 ‖f‖22.
Außerdem gilt
(F0f, F0g) = 2π∞∑n=0
(f, hn)(g, hn)(hn, hn)−1 = 2π (f, g).
3. Fur beliebige f ∈ L2 berechnen wir F−10 (F0f). Aus der Definition von F0
und F−10 folgt
F−10 (F0f) = (2π)−1/2
∞∑n=0
in(F0f, hn)(hn, hn)−1hn
mit(F0f, hn) = (2π)1/2(−i)n(f, hn) (n ∈ N0).
Somit folgt
F−10 (F0f) =
∞∑n=0
(f, hn)(hn, hn)−1hn = f.
Analog gilt auch f = F0(F−10 f) fur alle f ∈ L2.
4. Sei H die Menge aller Funktionen h : R→ C der Form
h(x) = e−x2/2p(x) (x ∈ R),
wobei p ein beliebiges Polynom ist. Dann liegt H dicht in L2 nach Satz 5.6.Wegen hn ∈ H und
(F0hn)(w) = (2π)1/2(−i)nhn(w) = (Fhn)(w)
stimmt F0 mit F auf H uberein. Folglich ist F0 eine stetige Fortsetzung von Fauf L2. Analog ist F−1
0 eine stetige Fortsetzung von F−1. Wir schreiben F, F−1
anstelle von F0, F−10 .
Bemerkung: Es gilt
‖Ff‖22 = 2π‖f‖22 (f ∈ L2)
d.h.,∞∫−∞|Ff(w)|2dw = 2π
∞∫−∞|f(x)|2dx.
5–15
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Man nennt
‖f‖22 die Energie des Signals,
‖Ff‖22 die Energie der Fourier-Transformierten Ff ,
|Ff |2 das Energiespektrum von f .
Eine Eigenart von F kommt im Heisenbergschen Unscharfeprinzip zum Aus-druck. Sei (Mf)(x) = x · f(x) der Multiplikationsoperator. Wir zeigen, dass es
unmoglich ist, dass f und f gleichzeitig auf beliebig kleinem Trager lokalisiertsind.
Satz 5.8. (Unscharfeprinzip von Heisenberg)
Fur f ∈ L2 seien auch Mf,Mf ∈ L2. Dann gilt die HeisenbergscheUnscharferelation
‖Mf‖2 ‖Mf‖2 ≥ 12(2π)1/2 ‖f‖22.
Beweis: 1. Aus Hn+1 = 2xHn(x)− 2nHn−1(x) folgt
(Mhn)(x) = xhn(x) = 12 hn+1(x) + n · hn−1(x) (n ∈ N0, h−1 := 0).
Fur n ∈ N0 gilt daher
(Mf, hn) = (f,Mhn) = 12(f, hn+1) + n (f, hn−1)
und
(Mf, hn) = (f ,Mhn) = 12(f , hn+1) + n (f , hn−1)
= 12(2π)−1/2(−i)n+1(f , hn+1) + n (2π)−1/2(−i)n−1(f , hn−1)
= 12(2π)1/2(−i)n+1(f, hn+1) + n (2π)1/2(−i)n−1(f, hn−1),
wobei die letzte Gleichung aus der Parsevalschen Gleichung folgt.
2. Es gilt
‖Mf‖22 =∞∑n=0|(Mf, hn)|2(hn, hn)−1,
12π‖Mf‖22 =
∞∑n=0
12π |(Mf, hn)|2(hn, hn)−1.
Daraus folgt
‖Mf‖22 + 12π‖Mf‖22
1.=
∞∑n=0
(14 |(f, hn+1)|2 + n ·Re[(f, hn+1) · (f, hn−1)]
+ n2|(f, hn−1)|2 + 14 |(f, hn+1)|2 + n ·Re[(−i)2(f, hn+1)(f, hn−1)]
+ n2|(f, hn−1)|2)(hn, hn)
−1
=∞∑n=0
(12 |(f, hn+1)|2 + 2n2|(f, hn−1)|2
)(hn, hn)
−1.
5–16
Fourier-Transformation
Wegen(hn+1, hn+1) = 2(n+ 1)(hn, hn)
folgt
‖Mf‖22 + 12π‖Mf‖22 =
∞∑n=0
(n+ 1)|(f, hn+1)|2(hn+1, hn+1)−1
+∞∑n=1
n|(f, hn−1)|2(hn−1, hn−1)−1
=∞∑m=0
(2m+ 1)|(f, hm)|2(hm, hm)−1 ≥ ‖f‖22.
Gleichheit gilt nur fur f = c h0 = c e−x2/2 mit einer Konstante c∈C.
3. Fur α > 0 bilden wir aus f ∈ L2 die Funktion
h(x) := α−1/2f(xα) (x ∈ R, f 6= 0).
Dann folgt h(w) = α1/2 f(αw) und damit
‖h‖2 = ‖f‖2, ‖Mh‖2 = α‖Mf‖2, ‖Mh‖ = 1α‖Mf‖2.
Nach 2. gilt fur beliebige α > 0
‖Mh‖22 + 12π ‖Mh‖22 = α2‖Mf‖22 + 1
2πα−2 ‖Mf‖22 ≥ ‖f‖22.
Die linke Seite der Ungleichung wird fur
α2 = (2π)−1/2 ‖Mf‖2‖Mf‖2
minimal, denn setzen wir die erste Ableitung (nach α) gleich Null, so folgt
2α‖Mf‖22 − 22π · α
−3‖Mf‖22 = 0
2α4‖Mf‖22 = 1π ‖Mf‖22
α4 = 12π
‖Mf‖22‖Mf‖22
.
Einsetzen ergibt
1(2π)1/2 ‖Mf‖2 ‖Mf‖2 + 1
2π · (2π)1/2 ‖Mf‖2 ‖Mf‖2 ≥ ‖f‖22.
Bemerkung: In der Quantenmechanik heißt f ∈ L2 mit ‖f‖2 = 1 eine ”Wel-lenfunktion”. Nach dem Heisenbergschen Unscharfeprinzip gilt
‖Mf‖2 ‖Mf‖2 ≥ (π2 )1/2,
5–17
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
d.h.( ∞∫−∞
w2 |f(w)|2dw)1/2 ( ∞∫
−∞x2 |f(x)|2dx
)1/2
≥ (π2 )1/2 (f ∈ L2, ‖f‖2 = 1).
”Lage und Impuls eines quantentheoretischen Teilchens konnen nicht gleichzei-
tig beliebig genau lokalisiert werden.“
Was bedeutet das Heisenbergsche Unscharfeprinzip in der Signaltheorie?
Sei f ∈ L2 (f 6= 0) ein zeitabhangiges Signal mit Mf, Mf ∈ L2. Die”mittlere
Zeit“ von f (Mittelwert von f ) sei durch
x0 := (Mf, f)(f, f)−1 = (∞∫−∞
x |f(x)|2dx)(∞∫−∞|f(x)|2dx)−1
definiert. Die”mittlere Frequenz“ von f (Mittelwert von f) sei durch
w0 := (Mf, f) (f , f)−1
gegeben. Die Zeitdauer von f (Streuung von f) ergibt sich aus
T (f) := ‖(M − x0)f‖2 ‖f‖−12
=( ∞∫−∞
(x− x0)2 |f(x)|2dx
)1/2( ∞∫−∞|f(x)|2dx
)−1/2
.
Die Bandbreite von f (Streuung von f) ist
B(f) := ‖(M − w0)f‖2 ‖f‖−12
=( ∞∫−∞
(w − w0)2|f(w)|2dw
)1/2( ∞∫−∞|f(w)|2dw
)−1/2
.
Satz 5.9. (Bandbreitensatz)
Fur f ∈ L2 (f 6= 0) mit Mf, Mf ∈ L2 gilt
T (f)B(f) ≥ 12 .
Bemerkung: Fur ein beliebiges nicht verschwindendes Signal konnen niemalsZeitdauer und Bandbreite gleichzeitig beliebig klein werden.Ein Signal mit kurzer Zeitdauer besitzt ein Spektrum mit großer Bandbreite(siehe Beispiele).
Beweis: Die Hilfsfunktion
h(x) := e−iw0xf(x+ x0) (x ∈ R)
5–18
Fourier-Transformation
ist wegen ‖h‖2 = ‖f‖2 in L2. Ferner ist ‖Mh‖2 = ‖(M − x0)f‖2.Nach der Verschiebungseigenschaft von F gilt
h(w) = eix0w f(w + w0) (w ∈ R),
d.h.‖h‖2 = ‖f‖2, ‖Mh‖2 = ‖(M − w0)f‖2.
Die Funktion h genugt der Voraussetzung der Heisenbergschen Unscharferela-
tion. Wegen ‖h‖2 = (2π)1/2‖h‖2 gilt
‖Mh‖2‖h‖2
‖Mh‖‖h‖2
≥ 1/2.
Damit folgt T (f)B(f) ≥ 1/2.
Bemerkung:
Mehrdimensionale Fourier-Reihen
Es sei f ∈ L12π(Rd) mit x = (x1, . . . , xd) ∈ Rd und k = (k1, . . . , kd) ∈ Zd. Es
gelte f(x+ 2kπ) = f(x), d.h. f ist 2π − periodisch in jeder Variablen.
Wir definieren
ck(f) := 1(2π)d
∫[0,2π]d
f(x) e−ikx dx mit kx = k1x1 + . . .+ kdxd.
Dann hat die Fourier-Reihe die Form∑k∈Zd
ck(f) eikx.
Mehrdimensionale Fourier-Transformation
Es sei f ∈ L1(Rd), also∫Rd
|f(x)|dx <∞.
Mit w = (w1, . . . , wd) ∈ Rd und xw = x1w1 + . . .+ xdwd definieren wir
f(w) :=∫Rd
f(x) e−iwx dx.
5–19
6. Anwendungen der Fourier-Transformation
6.1. Losung partieller Differentialgleichungen
Wir betrachten die Warmeausbreitung in einem unendlich langen Stab.Es bezeichne t ≥ 0 die Zeit, x ∈ R den Ort und u(x, t) die Temperatur. Dannhat die Warmeleitungsgleichung die Form
ut(x, t) = a2uxx(x, t) (x ∈ R, t > 0, a > 0) (?)
mit der Anfangsbedingung
limt→0+
u(x, t) = u0(x) (Anfangstemperaturverteilung).
Losungsidee:
1. Wir uberfuhren die partielle Differentialgleichung durch Ubergang vom Zeit-bereich in den Frequenzbereich in eine gewohnliche Differentialgleichung.
2. Wir losen die gewohnliche Differentialgleichung im Frequenzbereich.
3. Wir wenden die inverse Fouriertransformation an, um die Losung im Zeitbe-reich zu erhalten.
Fur festes t > 0 sei
(Fu)(w, t) :=∞∫−∞
u(x, t) e−ixwdx.
Daraus folgt(Fuxx)(w, t) = (iw)2Fu(w, t).
Die Warmeleitungsgleichung geht durch Fouriertransformation (bezuglich x) ineine gewohnliche Differentialgleichung uber:
(Fut)(w, t) = −a2w2(Fu)(w, t).
Dabei ist w ein Parameter. Die Losung lautet
(Fu)(w, t) = C(w) e−a2w2t
= (Fu)(w, 0) e−a2w2t.
Laut Anfangsbedingung gilt dabei (Fu)(w, 0) = (Fu0)(w), d.h.
(Fu)(w, t) = (Fu0)(w) e−a2w2t.
Wir wollen u(x, t) nach dem Faltungssatz berechnen. Nach dem Beispiel zurGaußschen Glockenkurve gilt
e−bx2 F−→ (πb )
1/2e−w2/4b,
( bπ )1/2e−bx2 F−1
←− e−w2/4b.
6–1
Anwendungen der Fourier-Transformation
Durch Substitution 14b = a2t folgt b = 1
4a2tund damit
(1
4a2tπ
)1/2
e−x2
4a2tF−1
←− e−a2w2t.
Einsetzen in die Losung liefert
(Fu)(w, t) = (Fu0)(w) · F(
12a√πte− x2
4a2t
)(w, t),
also nach Faltungssatz
u(x, t) = u0(x) ∗ 12a√πte−x
2/4a2t,
falls t > 0 und u0 ∈ L1 ∩ C.
Satz 6.1. (Poisson)
Sei u0 ∈ L1 ∩ C. Dann hat die Warmeleitungsgleichung (?) mit derAnfangsbedingung lim
t→0+u(x, t) = u0(t) fur x ∈ R und t > 0 die Losung
u(x, t) = 12a√πt
∞∫−∞
u0(x− y) e−y2/4a2t dy.
Bemerkung: Der Satz gilt auch, falls u0 nicht in L1 liegt, sondern nur stetigund beschrankt ist.
6.2. Anwendung in der Signalverarbeitung
Zwischen Fourier-Reihen und Fourier-Integralen besteht ein enger Zusammen-hang, der in der Poissonschen Summenformel und dem Abtastsatz von Shannonzum Ausdruck kommt.
Definition: Wir ordnen einer Funktion f ∈ L1 eine 2π-periodische Funk-tion f∗ zu:
f∗(x) :=∞∑
k=−∞f(x+ 2πk) (x ∈ R).
Dann heißt f∗ die f ∈ L1 zugeordnete 2π-periodische Funktion.
6–2
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Existiert die Funktion f∗ immer? Wir untersuchen, ob die unendliche Reihe furf ∈ L1 immer konvergiert.
Es sei ϕn(x) :=n∑
k=−n|f(x+ 2kπ)| (x ∈ R).
Dann folgt:
0 ≤ ϕn(x) ≤ ϕn+1(x),
limn→∞
2π∫0
ϕn(t) dt = limn→∞
n∑k=−n
2(k+1)π∫2kπ
|f(t)| dt =∞∫−∞|f(t)| dt = ‖f‖1 <∞.
Nach Levi’s Satz uber monotone Folgen ist ϕ(x) := limn→∞
ϕn(x) fur fast alle x ∈
R erklart und ϕ ∈ L12π.
Wegen
|n∑
k=−nf(x+ 2kπ)| ≤ ϕ(x) fur fast alle x ∈ R
folgt nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue, dass f∗(x) fur fast alle x ∈ Rerklart ist und f∗ ∈ L1
2π gilt.
Lemma 6.2.
Es seien f ∈ L1 und g ∈ L12π. Dann gilt
1.2π∫0
f∗(t) dt =∞∫−∞
f(t) dt,
2.2π∫0
g(x− t)f∗(t) dt =∞∫−∞
g(x− t)f(t) dt fur fast alle x ∈ R.
Beweis:1. folgt aus 2. mit g(x) ≡ 1.
2. Nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue gilt fur fast alle x ∈ R
∞∫−∞
g(x− t)f(t) dt =∞∑
k=−∞
2(k+1)π∫2kπ
g(x− t)f(t) dt
=∞∑
k=−∞
2π∫0
g(x− t)f(t+ 2kπ) dt =2π∫0
g(x− t)f∗(t) dt.
6–3
Anwendungen der Fourier-Transformation
Folgerung 6.3.
Es sei f ∈ L1 und f∗ ∈ L12π die zugeordnete 2π−periodische Funktion.
Dann gilt:
ck(f∗) = 1
2π f(k) (k ∈ Z),
das heißt,
12π
2π∫0
f∗(x)e−ikx dx = 12π
∞∫−∞
f(x)e−ikxdx.
Beweis:Man nutze Lemma 6.2 fur f(x)e−ikx (k ∈ Z).
Bemerkung: Hat f einen kompakten Trager, so konvergiert∞∑
k=−∞f(x+ 2πk)
sogar gleichmaßig gegen f∗(x).
Satz 6.4.
Eine gegebene Funktion f ∈ L1 ∩ C0 genuge den Voraussetzungen
1.∞∑
k=−∞max{|f(x+ 2kπ)| : x ∈ [0, 2π]} < ∞
2.∞∑
k=−∞|f(k)| < ∞
Dann gilt fur alle x ∈ R
2πf∗(x) = 2π∞∑
k=−∞f(x+ 2kπ) =
∞∑k=−∞
f(k) eikx,
und fur x = 0 gilt die Poissonsche Summenformel
2π∞∑
k=−∞f(2kπ) =
∞∑k=−∞
f(k).
Beweis:Nach Voraussetzung 1 ist f∗ ∈ C2π nach dem Weierstraß-Kriterium fur gleich-maßige Konvergenz.
Nach Voraussetzung 2 und Folgerung 6.3 gilt
∞∑k=−∞
|ck(f∗)| = 12π
∞∑k=−∞
|f(k)| < ∞.
6–4
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Nach Satz 3.6 konvergiert die Fourier-Reihe von∑∞
k=−∞ ck(f∗) e−ikx absolut
und gleichmaßig auf [0, 2π] gegen f∗(x). Wir erhalten also
f∗(x) =∞∑
k=−∞ck(f
∗) eikx = 12π
∞∑k=−∞
f(k) eikx.
Definition: Eine Funktion heißt bandbegrenzt auf [−W,W ] (W > 0),wenn
f(w) ≡ 0 fur |w| ≥W.
Somit gilt
f(x) = 12π
W∫−W
f(w) eiwx dw (x ∈ R).
Bemerkung: Es sei f(x) := sinc (Wx). Wegen
f(x) = sinc(Wx) = eiWx−e−iWx
2iWx = 12W
W∫−W
eiwxdw
gilt f(w) ≡ 0 fur |w| ≥W , d.h., f(x) ist bandbegrenzt. Aber f 6∈ L1, d.h., einebandbegrenzte Funktion ist nicht notwendig absolut integrierbar.
Satz 6.5. (Abtastsatz von Nyquist (1928))
Sei f ∈ L1 ∩ C0 auf [−W,W ] bandbegrenzt. Dann ist f durch die Ab-
tastwerte f(kπW ) (k ∈ Z) eindeutig bestimmt.
Bemerkung: Wird eine bandbegrenzte Funktion”genugend dicht“ abgeta-
stet, so ist sie durch die Abtastwerte eindeutig bestimmt. Der Kehrwert Wπ
des Abstands πW von zwei benachbarten Abtaststellen heißt Nyquist-Rate.
Eine bandbegrenzte Funktion f lasst sich aus den Abtastwerten f(kπW ) (k ∈ Z)rekonstruieren.
Satz 6.6. (Abtastsatz von Shannon (1949))
Es sei f ∈ L1 ∩ C0 auf [−W,W ] bandbegrenzt. Dann gilt fur alle x ∈ R
f(x) =∞∑
k=−∞f(kπW ) sinc (Wx− kπ),
wobei die Reihe absolut und gleichmaßig auf R konvergiert.
6–5
Anwendungen der Fourier-Transformation
Bemerkung: Beim Abtastsatz von Shannon wird ein bandbegrenztes Signalin abklingende Wellen zerlegt.
Beweis:1. Sei x ∈ R beliebig fest. Wir definieren ϕ, ψ durch
ϕ(u) := f(Wπ u), ψ(u) := e−ixWπ u, u ∈ [−π, π].
Dann gilt ϕ, ψ ∈ L22π. Wegen
f(x) = 12π
W∫−W
f(w)eiwx dw
folgt fur die Fourierkoeffizienten von ϕ durch Substituion w = Wπ u
ck(ϕ) = 12π
π∫−πϕ(u) e−ikudu = 1
2W
W∫−W
f(w) e−ikπW wdw = π
W f(−kπW ).
Wegen
sinc (Wx) = 12W
W∫−W
e−iwx dw
folgt fur die Fourier-Koeffizienten von ψ durch Substitution w = Wπ u
ck(ψ) = 12π
π∫−πψ(u) e−iku du = 1
2W
W∫−W
e−i(x+kπW )w dw = sinc (Wx+ kπ).
2. Nachweis der Konvergenz fur x ∈ R:
f(x) = 12π
W∫−W
f(w) eiwx dw = W2π2
π∫−πf(Wπ u) e
iWπ ux du
= Wπ
12π
π∫−πϕ(u)ψ(u) du =
Parseval
Wπ
∞∑k=−∞
ck(ϕ) ck(ψ)
= Wπ
∞∑k=−∞
πW f(−kπW ) sinc (Wx+ kπ)
=∞∑
k=−∞f(kπW ) sinc (Wx− kπ).
3. Nachweis der gleichmaßigen Konvergenz auf R :
|f(x)−n∑
k=−nf(kπW ) sinc (Wx− kπ)|
= | 12π
W∫−W
f(w) eiwx dw −n∑
k=−n
Wπ ck(ϕ) 1
2W
W∫−W
eiw(x+kπW ) dw|
= 12π |
W∫−W
(f(w)−n∑
k=−nck(ϕ) ei
kπW w) eixw dw|
= W2π2 |
π∫−π
(ϕ(u)− (Snϕ)(u)) eixWπ u du|
CSU≤
Wπ ‖ϕ− Snϕ‖2 ‖ψ‖2
n→∞−→ 0.
6–6
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
4. Nachweis der absoluten Konvergenz:
∞∑k=−∞
|f(kπW )| |sinc (Wx− kπ)| = Wπ
∞∑k=−∞
|ck(ϕ)| |ck(ψ)|
CSU≤
Wπ
( ∞∑k=−∞
|ck(ϕ)|2)1/2( ∞∑
k=−∞|ck(ψ)|2
)1/2
= Wπ ‖ϕ‖2‖ψ‖2 = W
π ‖ϕ‖2 ≤ ∞.
6.3 Anwendung in der Approximationstheorie
Wir betrachten die kardinale Spline-Interpolation.
Definition: Der kardinale B-Spline 1. Ordnung ist durch
N1(x) :=
1/2 x = 01 x ∈ (0, 1)
1/2 x = 10 x /∈ [0, 1]
definiert. Der kardinale B-Spline m-ter Ordnung (m ≥ 2) sei rekursivdurch
Nm(x) := (Nm−1 ∗N1)(x) =1∫0
Nm−1(x− t)dt
gegeben.
Beispiele: Fur m = 2 erhalten wir die Hutfunktion
N2(x) =1∫0
N1(x− t)dt =x∫
x−1
N1(y)dy =x∫
x−1
χ[0,1](t)dt
=
0 x < 0x∫0
1 dt = x 0 ≤ x < 1
1∫x−1
1 dt = 2− x 1 ≤ x < 2
0 2 ≤ x
=
x x ∈ [0, 1)
2− x x ∈ [1, 2)
0 sonst.
Analog folgt fur den quadratischen B-Spline
N3(x) =
x2/2 x ∈ [0, 1),
(−2x2 + 6x− 3)/2 x ∈ [1, 2),
(3− x)2/2 x ∈ [2, 3),
0 sonst.
6–7
Anwendungen der Fourier-Transformation
Satz 6.7. (Eigenschaften kardinaler B-Splines)
Fur m ≥ 1 erfullen die kardinalen B-Splines Nm die folgenden Eigenschaf-ten.
1. Der B-Spline Nm besitzt einen kompakten Trager, supp Nm = [0,m],und Nm(x) > 0 fur x ∈ (0,m).
2. Der B-Spline Nm ist stuckweise aus Polynomen zusammengesetzt,Nm|[k,k+1] ∈ Πm−1 (k ∈ Z). Dabei bezeichnet Πm−1 die Menge aller
algebraischen Polynome hochstens (m− 1)-ten Grades.
3. Rekursion:
Nm(x) = xm−1Nm−1(x) + m−x
m−1Nm−1(x− 1) (m ≥ 2, x ∈ R).
4. Der B-Spline Nm ist (m− 2)-mal stetig differenzierbar, Nm ∈ Cm−2.
5. Die Fourier-Transformierte des B-Splines Nm hat die Form
Nm(w) = e−imw/2(sinc w
2
)m(m ≥ 1, w ∈ R).
6. Fur m ≥ 3 gilt
N ′m(x) = Nm−1(x)−Nm−1(x− 1).
Beweis:1. Fur m = 2 ist Nm(x) stetig (siehe Beispiel). Fur m ≥ 3 folgt aus derDefinition
N ′m(x) =
1∫0
∂∂xNm−1(x− t)dt = −
1∫0
∂∂tNm−1(x− t)dt
= −Nm−1(x− 1) +Nm−1(x)
und damit Eigenschaft 6.2. Wegen N2 ∈ C0 (d.h. N2 ist stetig), folgt aus 6., dass Nm ∈ Cm−2.3. Wir zeigen die Rekursionsformel (Eigenschaft 3) mittels vollstandiger Induk-tion uber m. Fur m = 2 gilt
N2(x) = x1N1(x) + (2−x)
1 N1(x− 1) =
x x ∈ [0, 1),2− x x ∈ [1, 2),
0 sonst,
d.h., die Rekursionsformel ist fur m = 2 richtig. Sei die Rekursion 3. nun richtig
6–8
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
fur m ∈ N, m ≥ 2. Dann folgt
Nm+1(x) =1∫0
Nm(x− t)dt
=1∫0
x−tm−1 Nm−1(x− t) + m−x+t
m−1 Nm−1(x− t− 1)dt
= 1m−1
[ 1∫0
(x− t)Nm−1(x− t)dt+1∫0
(m− x+ t)Nm−1(x− t− 1)dt]
= 1m−1
[x
1∫0
Nm−1(x− t)dt︸ ︷︷ ︸=Nm(x)
−1∫0
tNm−1(x− t)dt
+ (m− x)Nm(x− 1) +1∫0
tNm−1(x− t− 1)dt]
= 1m−1
[xNm(x) + (m− x)Nm(x− 1)
]+ 1
m−1
1∫0
t (Nm−1(x− t− 1)−Nm−1(x− t))dt︸ ︷︷ ︸= ∂
∂tNm(x−t)
= 1m−1
[xNm(x) + (m− x)Nm(x− 1) + [tNm(x− t)]
∣∣10
−1∫0
Nm(x− t)dt]
= 1m−1
[(m− x+ 1)Nm(x− 1) + xNm(x)−Nm+1(x).
]Also erhalten wir
mm−1 Nm+1(x) = 1
m−1 [xNm(x)− (m+ 1− x)Nm(x− 1)]
und damit die Behauptung.4. Die Eigenschaften 1. und 2. folgen aus 3. direkt durch vollstandige Indukti-on.5. Wir zeigen nun Nm(w) = e−imw/2(sincw2 )m. Fur m = 1 ist
N1(w) =∞∫−∞
N1(x)e−iwxdx =
∫ 10 e
−iwxdx = 1−iw (e−iw − 1)
= e−iw/2 (e−iw/2−eiw/2)(−2i)w/2 = e−iw/2
(sinc w
2
).
Fur m ≥ 1 folgt nach Definition mittels vollstandiger Induktion
Nm(w) = (Nm−1 ∗N1)∧(w) = Nm−1(w) · N1(w)
= (N1(w))m = e−iwm/2(sinc w/2)m.
6–9
Anwendungen der Fourier-Transformation
Wir betrachten den Raum Sm der kardinalen Splinefunktionen der Ordnung mvon der Form
s(x) =∑k∈Z
ak Nm(x− k) (x ∈ R)
mit a = (ak)k∈Z ∈ l1. Dann konvergiert die Reihe absolut und gleichmaßig aufR und
‖s‖1 ≤∑k∈Z|ak| ‖Nm‖1 <∞.
Insbesondere gilt
‖Nm‖1 =∞∫−∞
Nm(x)dx = Nm(0) = 1.
Interpolationsproblem:
Gegeben seien Daten yk ∈ R, k ∈ Z mit y = (yk) ∈ l1. Gesucht ist eineFunktion s ∈ Sm der Form
s(x) =∑k∈Z
ak Nm(x− k) (x ∈ R),
die die Interpolationsbedingungen
s(j) = yj =∑k∈Z
ak Nm(j − k)
fur all j ∈ Z erfullt. Zur Losung dieses Interpolationsproblems benotigen wirdie folgende Definition.
Definition: Das Symbol des kardinalen B-splines Nm sei durch
σm(w) =∑k∈Z
Nm(k)e−ikw
definiert. Da Nm einen kompakten Trager hat, ist σm ein 2π-periodischestrigonometrisches Polynom.
Beispiele: Wir erhalten
σ2(w) = e−iw
σ3(w) = 12e−iw + 1
2e−2iw = e−3iw/2 cos w2
σ4(w) = 16(e−iw + 4e−2iw + e−3iw)1
3e−2iw(2 + cosw)
Die Polynome Fm(z) := σm(w) mit z := e−iw heißen Euler-Frobenius-Poly-nome.
6–10
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 6.8.Fur alle w ∈ R gilt
σm(w) =∑k∈Z
Nm(w + 2kπ). (m ≥ 2).
Daruber hinaus ist |σm(w)| ≥ |σm(π)| = cm > 0 ∀ w ∈ [0, 2π), genaudann, wenn m gerade ist. Fur gerades m besitzt σm also keine reelleNullstelle.
Beweis:1. Fur k ≥ 1 und w ∈ [0, 2π) gilt die Abschatzung
|Nm(w + 2kπ)| =∣∣∣ sin(w
2 +πk)(w
2 +πk)
∣∣∣m ≤ 1|w2 +πk|m ≤
1(πk)m .
Analog gilt fur k ≤ −2 und w ∈ [0, 2π)
|Nm(w + 2kπ)| =≤ 1|w2 +πk|m ≤
1(π|k+1|)m .
Also ist die ReiheN∗m(w) :=
∑l∈Z
Nm(w + 2πl)
fur m ≥ 2 absolut und gleichmaßig konvergent. Die 2π-periodische Funktion
N∗m(w) ∈ L1
2π lasst sich in eine Fourierreihe entwickeln,
N∗m(w) =
∑k∈Z
ck(N∗m) e−ikw
mit
ck(N∗m) = 1
2π
2π∫0
N∗m(w)eikwdw = 1
2π
∑l∈Z
2π∫0
Nm(w + 2πl) eikwdw
= 12π
∞∫−∞
Nm(w) eikwdw = Nm(k).
2. Zum Beweis der weiteren Aussagen des Satzes verweisen wir auf I.J. Schoen-berg, Cardinal interpolation and spline functions IV. The Exponential EulerSplines, Proc. of Oberwolfach Conference 1971, bzw. auf C. K. Chui, ”An In-troduction to Wavelets”, Academic Press, 1992, San Diego, Abschnitt 6.4.
Definition: Eine Funktion λ ∈ Sm, die die Kronecker-Daten (δ0,k)k∈Zinterpoliert, d.h.
λ(k) =
{1 k = 00 sonst
(k ∈ Z),
heißt kardinale Lagrange-Funktion bzw. kardinaler Lagrange-Spline.
6–11
Anwendungen der Fourier-Transformation
Satz 6.9.Sei m ∈ N gerade. Die Funktion λm der Form
λm(x) = F−1(Nmσm
)(x) = 1
2π
∞∫−∞
Nm(w)σm(w) e
iwxdx
ist eine kardinale Lagrange-Funktion. Es gilt λm ∈ Sm, d.h.
λm(x) =∑k∈Z
amk Nm(x− k)
mit
amk := 12π
2π∫0
eikw
σm(w)dw k ∈ Z,
wobei (amk ) ∈ l1.
Beweis:1. Wegen σm ≥ cm > 0 und m ≥ 2 ist Nm
σm∈ L1 und wir konnen λm(x) =
F−1( Nmσm
)(x) berechnen. Insbesondere gilt
λm(k) = 12π
∞∫−∞
Nm(w)σm(w) e
iwk dw
= 12π
∑l∈Z
2π∫0
Nm(w+2πl)σm(w+2πl) e
i(w+2πl)k dw
= 12π
2π∫0
σm(w)σm(w) e
iwk dw =
{1 k = 0,0 k 6= 0.
2. Außerdem gilt∑k∈Z
Nm(k + x)e−ikw =∑l∈Z
Nm(w + 2πl)eiwxe2πilx.
Der Beweis kann analog zu Satz 6.8 gefuhrt werden (Ubungsaufgabe). Damitergibt sich
λm(x) = 12π
∞∫−∞
Nm(w)σm(w) e
iwxdw
= 12π
2π∫0
1σm(w)
∑l∈Z
Nm(w + 2πl) ei(w+2πl)x dw
= 12π
2π∫0
1σm(x)
∑k∈Z
Nm(x+ k) e−ikwdw
=∑k∈Z
12π
2π∫0
eikw
σm(w)dw︸ ︷︷ ︸=am
k
Nm(x− k).
6–12
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Da σm ein trigonometrisches Polynom ist mit σm(w) ≥ cm > 0 ∀w ∈ [0, 2π), istσm(w)−1 eine beliebig oft differenzierbare 2π−periodische Funktion. Nach Satz3.8 bilden die Fourier-Koeffizienten von σ−1
m daher eine schnell fallende Folge.Insbesondere folgt (amk )k∈Z ∈ l1.
Satz 6.10.Fur eine gegebene Datenfolge (yj) ∈ l1 ist das kardinale Interpolations-problem
yj = s(j), j ∈ Z
fur s ∈ Sm (m gerade) eindeutig losbar. Die kardinale Spline-Interpolantehat die Form
s(x) =∑k∈Z
(am ∗ y)kNm(x− k).
wobei (am ∗ y)k :=∑
j∈Z amj yk−j .
Beweis:1. Sei λm die kardinale Lagrange-Funktion aus Satz 6.9. Wir bilden
s(x) :=∑j∈Z
yj λm(x− j) (x ∈ R).
Wegen |yj λm(x − j)| ≤ |yj | · supx∈R{|λm(x)|} und (yj)j∈Z ∈ l1 folgt dieabsolute und gleichmaßige Konvergenz der Reihe.
2. Wegen λm(x) =∑
k∈Z amk Nm(x− k) erhalten wir
s(x) =∑j∈Z
yj∑k∈Z
amk Nm(x− j − k)
=∑k′∈Z
(∑j∈Z
yj amk′−j)Nm(x− k′) =
∑k∈Z
(y ∗ am)kNm(x− k).
Außerdem ist‖am ∗ y‖1 ≤ ‖am‖1 · ‖y‖1 <∞,
also s ∈ Sm.
3. Eindeutigkeit: Sei t(x) =∑
j∈Z bj Nm(x − j) mit (bj)j∈Z ∈ l1 eine weitere
Funktion aus Sm mit t(j) = yj fur j ∈ Z. Dann erfullt die Differenz
s(x)− t(x) =∑k∈Z
[(y ∗ am)k − bk︸ ︷︷ ︸
=ck
]Nm(x− k)
die Bedingungen s(j)− t(j) = 0 fur alle j ∈ Z, d.h.∑k∈Z
ckNm(j − k) = 0 ∀ j ∈ Z.
6–13
Anwendungen der Fourier-Transformation
Summation ergibt ∑j∈Z
(∑k∈Z
ckNm(j − k)) e−iwj = 0
und damit ∑k∈Z
ck e−iwk︸ ︷︷ ︸
:=c(w)
∑j∈Z
Nm(j − k) e−iw(j−k)
︸ ︷︷ ︸=σm(w)
= c(w)σm(w) = 0.
Da σm(w) 6= 0 fur alle w ∈ R, folgt c(w) = 0. Nach Satz 2.2 verschwindet c(w)identisch, d.h. s(x) = t(x).
6–14
7. Diskrete Fourier-Transformation
Die diskrete Fourier-Transformationen (DFT) liefert die numerischen Algorith-men fur die Berechnung der Fourier-Koeffizienten und Fourier-Integrale.
7.1. Fouriermatrix und DFT
Wir betrachten f ∈ C2π mit den Fourierkoeffizienten
ck(f) = 12π
2π∫0
f(u)e−iku du.
Wir zerlegen das Intervall [0, 2π] mittels aquidistanter Knoten 2πjN
(j = 0, 1, . . . , N) und berechnen ck(f) nach der Trapezregel:
ck(f) ≈ 12π
2πN
N−1∑j=0
12
(f(
2πjN
)e−2πijk/N + f
(2π(j+1)
N
)e−2πi(j+1)k/N
)= 1
N ·12
N−1∑j=0
f(
2πjN
)e−2πijk/N + 1
N ·12 ·
N∑j=1
f(2πjN ) e−2πijk/N
= 1N
N−1∑j=0
f(2πjN ) e−2πijk/N (wegen f(0) = f(2π)).
Wir werden effiziente Methoden zur Berechnung solcher Summen betrachten.
Sei nun w = wN := e−2πi/N = cos 2πN − i sin 2π
N die komplexe primitiveEinheitswurzel. Dann gilt
wN = 1, wn 6= 1 (n = 1, . . . , N − 1)
und
w = w−1 = wN−1 = cos 2πN + i sin 2π
N .
Unter dem nichtnegativen Rest von k ∈ Z modulo N (N ∈ N) verstehtman
k′ := k (mod N) ∈ {0, 1, . . . , N − 1} mit N / k′ − k.
Lemma 7.1.
Fur n ∈ Z gilt
1 + wn + w2n + . . .+ w(N−1)n =
{N n ≡ 0 mod N,0 n 6≡ 0 mod N.
7–1
Diskrete Fourier-Transformation
Beweis:
1. Fur n ≡ 0 mod N folgt wn = 1 und damitN−1∑k=0
wkn = N.
2. Fur n 6≡ 0 mod N gilt wn 6= 1. Fur beliebige x 6= 1 giltN−1∑k=0
xk = xN−1x−1 .
Fur x = wn folgt die Behauptung wegen wN = 1.
Wir definieren die N-te Fourier-Matrix
FN = F := (wjk)N−1j,k=0 =
1 1 1 . . . 11 w w2 . . . wN−1
1 w2 w4 . . . wN−2
......
...1 wN−1 wN−2 . . . w
.Die Matrix FN besitzt nur N verschiedene Eintrage. Offensichtlich gilt
F = F T , F ∗ := (F )T = F .
Beispiele:
F2 =
[1 11 −1
], F3 =
1 1 11 w3 w2
3
1 w23 w3
, w3 = e−2πi/3,
F4 =
1 1 1 11 −i −1 i1 −1 1 −11 i −1 −i
, w4 = e−2πi/4 = −i.
Satz 7.2.
Die N -te Fourier-Matrix ist regular. Es gilt
F F = N I,
das heißt, F−1 = 1N F = 1
N (w−jk)N−1j,k=0. Dabei bezeichnet I = IN die
N -te Einheitsmatrix.
Beweis:
Es sei FF = (aj,l)N−1j,l=0 mit
aj,l =N−1∑k=0
wjkwkl =N−1∑k=0
w(j−l)k = δ(N)j−l N
7–2
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
nach Lemma 7.1. Dabei bezeichnet δ(N)n das N-periodische Kronecker-
Symbol
δ(N)n :=
{1 n ≡ 0 mod N0 n 6≡ 0 mod N
(n ∈ Z).
Daraus folgt FF = NI.
Bemerkung: 1√NF ist unitar.
Lemma 7.3.
Fur die N -te Fourier-Matrix gilt
F 2 = NJ ′
mit der Umkehrmatrix bzw. Flipmatrix
J ′ := J ′N =
1 0 . . . 00 0 1...
... . . .
0 1 0
= (δ(N)j+k)
N−1j,k=0.
Beweis:
Es sei F 2 = (bj,l)N−1j,l=0 . Dann gilt nach Lemma 7.1.
bj,l =N−1∑k=0
wjk wkl =N−1∑k=0
w(j+l)k = δ(N)j+l N.
Bemerkung:
Die Wirkung von J ′ auf einen Vektor a = (ak)N−1k=0 liefert
J ′a = (a−j(mod N))N−1j=0 = (a0, aN−1, . . . , a1)
T ,
d.h., die Komponenten von a werden ”umgekehrt”.
Fur J ′ giltJ ′J ′ = I, J ′ = (J ′)T ,F = J ′F = FJ ′.
Folglich ist F−1 = 1N J
′F , d.h. F−1a lasst sich durch den gleichen Algorithmus
wie Fa (a ∈ CN ) berechnen. Wegen
F 4 = F 2 F 2 = (NJ ′)(NJ ′) = N2(J ′)2 = N2I
erhalt man die
7–3
Diskrete Fourier-Transformation
Folgerung 7.4.Die Eigenwerte von F sind ±
√N,±i
√N mit geeigneten Vielfachheiten.
Beweis:
Es sei λ0 Eigenwert von F mit zugehorigem Eigenvektor a, d.h., Fa = λ0a (a 6=0). Daraus folgt N2a = F 4a = λ4
0 a also λ40 −N2 = 0.
Bemerkung:
Die Vielfachheiten der Eigenwerte von FN und die Determinante detFN furN ≥ 4 sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
N√N −
√N i
√N −i
√N detFN
4n n+ 1 n n− 1 n −i(−1)nNN/2
4n+ 1 n+ 1 n n n (−1)nNN/2
4n+ 2 n+ 1 n+ 1 n n (−1)n+1NN/2
4n+ 3 n+ 1 n+ 1 n n+ 1 i(−1)nNN/2
Definition: Die diskrete Fourier-Transformation der Lange N (DFT
(N)) bildet einen Vektor a = (aj)N−1j=0 ∈ CN auf den Vektor a = (ak)
N−1k=0
ab, wobei a := FN a, d.h.,
ak :=N−1∑j=0
aj wjk (k = 0, . . . , N − 1).
Die DFT(N) ist eine lineare, bijektive Abbildung von CN auf sich.
Die inverse DFT(N) ist eine Abbildung von CN auf sich, wobei a :=
F−1N a = 1
N FN a, d.h.,
aj := 1N
N−1∑k=0
akw−kj (j = 0, . . . , N − 1).
Beispiele:
a = (1, 0, 0, . . . , 0)T ⇒ a = (1, 1, . . . , 1)T ,
b = (0, 1, 0, . . . , 0)T ⇒ b = (1, w, w2 . . . , wN−1)T ,c = (0, 0, 1, 0, . . . , 0)T ⇒ c = (1, w2, w4 . . . , wN−2)T ,
d = (1, 1, . . . , 1)T ⇒ d = (N, 0, 0 . . . , 0)T .
Bemerkung:Eine direkte Berechnung der DFT(N) von a ∈ CN benotigt N2 komplexe Mul-
7–4
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
tiplikationen und N(N − 1) komplexe Additionen. Wir wollen effizientere Al-gorithmen zur Berechnung der DFT(N) herleiten.
Definition: Die zyklische Faltung zweier Vektoren a = (ak)N−1k=0 ∈ CN
und b = (bk)N−1k=0 ∈ CN ist definiert als der Vektor c = (cn)
N−1n=0 := a ∗ b ∈
CN , mit
cn :=N−1∑k=0
akbn−k(modN) =n∑k=0
akbn−k +N−1∑k=n+1
akbN+n−k.
Die zyklische Faltung in CN ist kommutativ, assoziativ und distributiv.
Bedeutung der zyklischen Faltung:
Sei a ∈ CN ein N -periodisches Signal und
V := (δ(N)j−k−1)
N−1j,k=0 =
0 0 . . . 0 11 0 0
. . . . . ....
. . . 0 00 1 0
die Vorwartsverschiebungsmatrix. Dann gilt
V a = (aN−1, a0, a1, . . . , aN−2)T = (an−1(modN )N−1
n=0
und
V 2 = (δ(N)j−k−2)
N−1j,k=0 =
0 . . . 0 1 00 . . . 0 1
1. . . 0. . . . . .
...1 0 0
, . . . , V N = I.
Es folgt V 2a = (aN−2, aN−1, a0, . . . , aN−3)T . Weiterhin heißt
V T = V −1 = V N−1 = (δ(N)j−k+1)
N−1j,k=0 =
0 1 0
0. . .. . . . . .
. . . 11 0
die Ruckwartsverschiebungsmatrix. Es gilt
I + V + . . .+ V N−1 = (1)N−1j,k=0.
7–5
Diskrete Fourier-Transformation
Die Matrix I − V heißt zyklische Differenzenmatrix und es folgt
(I − V ) a = (a0 − aN−1, a1 − a0, . . . , aN−1 − aN−2)T .
Wir betrachten ein (periodisches) lineares zeitinvariantes SystemH : CN → CN
mit den folgenden Eigenschaften.
1. Linearitat:
H(λ1 a1 + λ2 a2) = λ1H(a1) + λ2H(a2) (λ1, λ2 ∈ C, a1, a2 ∈ CN ).
2. Zeitinvarianz:
H(V k a) = V kH(a) (k = 0, . . . , N − 1, a ∈ CN ).
Sei e0 = (δ(N)j )N−1
j=0 = (1, 0, . . . , 0)T der erste Einheitsvektor und b := H(e0)
die zugehorige Impulsantwort (Einheitsimpuls). Dann folgt fur ek = (δ(N)j−k)
N−1j=0
aufgrund der Zeitinvarianz
H(ek) = H(V k e0) = V k b.
Mit Hilfe der Einheitsvektoren e0, e1, . . . , eN−1 hat a = (ak)N−1k=0 die Form
a = a0e0 + a1e1 + . . .+ aN−1eN−1 = a0e0 + a1V e0 + . . .+ aN−1VN−1e0.
Durch Anwendung des linearen zeitinvarianten Systems erhalten wir
c = (cn)N−1n=0 = a0b+ a1V b+ . . .+ aN−1V
N−1b
= a0
b0b1...
bN−1
+ a1
bN−1
b0...
bN−2
+ . . .+ aN−1
b1b2...b0
=
b0 bN−1 . . . . . . b1b1 b0 . . . . . . b2...
. . . . . ....
.... . . . . .
bN−1 bN−2 . . . b1 b0
a0
a1......
aN−1
= (
N−1∑k=0
bj−k(modN)ak)N−1j=0 b ∗ a = a ∗ b.
Die entstehende Koeffizientenmatrix
circ b :=
b0 . . . . . . . . . b1
b1. . .. . . . . .
. . . . . .
b1 b0
= b0I + b1V + . . . bN−1VN−1
= (bj−k(modN))N−1j,k=0
heißt zirkulante Matrix.
7–6
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 7.5. Eigenschaften der DFT
Es sei a ∈ CN und a = FNa ∈ CN die diskrete Fouriertransformierte vona. Dann gilt:
1. Linearitat:
(a+ b)∧ = a+ b,
(α a)∧ = α a (a, b ∈ CN , α ∈ C).
2. Umkehrung: a = F−1N a = 1
NFN a = 1N J
′NFN a (a ∈ CN ).
3. Symmetrie:(J ′a)∧ = J ′a,
(a)∧ = J ′ a (a ∈ CN ).
4. Verschiebung in Zeit und Frequenzbereich:
(V a)∧ = M a (M := diag(wk)N−1k=0 ),
(M−1a)∧ = V a (a ∈ CN )
Fur n = 1, 2, . . . , N−1 gilt (V na)∧ = Mn a, (M−na)∧ = V n a.
5. Zyklische Faltung im Zeit- und Frequenzbereich:
(a ∗ b)∧ = c = a ◦ b := (ak · bk)N−1k=0 ,
N(a ◦ b)∧ = a ∗ b (a, b ∈ CN ).
6. Parsevalsche Gleichung (Energieerhaltungssatz):
1N (a, b) = (a, b) :=
N−1∑k=0
akbk (a, b ∈ CN ).
Fur a = b folgt insbesondere
N−1∑k=0
|ak|2 = 1N (a, a) = (a, a) =
N−1∑k=0
|ak|2 ≥ 0 (”Energie“ von a).
7. Differenzeneigenschaft:
((I − V )a)∧ = (I −M)a,((I −M−1)a)∧ = (I − V )a (a ∈ CN ).
Bemerkung:
a ◦ b ist das komponentenweise Produkt zweier Vektoren a, b,∈ Cn.
7–7
Diskrete Fourier-Transformation
Beweis:
1. Aussage 1 folgt aus der Definition der DFT(N).
2. Wegen F−1 = 1NF = 1
N J′F folgt die Aussage 2.
3. Wegen FJ ′ = J ′F = F gilt
(J ′a)∧ = F J ′ a = J ′ F a = J ′ a
(a)∧ = F a = FN a = J ′ Fa = J ′ a.
4. Fur b = V a = (aj−1(modN))N−1j=0 gilt
bk =N−1∑j=0
aj−1(modN)wjk =
N−1∑l=0
alw(l+1)k = wk ak, (k = 0, . . . , N − 1).
Daraus folgt b = Ma. Fur b = M−1a = (w−jaj)N−1j=0 gilt
bk =N−1∑j=0
ajw−jwjk =
N−1∑j=0
ajwj(k−1) = ak−1(modN), (k = 0, . . . , N − 1).
5. Es sei c = a ∗ b mit cj =N−1∑n=0
an bj−n(modN) (j = 0, . . . , N − 1). Somit gilt
ck =N−1∑j=0
(N−1∑n=0
an bj−n(modN)
)wjk =
N−1∑n=0
an wnk
N−1∑j=0
bj−n(modN)w(j−n)k
=(N−1∑n=0
anwnk)bk = ak bk.
Es sei c = a ◦ b = (ajbj)N−1j=0 . Nach Aussage 2 gilt
aj = 1N
N−1∑k=0
ak wjk, bj = 1
N
N−1∑l=0
bl w−jl.
Daraus folgt
cj = ajbj = 1N2
(N−1∑k=0
ak w−jk)(N−1∑
l=0
bl w−jl)
= 1N2
N−1∑k=0
N−1∑l=0
ak bl w−j(k+l)
= 1N2
N−1∑n=0
(N−1∑k=0
ak bn−k(modN)
)w−jn (j = 0, . . . , N − 1),
d.h., c = 1NF
−1(a ∗ b) bzw. Nc = a ∗ b.6. Fur a, b ∈ CN gilt:
(a, b) = aT b = (Fa)T (F b) = aT F T F︸ ︷︷ ︸NI
b = NaT b = N(a, b).
7. Aussage 7 folgt unmittelbar aus Aussage 4.
Wir betrachten nun die Symmetrieeigenschaften der DFT.
7–8
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Folgerung 7.6. (Konjungiertheitseigenschaft)
Fur a ∈ RN gilt
a = J ′a, d.h. aj = aN−j(modN) (j = 0, . . . , N − 1).
Beweis:
Wegen a = a ∈ RN und J ′F = F folgt
J ′a = J ′Fa = Fa = F a = a.
Sei nun
J := (δ(N)j+k+1)
N−1j,k=0 =
0 . . . 0 10 1 0
. . .
1 0 0
die Gegenidentitat. In welchem Fall ist fur a ∈ RN der FouriertransformierteVektor a wieder reell?
Definition:
Ein Vektor a = (aj)N−1j=0 ∈ CN heißt
gerade, falls a = J ′a, d.h. aj = aN−j(modN),
ungerade, falls a = −J ′a, d.h. aj = −aN−j(modN),
symmetrisch, falls a = Ja, d.h. aj = aN−1−j (j = 0, . . . N − 1),
antisymmetrisch, falls a = −Ja, d.h. aj = −aN−1−j (j = 0, . . . , N−1).
Beispiele:
Fur n = 6 ist
(a0, a1, a2, a3, a2, a1) gerade,(0, a1, a2, 0,−a2,−a1) ungerade,(a0, a1, a2, a2, a1, a0) symmetrisch,
(a0, a1, a2,−a2,−a1,−a0) antisymmetrisch.
Bemerkung:
Nach der Konjugiertheitseigenschaft gilt fur a ∈ RN : Re a ist gerade und Im aist ungerade, denn fur a = Re a+ i Im a folgt
a = Re a− i Im a = J ′Re a+ iJ ′ Im a
und damit Re a = J ′Re a und −Im a = J ′Im a.
7–9
Diskrete Fourier-Transformation
Folgerung 7.7.
Ist a ∈ CN gerade (bzw. ungerade), so auch a. Ferner gilt:
1. Fur gerade a ∈ RN ist a = Re a ∈ RN gerade.
2. Fur ungerade a ∈ RN ist a = i Im a ∈ iRN ungerade.
Beweis:
Aus a = J ′a folgt a = Fa = FJ ′a = J ′Fa = J ′a, d.h., a ist gerade. Fur a ∈ RN
gilt nach der Konjugiertheitseigenschaft a = J ′a = a, d.h. a ∈ RN ist gerade.Die Aussage fur ungerades a ∈ RN folgt analog.
7.2. Die Schnelle Fourier-Transformation
Die Schnelle Fourier-Transformation (fast Fourier transform, FFT) beruht auf
- der Teile– und Herrsche–Strategie,- Potenzgesetzen,- der Faktorisierung der Fouriermatrix FN in ein Produkt dunnbesetzter Ma-trizen.
Die Bedeutung der Fourier-Methoden beruht auf der Existenz schneller undnumerisch stabiler Algorithmen fur die DFT(N), wobei N ein Produkt
”kleiner“
Primzahlen ist.
C. Van Loan 1992:”The life as we know it, would be very different without the
FFT.“
Zweierpotenz–Algorithmen (Radix–2–Algorithmen)
Wir betrachten N = 2t (t ∈ N). Fur den Fouriertransformierten Vektor a =FN a gilt komponentenweise
an =N−1∑k=0
ak wkn (n = 0, . . . , N − 1, w := e−2πi/N ).
Mit µC(N) = µ(N) bezeichnen wir die Anzahl der komplexen Multiplikationenund mit αC(N) = α(N) die Anzahl komplexen Additionen bei der DFT(N).Bei direkter Berechnung der DFT(N) gilt
α(N) = N (N − 1), µ(N) = N2.
Die Summe α(N) + µ(N) wird als arithmetische Komplexitat eines Algo-rithmus fur die DFT(N) bezeichnet.
Beispiel:Sei N = 2, t = 1, w = −1. Wir erhalten
F2a =
(1 11 w
)(a0
a1
)=
(a0 + a1
a0 + wa1
)=
(a0 + a1
a0 − a1
).
7–10
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Wir betrachten den Sande-Tukey-Algorithmus. Es sei N = 2t und N1 := N2 .
Dann folgt
an =N−1∑k=0
ak wknN =
N1−1∑k=0
(ak + (−1)naN1+k)wknN (n = 0, . . . , N − 1).
Hierbei haben wir ausgenutzt, dass w(N1+k)nN = wN1n
N wknN = (−1)nwknN =
(−1)nwknN gilt. Fur gerade bzw. ungerade Indizes ergibt sich dann fur m =0, . . . , N1 − 1
a2m =N1−1∑k=0
(ak + aN1+k) w2kmN =
N1−1∑k=0
(ak + aN1+k)wkmN1,
und
a2m+1 =N1−1∑k=0
(ak − aN1+k) w(2m+1)kN =
N1−1∑k=0
[(ak − aN1+k)wkN ]wkmN1
.
Die Faktoren wkN in der zweiten Summe heißen Drehfaktoren. Damit haben wirdie DFT(N) in zwei DFT(N1) zerlegt. Wir wenden die Idee nun iterativ anund zerlegen jede DFT(N1) in zwei DFT(N2) usw.
Wir wollen nun zeigen, dass sich der Sande-Tukey-Algorithmus auch als eineFaktorisierung der Fouriermatrix FN auffassen lasst. Dazu benotigen wir fol-gende Notationen.Es sei PN ∈ RN×N eine Permutationsmatrix, die sogenannte 2-Schritt–Per-mutation der Lange N , die durch
PNa := (a0, a2, . . . , aN−2, a1, a3, . . . , aN−1)T , a = (aj)
N−1j=0 ,
definiert ist. Das Kronecker-Produkt (Tensorprodukt) von zwei MatrizenAL ∈ CL×L und BM ∈ CM×M sei durch die Blockmatrix
AL⊗BM :=(aj,kBM )L−1j,k=0 =
a0,0BM a0,1BM . . . a0,L−1BMa1,0BM a1,1BM a1,L−1BM
......
. . ....
aL1BM aL−1,1BM . . . aL−1,L−1BM
∈ CLM×LM
gegeben.
Beispiele:
1. Fur N = 8 erhalten wir die 2 Schritt-Permutationsmatrix
P8 =
10 0 1
0 0 10 0 1 0
0 10 0 1
0 0 10 0 1
, P T8 =
1 00 10 1 0
0 0 10 1 0
0 0 10 1 0
0 0 1
.
7–11
Diskrete Fourier-Transformation
Es gilt P8PT8 = I8, also P−1
8 = P T8 .2. Wir erhalten
I2 ⊗BM =
[BM
BM
]∈ C2M×2M , F2 ⊗ IM =
[IM IMIM −IM
]∈ C2M×2M .
Die Matrix-Schreibweise des ersten Reduktionsschrittes, des Sande-Tukey-Algorithmus lautet nun
PN a︸︷︷︸PN FNa
=
[FN1
FN1
]︸ ︷︷ ︸
I2⊗FN1
[IN1
WN1
]︸ ︷︷ ︸
:=DN
[IN1 IN1
IN1 −IN1
]︸ ︷︷ ︸
F2⊗IN1
a
mit WN1 := diag(wkN )N1−1k=0 . Die Diagonalmatrix DN wird auch Drehmatrix
genannt.
Fur die arithmetische Komplexitat ergibt sich:
Die Multiplikation mit der Matrix F2 ⊗ IN1 entspricht N Additionen/Subtrak-tionen.Die Multiplikation mit DN entspricht N1 (komplexen) Multiplikationen.Die Multiplikation mit I2 ⊗ FN1 entspricht 2 DFT(N1).Die Multiplikation mit PN ist nur eine Permutation der Komponenten von a.
Wir erhaltenα(N) = 2α(N1) +N, α(2) = 2,
µ(N) = 2µ(N1) +N1, µ(2) = 1.
Satz 7.8.
Im Fall N = 2t (t ∈ N) gilt
α(N) = Nt = N log2N, µ(N) = N2 t = N
2 log2N.
Beweis:
Wir beweisen die Aussage durch vollstandige Induktion bzgl. t.
Wir setzen αt := α(2t). Dann folgt aus den vorherigen Uberlegungen
αt = 2αt−1 + 2t (t = 2, 3, . . .), α1 = 2.
Dies ist eine inhomogene lineare Differenzengleichung mit konstanten Koeffizi-enten. Wir zeigen nun, dass αt = t 2tgilt.
Fur t = 1 ist die Aussage richtig (siehe Beispiel).
Sei αt−1 = (t− 1)2t−1 (t ≥ 2). Dann folgt αt = 2t(t− 1) + 2t = t 2t.
Analog lasst sich die Behauptung fur µ(N) zeigen.
7–12
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Bemerkung:
Bei traditioneller Berechnung von FNa im Fall N = 210 ist die arithmetischeKomplexitat 136-mal großer als bei diesem Radix-2-Algorithmus.
N2+N(N−1)N2 logN+N logN
= 2N2−N32N log2N
= 4N−23 log2N
= 409430 ≈ 136, 47.
Wie lauten die weiteren Reduktionsschritte des Sande–Tukey–Algorithmus inMatrixschreibweise? Es war:
PNFN = (I2 ⊗ FN1)AN bzw. FN = P TN (I2 ⊗ FN1)AN (∗)
mit
AN :=
[IN1 IN1
WN1 −WN1
]= DN (F2 ⊗ IN1).
Sei nun N2 := N12 = N
4 .
Dann folgt mit (∗)PN1 FN1 = (I2 ⊗ FN2)AN1
und damit
I2 ⊗ (PN1 FN1) = I2 ⊗ ((I2 ⊗ FN2)AN1)
(I2 ⊗ PN1) (I2 ⊗ FN1) = (I2 ⊗ (I2 ⊗ FN2))︸ ︷︷ ︸(I4⊗FN2
)
(I2 ⊗ AN1). (∗∗)
Dabei haben wir die folgende Eigenschaft des Kroneckerproduktes ausgenutzt,die wir in den Ubungen zeigen werden: Fur drei Matrizen A ∈ CL×L, B, C ∈CM×M gilt
A2 ⊗ (BC) = (A⊗B)(A⊗ C).
Somit ergibt sich nach Multiplikation mit AN aus (∗) und (∗∗)
(I2 ⊗ PN1)PN FN = (I2 ⊗ PN1) (I2 ⊗ FN1)AN = (I4 ⊗ FN2)(I2 ⊗ AN1)AN .
Dies ist die Matrixfaktorisierung von FN nach 2 Reduktionsschritten des Al-gorithmus. Wir wenden die Idee rekursiv an und erhalten nach t Reduktions-schritten
B′N FN = (IN1 ⊗ A2) . . . (I4 ⊗ AN2)(I2 ⊗ AN1)AN
mitB′N := (IN2 ⊗ P4) . . . (I2 ⊗ PN1)PN
(da IN1 ⊗ P2 = IN ).
Beispiel:
Es seien N = 8, t = 3. Dann erhalten wir die folgende Matrixfaktorisierung
7–13
Diskrete Fourier-Transformation
B′8 = (I2 ⊗ P4)P8
=
1 0 01
1 0 01
1 0 01
1 0 01
∗
1 0 01 0 0
1 0 01 0
0 1 0 01 0 0
1 0 01
=
1 00 1
1 00 1 0
0 1 00 1
1 00 1
, also B′8 a =
a0
a4
a2
a6
a1
a5
a3
a7
.
Die Faktorisierung hat nun die Form
B′8a = (I4 ⊗ A2)(I2 ⊗ A4)A8,
das heißt,
B′8F8a =
1 11 −1
1 11 −1
1 11 −1
1 11 −1
∗
1 11 1
1 −1−i i
1 11 1
1 −1−i i
∗
∗
1 11 1
1 11 1
w08 −w0
8
w18 −w1
8
w28 −w2
8
w38 −w3
8
a0
a1
a2
a3
a4
a5
a6
a7
.
(Fehlende Matrixeintrage sind Null!)
Arithmetische Komplexitat:Zur Berechnung von A8a benotigen wir 8 Additionen und 3 (komplexe) Multi-plikationen:
A8a = b =(a0 + a4, a1 + a5, a2 + a6, a3 + a7, a0 − a4,
w18(a1 − a5), w
28(a2 − a6), w
38(a3 − a7))
T .
7–14
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Zur Berechnung von (I2⊗A4) benotigen wir 8 Additionen und 2 Multiplikatio-nen:
(I2 ⊗ A4)b = c =(b0 + b2, b1 + b3, b0 − b2, i(−b1 + b3),
b4 + b6, b5 + b7, b4 − b6, i(−b5 + b7))T .
Zur Berechnung von (I4 ⊗ A2)c benotigen wir 8 Additionen:
(I4 ⊗ A2)c = B′8a =(c0 + c1, c0 − c1, c2 + c3, c2 − c3,c4 + c5, c4 − c5, c6 + c7, c6 − c7)T .
Insgesamt benotigen wir zur Berechnung des DFT(8) mit dem Sande–Tukey–Algorithmus also 24 Additionen und 5 nichttriviale Multiplikationen mit einerw8-Potenz (statt 56 Additionen und 64 Multiplikationen bei direkter Berech-nung). Tatsachlich folgt
a0 = c0 + c1 = b0 + b2 + b1 + b3 = a0 + a4 + a1 + a5 + a2 + a6 + a3 + a7
=7∑j=0
aj .
a1 = (B′8a)4 = c4 + c5 = b4 + b6 + b5 + b7
= a0 − a4 + w28(a2 − a6) + w1
8(a1 − a5) + w38(a3 − a7) =
7∑j=0
aj wj8,
. . .
Signalflussdiagramm: Wir erhalten die Butterfly-Darstellung des Sande–Tukey–Algorithmus:
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
w8
w28
w38
w4
w4
0
1
2
3
4
5
6
7
0
4
2
6
1
5
3
7
Verwendete Bezeichnungen:
�
�
�a
b
a + b
Addition
�
�
�a
b
a − b
Subtraktion
� �a z az
Multiplikation
7–15
Diskrete Fourier-Transformation
1. Schritt: DFT der Lange 8 auf 2 DFT der Lange 42. Schritt: 2 DFT der Lange 4 auf 4 DFT der Lange 23. Schritt: Berechnung der 4 DFT der Lange 2.
Wie lasst sich die Permutation mit B′N einfach berechnen?
Definition:
Fur jede Zahl j ∈ {0, . . . , N−1} (N = 2t) fuhren wir die Bitdarstellung
j = (jt−1, jt−2, . . . , j0)2 = jt−12t−1 + . . .+ j02
0 (jl ∈ {0, 1}).
ein. Dann istrev(j) = revN (j) = (j0, j1, . . . , jt−1)2
die bitumgekehrte Zahl von j ∈ {0, . . . , N − 1}. Die Permutation
BN := (δrevN (j),k)N−1j,k=0
heißt Bitumkehrung (Bitreversion). Wegen
revN (revN (j)) = j (j ∈ {0, . . . , N − 1})folgt
B2N = IN , BN = BT
N = B−1N .
Es gilt
BNa = (arevN (j))N−1j=0 .
Beispiel: Es sei N = 8 (t = 3).
j j2 j1 j0 j0 j1 j2 rev8(j)0 0 0 0 0 0 0 01 0 0 1 1 0 0 42 0 1 0 0 1 0 23 0 1 1 1 1 0 64 1 0 0 0 0 1 15 1 0 1 1 0 1 56 1 1 0 0 1 1 37 1 1 1 1 1 1 7
Wir erhalten damit
B8 =
1 0 0 00 1 0 0
1 00 1 0
1 0 0 00 0 1
1 00 1
.
7–16
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Satz 7.9.
Die Matrix B′N heißt Bitumkehrung, es gilt
BN = B′N := (IN2 ⊗ P4) . . . (I2 ⊗ PN1)PN .
Beweis:
1. Fur N1 = N2 erhalten wir
B′N1= (IN3 ⊗ P4) . . . (I2 ⊗ PN2)PN1 .
Damit folgt
I2 ⊗B′N1= (IN2 ⊗ P4) . . . (I4 ⊗ PN2)(I2 ⊗ PN1)
Dabei wurde die folgende Eigenschaft des Kronecker-Produktes ausgenutzt:
(A⊗B)(C ⊗D) = (AC)⊗ (BD) (A,B,C,D ∈ CN×N ).
Somit gilt alsoB′N = (I2 ⊗B′N1
)PN .
2. Wir zeigen mittels vollstandiger Induktion bzgl. t ≥ 2, dass
BN = B′N (N = 2t)
gilt. Fur t = 2 ist die Behauptung richtig, denn
B′4 = P4 =
1 0 0 00 0 1 00 1 0 00 0 0 1
= B4 =
1 0 0 00 0 1 00 1 0 00 0 0 1
.Angenommen, es gilt BN1 = B′N1
. Es sei a = (aj)N−1j=0 ein Vektor der Lange N .
AusB′Na = (I2 ⊗BN1)PN a
folgt mitPN a = (a0, a2, a4, . . . , aN−2, a1, a3, . . . , aN−1)
= (a2(jt−2,...,j0)2+jt−1)N−1j=0
= (a(jt−2,...,j0,jt−1)2))N−1j=0
nun
(I2 ⊗BN1)PN a = (a(j0,...,jt−2,jt−1)2)N−1j=0 = (arevN (j))
N−1j=0 = BNa.
7–17
Diskrete Fourier-Transformation
Satz 7.10.
Sei N = 2t. Dann lasst sich die Matrix FN in folgendes Produkt dunn-besetzter Matrizen zerlegen:
FN = BN (IN1 ⊗ A2) . . . (I4 ⊗ AN2)(I2 ⊗ AN1)AN .
Bemerkung:
Die Faktorisierung von FN ist nicht eindeutig! Wir erhalten den folgendendirekten Radix–2–Algorithmus (
”decimation in frequency“)
Input: N = 2t, a ∈ CN
1. Schritt: Bilde a(1) := ANa2. Schritt: Bilde a(2) := (I2 ⊗ AN1) a
(1)
...
t-ter Schritt: Bilde a(t) := (IN1 ⊗ A2)a(t−1).
(t+ 1)-ter Schritt: Ordne um a := BNa(t).
Output : a = FNa ∈ CN .
Dieser Algorithmus (mit bitumgekehrten Output-Daten BN a) lautet im Pseu-docode fur N = 2t :
Input: (a0, . . . , aN−1); t
for j := t downto 1 dobegin m := 2j
for k := 0 to 2t−j − 1 dobegin s := kmfor l := 0 to m
2 − 1 dobegin
b := as+lc := as+l+m
2
as+l := b+ c
as+l+m2
:= (b− c)wlm
einzelner”Butterfly“ mit Multipl. mit wlm.
endend
endOutput: (a0, . . . , aN−1) = (BN a)
Bemerkung:
Dies ist ein”in place“–Algorithmus, d.h., man braucht kaum zusatzliche Spei-
cherplatze.
7–18
Anwendungsorientierte Fourieranalysis
Wir betrachten noch einen zweiten schnellen Algorithmus zur Berechnung derDFT(N), den
”decimation in time“–Algorithmus (Cooley–Tukey–Algorith-
mus). Es sei N = 2t und N1 = N/2. Dann folgt
ak =N−1∑n=0
anwnk =
N/2−1∑m=0
a2mw2mkN +
N/2−1∑m=0
a2m+1w(2m+1)kN .
Wir erhalten wegen w(2m+1)kN = wkN w
2mkN = wkN w
mkN1
ak =N1−1∑m=0
a2mwmkN1
+ wkN
N1−1∑m=0
a2m+1wmkN1
(k = 0, . . . , N1 − 1)
und mit w2m(k+N/2)N = wkmN1
und wk+N/2N = −wkN ,
ak+N1=
N1−1∑m=0
a2mw2m(k+N/2)N + w
k+N/2N
N1−1∑m=0
a2m+1w2m(k+N
2 )N
=N1−1∑m=0
a2mwmkN1− wkN
N1−1∑m=0
a2m+1wmkN1
(k = 0, . . . , N1 − 1).
Zur Bestimmung von ak, k = 0, . . . , N mussen also wiederum zwei DFT(N1)
berechnet werden. Mit b := (a2m)N1−1m=0 , c := (a2m+1)
N1−1m=0 und
bk =
N1−1∑m=0
a2mwmkN1
ck =
N1−1∑m=0
a2m+1wmkN1
(k = 0, . . . N1 − 1)
folgtak = bk + wkN ck
ak+N1= bk − wkN ck
(k = 0, . . . , N1 − 1).
In Matrixschreibweise erhalten wir mit WN1 := diag (wkN )N1−1k=0
a =
[IN1 WN1
IN1 −WN1
] [bc
]=
[IN1 WN1
IN1 −WN1
] [FN1 00 FN1
] [bc
]
=
[IN1 WN1
IN1 −WN1
]︸ ︷︷ ︸
ATN
[FN1 00 FN1
]PN a
d.h.,FN = ATN (I2 ⊗ FN1)PN . (?)
Im Vergleich dazu hatte die Faktorisierung der Fouriermatrix bei einem Reduk-tionsschritt des Sande–Tukey–Algorithmus die Form
FN = P TN (I2 ⊗ FN1)AN .
7–19
Diskrete Fourier-Transformation
Die neue Faktorisierung (?) entspricht also der Faktorisierung des Sande–Tukey–Algorithmus nach Transponieren, wobei FN = F TN .Die gesamte Faktorisierung des
”decimation in time“ Algorithmus hat nach Satz
7.10 die Form
FN = ATN (I2 ⊗ AN1)T (I4 ⊗ ATN2
) . . . (IN1 ⊗ A2)T BT
N︸︷︷︸=BN
.
Dabei ist BN wieder die Matrix der Bitumkehrung.
7–20